WOLL Magazin 2021.2 Sommer I Meschede, Bestwig, Olsberg
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Haus Ostwig<br />
Der Wald ist seine Welt – und die<br />
schönste Freizeitgestaltung<br />
Er öffnet selbst die Eingangstür und führt uns ins große, mit<br />
antiken Möbeln bestückte Zimmer. Den Tag hat Carl Ferdinand<br />
von Lüninck im Wald verbracht. Holz ist seine Welt.<br />
Der Forstwirt bewirtschaftet nicht nur Wälder auf <strong>Bestwig</strong>er<br />
Territorium, sondern auch in Brandenburg. Seine Augen<br />
leuchten, wenn er versichert, dass seine berufliche Tätigkeit<br />
für ihn gleichbedeutend mit Freizeitgestaltung ist. „Die Natur<br />
zu bewahren, trotz Augenmerk auf wirtschaftliche Erfordernisse<br />
– für mich ist das eine lohnende Aufgabe. Ich<br />
tüftle gern, probiere neue Baumarten aus und bin mir auch<br />
nicht zu schade, gute Ideen von befreundeten Fortwirten<br />
einzuholen.“<br />
Erzogen als der Erbe- mit Ostwiger Wurzeln<br />
Der Weg als Titelträger und Unternehmer wurde ihm in<br />
die Wiege gelegt. Als ältester Sohn war es seinerzeit entschiedene<br />
Sache, dass er seinem Vater und den Vorfahren<br />
folgen würde, also wurde er als der Erbe erzogen. Mit 12<br />
gings von zuhause fort ins Internat. Bundeswehrzeit und<br />
Studium folgten, dann der Aufbau des ostdeutschen Betriebszweiges.<br />
„Natürlich hatte ich währenddessen immer auch Kontakte<br />
nach Ostwig“, erinnert er sich. Kleine Besuche gab<br />
es beispielsweise zum Schützenfest. „Im Jahr 1997 habe ich<br />
sogar den Vogel abgeschossen. Da ich seinerzeit noch keine<br />
Freundin hatte, die ich zur Königin hätte machen können,<br />
wählte ich dafür mein früheres Kindermädchen Hildegard“,<br />
lächelt er, und er verrät: „Die liebe Hildegard, die auch in<br />
Ostwig lebt, ist immer noch bei uns im Haus Ostwig tätig.<br />
Sie kümmert sich tageweise um unseren Haushalt und darum,<br />
dass es uns gut geht.“ Mit ‚uns‘ sind neben ihm selbst<br />
seine Ehefrau Sophie, die vier Kinder Carl-Anton (18),<br />
Anna (16) Marie-Theres (14) und Otto (13), seine Tante<br />
Tia sowie deren Pflegerin gemeint.<br />
„Für uns ist das Umfeld wichtig“<br />
„Als ich im Jahr 2008 mit meiner Familie zurück nach Ostwig<br />
kam, um mich in die Geschäfte meines Vaters einzuarbeiten,<br />
wollten wir uns einen Ankerpunkt schaffen, weil uns<br />
unser Umfeld wichtig ist“, erinnert sich der Freiherr. „Dieses<br />
Fleckchen Erde und seine herzlichen Bewohner haben uns<br />
definitiv gefallen. Ist doch klar, dass wir uns engagieren.“<br />
‚Kumm rin‘ – eine Erfolgsstory<br />
Nach der 30-jährigen Abwesenheit fiel Carl Ferdinand allerdings<br />
auch auf, was sich hier verändert hatte: „Es gab keine<br />
Treffpunkte mehr für die Menschen - eine große Gefahr für<br />
das Gemeinschaftsgefühl. Dem wollte ich unbedingt entgegenwirken.<br />
Direkt auf unserem Gelände, gleich gegenüber<br />
der Kirche, stand ein Viehstall seit Jahren leer. Mit viel Holz<br />
aus meinen eigenen Wäldern und der fleißigen Unterstützung<br />
der Helfer aus dem Ort haben wir ihn zur Ehrenamtskneipe<br />
‚Kumm rin‘ umgebaut.”<br />
Die feierliche Eröffnung am zweiten Weihnachtstag 2011<br />
wurde legendär. “Ich erinnere mich daran, dass ich am nächsten<br />
Morgen aus meinen Schlafzimmerfenster blickte und<br />
dort Menschen sah. ‚Die machen ja schon sehr früh sauber’,<br />
wunderte ich mich. Aber nein, die Ostwiger waren immer<br />
94 - <strong>WOLL</strong> <strong>Sommer</strong> 2021