WOLL Magazin 2021.2 Sommer I Meschede, Bestwig, Olsberg
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Mitten in der Gesellschaft<br />
Kinder und Jugendliche, die Unterstützung im<br />
Alltag benötigen, leben gemeinsam in <strong>Olsberg</strong><br />
Britta Melgert<br />
sabrinity<br />
W<br />
er mit einer körperlichen, geistigen oder seelischen Beeinträchtigung aufwächst, hat es nicht leicht. Pflegerische<br />
und therapeutische Maßnahmen sowie die Unterstützung Zuhause überfordern mit den Jahren auch<br />
starke Familienverbünde. Früher wurde dann die heimähnlichen Unterbringung, in der alle Entscheidungen<br />
und Arbeiten ‚rundumsorglos‘ abgenommen wurden, als letzte Alternative gesehen. Dies ist heute anders. So bietet das<br />
Bigger Josefsheim seit mehr als 12 Jahren selbstbestimmtes, familiäres Leben in kleinen Wohngruppen für Kinder und<br />
Jugendliche von 6 bis 18 Jahren an.<br />
Janine Rottler, pädagogische Geschäftsführerin<br />
der Josefsheim gGmbH, kennt<br />
das Dilemma: „Die Kinder im Grundschulalter<br />
und Jugendlichen leben im<br />
Elternhaus größtenteils isoliert. Oft ist<br />
kein Regelbesuch darstellbar, und selbst<br />
wenn, dann frisst allein schon der gesonderte<br />
Bustransport durch die Region<br />
einen großen Teil der Freizeit auf.<br />
Freundschaften zu Mitschülern pflegen<br />
ist dabei oft schwer.“<br />
Hinzu kommt eine weitere Herausforderung:<br />
Wie auch bei anderen Heranwachsenden<br />
beginnt mit dem Älter<br />
werden der Kinder nicht nur die Abgrenzung<br />
gegen die Eltern, sondern es<br />
wachsen auch gewisse Körperbarrieren,<br />
die die Fürsorge und Pflege durch die<br />
Eltern komplizieren. „Für viele von ihnen<br />
ist dann das Leben in einer unserer<br />
wohngemeinschaftsähnlichen Einrichtungen<br />
eine lohnenswerte Alternative“,<br />
so Rottler, die Eltern, die mit der anstehenden<br />
Entscheidung an ihre Grenzen<br />
kommen, während der Findungsphase<br />
gemeinsam mit dem Josefsheim Expertenteam<br />
in vielen Gesprächen begleitet.<br />
„Keine Familie muss alleine durch diese<br />
Situation gehen. Sich professionelle<br />
Hilfe zu holen ist vernünftig und eine<br />
gute Entscheidung. Dabei sehen wir uns<br />
jedoch niemals als Familienersatz, sondern<br />
nur als Unterstützung im Alltag.<br />
Die Bindung zur eigenen Familie kann<br />
hier bei uns durch die sehr gern gesehenen<br />
Besuche sogar noch enger werden,<br />
da das Konfliktpotenzial ja größtenteils<br />
ausgelagert ist.“ Michaele Halbey,<br />
die als Geschäftsfeldleiterin ‚Wohnen<br />
und personenbezogene Dienstleistungen‘<br />
tätig ist, erklärt die Leistungen des<br />
Josefsheims so: „In kleinen Wohngruppen<br />
trainieren wir mit den Heranwachsenden<br />
den Umgang mit alltäglichen,<br />
haushaltstypischen Aufgaben. Einen<br />
Speiseplan aufstellen, einkaufen gehen,<br />
der Umgang mit Geld – all das muss<br />
geübt werden. Die zentrale Lage der<br />
Einrichtung in <strong>Olsberg</strong>-Bigge macht<br />
das Leben ‚Mitten in der Gesellschaft‘<br />
zur Normalität. Mit der in unmittel-<br />
54 - <strong>WOLL</strong> <strong>Sommer</strong> 2021