Wirtschafts-News II 2021 Mainz
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Die schöne neue<br />
Arbeitswelt und ihre Grenzen<br />
Ein Gastbeitrag von David Dietz<br />
„Zukunft der Arbeit“, „Arbeit 4.0“ oder eben „New<br />
Work“ – alle diese Schlagworte beschreiben mit<br />
mehr oder weniger konzeptionellem Überbau,<br />
wie unser Arbeitsleben künftig aussehen soll.<br />
Interessanterweise hat sich unter den drei vorgenannten<br />
Begriffen selbst eine kleine Branche<br />
entwickelt. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler<br />
erforschen Trends über Arbeitsweisen<br />
in einer Zukunft, die ja eigentlich längst begonnen<br />
hat, Coaches wollen Unternehmen wie Arbeitnehmerinnen<br />
und Arbeitnehmer für das New<br />
Work-Zeitalter fit machen und Möbelhäuser<br />
bieten Lösungen für das „neue Büro“; auch für<br />
das neue Büro zu Hause. Und dabei sind noch<br />
nicht einmal die zahllosen Social-Media-Unternehmerinnen<br />
und -unternehmer einbezogen,<br />
deren Angebote sich in der digitalen Sphäre<br />
finden. Wer bei Instagram dem Hashtag #newwork<br />
folgt, der findet über 1,6 Millionen Beiträge.<br />
Die Relevanz ist demnach gegeben und ein<br />
dazugehöriger Markt auch.<br />
Den Begriff „New Work“ prägte vor allem der<br />
deutsche Sozialphilosoph Frithjof Bergmann, der<br />
im Mai dieses Jahres im Alter von 90 Jahren<br />
verstorben ist. Analog zu den ebenfalls<br />
genannten „Arbeit 4.0“ und<br />
der „Zukunft der Arbeit“ geht es<br />
um eine neue Arbeitskultur und<br />
neue Arbeitsprozesse in einer<br />
internationalisierten und digitalisierten<br />
Welt.<br />
Die Grundannahme<br />
ist, denke ich, gegeben.<br />
Wir leben in<br />
einer Situation, in<br />
der nicht nur Waren<br />
und Dienstleistungen<br />
im<br />
Wettbewerb extrem flexibel sind und für viele<br />
Akteure am Markt nicht mehr nur regional begrenzt<br />
zur Verfügung stehen. Gleiches gilt vielmehr<br />
auch am Personalmarkt, auf dem Unternehmen<br />
gut ausgebildete und mobile Menschen<br />
weltweit für sich gewinnen können. Auch sind<br />
unsere Arbeitsprozesse in vielfältiger Weise digitalisiert.<br />
Im vergangenen Jahr haben ich und<br />
viele meiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter<br />
darüber gemurrt, dass wir mit Teilen der öffentlichen<br />
Verwaltung mittels Fax kommuniziert<br />
haben. Das bedeutet im Umkehrschluss aber,<br />
dass dieser für uns eher lästige als tragische<br />
Vorgang die Standards der digitalen Kommunikation,<br />
an die wir uns mittlerweile gewöhnt haben,<br />
hervorhebt. Zu meiner Zeit als Pressesprecher<br />
hätte ich ohne Messenger-Dienste und<br />
Social Media sicherlich weniger Wirkung erzielen<br />
können.<br />
Doch wie bei so vielen Trends und Entwicklungen<br />
sind unterschiedliche Ausprägungen in verschiedenen<br />
Branchen zu verzeichnen. Als Geschäftsführer<br />
zweier Unternehmen der Sozial- und<br />
Gesundheitswirtschaft, deren Geschäftsmodelle<br />
auf der Versorgung, Unterstützung und Pflege<br />
von Menschen mit entsprechenden Bedarfen<br />
beruht, erlebe ich Veränderung und gleichzeitig<br />
das notwendige Festhalten an Bewährtem.<br />
Die Lebenshilfe <strong>Mainz</strong>-Bingen betreibt Einrichtungen<br />
und bietet Dienstleistungen an für Menschen<br />
mit zumeist kognitiven Einschränkungen.<br />
Von der Kindertagesstätte bis zur Seniorentagesbetreuung,<br />
von der Begleitung beeinträchtigter<br />
Schülerinnen und Schüler bis zum Leben<br />
in stationären Wohnformen arbeiten mehr als<br />
300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit mehr<br />
als 550 Kundinnen und Kunden tagtäglich eng<br />
zusammen, um größtmögliche Selbstbestimmtheit<br />
dieser Menschen zu garantieren.