Wirtschafts-News II 2021 Mainz
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Debatte in eine andere Richtung. Wie bewerten<br />
Sie diese Tendenz?<br />
Christian Baldauf: Ich bleibe bei meiner Position.<br />
Wir sollten auf die Tarifpartnerschaft vertrauen.<br />
In vielen Unternehmen gibt es bereits<br />
heute solche Regelungen und täglich kommen<br />
neue hinzu. Die Menschen vor Ort wissen besser,<br />
welche Vereinbarungen sinnvoll sind und<br />
brauchen keinen Staat, der sie belehrt. Das<br />
sehen übrigens viele Gewerkschaften genauso!<br />
Dazu muss man immer auch sagen, dass es<br />
viele Berufe gibt, bei denen schlicht kein Homeoffice<br />
möglich ist. Die Menschen in der Pflege,<br />
Handwerker oder Industriearbeiter schauen zu<br />
Recht mit einer gewissen Skepsis auf diese<br />
Debatte. Sie dürfen wir dabei nicht Außen vor<br />
lassen.<br />
<strong>Wirtschafts</strong>-<strong>News</strong>: Die Debatte um die Ruhetage<br />
zu Ostern hat gezeigt, wie stark die Eingriffe<br />
unter anderem ins Arbeitsrecht bei der<br />
Frage um Homeoffice sind. Glauben Sie, dass<br />
womöglich doch eine gesetzliche Regelung für<br />
Bereiche wie Homeoffice notwendig sein wird?<br />
Christian Baldauf: Nein, die Politik sollte nichts<br />
regeln, was in den allermeisten Betrieben bereits<br />
gut funktioniert.<br />
<strong>Wirtschafts</strong>-<strong>News</strong>: Bei der Benennung als „Arbeit<br />
4.0“ oder historisch betrachtet „Industrie<br />
4.0“ indiziert die Zahl an sich die sozioökonomische<br />
Bedeutung. Wie schon zuvor ist auch<br />
nun davon auszugehen, dass Arbeitsplätze und<br />
Berufe wegfallen oder ganz aussterben, dafür<br />
neue hinzukommen. Welche Steuerungselemente<br />
sind notwendig, um für eine positive<br />
Bilanz zu sorgen?<br />
Christian Baldauf: Nach der Pandemie wird nicht<br />
alles anders sein, doch wir werden neuen Mut<br />
und neuen Tatendrang brauchen. Die soziale<br />
Marktwirtschaft hat uns gezeigt, dass wir die<br />
Kräfte des Marktes zum Gemeinwohl aller nutzen<br />
können.<br />
Es ist die Verbindung von wirtschaftlicher Stärke<br />
und sozialer Sicherheit, die die soziale Marktwirtschaft<br />
ausmacht. Und ich möchte es immer<br />
wieder betonen: Nur wer wirtschaftlich stark<br />
ist, kann sich um die Schwächsten in der Gesellschaft<br />
kümmern. Das ist Verpflichtung und<br />
Aufgabe zugleich. Wir werden in dieser Legislaturperiode<br />
deshalb immer wieder die Perspektive<br />
jener Menschen einbringen, die die<br />
Wertschöpfung in unserem Land sicherstellen.<br />
Und das bedeutet nicht Politik für die Reichen.<br />
Sondern es bedeutet Politik für die Menschen,<br />
die früh aufstehen und als Facharbeiter arbeiten.<br />
Jene Menschen, die sich mehr und mehr<br />
im Stich gelassen fühlen. Alle Ideen einer Gesellschaft<br />
ohne Wachstum hören sich aus der<br />
wohlsituierten 4-Zimmer-Altbauwohnung gut<br />
an. Doch für die Menschen, die für sich und ihre<br />
Familien ein besseres Morgen schaffen wollen,<br />
ist es schlicht Hochmut.<br />
Fakt ist, infolge von Corona und des Strukturwandels<br />
werden auch Unternehmen aus dem<br />
Markt ausscheiden und Menschen ihren Arbeitsplatz<br />
verlieren. Umso wichtiger sind der<br />
Erhalt und die Unterstützung der wirtschaftlichen<br />
Dynamik. Wir müssen der Wirtschaft und<br />
den Menschen eine neue Perspektive bieten.<br />
Hier sage ich noch einmal: Dazu braucht es mehr<br />
Mut zu Selbstverantwortung in den Betrieben<br />
und weniger staatliche Regulierung.<br />
Dazu kommt, dass wir Forschung und Entwicklung<br />
stärken und besser mit der Wirtschaft<br />
verzahnen müssen. Wir müssen Zukunftsbranchen<br />
wie z.B. die künstliche Intelligenz oder die<br />
Biotechnologie konsequent fördern.<br />
<strong>Wirtschafts</strong>-<strong>News</strong>: Genau, wie bei der Frage<br />
nach der Demarkationslinie im Diskurs zwischen<br />
Arbeitnehmer und Arbeitgeber, wird es auch<br />
gesamtgesellschaftlich um die Linie der Umverteilung<br />
gehen. Unbestritten ist wohl, dass