Neue Szene ePaper2021-08
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Zoom
werden jetzt dann irgendwann zusammen einen
Kaffee trinken gehen und dann ist das Thema
abgeschlossen.
>>
sich ja jetzt dadurch sogar grundsätzlich der Ton
Eine sympathische und kluge Reaktion, wie
ich finde.
So bin ich auch erzogen worden. Eine
Entschuldigung nimmt man an und hofft, dass
sie ernst gemeint war (lacht). Vielleicht ändert
im Stadtrat. Und unter uns: Mir sind auch schon
Äußerungen rausgerutscht, die mir im Nachhinein
leidgetan haben.
Du bist laut und kritisch, wenn es um die
Beurteilung der Regierungskoalition geht.
Was muss besser werden?
Ja, aber es ist ganz einfach auch unser Job,
darauf zu schauen, was schief läuft. Wir sind
zusammen mit der SPD die größte Oppositionsfraktion
im Augsburger Rathaus. Es ist nicht
unsere Aufgabe, die Öffentlichkeitsarbeit der
Stadtregierung zu machen und ehrlich gesagt
hat es uns Schwarz-Grün im letzten Jahr nicht
wirklich schwer gemacht, Dinge zu finden, über
die man sich aufregen kann.
Hast du Beispiele parat?
Klar! Die Arbeit innerhalb der Corona-
Nachverfolgung, bei der Gesundheitsreferent
Erben nicht die beste Rolle eingenommen hat,
um es einigermaßen freundlich zu formulieren,
wäre eines. Aktuell geht es mit der Frage nach
den Luftfilteranlagen für Schulen weiter, wo Frau
Weber kürzlich im Bürgerbeirat tatsächlich sagte,
sie könne dieses Thema nicht mehr hören und
damit eine Diskussion abblocken wollte. Das
finde ich unsäglich und auch die Beiräte haben
sich eine weitere Diskussion nicht verbieten
lassen. Es ist ein unglaublich schlechter Stil, Dinge
vollkommen abzublocken, die bei der Stadtregierung
gerade nicht auf Gegenliebe stoßen. Das
ist mein Hauptkritikpunkt, denn auch Stadtratssitzungen
vermitteln mir häufig das Gefühl, sie
wären lediglich Pressekonferenzen der Regierung.
Dafür wurden wir nicht gewählt! Wir wollen uns
für unsere Stadt einbringen.
Könntest du, beziehungsweise könnten die
LINKEN oder die Soziale Fraktion unsere
Stadt besser regieren?
Wir würden die Prioritäten anders setzen. In
diesen Zeiten die städtische Kommunikationsabteilung
massiv aufzublasen oder mit der schlecht
umgesetzten Theatersanierung Geld zu verbrennen,
während für Soziales kein Geld da sein soll?
Das halte ich für einen Skandal.
Gibt es etwas Positives, das du der Stadtregierung
zuschreibst?
Natürlich. Und das sage ich auch sehr gerne:
Das 365 Euro-Ticket für Schüler und Azubis wird
kommen und das ist ein wichtiger Schritt in eine
Richtung, in die auch wir gehen wollen.
Wenn du über deine Arbeit im Stadtrat
sprichst, spürt man das Brennen in dir. Im
Falle einer Wahl in den Bundestag wärst du
aber bereits die längste Zeit Teil des Stadtrats
gewesen. Wie stehen überhaupt deine
Chancen?
Ich bin auf Platz 8 der Liste der LINKEN in
Bayern. Das bedeutet, dass es für mich auf jede
einzelne Stimme ankommen wird, auch auf deine
(lacht). Aktuell sind sieben bayerische Abgeordnete
meiner Partei im Bundestag vertreten, ich
wäre also der erste Wackelkandidat. In den letzten
Wochen gab es Umfragen, da hätte es für mich
gereicht, in anderen wieder nicht.
Man hat den Eindruck, dass die ganze Partei
durch die neue Spitze mit Susanne Hennig-
Wellsow und Janine Wissler in eine Abwärtsspirale
geraten ist.
Ich glaube, die beiden machen eines sehr
gut: Sie führen die Partei zusammen. Jeder und
jede kann sich in diesem Duo wiederfinden, auch
„Entweder werden wir die Grünen auf
ihrem Weg begleiten oder es tun eben die
Konservativen.“
ich. Ich gehöre ja zu den Pragmatikern innerhalb
meiner Partei und ich glaube nicht, dass die aktuellen
Umfragewerte mit der neuen Parteispitze
zusammenhängen. Wir erleben gerade einfach
eine starke Polarisierung bei der Kanzlerfrage, es
bewegt die Menschen, wer denn Kanzler*in werden
wird, Baerbock oder Laschet. Bei dieser Frage
spielen wir LINKEN keine Rolle. Mir haben sogar
schon Leute, die mir sehr nahe stehen, gesagt, dass
sie mich diesmal nicht wählen könnten, weil die
Grünen ihre Stimme bräuchten.
Warum sollen die Menschen ihr Kreuz trotzdem
bei Frederik Hintermayr machen?
Weil die Frage, wie unser Land nach der
Wahl aussehen wird und wie sich auch SPD und
Grüne zukünftig verhalten werden, massiv davon
abhängt, wie stark wir LINKEN sein werden. Das
klingt auf den ersten Blick vielleicht absurd, ist
aber die entscheidende Frage. Entweder werden
wir die Grünen auf ihrem Weg begleiten oder es
tun eben die Konservativen.
Du hast dir in Augsburg einiges aufbauen
können. Wie schwer würde es dir fallen, der
Stadt nach einer erfolgreichen Wahl den
Rücken zu kehren?
Es ist keineswegs mein Plan, der Stadt den
Rücken zu kehren, wenn ich gewählt werden
sollte. Augsburg wird weiterhin der Lebensmittelpunkt
der Familie Hintermayr sein. Das war
übrigens auch die Grundvoraussetzung dafür, dass
meine Frau die Kandidatur überhaupt abgesegnet
hat. Ich möchte für Augsburg und Schwaben
im Bundestag vertreten sein und soziale Politik
machen. Für Ulrike Bahr von der SPD sieht es ja
gerade aufgrund des Listenplatzes eher schlecht
aus. Bei Claudia Roth sehe ich tatsächlich keinen
großen Augsburg-Bezug und Volker Ullrich ist
ein Konservativer. Da merkst du schon: Es braucht
dringend eine Augsburger Stimme für soziale
Gerechtigkeit in Berlin. Genau diese Stimme
möchte ich sein, ohne jemals die Bindung zu
meiner Heimatstadt zu verlieren. (max)
Am 15. September wird Janine Wissler,
Parteivorsitzende der LINKEN im Rahmen
des Wahlkampfs in Augsburg sein.