Wirtschafts-News II 2021 Mainz
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SPEZIAL<br />
Zukunft der Arbeit<br />
21<br />
wird. Resilienz definiert das LIR als „die Fähigkeit<br />
zur Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung<br />
psychischer Gesundheit während oder nach<br />
stressvollen Lebensereignissen“.<br />
Der überforderte Mensch<br />
„Heute existiert eine Fülle an Stressoren, sei<br />
es durch die Pandemie, Globalisierung, Migration,<br />
Digitalisierung, den Klimawandel oder die<br />
enorme Vernetzung von Arbeitsabläufen. Ein<br />
Bombardement an Reizen. Das macht die Stärkung<br />
der Resilienz heute nötiger als je zuvor“,<br />
„Ein Bombardement an Reizen”<br />
erklärt Dr. Donya Gilan. Abgesehen von der<br />
Schnelllebigkeit und der Komplexität unserer Zeit<br />
würden – verstärkt durch die Pandemie – die<br />
Grenzen zwischen Arbeit und Privatleben zusehends<br />
verschwinden. „Die Digitalisierung bringt<br />
es mit sich, dass viele den Laptop abends noch<br />
einmal aufschlagen“, so Gilan. Die reale Interaktion<br />
sei oft nicht mehr notwendig und vieles ad<br />
hoc ohne Planung machbar. Das hätte Vor-, aber<br />
auch Nachteile. „Insbesondere in der Wirtschaft<br />
wird oft erwartet, in Echtzeit zu reagieren und<br />
zu handeln – das erfordert eine enorme Flexibilität<br />
und zieht eine Überforderung der Menschen<br />
nach sich. Auch Bereiche wie Pflege sind nicht<br />
erst seit Corona überstrapaziert.“<br />
Selbstoptimierungswahn<br />
Umso wichtiger sei es zu erkennen, ergänzt Dr.<br />
Isabella Helmreich, dass die Frage der Resilienz<br />
nicht nur eine individuelle Sache, sondern insbesondere<br />
auch eine des Arbeitgebers sei. „Krisenbewältigung<br />
sollte eine zentrale Funktion<br />
in Unternehmen haben“. Zu gerne würde die<br />
Verantwortung auf das Individuum abgewälzt.<br />
Es herrsche oft noch die Einstellung: „Mitarbeiter<br />
müssten sich jetzt mal resilienter machen,<br />
noch mehr aus sich herausholen, ihre ganzen<br />
„Resilienz darf nicht zu<br />
einem neoliberalen<br />
Konstrukt verkommen.”<br />
Ressourcen noch viel besser nutzen, um eben<br />
produktiver zu sein – ganz im Sinne des ‚Selbstoptimierungswahns‘.<br />
Wir sagen ganz klar“,<br />
so Helmreich, „das bedeutet Resilienz nicht“.<br />
Gilan unterstreicht das: „Resilienz darf nicht zu<br />
einem neoliberalen Konstrukt verkommen.“ Das<br />
sei eine ganz wichtige Kritik für die Weiterentwicklung<br />
eines nachhaltigen Resilienz-Konzepts.<br />
Resilienzfaktoren<br />
„Natürlich“, erklärt Helmreich weiter, „solle jeder<br />
versuchen, seine Ressourcen und Resilienzfaktoren<br />
möglichst optimal zu nutzen. „Selbstfürsorge,<br />
das heißt, auf sich zu achten und<br />
Grenzen zu setzen, ist dabei jedoch genauso<br />
wichtig, wie die Verantwortung des Arbeitgebers,<br />
resilienzförderliche Arbeitsumwelten zur Ver-<br />
fügung zu stellen, sodass jeder<br />
sein individuelles Potenzial<br />
auch entfalten kann.“ Die<br />
trainierbaren Resilienzfaktoren<br />
haben Gilan und<br />
Helmreich ausführlich<br />
in ihrem gerade erschienen<br />
Buch “Resilienz.<br />
Die Kunst der<br />
Widerstandskraft“*<br />
aufgeführt. Zu den<br />
Faktoren, die Re-<br />
Dr. Isaabella Helmreich,<br />
Leiterin Resilienz und Gesellschaft des LIR, <strong>Mainz</strong>