BÖB JOURNAL Fachinformationen für das Rechnungswesen Ausgabe Juni 2021
Wissenswertes und wertvolle Tipps für das Rechnungswesen zum Nachlesen. Die Beiträge stammen aus der Feder von Top-Experten, die in ihrer täglichen Praxis die "graue Theorie" umsetzen und gerne Ihren Schatz an Wissen und Erfahrung mit Ihnen teilen.
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RECHT
Geschäftsführung haftet bei
fehlender interner Kontrolle
Mag. Wolfgang Dibiasi
Steuerberater, Wirtschaftsprüfer
und Geschäftsführer
von ARTUS mit den
Schwerpunkten individuelle
und kurzfristige Beratung
zu internationalen Steuern,
Steueroptimierung,
Wirtschaftsprüfung, Unternehmensgründungen,
Rechnungswesen, Reporting,
Controlling, Due Diligence,
Umstrukturierungen
sowie die Betreuung von
Betriebsprüfungen.
w.dibiasi@artus.at
www.artus.at
Mit der Tatsache, dass die Geschäftsführung bei fehlender interner Kontrolle
haftbar ist, sah sich ein Geschäftsführer einer GmbH konfrontiert, als er für das
Fehlverhalten seiner Buchhalterin wegen Missachtung seiner Kontroll- und Geschäftsführerpflichten
zu Schadenersatzleistungen durch die Entscheidung des
OGH (OGH 9 ObA 136/19v vom 26.8.2020) verurteilt wurde.
Geschäftsführer haben dafür zu sorgen, dass ein internes Kontrollsystem (IKS)
und damit insbesondere ein 4-Augen-Prinzip eingerichtet ist. Ist dieses IKS nicht
funktionsfähig und missachtet der Geschäftsführer diese Verpflichtung, so ist dieser
ggf. für allfällige Schäden verantwortlich und haftbar.
Was ist passiert?
Ausgangslage war, dass die Buchhalterin der
GmbH Geld veruntreut hatte, indem sie Geld aus
der Handkasse entnommen hatte sowie Überweisungen
auf ihr eigenes Konto durchführte. Dies
war möglich, da der Geschäftsführer, anders als
in der Konzernrichtlinie der Alleingesellschafterin
vorgesehen, kein 4-Augen-Prinzip, vor allem
beim Zahlungsverkehr, durchführte. Daher blieben
diese dolosen Überweisungen von ihm unbemerkt.
Der Jahresabschlussprüfer stellte fest,
dass die Buchhaltung und Zahlungsverkehr nicht
ordnungsgemäß organisiert waren und der Geschäftsführer
veranlasste eine Nachschulung, unterließ
jedoch eine Änderung in der Organisation
und des internen Kontrollsystems. Nach Feststellungen
der Innenrevision führte dies zu Entlastung
des Geschäftsführers.
In weiterer Folge wurde Schadenersatz beim Geschäftsführer
durch die Alleingesellschafterin der
GmbH geltend gemacht. Gestützt wurde dies
durch das GmbH-Gesetz (§ 22 Abs 1 GmbHG),
welches ein „den Anforderungen des Unternehmens
entsprechendes Internes Kontrollsystem“
(IKS) verlangt. Dabei gelangte der OGH zu der
Erkenntnis, dass es irrelevant sei, ob ein neues
oder bereits vorhandenes internes Kontrollsystem
verwendet wird. Es muss jedoch regelmäßig evaluiert
werden und den Ansprüchen des Unternehmens
entsprechen. Vor allem ein 4-Augen-Prinzip
muss durchgängig gewährleistet sein.
Des Weiteren präzisierte der OGH, dass es sich bei
der fünfjährigen Verjährungsfrist der Ansprüche
an den Geschäftsführer für den Verfall etwaiger
offener Ansprüche um eine gesetzlich zwingende
Regelung handelt und diese daher vertraglich,
zumindest nicht im Vorhinein, beschränkt werden
kann. Ebenso wenig verhindert die erfolgte Entlastung
des Geschäftsführers das Geltendmachen
von Schadenersatz-Ansprüchen.
Was ist nun ein Internes
Kontrollsystem (IKS)?
Ein Internes Kontrollsystem ist ein System, das
mithilfe von organisatorischen Maßnahmen und
Verfahren die Unternehmensaktivitäten steuert und
kontrolliert. Es dient der Sicherung des Vermögens
der Gesellschaft, der Gewährleistung der Zuverlässigkeit
und Genauigkeit der internen und externen
Rechnungslegung sowie der Sicherstellung der
Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften und der
vorgeschriebenen Unternehmensrichtlinien.
44 BÖB Journal 86 | 21