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Wirtschafts-News II 2021 Mainz

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den Finger in die Wunden und zeigt, dass<br />

sich eine wunderbare Idee und die harte<br />

Realität noch ziemlich schulterzuckend gegenüberstehen.<br />

Dem, der hinsehen will, legt<br />

genau das schamlos offen, warum eine „Neue<br />

Art des Arbeitens“ einfach nicht so richtig<br />

in die Gänge kommen will.<br />

Tja, da sagen Sie was, Frau Maasland. Lassen<br />

Sie uns doch mal eintauchen in das Orchester<br />

der Buzzwords, Notwendigkeiten, Dringlichkeiten,<br />

Gitarren und Geigen und einen Tanz<br />

wagen auf dem Parkett zwischen Macht und<br />

Eitelkeit? Hab ich damit eigentlich recht, Frau<br />

Maasland? Also, Sie wissen es, wann immer<br />

es darum geht, Dinge in aller Tiefe hoch und<br />

runter mit Innen- und Außenwirkung zu durchdenken,<br />

frage ich Sie. Im Moment frage ich<br />

mich, was wohl Otto von Bismarck gedacht<br />

haben mag, als er die Sozialgesetzgebung auf<br />

den Weg gebracht hat? Bitte, Frau Maasland,<br />

ich höre Sie schon jetzt laut und deutlich. Das<br />

war kein Buzzword, sondern ne Sozialreform.<br />

Der war damals sowas Ähnliches, wie Johannes<br />

Rau hundert Jahre später in Nordrhein-<br />

Westfalen mit seiner Strukturreform, nur mit<br />

anderen Vorzeichen. Ach, da fällt mir ein, kommen<br />

Sie nicht daher? Anyway, Bismarcks Trigger<br />

war, den Sozialisten, wie er sie nannte,<br />

den Wind aus den Segeln zu nehmen. Dass<br />

er Wegbereiter der sozialen Marktwirtschaft<br />

war, hat er nicht gewusst und noch weniger<br />

gewollt. Ich frage mich demnach, ob nicht alles<br />

mit Buzzwords mal anfängt? Also ja, irgendwann<br />

kommen die Leute und finden, dass<br />

es ohne Inhalte langweilig wird. Aber das kennen<br />

wir ja schon von dem Digitalisierungs-<br />

Blablabla. Und dennoch, steht vor dem fertigen<br />

Gedanken, dem Konzept, nicht erstmal ein<br />

großes Wort? Eines, das Emotionen auslöst.<br />

Sie sagen das doch auch immer zu mir, ich<br />

solle mehr darauf hören und achten. Schauen<br />

Sie auf Berlin in der jüngsten Geschichte. Da<br />

stand erst John F. Kennedy und sagte, er sei<br />

ein Berliner und dann Ronald Reagan mit seinem<br />

eindringlichen Appell an Gorbatschow, er<br />

möge die Mauer einreißen. Zwischen Solidaritätsbekundung<br />

und Aufforderung lagen Jahrzehnte.<br />

Und noch ein paar Jahre Unrechtsstaat<br />

zwischen Aufforderung und Wiedervereinigung.<br />

Gerade erst hab ich mir bei Ihnen – vollkommen<br />

zurecht – ein blaues Auge abgeholt, weil ich<br />

Marketing und Kommunikation in einen Topf<br />

geschmissen habe. Also was sollten wir machen,<br />

Frau Maasland, wenn wir wissen, dass<br />

es disruptiv und in der Folge Strukturwandel<br />

bedürftig ist, wie sollten wir die Zeit zwischen<br />

Buzzwords und echten Ideen und Konzepten<br />

ausfüllen? Gehen wir am Rhein ein Bier trinken?<br />

Ich lad Sie ein.<br />

Ha, dieses Bier am Rhein haben Sie mir schon<br />

vor 2 Jahren versprochen. Ist das damit auch<br />

so ein Buzzword oder gar eine Buzzphrase?<br />

Wie dem auch sei: Natürlich haben Sie recht<br />

- alles Gute fängt mit dem Willen dazu und<br />

dessen Bekundung an. Dann folgen die ersten<br />

Schritte auf dem Weg. Doch ist der Weg<br />

sachlich geplant oder entsteht er schlicht<br />

beim Gehen? Und warum orientiert sich wer<br />

in welche Richtung? Wer oder was motiviert<br />

die Laufgeschwindigkeit? Es ist tatsächlich<br />

die Frage nach Notwendigkeit und Dringlichkeit,<br />

die hier den Ausschlag gibt. Wie<br />

immer im Leben. Solange der Druck zur Veränderung<br />

nicht groß genug ist, bleibt die<br />

Bewegung aus oder zumindest lahm. So ist<br />

es eben: „Das Gehirn ist eine faule Sau“, wie<br />

es der Hirnforscher Hans-Georg Häusel so<br />

plakativ wie treffend formuliert. Und unter<br />

anderem deshalb wage ich die These, dass<br />

die Zeit zwar reif für neue Konzepte, die ja<br />

schon existieren, ist, es jedoch an der Umsetzung<br />

weiter scheitert. Und zwar nicht,<br />

weil die Konzepte schlecht sind, sondern weil<br />

sich immer noch zu viele Menschen vor echtem<br />

Wandel scheuen. Die atemraubende<br />

Angst vor dem Verlust von materiellem<br />

Wohlstand und Status ruft stimmgewaltige<br />

Bewahrer auf den Plan, die fordern, das bestehende<br />

Profitable zu stärken und als notwendig<br />

erkannte Innovationen zähneknirschend

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