26ZoomFrederik Hintermayr von der Partei DIE LINKE ist noch nicht einmal 30 Jahre alt,kann aber bereits auf eine beachtliche politische Karriere blicken. 2020 zogder damalige Kreissprecher der LINKEN ins Rathaus seiner Heimatstadt ein undwurde zuletzt sogar zum Bundestagskandidaten seiner Partei gekürt. Wir habenden gelernten Gesundheits- und Krankenpfleger, der mittlerweile im Hauptberufals Gewerkschaftssekretär arbeitet, im Parteibüro am Mauerberg getroffen.Interview und Fotos: Markus KrapfLinks vor rechts!Im politischen Gespräch mitFrederik Hintermayr, Stadtrat undBundestagskandidat von DIE LINKE
Zoom27Frederik, du bist erst 28 Jahre alt, aber schonlange Teil der kommunalen Politszene. Wieschafft man es in so jungen Jahren auf dieseEbene?Ich kann einfach sehr schlecht zuschauen undmische mich gerne ein. So praktiziere ich das jetzttatsächlich schon mein halbes Leben. Nun werdeich bald 29 und bin aktiv, seit ich 15 Jahre alt war.Dabei bin ich übrigens auch nie vor Themenzurückgeschreckt, die keine klassischen Wohlfühlthemensind.Die da wären?Mein erstes großes politisches Thema warnach meiner ersten Wahl in den Bezirkstagder Einsatz für Drogenkonsumräume. Damitgewinnst du erst einmal keinen Blumentopf,am Ende gibt es dann aber offenbar doch einegewisse Anerkennung. Und bei diesem Themabeispielsweise kam es mittlerweile tatsächlich zuBewegung innerhalb aller Parteien.War dieses Feld dein Schlüsselerlebnis undpolitischer Einstieg?Nein, das war noch früher. Als ich aufsMaria-Theresia-Gymnasium ging, war ich bei dendamaligen Schulstreiks aktiv, Stichwort Studiengebührenund G8. Das war das erste Mal, dass ichKundgebungen organisiert habe, ein Megafonin der Hand hatte und Mitschüler*innen davonüberzeugt habe, mitzumachen. Hier waren besondersder Umgang mit unserem Engagement unddie vielen Vorurteile meine Schlüsselerlebnisse.Wir wurden damals zwar mit viel Hass und Hämekonfrontiert, haben aber auch schnell gesehen,wie Engagement sich auszahlen kann. Schonkurze Zeit später wurden die Studiengebührendann ja wieder gekappt.Während sich viele Altersgenossen erst langsamberuflich orientieren, hast du auch im Jobschon einiges erreichen können. Bist du einStreber?Wenn das meine damaligen Lehrer lesen,werden sie entweder lachen oder vielleicht sogarin Tränen ausbrechen. Denn ich habe das Gymnasiumohne Abschluss abgebrochen, nachdem ichzweimal in Folge sitzengeblieben bin. Soviel zumStreber (lacht). Aber im Ernst. An deiner Fragesieht man, wie akademisch wir heute denken. EinFacharbeiter ist mit 29 Jahren häufig schon über10 Jahre im Job. Ich selber hatte nach der Schulezweimal Glück. Zunächst habe ich in der Pflegeein Feld gefunden, in dem mir das Lernen auf einmalnicht mehr schwergefallen ist und ich zumersten Mal auch richtig gut gewesen bin. Meinzweites Glück war, dass ich meine jetzige Ehefrausehr früh kennengelernt habe. Mittlerweile habenwir zwei Kinder und auch das ordnet ein Leben.>>„Von einem Miteinander in einemDu kommst aus Haunstetten, lebst mit deinerFamilie im Textilviertel und bist mittlerweilenicht mehr in der Pflege tätig.Das stimmt. Dadurch, dass ich mich in meinerAusbildungszeit im Augsburger Klinikumals Vorsitzender der Jugendausbildungsvertretungehrenamtlich engagiert habe und dort über 500Auszubildende aus 20 Ausbildungsberufen vertretendurfte, wurde ich gewerkschaftlich geprägt.Ich habe in dieser Zeit erlebt, was passieren kann,wenn sich eine Interessengruppe zusammenschließt,also was man gemeinsam erreichen kann,wenn man sich organisiert. Das war dann auchder Weg zu meinem Job als Gewerkschaftssekretär,denn heute darf ich hauptamtlich beim DGBarbeiten und verdiene mein Geld mit politischerund gewerkschaftlicher Arbeit.Seit 2020 bist du darüber hinaus als Stadtratder LINKEN im Augsburger Rathaus. Wiehast du die ersten eineinhalb Jahre erlebt?Durch Corona völlig anders, als ich daserwartet habe. Ich hatte mir vorgenommen, inden Stadtteilen viele, viele Menschen zu treffenund mit ihnen in den Austausch zu gehen, aberdas war bisher durch Corona leider noch nicht somöglich. Im Stadtrat selbst habe ich schnell erlebt,welche Beißreflexe es dort gibt. Gegenüber meinerPerson als Politiker der LINKEN, aber auchgegenüber unserer ganzen Fraktion. Das ist andersund viel stärker, als ich es erwartet habe und es ausdem Bezirkstag kenne. Von einem Miteinander ineinem Kollegialorgan habe ich bisher leider nochnicht so viel gespürt. Wir haben meines Erachtensviele gute Ideen, es ist aber immens schwer, mitunseren Inhalten durchzukommen.Was sind deine Kernthemen und Inhalte?In erster Linie ist mein Thema GesundheitsundPflegepolitik, darauf liegt allerdings imStadtrat nicht so sehr der Fokus. Letztlich ist es,so abgedroschen das vielleicht klingen mag, diesoziale Frage, die mich in dieser Stadt umtreibt.Wenn Straßenbahn und Bus teurer werden,Kollegialorgan habe ich bisher leider nochnicht so viel gespürt.“sehe ich Rentner, Auszubildende und HartzIV-Empfänger, die sich das dann nicht mehrleisten können. Wenn der Strom teurer wird,sehe ich die Menschen, die Angst haben, dassirgendwann der Kühlschrank ausgeht. DieserBlickwinkel für Soziales fehlt in der Stadtregierungmeines Erachtens. Damit bin ich angetretenund ich werde nicht damit aufhören, dieseThemen immer wieder in den Vordergrund zurücken, auch wenn ich damit natürlich häufiganecke. Ein weiteres großes Thema ist Jugend.In der Pandemie wurden junge Menschen aufdas „Schüler-sein“ reduziert, es wurde aber vielzu wenig auf die Bedürfnisse junger Menschenaußerhalb der Schulen oder Kindertagesstättengeschaut. Auch dies werde ich im Stadtrat solange auf den Plan rufen, bis es keiner mehrhören kann.Wie du sagst, wenn man unbequem ist, ecktman an. Wir kommen auch nicht drumherum, die „Deppen-Affäre“ mit Eva Weberanzusprechen. Was ist in dieser Sitzung eigentlichpassiert?Es ging in dieser Stadtratssitzung um dieKrawalle in der Maxstraße, dazu habe ich mich inmehreren Punkten geäußert. Irgendeiner dieserPunkte muss die Oberbürgermeisterin dannextrem getriggert haben. Ich glaube, es ging ummeine Kritik, dass bei der Pressekonferenz nebenPolizei und Ordnungsreferent unglaublicherweiseweit und breit kein Sozialreferent zu sehen war.Daraufhin ist ihr wohl der „Depp“ rausgerutscht.Oberbürgermeisterin Weber hat mich nach derSitzung angerufen und sich entschuldigt. Ich habedie Entschuldigung natürlich angenommen, wir