BÖB JOURNAL Fachinformationen für das Rechnungswesen Ausgabe Juni 2021
Wissenswertes und wertvolle Tipps für das Rechnungswesen zum Nachlesen. Die Beiträge stammen aus der Feder von Top-Experten, die in ihrer täglichen Praxis die "graue Theorie" umsetzen und gerne Ihren Schatz an Wissen und Erfahrung mit Ihnen teilen.
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CONTROLLING
zernlagebericht enthaltenen konsolidierten
nichtfinanziellen Erklärung ist
es unsere Verantwortung zu prüfen, ob
sie aufgestellt wurde, sie zu lesen und
abzuwägen, ob sie angesichts des bei
der Prüfung gewonnenen Verständnisses
wesentlich im Widerspruch zum
Konzernabschluss steht oder sonst wesentlich
falsch dargestellt erscheint.“
Dies lässt unmissverständlich erkennen,
dass die freiwillige konsolidierte
nichtfinanzielle Erklärung wie eine
verpflichtend zu erstellende behandelt
wurde – d.h. einer bloßen Vorlageprüfung
unterworfen und anschließend
i.S.d. ISA 720 kritisch gelesen wurde.
Noch dazu legt dies nahe, dass selbst
die hierin enthaltenen verpflichtend
anzugebenden nichtfinanziellen Leistungsindikatoren
gem. § 267 Abs. 2
UGB einer solchen Behandlung unterzogen
wurden. Ein solches Vorgehen
steht jedoch weder im Einklang
mit den diesbzgl klaren Vorgaben des
§ 269 UGB, noch mit der bisherigen
Praxis im Umgang mit freiwilligen
Angaben im Rahmen der (Konzern-)
Lageberichterstattung. Sohin ist entweder
auf eine irreführende Formulierung
im Bestätigungsvermerk zu
schließen – oder auf eine fachliche
Verfehlung des Konzernabschlussprüfers.
Fall 3
Der Geschäftsbericht 2019 weist einen
gesonderten Abschnitt auf, der
mit „Nicht-finanzieller Bericht“ betitelt
ist. In diesem heißt es eingangs
klarstellend (obschon terminologisch
fehlerhaft): „Die vorliegende nicht-finanzielle
Erklärung enthält die geforderten
Angaben gemäß § 267a
Abs. 1–3 UGB bzw. § 243b Abs. 1–3
UGB.“ In diesem sind dem Anschein
nach auch sämtliche nichtfinanziellen
Leistungsindikatoren gem. § 267
Abs. 2 UGB gebündelt worden; eine
gesonderte Behandlung solcher nichtfinanziellen
Leistungsindikatoren im
Konzernlagebericht findet sich jedenfalls
nicht.
Der vorliegende Sachverhalt legt den
Schluss nahe, dass seitens der Unternehmensvertreter
irrtümlich angenommen
wurde, eine freiwillige nichtfinanzielle
Berichterstattung gem.
§ 267a UGB ginge mit einer Befreiung
von der Angabepflicht gem. § 267
Abs. 2 UGB einher. Die Folge dieses
Missverständnisses ist jedoch eine
unvollständige Konzernlageberichterstattung,
die entsprechend angreifbar
bzw. sanktionierbar ist.
Das Vorgehen des Konzernabschlussprüfers
ist ebenfalls nicht geeignet,
diesen Befund in Ansätzen zu heilen.
Seinem Bestätigungsvermerk ist
zu entnehmen, dass er den erstellten
freiwilligen nichtfinanziellen Bericht
(korrekter Weise) als sonstige Information
gem. ISA 720 identifiziert und
behandelt hat. Wunder nimmt freilich
die (gesetzlich gebotene) Feststellung
an derselben Stelle, dass auch die Gesetzmäßigkeit
der Konzernlageberichterstattung
(die deren Vollständigkeit
mit umfasst) von diesem geprüft
wurde – und hierbei offensichtlich
nicht festgestellt wurde, dass der Angabepflicht
gem. § 267 Abs. 2 UGB
nicht nachgekommen wurde (bzw.
nicht schon zuvor auf den Prüfungsmandanten
eingewirkt wurde, eine
ordnungsgemäße Berichterstattung
sicherzustellen).
Fall 4
Im Geschäftsbericht 2019 findet sich
ebenfalls ein gesondertes Kapitel unter
dem Titel „Konsolidierter nichtfinanzieller
Bericht“. Im Untertitel des Kapitels
wird betont, dass es sich hierbei
um die „Angaben gemäß § 267a UGB“
handeln soll. Eine Aussage, dass dieser
freiwillig erstellt wurde, findet sich
demgegenüber nicht. Gleichermaßen
fehlt eine Angabe nichtfinanzieller
Leistungsindikatoren im Konzernlagebericht;
dieses weist zwar ein Kapitel
„Nachhaltigkeit“ auf; dieses enthält jedoch
ausschließlich folgende Aussage:
„Wir verweisen auf den konsolidierten
nichtfinanziellen Bericht gemäß
§ 267a UGB.“ Potentiell relevante
nichtfinanzielle Leistungsindikatoren
finden sich nur ansatzweise in anderen
Kapiteln wie „Mitarbeiter“ (zum Personalstand)
oder „Märkte“ (gehaltene
Flächen in Quadratmeter); bereits der
Vergleich mit der Berichterstattung
zu nichtfinanziellen Leistungsindikatoren,
wie sie vor der Erstanwendung
des NaDiVeG erfolgte, offenbart, dass
diese Angaben aber nicht i.S.d. § 243
Abs. 5 UGB verstanden werden können.
Im gegenständlichen Fall liegt sohin
erneut ein offensichtliches Missverständnis
vor, das auf die Annahme
einer befreienden Wirkung der Berichterstattung
gem. § 267a UGB im
Hinblick auf die Angabepflicht gem.
§ 267 Abs. 2 UGB hinweist. 22 Dies bedeutet
im Ergebnis, dass wie im zuvor
dargestellten Fall 3 eine unvollständige
Konzernlageberichterstattung vorliegt.
Auch hier nimmt der Konzernabschlussprüfer
keinen Bezug auf die
festgestellte Problematik und unterwirft
den freiwilligen konsolidierten
nichtfinanziellen Bericht lediglich
einer Behandlung gem. ISA 720. Eine
weitere Befassung mit der Materie
i.S.d. Mandantens erfolgte offensichtlich
nicht.
Fazit
Mehr als vier Jahre nach dem Inkrafttreten
des NaDiVeG finden sich in der
Praxis der nichtfinanziellen Berichterstattung
noch immer Unsicherheiten
in der Anwendung der zahlreichen
Gestaltungsoptionen, die Unternehmen
in der Berichterstattung über ihre
Nachhaltigkeitsleistung offenstehen.
Dieser Befund unterstreicht erneut
den hohen Komplexitätsgrad der Berichtspflichten,
die mit dem NaDiVeG
in das österreichische Bilanzrecht eingefügt
wurden.
Ein bisher (zu) wenig beachtetes Problemfeld
zeigt sich bei der freiwilligen
nichtfinanziellen Berichterstattung.
Eine Heilung der im vorliegenden Beitrag
festgestellten Defizite in der Praxis
ließe sich dabei mit vergleichsweise
geringfügigen Eingriffen herstellen.
Handlungsempfehlungen hierfür hat
der vorliegende Beitrag dargelegt.
22
Eine Bestätigung dieser Annahme erfolgte durch den CFO des Konzerns in einer E-Mail-Korrespondenz am 6.10.2020.
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