BÖB JOURNAL Fachinformationen für das Rechnungswesen Ausgabe Juni 2021
Wissenswertes und wertvolle Tipps für das Rechnungswesen zum Nachlesen. Die Beiträge stammen aus der Feder von Top-Experten, die in ihrer täglichen Praxis die "graue Theorie" umsetzen und gerne Ihren Schatz an Wissen und Erfahrung mit Ihnen teilen.
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Ein Unternehmen erzielt 2 % Umsatzrendite
und muss eine Forderung
i.H.v. € 5.000 netto ausbuchen. Für
diese € 5.000 Forderungsausfall ist ein
Mehrumsatz von € 250.000 nötig, um
diesen Ausfall zu kompensieren. Bei
€ 50.000 Forderungsausfall sind es bereits
€ 2,5 Mio. Mehrumsatz.
Das vorangegangene Beispiel zeigt
deutlich, dass CM-Maßnahmen (Beurteilung,
Steuerung, Reduzierung des
Risikos) enorm wichtig für die Existenzsicherung
sind. Weiters werden
die Zusammenhänge Marge/Forderungsausfall
anhand des Beispiels gut
sichtbar. Denn es gilt: Je niedriger die
Rendite, desto mehr „Mehrumsatz“
wird zur Kompensation des Ausfalls
benötigt und umso eher bedroht ein
hoher Ausfall die Existenz des Unternehmens.
CM-Maßnahmen müssen daher unbedingt
in jeder strategischen Unternehmensplanung
berücksichtigt
werden. Große Unternehmen formulieren
eigene Richtlinien und definieren
CM-Prozesse in ihrer Credit Policy.
In diesen Richtlinien findet man
Maßnahmen, welche die unternehmenseigene
AGB-Erstellung bis hin
zur Abwicklung des Kundenkonkurses
beinhalten.
Effektives Credit Management verbessert
Bilanz- und GuV-Kennzahlen,
steigert die Eigenkapitalquote, verbessert
den Cashflow, die Ertrags- und
Liquiditätslage, sichert nachhaltig das
Unternehmensbestehen und führt zu
guter Letzt auch zu einer Verbesserung
des eigenen Ratings.
Aufgaben des Credit
Managements
Credit Manager beschäftigen sich mit
dem Management von Lieferantenkrediten.
Unternehmen, welche gleichermaßen
an Konsumenten wie an
andere Unternehmen Waren verkaufen
oder Dienstleistungen erbringen,
räumen nicht selten ein Zahlungsziel
ein. Um die aus diesem Zahlungsziel
resultierende Bilanzposition „Forderungen
aus Lieferungen & Leistungen
dreht sich die Tätigkeit des Credit
Managers. In Deutschland haben viele
Unternehmen eigene Credit Manager
angestellt, große Konzerne führen sogar
eigene Credit Management Abteilungen,
in Österreich werden die
anfallenden Tätigkeiten oft von der
Buchhaltung oder einem Treasurer abgewickelt.
Aber auch in Kleinstunternehmen
wird CM betrieben – natürlich unbewusst.
Denn bereits die Ausstellung
einer ordnungsgemäßen Faktura nach
§11 UStG oder die Vergabe von Zahlungszielen
sind Teilprozesse des operativen
und auch strategischen Credit
Managements. Unabhängig davon,
ob die Ausgangsrechnung durch die
im Betrieb mitarbeitende Ehefrau
des selbständigen Handwerksmeisters
händisch erfasst und postalisch
übermittelt oder diese in Konzernen
vollautomatisiert erstellt und als
E-Rechnung per Email versendet bzw.
in einem Portal direkt beim Kunden
elektronisch hochgeladen wird. Es
stellt sich daher gar nicht die Frage, ob
man CM benötigt, sondern viel mehr
in welcher Ausprägung und Art der
Abwicklung.
„Hauptberufliche“ Credit Manager
wirken bei der Erstellung von unternehmensinternen
Kreditvergaberichtlinien
(Credit Policy), AGB´s oder
diversen Vertragswerken (z.B. Angeboten)
mit. Sie prüfen die Bonität von
Kunden und steuern die Gestaltung
des Kundenportfolios, damit dieses aus
Risikosicht auch ausgewogen bleibt
und nicht ausschließlich aus „Risikokunden“
mit erhöhtem Ausfallrisiko
besteht. Mittels Scoring-Methoden
werden Kunden bewertet und Risikoklassen
zugeordnet. Abhängig von dieser
zugewiesenen Risikoklasse, sollten
Kunden verschiedene Zahlungskonditionen
angeboten werden. Bei „Risikokunden“
würde sich z.B. Lieferung
gegen Vorauskassa anbieten und/oder
sollte dieser zumindest als Intensivgestion-Kunde
in den Debitorenstammdaten
geführt werden (eine einfache
Kennzeichnung mittels Anmerkung/
Mahnkunde etc. reicht schon aus, am
besten filter- oder auswertbar). Kundendiversifikation
und somit auch Risikodiversifikation
zählt zu einer der
wichtigsten Aufgaben im Credit Management.
Weiters planen Credit Manager den
Einsatz von Sicherheiten (Bankgarantie,
Eigentumsvorbehalt...) und legen
Zahlungsbedingungen fest. Sie sichern
Forderungen ab (Factoring, Vorauskassa,
Warenkreditversicherung,
Patronatserklärung...) und verhindern
Obliegenheitsverletzungen durch z.B.
verspätete Überfälligkeitsmeldungen
an Versicherungen, welche zum Verlust
des Versicherungsschutzes führen
können. Mitarbeiter im CM kümmern
sich um die außergerichtliche/gerichtliche
Forderungsbetreibung, vereinbaren
Ratenzahlungen bzw. Zahlpläne
und treffen vorbeugende Maßnahmen
gegen Forderungsbestreitung bzw. Anfechtung
im Insolvenzfall des Kunden.
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