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WG/3ZI/K/BAR

WG/3ZI/K/BAR ein haus für künstlerInnen.gäste.freunde MARKUS AMBACH | BIRGIT JENSEN KÜNSTLERVEREIN MALKASTEN

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ein haus für künstlerInnen.gäste.freunde
MARKUS AMBACH | BIRGIT JENSEN

KÜNSTLERVEREIN MALKASTEN

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MARKUS AMBACH | BIRGIT JENSEN<br />

KÜNSTLERVEREIN MALKASTEN


MARKUS AMBACH | BIRGIT JENSEN<br />

KÜNSTLERVEREIN MALKASTEN


INHALT<br />

VORWORT<br />

KONZEPT / MARKUS AMBACH<br />

INTRO / BIRGIT JENSEN<br />

FORMATE<br />

<strong>WG</strong> / <strong>3ZI</strong> / K / <strong>BAR</strong> / PROGRAMM<br />

2003<br />

Bruno Jacob, Andreas Bongartz, Frauke Gerhard, Maria Anna Tappeiner, Mark<br />

Pepper, Team Baron, Helmut Schweizer, Graziella Kunsch, Heinz Hausmann,<br />

Rita Mcbride, Aka, Michael Kunze, Heinrich Gartentor, Christine Bernhard<br />

2004<br />

Thomas W. Rieger, Michael Jonas & Norika Nienstedt, Junior Toscanelli, Mark<br />

Pepper, Andreas Wegner, Site Productions, Christian Jäger, Frank Schablewski,<br />

Sven-Ake Johansson, Thomas Kilpper, Volker Ziebarth, Wilhelm Mundt, Frank<br />

Fenstermacher / Ata tak, Christina Morhardt, Norbert Kottmann, Joachim Mannebach,<br />

Elke Nebel, Markus Vater, Driss Ougmari, Frauke Gerhard, Petra Weimer,<br />

Fussball EM, Susanne Kutter, Christoph Dettmeier, Lucy Harvey, Susanne<br />

Bosch, Daniela Steinfeld, Wilhelm Mundt, Mattias Caduff, Melanie Richter, Stefan<br />

Hoderlein, Roland Schappert, Barbara Schachtner<br />

8<br />

10<br />

14<br />

18<br />

32<br />

34<br />

56


2005<br />

Stef Burghard, Beat Streuli, Volker Ziebarth, Hinrich Sachs, Judith Samen, Alexandra<br />

Schröder, Bernd Imminger, Heike Pallanca, Patrick Rieve, Christine Lemke,<br />

Lukas Einsele, Luka Fineisen, Karolina Rüegg, Julio Almeida, Heinz Baumüller,<br />

Christian Jankowski, Tilo Schölpen, Florian Hüttner, Ralf Weißleder, Masaki<br />

Nakao, Sascha Hahn, Deric Carner, Rainer Eisch, Sonja Alhäuser, Joao Trabulo,<br />

Rui Chafes , Kathleen Rahn, Peter Gorschlüter, VX, Swen Buckner, Peter Jap<br />

Lim, Anja Reichelt, Diango Hernandez, Kenzo Onoda, Ute Hörner & Mathias Antlfinger,<br />

Nicht V3 (Majevszky/Stipesevic)<br />

2006<br />

Stefanie Trojan, Andreas Korte, Friederike Schardt (Mainka), Yun Lee, Theo De<br />

Feyter, Kai Rheineck, Pamela Granderath, Katrin und Christoph von Chamier,<br />

Isabelle Hayeur, Dirk Steimann, Elena Farr, Javier Salinas, Kurzschluss, Mark<br />

von Schlegell, James Renier, Sabine Maria Schmidt, Jörn Zehe, Olivier Foulon,<br />

Michael Zinganel, Gabriela Oberkofler, Michalis Nicolaides, Jan Kolata, Robert<br />

Lucander, John von Bergen, Roxane Permar, Michael Voets, Shirley Wegner,<br />

Klaus Geldmacher, Mi-Yeon Ju, Tae-Bum Ha, Thomas Putze, Carol Lee Chase,<br />

Volker Anding, Alexej Koschkarow, Andreas Techler, Birgit Jensen, Pia Binder,<br />

Stefanie Neutzner<br />

2007<br />

Senta Connert, Safaa Erruas, Ulrike Kessl, Julia Van Koolwijk, Jamila Lamrani,<br />

Jalal Mikou, Olivier Jobard, Elke Denda, Petra Rinck, Holger Bunk, Mauricio<br />

Virgens, Rita Eichner, Orla Barry, Christoph Westermeier, Motoko Aoki, Rolf<br />

Graf, Ulrich Strothjohann, Flora Hitzing, Rita McBride, Glen Rubsamen, Discoteca<br />

Flaming Star, Pablo Wendel, Weltausstellung, Nikolaus Gansterer, Matthias<br />

Meyer & Ralf Weissleder, Elsbeth Arlt, Rory Middleton, Delvis/Grizla and Mystery<br />

Drummer Stewert, Burkat Zeller, Tamara Lorenz, Finger, Holger Nickisch, Stefan<br />

Ettlinger, Thomas Bernstein, Alicja Kwade, Klara Adam, Michalis Nicolaides,<br />

Daniel Massow, Clemens Krümmel, Van Horn, Thorsten Schneider, Tasogare<br />

World, Axel Brandt, Petra Sapper, Alexander Roob, Mark Wehrmann, Malte<br />

Struck<br />

2008<br />

Max Schulze, Chris Succo, Robert Eikelpoth, Michael Breyer, Suse Weber, Rolf<br />

Bier, Daniel Fritschi, Danica Dakic, Bojan Vuletic, Akiko Bernhoeft, Yuriko Bernhoeft,<br />

Merlin Bauer, Norbert Arns, Frank Hesse, Airi Triisberg, Maren Maurer,<br />

Klara Adam, Joung-En Huh, Susanne Giring, Romano Granderath, Junior Toscanelli,<br />

Susanne Titz, Martin Schmidl, Christian Megert, Uwe Oldenburg, Joanne<br />

Greenbaum, Moo-Kyoung Shin, Frauke Dannert, Stephan Engelke, Sabrina<br />

Fritsch, Sven Fritz, Lukas Schmenger, Walter Meissl, Markus Ambach, Tasogare<br />

World, Dj Tolouse Low Trax, Yasunori Kawamatsu, Andres Alberts, Peter Mullen,<br />

Kevin Rupprecht, Artists Anonymous, Claus Richter, Neville Rae, Ulla Lux, Die<br />

Stipendiaten Schloss Ringenberg, Kathrin Sonntag, Axel Ganz<br />

104<br />

154<br />

206<br />

264


322<br />

2009<br />

Markus Ambach, Andreas Geisselhardt, Gabriela Oberkofler, Kestutis Svirnelis,<br />

Ilke Yilmaz, Jon Erlend Larsen, Maik Ollhoff, Kenn Hatwig, Leonard Huhn, Oliver<br />

Sieber & Katja Stuke, Melanie Bono & Thomas Flor, Suzusan, Tasogare World,<br />

Christoph Schäfer, Yuriko Bernhoeft, Tom Kösel, Max Schulze, Beatriz Toscano,<br />

Umbalarr (Taka Kagitomi / Johannes Jensen) mit Daphne J.M.Ahlers / Felix<br />

Müller, Martin Gerwers, Utku Yurrtas and Friends, Magdalena Holzhey, Thomas<br />

Pöhler, Jörg Steinmann, Sabine Schroyen, Christoph Westermeier, Michael Kurzwelly,<br />

Motoko Aoki, Misako Ichimura, Florian Kuhlmann, Arpad Dobriban, Lydia<br />

Schouten, Donatella Chiancone-Schneider, Jana Matejkova Middleton, Oliver<br />

Vollbrecht, Grizla, Delvis, Rozza and a mysterious Drummer, Gereon Krebber,<br />

Dr. Mitsch´N´Furter and the Space Hotties, Jörg Steinmann, Anni Sädler und<br />

Lucas Singer, Anonymous Schmidt, Ole Aselmann<br />

2010<br />

Donatella Chiancone-Schneider, Ludger F. J. Schneider, Diss Harmon, Anke<br />

Volkmer, Stefan Krüskemper, Kerstin Polzin, Thilo Schölpen, Peter Issig, Sebastian<br />

Winne, Christian Jendreiko, Kaoli Mashio, Aloys Schumacher (Philipp Rühr),<br />

Markus Ambach, Kai Rheineck, Congress Congress, Jennifer Steffens, Georg<br />

Corman, Zhenia Couso Martell, Hueseyin Karakaya, Erika Hock, Adam Harrison,<br />

Wenz‘N Warrass, Half Past Selber Schuld, Rüdiger Testrut, Thomas Rieger,<br />

Kathrin Tiedemann, Hanno Dinger, Thomas Krutmann Thomas Stricker, András<br />

Gálik & Bálint Havas, Benjamin Tillig, Max Erbacher, Susanne Fasbender, Mathias<br />

Süss, Dodo Schielein, Ximena García und Maude Maris, Ute Reeh, Gregor<br />

Jansen, Volker Ziebarth, Grischa feat. Jennifer Steffens<br />

2011<br />

Jina Park, Peter Gahn, Christine Bernhard, Jonas Gerhard, Kaoli Mashio, Stanislava<br />

Kovalcikova, Elena Farr, Philipp Rühr, Henning Fehr, Elodie Evers, Philipp<br />

Fürnkäs, Daniel Massow, Dreihausfrauen, Anja Lautermann, Rona Rangsch, Sarah<br />

van Sonsbeeck, Heinz Baumüller, The B-Men, Peckl, Sendlinger, Schlägel,<br />

Bijl, Steffen Fischer, Erik Schönenberg, Adam Harrison, Dominic Osterried, Aaron<br />

Peck, Shrutti Garg, Phillip Schulze und Andrew Dewar, Beat Clint, Thomas<br />

Stricker, Stefan Ettlinger, Tanja Goethe, Florian Kuhlmann, Hellmut Neidhardt,<br />

James Campbell, Julia Stoschek, Christina Irrgang, Max Mayer, Georg Winter,<br />

Malte Roloff<br />

380<br />

430<br />

474<br />

2012<br />

Deborah Wargon, Tanja Kodlin, Mike Jansen, Máte Jáger, Jozsef Szederkényi,<br />

Simon Lässig, The Tinktones, Markus Ambach, Volker Lang, Fritz Balthaus, Stefan<br />

Saffer, Jörg Wagner, Ingke Günther, Birgit Jensen<br />

Team<br />

Register<br />

Impressum<br />

492<br />

494<br />

498


Vorwort<br />

In grauer Städte Mauern<br />

In den frühen Jahren des letzten Jahrhunderts<br />

entwickelte sich eine neue Jugendbewegung<br />

in Deutschland. Mit Rucksack und festem<br />

Schuhwerk zog man in die Landschaft aus<br />

grauer Städte Mauern heraus, alles sollte reformiert<br />

werden, den Muff des Kaiserreiches<br />

galt es zu überwinden.<br />

Die Künstlernomaden unserer Tage wandern<br />

von Off-Raum zu Off-Raum und nicht selten<br />

bewegen sie sich ebenfalls mit Rucksack und<br />

festem Schuhwerk, allerdings vorwiegend im<br />

Großstadtdschungel und weniger außerhalb<br />

der Städte.<br />

Und so ermöglichte der Künstlerverein Malkasten<br />

von 2003 bis 2012 eine neue Plattform<br />

im historischen Jacobihaus, in der aus diesen<br />

tradierten Werten heraus die künstlerischen<br />

Lebensformen in Düsseldorf ihre Ergänzung<br />

erfuhren, die Veranstaltungsreihe <strong>WG</strong>/<strong>3ZI</strong>/K/<br />

Bar.<br />

Die <strong>WG</strong> entwickelte sich, wie es der Name<br />

schon sagt, als offene Form, in der Vereinbarungen<br />

aus dem Prozess entstehen. Sie dient<br />

der Kommunikation und der Kontaktaufnahme,<br />

dem Vernetzen als Methode vor dem Hintergrund<br />

der Kreativität der Beteiligten.<br />

Getragen von Künstlern entstanden jenseits<br />

der repräsentativen Institutionen des Kunstlebens<br />

neue Strukturen, die den Kontakt zu<br />

Kuratoren, Museumsleuten und interessierten<br />

Bürgern einschlossen.<br />

Der Künstlerverein Malkasten dokumentiert in<br />

dieser Form die <strong>WG</strong> und ihre beteiligten Künstler.<br />

Wir bedanken uns bei Birgit Jensen und Markus<br />

Ambach, die für den Künstlerverein diese<br />

Veranstaltungsreihe mit viel Engagement gestalteten.<br />

Es geht unser Dank an die Mitarbeiter im Sekretariat<br />

und der Weinkellerei, die im Hintergrund<br />

den reibungslosen Ablauf dieser vielfältigen<br />

Veranstaltungen ermöglichten.<br />

Robert Hartmann<br />

1. Vorsitzender des Künstlerverein Malkasten<br />

8 | 9


KONZEPT<br />

Markus Ambach<br />

<strong>WG</strong> / 3Zi / K / <strong>BAR</strong><br />

<strong>WG</strong>/<strong>3ZI</strong>/K/<strong>BAR</strong><br />

Ein Haus für KünstlerInnen, Gäste, Freunde<br />

Raum Menschen brauchen Platz und Raum,<br />

um sich treffen. Gesprächskultur und Austausch,<br />

gemeinschaftliche Organisation von<br />

Ideen und Visionen wie auch Zusammenschlüsse<br />

von Berufsgruppen sind an Räume<br />

geknüpft, in denen sie sich organisieren und<br />

stattfinden können. Gerade Künstler, die durch<br />

ihre Arbeitsstruktur dazu neigen, autonom<br />

zu agieren und sich vereinzeln zu lassen, bedürfen<br />

solcher Orte, die außerhalb der klassischen<br />

Ökonomie der Kunstproduktion liegen,<br />

um einen zwanglos- offenen Austausch in<br />

einer kollegialen Inspirationsgemeinschaft zu<br />

ermöglichen. Wo die klassischen Kunstinstitutionen<br />

und ihre Einbindung in die diversen<br />

Märkte nicht geeignet scheinen, den nötigen<br />

Freiraum für einen unbelasteten Austausch innerhalb<br />

der Berufsgruppe „Kunst“ zu gewährleisten,<br />

kann ein Künstlerverein seine Position<br />

finden. Als offener Ort und Treffpunkt der<br />

Künstler kann er zur wichtigen Plattform einer<br />

Stadt werden, die sich wie Düsseldorf Kunst<br />

als Markenzeichen verordnet hat.<br />

Luxus Der Künstlerverein Malkasten verfügt<br />

dafür über ein luxuriöses Raumangebot mitten<br />

im Zentrum der Stadt. Seine Potenziale<br />

und Möglichkeitsräume stellen ein innerstädtisches<br />

Kapital sondergleichen dar, nach dem<br />

auch gerne mal die Administration und andere<br />

Interessenten den Arm ausstrecken. Zudem<br />

lockt eine solche Liegenschaft mit ihren herrschaftlich<br />

anmutenden Biedermeierbauten,<br />

moderneren Raumangeboten und dem grandiosen<br />

innerstädtischen Park nicht nur diejenigen<br />

an, die die Größe des Geländes erkennen<br />

und brüderlich zu teilen gedenken, sondern<br />

auch gerade jene, die statt zur Gemeinschaft<br />

zum Gutsherrentum neigen. Auch wenn das<br />

Gelände solche Phantasien zu beflügeln<br />

scheint, sind sie mehr als unzeitgemäß. Wo genug<br />

Raum für ein produktives Nebeneinander<br />

verschiedenster Haltungen einer heterogenen<br />

Künstlerschaft über Stil- und Altersgruppen<br />

hinweg vorhanden wäre, etabliert sich allzu oft<br />

eine durch Einzelinteressen geprägte Monokultur<br />

einzelner künstlerischer Glaubensrichtungen,<br />

die den Verein schon oft an den Rand<br />

des Ruins gebracht hat.<br />

Dabei ist das luxuriöse Raumangebot nur<br />

durch eine gemeinschaftliche Arbeit verschiedenster<br />

Protagonisten mit Inhalt zu füllen. Die<br />

phantastische Liegenschaft des KV Malkasten,<br />

der 1848 gegründet nach dem Krieg als einer<br />

der wenigen der zahlreichen Künstlervereine<br />

seine Liegenschaften nicht verkaufte und nun<br />

in prachtvoller Atmosphäre mit ebensowenig<br />

Geld residiert, bedurfte und bedarf weiterhin<br />

einer jungen Generation mit jungem Denken,<br />

die den Verein nicht nur renoviert, sondern<br />

ihn als offenen Ort der Kommunikation aller<br />

Künstler mit politischem Gewicht in der Stadt<br />

neu denkt und generiert.<br />

Konzept Auf diese Situation reagierte das<br />

Konzept <strong>WG</strong>/<strong>3ZI</strong>/K/<strong>BAR</strong> , das ich 2003 vor<br />

dem Hintergrund erneuter Verteilungskämpfe<br />

im Umfeld des Vereins für diesen generierte,<br />

in leichter wie profunder Weise. Den andauernden<br />

Grabenkämpfen setzte es ein offenes<br />

wie subtiles „Come together“, eine souveräne<br />

Einladung zu einem großen Miteinander entge-<br />

10 | 11


gen. Die <strong>WG</strong> machte das Angebot, die Häuser<br />

des Vereins einmal im Monat als offenes<br />

Haus der Künstler zu verstehen, als Salon, als<br />

Ort des Austausch und der Diskussion, der<br />

Gemeinschaftlichkeit, des Diskurses und des<br />

entspannten Miteinanders unter Kollegen zu<br />

sehen und zu nutzen - als freien, unbesetzten<br />

Denk- und Handlungsraum der Künstler mit<br />

stadtpolitischem Gewicht.<br />

Die Einladung zum Teilen von Ideen, Visionen,<br />

von kollegialer Freundschaft und der Großzügigkeit<br />

des Ortes wurde nicht nur vom Verein<br />

angenommen. Zahlreiche Gäste des internationalen<br />

Kunst- und Kulturbetriebs wie auch<br />

die breite Öffentlichkeit nutzten die <strong>WG</strong> zuletzt<br />

über 10 Jahre als Ort der Diskussion, der Inspiration<br />

und eines freundschaftlichen Miteinanders.<br />

So wurden die bürgerlichen Biedermeierräume<br />

des Jacobihauses einmal im Monat<br />

zur offenen Wohngemeinschaft der Künstler,<br />

um einen Gemeinschaftsraum und Treffpunkt<br />

zu schaffen, an dem der innere Austausch<br />

eben dieser und nicht die latente Konkurrenz<br />

des üblichen Tagesgeschäfts im Vordergrund<br />

stand.<br />

Was wir noch nicht von ihnen wussten...<br />

Dabei stand ganz und gar nicht die erneute<br />

Präsentation der eigenen Arbeit im Zentrum<br />

des Interesses - sie blieb hier gänzlich ausgeschlossen.<br />

Im bedeutend unbedeutenden Klima<br />

der <strong>WG</strong> entfaltete sich dagegen allabendlich<br />

ein umfangreiches Programm, in dem<br />

Künstler gerade das zeigten, was sonst als<br />

Inspirationsquelle, Bezugsfeld oder Querverweis<br />

im Schatten der eigentlichen Arbeit und<br />

im Dunkeln bleibt, wohl aber einen bedeutenden<br />

Arbeitshintergrund bildet. Ganz im Sinne<br />

eines „Was wir noch nicht von ihnen wußten...“<br />

entfaltete sich ein luxuriöses Kaleidoskop<br />

der mannigfaltigen Interessen, profunden<br />

Kenntnisse, exotischen Hobbys und geheimen<br />

Manien der Künstler vor dem Publikum.<br />

Als unerkannte Köche, Schriftsteller, Sammler,<br />

Wissenschaftler, Erfinder, Filmemacher,<br />

Tänzer oder Musiker zeigten sich Künstler als<br />

universell interessierte Wesen mit weit geöffnetem<br />

Horizont. Sie zeigten sich als von prosperierender<br />

Neugier getriebene Gemeinschaft<br />

mit Über-, Weit-, Fern- und Seitenblick und<br />

stellten der Fokussierung kunstökonomischer<br />

Interessen die luxuriös fluktuierende Vielfalt<br />

künstlerischer Perspektiven und die Freiheit<br />

des Denkens, Forschens, Spekulierens und<br />

Handelns gegenüber.<br />

Raumprogramm Für diese Operation stellte<br />

die <strong>WG</strong> in ihrem Konzept ein passendes<br />

Raumprogramm als Inspiration und Ort zur<br />

Verfügung. Die 5 Räume des biedermeierlastigen<br />

Jacobihauses wurden auf 2 Stockwerken<br />

jeweils changierend als Wohnzimmer, Gästezimmer,<br />

Bibliothek, Küche und Bar genutzt.<br />

Während Wohn- und Gästezimmer oft mit<br />

Musikprogrammen, Film- und Videoscreenings<br />

sowie performativen Formaten bespielt<br />

wurden, versorgte die Küche mit „Kochen unter<br />

widrigen Umständen“ die Gäste mit kulinarischen<br />

Genüssen verschiedenster Art. In der<br />

Bibliothek wurde in Lesungen, Vorträgen und<br />

anderen wortlastigen Programmen die Basis<br />

für anschließende Diskussionen und Diskurse<br />

gelegt. In Bar und Foyer konnten sich diejenigen<br />

zurückziehen, denen die 3-4 Darbietungen<br />

pro Abend zu viel wurden, die vom Diskurs<br />

ermüdet, von den Vorträgen gelangweilt, oder<br />

schlicht rede- und rauschbedürftig waren.<br />

Daneben ergänzten Formate wie „Schöner<br />

Scheitern“ oder „Curator’s Kitchen – Ihr kocht<br />

für uns“ das Raumprogramm mit ungewöhnlichen<br />

Themeschwerpunkten. Außenseiter der<br />

immer ökonomischer aufgestellten Kunstszene<br />

wie das verfemte Scheitern wurden als Inspirationsquelle<br />

revitalisiert und die geneigte


Kuratorenschaft über das Kochen wieder von<br />

der Verwerterseite auf die der Produzenten gezogen.<br />

Alles nicht so wichtig hier Frei nach dem<br />

Grundsatz „Alles nicht so wichtig hier“ verteidigte<br />

die <strong>WG</strong> über die Jahre erfolgreich eine<br />

latente Unsichtbarkeit für die Suchscheinwerfer<br />

der Märkte und Methoden klassischer<br />

Kunstproduktion, um einen ungezwungenen<br />

Austausch untereinander zu ermöglichen.<br />

Wo die Bedingungen von Räumen die in ihnen<br />

entstehenden Ereignisse beeinflussen,<br />

produzierte die latente Unsichtbarkeit der <strong>WG</strong><br />

ein neues, ungezwungenes Klima von unangepassten<br />

Formen der Auseinandersetzung<br />

mit der eigenen und anderen Arbeit. Der unscheinbare<br />

Rahmen und die weitestgehende<br />

Ausblendung jeglicher marktspezifischer oder<br />

institutioneller Wirksamkeiten ermöglichte ein<br />

gemeinsames, formal wie ideell offenes Nachdenken<br />

über künstlerische Denk- Handlungs-<br />

Produktions- und Lebensweisen.<br />

Die dabei entstandenen überbordend bunten<br />

und vitalen Formen und Formate der Präsentationen<br />

künstlerischer Bezugsfelder in einem<br />

kollegial- entspannten Klima ermöglichten<br />

eine hochaktuelle wie unprätentiöse, sich in<br />

ihrer jeweiligen Zeit verankernde und verlierende<br />

Diskussion an den Rändern der Kunst.<br />

Die durchlässigen Kontaktzonen zu benachbarten<br />

Disziplinen, kulinarischen Genüssen,<br />

poetischen Äußerungen, musikalischen Experimenten<br />

oder wissenschaftlichen Vorhaben<br />

wurden selbst zum Objekt einer absichtslos<br />

und gemeinschaftlich frei forschenden Szene<br />

zwischen gespannter Neugier, profunder Seriösität<br />

und beflügelndem Humor.<br />

Nach 10 Jahren <strong>WG</strong> mit über 300 Beiträgen<br />

bei 85 Veranstaltungen gilt mein Dank als<br />

erstes den internationalen Künstlern, die die<br />

Einladung in das offene Haus der <strong>WG</strong> angenommen<br />

haben. Sie haben Ort und Format<br />

mit ihren Beiträgen erst entstehen lassen. Die<br />

Souveränität, mit der sie die 10 Jahre zu einem<br />

informellen wie leichten, zurückhaltenden wie<br />

rauschenden Fest der Kunst gemacht haben,<br />

entspricht der Souveränität der Produzenten<br />

jener Arbeit, an der so viele partizipieren und<br />

dies gerne vergessen. Die Künstler als Nukleus<br />

der Kunst waren Zentrum und Fokus dieses<br />

Projekts, das sich über die Länge der Zeit immer<br />

wieder selbst aktualisiert hat.<br />

Das Publikum, das nicht nur produktiver Teil<br />

des Projekts wurde, sondern das über viele<br />

Grenzen hinweg schlichtweg Freundschaft<br />

verband, war großartig und großer Prospekt<br />

der <strong>WG</strong>. Alle, die über die Zeit so oft zu Bewohnern<br />

des Hauses der <strong>WG</strong> wurden gilt mein<br />

Dank für das jahrelange Interesse und den<br />

immensen Zuspruch, er uns so leicht über die<br />

Jahre getragen hat.<br />

Dem Team, das aus zahlreichen Helfern bestand,<br />

gilt ebenfalls mein größter Dank für die<br />

engagierte und selbstlose Arbeit an diesem<br />

Projekt, wie auch dem Verein selbst.<br />

Ganz besonders gilt er jedoch meiner Kollegin<br />

Birgit Jensen, mit der ich über 10 Jahre ein<br />

perfektes wie einfallsreiches, leichtes wie konzentriertes<br />

Programmteam bilden durfte.<br />

Nach 10 Jahren schloß die <strong>WG</strong> ihre Türen,<br />

ohne sich zu wiederholen. Das Temporäre<br />

kommt oft leichter daher als das ewige Gleiche<br />

und macht dem Neuen dort freiwillig Platz, wo<br />

andere sich gern auf ewig einrichten. Projekte<br />

wie die <strong>WG</strong> sind der Fluktuation verpflichtet.<br />

Sie finden immer eine andere Form und einen<br />

neuen Ort, denn sie sind nicht was sie sind,<br />

sondern das, was wir von ihnen wollen.<br />

Markus Ambach<br />

12 | 13


Birgit Jensen<br />

Künstler für Künstler<br />

Die Veranstaltungsreihe <strong>WG</strong>/<strong>3ZI</strong>/K/Bar fand<br />

von September 2003 bis zum März 2012 alle<br />

vier Wochen jeweils am Abend des zweiten<br />

Donnertags im Monat im Jacobihaus des<br />

Künstlervereins Malkasten in Düsseldorf statt 1 .<br />

Mit unserer Initiative, die <strong>WG</strong>/<strong>3ZI</strong>/K/<strong>BAR</strong> ins<br />

Leben zu rufen, sollte die Identifikation der<br />

in Düsseldorf aktiven Künstlerszene mit dem<br />

Künstlerverein Malkasten gefördert werden<br />

und ein Ort geschaffen werden, der offen für<br />

Künstler ist, an dem sich Künstler untereinander<br />

und mit der Öffentlichkeit treffen und untereinander<br />

austauschen (Markus Ambach).<br />

Sämtliche Beiträge in der <strong>WG</strong> waren nur für einen<br />

einzigen Abend konzipiert. Der Aufbau, die<br />

Veranstaltung selbst und der Abbau fanden in<br />

einem genau definierten Zeitfenster statt. Die<br />

Finanzierung der <strong>WG</strong> erfolgte über Mittel des<br />

Künstlervereins mit Unterstützung des Kulturamtes<br />

der Stadt Düsseldorf und über den<br />

Verkauf von Getränken. Wir erzielten keine Gewinne.<br />

Für das Publikum entfielen keine Kosten.<br />

Die Künstler, die wir einluden, in der <strong>WG</strong><br />

aufzutreten, erhielten kein Honorar. Es wurden<br />

lediglich evtl. anfallende Reise- und Unterbringungskosten<br />

erstattet. Künstler, die im Rahmen<br />

des Programmpunktes „Küche“ unsere<br />

Gäste bewirteten, erhielten einen begrenzten<br />

Etat, mit dem sie die notwendigen Lebensmittel<br />

einkaufen konnten. Das Ziel unserer<br />

Programmgestaltung war nicht die selbstrepräsentative<br />

Ausstellung von Kunst, sondern<br />

das kommunikationsfördernde Event. Wichtig<br />

war, dass immer mindestens ein Gast nicht<br />

aus Düsseldorf stammte oder hier noch nicht<br />

bekannt war. Damit sollte unseren Düsseldorfer<br />

Gästen die Gelegenheit geboten werden,<br />

neue Bekanntschaften zu schließen. Das Publikum<br />

bestand zum größten Teil aus Künstlern.<br />

Regelmäßig kamen auch Galeristen, Sammler,<br />

die Leiter und Mitarbeiter von Kulturinstitutionen<br />

vor allem aus Düsseldorf und aus der<br />

Umgebung, Malkastenmitglieder, Kunstinteressierte<br />

und Freunde der Künstler. Die <strong>WG</strong> war<br />

eine öffentliche Veranstaltung und entwickelte<br />

sich innerhalb von kurzer Zeit zu einem Treffpunkt<br />

der aktuellen Künstlerszene.


Ihre Strahlkraft ging weit über Grenzen der<br />

Stadt Düsseldorf hinaus. Nicht selten fanden<br />

sich im Publikum international bekannte Persönlichkeiten<br />

aus aller Welt. Die <strong>WG</strong> trug entscheidend<br />

zur Vernetzung der Künstlerschaft<br />

über die Grenzen Düsseldorfs hinaus bei. Die<br />

ungewöhnliche Atmosphäre innerhalb der <strong>WG</strong>,<br />

die daher rührte, dass wir als Künstler die Veranstaltung<br />

für Künstler organisierten, führte<br />

oft zu Besonderheiten im Umgang der Künstler<br />

untereinander. Da wir die <strong>WG</strong> innerhalb eines<br />

Künstlervereins ins Leben gerufen hatten,<br />

schien es uns möglich, einen Austausch über<br />

Kunst entstehen zu lassen, der sich frei und<br />

ohne den Mechanismen des Marktes unterworfen<br />

zu sein entfalten konnte. Uns und den<br />

in der <strong>WG</strong> agierenden Gästen ging es um das<br />

Experimentieren mit dem Medium Kunst und<br />

darum, den Künstlern einen Freiraum zu bieten<br />

und zu erhalten. Öffentliche Ausstellungsinstitutionen<br />

und Galerien müssen Kompromisse in<br />

Bezug auf Vermarktung, Terminmanagement<br />

oder Verantwortung gegenüber ihren Geldgebern<br />

machen. Im Gegensatz dazu bemühten<br />

wir uns, solche Sachzwänge - vor allem das<br />

kommerzielle Denken - weitestgehend auszuschalten.<br />

Dies gelang uns dadurch, dass wir<br />

uns auf die Künstler als Protagonisten und als<br />

Zielgruppe konzentrierten. Wäre das Publikum<br />

fremd oder auch nur neutral gewesen oder<br />

hätten die eingeladenen Künstler innerhalb einer<br />

hierarchischen oder institutionellen Struktur<br />

agiert, hätten sie sich möglicherweise um<br />

einen höheren Grad von Allgemeinverständlichkeit<br />

und Konsens bemüht und hätten ihre<br />

künstlerische Intention anders umgesetzt. Da<br />

bei uns ein weitgehend gemeinsamer Nenner<br />

zwischen Akteuren und Publikum bestand,<br />

mussten keine Kompromisse gemacht werden<br />

um eine Aktion verständlich oder etwa vermarktbar<br />

war. Untereinander misst man nicht<br />

mit Maßstäben, die vom allgemeinen Kunstbetrieb<br />

vorgegeben werden. Demzufolge wurde<br />

in der <strong>WG</strong> eine künstlerische Arbeit ihrem Anspruch<br />

nach Authentizität auf besondere Art<br />

und Weise gerecht. Darüber hinaus entstand<br />

durch die von uns initiierten künstlerischen<br />

Aktionen ein eigener Kommunikationsstil. Das<br />

14 | 15


Publikum war Teil einer Versuchsanordnung.<br />

Einerseits die unmittelbare Nähe zum Publikum,<br />

andererseits eine aus den oben genannten<br />

Gründen resultierende Rücksichtslosigkeit<br />

gegenüber der Erwartungshaltung der Öffentlichkeit<br />

erleichterte es den Künstlern immer<br />

wieder, sich in der <strong>WG</strong> mit Aktionen vorzustellen,<br />

die nicht ihrem eigentlichen Metier, mit<br />

dem sie allgemein identifiziert werden, entsprachen.<br />

Rituale des Kunstmarktes wie z. B.<br />

die Festlegung auf Wiedererkennbarkeit, wurden<br />

durchbrochen. Oft wurde der Zufall in eine<br />

Aktion mit einbezogen, spontan entstanden<br />

neue Aktionen oder Performances. Die <strong>WG</strong><br />

war ein Experimentierfeld für das Ausprobieren<br />

und Umgehen mit der eigenen künstlerischen<br />

Intention und gleichzeitig ein Schonraum für<br />

die Künstler. Dies steht nicht im Widerspruch<br />

dazu, dass sich regelmäßig an die Vorträge<br />

interessante und zum Teil kontroverse Diskussionen<br />

zwischen den Vortragenden und den<br />

Zuhörern anschlossen.<br />

Eines der ersten kulinarischen Events in der<br />

<strong>WG</strong> war „Fondue“. Christine Bernhard thematisierte<br />

damit eine partizipatorische Organisationsstruktur,<br />

in der die Bereitschaft der Beteiligten<br />

zur Mitarbeit vorausgesetzt wurde.<br />

Aus den Vorgaben, die sie aus ihrem künstlerischen<br />

Kontext entwickelt und im Rahmen<br />

ihrer Kochaktionen sehr präzise setzt, entsteht<br />

ein Experimentierfeld, in dem sich Publikum<br />

und Akteure vermischen. Dieser Ansatz kann<br />

exemplarisch für die Struktur der <strong>WG</strong> verstanden<br />

werden. In der <strong>WG</strong> kamen sehr viele<br />

unterschiedliche Aspekte des künstlerischen<br />

Schaffens zum Tragen. Sie war ein Ort der<br />

Möglichkeiten, des Experimentierens mit der<br />

Kunst und der Rezeption von Kunst. Sie hatte<br />

gleichzeitig einen hohen künstlerischen Anspruch.<br />

Die Offenheit der <strong>WG</strong>-Atmosphäre war<br />

entscheidend wichtig für ihr Potenzial an Kreativität<br />

und Kommunikation. Solange ein Ort<br />

eine entsprechende Offenheit repräsentiert,<br />

ist er selbst in gewisser Weise unberechenbar.<br />

Wenn Künstler untereinander das als Potential<br />

begreifen, entsteht immer etwas Neues.<br />

1 Die <strong>WG</strong> fand Januar bis Dezember statt. In<br />

den Monaten Juli und August war Sommerpause


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FORMATE<br />

3 Zimmer / Küche / BaR<br />

Markus Ambach<br />

Künstlerische Projekte und Projekträume ereignen<br />

sich oft dort, wo sonst keiner hin will.<br />

Leerstehende Ladenlokale, ungenutzte städtische<br />

Liegenschaften oder sonstige ökonomische<br />

Brachen werden oft zum Zuhause jener<br />

Projekte, die selbst knapp bei Kasse sind.<br />

Dazu passt die Typologie der Wohngemeinschaft.<br />

Aus der Not der Studenten geboren<br />

avancierte sie schnell zur alternativen Lebensform<br />

jenseits bürgerlicher Familienmodelle.<br />

Die <strong>WG</strong> als Lebensgemeinschaft fand ihren<br />

Ausdruck auch gerade in informellen gesellschaftlichen<br />

wie räumlichen Formen.<br />

18 | 19


Viele Gäste des Künstlerprojekts <strong>WG</strong>/<strong>3ZI</strong>/K/<br />

<strong>BAR</strong> erwarteten entlang dieser Koordinaten bei<br />

ihrem ersten Besuch eine dementsprechende<br />

Location und wurden überrascht. Denn das Jacobihaus<br />

des Künstlervereins konfrontiert als<br />

Ursprungshaus des Vereins im Biedermeier-<br />

Ambiente die <strong>WG</strong>-Bewohner mit ungewohntem<br />

Charme und Luxus. Die nach Künstlern<br />

und Philosophen wie Goethe, Schadow und<br />

Jacobi benannten Zimmer bieten klassische<br />

Tapeten der Jahrhundertwende, Büsten, Kronleuchter<br />

und Mobiliar der Gründerzeit.<br />

In dieser luxuriösen Umgebung ermöglichte<br />

das Konzept ungewöhnliche Aktionen, die<br />

wiederum nah am Gebaren der Wohngemeinschaft<br />

liegen: Kochen unter widrigen Umständen<br />

war hier genauso möglich wie Death-<br />

Metal-Performances, DJ-Sets ebenso wie<br />

langwierige Saufgelage. Auch wenn der Austausch<br />

im Vordergrund stand, war auch genug<br />

Platz für diverse Exzesse vor dem ehrwürdigen<br />

Tableau des ehemaligen Hauses der Gebrüder<br />

Jacobi. Viele Künstler wurden zudem<br />

durch die Räume inspiriert, Lesungen wie jene<br />

aus Batailles obszönem Werk zu inszenieren<br />

oder über Goethes reaktionäre Haltung an jenem<br />

Kamin zu referieren, an dem er mal einen<br />

Abend verbrachte.<br />

Die Räume, die durch einfaches Rearrangieren<br />

des diversen Mobiliars stetig neu erschienen<br />

und mannigfaltige Formen annahmen, wurden<br />

so zum kreativen Spielfeld zahlloser Ideen<br />

und verwandelten die sonst eher behäbig<br />

und bieder-antiquiert wirkenden Räume in ein<br />

virulent-vitales Szenario der jungen Kunst und<br />

Künstler.<br />

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FORMATE<br />

Daily News<br />

Markus Ambach<br />

Ein Club gibt am Abend nach getaner Arbeit<br />

die Möglichkeit, in entspannter Atmosphäre<br />

mit Kollegen, Freunden und Gleichgesinnten<br />

zu debattieren. Die <strong>WG</strong> stellte für diejenigen,<br />

die den Abend eher unkommunikativ verbringen<br />

wollten, jeweils eine Auswahl aktueller Tageszeitungen<br />

aus aller Welt zur Verfügung und<br />

verband so die künstlerischen Programme mit<br />

dem Weltgeschehen. Ob aus Japan oder der<br />

Türkei, Russland oder Italien, Amerika oder<br />

Neuss – für die internationalen Gäste wurde<br />

eine internationale Stafette journalistischer<br />

Äußerungen bereit gehalten.<br />

22 | 23


FORMATE<br />

Schöner scheitern<br />

Markus Ambach<br />

Künstler haben es nicht erst seit der Romantik<br />

verstanden, dem glorreichen Scheitern etwas<br />

abzugewinnen. Das schöpferische Potenzial<br />

dieser Bewegung gegen die allgemeine Ökonomie<br />

taucht immer wieder im Fokus der Kunst<br />

auf. Es markiert eine Souveränität, die sich nicht<br />

nur in Utopien oder visionären Entwürfen selbst<br />

aufs Spiel setzt, sondern sich in den ambivalenten<br />

Bereich der großen Ideen und an den Rand<br />

des Selbst begibt, um sich dort zu riskieren.<br />

Im Format „Schöner Scheitern“ stellten Künstler<br />

solche Projekte vor, die durch ihr grandioses<br />

Misslingen den romantischen wie produktiven<br />

Aspekt des jeweiligen Untergangs für die künstlerische<br />

Arbeit deutlich machten. Ob merkwürdig<br />

verwunde Lebenswege oder ruinöse Bauvorhaben,<br />

gescheiterte Manifeste oder politisch<br />

abgetriebene Kunstprojekte – das Format zeigt,<br />

wie das künstlerische Selbstverständnis das<br />

Scheitern ins Gegenteil kehrt, ungewöhnliche<br />

Schlüsse aus ihm zieht und als Potenzial einer<br />

irregulären Vorstellungskraft generiert. Das<br />

Neue entsteht dabei nicht in den logischen Folgen<br />

klassischer Denkökonomien, sondern in<br />

überraschenden, oft irrational verknüpften Gedankenfolgen.<br />

Die Souveränität, mit der der<br />

eigene Misserfolg zur Debatte gestellt und in<br />

melancholischer, lakonischer oder amüsanter<br />

Weise umgenutzt wird, zeigt einmal mehr die<br />

ungewöhnlichen Potenziale künstlerischer Willenskraft.<br />

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FORMATE<br />

Curator‘s Kitchen<br />

Ihr kocht für uns<br />

Markus Ambach<br />

Kuratoren und Künstler verbindet ein ambivalentes<br />

Verhältnis. Die ungleiche Produktionsgemeinschaft<br />

von Machern und Nutzern kreiert<br />

Interessensbeziehungen und produktive<br />

Seilschaften genauso wie komplizierte Abhängigkeiten<br />

und dauerhafte Freundschaften.<br />

Das Ringen um die Definitionsmacht und sonstige<br />

Territorien im Umfeld der Kunst bedingt einen<br />

verhohlenen wie andauernden produktiven<br />

Kampf zwischen denen, die sie erdenken und<br />

denen, die sie verwerten.<br />

Im Format „Curator’s Kitchen“ wurde das Verhältnis<br />

umgekehrt und der Kurator zum Produzent<br />

am Herd. Jene waren dort eingeladen,<br />

die Künstler, die ihnen sonst ihre Werke<br />

als Arbeitsmaterial zur Verfügung stellen, mit<br />

gekochten Genüssen aller Art zu verwöhnen.<br />

Mit phantastischen Menüs, Kochaktionen und<br />

humorvollen Gerichten verwöhnten Kuratoren,<br />

Galeristen und Sammler wie Susanne Titz, Julia<br />

Stoschek, Melanie Bono, Peter Gorschlüter,<br />

Kathleen Rahn, Sabine Maria Schmidt, Philip<br />

Fürnkäs, Elodie Evers, Thomas Flor, Steffen Fischer<br />

und viele mehr die Künstler an zahlreichen<br />

Abenden und zeigten damit, dass sich ihre<br />

sinnliche Genussfähigkeit nicht nur auf Kunst<br />

beschränkt.<br />

Neben dem kulinarischen Vergnügen kam auch<br />

der Humor nicht zu kurz. Wo Sabine Maria<br />

Schmidt mit Orakelsuppe, Glückskeksen und<br />

einer zu gewinnenden Wahrsagung ein spirituelles<br />

Highlight setzte, wartete Julia Stoschek<br />

zusammen mit Max Mayer und Christina Irrgang<br />

mit Würsteln, Suppe und Bier aus der hauseigenen<br />

Brauerei, zünftig serviert im Dirndl, auf.<br />

Susanne Titz, die unbestätigten Informationen<br />

zufolge eigentlich Köchin werden wollte, zeigte<br />

uns, dass zu Spargel auch Basilikum passt und<br />

Anke Volkmer brachte uns kulinarisch in Erinnerung,<br />

wie die Anfänge der Kochduells im TV<br />

aussahen: nach Max Inzingers Empfehlungen<br />

aus den 80ern entstand ein Abend zwischen<br />

Brühwürfel, Fondor und Dosenchampignon.<br />

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FORMATE<br />

Joseph Beuys Bar<br />

Claus Föttinger<br />

Ich wurde von Robert Hartmann 2000 eingeladen<br />

eine Bar für den Malkasten zu machen.<br />

Der Raum in dem es stattfinden sollte war<br />

das alte Vestibül und ganz früher wohl auch<br />

der Eingang zum Luftschutzkeller. Der Raum<br />

wurde nur vom Gärtner und als Abstell- und<br />

Waschraum benutzt. Robert meinte es wird<br />

eine permanente Installation sein, das fand<br />

ich interessant und der Mühe wert. Ich bekam<br />

einen kleinen Zuschuss für das Material und<br />

habe die komplette Installation dem Malkasten<br />

als Leihgabe mit Leihvertrag seit 2000 zur Verfügung<br />

gestellt.<br />

Sehr schnell hatte ich die Idee eine Bar mit<br />

Beuys als Thema zu machen, war er doch in<br />

meiner frühen Akademiezeit noch am Leben<br />

und der Raum der FIU, der von Johannes<br />

Stüttgen in der Akademie geleitet wurde, hatte<br />

eine sehr positive Aura von der ich mich damals<br />

sehr angezogen fühlte. Die vielen Kolloquien,<br />

man konnte was fragen zur eigenen Arbeit<br />

und die ganze Praxis diese Raumes fand<br />

ich sehr inspirierend. Ich kam damals auch mit<br />

dem Briefwechsel von Beuys, Kricke, Bobek,<br />

Johannes Rau und diversen anderen in einer<br />

Publikation in Berührung. Das Klima damals,<br />

Beuys, die Haltung der Akademie, der Studenten<br />

und des Ministeriums war für mich immer<br />

ein Wegweiser wie ich mich als Künstler in<br />

meiner Umgebung bewegen möchte und vor<br />

allem mit was für einem Ziel und welcher Haltung.<br />

Das hatte ich nicht zuletzt diesen Briefen<br />

und dem Raum der FIU zu verdanken.<br />

Ich habe mit Johannes Stüttgen einen Termin<br />

ausgemacht der dann über Stunden ging, er<br />

hat mein Gedächtnis aufgefrischt und auch mit<br />

vielen neuen Informationen bereichert, wofür<br />

ich Ihm bis auf den heutigen Tag sehr dankbar<br />

bin.<br />

Den Briefwechsel aus der Zeit der frühen 70er<br />

Jahre habe ich dann auf der Bar in Form von<br />

Fotokopien verarbeitet. Mir sehr wichtige Arbeiten<br />

wie die Honigpumpe oder die „Haltestelle“<br />

aus Venedig habe ich mit anderen mir<br />

wichtigen Arbeiten von Beuys für das Bildprogramm<br />

in der Bar übernommen.<br />

Gleichzeitig wollte ich an alle mir bekannten<br />

Künstlerbars in Düsseldorf seit dem Restaurant<br />

Spörri zusammen mit Ihren Protagonisten<br />

erinnern, um auf die künstlerische und wirtschaftliche<br />

Eigenständigkeit dieser Projekte/<br />

Bars hinzuweisen. Sie sind alle in der Decke<br />

der Beuysbar zu lesen.<br />

Im Jahr 2000 bin ich nach Holland umgezogen<br />

und habe die Eröffnung der Bar als Gelegenheit<br />

benutzt um mich bei allen Personen, Institutionen,<br />

etc. für die Unterstützung zu bedanken,<br />

die ich in den 18 Jahren während meines<br />

Aufenthalts in Düsseldorf erfahren hatte. Die<br />

Namen stehen alle auf einer Liste, die sich in<br />

der Bar befindet. Der Text lautet: Dank an Party<br />

- und Essenseinladungen, gute Gespräche,<br />

gute Tips, Geldverleih und bloße Existenz.<br />

Inzwischen sind mehr als 12 Jahre vergangen<br />

und die Bar gibt es immer noch, ein Unraum<br />

im Malkasten auf den man offenbar nicht verzichten<br />

möchte. Ein schönes Kompliment für<br />

einen Künstler.<br />

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FORMATE<br />

Bar<br />

Team Baron<br />

Die Bar der <strong>WG</strong> war wie das Foyer der Ort,<br />

an den sich nicht nur diejenigen zurückziehen<br />

konnten, die sich von den vielen Vorträgen und<br />

Inputs erholen mussten. Sie war der Ort, der<br />

zum Gespräch, zum legeren Zusammensein<br />

oder zum rauschhaften Vergnügen einlud. In<br />

den ersten Jahren wurden die Gäste von Aron<br />

Mehzion und seinem „Team Baron“ am Tresen<br />

von Klaus Föttinger empfangen und mit musikalischen<br />

wie flüssigen Genüssen versorgt.<br />

Das Team gestaltete jeden Abend aufs neue<br />

mit vielen Inputs als eigenes Feature , um dem<br />

kleinen Raum eine mehr als eigene Atmosphäre<br />

zu verleihen und die <strong>WG</strong> zum Treffpunkt der<br />

Künstler zu machen.<br />

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2003 - 2012<br />

Programm<br />

10 Jahre <strong>WG</strong> / 3 Zi / K / Bar<br />

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11.09.2003 WOHNEN<br />

Frauke Gerhard<br />

Dollies Pillow Club<br />

Dollies Pillow Club®<br />

Environment Edition by Frauke Gerhard<br />

Objekte aus edlen Schafsfellen: Kissen und<br />

Bälle mit integrierter Stimme, Politische Landkarten<br />

als Teppiche, bespielbare Objekte,<br />

Rauminstallationen, Aktionen, Inszenierungen<br />

Eingetragene Marke seit 2003 / Interieur, Spielwaren<br />

Zum Markenname: Dollies Pl. v. „Dolly“, Name<br />

des ersten Klonschafes *1996 – 2003; Püppchen,<br />

weitere Bedeutungen: u.a. Schlampe, Kamerawagen,<br />

Pillow, Kopfkissen, Polster Club<br />

Gesellschaft, Verein, weitere Bedeutung: u.a.<br />

Keule<br />

Umgeben von einer handgedruckten Bildtapete<br />

aus dem 19. Jahrhundert mit Motiven zu<br />

„Amor und Psyche“ lud auf dem kühlen Terazzoboden<br />

im Jacobizimmer ein bunt ausgebreitetes<br />

Herdenlager aus wärmenden Schafsfellen<br />

und Fellobjekten zu Schäferstündchen<br />

und einer Lesung ein. Mal ergänzte ein Bildschirm,<br />

mal eine gepolsterte „Deutsche Bank“<br />

plus Globusleuchte und Gymnastikball die Situation.<br />

An einem der Abende immigrierte eine<br />

illustre Stofftiergemeinschaft aus dem Kollegium<br />

in den Salon.<br />

11.09.2003 WOHNEN<br />

Maria Anna Tappeiner<br />

Künstlerportraits<br />

Von Markus wurde ich zur ersten <strong>WG</strong> am<br />

11.09.2003 eingeladen, einige meiner Filme<br />

zu zeigen. Da es die allererste <strong>WG</strong>/<strong>3ZI</strong>/K/<strong>BAR</strong><br />

überhaupt war, gab es natürlich noch keine Vorläufer<br />

oder Referenzveranstaltungen. Erstaunlicherweise<br />

war das Konzept aber schon genauso<br />

angelegt, wie es auch die folgenden<br />

Jahre so gut funktionieren sollte. Das Fernsehzimmer<br />

im ersten Stock schien wie geschaffen<br />

für die Präsentation meiner Filme. Soweit ich<br />

mich erinnere, liefen zwei meiner Künstlerportraits<br />

über Matthew Barney (2002) und William<br />

Kentridge (1999) auf zwei Monitoren. Frauke<br />

Gerhard sorgte mit ihren großen Schaf-Pillows<br />

für ein gemütliches Ambiente. Ich bin immer<br />

sehr gerne zu den <strong>WG</strong>-Veranstaltungen gegangen,<br />

der Ort war klasse und das Programm super.<br />

Es gab immer was Neues zu entdecken. Am<br />

schönsten aber war die ungezwungene, freundschaftliche<br />

Atmosphäre, zu der sicherlich auch<br />

beigetragen hat, dass sich die Abende nicht in<br />

einem institutionellen Rahmen abgespielt haben.<br />

Und natürlich das großartige Engagement<br />

von Birgit und Markus. Mal sehen, wann sich<br />

eine neue <strong>WG</strong> gründet.<br />

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11.09.2003 PLATTENKÜCHE<br />

Andreas Bongartz<br />

Plattenküche<br />

Zehn Fragen an Stoffeler10 Q: Du hast vor gut<br />

9 Jahren in der <strong>WG</strong> im Malkasten die Plattenküche<br />

gemacht, gibt’s da besondere Erinnerungen?<br />

A: Künstler haben ja oft ein spezielles Verhältnis<br />

zur Musik und da lag es nahe, auch mal<br />

in diesem Rahmen Platten aufzulegen. Warum<br />

nicht? Zu der Zeit hab ich das ja öfters gemacht.<br />

Besondere Erinnerung? Ja...., so weit ich mich<br />

erinnere, hat niemand getanzt. Q: War die Musik<br />

so schlecht? A: Ich hoffe nicht. Ich war damals<br />

sehr begeistert von den ganzen Tech House/<br />

Techno Sachen die aus Köln und Berlin kamen.<br />

T-Raumschmiere hatte gerade die erste 12“ auf<br />

Nova Mute rausgebracht. Ich glaube, die habe<br />

ich sogar zwei Mal gespielt. Wenn ich gewusst<br />

hätte, dass der danach nur noch Scheiß macht,<br />

hätte ich das gelassen. Q: Vielleicht wars nicht<br />

der richtige Rahmen? A: Ja, schon möglich. Ich<br />

weiß nicht, ob ein Musikevent in der <strong>WG</strong> noch<br />

mal Wiederholung fand. Q: Vielleicht wollten die<br />

Gäste eher reden, als Musik hören? A: Naja, das<br />

Motto war „treffen und talken“, von daher... Q:<br />

Warum der Name Stoffeler 10 ? A: Ganz einfach.<br />

Ich wohnte damals in Oberbilk und das<br />

war meine Adresse. Im übrigen, hab ich den<br />

Nick bei der besten Seite für Musik im Internet<br />

dann weiterverwendet. Q: Sonstige Erinnerungen<br />

an den Abend? A: Leider nein. Aber, an<br />

dieser Stelle möchte ich mich unbedingt noch<br />

einmal bei Frank Bauer bedanken, der diesen<br />

Abend für mich erst möglich machte. Ein super<br />

Typ. Q: Jetzt wird es nach Ende der <strong>WG</strong> diese<br />

Doku geben. Dein Gedanke dazu? A: Ich bin<br />

auch dabei. Q: Was machst Du heute? Immer<br />

noch der Musik verpflichtet? A: Ja, ich versuche<br />

immer noch die Lücken in meiner Schallplattensammlung<br />

zu schließen. Ansonsten ist aus<br />

der Plattenküche eine richtige Küche geworden.<br />

Heute zaubere ich, bedeutend erfolgreicher,<br />

in meiner eigenen Küche. Q: Wie muss ich<br />

mir das vorstellen? A: Ich hab mit einer Freundin<br />

einen kleinen, aber feinen Laden in Düsseldorf<br />

Unterbilk, eingerahmt von der Fromagerie und<br />

dem Seifen-Horst. Q: Also, wie in der <strong>WG</strong> damals<br />

die Frage: Wer kocht was? A: Ja, in etwa.<br />

Nur, dass wir heute täglich die Geschmacksnerven<br />

unserer Gäste zum Tanzen bringen. Das ist<br />

doch auch nicht schlecht.<br />

Das Interview mit Stoffeler10 führte Andreas<br />

Bongartz<br />

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11.09.2003 GÄSTEZIMMER<br />

Alexandra Hopf / Mathias Förster<br />

Atelier Populaire<br />

Atelier populaire verteilte harmlose Sandwichs in brisantem Umschlag. Das Verpackungsmaterial<br />

entpuppt sich als Flugblatt und Manifest des designierten Projekts. M.A.<br />

11.09.2003 BIBLIOTHEK<br />

Bruno Jakob<br />

Philosophy energized, still collecting<br />

Invisible painting / installation and performance<br />

2003 Brainwaves, various waters, light, air,<br />

energy, touch, pain, pleasure and so on. On<br />

various materials and sizes.<br />

Wenn nichts bleibt, bleibt alles.<br />

(Hans Witschi)<br />

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11.09.2003 BIBLIOTHEK<br />

Mark Pepper<br />

Verdichtung des Realen<br />

..Sand in weicher Anhöhe. Es kieselt unter der<br />

Schwelle. Unaufhörlich. Gib es doch zu. Du<br />

nicht er, mehr sie er du. Nicht durch die Hintertür.<br />

Nein. Natürlich nicht. Wasser im Trakt.<br />

Ihr. Dir. Mir. Es nützt nichts nicht. Sand. Zu viel<br />

Sand. Ach, wärst du doch flüssig meine schöne<br />

Natur. So schwimmend du mich ertränkst. Ich?<br />

Du! Nicht Sie. Er. So durstig ich bin. Mir steht<br />

das Gestein bis zum Knie. Aber nur langsam.<br />

Verdammte Bewegung. Es füllt sich mit Stein.<br />

Galoppiert mit Huf. Die ersten Schritte. Hui. Sie<br />

bleibt noch aus. Woher auch. Denn in Mutters<br />

Bauch ist es warm. All zu oft Erholung braucht<br />

es nicht. Tief holte Nase Luft. Es schüttelte mich<br />

durch. Geborgenheit. Ich wollte raus. Auf beiden<br />

Beinen. Krumm und schief. Stehen konnte<br />

ich nicht. Gummihaft. Wie ein Käfer auf dem Rücken.<br />

Der dicke Panzer aufgeschnallt als wäre<br />

es nichts. Lästige Position. Nur schreien. Nur<br />

brüllen. Endlich hörte man mich. Unartikuliert.<br />

Was für ein hübscher Bub. Der kleine Tunichtgut.<br />

Atem schlug mir ins Gesicht. Mir wurde<br />

schlecht. Es schüttelte mich durch. Kopfkissen<br />

mit weißen Daunen. Armes gerupftes Gefieder.<br />

Mit abgeschlagenem Kopf rennt es sich<br />

schneller. Furchtlos. Blass. Blut. Blutarm. Blut.<br />

Blutverschmiert. Kam ich auf die Welt. Was für<br />

ein Genuss. Bei lebendigem Leibe. Auf diese<br />

Welt.<br />

Mark Pepper, Meisterschüler von Elia Zenghelis<br />

an der Kunstakademie Düsseldorf, arbeitet<br />

seit 2001 im Bereich Performance und Installation.<br />

Unter dem Obertitel „VDR- Verdichtung<br />

des Realen“ gehorchen seine Textklang- und<br />

Sprachinstallationen der Zuschaustellung des<br />

„Schonvorhandenen“, der realen Situation, als<br />

dreidimensional unbetretbares Abbild einer<br />

zweidimensional observierten Welt.<br />

Auszug aus dem Manuskript „VDR“


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09.10.2003 GÄSTEZIMMER<br />

Helmut Schweizer<br />

Karl Schmidt-Rottluff Stipendiaten<br />

Podiumsdiskussion mit den Teilnehmern der<br />

Ausstellung „Karl Schmidt-Rottluff-Stipendium“<br />

in der Kunsthalle Düsseldorf 2003*<br />

Moderation: Helmut Schweizer<br />

Teilnehmende Künstler: Heike Aumüller, Susanne<br />

Bürner, Eberhard Havekost, Nol Hennissen,<br />

Christian Jankowski, Volker Lang, Marita<br />

Maul, Alexandra Ranner, Thomas Scheibitz<br />

Im Podium saßen außerdem Dr. Klaus Heinrich<br />

Kohrs (Stellv. Generalsekretär der Studienstiftung<br />

des deutschen Volkes), Pia Stadtbäumer,<br />

Dieter Kiesling u.a.<br />

<br />

* Die Kunsthalle Düsseldorf zeigte vom 10.<br />

Oktober bis 23. November 2003 die Ausstellung<br />

„Karl Schmidt-Rottluff Stipendium 2003“,<br />

an der die o. g. KünstlerInnen teilnahmen. Zu<br />

diesem Anlass erschien ein Katalog mit 8 Einzelpublikationen<br />

(Hrsg.: Karl Schmidt-Rottluff<br />

Förderungsstiftung Berlin in Zusammenarbeit<br />

mit der Studienstiftung des deutschen Volkes,<br />

2003).<br />

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09.10.2003 WOHNEN<br />

Graziella Kunsch<br />

Video<br />

09.10.2003 KÜCHE<br />

Heinz Hausmann<br />

Heinz-Maul<br />

Konzept, Idee, Zeichnung, Küche: Heinz Hausmann , 2003<br />

Kamera, Schnitt: Udo Wüllenweber<br />

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13.11.2003 WOHNEN<br />

Young TV<br />

Videoarbeiten aus der Akademie<br />

ZKLIWA – treilakse noistaudis iid<br />

With Anna Heidenhain<br />

Video, 8’:39’’ 2003<br />

A video loop with two persons, acting in four<br />

consecutive eating scenes. The persons were<br />

talking backwards during the recording. Afterwards,<br />

the whole video was turned backward,<br />

so that the movement is running back, but the<br />

talking regained its natural direction again. The<br />

persons are philosophizing, but as it seems,<br />

without any purpose, or result – just chewing<br />

words and spiting them out, like the food they<br />

spit out. A mixture of now, after, and before.


13.11.2003 BIBLIOTHEK<br />

Rita McBride<br />

Naked Came the Stranger<br />

The invitation to join the <strong>WG</strong> with a presentation<br />

allowed me to introduce a recently completed<br />

project in the form of a novel entitled Naked<br />

Came the ****. This collective novel published<br />

as an exhibition catalog by the Kunstmuseum<br />

Liechtenstein on the occasion of an extensive<br />

presentation of my sculpture. It featured 14 individuals<br />

(artists, critics, curators and writers)<br />

anonymously posing as Gina Ashcraft, a fictional<br />

site -specific artist that travels the world installing<br />

her works. Each author was asked to<br />

write in the first person (as Gina), structure their<br />

chapter with Gina arriving somewhere to install,<br />

then leaving to install the next work somewhere<br />

else and each mentioning one of my works either<br />

in passing or as a central theme (thus making<br />

it a real exhibition catalog) and to be sure<br />

to include some sex (to fulfill the sex pulp novel<br />

genre). Klara Adam and I read a chapter from<br />

the novel entitled „Night Nurse“. The chapter<br />

was written collaboratively by two artists. Klara<br />

read the body of the story in German stopping<br />

to allow me to read selected words that had<br />

been contributed by one of the artists in English.<br />

This performative dynamic directly reflected the<br />

process by which these two artists had collaborated<br />

on the chapter and provided a hefty<br />

amount of hilarity that evening.<br />

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11.12.2003 GÄSTEZIMMER<br />

Michael Kunze<br />

Kein Inhalt ohne Täuschung<br />

Vortrag in metaphysisch-hermetisch-postutopischer<br />

Mission<br />

Vollendung I<br />

In einer Zone, in der falsche Scham und vorschneller<br />

Widerwille auf austauschbaren Seiten<br />

Ärger mit den Zollbehörden bedeuten kann,<br />

sollte man lernen, was auf dem Weg zur Vollendung<br />

die Entspannung zwischen den nicht austauschbaren<br />

Seiten ermöglicht: Nicht jede Leibesvisitation<br />

hat Gründe, die in der zollfreien<br />

Region ein metaphysischer Besen unter den<br />

Teppich kehrt, – damit nur allzu belanglose Anwendungen<br />

konstruktiver Relikte zum Zuge kämen.<br />

Der Ironiker des Schicksals gibt von solchen<br />

Gründen nichts zum Besten, um damit<br />

betäubende oder bewusstseinserweiternde<br />

Mittel zu legitimieren. Und er verliert sich aus<br />

freien Stücken auch nicht in den Regelwerken,<br />

die durch komplizierte Verknüpfungen verhindern,<br />

dass die ersehnte Gunst der Stunde noch<br />

einen Überraschungseffekt hat. So kommt es<br />

zur ersten Regel der uferlosen Brandung: Wer<br />

mit dem Enterhaken in der Hand am Schein<br />

des Goldes kratzt, dem gehört das, was es<br />

verspricht, jetzt und für alle Ewigkeit. Hat man<br />

sich sodann darauf geeinigt, dass ein Schwanken<br />

zwischen offizieller und verdeckter Aktivität<br />

von einem polarisierten Lebensmodell abhängt,<br />

dessen Blut-und-Wasser-Scheide Textschmerzen<br />

lindert, bzw. antitextuelle Begehrlichkeiten<br />

weckt, so ist der Pfiff auf dem letzten Loch der<br />

Schmerzensflöte das sichere Zeichen einer ungezwungenen<br />

Triebableitung. Lediglich die einfache<br />

Entgegensetzung von Heiß und Kalt dient<br />

noch als das Argument eines Meineids, durch<br />

den der raubkopierte Code einer authentischen<br />

Leidenschaft die Vollendung ihres Wirkungskreises<br />

fortschreibt: Für enttäuschte Utopisten,<br />

die sich daran berauschen, dass alle Evidenz<br />

ihrer enttäuschenden Gegenwart sich in Luft<br />

auflöst, muss der Ironiker des Schicksals allerdings<br />

ein Handwerker der Gefühle bleiben, der<br />

bei der Visite sein Kyklopisches Auge verhüllt.<br />

Wen wundert es da, dass der falsche Mann von<br />

der Grenzwache die untrügliche Gewissheit hat,<br />

dass die schönen Kriegerinnen alles am Körper<br />

tragen, was den Schmuggel lohnt?<br />

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11.12.2003 BIBLIOTHEK<br />

Heinrich Gartentor<br />

Giraffenjoghurtsuppe<br />

Ich erinnere mich schon fast nicht mehr an<br />

die Zeit in Barcelona. Ich weiß aber noch wie<br />

schwierig es war, die Giraffenstuten zu melken<br />

und dass wir einige Zeit brauchten, bis die Rezeptur<br />

für den Giraffenjoghurt funktionierte. Wir<br />

gossen die 48-grädige Milch in eine Thermosflasche<br />

und gaben zwei Löffel normalen Joghurt<br />

dazu. Wie lange wir ihn stehen liessen, bis er<br />

essbar war? Keine Ahnung. Es steht irgendwo<br />

in meinen Notizbüchern und die – ja wo sind<br />

die eigentlich? Verstaut im Archiv wohl. Es wäre<br />

eine Suche wert. Das mit den 48 Grad, das weiß<br />

ich hingegen noch ganz genau; und ich weiß es<br />

so ganz genau, weil im `96 der Chef-Giraffenpfleger<br />

48 war und Jahrgang `48 hatte. Was der<br />

wohl heute macht, der Chef-Giraffenpfleger? Er<br />

wäre auch eine Suche wert. Aber alles auf einmal<br />

geht nicht.<br />

Von meiner Zeit als Giraffenwärter am Tibidabo<br />

in Barcelona erzählte ich, mit schönen Bildern,<br />

sehr schönen Bildern. In Düsseldorf erzählte<br />

ich davon. Wo sind die eigentlich, die Bilder?<br />

Da war doch mal dieser Wasserschaden im anderen<br />

Archiv, wo ich meinen Onkel nachher al-<br />

les wegräumen ließ, um nicht allzu sehr zu leiden<br />

und weil mein Onkel noch Schulden bei mir<br />

hatte. Waren die Bilder dort? Er, dieser Onkel<br />

also, der Henry, ich sollte ihn mal anrufen.<br />

«Henry, ich bin‘s.» – «Lange nichts von dir gehört.<br />

Geht‘s gut?» – «Jaja, auf alle Fälle, super,<br />

ja. Und dir?» – «Mir auch.» – «Du hör mal, letzthin<br />

beim Wasserschaden, waren da auch Dias<br />

dabei?» – «Keine Ahnung. Das war ja ein ziemlich<br />

undefinierbarer Klumpen, das. Und es ist<br />

auch schon ein paar Jährchen her. Ich erinnere<br />

mich schon fast nicht mehr an die Zeit, außer<br />

natürlich an den Wasserschaden. Uh, das hat<br />

gestunken, ich …» – «Lass gut sein, Henry»,<br />

sagte ich noch und ein paar nette Dinge und<br />

wir verabredeten uns zum Kaffee und ich fragte<br />

mich, ob ich die Dias nicht sogar im Zug zurück<br />

in die Schweiz hatte liegen lassen.<br />

Es wird wohl langsam Zeit, diese alte Giraffengeschichte<br />

mit oder ohne Joghurt auszugraben.<br />

Damals in Düsseldorf nach dem Vortrag<br />

hatte ich mir dies schon vorgenommen,<br />

aber es ist mir so einiges dazwischen gekommen<br />

seither.


11.12.2003 KÜCHE<br />

Christine Bernhard<br />

Glücklich durch Käse<br />

4 Tische mit je 1 Käsefondueset:<br />

1 Spirituskocher mit Caquelon<br />

Fonduegabeln<br />

1 Käsereibe<br />

1 Holzbrett, 1 Brotmesser<br />

1 kg Käse (Gruyère, Appenzeller, Vacherin)<br />

0,5 l Weißwein<br />

2 Brotlaibe, Kirschwasser, Mondamin etc.<br />

Gleichzeitige Tonwiedergabe von Gesprächen<br />

vom Zubereiten und Essen von einem bereits<br />

stattgefundenen Käsefondue, Kochgeräusche<br />

Mit regem Austausch bereiten die Besucher ihr<br />

Käsefondue zu.<br />

Mit den gleichen Zutaten an allen Kochstellen<br />

entwickelt sich durch die agierenden Teilnehmer<br />

jeweils ein individueller Geschmack.<br />

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08.01.2004 BIBLIOTHEK<br />

Thomas W. Rieger<br />

Kalte Lötstelle: Kunst und Utopie<br />

Ein besonders beim Löten im Elektronikbereich<br />

gefürchtetes Phänomen sind die so genannten<br />

Kalten Lötstellen. Bei einer Kalten Lötstelle<br />

besteht keine stoffschlüssige Verbindung zwischen<br />

Lot und Fügepartner.<br />

Kalte Lötstellen sind oft schwer zu erkennen.<br />

Die mechanischen und elektrischen Eigenschaften<br />

einer Kalten Lötstelle sind mangelhaft.<br />

Kalte Lötstellen sind typische Ursachen<br />

für Zuverlässigkeitsprobleme in elektronischen<br />

Baugruppen. Kalte Lötstellen verursachen oft<br />

nicht sofort eine elektrische Unterbrechung.<br />

Eine Kalte Lötstelle hält jedoch nur geringen<br />

mechanischen Belastungen stand.<br />

Q: Wikipedia<br />

Im Rahmen des Ausstellungsprojekts „MUSEU-<br />

TOPIA – Schritte in andere Welten“ versuchten<br />

Michael Fehr und das Team des Karl Ernst Osthaus-Museums<br />

in den Jahren 1999 bis 2002,<br />

das Museum als Ort des Utopischen neu zu definieren.<br />

Dem zunehmenden Bedeutungsverlust<br />

des Museums als primäre Informationsquelle<br />

und Wissensspeicher stellten wir einen Alternativ-Entwurf<br />

gegenüber: das Museum als Produktionsort,<br />

an dem zugleich Grundlagen und<br />

Bedingungen der künstlerischen Produktion,<br />

die Herstellung von – im weitesten Sinne – Weltentwürfen<br />

untersucht wurden. „Fabrikation von<br />

Fiktionen, die das jeweils Gegebene immer wieder<br />

übersteigen“ (M. Fehr) war das Motto des<br />

Projekts. So entstanden neben einem alternativen<br />

Alphabet (Olaf Nicolai) u.a. auch ein Roadmovie<br />

(„Lichtmenschen im Sumpf der Sonne<br />

von Stephan Dillemuth und Nils Norman), eine<br />

Kammeroper („Don Quichote“ von Johannes<br />

Reichert, basierend auf einem Purcell-Fragment),<br />

ein Demoskopie-Projekt (künstlerische<br />

Produktionsgemeinschaft finger), die EAST<br />

ART MAP von IRWIN, eine Kartierung der Galerie<br />

für Landschaftskunst und der Trickfilm „Es<br />

gibt immer nur mehr“ von Alice Creischer und<br />

Andreas Siekmann, den wir an diesem Abend<br />

vorstellten.


08.01.2004 WOHNEN<br />

Michael Jonas / Norika Nienstedt<br />

justen, wi häf ä probblem<br />

Unter den gesammelten Stofftieren, mit denen<br />

wir experimentelle Filmaufnahmen machen, ist<br />

ein Äffchen im Raumanzug, dass „justen, wi häf<br />

ä probblem“ sagt, wenn man ihm auf den Bauch<br />

drückt. Der kleine Raumfahrer erkundet schwerelos<br />

den ersten Stock des Jacobihauses. Seine<br />

Odyssee wird live auf einen Monitor im Erdgeschoss<br />

übertragen.<br />

Die Aktion stellt eine Ausnahme in unserem<br />

Filmschaffen dar, das sonst zu abgeschlossenen<br />

Kurzfilmen unter dem Label „Glück auf<br />

Film“ führt. Wesentliche Prinzipien sind: Die<br />

vorgefundenen Raumsituationen, in denen die<br />

Stofftiere agieren, durch die Aufnahmen zu dokumentieren,<br />

sowie alle Filme ohne Nachbearbeitung<br />

aufzuführen.<br />

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08.01.2004 GÄSTEZIMMER<br />

Junior Toscanelli<br />

DÜSSELDORF<br />

Wer ist schon Sigmar Polke? Ich kann es nicht mehr hör´n<br />

Establishment und Moden - Avantgarde die niemand´ stört<br />

Kuschelkuratoren - Flash Art, Vogue und Florida<br />

Baumarktkunst und Lampenschirme, ja ich find´ es wunderbar<br />

Kleine schlaue Fotografen verstehen keinen Spaß<br />

Denn ihre großen Arbeiten werden langsam blass!<br />

Hey, ich bin ja nur aus Düsseldorf, es tut mir leid!<br />

Hey, ich bin ja nur aus Düsseldorf, ich armes Schwein<br />

Hey, ich bleibe an der Basis<br />

Hey, und das ist hier die Tragik<br />

London find´ ich öde - da will ich gar nicht hin<br />

Denn um zu kapier´n was gut ist, ja da bleib ich wo ich bin<br />

Und alle wollen immer nur nach New York und finden dort alles toll<br />

Ja, da gibt´s die Große Freiheit, ganz ohne Reglement<br />

Wortgewandte Schwätzer erklär´n Dir diese Welt<br />

Überzeugt von ihrem Unfug - Super-BWL!<br />

Hey, ich bin ja nur aus Düsseldorf, es tut mir leid!<br />

Hey, ich bin ja nur aus Düsseldorf, ich armes Schwein<br />

Hey, ich bleibe an der Basis<br />

Hey, und das ist hier die Tragik<br />

Leider hab ich keine schlaue Glatze und bin kein DJ aus Berlin<br />

Und wenn ich mal an den Strand will, ja Gott dann fahre ich ans Meer<br />

Langeweiler und schicke Pärchen - das Träumen längst verlernt<br />

Big Brother, Kids und Ziegenbärtchen - nur die äußere Form wird hier verehrt<br />

Ja, wer achtet schon auf Inhalt - Deine Jacke ist zu weit<br />

Ein neuer Sozialismus öffnet sich in seiner Traurigkeit!<br />

Hey, ich bin ja nur aus Düsseldorf, es tut mir leid!<br />

Hey, ich bin ja nur aus Düsseldorf, ich armes Schwein<br />

Hey, ich bleibe an der Basis<br />

Hey, und das ist hier die Tragik<br />

Text und Musik: Junior Toscanelli © 2004<br />

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12.02.2004 KÜCHE<br />

Andreas Wegner<br />

Kritik an der Frankfurter Küche<br />

Im Sommer 1998 habe ich Margarete Schütte-<br />

Lihotzky in der von ihr selbst entworfenen Eigentumswohnung<br />

in Wien besucht. Da war sie<br />

101 Jahre alt. Ganz besonderen Wert legte<br />

sie darauf, dass es in Ihrer Arbeit vor allem<br />

um Baufragen und nicht um Designfragen gegangen<br />

ist. Die Frankfurter Küche von Margarete<br />

Schütte Lihotzky wurde im Rahmen des<br />

Frankfurter Städtebauprogramms der 1920ger<br />

Jahre, „Das Neue Frankfurt“, unter Federführung<br />

von Ernst May, entwickelt und realisiert<br />

(Römer-Siedlung). Prägend für die Entwicklung<br />

der kommunalen Bauaktivitäten waren soziale<br />

Programme wie „Die Wohnung für das Existenzminimum“,<br />

so auch der flankierende Titel<br />

des ersten großen, 1929 in Frankfurt abgehaltenen<br />

CIAM Architektur Kongresses. Diese Bauprogramme<br />

waren eine notwendige Basis der<br />

(Wahl)Erfolge der SPD, nicht nur in Frankfurt.<br />

Das ist eine der Rahmenbedingung, die zu dieser<br />

Form sozialer Architektur geführt haben. Vor<br />

über 80 Jahren wurde also die Kreation moder-<br />

ner Küchen vom Staat in Auftrag gegeben, um<br />

das Leben der Frauen und Mütter, auch der Alleinstehenden,<br />

zu erleichtern. Dabei wurde der<br />

Taylorismus, die mechanische Zeitorganisation<br />

der industriellen Arbeit, auf die Wege in der Küche<br />

und auf das Familienleben angewendet und<br />

ein Ergebnis war die Frankfurter Küche, in der<br />

die rationalisierte Zeit nicht den Ertrag der Produktion,<br />

die Stückzahl oder die Qualität womöglich<br />

der Spiegeleier, Butterbrote oder Apfelkuchen<br />

erhöhen sollte, sondern in der einfach<br />

nur Zeit eingespart werden sollte, Zeit für das<br />

gesellige Beisammensein innerhalb der Familie<br />

oder für die Kindererziehung, deren Einsatz nun<br />

an anderer Stelle bevorzugt vorgesehen war,<br />

weil das mit der Frankfurter Küche nur noch außerhalb<br />

der Küche ging, sie war zu klein geworden<br />

für die ganze Familie.<br />

Man könnte behaupten, die so freigesetzte Produktivität<br />

der Frankfurter Küche befindet sich<br />

vollkommen außerhalb ihrer sechseinhalb Quadratmeter.<br />

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12.02.2004 GÄSTEZIMMER<br />

Mark Pepper<br />

pepperpaeslerackermanneiche<br />

Szenische Lesung<br />

mit Steffen Paesler am Klavier (musikalische Komposition) und einem Streichquintett<br />

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12.02.2004 WOHNEN<br />

CHRISTIAN JÄGER<br />

Geisterbilder<br />

„Geisterbilder“ und „Perhaps Cuba“: 2 Filme<br />

von Christian Jäger<br />

Böse Geister, die scheinbar nur der in seiner<br />

Groschenromanwelt lebende Wärter eines<br />

Kunstmuseums sieht. Die für andere unsichtbare,<br />

innere Wunde des jungen Mannes in einem<br />

New Yorker Appartement, die nicht aufhört<br />

zu bluten.<br />

Das ist die Kurzfilmwelt des Christian Jäger: Die<br />

Auseinandersetzung mit dem Grenzgang zwischen<br />

Fiktion und Realität, zwischen Wahn und<br />

Wirklichkeit. Glaube oder Wissen - und wo liegt<br />

da eigentlich in unserer modernen Welt, die sich<br />

nur all zu gern auf Bilder, Wunschbilder, Suggestionen<br />

und interessengesteuerte Informationen<br />

verlässt, der Unterschied?<br />

12.02.2004 BIBLIOTHEK<br />

Site Productions<br />

SITEmagazine präsentiert bisher Veröffentlichtes und ihr Zeitschriftenarchiv in der Bibliothek des<br />

Jacobihauses.


11.03.2004 BIBLIOTHEK<br />

Frank Schablewski<br />

Getürkte Liebe - getrennt bezahlt<br />

2004 habe ich an meinem Buch Nebengeräusche<br />

gearbeitet und wurde von der <strong>WG</strong> eingeladen<br />

aus diesem Prozess zu berichten. Dieser<br />

Gedichtband reflektiert eine Türkeireise vor den<br />

Motiven der Offenbarung des Johannes, dem<br />

letzten Kapitel der Bibel. In der Kunst sind bildnerische<br />

Verfahren wie Überbelichtung, Überblendung,<br />

Fragment, Zeitlupe, Filmstills übliche<br />

Stilmittel, wie sie in der Literatur schwieriger<br />

durchzusetzen sind, da irgendetwas erzählt<br />

werden muss. In der <strong>WG</strong> konnte ich aus dem<br />

Manuskript lesen, das mit diesen Stilmitteln arbeitet,<br />

die eher einer Poetik der bildenden Kunst<br />

entsprungen scheinen. Die Fremdsprache, die<br />

laut Kafka immer Dichtung ist, hier die türkische<br />

Sprache, hat in ihrer Besonderheit der<br />

silbenhaften Wortbedeutungen die Sensibilität<br />

der Zuhörer für die eigene Sprache verfeinert.<br />

Wenn in der deutschen Sprache die Wörter Zeit<br />

und weit einen echten Reim bilden, reimt sich<br />

im Türkischen saman (Zeit) auf zaman (Stroh),<br />

das einen neuen Hintergrund für Assoziationen<br />

liefert, wie das die Bildsprachen der verschiedenen<br />

Künste und Kunstrichtungen vermögen:<br />

Deutungsvielfalt. Die Zeit verrinnt wie<br />

Sand oder verbrennt wie Stroh, sie wird zerkleinert,<br />

verfeinert wie Muscheln durch die Brandung<br />

oder wächst wie Getreide aus. Das ist<br />

eine wesentliche Erfahrung von Sinnhaftigkeit<br />

und Sinnlichkeit, die ich an diesem Abend in<br />

der <strong>WG</strong> vermitteln und an den anderen Künstlern<br />

erleben konnte.<br />

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11.03.2004 WOHNEN<br />

Sven-Ake Johansson<br />

Das Sorbische Lied | Traktorenkonzert<br />

präsentiert von Peter Daners<br />

När det var Traktorkonsert i Brösarp / When a<br />

tractor concert was held in Brösarp<br />

Sven-Åke Johanssons Konzert für 12 Traktoren<br />

Ein Dokumentarfilm von Ebbe Gilbe & Thomas<br />

Frantzen © Film Works produziert von der Neon<br />

Gallery Brösarp/Schweden 2003<br />

total time 48“<br />

Von der Arbeit mit dem Dokumentarfilm „När<br />

det Var Traktorkonsert i Brösarp“<br />

An einem ruhigen Sommerabend 2002 im kleinen<br />

Dorf Brösarp, in den Schonen, im südlichen<br />

Schweden, filmten wir die Vorstellung von Sven-<br />

Åke Johanssons Werk „Konzert für 12 Traktoren„<br />

unter der Leitung des Komponisten.<br />

Zwölf zwei- und dreizylindrige Traktoren aus<br />

den Fünfziger und Sechziger Jahren sind im<br />

Halbkreis in einer Obstplantage mit weiter Sicht<br />

über die Landschaft aufgestellt und dazu Glockenleuten<br />

in der Ebene. Vor einem enthusiastischen<br />

1.000- köpfigen Publikum starten die alten<br />

Traktoren und geben im Leerlauf Gas. Sie<br />

rasen, spinnen, spielen, singen in den Sonnenuntergang.<br />

Diese Landschaft in Brösarp ist eine Kulturlandschaft.<br />

Mit Pflug, Pferd und Traktor hat der<br />

Mensch sie geschaffen. Die Mühen von Generationen<br />

sind darin ablesbar. Die Kulturlandschaft<br />

ist eine Erzählung über die Arbeit des<br />

Menschen, seine Dörfer und deren materielle<br />

Bedingungen. 40 bis 50 Jahre alt sind die Traktoren<br />

im Werk Johanssons schon Geschichte<br />

und das Publikum blickt an jenem Abend auf<br />

eine Landschaft hinaus, die bald ein dünn besiedeltes<br />

Gebiet sein wird, wo keine Traktoren<br />

pflügen und keine Kühe mehr grasen. So kann<br />

man das Traktorkonzert als Requiem und Klagegesang<br />

über eine Gegend erleben, die auf<br />

dem Wege ist zu verschwinden.<br />

Die Traktoren singen über eine entflohene Zeit.<br />

Aber ohne Erinnerung keine Zukunft. So ist das<br />

Konzert für 12 Traktoren auch ein Werk zum<br />

Lob der Arbeit.<br />

EBBE GILBE<br />

2003 Sorbisch Lied, (Konzertausschnitt mit<br />

Rüdiger Carl) von Gerd Conrad


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11.03.2004 SCHÖNER SCHEITERN<br />

Thomas Kilpper<br />

Happy together<br />

“Die Freiheit der Kunst ist ein Grundrecht.”<br />

(Aus der Werbung der Sparkassen-Finanzgruppe<br />

auf der Documenta11)<br />

Eben nicht.<br />

Im Oktober 2001 ergeht an mich eine Einladung,<br />

im Rahmen des ‘Jahresprogramms<br />

2002 der Galerie 1822-Forum’ vom 17.09. bis<br />

11.10.02 in den Räumen Töngesgasse 40 der<br />

Sparkasse 1822 eine Ausstellung durchzuführen.<br />

Mir ist von Beginn an klar, dass ich dafür eine<br />

neue Arbeit entwickeln werde, die sich mit<br />

dem Ort – also mit der Institution “1822” als<br />

Geldinstitut - auseinandersetzen wird.<br />

Ich schlage den Verantwortlichen daher vor,<br />

mit Hilfe von Material aus dem Archiv der<br />

Sparkasse, deren Geschichte - insbesondere<br />

die Zeit des NS-Faschismus - kritisch zu beleuchten.<br />

Dieser Vorschlag wird abgelehnt. Ich<br />

erhalte keinen Einblick in das Archiv mit den<br />

Unterlagen aus dieser Zeit. Begründet wird<br />

dies von Seiten der “1822” mit ihrer Verantwortung<br />

für den ‘Schutz der Kunden und des<br />

Bankgeheimnisses’.<br />

Auch mit meinem zweiten Vorschlag stoße ich<br />

zunächst auf wenig Gegenliebe: Über 160 Jahre<br />

dienten der Sparkasse Bienen und Bienenkorb<br />

als Firmenzeichen und Logo. Symbole für<br />

Fleiß und Sparsamkeit. Ich möchte die Bienen<br />

zurückholen an diesen Ort, und zwar als lebende<br />

Wesen. In der Mitte des Raumes soll<br />

ein Bienenstock so aufgestellt werden, dass<br />

die Bienen die Möglichkeit haben, durch eine<br />

Fensteröffnung ins Freie zu fliegen.<br />

Erst die Worte von Prof. Nikolaus Königer, dem<br />

Leiter des Instituts für Bienenkunde (eine Tochter-Gesellschaft<br />

der “1822”), der sich freundlicherweise<br />

bereit erklärt, die Aufstellung und<br />

Betreuung der Bienen zu übernehmen, können<br />

die Verantwortlichen der Sparkasse überzeugen.<br />

Es ist von nun an geplant, mittels roter Klarsichtfolie<br />

auf den Fenstern, den gesamten<br />

Raum in rotes Licht zu tauchen und damit die<br />

Bienen auf eine Flugbahn zur Fensteröffnung<br />

zu lenken.<br />

Die Flugmöglichkeit der Bienen ins Freie, das<br />

Sammeln des „Goldes“ im Öffentlichen Raum<br />

und das Unterbringen desselben in den Räumen<br />

der Sparkasse... sind Metaphern, die sich<br />

sehr bewusst sowohl auf die Geschichte (und<br />

Funktion) der Bank als auch auf das diesjährige<br />

Thema der Ausstellungsreihe, “Kunst und<br />

Öffentlicher Raum”, beziehen. Die Bienen sind<br />

in diesem Zusammenhang eine Art ambivalentes<br />

Sinnbild, das einerseits liebenswert, andererseits<br />

bedrohlich wahrgenommen werden<br />

kann.<br />

Parallel zu den praktischen Vorbereitungen<br />

der Installation arbeite ich an Einladungskarte,<br />

Plakat und Katalog, die mit dieser Ausstellung<br />

einhergehen.<br />

Ich versuche, auch ohne auf das Archiv der<br />

Sparkasse zurückgreifen zu können, mir ein<br />

Bild zu machen über die früheren Aktivitäten<br />

der Bank - insbesondere in der Zeit des NS-<br />

Faschismus. Ich gehe ins Stadtarchiv, informiere<br />

mich beim Jüdischen Museum, beim<br />

Fritz-Bauer Institut und lese die “Chronik der<br />

Frankfurter Sparkasse” von Friedrich Lauf. Die<br />

Ergebnisse meiner Recherche sollen einfliessen<br />

in den Text im Katalog, der die Ausstellung<br />

begleitet.<br />

Die “1822” besteht auf der Anerkennung und<br />

Pflege ihrer “bewährten Traditionen”, feiert -<br />

nicht ohne Stolz - ihre 150, 160, 175 jährigen<br />

Jubiläen - und rechnet dabei die 12 Jahre NS-<br />

Faschismus so lautlos wie selbstverständlich<br />

mit ein.


Gleichzeitig wird die Firmengeschichte im Dritten<br />

Reich mehr oder weniger aus einer Perspektive<br />

des Opfers beschrieben: “Es blieb<br />

den Verantwortlichen... nichts anderes übrig,<br />

als sich... um des Überlebens der Sparkasse<br />

willen, zunächst anzupassen.” (“Chronik der<br />

Frankfurter Sparkasse 1822”, S.185 von Friedrich<br />

Lauf)<br />

(Weitere Einzelheiten siehe Anhang)<br />

Um dieser Verharmlosung der damaligen Ereignisse<br />

weitere Erkenntnisse hinzuzufügen<br />

und für eine andere Haltung einzutreten, plane<br />

ich, parallel zur Ausstellung Diskussions-Veranstaltungen<br />

zu organisieren: “Die Rolle der<br />

Banken im Zeitalter globalisierter Wirtschaft”<br />

(angedacht einzuladen sind ein Vertreter der<br />

Initiative “Ordensleuten für den Frieden” sowie<br />

von Attac und des Betriebsrats der “1822”)<br />

bzw. “Banken im Dritten Reich - Arbeit an Geschichte<br />

- Wie und mit welchem Ziel?” (angedacht<br />

einzuladen sind Vertreter des Fritz-Bauer-Instituts<br />

und des Jüdischen Museums).<br />

Noch bevor ich diese Idee vertiefen kann, werde<br />

ich von Seiten der “1822” gestoppt.<br />

Ich erhalte keine Genehmigung zu einer Veranstaltung<br />

- im Gegenteil, es wird mir nun<br />

mitgeteilt, dass meine Einladung zur Ausstellung<br />

insgesamt möglicherweise rückgängig<br />

gemacht wird, meine Person wie meine Arbeit<br />

seien “falsch eingeschätzt” worden.<br />

Daraufhin formuliere ich einen Kompromiss-<br />

Vorschlag: ich verzichte auf die angedachten<br />

Veranstaltungen und sichere zu, mich in<br />

meinem Katalog-Text auf die Recherche der<br />

Geschichte der “1822” zu konzentrieren – die<br />

Ausstellung / Installation soll unverändert realisiert<br />

werden.<br />

Fast drei weitere Wochen dauert es: am 31.<br />

Juli wird mir telefonisch mitgeteilt, dass meine<br />

Ausstellung nicht genehmigt wird und ich<br />

hiermit ausgeladen bin. Eine schriftliche Begründung<br />

gibt es nicht, es heißt lediglich “wir<br />

können das nicht machen”. Eine Entscheidung<br />

des Vorstands.<br />

Mir war bewusst, dass mein Vorhaben, die<br />

einladende Institution kritisch zu beleuchten,<br />

zu gewissen Spannungen führen kann. Die<br />

Ausstellungs-Konditionen einhaltend, erwartete<br />

ich jedoch, dass die Verantwortlichen<br />

der Sparkasse die Freiheit der künstlerischen<br />

Arbeit respektieren. Das war ganz offensichtlich<br />

eine Fehleinschätzung. Ebenso wie meine<br />

Hoffnung falsch war, dass mein Beitrag begrüßt<br />

wird als Anlass zu einer weiteren Auseinandersetzung<br />

mit diesen Themen innerhalb<br />

oder außerhalb der “1822”.<br />

Diese Erfahrung erinnert mich an längst überwunden<br />

geglaubte Konflikte: Zum Thema ‘Faschismus’<br />

gab es zwischen meinem Vater und<br />

mir immer wieder heftige Diskussionen. Dabei<br />

geriet ich in einen tiefen Widerspruch: einerseits<br />

wünschte ich mir, meinen Vater lieben<br />

zu können, andererseits musste ich sein Tun<br />

und einen wichtigen Teil seiner Person aber<br />

ablehnen. Je intensiver unsere Diskussionen<br />

über die NS-Zeit wurden, desto weniger vermochte<br />

ich ihn nur als “Opfer” zu begreifen. Im<br />

Gegenteil. Ich musste ihn immer mehr auch als<br />

Soldat sehen, bewaffnet - auf der Seite der Aggressoren.<br />

Meine Abwehr wurde umso stärker<br />

je mehr er um Verständnis für sein Tun warb.<br />

Es war aufwühlend, meinen Vater in diesen<br />

Gesprächen nahezu unfähig zu Selbstkritik,<br />

jedoch mit der Neigung, sich zu rechtfertigen,<br />

zu erleben.<br />

Heute wird von verschiedenen Seiten - nicht<br />

zuletzt auch von Künstlern - der Versuch unternommen,<br />

einen Schlussstrich unter die<br />

Auseinandersetzung um ‘das dunkle Kapitel’<br />

der deutschen Geschichte zu ziehen, und sich<br />

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von der ‘einseitigen Last der Schuld zu befreien’<br />

(Martin Walser).<br />

Aber in einer Zeit, in der es geradezu als notwendig<br />

gilt, von den Leiden und Opfern der<br />

Deutschen in und nach dem Zweiten Weltkrieg<br />

zu sprechen (wie in Günter Grass‘ Novelle “Im<br />

Krebsgang”) - in einer Zeit also, die gekennzeichnet<br />

ist durch den versuchten “Umbau der<br />

deutschen Erinnerungskultur: von der Täterzur<br />

Opfergesellschaft” (Neue Züricher Zeitung,<br />

3.4.2002), halte ich es für unerlässlich, weitere<br />

geschichtliche Fakten und Erkenntnisse zu recherchieren<br />

und thematisieren. Erkenntnisse,<br />

die nicht nur unser Bewusstsein für die Geschichte<br />

vertiefen sondern auch hilfreich sein<br />

können, unsere Gegenwart emanzipativ und<br />

fortschrittlich zu gestalten.<br />

Nachdem mir Einblick in das Archiv verwehrt<br />

worden war, wurde es zu einem meiner Ziele,<br />

mit meiner Arbeit den Gedanken und die Aufforderung<br />

ins Spiel zu bringen, unabhängigen<br />

Historikern die Archive (aus der NS-Zeit) der<br />

deutschen “Traditions”-Unternehmen - und so<br />

auch das der Sparkasse “1822” - zugänglich<br />

zu machen.<br />

Dass der Vorstand der Frankfurter Sparkasse<br />

1822 versucht, diese Auseinandersetzung zu<br />

verhindern ist bedauerlich und zeugt von außerordentlicher<br />

Kurzsichtigkeit im Umgang mit<br />

der eigenen Geschichte. Darüberhinaus widerspricht<br />

das Verhalten der “1822” jeglichem<br />

Anspruch an einen demokratischen und kritischen<br />

Diskurs.<br />

Dass das Verbands-Organ der Frankfurter<br />

Sparkasse, die Sparkassen-Finanzgruppe,<br />

die Documenta11 mit dem wohlklingendenen<br />

Slogan - “DIE FREIHEIT DER KUNST IST EIN<br />

GRUNDRECHT“ - bewirbt, kann nach diesem<br />

Vorfall eigentlich nur noch bitter ironisch gelesen<br />

werden.<br />

Thomas Kilpper – London, im August 2002<br />

Anhang:<br />

Dadurch, dass mir kein Einblick in das Archivmaterial<br />

gewährt wurde, bleiben Fragen<br />

zwangsläufig unbeantwortet. Ich konnte weder<br />

in Erfahrung bringen, ob die “1822” tatsächlich<br />

Zwangsarbeiter-innen in ihrer Verwaltung<br />

einsetzte, wie mir zu Ohren kam. Noch konnte<br />

ich Material finden über die Frage ihrer Beteiligung<br />

bei der Abwicklung der Zwangsenteignungen<br />

der 33.000 jüdischen Einwohner (die<br />

aus Frankfurt in die KZ’s deportiert und dort<br />

ermordet wurden). Genauso wenig konnte ich<br />

in Erfahrung bringen, ob sie Geschäftsbeziehungen<br />

z.B. zu den IG-Farben - dem Zyklon B<br />

Hersteller mit Firmensitz in Frankfurt - oder zur<br />

NSDAP oder Gestapo unterhielt.<br />

Allerdings konnte ich folgende Fakten recherchieren:<br />

Leicht und reibungslos wurde die “1822” nach<br />

der Machtübernahme auf NS-Linie gebracht.<br />

Sie hat von Anfang bis Ende alles mitgemacht.<br />

Sie hat am NS-System partizipiert und vor<br />

allem gut verdient und konnte erstaunlich expandieren.<br />

Während des Dritten Reichs sind die Einlagen<br />

(auf 371 Millionen Reichsmark) um das fünffache<br />

gestiegen, hat sich das Eigenkapital (auf<br />

14,9 Millionen) nahezu verdreifacht, haben sich<br />

die Wertpapiergeschäfte (auf 204 Millionen)<br />

annähernd verzehnfacht, hat sich die Kreditvergabe<br />

(auf 90 Millionen) verneunfacht und<br />

die Bilanzsumme (auf 427 Millionen) um das<br />

viereinhalb-fache erhöht. Im selben Zeitraum<br />

verdoppelte sich die Anzahl der Sparbuch-<br />

Inhaber in Frankfurt auf über 330 000.<br />

Die Teilnahme an den 1.Mai Aufmärschen<br />

wurde 1934 für die Mitarbeiter zur Pflicht, alle<br />

Filialen und Abteilungen erhalten 1935 einen<br />

“Volksempfänger”.<br />

Der Krieg war zunächst insofern alles andere<br />

als negativ, als die “1822” nun erreichte, was<br />

in den Jahren zuvor mehrfach scheiterte: der<br />

Kauf mehrerer Grundstücke und Gebäude,<br />

insbesondere jenes ihrer Hauptniederlassung,<br />

Neue Mainzer Strasse 47-51, wo sich noch<br />

heute ihre Zentrale befindet.<br />

Die Beziehungen zur NSDAP wurden trotz Judenverfolgung<br />

und Krieg immer besser. Am 1.<br />

Mai 1940 wurde die “1822” bei einer feierlichen


Zeremonie im Palmengarten zum NS-Musterbetrieb<br />

und “Inhaber der goldenen Fahne der<br />

Deutschen Arbeitsfront” erklärt.<br />

1941 wurde das “eiserne Sparen” gesetzlich<br />

und folglich auch bei der “1822” angeführt.<br />

“Spare auch Du ‘eisern’! Warum sollst Du ‘eisern’<br />

sparen?<br />

Weil im Kampf um Groß-Deutschlands Zukunft<br />

gegenwärtig in erster Linie kriegswichtige Güter<br />

erzeugt werden und somit viele Waren für<br />

den zivilen Lebensbedarf knapp geworden<br />

sind. Das darf aber keinen Volksgenossen<br />

veranlassen, wahllos und unwirtschaftlich<br />

zu kaufen und sein gutes Geld auszugeben<br />

für Anschaffungen, die nach dem Kriege viel<br />

preiswerter und in besserer Qualität gemacht<br />

werden können.” (aus einer Werbeanzeige der<br />

“1822”)<br />

Das ‘eiserne Sparen’ war eine Form des<br />

Zwangssparens, bei dem die Guthaben während<br />

des Kriegs gesperrt waren und erst 12<br />

Monate nach Kriegsende verfügbar werden<br />

sollten, um so die Kosten für den Krieg “um<br />

Großdeutschland” zu finanzieren.<br />

(Bereits im 1.Weltkrieg hatte die Sparkasse<br />

ihre Kunden aufgefordert Kriegsanleihen zu<br />

zeichnen. 46,5 Millionen Mark haben daraufhin<br />

allein die Kunden der 1822 in den Krieg investiert,<br />

wobei die 1822 noch zusätzlich 38,3 Millionen<br />

Mark aus eigenen Mitteln zuschoss.)<br />

Im März 1933, zwei Monate nachdem die NS-<br />

DAP an die Macht kam, stieg Emil Emge zum<br />

stellvertretenden Direktor der “1822” auf. Er<br />

war die gesamten 12 Jahre des NS-Faschismus<br />

in der Geschäftsleitung, ab 1936 als 2.<br />

Direktor und ab 1940 bis Kriegsende sogar als<br />

erster Direktor. Nach zweijähriger ‘Schamfrist’<br />

wird Emge 1947 erneut zum 2. Direktor in die<br />

Geschäftsführung der Bank berufen. Von 1950<br />

bis zu seinem Tod 1965 war Emge wieder leitender<br />

Direktor der Bank.<br />

Im Verwaltungsrat waren Dr. Alexander Mettenheimer<br />

von 1933-45 und dann erneut 1948-<br />

69 sowie Direktor Otto Schneider (1933-44<br />

und 1954-64) - Beispiele erschreckender personeller<br />

Kontinuität an der Spitze eines deutschen<br />

Unternehmens während und nach dem<br />

Nazi-Faschismus.<br />

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08.04.2004 KÜCHE<br />

Volker Ziebarth<br />

Globale Trennkost<br />

Meine erste Küchen-Aktion war die Globale<br />

Trennkost. Die Welt wurde in 12 (Gastro-) Kontinente<br />

eingeteilt, die Fleischwelt, die Kartoffelwelt,<br />

die Hirsewelt, die Eiswelt, die Schnapswelt<br />

usw.. Passend dazu gab es Häppchen,<br />

Filet, Kartoffelchips, Hirseplätzchen, Eiswürfel,<br />

Wodka usw.<br />

Die Besucher durften aus einer Lostrommel 3<br />

Beispiele ziehen, die auf einem Teller serviert<br />

wurden.<br />

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08.04.2004 WOHNEN<br />

Wilhelm Mundt<br />

Fremde Wesen befahlen mir<br />

mit der Kniescheibe zu denken<br />

2002 / version 2004 Monitor,<br />

Verpackungsmaterialen, ugly potatoheads<br />

Die Videoinstallation mit der Kröte wurde von<br />

Wilhelm Mundt in verschiedenen Konstellationen<br />

immer wieder aufgebaut.<br />

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08.04.2004 WOHNEN<br />

Frank Fenstermacher / Ata tak<br />

Megamuttifilm<br />

Frank Fenstermacher zeigt zusammen mit anderen<br />

gemachte Super 8 Filme und Musikvideos.<br />

S8 - Filme von Ulli Maier und Frank Fenstermacher<br />

zum Thema „vom Freund zum Feind zum<br />

Freund und umgekehrt“<br />

„Les chiens andalous“ 1984 Stummfilmwestern<br />

(20 Min.)<br />

„Die Abenteuerlichen“ 1987 Agententhriller (20<br />

Min.)<br />

ata tak präsentiert:<br />

Musikvideos von Frank Fenstermacher in Kooperation<br />

mit Ulli Maier, Kurt Dahlke, Michael<br />

Jonas, Ansgar Wacker, Jan Schwertfeger, Michael<br />

Scheibenreiter, Moritz Reichelt, Alexandar<br />

Glinic, Stefan Schwander , Norika Nienstedt<br />

u.a.<br />

„Nothing“ a certain Frank - (Fraktalvideo)- von<br />

FF und Kurt Dahlke<br />

„Ballad of Vittorio“ The bad examples - (Aufnahmen<br />

aus Usbekistan) - FF und Stefan<br />

Schwander<br />

„Burka Blue“ Burka Band (Kabul 2002) - FF<br />

Und Kurt Dahlke<br />

„Anders Sein“ Der Plan – (Animierte Zeichnungen)<br />

- FF und Kurt Dahlke<br />

„Alkoholen“ Fehlfarben (Unterrealismus) - FF<br />

und Alexandar Glinic<br />

„No Burka No!“ Burka Band (2004) - FF und<br />

Ansgar Wacker<br />

„We Belong“ A certain Frank (Highspeed Shutter<br />

Ägypten) - FF und Ansgar Wacker<br />

„Arche Nova“ A Certain Frank (3d-Animation<br />

1994) - FF, Jan Schwertfeger, Kurt Dahlke, Michael<br />

Scheibenreiter<br />

„Spaceflower“ Charles Wilp - FF, Michael Jonas,<br />

Norika Nienstedt<br />

„Alle 7 Jahre“ Der Plan - FF, Kurt Dahlke, Moritz<br />

Reichelt<br />

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08.04.2004 BIBLIOTHEK<br />

Christina Morhardt<br />

Wir kamen später darauf, dass es eigentlich<br />

nur gute Künstler schaffen, auf dem Markt<br />

eine Rolle zu spielen, indem sie sie nicht selbst<br />

sind, und das schaffen sie, weil sie irgendwie<br />

aufgeräumt sind. Glück müssen sie haben,<br />

sie müssen es aber auch aushalten, und das<br />

können sie nur, indem sie die Rolle spielen,<br />

und nicht wie die anderen, die Rolle sind. Bei<br />

denen, die die Rolle sind, ist es zuhause voll<br />

von Müll, der nie weggeräumt wird, voll von<br />

Selbstmüll und Netzwerk. Selbstvermüllte<br />

können ihre Kunst auch nicht benennen, dafür<br />

bezahlen sie Schreiber, die darüber schreiben.<br />

Das Problem liegt darin, dass man durch den<br />

ganzen Müll gar nicht mehr kapiert, worum es<br />

ihnen eigentlich geht. Die Leute, die darüber<br />

schreiben, müssen klare Worte und Zusammenhänge<br />

aus stinkendem Gewurste heraus<br />

erfinden. Und die Leute, die die Kunst bauen,<br />

die Handwerker, sind DIE NOCH BENÖTIG-<br />

TEN. Wobei! Das ist etwas anderes. Mir geht<br />

es hier nicht um materielle Umsetzung, mir<br />

geht es um geistigen Schwachsinn. Handwerk<br />

ist kein geistiger Schwachsinn. Es führt eine<br />

Form aus, die muss gegeben sein, und dann<br />

entsteht sie durch Handwerk. Mir geht es um<br />

die Versklavung von Wort und Sinnlichkeit, die<br />

den Schreibern abverlagt wird, die aus Scheiße<br />

oder lauwarmem Wasser Kunst herausformulieren<br />

sollen. Scheiße, Geld, Glaube, Identität,<br />

ich habe Aussetzer, die mir davon abraten,<br />

so zu reden, dann sperre ich den Geist ein, in<br />

die Dunkelheit, und dann schreibt man wieder,<br />

man denkt, man schreibt weil man was<br />

kapiert, man hasst, das fängt so an, und man<br />

sitzt in seiner Hütte, von dort geht alles los.<br />

Diese Hütte ist aber nicht das Augenzwinkern,<br />

mit dem man doch gerne dabeisein möchte,<br />

sie ist das ewig Einsturzgefährdete, was den<br />

Regen und die Hitze aushält. In Texas in der<br />

Wüste ist die Hitze sehr trocken, und es gibt<br />

viele von der Natur verursachte dustdevils.<br />

Deshalb sind dort viele Häuser komplett aus<br />

Blech. Die Fenster sind vernagelt damit der<br />

Sand nicht eindringen kann. Der Unterschied<br />

zu hier liegt in der Natur des Wartens. In Texas<br />

ist man ein Idiot, wenn man nicht warten kann,<br />

wenn man keine Geduld hat, stirbt man, wie<br />

eine Schlange. Ich erliege in einer Blechbox<br />

neben dem Baseballschläger, ich atme ohne<br />

zu wissen wohin das führt, ich rechne nicht,<br />

weil das gar nicht geht, denn vor Behauptungen,<br />

einem Text, erliege ich ständig, nachdem<br />

ich wieder aufstehe und tief Luft hole, das ist<br />

nicht Lyrik oder Wortklang, das ist, wie wenn<br />

man pinkeln muss und dann pinkelt. Ich finde<br />

auch keine schönen Worte, ich suche sie und<br />

bin ständig auf der Suche nach ihnen, aber<br />

beim Schreiben sind sie gar nicht vorhanden,<br />

denn es gibt keine Schönwortschreibe. Es<br />

gibt nur Probleme, Riesenprobleme, die sind<br />

so, wie wenn eine Schlange in Texas nicht<br />

warten kann. Ein Maler meinte mal zu mir, ein<br />

böser Text wäre dasselbe, wie ein böses Bild<br />

malen. Ich finde aber gar nichts Böses daran,<br />

ich bin zu blöd dazu. Erliegen und im Erliegen<br />

atmen, vor allem Ungewissen, das muss<br />

man, ansonsten fände ich schöne Worte und<br />

würde nicht daherreden, ich könnte gar nicht<br />

schreiben, nichts, ich schreibe auch Gedichte,<br />

das tue ich aber anders, dabei kneife ich die<br />

Augen zusammen und will etwas wiedererkennen,<br />

aber und außerdem, primär, in der Hauptsache,<br />

vor allem, zuvörderst: Wie soll etwas,<br />

ohne es auszusprechen, rüberkommen? Das<br />

erst ist der harass! Es MUSS IMMER Stimme<br />

haben. Durch Absätze im Geschriebenen habe<br />

ich das noch nie gelöst.<br />

Ein Tiger lockert nach der Jagd seine Muskeln<br />

und legt sich hin. Dann passiert lange gar<br />

nichts. Er spürt die Verdauung, die Temperatur<br />

und Spannung, die aus seinem Körper tritt. Er<br />

ist gar nicht beschäftigt. Ich will auch nicht beschäftigt<br />

sein.<br />

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13.05.2004 SCHÖNER SCHEITERN<br />

Norbert Kottmann<br />

Novalis<br />

aus: „Geistliche Lieder X: (Auszug)<br />

„Es giebt so bange Zeiten,<br />

Es giebt so trüben Muth,<br />

Wo alles sich von weiten<br />

Gespenstisch zeigen thut.<br />

Es schleichen wilde Schrecken<br />

So ängstlich leise her,<br />

Und tiefe Nächte decken<br />

Die Seele zentnerschwer.<br />

Die sicheren Stützen schwanken,<br />

Kein Halt der Zuversicht;<br />

der Wirbel der Gedanken<br />

Gehorcht dem Willen nicht.<br />

Der Wahnsinn naht und locket<br />

Unwiderstehlich hin.<br />

Der Puls des Lebens stocket,<br />

Und stumpf ist jeder Sinn.<br />

Wer hat das Kreuz erhoben<br />

Zum Schutz für jedes Herz ?<br />

... ... ... „


13.05.2004 WOHNEN<br />

Joachim Mannebach<br />

Soundstory<br />

Vorführung u.a. von Ausschnitten von:<br />

Ammer/ FM Einheit: Crashing Aeroplanes<br />

scanner (d.i. Robin van Rimbaud):<br />

Sounds of Love<br />

Beuys: ja ja ja nee nee nee<br />

Gerhard Rühm: Gebet<br />

Was passiert im Kopf, wenn da Klang ankommt,<br />

der keine Musik sein will und Worte, die keine<br />

Geschichte sein wollen? Wie kann akustische<br />

Kunst klingen, wenn sie auf das Etikett Klanginstallation<br />

verzichtet und wie hat man es dabei<br />

am bequemsten? Dollies Pillow Club stellte<br />

die angemessene Bodenbedeckung aus Riesenkissen<br />

und knöchelhohen Fellen, der Klang<br />

kam aus vier Lautsprechern. Fragmente fremder<br />

„soundstories“ sollten entlang einer noch<br />

etwas vagen Idee einen Zwischenstand präsentieren.<br />

Das Schöne an der <strong>WG</strong> war wohl, dass jemand<br />

eine gute, aufregende, bizarre, kuriose<br />

oder jedenfalls auf irgendeine Weise interessante<br />

Geschichte zu erzählen hatte, entweder<br />

die eigene oder eine, die er sich zur eigenen<br />

gemacht hat.<br />

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13.05.2004 WOHNEN<br />

Elke Nebel / Markus Vater<br />

Liste der gezeigten Filme:<br />

Moonwalk, gemalter Film, 2:11 mit Ton, 2002<br />

Feuer, gemalter Film, 0:31 mit Ton, 2000<br />

Vater, gemalter Film, 1:42 mit Ton, 2000<br />

Honig, gemalter Film, 3:20 mit Ton 2002<br />

Das Gewicht, gemalter Film, 3:10 mit Ton, 2003<br />

Absinth, gemalter Film, 3:40 mit Ton, 2003<br />

Vanishing, Animation, 1min, 2003<br />

The West is the Far Far East“, Animation, 1min, 2000<br />

Erwin, Animation, 1min, 2003<br />

Newsreader, Animation, 30sec, 2002<br />

Rescue, Animation, 1min, 2002<br />

Heidegger, Animation,3min,2002<br />

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24.6.2004 KÜCHE<br />

Driss Ougmari<br />

Merguez<br />

700g de boeuf (Rinderhack)<br />

300g d´agneau (Lamm)<br />

1 cuillerée à café de sel (1TL Salz)<br />

15g de piment doux (Paprika, süß)<br />

4g de graines de fenouil moulues (Fenchelsamen)<br />

4g de cumin (Kreuzkummel)<br />

1g de Muscade (Muskat)<br />

1 cuillerée à café de coriande (1TL Koriander)<br />

3g de poivre noir (Schwarzer Pfeffer)<br />

3g de cannelle (Zimt)<br />

1 cuillerée à soupe de Harrissa (1EL Harrissa)<br />

2 cuillerée à soupe de vinaigre (2EL Essig)<br />

3 gousses d´ail (Knoblauchzehen)<br />

3m de boyaux (Schafsdarm /Bratwurstdarm)<br />

½ verre d´eau (½Glas Wasser)<br />

Préparation:<br />

Lavez les boyaux, les tremper dans l´eau pendant environ 1h.<br />

Melangez tous les ingrédients, bien malaxer avec les mains,<br />

laissez reposer ce mélange deux à trois heures au frais.<br />

Garnir avec le mélange vos boyaux.<br />

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24.6.2004 WOHNEN<br />

Fussball Europameisterschaft<br />

Portugal / England<br />

24.6.2004 KÜCHE<br />

Frauke Gerhard / Petra Weimer<br />

Dollies Pillow Club kriegt was gebacken<br />

Dollies Pillow Club®<br />

Environment Edition by Frauke Gerhard<br />

Das Label Dollies Pillow Club® verwandelt Orte<br />

in Spielplätze für alle Generationen und macht<br />

Kunst anschmiegsamer. Frauke Gerhard erläuterte<br />

in der <strong>WG</strong> ihre Modelle für gegenseitige<br />

Unterhaltungskunst, am 24.06.2004 zusammen<br />

mit der Schauspielerin Petra Weimer,<br />

über eine improvisierte Theke hinweg, wobei<br />

fotografische Dokumentationen, theoretische<br />

und essbare Produkte nicht ohne Selbstironie<br />

angepriesen wurden. In die Zuckerkrusten<br />

von frisch in Schmalz gebräunten Hefeteigdolliespillows<br />

wurden weiße Papierfähnchen gesteckt<br />

mit aufgedruckten Gedichten und diversen<br />

Fragen an die KonsumentInnen. Das Motto<br />

der Aktion konnten selbst die Fußballfans unten<br />

im Haus riechen:<br />

Dollies Pillow Club® kriegt was gebacken!


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14.10.2004 WOHNEN<br />

Susanne Kutter<br />

Flooded Home<br />

„Flooded Home“, 2003, Video, DVD loop,<br />

65 Min.<br />

Das Video zeigt wie ein Wohnzimmer langsam<br />

bis zur Decke mit Wasser vollläuft. Mit steigendem<br />

Wasserpegel widersetzen sich die Einrichtungsgegenstände<br />

allmählich der Schwerkraft.<br />

14.10.2004 WOHNEN<br />

Lucy Harvey<br />

Lebensführer II: Notwendiges Wissen<br />

Geplant:<br />

Vortrag<br />

LEBENSFÜHRER II.5: Notwendiges Wissen:<br />

Was sind schwarze Löcher?<br />

Der Vortrag trägt den Titel „Was sind schwarze<br />

Löcher?“ und ist eine der möglichen Realisationsformen<br />

der Arbeit „Lebensführer II.5: Notwendiges<br />

Wissen: Was sind schwarze Löcher?“<br />

Realisiert:<br />

Vortrag (geplant, nicht realisiert), Erläuternder<br />

Text, Video<br />

Während der Vorbereitung des Vortrages sah<br />

ich mich zunehmend mit Fragen konfrontiert,<br />

die die Legitimität meines Vorhabens ernsthaft<br />

in Zweifel stellten, und mich letztendlich dazu<br />

gezwungen haben, den Plan aufzugeben, die<br />

Arbeit „Was sind schwarze Löcher?“ in dieser<br />

Form zu realisieren. Als Ergebnis dieses Konfliktes<br />

kam die folgende Arbeit neu zum Lebensführer<br />

hinzu:<br />

LEBENSFÜHRER VI(B).5: Kunstmachen (Strategien):<br />

Auswege aus dem Scheitern: Beispiel:<br />

„Was sind schwarze Löcher?“<br />

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14.10.2004 SCHÖNER SCHEITERN<br />

Christoph Dettmeier<br />

Country Karaoke Show<br />

Die Stunde des Cowboys<br />

„ (…) Vielleicht liegt die Hoffnung auf Wiederbelebung<br />

des Patienten Cowboy ja im grüblerischen<br />

Europa. Wenn der Europäer gen Westen<br />

blickt, ist weniger Ironie als vielmehr ein<br />

ausgeprägtes Interesse mit im Spiel, die abgelegten<br />

Rollen noch einmal auf Resttauglichkeit<br />

zu überprüfen. Western aus deutscher Sicht ist<br />

notwendigerweise Appropiation Art: „So tun als<br />

ob“ als künstlerische Strategie.<br />

So führt es zum Beispiel der Berliner Christoph<br />

Dettmeier vor, der bewaffnet mit Diakarussell,<br />

Flachmann und Mono-Kassettenrekorder Musik<br />

von selbst gewählten Helden wie Johnny Cash<br />

oder Bonnie „Prince“ Billy zum Besten gibt, indem<br />

er deren Songs vom Band mitsingt.<br />

Emphase oder Trash? Ambivalenzen sind gern<br />

gesehen bei Dettmeiers Country Karaoke Show,<br />

die von Aschaffenburg bis zur Berliner Volksbühne<br />

gut besucht wird – wenn nötig auch ein<br />

paar Stunden lang. Dettmeiers Tour de Force<br />

gleicht dabei eher einem gemächlichen Verfertigen<br />

der Gedanken denn einem wilden Ritt in<br />

die Prärie; inklusive Rauchpausen und technischen<br />

Pannen.<br />

Wenn er gerade nicht deklamiert oder im Wasser<br />

schwebt, fügt Dettmeier dem Mythos neue,<br />

seltsame Bausteine hinzu. Lässt seine „Ghostriders“<br />

durch Mondlandschaften reiten, die er<br />

in der Haldenlandschaft des Ruhrgebiets findet.<br />

Christoph Dettmeier tanzt einen einsamen<br />

und komischen Reigen mit sich selbst, einen<br />

Walzer auf einem Friedhof, der tatsächlich ein<br />

zerbombter deutscher Bunker in Frankreich ist<br />

oder lässt von Hitler geplante Wolkenkratzer zu<br />

Ruinen zerfallen. (…)“ (Magdalena Kröner)<br />

„ (...) In 2009, Christoph Dettmeier, ..., did a version<br />

of „Ride ‘em Jewboy“: he sang along to<br />

Friedman‘s song immersed in the shadows of<br />

a slide projection of sites in Berlin that were<br />

significant to both Jewish life and Nazi rule.<br />

Dettmeier‘s act of mimesis enters into transatlantic<br />

feedback with Friedman‘s song - the irony<br />

cancels itself out to render an authentic sense<br />

of mourning. (...)“ (Jörg Heiser)<br />

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11.11.2004 WOHNEN<br />

Daniela Steinfeld<br />

Headbanger<br />

2002, 1-Kanal Video, Farbe, Sound,<br />

Musik: George Harrison<br />

„Something in the way she moves<br />

Attracts me like no other lover...“<br />

Die Arbeit entstand 2002 im Irish Museum of<br />

Modern Art als Verbeugung vor dem kurz zuvor<br />

verstorbenen George Harrison.


11.11.2004 GÄSTEZIMMER<br />

Susanne Bosch<br />

hic bir yere gidememek /<br />

nirgendwo ankommen Schattentheater<br />

Die Arbeit »Hic bir yere gidememek/ Nirgendwo<br />

Ankommen« hat ihre Wurzeln in Gesprächen<br />

und Interviews mit türkischen MigrantInnen oder<br />

Migrationswilligen. Das 15-minütige Schattentheater<br />

in türkischer Sprache wird von der nichttürkisch<br />

sprechenden Künstlerin und Stimmen<br />

von PassantInnen aus Istanbul performed. Die<br />

Arbeit behandelt inhaltlich den Zustand zwischen<br />

Weggehen und Ankommen bzw. der Vermutung,<br />

ein ewig Sehnender zu werden. Weggehen<br />

kann der-/diejenige, die eine starke Idee,<br />

Wunsch, Glaube oder Vision von positiver Veränderung<br />

aus dem Gewohnten in das Neue, Unbekannte<br />

treibt.<br />

Die Arbeit thematisiert ferner die Widersprüche<br />

zwischen individuellen Wünschen und Entscheidungen<br />

und der politischen Ebene von Migration.<br />

»Worauf läuft die Bewegung der Migration hinaus?<br />

Die Hoffnung auf glückliche Rückkehr<br />

oder auf das vollständige Verschwinden des<br />

Fremden im Einheimischen erfüllt sich selten.<br />

Aber vielleicht gibt es eine viel größere Hoffnung:<br />

Die Entstehung einer neuen, offenen Kultur<br />

zwischen den Kulturen. Eine Kultur, die den<br />

Migranten ebenso wie den Menschen der oft<br />

wahrhaft eingesessenen Kulturen neue Chancen<br />

eröffnet.« (Georg Seeßlen, Dokumentarflimer<br />

und Filmkritiker)<br />

Journalist, Autor und Publizist Mark Terkessidis<br />

fordert deshalb in seinem aktuellen Buch „Interkultur“<br />

einen offenen Aushandlungsprozess<br />

für zu lösenden Aufgaben mit offenen, barrierefreien<br />

Institutionen, die “nicht nur für die ‚Normalen‘<br />

gut funktioniert, die von vornherein die<br />

richtigen Voraussetzungen mitbringen, sondern<br />

für alle Bewohner oder Benutzer.“<br />

Er beschreibt den Ist-Zustands als eine Situation,<br />

in der verschiedene, in sich äußerst heterogene<br />

Gruppierungen aufeinandertreffen – im<br />

Gegensatz zu dem gängigen Modell, nach welchem<br />

es eine alteingesessene Gruppe, die sogenannte<br />

Mehrheitsgesellschaft, gibt und eine<br />

von außen hinzukommende.<br />

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11.11.2004 SCHÖNER SCHEITERN<br />

Wilhelm Mundt<br />

Dreifelderwirtschaft<br />

Am 28.9.2004 erhielt Wilhelm Mundt von der<br />

Stadtverwaltung Rommerskirchen folgenden<br />

Brief, den er auf dem Überwurf, der auf einem<br />

Anhänger gestapelt war, stehend, laut vorlas:<br />

Überwuchs in den öffentlichen Stadtraum<br />

Sehr geehrte Fr. Mundt,<br />

sehr geehrter Hr. Mundt,<br />

bei mir wird Beschwerde darüber geführt, daß<br />

vor Ihrem Grundstück in Rommerskirchen Frixheim,<br />

Frixheimer Str. 3 Überwuchs in den gemeindlichen<br />

Straßenraum hineinragt. Es entstehen<br />

Behinderungen für den Fußgängerverkehr.<br />

Insbesondere für die schwächeren Verkehrsteilnehmer<br />

wie Kinder ist dort eine Gefahrenstelle<br />

entstanden.<br />

Als Grundstückseigentümer sind Sie für diesen<br />

Zustand verantwortlich. Ich möchte Sie daher<br />

bitten, innerhalb von 14 Tagen nach Zugang dieses<br />

Schreibens den Überwuchs zu beseitigen<br />

bzw. beseitigen zu lassen.<br />

Gleichzeitig bitte ich Sie, mich über das von Ihnen<br />

Veranlasste zu unterrichten.<br />

Für den Fall, dass Sie meiner Bitte nicht nachkommen,<br />

bin ich gehalten, den ordnungswidrigen<br />

Zustand über eine Ordnungsverfügung zu<br />

beseitigen. Hierzu gebe ich Ihnen bereits jetzt<br />

die Gelegenheit, sich gemäß §28 des Verwaltungsverfahrensgesetzes<br />

innerhalb von 14 Tagen<br />

zu äußern.<br />

Mit freundlichen Grüßen,<br />

i.A. Hantschel<br />

Rommerskirchen, den 28.9.2004<br />

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9.12.2004 BIBLIOTHEK<br />

Mattias Caduff<br />

Was wurde aus Buñuels<br />

„Land ohne Brot“<br />

Ich erinnere mich gut an den damaligen Abend<br />

bei Euch und meinen Vortrag über Luis Buñuels<br />

Film „Terre sans Pain“.<br />

Es war eine kleine Runde von Freunden zusammen<br />

gekommen. Es gelang mir offenbar, Interesse<br />

für mein Filmprojekt über die spanische<br />

Bergregion Las Hurdes zu wecken, die Buñuel<br />

1933 in so düsteren Farben porträtiert hatte.<br />

Ein Jahr nach meinem Besuch bei Euch reichte<br />

ich dann mein Drehbuch den verschiedenen<br />

Schweizer Filmförderorganisationen ein. Leider<br />

ohne jeden Erfolg. Ich musste aufgeben. Dieser<br />

Misserfolg geht mir bis heute nach, obschon<br />

solche Ablehnungen eigentlich zum Alltag der<br />

meisten Filmemacher gehören. Geblieben sind<br />

drei spannende Reisen in die Extremadura, ein<br />

ausführliches Drehbuch, das man noch heute<br />

unter www.caduff.info nachlesen kann und<br />

eben auch jene Reise nach Düsseldorf zu Euch.<br />

Herzlichen Dank.<br />

09.12.2004 WOHNEN<br />

Melanie Richter<br />

Space Bag<br />

SPACEBAG (2003/04) sind Objekte, die der Simulation<br />

ungewohnt entspannter Körperhaltung<br />

ähnlich derjenigen in Schwerelosigkeit<br />

dienen. Entwickelt als übergroße, dreidimensionale<br />

Sackformen aus Kunstleder mit kleinkugeliger<br />

Styroporfüllung tragen oder fassen<br />

diese Volumen einen bis circa 10 Menschen-<br />

körper, deren Haltung durch die ‚Fließeigenschaft’<br />

der Füllung im SPACEBAG langsam entgleitet<br />

und weder sitzend noch liegend in eine<br />

Art Formschluss kommt.<br />

Der Einsatz dieser SPACEBAG gehört zur<br />

Grundlagenforschung für meine Werkgruppe<br />

Malerei SPACEBABY.<br />

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09.12.2004 GÄSTEZIMMER<br />

Roland Schappert<br />

Barbara Schachtner<br />

Sounds im Auge<br />

Ausschnitt aus einem Beitrag der Sendung<br />

„Corso“ von Claudia Cosmo am 2.12.2004 gesendet<br />

im DLF Köln Beitrag beginnt mit: Musik-<br />

Einspielung von `Welte`- Musik, darüber dann<br />

einblenden<br />

1.O-TON: Schappert 0`16 (0`32)<br />

„ Für ‚Welt‘ wurde das Projekt zu groß, für ‚Welten‘<br />

zu klein. Und deshalb blieb ‚Welte‘ übrig.<br />

Und außerdem erinnerte mich das an so eine<br />

wahnsinnige Kino-Orgel aus Ende der 20er<br />

Jahre, die ‚Welte-Orgel‘ , die im Prinzip wie Digitalsound<br />

komplett den Soundtrack zu einem<br />

Kinofilm virtuell erstellen konnte.“<br />

Roland Schapperts Arbeit als Künstler ist<br />

vielschichtig. In seinem Musikprojekt ‚Welte‘<br />

verbindet er seine eigenen lyrischen Texte mit<br />

stimmlichen Performance-Elementen und elektronischer<br />

Musik. Zwei Jahre lang hat Roland<br />

Schappert mit digitalen Sounds experimentiert<br />

und nutzt seinen Computer als Studio zur virtuellen<br />

Klangerzeugung.<br />

Die Musik von ‚Welte‘ bewegt sich zwischen<br />

Minimal Techno und Neuer Musik in Verbindung<br />

mit Gesang.<br />

2. O-TON: szenische Atmo: man hört Schappert<br />

mit Sängerin Barbara reden, die eine Gesangspassage<br />

proben.<br />

Die klassisch ausgebildete Sängerin Barbara<br />

Schachtner interpretiert Roland Schapperts<br />

lyrischen Texte, die teils humorvoll, teils melancholisch<br />

sind und verwandelt die Sound-<br />

Collagen zu intonierten kleinen Geschichten.<br />

3. O-TON: Ausschnitt aus Song, wo Barbaras<br />

Stimme zu hören ist.<br />

4.O-TON: Barbara 3`57 + 4´45<br />

„Ich mag das: überrascht zu werden... Ich finde<br />

dieses Nicht-Festgelegte, dieses Spontanseindürfen<br />

sehr, sehr toll... und dann versuche ich,<br />

da hineinzugehen. Es dauert ein bisschen, je<br />

nachdem wie schnell ich Zugang zu diesem<br />

Text habe und auch zu der Musik. Es ist für<br />

mich immer ein bisschen Schauspiel mit dabei.“<br />

5. O-TON: szenische Atmo: man hört Schappert<br />

mit Sängerin Barbara reden, die eine Gesangspassage<br />

proben.<br />

Barbara Schachtners Stimme nimmt unterschiedliche<br />

Positionen ein. Mal dominiert ihre<br />

Gesangspassage, mal verschwindet sie fast<br />

unter dem Soundteppich.<br />

6.O-TON: Barbara 5`13 + 5`32<br />

„Was ich an den Texten mag, dass sie sich immer<br />

brechen. Und sie haben einen Rhythmus...<br />

und sie geben eine Richtung vor. Dann schlagen<br />

sie wie ein Hase einen anderen Haken und es<br />

ist was ganz anderes und trotzdem passt alles<br />

zusammen und alles ergibt eine Geschichte.“<br />

An seinem Computer kann Roland Schappert<br />

den Gesang auch wieder von einem Musiktrack<br />

isolieren und Barbaras Stimme einem ganz anderen<br />

Stück erneut anpassen.<br />

7.O-TON: Schappert 9`00<br />

„Es ist keine Collage-Technik, es ist kein Cut-<br />

Up. Es ist keine harte Konfrontation von Gegensätzen...,<br />

sondern es begegnen sich immer<br />

wieder neu Teile, Elemente zueinander. Es<br />

ergeben sich Passagen, die vielleicht schon<br />

einmal verwendet wurden. Sie fühlen sich neu<br />

an und sie fügen sich auch neu mit den musikalischen<br />

Komponenten.“<br />

8. O-TON: Einspielen: Musik von `Welte`


9.12.2004 WOHNEN<br />

Stefan Hoderlein<br />

Projektion<br />

Das Thema der Schwerelosigkeit hatte auch die<br />

zeitgleich in der <strong>WG</strong> gezeigte Arbeit von Stefan<br />

Hoderlein, eine Filmanimation, in der Alltagsgegenstände<br />

wie schwerelos im Orbit sich bewegen.<br />

Im Zusammenspiel dieser Animation, von<br />

außen auf die Fenster des Jacobizimmers des<br />

Malkastens projeziert, mit den überdimensionalen<br />

SPACEBAGS mitten im Raum platziert,<br />

simuliert diese Anordnung im weitesten Sinn<br />

den Blick aus den Fenstern einer Raumkapsel<br />

ins All. Aus der ungewohnt entspannten Haltung<br />

heraus betrachteten die Besucher der <strong>WG</strong> die<br />

vor den Fenstern vorbeischwebenden bekannten<br />

Alltagsgegenstände.<br />

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13.01.2005 BIBLIOTHEK<br />

Stef Burghard<br />

La Sanseveria<br />

La Sansevieria è Speranza / The mother-in-law-tongue loves to be neglected.<br />

http://mrec.ifas.ufl.edu/Foliage/folnotes/sansevie.htm<br />

http://public.fotki.com/cactus/sansevieria/<br />

http://www.hear.org/pier/species/sansevieria_trifasciata.htm<br />

http://www.bartleby.com/61/63/S0076300.html<br />

http://www.sansevieria.nl/<br />

http://www.thefreedictionary.com/sansevieria<br />

http://www.hyperdictionary.com/dictionary/sansevieria<br />

http://www.tropilab.com/snakeplant.html<br />

http://www.rakuten.co.jp/style-plants/486484/490414/<br />

http://www.ces.ncsu.edu/depts/hort/consumer/poison/Sansetr.htm<br />

http://www.odla.nu/artiklar/svarmorstunga.shtml<br />

http://flowers.foka.ru/Katalog/sansevieria.shtml<br />

http://www.outseek.org/Giardinaggio/Sansevieria/<br />

http://www.domacidilna.cz/dilna/dilna.nsf/0/7C9ECEC26CDE6DFAC1256CBB0039C7A3<br />

http://www.sigridleger.de/book/index.html?/book/plants/pl_092.html<br />

http://plants.usda.gov/cgi_bin/plant_profile.cgi?earl=plant_profile.cgi&symbol=SAHY2<br />

http://www.patentec.com/data/class/defs/PLT/382.html<br />

http://www.geocities.com/aildoux/sansevieria.htm<br />

http://www.kontorplanter.dk/pid_pk-7617-501.html<br />

http://www.actahort.org/books/572/572_22.htm<br />

http://scentednectar.tripod.com/SN-SANSEVIERIA-TILE-page-3.htm<br />

http://home.wanadoo.nl/a.jacques/htm/twins.htm<br />

http://www.kraamer.nl/akm_cs_1084.html<br />

http://web.tiscali.it/no-redirect-tiscali/ecoweb/sansevieria.html<br />

http://homepage3.nifty.com/gardengardenweb/Sansevieria.htm<br />

http://www.bellaonline.com/ArticlesP/art12160.asp<br />

http://www.kingdom88.com/ebenehall/listings/23.html<br />

http://www.wi-inf.uni-essen.de/~schwarze/pflanzen/wwwboard/messages/12202.html<br />

http://www.painetworks.com/pages/ha/ha0156.html<br />

http://www.endangeredspecies.com/Books/Text/SansevieraBook/8.htm<br />

http://www.google.de/search?q=cache:nKFqMDMCzP4J:www.desertsong.com/sgvcss/news/<br />

SotM_11.01.pdf+sansevieria&hl=de&ie=UTF-8<br />

http://starbulletin.com/2000/10/13/features/garden.html<br />

Die Untersuchung der kulturellen Zu- und Überschreibungen am Beispiel der Succulente Sansevieria<br />

mündeten in eine vielsprachige Lesung, die zwischen 2003 und 2005 vorgetragen wurde.<br />

Der Text erschien 2005 im Band: „Bohrmaschine im Paradies“, Akademie der Künste, Berlin.<br />

ISBN 3-88331-086-7<br />

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13.01.2005 KÜCHE<br />

Volker Ziebarth<br />

Babelküche<br />

Meine zweite Küchenaktion in der <strong>WG</strong> war Babelküche.<br />

Das waren Brotaufstriche aus über 25<br />

verschiedenen Ländern, viel europäisches, aber<br />

auch Veggiemite aus Australien oder Marshmallowspread<br />

(USA). Markus meinte, das sei sehr<br />

<strong>WG</strong> (Party) mäßig gewesen! (v.a. optisch)<br />

13.01.2005 WOHNEN<br />

Beat Streuli<br />

Screensaver<br />

Projektion Die projizierten Fotos stammen aus der Reihe Fort-de-France / Martinique 02 aus<br />

dem Jahr 2002<br />

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10.02.2005 BIBLIOTHEK<br />

Hinrich Sachs<br />

Ferien vom Ich<br />

“(…) Immer wieder etwas Erreichtes in Frage<br />

stellen, ist die genuine Aufgabe des Künstlers,<br />

der Autonomie als etwas versteht, das ihm dabei<br />

hilft, diese selbst auferlegte Aufgabe zu erfüllen.<br />

Aber andererseits gibt es auch eine unübersehbare<br />

Tendenz, dass das Künstlerische<br />

sich auflöst, indem es mit Nichtkünstlerischem<br />

identisch wird. Zwischen autonomer künstlerischer<br />

Praxis und dem Aufhören mit der Kunst<br />

(…) besteht (…) ein entscheidender Zusammenhang.<br />

Das Nachdenken über, das Situieren<br />

in Bezug auf – diese Perspektiven (…) sind dazu<br />

da, das Risiko zwischen den Polaritäten von<br />

Autonomie und Aufhören ein wenig abzupuffern.<br />

Der utopische Entwurf ›Ferien vom Ich‹ (…)<br />

wäre da ebenfalls ein praktikabler Vorschlag,<br />

zwischen diesen Polaritäten zu navigieren und<br />

zwischen ihnen wählen zu können.”<br />

(Eva Schmidt)<br />

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10.02.2005 WOHNEN<br />

Alexandra Schröder<br />

What´s inside a girl<br />

Trickfilmscreening<br />

10.02.2005 KÜCHE<br />

Judith Samen<br />

Leibspeise<br />

Vom Versuch der komplexen Bildhaftigkeit eines<br />

einfachen Mahls<br />

An einem tryptichal aufgestellten Tischarrangement<br />

wurde an zentraler Stelle, also faktisch<br />

in der Mitte, aus riesigen Töpfen ein klassischer<br />

Eintopf gereicht. Sauerkraut, Kartoffeln<br />

und Mettwurst; also Gelbes und Rotes in variablen<br />

Konsistenzen, inszeniert als sättigende<br />

Gabe. Zweiplattenherd, monströse blaue Töpfe,<br />

ein Kittel als Reminiszenz an die Hausfrau per<br />

se, hier als Schaffende von immer wieder reproduzierbarem<br />

und verschwindendem Material;<br />

work in progress. Nachher waren eigentlich<br />

alle satt, nur der Geruch hing penetrant<br />

in der Luft.<br />

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10.03.2005 BIBLIOTHEK<br />

Christine Lemke<br />

Die letzten Tage Frühling<br />

Die letzten Tage Frühling (2001)<br />

Es ist immer noch verdreht.<br />

Es gibt Sonne und es ist kalt.<br />

Viele werden sofort krank wenn sie das Haus verlassen.<br />

Viele gehen nur noch vermummt auf die Straße.<br />

Das sieht seltsam aus bei dem ganzen Licht<br />

und bleibt still obwohl Vögel da sind.<br />

Die Sprache geht weiter auch wenn niemand spricht.<br />

Als ich in einem Supermarkt war,<br />

sah ich, wie sich jemand in ein Kühlregal beugte.<br />

Die helle Beleuchtung überstrahlte fast seine Konturen.<br />

Er sagte immer wieder: „Tier?“, „Tier?“, „Tier?“.<br />

Weiter konnte er nicht sprechen.<br />

Er suchte nach dem Geräusch, das sich so anhörte wie Insekten.<br />

Das Tier, das er meinte, war aus den metallenen Flügeln der Lüftung gemacht<br />

und zirpte in ihren Rotationen.<br />

Da war sie wieder die Sprache.<br />

Gestern Nacht bin ich durch die Stadt gelaufen.<br />

Ich habe gehört wie jemand „Häschen“ gerufen hat.<br />

Und wieder „Häschen“.<br />

Und dann „Fotze“. - So schnell kommt man zu Namen -<br />

Das ist wie bei alten Stofftieren.<br />

Letztens habe ich meine wiedergefunden.<br />

Einen Hase und einen Hund. Ich habe sie kaum erkannt.<br />

So könnte ich sie ja nennen „Hasi und Fotzi“.<br />

Hasi steckt mit seinem Hinterteil in einem meiner grauen Wildlederturnschuhe.<br />

Fotzi steht unter einem Zweig mit Orchideen.<br />

Der Zweig kommt aus einem Pfirsichpokal.<br />

Aus einer lachsfarbenen gläsernen Noppenvase, die aus Murmeln,<br />

die Nüsse waren, gemacht ist.<br />

Die Orchidee trägt fünf Blüten auf ihrem Zweig.<br />

Zwei Blüten sind dabei wieder in sich einzusinken.<br />

Pro Blüte wurde ein Euro gezahlt.<br />

Die Orchidee kommt nicht aus diesem Frühling.<br />

Ich kann sie von weitem sehen.<br />

Sie kommt aus einem Gewächshaus.<br />

Ich denke sie mir dahin zurück und gehe sie suchen.


10.03.2005 WOHNEN<br />

Bernd Imminger<br />

Ektoplasma<br />

Meine Videoarbeiten ähneln einer gefilmten<br />

Performance. Die Kamera verharrt fest an einer<br />

Stelle und filmt aus einer Perspektive das<br />

Geschehen. Geschnitten wird direkt beim Filmen.<br />

In meinen Videoarbeiten geht es oft um<br />

eine rituelle Handlung. Sowohl die verwendeten<br />

Materialien (einfach gebastelte Requisiten), als<br />

auch die Handlungsweise des Darstellers, lässt<br />

eine eigenartige, beunruhigende Atmosphäre<br />

entstehen, die bedrohliche und zugleich humorvolle<br />

Momente miteinander vereint.<br />

Der maskierte Protagonist des Films „Ektoplasma“<br />

ist mit dem Raum durch Fäden am<br />

Hinterkopf und einem Rock aus Papier, der<br />

sich über den ganzen Raum erstreckt, verbunden.<br />

Bewegt sich die Kreatur, bewegt sich der<br />

ganze Raum und die sich darin befindenden<br />

„Geschöpfe“ mit. Der Protagonist sondert eine<br />

Ektoplasma-artige Substanz ab.<br />

(Ektoplasma ist eine von Geistern ausgeschiedene<br />

Substanz, die es ihnen ermöglicht, sich<br />

zu materialisieren und telekinetische Handlungen<br />

durchzuführen.)<br />

Die Fäden schränken die Kreatur in ihrer Bewegung<br />

ein, sie versucht sich daraus zu befreien.<br />

(Bernd Imminger)<br />

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10.03.2005 GÄSTEZIMMER<br />

Heike Pallanca<br />

Über das Verlaufen<br />

im „Gartenzimmer“<br />

Audio-CD mit Text, Player, Boxen<br />

Leuchtglobus (auf dem Kopf stehend)<br />

verschiedene Zettel mit Texten<br />

vorhandene Möbel derangiert<br />

in der „Bibliothek“<br />

„Wegzehrung“, bestehend aus<br />

belegten Brötchen, Obst, Süßigkeiten<br />

auf dem Boden zwischen beiden Räumen<br />

roter Wollfaden<br />

Dank an: Kurt Dahlke, ATA TAK Studios, Düsseldorf<br />

Ich verlaufe mich eigentlich immer und zwar unabhängig<br />

davon wo ich mich befinde, ich meine<br />

auf diesem Planeten. Ich bringe es sogar fertig,<br />

mich in der Stadt zu verirren, in der ich lebe.<br />

Das Sichverlaufen kann ziemlich lästig sein, es<br />

hängt von der Situation ab. Vor allem aber ist es<br />

zeitaufwendig. Wenn ich es eilig habe, ist dieses<br />

Handicap natürlich unangenehm, etwa wenn<br />

ich verabredet bin, denn selbstverständlich<br />

baue ich in meine Wege meistens keine „Zeitpuffer“<br />

ein. Dann kann es sein, dass ich ganz<br />

schön ins Schwitzen komme, weil ich womöglich<br />

rennen muss ! Glücklicherweise benutze ich<br />

kein dick aufgetragenes Make-up, was dann herunter<br />

liefe, und auch die Frisur benötigt keine<br />

besonderen Bewegungsvoraussetzungen. Bleiben<br />

die leicht feuchten, vielleicht sogar an der<br />

Haut klebenden Kleidungsstücke, worauf ich<br />

gerne verzichten könnte, aber das lässt sich<br />

dann nicht mehr verhindern.<br />

Schwieriger wird es schon, wenn ich eine ganz<br />

bestimmte Adresse in einer fremden Stadt aufsuchen<br />

muss. Da ich sehr selten Taxis benutze<br />

(das ist zu einfach, reinsetzen, losfahren, sich<br />

um nichts kümmern, nur bezahlen und ankommen),<br />

bin ich in unbekannten Gegenden einer<br />

viel größeren Spannung ausgesetzt. Was es<br />

da alles zu beachten und herauszufinden gilt:<br />

gibt es eine Bus- oder U-Bahn-Verbindung,<br />

wie weit ist der anschließende Fußweg einzuschätzen,<br />

ist die Gegend einigermaßen sicher,<br />

auch abends? Liegt der gesuchte Ort vielleicht<br />

in einem schönen Stadtteil, so dass sich auch<br />

eine längere Distanz angenehm zu Fuß gehen<br />

ließe?<br />

Natürlich gibt es Hilfsmittel: Stadtpläne! Kleine,<br />

überschaubare City-Maps oder ausufernde<br />

Karten mit allen Vororten drauf, die allerdings<br />

den Nachteil haben, dass man unterwegs suchend<br />

den Riesenplan gar nicht auseinandergefaltet<br />

kriegt, um sich den nötigen Überblick<br />

zu verschaffen. Das ist aus rein praktischen<br />

Gründen, wenn man z. B. mitten auf der Straße<br />

oder dem Gehweg steht, gar nicht möglich. Daher<br />

liebe ich Falk-Pläne, damit habe ich immer<br />

schön den richtigen Ausschnitt im aufgeklappten<br />

Teil parat. Schwierig sind natürlich die Übergänge<br />

von einer Faltseite zur nächsten, wenn<br />

der gesuchte Ort genau auf einem Knick liegt:<br />

da sind Risse dann meistens leider unvermeidlich<br />

und an diesen Stellen kann man folglich rein<br />

gar nichts mehr entziffern.<br />

Die Orientierungsmöglichkeiten ohne Plan sind<br />

natürlich stark begrenzt. Tatsächlich habe ich<br />

manchmal auch keinen dabei, weil ich verges-


sen habe, rechtzeitig eines dieser Wunderwerke<br />

der Kartierung zu besorgen oder ich kann die<br />

Pläne ohnehin nicht lesen, weil sie mit komplizierten,<br />

für mich nicht zu entziffernden fremden<br />

Schriftzeichen versehen sind (Japan!).<br />

Zu guter Letzt gibt es dann nur noch eins: Leute<br />

fragen !! Manchmal bin ich schon ziemlich matt<br />

von der vielen Umherirrerei. Mit letzter Kraft<br />

kann ich dann einen in Gedanken versunkenen,<br />

vorübereilenden Menschen aus seiner Abwesenheit<br />

herausholen, indem ich ihn anspreche<br />

und nach dem gesuchten Weg frage:<br />

„Entschuldigung, können Sie mir helfen ? Ich<br />

habe mich verlaufen, ...........“<br />

Nachtrag 2012: Auch heute benutze ich kaum<br />

auf dem Handy integrierte Google maps, auch<br />

wenn das selbstverständlich sehr praktisch<br />

ist... Ich mag einfach die Haptik der Pläne und,<br />

im Falle des Scheiterns, die Kontaktaufnahme<br />

mit fremden Menschen, die fast immer helfen.<br />

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10.03.2005 GÄSTEZIMMER<br />

Patrick Rieve<br />

Everyday Holodeck<br />

Das Holodeck ist eine Erfindung aus dem Star<br />

Trek–Universum. Eine Einrichtung -– installiert<br />

auf Schiffen und Stationen der Föderation – in<br />

der man zum Zweck der Entspannung, Unterhaltung<br />

oder Forschung lebensechte Simulationen<br />

erzeugen kann.<br />

Ich benutze den Begriff als Metapher für eine<br />

Auffassung der Wirklichkeit. Diese entspricht<br />

der Alltagserfahrung in einer vom Individuum<br />

selbst projizierten Welt zu existieren. Die alles<br />

umfassende Begegnungs- und Kommunikationsebene<br />

unserer Existenz ist quelloffen und<br />

nur scheinbar egozentriert.<br />

In dieser Show (1999-2006) wurden unabhängig<br />

voneinander entstandene Zeichnungen und<br />

Texte in eine, auf einer neuen Ebene angesiedelte<br />

Einheit überführt. Das Manuskript mit eigenen<br />

Textfragmenten und ein zweiter Stapel<br />

mit auf Folie kopierten Zeichnungen war Grundlage<br />

der ersten Serie von Auftritten.<br />

Im Laufe der Zeit änderte sich die Handhabung<br />

von Text und Bild. In späteren Shows (wie auch<br />

in dem Video HAUNTED, 2000) konzentrierte ich<br />

mich auf das Layout am Projektor und suchte<br />

mir für den jeweiligen Auftritt Personen, die<br />

meine Textvorgaben interpretierten. Anstelle<br />

von eigenen Texten griff ich zunehmend auf<br />

Material anderer Autoren zurück.<br />

Bei allen Auftritten spielte immer der Moment<br />

der Improvisation in Reaktion von akustischen<br />

und visuellen Vorlagen aufeinander eine wesentliche<br />

Rolle.<br />

Für diesen speziellen Abend am 10.März 2005<br />

in der <strong>WG</strong>, bat ich (zum Glück!) den Sänger und<br />

Comiczeichner Frank Römmele alias Sir Ladybuck<br />

Beetle um seine Unterstützung.<br />

Texte, die uns an diesem Abend begleiteten waren<br />

u.a. von: Edward Bunker, Julia Butterfly Hill,<br />

Melville, Huxley, Henri Charrière, James Low<br />

und Crow Dog.<br />

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14.04.2005 BIBLIOTHEK<br />

Lukas Einsele<br />

One Step Beyond<br />

»One Step Beyond – Wiederbegegnung mit der<br />

Mine« (OSB) ist ein künstlerisches Projekt, das<br />

über Landminen und ihre Opfer berichtet und<br />

sie in ein sichtbares und nachvollziehbares Verhältnis<br />

zueinander setzt.<br />

Für OSB erinnern sich Menschen, die von einer<br />

Landmine verwundet wurden, und beschreiben<br />

den Hergang des Unglücks. Einige stellen dabei<br />

den Unfallort in einer Zeichnung dar. Im Anschluss<br />

an das Gespräch wurden sie von mir<br />

mit einer Großbildkamera porträtiert und erhielten<br />

im Tausch für ihren Bericht den Polaroidabzug<br />

dieser Fotografie.<br />

Mit Hilfe ihrer Berichte sowie unter Hinzuziehung<br />

von Militär- und Minenkarten und den Informationen<br />

von Minenräumern recherchierte<br />

ich jene Minen, die die Unfälle hätten verursachen<br />

können. Sie wurden fotografiert und umfangreich<br />

dokumentiert.<br />

Die Interviews und Recherchen zu OSB führten<br />

in die vermutlich am stärksten verminten Länder<br />

der Erde: Nach Afghanistan, Angola, Bosnien-Herzegowina<br />

und Kambodscha.<br />

Von den insgesamt 47 befragten Überlebenden<br />

waren 37 zum Zeitpunkt des Unfalls Zivilisten.<br />

17 von ihnen werden im Buch mit ihrem<br />

Porträt, ihrer Geschichte und—wenn eine solche<br />

vorhanden ist—mit ihrer Zeichnung abgebildet.<br />

Die übrigen werden unter »Personen und<br />

Orte« genannt.<br />

Die Gespräche wurden von Dolmetschern geführt,<br />

mit denen ich mich genau über Form und<br />

Inhalt der Interviews abgestimmt hatte. Die Berichte<br />

wurden von mir mit einem Minidisc-Recorder<br />

aufgezeichnet und später, soweit eine<br />

entsprechende Schriftsprache existiert, zunächst<br />

transkribiert und dann meist in mehreren<br />

Schritten ins Deutsche und Englische<br />

übersetzt. Durch die Übertragungen und Übersetzungen<br />

kommt es in Details unvermeidbar zu<br />

Ungenauigkeiten und Abweichungen. Die vorliegenden<br />

Texte sind eine Annäherung an das<br />

Erzählte.


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14.04.2005 KÜCHE<br />

Luka Fineisen<br />

Buffet<br />

Wenn sich der massive Block Grießbrei aus der<br />

Form löst und mit einem schlürfenden Plop aufs<br />

weiße Wachstischtuch gestürzt ist, kann es los<br />

gehen.<br />

Milch aus dem Gummischlauch gemolken, und<br />

den Honig zäh von der Schöpfkelle fließend<br />

kann man sich bedienen, genug für alle, Opulenz,<br />

aber schlicht präsentiert.<br />

Der Düsseldorfer Bäcker Hinkel, der mir nach<br />

der Aktion sagt, er hätte ja damals schon für<br />

Spoerri den Regenbogentoast gebacken, liefert<br />

das noch warme, 1,30 m lange Brot auf einer<br />

Bahre.<br />

Der unberührte Tisch wirkt unantastbar mit seinen<br />

klar begrenzten Nahrungsmittel-Volumen.<br />

Zufällig sind heute neben vielen <strong>WG</strong>-Stammgästen<br />

auch noch 90 junge französische Kunststudenten<br />

in der Stadt, die den Weg zum Buffet<br />

im Malkasten gefunden haben, ihre lebhafte<br />

Sprache mit dem örtlichen Kunstjargon mischen<br />

und richtig reinhauen. Das macht die<br />

Sache für mich perfekt.<br />

Nach drei Stunden Gelage ist immer noch so<br />

viel übrig, dass überlegt wird, für den Ausflug<br />

der Heroldklasse am nächsten Tag noch ein<br />

paar Riesenstullen zu schmieren.<br />

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14.04.2005 GÄSTEZIMMER<br />

Heinz Baumüller<br />

Rossini, Qualtinger, Kreisler<br />

Am 14.04.2005 fand die wg.unplugged statt.<br />

Hier trat zuerst die Opernsängerin Karolina<br />

Rüegg auf, die sich von Julio Almeida auf der<br />

Gitarre begleiten ließ. Am Ende ihrer Vorstellung<br />

kam ich hinzu und wir sangen zusammen das<br />

Duetto Buffo Di Due Gatti (Buffo-Duett zweier<br />

Katzen) von Gioacchino Rossini, welches wir einen<br />

Tag zuvor zum ersten Mal zusammen geprobt<br />

hatten. Und ich bestritt den Abend mit<br />

Liedern von Gerhard Bronner, Helmut Qualtinger<br />

und Georg Kreisler alleine, a cappella, bis<br />

zum Schluss.<br />

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14.04.2005 GÄSTEZIMMER<br />

Karolina Rüegg / Julio Almeida<br />

La Hamaca<br />

Entre guitarra y voz von Ernesto Cordero<br />

Zwischen der Stimme und der Gitarre besteht<br />

eine Romanze. Sie sind wie die Wellen des Meeres<br />

oder wie Flut und Ebbe, die Walzer tanzen.<br />

Gesang und Stimme sind ein Triptychon der<br />

Kunst. Stimme, Saiten und Gitarre können ohne<br />

einander nicht leben. Sie bringen einander gegenseitig<br />

zum Schwingen.


12.05.2005 WOHNEN<br />

Christian Jankowski<br />

Puppet Conference<br />

2003, Video, 25:00, Farbe, Ton, Courtesy the artist, Klosterfelde and Lisson Gallery<br />

12.05.2005 GÄSTEZIMMER<br />

THilo Schölpen<br />

Kraftwerk Klavier<br />

Auf Vorschlag von Oliver Sieber, der wenige<br />

Wochen vorher der Uraufführung von Kraftwerk-Klavier<br />

beiwohnte, luden mich Birgit und<br />

Markus zu einer <strong>WG</strong>/<strong>3ZI</strong>/K/<strong>BAR</strong> ein um das Programm<br />

im Malkasten zu präsentieren.<br />

Mein konzeptioneller Entwurf die rein elektronische<br />

Musik von Kraftwerk in ein mechanisches<br />

Werk zu transformieren, ist in diesem Kunstzusammenhang<br />

besonders gut aufgehoben.<br />

Die Idee zu diesem Programm entstand aus<br />

einer längeren Auseinandersetzung mit dem<br />

Thema Soloklavier. Rhythmisch abstrakte Sequenzermelodien<br />

auf die Finger zu übertragen<br />

und in Echtzeit zu spielen, war eines meiner<br />

Themen. Die Melodien und Rhythmen von<br />

Kraftwerk, mit ihrem Popappeal, sind perfekt<br />

geeignet, dieses Konzept umzusetzen.<br />

Ich habe dieses Programm nicht als Kraftwerk<br />

Fan entwickelt, sondern ich habe die Musik von<br />

Kraftwerk gefunden um mein Klavierspiel zu<br />

entwickeln. Kraftwerk und Klavier ergeben eine<br />

perfekte Symbiose.<br />

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12.05.2005 BIBLIOTHEK<br />

Florian Hüttner / Ralf WeiSSleder<br />

gflk, legendary<br />

Vortrag über die Galerie für Landschaftskunst<br />

und Videoeinspielungen (Interviews mit Beteiligten):<br />

Jetzt können wir ja mal rankucken. I actually<br />

saw an image of Hamburg. It immediately<br />

struck me as an image of a Gehirn. But I realized<br />

that that’s problematic. False-color infrared<br />

film gives you a graphic way of depicting<br />

this sort of pathos between life and death, man<br />

and nature, and all that other mambo jambo.<br />

Ich sage nur: Frau Schmidt. Hier auf einer Verkehrsinsel,<br />

möglicherweise Hamburgs unwirtlichstem<br />

Ort, auf jeden Fall von unten und von<br />

allen Seiten von mehrspurigen Autostraßen umgeben.<br />

Ich spiel das jetzt mal ab: „HWD fährt<br />

Richtung Shell, biegt ab, Billwerder Steindamm,<br />

fährt Richtung Rothenburgsort, Ampel wird rot,<br />

fährt gradeaus weiter, fährt Billhorner Deich<br />

runter, fährt rüber, Richtung Wasser, fährt relativ<br />

schnell, circa achtzig, fährt bei Degussa<br />

vorbei, bremst dort, 22-49 hält bei Degussa,<br />

auf dem Ausschläger Elbdeich – jetzt ist er verschwunden.“<br />

Einer der Wettbewerbe der europäischen<br />

Meisterschaft der Fahrradkuriere.<br />

Hier geht es um die längste Bremsspur. Wird<br />

nur von Bahnradfahrern ausgefochten. Der Plan<br />

war von hier zu dem utility corridor zu gelangen,<br />

wo die ganze Abwasseranlage und Stromversorgung<br />

durchlief. Von hier kann man hoch auf<br />

das Dach von Block C. Vier Leute sind damals<br />

ausgebrochen: Frank Morris, Allen West und die<br />

Anglin-Brüder. Hier hat sich jetzt wieder so eine<br />

Falllaubbank gebildet. Zuckmücken – verschiedenste<br />

Arten, also mindestens fünf – kamen sofort<br />

an. Anfahrt ist hier ein bisschen zu sanft,<br />

um richtig effektiv zu sein. Das große Schwarze<br />

oben am Kartenrand ist das Volkswagenwerk.<br />

There’s still places where there’s insurgence.<br />

There’s rebellious vegetation that’s kind of coming<br />

up. Schauen wir mal, was es noch so gibt.<br />

Die Leute wurden immer gefasst. Jens Voigt,<br />

der Lüttich–Bastogne–Lüttich gewinnt. Noch<br />

nicht auf der Zielgeraden. Bei schönem warmen<br />

Wetter so ganz offen und freimütig, wenn’s kalt<br />

wurde, dann superscheu und –


12.05.2005 KÜCHE<br />

Masaki Nakao<br />

syncret<br />

„Syncret“ ist eine Sushi-Aktion von Masaki Nakao<br />

und Andrea Landa Schreitt, bei der typische<br />

traditionelle japanische Zutaten und deutsche<br />

Zutaten kombiniert wurden.<br />

Speise: Verschiedene Sushisorten<br />

1. als Seetangrollen :“Gunkan-Maki (Lackseier<br />

und Kresse)“, „Natto-Maki (fermentierte Sojabohnen)“,<br />

„Tsuna-Maki (Thunfisch und Zwiebel)“,<br />

„Kappa-Maki (Gurke)“, „Mett-Maki (Mett<br />

und Gurke)“<br />

2. als Ballen-Sushi „Inari-Sushi (frittierte Tofutaschen)“,<br />

„Tamago (Omelette)“, „Oshi-Zushi<br />

(Lachs mit Zitronensaft)“<br />

Objekt: Masaki Nakao, „Albedo2“ (zweiteilig),<br />

2004, je 43x62x8cm, Polyester, Neonlampe,<br />

Aclylfarbe<br />

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09.06.2005 WOHNEN<br />

Rainer Eisch<br />

Aparative Bricolage für Jacobi<br />

mr_ben, apparative Bricollage für Jacobi<br />

16 mm Filminstallation mit optischem System. Fresnellinse, Leinwand, Dachlatten<br />

09.06.2005 BIBLIOTHEK<br />

Sascha Hahn<br />

Bach, Gould, Hahn<br />

Eine Ansammlung von Fotos, scheinbar geordnet in 30 Kapiteln, als Variationen eines unformulierbaren<br />

Anliegens.<br />

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09.06.2005 GÄSTEZIMMER<br />

Deric Carner<br />

What you see is what you get<br />

Hinrich set up the invitation to show some work<br />

in Düsseldorf, so I took the train down from Rotterdam<br />

in the morning. That day I walked around<br />

town, looking into windows, walking along the<br />

river and taking escalators in the shopping center.<br />

The city was calm but also felt quietly industrious<br />

behind glass and steel. Captains of<br />

industry, tasteful wives and all that. I ate a pretzel<br />

and looked for my address in the late afternoon.<br />

I found the venue in a real Baroque-like<br />

villa on the edge of a park—all shaded in trees<br />

and vines—or so I remember it.<br />

My piece was one in a series of a traveling performance<br />

routines where I staged one-on-one<br />

discussions in art spaces. These encounters<br />

involved meeting visitors and exchanging personal<br />

or art-like objects with explicit conditions<br />

attached. The room given for my „talk“ was setup<br />

like a conference room with several tables<br />

pushed together and a dozen chairs around it.<br />

I rearranged the tables to create a formal têteà-tête<br />

and stacked the extra chairs by the door.<br />

I sat facing the door with a stashed of seemingly<br />

blank sheets of drawing paper and an empty<br />

chair in front of me. Then I waited for the<br />

guests to arrive.<br />

Hi, please have a seat. This is a series of drawings<br />

I made recently. I‘d like to show them to<br />

you, but only under certain conditions.<br />

Each image you turn over and look at, you have<br />

to take with you—and you can never let anyone<br />

else see it. Ever.<br />

You can look at as many as you like, but this pile<br />

is all there is. So remember that whichever ones<br />

you look at, no one else will see.<br />

I had a friend translate these lines into German<br />

in case anyone did not fully understand my English.<br />

I could also explain it in French which on<br />

that night there was occasion to. This piece provoked<br />

some interesting negotiations around the<br />

position of the artist, the viewer and the object.<br />

The more art-minded guests felt quite challenged<br />

by the terms of the gift. Most people were<br />

quite respectful, but I took pleasure in watching<br />

others transgress my rules. It took about an<br />

hour to give away 30 drawings.


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09.06.2005 KÜCHE<br />

Sonja Alhäuser<br />

Cocktail akut zwei<br />

Sonja Alhäuser lud die Gäste der <strong>WG</strong> zu einer<br />

besonderen Form der Coctailbar ein. Je nach<br />

Typ und Lage stellte sie ganz individuelle Mischungen<br />

für die jeweiligen Konsumenten her<br />

und spiegelte in ihnen ihren manchmal flüchtigen,<br />

manchmal profunden Eindruck von der<br />

jeweiligen Person. Die farbenprächtigen Getränke<br />

wurden mit gleichwohl persönlichen<br />

Dingen der Künstlerin, aber auch klassischen<br />

Coctaildekos üppig geschmückt.<br />

Kleine Sektperformance, 2005<br />

Sekt, Eisfiguren mit Lebensmittelfarbstoff<br />

Kunsthalle Göppingen<br />

Cocktail akut zwei, 2005<br />

<strong>WG</strong>/<strong>3ZI</strong>/K/<strong>BAR</strong><br />

Ananasclub, 2006<br />

Marzipanfiguren, Ananas<br />

Performance, Schokoladenmuseum Köln<br />

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13.10.2005 GÄSTEZIMMER<br />

vx<br />

Kopf eines Mädchens<br />

Kammerkonzert für Stimmen, E-Gitarre, E-Bass<br />

und Zuspielung (2005)<br />

Dieter Kulsdom aka dKrem. (E-Gitarre, Elektronik,<br />

Stimme)<br />

Ralf Thiesen (E-Bass, Elektronik, Stimme)<br />

KOPF EINES MÄDCHENS (2005)<br />

KOPF EINES MÄDCHENS versteht sich als eine<br />

Hommage an Lucio Fontana. Der Haupttext besteht<br />

aus einer Auflistung der Titel von Fontanas<br />

Werkreihen. Der Titel des Kammerkonzerts<br />

geht auf Fontanas Frühwerk „Kopf eines blonden<br />

Mädchens“ zurück. Der Text im Mittelteil<br />

des Stückes lautet:<br />

Kopf eines Mädchens - Gravierte Tafeln - Abstrakte<br />

Skulpturen - Seestern und Muschel -<br />

Tinte und Schnitte - Kreidezeichen, Gipsabdruck<br />

- Perforierung und Steine - Natur und<br />

Erwartung - Räumliches Umfeld - Hölle und Paradies<br />

- Das Ende Gottes<br />

Dieser Text kommt von diversen Stimmen in<br />

drei Sprachen (deutsch, englisch und italienisch)<br />

vom Band und wird zusätzlich in pastoralem<br />

Gestus live gesungen. Die Musik dazu<br />

in Analogie: geschnitten, collagiert, perforiert,<br />

ziseliert, plastisch, räumlich, gestaucht, gestreckt,<br />

etc...<br />

Soweit ist man sich einig: Originalität und Qualität<br />

gehen Hand in Hand bei dem, was Dieter<br />

Kulsdom (a.k.a. dKrem.) aus Düsseldorf und<br />

Ralf Thiesen aus Duisburg seit 1998 zunächst<br />

als VX, jetzt unter dem Namen ƒau:X produzieren.<br />

Ansonsten entzieht sich ƒau:X der Einordnung<br />

in gängige Musikgenres, denn ausgesprochen<br />

breit ist das Spektrum dieser Musik.<br />

Vielleicht nicht immer jedermanns Sache, aber<br />

immer geht es um so etwas wie Songs. Doch<br />

vielschichtige Klangexperimente auf diversen<br />

Instrumenten, Industrial-Einflüsse, bizarre<br />

Klang-Collagen und hörspielhafte Elemente<br />

spielen munter mit den Hörgewohnheiten. Die<br />

deutschsprachigen Texte entwickeln dabei eine<br />

befremdliche Poesie – mal düster, mal humorvoll,<br />

immer sprachgewaltig...


13.10.2005 WOHNEN<br />

joao trabulo zu rui chafes<br />

Durante o fim / During the end<br />

Der Film „Durante o fim“ („During the end“) ist<br />

eine Reise in die Nacht der Geburt. João Trabulo,<br />

der Filmmacher, hat eine komplette Fiktion<br />

aufgebaut, die sich um eine einzige Achse<br />

dreht: die Arbeit im Atelier des Bildhauers. Um<br />

diesen Kern spinnen sich parallele Linien von<br />

Andrej Tarkowsky bis Heinrich von Kleist. Die<br />

Landschaften, die zu dieser Fiktion gehören,<br />

sind die Sintra und Deutschland. Einen Gegenpol<br />

zu dem ständigen Monolog des Künstlers<br />

bilden Gespräche mit Markus Ambach. Dieser<br />

Film vereinigt in sich drei Filme – und das ist extrem<br />

schwierig.<br />

Alles ist ein Traum, der die Realität aufbaut<br />

und solche neugeborenen Skulpturen zur Welt<br />

bringt.<br />

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13.10.2005 CURATOR‘S KITCHEN<br />

kathleen rahn<br />

peter gorschlÜter<br />

Kürbissuppe und Guacamole<br />

Peter und Kathleens Kürbissuppe<br />

1 Hokkaido-Kürbis<br />

1 Zwiebel oder 1 Bd. Schalotten<br />

750 ml Brühe<br />

frischer Ingwer (ca. 50-70 g oder 2-3 Daumen<br />

dick)<br />

1 Teelöffel Curry<br />

(frischer) Chili oder Samba Olek<br />

1 Teelöffel Cumin (Kreuzkümmel)<br />

½ bis 1 Becher Crème fraîche oder Sahne<br />

evtl. Kerbel<br />

=> Die Mengen sind Orientierungswerte und<br />

gelten für einen Kürbis mit einem Durchmesser<br />

von ca. 20-25 cm, ca. 3-5 Kilo<br />

Hokkaido-Kürbis:<br />

Orangerote Schale, sehr aromatisch, wird beim<br />

Kochen weich und wird mitgegessen;<br />

Ernte im Oktober/November, mehrere Wochen<br />

lagerfähig.<br />

Das Rezept:<br />

Hokkaido-Kürbis waschen, evtl. schadhafte<br />

Stellen wegschneiden und zerteilen, Kerne<br />

entfernen, den Rest in ca. 1,5 – 2 cm große<br />

Würfel schneiden.<br />

Eine Zwiebel würfeln und andünsten, salzen,<br />

Kürbis dazugeben, ca. 750 ml Brühe angießen<br />

und mit frischem Ingwer (ca. 50-70 g) gerieben<br />

oder kleingeschnippelt, bis zu 1 Teelöffel Curry,<br />

bis zu 1 Teelöffel Cumin (Kreuzkümmel), frischer<br />

Pfeffer aus der Pfeffermühle und frischer<br />

Chili oder etwas Sambal Olek, bis zu ½ Teelöffel<br />

Salz und 1 Esslöffel Zucker oder Mangochutney<br />

(wichtig!) und nach Geschmack Kerbel<br />

dazugeben.<br />

Die Suppe wird recht sämig und ist fertig, wenn<br />

die Schale weich ist, nach ca. 20-25 Minuten<br />

Vorsichtig pürieren - - die Flecken sind hartnäckig!<br />

Wer Suppe mit Biss mag, püriert nicht.<br />

Abschmecken mit 1 Becher Crème fraîche<br />

oder Sahne.<br />

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10.11.2005 BIBLIOTHEK<br />

Peter Jap Lim<br />

10 Minuten #1<br />

Ein Hase, mal zwei, mal dreidimensional, befindet<br />

sich auf dem Weg durchs Leben, schleift<br />

und fällt während eines Zeitraums von 10 Minuten<br />

durch das Weltall und durch alles, was die<br />

Welt ist. Er durchschreitet hier einen sehr einfachen<br />

Acker der Erkenntnis, durchfliegt da Sphären<br />

in Richtung Schwarze Löcher und lehnt<br />

irgendwann versehentlich am Rande des Universums,<br />

dessen Grenze er reflexartig, dabei<br />

vergebens zu erkunden versucht. Nach Verlauf<br />

seiner 10 Minuten (die dem Vortragspublikum<br />

ca. 30 oder 40 Minuten ihrer Zeit abverlangen)<br />

weiß er nur, dass er nicht weiß, was er lieber<br />

hätte: Ein Ende oder die Endlosigkeit.<br />

10.11.2005 GÄSTEZIMMER<br />

swen Buckner<br />

Spoken World<br />

Spoken World – unsere Welt als Gesprochene.<br />

Möglichkeiten und Grenzen unserer Sprache.<br />

Goethe-Zimmer<br />

Ausgehend von der Beobachtung, dass sich<br />

das Universum permanent verändert und sich<br />

alle Dinge in ihm verwandeln, stellte sich die<br />

Frage nach der Gültigkeit der Worte. Neben der<br />

täglichen Versuche, die Welt mittels Sprache<br />

zu beschreiben, gesellt sich ein anderes Phänomen:<br />

die Welt wird im Sprechen aktiv verändert.<br />

Etwas besprechen heißt, etwas bewirken<br />

und verändern. Die Welt wird besprochen.<br />

Eine unsichtbare Bezitterung der Materie geht<br />

von uns Sprechenden aus. Neben den recht bekannten<br />

wahrnehmungstheoretischen Aspekten<br />

des Sprechens interessierten recht schnell<br />

die verschiedenen artifiziellen Formen der Weltveränderung<br />

durch Sprache: Ironie, Zynismus,<br />

Sarkasmus, Lob, Gesang, Gebet, Fluch und der<br />

Schrei als Sonderform der Welt-Kündigung.<br />

Mit Hilfe einiger Stichworte auf losen Zetteln<br />

wurde der Vortrag in freier Rede gehalten. Essenzen<br />

des Vortrags und spontane Erkenntnisse<br />

wurden handschriftlich per Overhead-Projektion<br />

festgehalten. Kompliziertere kosmische Zusammenhänge<br />

wurden mittels Rollenspiel verständlich<br />

gemacht. Zum Abschluss erfolgte eine<br />

Zusammenfassung als experimentelle Klanginstallation.<br />

Das Gesprochene endlos geloopt,<br />

überlagert und klanglich modifiziert wurde zu<br />

einem Dickicht unverständlicher Welt – praktisch<br />

zu einem universellen Rauschen re-organisiert.<br />

Ein Schaubild der Klanginstallation<br />

wurde nach dem Vortrag als Mini-Edition mit<br />

Datumsstempel und Signatur veräußert. Der Erlös<br />

später in der Bar zu Flüssigem und schließlich<br />

zu Gesprochenem transformiert.<br />

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10.11.2005 KÜCHE<br />

anja reichelt<br />

Essen für (ge)wichtige & un(ge)wichtige<br />

KünstlerInnen<br />

Anja Reichelt (Idee, Konzept, Durchführung)<br />

Ulrike Dümpelmann (Mithilfe und Köchin)<br />

1. Angaben der Besucher: Wiegeprotokoll, BMI<br />

Messung Jeder der vom Buffet essen möchte,<br />

muss zuerst auf einem persönlichen Wiegeblatt<br />

(das er behalten darf) Angaben zu seiner Größe,<br />

seinem Körpergewicht, Alter und Geschlecht<br />

angeben. Daraus wird von uns dann sofort der<br />

persönliche BMI –Body Mass Index errechnet.<br />

Darunter hat er eine Tabelle an der er sehen<br />

kann in welchen Gewichtsbereich/BMI Bereich<br />

er fällt. Diese Wiegeblätter wurden kurz notiert<br />

um – siehe unten – die Zielangaben zu definieren.<br />

Ziel: Vergleich der <strong>WG</strong>/3Zi/K/<strong>BAR</strong>-Besucher<br />

mit dem Bundesdurchschnitt: Wieviel Normal/<br />

Übergewichtige/Adipöse, abhängig vom Alter/<br />

Geschlecht gibt es in der <strong>WG</strong>/3Zi/K/<strong>BAR</strong>?<br />

Ergebnis: Die <strong>WG</strong> Besucher, Altersdurchschnitt<br />

30-60 Jahre entsprechen vollkommen dem<br />

Bundesdurchschnitt von 2007. 10 % sind untergewichtig,<br />

davon 7 % weiblich, 3 %männlich,<br />

41 % sind normalgewichtig, davon 69 % weiblich,<br />

31 % männlich, 25 % sind übergewichtig,<br />

davon 70 % weiblich 30 % männlich, 19 % sind<br />

adipös(Grad 1-3), davon 78 % männlich, 22 %<br />

weiblich. Das Interessante dabei war, dass sich<br />

viele nicht ganz so bewusst waren, dass sie<br />

nicht mehr in den Normalgewichtsbereich fallen.<br />

Für viele war die BMI Tabelle neu.<br />

2. Buffet, Auswahl der Speisen Fette Speisen:<br />

Pommes, Currywurst, Kochwürstchen,<br />

Mayo, Ketchup, Senf, Chips, Weißbrot, Schokolade<br />

Fettarme Speisen: Quarkaufstrich mit<br />

Tomatenmark, Gemüsesuppe, frisches Obst,<br />

3 Sorten Vollkornbrote, Vinaigrette, Grüne Salatblattmischung,<br />

geräucherter Tofu, Pellkartoffeln,<br />

fettarmer Quark mit frischgeschnittenen<br />

Kräutern.<br />

Hinweis: Für den Abend wurde alles frisch hergerichtet<br />

um Realitätsnähe zu garantieren. Wir<br />

hatten extra einen Herd mitgebracht, auf dem<br />

frische Currywürste und Pommes angefertigt<br />

wurden. Das Buffet wurde in 2 Seiten eingeteilt:<br />

fettreich und fettarm. Der Besucher durfte<br />

selber wählen, was er essen wollte. Unser Ziel<br />

war es rauszufinden, was von den Speisen am<br />

meisten und am liebsten gegessen wurde, obwohl<br />

vorher ja angegeben worden war, ob man<br />

im Normalgewichtsbereich ist oder übergewichtig.<br />

Ergebnis: Die fetten Speisen waren bis auf wenige<br />

Reste vollkommen weg, teilweise wurde<br />

recht ungeduldig auf die frischen Currywürste<br />

gewartet. Die frischen Speisen wurden zum<br />

Schluss gegessen. Manche wagten sich nur<br />

vorsichtig an die für sie unbekannten frischen<br />

Aufstriche und den Salat. Viele schienen über<br />

die positive Meldung erstaunt, dass etwas, das<br />

gesund ist, auch schmecken kann, dass fettarme<br />

Speisen viel würziger sind, dass es angenehm<br />

ist, viel von den fettarmen Speisen zu<br />

essen ohne Sorge zuzunehmen,..<br />

Resultat: Egal ob dick oder dünn, von beiden<br />

Gruppen wird gerne Fettes bzw. „ungesunde“<br />

Speisen wie Ketchup, Pommes und Chips verzehrt.<br />

Die Dünnen bzw. diejenigen, die sich für<br />

Ernährung interessieren, essen gerne beides,<br />

jedoch dosieren gezielt!<br />

Es lohnt sich immer so ein Buffet herzurichten.<br />

Sinnvoll ist es, dabei auch die Kalorien oder den<br />

Fettgehalt neben die Speisen zu schreiben, damit<br />

sich der Besucher auch wirklich bewusst ist,<br />

was er verzehrt.


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08.12.2005 KÜCHE<br />

nicht v3 (majevszky/stipesevic)<br />

Jesus- und Elvis-Praline<br />

Nicht-V3: „Jesus- und Elvis-Praline“<br />

Performance-Fotoserie, 2005<br />

Beschreibung: Den maximal 12 gleichzeitig anwesenden<br />

Gästen wurde während der Performance<br />

1 Glas Rotwein, eine zweifach gefüllte<br />

Praline und ein Glas Whiskey serviert. Diese<br />

sollten in genau dieser Reihenfolge zu sich genommen<br />

werden, wobei ein Video des Elvis-<br />

Comeback Konzertes von 1968 – jedoch ohne<br />

Ton – zu sehen war. Gleichzeitig lief das von<br />

einem blinden Sprecher gesprochene Johannes-Evangelium<br />

vom Band. Nachdem sich jeder<br />

neue Gast hinsetzte, wurde jeweils ein Foto<br />

aufgenommen.<br />

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08.12.2005 WOHNEN<br />

kenzo Onoda<br />

soundwatch<br />

„Parade“ full of colors, 2005, Computeranimation<br />

„ Parade“ wurde 2005 wandfüllend im<br />

Museum of Modern Art in Gunma, Japan, gezeigt.<br />

Die Animation besteht aus einer endlosen<br />

Folge von leuchtend bunten Vierecken, die<br />

auf dem Bildschirm auftauchen, wachsen und<br />

verschwinden. Sie entstehen aus einer „ordnungslosen<br />

Mathematik“, nicht aus einer Formel,<br />

sondern aufgrund einer Programmierung,<br />

die ihre Formen ständig neu generiert. Die einzelnen<br />

Bilder folgen dem Prinzip der Equivalenz<br />

und Gleichzeitigkeit von Gegensätzen. Das<br />

Fehlen einer hierarchische Struktur, die Wiederholung,<br />

die Darstellung von Simultaneität und<br />

die Einheit von gegensätzlichen Polen wie z.B.<br />

klein – groß, die Farbkontraste etc. erinnern in<br />

ihrer Grundhaltung an die Prinzipien des Zen-<br />

Buddhismus.Die Struktur der geometrischen<br />

Formen ist wie ein genetischer Code, der einer<br />

bestimmten Konstruktion folgend gedreht und<br />

verdreht wird in einer gleichmäßigen, ineinanderfließenden<br />

Bewegung.


08.12.2005 WOHNEN<br />

diango hernandez<br />

propaganda<br />

Diango Hernadez zeigte eine Serie von Kurzfilmen,<br />

die sich in der ihm ureigenen Weise mit<br />

Heimat, Herkunft und den Umständen der eigenen<br />

Migration beschäftigen. Zwischen Melancholie,<br />

Humor und der harten Realität seiner kubanischen<br />

Heimat entfalten sich die stilistisch<br />

versiert erarbeiteten Trickfilme als subtiler Kommentar<br />

zu den ambivalenten Formen und Sprachen<br />

einer Revolution, die sich selbst erfunden,<br />

realisiert, verehrt und nun überflüssig gemacht<br />

hat. Die ikonenhaften Bilder und Gesten nicht<br />

nur ihres Anführers nutzt Hernandez dabei, um<br />

sie aus der Isolation des Inselstaates in einen<br />

internationalen Dialog zu bringen.<br />

Zur Betrachtung der Filme im scheinbar kolonialen<br />

Mobiliar des <strong>WG</strong>- Vorzimmers wurden natürlich<br />

Zigarren gereicht. MA<br />

08.12.2005 BIBLIOTHEK<br />

Ute Hörner / Mathias Antlfinger<br />

meet me at infinity<br />

Sofia Time Travel Experiment<br />

Speaking with the unconscious social mind<br />

Ausgangspunkt für Hörner/Antfingers Projekt<br />

“Sofia Time Travel Experiment, Speaking with<br />

the unconscious social mind” sind die teils zerfallenen,<br />

teils noch intakten Wachtürme der Sofioter<br />

Verkehrspolizei. Ihre ursprüngliche Funktionsweise<br />

umkehrend, dienen sie den Künstlern<br />

als Aussichtstürme in die Zukunft – von der Beobachtung<br />

zur Imagination einer möglichen, zukünftigen<br />

Stadt. Ungewöhnlich ist die Methode:<br />

Um ein freieres Imaginieren zu ermöglichen, unternahmen<br />

die Künstler mit einer Gruppe von<br />

bulgarischen und deutschen TeilnehmerInnen<br />

Zeitreisen in Trance. Dabei arbeiteten sie<br />

zusammen mit Jenia Georgieva und Roumen<br />

Georgiev, den Leitern des Milton H. Erickson<br />

Instituts Sofia. Erickson, Konstruktivist und Begründer<br />

der modernen Hypnotherapie, nutzte<br />

mentale Zeitreisen, um Bilder aus der Vergangenheit<br />

wach zu rufen und neue Sichtweisen<br />

einzuführen oder Visionen eines möglichen<br />

Selbst in der Zukunft zu entwickeln. Während<br />

der Trance-Sitzungen unternahm die Gruppe<br />

mentale Reisen in die Vergangenheit, Gegenwart<br />

und Zukunft der Stadt, Tonaufnahmen und<br />

Zeichnungen dokumentieren die dabei entstandenen<br />

inneren Bilder.<br />

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12.01.2006 GÄSTEZIMMER<br />

stefanie Trojan<br />

Herkömmlich<br />

Ich stehe unauffällig im Eingangsbereich der<br />

<strong>WG</strong>. Wenn Leute den Raum betreten, gehe ich<br />

auf sie zu und stecke meine Hand in deren vordere<br />

Hosentasche. Ich kommuniziere nicht.<br />

Ich arbeite nicht mit Bildern sondern dem Erleben.<br />

In einer Zeit in der alles um uns herum funkelt,<br />

sich beschleunigt und verliert konzentriere ich<br />

mich auf die Zwischenräume des Menschlichen.<br />

Aus meinen Beobachtungen entstehen<br />

situationsbezogene Performances.<br />

Dabei scheinen uns Versatzstücke bekannt vorzukommen,<br />

normal, und doch gibt es da diese<br />

kleine, aber feine Verschiebung, die uns stutzig<br />

macht, zögern lässt.<br />

Wir möchten immer richtig reagieren. Aber was<br />

ist richtig und was falsch? Vor allem, wenn wir<br />

Routinen und Codes ausführen, deren Bedeutung<br />

uns fremd geworden ist, oder die wir gar<br />

nicht mehr kennen.<br />

Wann nehmen wir uns schon mal die Freiheit<br />

anders zu sein?<br />

Ich versuche den Begriff Performance für mich<br />

zu erweitern, indem ich die Aktion an den Betrachter<br />

weitergebe. Seine Reaktion vervollständigt<br />

meine Arbeit.


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12.01.2006 WOHNEN<br />

andreas korte<br />

double feature<br />

„Zehn hoch minus Vierzehn“,<br />

Video, 9 min., 2005<br />

Zehn hoch minus Vierzehn Meter: Durchmesser<br />

des Atomkerns. Zehn hoch minus Zehn Meter:<br />

Durchmesser der Atomhülle. Zehn hoch minus<br />

Null Komma Eins Meter: Durchmesser einer<br />

durchschnittlichen Schallwelle meiner Soundperformance.<br />

Zehn hoch Null Komma Zwei<br />

Sechs Drei Meter: Meine Körpergröße. Zehn<br />

hoch Drei Komma Vier Meter: Entfernung von<br />

meiner Wohnung zum Malkasten.


12.01.2006 KÜCHE<br />

Friederike Schardt (mainka)<br />

Kaltmamsell<br />

Die Idee mit der Kaltmamsell war, möglichst<br />

viele leckere kleine Sachen aus aller Welt zum<br />

„Naschen“ hinzustellen - es war ein Dhal dabei,<br />

Hummus, Guacamole, Aioli, Pflaumen mit<br />

Speck, bestimmt 15 verschiedene Schüsseln<br />

und Töpfe.<br />

So ein bisschen wie die Farbtöpfe im Atelier...<br />

„Kaltmamsell“ ist so ein schöner, ein bisschen<br />

paradoxer Begriff. Man denkt unwillkürlich an<br />

eine eher unfreundliche weibliche Person, dabei<br />

ist es jemand, der leckere – wenn auch kalte –<br />

Speisen auftischt.<br />

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09.02.2006 BIBLIOTHEK<br />

kai Rheineck<br />

Register<br />

Die offizielle Einladung in der <strong>WG</strong>/<strong>3ZI</strong>/K/<strong>BAR</strong><br />

einen Vortrag zu halten, war für mich der Anlass,<br />

erstmals eine Auswahl aus den bei mir zu<br />

Hause vor sich hin wuchernden Massen von<br />

Fotos zu treffen, die ich als Grundlage meiner<br />

Skulpturen benutze.<br />

Der Zwang, dieses Gewurschtel zu sichten,<br />

zu organisieren und dann in nachvollziehbarer<br />

Form vorzuführen, kam damals für mich zur<br />

richtigen Zeit und ist ein notwendiger Schritt<br />

für meine Arbeit und auch ein echter Anstoß<br />

für mich gewesen.<br />

09.02.2006 KÜCHE<br />

yun lee<br />

Baby, es gibt Reis!<br />

wassereiweißfettkohlenhydrateballaststoffemineralstoffe<br />

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09.02.2006 GÄSTEZIMMER<br />

theo de feyter<br />

Das unerwählte Motiv<br />

Theo de Feyter ist Künstler, Nahostspezialist<br />

und ausgebildeter Archäologe.<br />

In seinem Vortrag hat er einige seiner Malereiprojekte<br />

vorgestellt, in denen er sich mit der<br />

Möglichkeit bzw. Unmöglichkeit auseinandersetzte,<br />

einen temporalen Verlauf in Bildern festzuhalten.<br />

In der Bildserie ‘Mein Ausblick um 17<br />

Uhr’ malt er tagein, tagaus, was sich ihm beim<br />

Blick aus seinem Atelierfenster bietet. Alle Parameter<br />

sind soweit wie möglich festgelegt: Zeitpunkt,<br />

räumliche Position, Format und Technik.<br />

An Motiven wird registriert, was der Zufall<br />

bietet. Wenn man die Bilder in der Reihung<br />

zeigt, entweder als Tableaus in der Ausstellung<br />

oder als eine Art Daumenkino in Buchform,<br />

wird Temporalität als jahreszeitliches Phänomen<br />

sichtbar.<br />

Auch in den beiden Projekten ‘Luftlinie. Malerei<br />

vor Ort’ (Düsseldorf 2005) und ‘Hemelsbreed’<br />

(Amsterdam 2006-09) spielt Chronologie eine<br />

zentrale Rolle, und zwar in der Form von Linien,<br />

die er in Stadtpläne einzeichnet. Mit ihnen verbindet<br />

er historische Stadtkerne mit Neubauvierteln.<br />

Bilder entstehen dann an bestimmten<br />

aleatorischen Knotenpunkten dieser Linien. Es<br />

handelt sich dabei im Grunde um horizontale<br />

Zeitschnitte, vergleichbar den sedimentären<br />

Grabungen der Archäologie.


09.03.2006 BIBLIOTHEK<br />

pamela granderath<br />

Sehen um gehört zu werden<br />

CARNET<br />

von Pamela Granderath mit Unterstützung von<br />

Andreas Fant<br />

Bei ihrem Auftritt in der <strong>WG</strong> hat Pamela Granderath<br />

zehn Zuggedichte gelesen, die alle zehn<br />

Zeilen lang sind damit sie in ein Zehnerticket,<br />

genannt Carnet, der Pariser Metro passen. Zu<br />

ihrem Vortrag fertigte der Krefelder Künstler Andrzej<br />

FANT Swierczynski Zeichnungen, die mit<br />

einer Videokamera gefilmt und mittels eines Beamers<br />

projiziert wurden. Pro Gedicht entstand<br />

eine Zeichnung.<br />

der roten Linie folgend mit dem Finger<br />

bis zum fünffarbigen Umsteigehalt<br />

blau und grün laufen zuletzt entgegengesetzt<br />

orange endet hier und schließt an gelb an<br />

schon zwei Stationen weiter eine neue Farbe<br />

es begleitet uns lila ein Stück in die Peripherie<br />

biegt aber schon bald ab und kreuzt später<br />

braun<br />

kurz vor der Endstation ein Abschnitt überirdisch<br />

dann wieder der schwach beleuchtete Tunnel<br />

das Ziel ist näher gekommen - immer noch rot<br />

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09.03.2006 GÄSTEZIMMER<br />

katrin & christoph von chamier<br />

la bionda e moreno<br />

stay<br />

you<br />

don‘t have to<br />

change it all<br />

right now<br />

there´s no need<br />

you`ll succeed<br />

when you stay<br />

on your way<br />

yes you know<br />

you are blessed<br />

and each one<br />

is impressed<br />

by your style<br />

in a while<br />

you will be<br />

history<br />

when your changing your place<br />

and you`re moving<br />

somewhere else<br />

you may leave this old house<br />

but you keep all your stories and habits inside<br />

you got sun in your hearts<br />

and you´ll enter the charts of your class<br />

I´ll stand<br />

by your side<br />

through the winds<br />

and the tide<br />

and each one<br />

in this room<br />

will be soon<br />

by your side<br />

it`s a pride<br />

and a pleasure<br />

to know you so well<br />

oh please stay<br />

where you are<br />

who you are<br />

don´t go far<br />

away<br />

text&musik: la bionda e moreno


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09.03.2006 BIBLIOTHEK<br />

isabelle hayeur<br />

open perspectives<br />

ARTIST TALK<br />

Canadian artist Isabelle Hayeur came to Dusseldorf<br />

in March 2006 after a five-month residency<br />

at Point Éphémère in Paris. She gave an<br />

artist talk at <strong>WG</strong>/<strong>3ZI</strong>/K/<strong>BAR</strong> and showed her recent<br />

photo works. After her presentation, she<br />

also talked about the Canadian cultural scene<br />

and the Artist-Run Centre network. Since the<br />

late 1990s, she has been known for large-format<br />

digital montages her videos and her sitespecific<br />

installations. Both appealing and alarming,<br />

her work present vast landscapes that<br />

denounce the no-man’s-lands that modern and<br />

contemporary civilizations allow to emerge. She<br />

invites us to observe the “landscape” dimension<br />

of the world with a foreign sentiment that<br />

places us on the lookout for modern and contemporary<br />

industrial developments. Hayeur’s<br />

work questions the impact of western development<br />

models on environment and invites us<br />

to think about the states of the landscape. The<br />

unknown, or unknowable, places she fabricates<br />

draw attention to the non-places that surround<br />

us. Between the critical regard and the disturbance,<br />

she creates a unique attraction, difficult<br />

to name or qualify, to these disenchanted zones,<br />

which are as if dehumanized because they<br />

are too humanized.Her artworks have been<br />

shown in the context of numerous exhibitions<br />

and festivals. She has taken part in several important<br />

exhibitions, among others at the National<br />

Gallery of Canada, at the Art Gallery of<br />

Ontario (AGO), at the Musée d’art contemporain<br />

of Montreal (MACM), at the Massachusetts<br />

Museum of Contemporary Arts (MassMoca), at<br />

the Neuer Berliner Kunstverein in Berlin, at Akbank<br />

Sanat in Istanbul, at the New York Photography<br />

Festival and at Les rencontres de la<br />

photographie in Arles.


09.03.2006 CURATOR‘S KITCHEN<br />

dirk steimann<br />

Nur Gutes aus dem Pott<br />

Frisches Gemüse in einer Rind-Consommé von<br />

der hohen Rippe (Bio)<br />

„Essware. Was aber heuer an Büchern erschien,<br />

gilt nichts und ist nur auf Zeit vorhanden<br />

wie Essware. Nie und nie kann ich zu dem<br />

werden, was gnadenweise heute ein Dichter<br />

sein darf: der geduldige Schlachterhund in der<br />

Abdeckerei des Geistes. Die Alten verstehen<br />

mich nicht, aber die Jugend hab ich. Dessen<br />

bedarfs. Überall stürzen Wände ein. Luft! Denn<br />

ich muss Wandel schaffen, wo ich bin! Welch ultra-arktische<br />

Landschaft! Ich war immer draußen:<br />

in der Königshalle des Tages unter dem<br />

Hochthrone der Sonne; in der Nacht, wo die<br />

schweigsamen Sterne der Weltgottheit zelebrieren<br />

– und lief frühmorgens an ihrem Hause<br />

vorbei, durch die blauen Gletscher der schmelzenden<br />

Schatten über das Feuereis – unter Säulen<br />

und Kuppeln von Melodien...“ 1<br />

1 Hans Jürgen von der Wense [Göttingen,<br />

Ende 1957 / Anfang 1958] Postkarte an Adolf<br />

Georg Bartels – Handschrift. Zitiert nach:<br />

Hans Jürgen von der Wense, Essware, in: Von<br />

Aas bis Luxuskraftwagen. Werke I, Reiner<br />

Niehoff und Valeska Bertoncini (Hrsg.), Frankfurt/Main<br />

2005, S. 269<br />

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13.04.2006 GÄSTEZIMMER<br />

KURZSCHLUSS<br />

Ein Netzwerkprojekt<br />

Das erste bundesweite Vernetzungsprojekt von<br />

Kunststudenten wurde von Studenten der Akademie<br />

der Bildenden Künste Stuttgart initiiert:<br />

Simone Eckert, Florine Kammerer, Christoph<br />

Kappler, Matthias Reinhold, Simone Rueß, Ines<br />

Lilith Schreiner und Pablo Wendel.<br />

Durch das Projekt Kurzschluss wurden nationale<br />

Kontakte zwischen Kunststudenten gebündelt<br />

und ein Netzwerk zwischen den Kunsthochschulen<br />

aufgebaut, das einen aktiven<br />

Austausch innerhalb Deutschlands zur Folge<br />

hatte.<br />

Stationen dieses das gesamte Jahr 2005 andauernden<br />

Prozesses waren vorbereitende<br />

Treffen zum Netzwerkausbau, eine zweiwöchige<br />

Deutschlandtour im Juni an die 20 beteiligten<br />

Kunstakademien und ein sechswöchiges<br />

Workcamp ab September in einem leerstehenden<br />

Fabrikgebäude aus den 20er Jahren im<br />

Bellingweg 21 in Stuttgart. Das Projekt wurde<br />

in einer zweiwöchigen Ausstellung im November<br />

2005 präsentiert und abschließend mit einem<br />

Katalog dokumentiert. Der Wunsch nach<br />

einer umfassenderen Auseinandersetzung über<br />

künstlerisches Arbeiten wurde mit der »Kurzschlusstour«<br />

in die anderen Hochschulen getragen.<br />

Das siebenköpfige Organisationsteam<br />

machte sich, ausgerüstet mit Wohnmobil, Beamer<br />

und Kamera, auf die bundesweite Reise.<br />

Zwei Wochen lang dauerte die Tour, 19 Städte<br />

wurden angefahren, im ganzen Land Eindrücke<br />

von den verschiedenen aktuellen künstlerischen<br />

Standpunkten an den Hochschulen<br />

gesammelt, Kontakte geknüpft und Einblicke<br />

dokumentiert.<br />

Dieser Vernetzungsbewegung folgte ein zweimonatiges<br />

Workcamp, für das Kunststudenten<br />

aus ganz Deutschland nach Stuttgart kamen.<br />

In diesem neuartigen Kommunikationsfeld der<br />

Kunststudenten fanden städteübergreifende,<br />

interdisziplinäre Kunstprojekte statt, die im November<br />

2005 in einer Ausstellung präsentiert<br />

wurden, die erstmals Kunsthochschulen aus<br />

ganz Deutschland an einem Ort zusammenführte.<br />

(Vorgetragen von Matthias Reinhold)


13.04.2006 GÄSTEZIMMER<br />

elena farr<br />

Ein Konzert<br />

13.04.2006 BIBLIOTHEK<br />

javier salinas<br />

E<br />

I was having a lecture from my book “E”, which<br />

is a novel about Europe (that I recommend from<br />

here), with a lot of crazy stories, together with<br />

the german actor Axel Gottschick.<br />

I was reading in Spanish and Axel did the German<br />

part. I remember that the public was having<br />

a good time, maybe because of the quality<br />

of my writing, but more sure because from<br />

time to time I used to say something in my awful<br />

German. What the hell is he saying?<br />

Anyway, the place was fantastic, and I enjoyed<br />

a lot the experience. Until the next book!<br />

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11.05.2006 BIBLIOTHEK<br />

mark von schlegell<br />

Venusia<br />

„Mark von Schlegell‘s first science fiction novel<br />

Venusia (Semiotext(e), 2005) draws on the<br />

populist radicalism of 1970s new wave science<br />

fiction and the thought-experimentation of philosophical<br />

fable to attack the 21st century divide<br />

between General Relativity and contracted<br />

consciousness from the point of view of a sentient<br />

plant on an alternate, habitable Venus.“ --<br />

[Venusia publicity text, 2005]


11.05.2006 BIBLIOTHEK<br />

james Renier<br />

Repetition<br />

The text I read while passing the book around<br />

was taken from Lenz written by Georg Büchner.<br />

The Canadien artist Rodney Graham found<br />

a loop in the story where the story could be<br />

repeated. Not only could it be repeated but it<br />

made sense. I was working on the double spined<br />

books at the same time and saw my work<br />

was also repeatable to infinity. I passed the<br />

book around to gather one word per person to<br />

assemble an evening story. This story also has<br />

no clear beginning or end. I saw the reading of<br />

the graham piece a compliment to the idea of<br />

reading not for specific meaning but as an action.<br />

Reading as a verb with sole purpose being<br />

the activity and not the intellectual acquisition<br />

of knowledge or emotion.<br />

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11.05.2006 CURATOR‘S KITCHEN<br />

sabine maria Schmidt<br />

Professionelle Vorhersagen zu<br />

Vergangenheit und Zukunft stehen<br />

in den Sternen<br />

„Ich habe über dreißig Jahre gebraucht, um<br />

über Nacht berühmt zu werden.“<br />

(Harry Belafonte, geb. 1927, amerikanischer<br />

Sänger)<br />

Buchstabensuppe aus der Tüte oder hausgemachte<br />

Kichererbsensuppe.<br />

Das Los entschied über das Abendmenü. Gepaart<br />

mit Brot, Aufschnitt und vor allem zahlreichen<br />

Zitaten, die die Lose begleiteten, sorgte<br />

die Speisefolge für physische, geistige und<br />

emotionale Versorgung.<br />

Hauptgewinn des Dinners war eine Zukunftsvorhersage<br />

einer professionellen Wahrsagerin,<br />

geboren am bulgarischen goldenen Sonnenstrand,<br />

die das Menü flankierte. Gegen geringe<br />

Eigenbeteiligung stand diese auch für Nicht-<br />

Teilnehmer oder Verlierer der Los-Auktion zur<br />

Verfügung. Sie war nachfolgend mit dem Business<br />

des Abends „einigermaßen“ zufrieden.


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11.05.2006 WOHNEN<br />

jÖrn zehe<br />

von der Ordnung 2ter Ordnung<br />

Die Ordnung zweiter Ordnung (Budapest<br />

2001)<br />

250 Teelichter stehen in Reih und Glied. Ein (Flächenknoten-)<br />

Raster überzieht den Aufbau. Die<br />

Vorführung beginnt in vollkommener Dunkelheit.<br />

Es braucht einige Minuten, bis die erwähnten<br />

250 Teelichter alle brennen. Dann werden<br />

die Roboter gebootet: drei, Hirschkäfern ähnliche,<br />

automobile Vehikel, die in Abarbeitung<br />

einer simplen Kommandostruktur ihre Arbeit<br />

verrichten. Bei Vorwärtsbewegung verfangen<br />

sich die Teelichter in den Zangen der Vehikel,<br />

werden auf der Versuchsfläche verschoben bis<br />

auf Grund der zunehmenden Anzahl der verschobenen<br />

Teelichter deren Reibwiderstand<br />

den eingestellten Schwellenwert überschreitet,<br />

was in der Abarbeitung der Programmierung<br />

eine Routine zur Rückwärtsdrehbewegung<br />

auslöst. Ist diese abgeschlossen springt das<br />

Programm an den Ausgangspunkt zurück, die<br />

Vehikel schieben die anfangs verteilten, leuchtenden<br />

Punkte zu Clustern zusammen.<br />

und<br />

Vier Stills aus der Dokumentation der Vorführung<br />

im Goethe-Institut Budapest , April 2001<br />

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08.06.2006 BIBLIOTHEK<br />

olivier foulon<br />

Old wine, new bottles<br />

<strong>WG</strong>/<strong>3ZI</strong>/K/<strong>BAR</strong> in Malkasten, Düsseldorf *<br />

first editing **<br />

1. BLACK<br />

2. Pieds Nickelés 1<br />

3. Pieds Nickelés 2<br />

4. Pieds Nickelés 3<br />

5. Pieds Nickelés 4<br />

6. Pieds Nickelés 5<br />

7. Pieds Nickelés 6 ???<br />

8. BLACK<br />

9. (?)<br />

10. BLACK<br />

11. Enseigne (Watteau) booklet 1<br />

12. Enseigne (Watteau) booklet 2<br />

13. Enseigne (Watteau) booklet 3<br />

14. Enseigne (Watteau) booklet 4<br />

15. Enseigne (Watteau) booklet 5<br />

16. Enseigne (Watteau) booklet 6<br />

17. Enseigne (Watteau) plate<br />

18. (?)<br />

19. Enseigne (Watteau)<br />

20. dog of Enseigne (Watteau)<br />

21. The Music Party (Watteau)<br />

22. dog of The Music Party (Watteau)<br />

23. dog of Couronnement de Marie de Médicis<br />

(Rubens)<br />

24. Couronnement de Marie de Médicis (Rubens)<br />

25. Enseigne (Watteau) in frame 5<br />

26. frame 5 without Watteau‘s painting<br />

L‘Enseigne<br />

27. (?)<br />

28. pont Notre-Dame, Paris today<br />

29. pont Notre-Dame, Paris yestarday<br />

30. pont Notre-Dame, Paris yesterday detail<br />

31. Enseigne (Watteau) as originally cropped<br />

in arc shape<br />

32. Enseigne (Watteau) without frame<br />

33. Enseigne (Watteau) in frame 1a<br />

34. Enseigne (Watteau) in frame 1b<br />

35. view on Watteau‘s Enseigne in Schloss Berlin,<br />

Berlin ca.1905???<br />

36. view on Watteau‘s Enseigne in Schloss Berlin,<br />

Berlin ca.1905???<br />

37. view on Watteau‘s Enseigne in Schloss Berlin,<br />

Berlin ca.1905???<br />

38. Enseigne (Watteau) in frame 2<br />

39. Enseigne (Watteau) in frame 3<br />

40. Enseigne (Watteau) in frame 4<br />

41. Enseigne (Watteau) in frame 5<br />

42. view Schloss Charlottenburg, Berlin<br />

43. Der Guckkastenmann (Lancret) with frame<br />

44. Der Guckkastenmann (Lancret) without<br />

frame<br />

45. (?)<br />

46. (?)<br />

47. (?)<br />

48. (?)<br />

49. (?)<br />

50. (?)<br />

51. (?)<br />

52. (?)<br />

53. Die Neugierigen (Bramer) ???<br />

54. Duchamp‘s studio door closed<br />

55. Duchamp‘s studio door open with view on<br />

door of Etant donnés (Duchamp)<br />

56. door for future Etant donnés (Duchamp) on<br />

its original Spanish site in Cadaqués<br />

57. (?)<br />

58. door of Etant donnés (Duchamp) in Philadephia<br />

59. (?)<br />

60. (?)<br />

61. Origine du monde (Courbet) 1<br />

62. Origine du monde (Courbet) 2<br />

63. Origine du monde (Courbet) 3<br />

64. Origine du monde (Courbet) 4


65. Origine du monde (Courbet) 5<br />

66. Origine du monde (Courbet) 6<br />

67. Origine du monde (Courbet) 7<br />

68. Origine du monde (Courbet) 8<br />

69. Perspective Drawing of a Reclining Woman<br />

(Dürer)<br />

70. (?)<br />

71. (?)<br />

72. (?)<br />

73. (?)<br />

74. (?)<br />

75. (?)<br />

76. BLACK<br />

77. first photographic reproduction of Niepce‘s<br />

View from the Window at Le Gras<br />

78. BLACK<br />

* There are four different editings for four different<br />

versions of the lecture (1. Malkasten, Düsseldorf;<br />

2. Artis, ‚s Hertogenbosch; 3. Instititut<br />

St-Luc, Tournai and 4. La Cambre, Brussels) given<br />

between 6th June 2006 and 2007 ???.<br />

** Slides having been lost are marked by (?). The<br />

slides followed by ??? are guesses standing for<br />

missing slides.<br />

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08.06.2006 WOHNEN<br />

jan kolata<br />

Tischfußballturnier<br />

08.06.2006 BIBLIOTHEK<br />

michael zinganel<br />

Saison opening<br />

Arbeiten, wo andere Urlaub machen<br />

Saisonale Migration<br />

Kapital-, Know-how- und Kulturtransfer am Beispiel<br />

ostdeutscher Saisonniers in Tirol<br />

Der Urlaubsantritt stellt für viele Reisewillige<br />

auch einen Übergang zwischen Bedienen und<br />

Bedient werden dar. Beim Verreisen handelt es<br />

sich also um einen zeitlich limitierten Wechsel in<br />

der sozialen Hierarchie! Touristische Dienstleistungen<br />

lassen sich jedoch nur schwer rationalisieren,<br />

insbesondere in Regionen, die abseits<br />

von Billigfluglinien liegen und von instabilen<br />

Wetterlagen gekennzeichnet sind. Deshalb ist<br />

die Tourismusindustrie entweder auf ein starkes<br />

Einkommensgefälle zwischen der Quellregion<br />

der TouristInnen (reich!) und der Zielregion<br />

(arm!) angewiesen, auf eine hohe Selbstausbeutungsbereitschaft<br />

der Dienstleistenden<br />

oder sie muss letztere aus Regionen rekrutieren,<br />

in denen das Lohnniveau noch geringer ist<br />

(noch ärmer!).<br />

Mit Saisonbeginn machen sich daher nicht nur<br />

Touristen auf den Weg in die Ferienparadiese,<br />

sondern knapp vor ihnen auch Saisoniers, die<br />

mitunter in geographisch gegenläufigen Richtungen<br />

unterwegs sind, mitunter aber die Routen<br />

und die Verkehrsmittel mit den Touristen<br />

teilen.<br />

In den Tiroler Alpen zeichnete sich seit 2000<br />

eine Veränderung der transnationalen Migrationsströme<br />

ab, in der gerade Deutsche eine<br />

zentrale Rolle spielen: Deutsche sind hier nicht<br />

mehr ausschließlich als TouristInnen präsent,<br />

sondern in zunehmendem Maße auch als Saisonarbeitskräfte,<br />

die vor allem in der intensiven<br />

Wintersaison den Betrieb mit aufrechterhalten.<br />

Nach der Zahl der angebotenen Arbeitsplätze<br />

fungiert die alpine Tourismusindustrie in Österreich<br />

mittlerweile als größter privater Arbeitgeber<br />

für BürgerInnen aus den neuen deutschen<br />

Bundesländern.<br />

Das vorgestellte Projekt basiert auf Quellenrecherche<br />

in statistischen Datenbanken, vor allem<br />

aber auf Interviews mit Arbeitsuchenden,<br />

ArbeitsvermittlerInnen und ArbeitgeberInnen<br />

in den neuen Bundesländern und in Tirol. Die<br />

AutorInnen entwickeln eine Vision, die auf den<br />

von Tirol in die Heimat mitgebrachten Skills und<br />

Erfahrungen aufbaut. Am Beispiel eines kleinen<br />

Lokals, das eine ehemalige Saisonarbeiterin<br />

in ihrer Heimat eröffnet, wird gezeigt, wie<br />

sich der Kultur-, Kapital- und Know-how-Transfer<br />

und die Nutzung der transnationalen Netzwerke<br />

touristischer Subkulturen produktiv mit<br />

lokalen Initiativen verbinden können und aus<br />

den heterogenen touristischen Erfahrungen unerwartete<br />

Chancen zur Selbstermächtigung der<br />

Akteure entstehen.


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08.06.2006 KÜCHE<br />

gabriela oberkofler<br />

Original südtiroler Rosenspeckknödel auf<br />

Gänseblümchensalatherzen<br />

Markus liebt Knödel, in diesem Falle original<br />

Südtiroler Rosenspeckknödel, die Zubereitung<br />

ist ganz einfach. Getrocknetes Brot, Milch,<br />

Eier, etwas Mehl, Salz und Pfeffer und in einer<br />

Pfanne in Butter kurz angebratenes Gemüse:<br />

Zwiebeln, Knoblauch, Lauch, Karotten und viel<br />

Speck. Mit der Butter und den Eiern darf man<br />

nicht sparen, dann kann eigentlich nichts daneben<br />

gehen. Alle anderen Mengenangaben sind<br />

nicht so genau zu nehmen. Die Gänseblümchen<br />

kamen vom Düsseldorfer Stadtpark und die Rosen<br />

von einer Biogärtnerei. Die Rosen versüßen<br />

und verbittern gleichzeitig den Geschmack aus<br />

Speck, Brot und Zwiebeln. Der Geschmack der<br />

Rose im Mund entfaltet sich nur ganz kurz, der<br />

Anfang ist bitter, dann kurz süß und voll und explosiv<br />

und gleich wieder bitter. Der kurze Moment<br />

der Explosion bleibt unvergesslich.


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08.06.2006 KÜCHE<br />

michalis nicolaides<br />

Spießer mit Hund<br />

Souvla ist quasi das Familiengericht von Zypern.<br />

Es darf nicht beim Sonntags-, Feiertagsoder<br />

Familientreffen-Menü fehlen. Oft ist es<br />

das Menü.<br />

Souvla, die großen, faustdicken Stücke Fleisch<br />

vom Schwein oder Lamm am großen Spieß, wird<br />

gegrillt auf Foukou (2-3 Stunden lang). Souvlaki,<br />

die Variante mit kleinen Spießen, kauft man<br />

sich lieber am Restaurant um die Ecke. Souvla<br />

isst man nie allein, Souvlaki schon.<br />

Foukou, in der normalen Ausführung, ist ungefähr<br />

einen Meter lang und kann in der Länge<br />

drei große oder mehrere querplatzierte kleinere<br />

Spieße aufnehmen. Die Spieße werden von<br />

einem Motor langsam gedreht, welcher mit<br />

Batterie (normalen Zellenbatterien oder Autobatterie)<br />

oder mit Hausstrom betrieben wird,<br />

während man sich anderen Dingen widmet<br />

- Reden, Trinken oder an einem zweiten, nun<br />

BBQ-Grill: Grillen.


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14.09.2006 CURATOR‘S KITCHEN<br />

michael voets<br />

Andalusischer freestyle<br />

Patatas con Carne<br />

Spanischer Eintopf nach Art von Carmens<br />

Mutter<br />

In einer Darstellung von Michael Voets<br />

Zutaten für etwa vier Portionen:<br />

1 kg Beinscheibe vom Rind (mind.)<br />

2 große Zwiebeln<br />

1 große Möhre<br />

1/3 einer grünen Paprika<br />

6 große Zehen Knoblauch (mind.)<br />

ordentlich Petersilie<br />

2 Blatt Lorbeer<br />

Safran<br />

1 reife, größere Tomate, alternativ Tomatenstückchen<br />

aus der Dose<br />

0,3 Liter trockener Sherry<br />

Fleischbrühe<br />

mehlig kochende Kartoffeln<br />

Und so geht´s:<br />

Das Fleisch in mundgerechte Stücke würfeln,<br />

Fett und Sehnen entfernen, die Markknochen<br />

aufheben. Zwiebeln, Möhren, Paprika würfeln.<br />

Knoblauch und Petersilie möglichst fein hacken.<br />

Das Fleisch portionsweise rundum in Olivenöl<br />

braun anbraten, alles wieder in den Topf geben<br />

und Zwiebeln, Möhren, grüne Paprika hinzufügen.<br />

Gut durchbrutzeln. Petersilie, Knoblauch,<br />

Paprika, Safran und Lorbeer dazugeben, gut<br />

vermischen und ein wenig anbraten. Tomatenstücke<br />

dazugeben, verrühren und mit dem<br />

Sherry ablöschen. Mit Brühe auffüllen, so dass<br />

das Fleisch gut bedeckt ist, die Markknochen<br />

hinzufügen. Dann etwa 90 min. bei mittlerer<br />

Hitze köcheln lassen. Bei Bedarf Wasser nachgeben<br />

sowie Instant Brühe, wenn die Suppe zu<br />

wenig Salz haben sollte.<br />

In der Zwischenzeit Kartoffeln schälen und in<br />

kleine Stücke zerteilen.<br />

Wichtig: Nicht in Würfel schneiden, sondern<br />

mit dem Messer Stücke aus der Kartoffel herausbrechen.<br />

Die unregelmäßigen Ränder dieser<br />

Stücke verkochen rascher und geben der<br />

Suppe eine sämige Konsistenz.<br />

Wenn das Fleisch fast zart ist, kommen die<br />

Kartoffelstückchen hinzu, die entsprechend<br />

noch einmal um die 20 min. benötigen.<br />

Nach der langen Köchelei sollte der Appetit<br />

gekommen sein - Einen guten- oder Buen<br />

prochecho!<br />

Dank an Carmens Mutter Mercedes, die mir<br />

das Rezept in Andalusien beibrachte.


14.09.2006 WOHNEN<br />

robert lucander<br />

Heino seine großen sex Erfolge mit dem<br />

Hit in Honululu<br />

Damen:<br />

Paula Koivuniemi<br />

Katri-Helena<br />

Herren:<br />

Reijo Taipale<br />

Olavi Virta<br />

Tuomari Nurmio<br />

Film:<br />

Spede Pasanen<br />

Simo Salminen<br />

Vesa-Matti Loiri<br />

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14.09.2006 GÄSTEZIMMER<br />

john von Bergen<br />

How to make money as an artist<br />

The Recipe<br />

Ingredients:<br />

- 30 g fast-setting 2-Component Silicone<br />

- 1 Metal Washer<br />

- 20 g fast-setting Polyurethane<br />

- 5 g Gold Paint<br />

- 2 g Polymer Clay<br />

- 1 Coin<br />

- Latex Gloves, Cups, Stirrers, Paint Brush,<br />

Small Panel, Alcohol<br />

Directions:<br />

1. Stick coin to panel using polymer clay<br />

2. Put on gloves, mix silicone, press silicone<br />

over coin<br />

3. After a few minutes, peel away silicone<br />

4. Brush paint inside of silicone mold<br />

5. Vigorously stir polyurethane components and<br />

pour into silicone mold along with washer<br />

6. Let cool, and de-mold


188 | 189


14.09.2006 BIBLIOTHEK<br />

roxane permar<br />

Roseland<br />

Roseland was a participatory project that I initiated<br />

in May 2006. It travelled to different locations<br />

in England, Shetland and Germany, each<br />

with its distinct cultural characteristics, including<br />

both urban or rural. In each location the<br />

work was linked through ideas of the ‘garden’.<br />

In Düsseldorf I had many opportunities to teach<br />

people how to make pink felt roses.<br />

One important event took place at <strong>WG</strong> on 14<br />

Septmber 2006. I invited artists to make pink<br />

felt roses that would become part of my work<br />

for Hide and Seek: Roseland im Jakobigarten<br />

which opened as a participatory event on 29<br />

September and continued as a temporary installation.<br />

Altogether we made 190 felt roses at <strong>WG</strong>. Some<br />

made quite a lot while others made just one or<br />

two. Someone made a rose from my instructions<br />

sheet for making the roses, while another<br />

person made a rose from the green floral<br />

tape I provided to secure the felt roses. I had<br />

many good conversations at <strong>WG</strong>. One particularly<br />

memorable one with the Finish artist Robert<br />

Lucander, who grew up on a street called<br />

„Number One Rose Garden Way“. His mother<br />

still lives there.<br />

190 | 191


12.10.2006 BIBLIOTHEK<br />

shirley wegner<br />

Site unseen<br />

I was first introduced to Birgit Jensen at an exhibition<br />

opening in MMIII gallery in Mönchengladbach.<br />

I was a visiting artist from NY, staying<br />

in Germany for six months. Shortly after that,<br />

Birgit invited me to give a talk one evening at<br />

<strong>WG</strong>/<strong>3ZI</strong>/K/<strong>BAR</strong> in Künstlerverein Malkasten. Visiting<br />

there a few times, I was so impressed by<br />

the space and the program, and how it created<br />

an opportunity for an exchange between many<br />

different artists, art practices, and art lovers,<br />

and offered a great venue to explore the relationship<br />

between art and community.<br />

My talk took place shortly before the opening of<br />

my exhibition (then Theatregallerie of Museum<br />

X, Mönchengladbach). The timing of it allowed<br />

me to discuss the work I have done before coming<br />

to Germany from somewhat of a distance,<br />

both physically and metaphorically. In a small<br />

room, with about 15- 20 people around, I was<br />

able to delve into the basic premise of my work<br />

so far. In this somewhat intimate setting evolved<br />

an interesting discussion which offered some<br />

great questions from the participants, some of<br />

which stayed with me long after that.<br />

192 | 193


12.10.2006 BIBLIOTHEK<br />

klaus geldmacher<br />

Ein Gespräch<br />

Ausstellungshonorare lassen sich unter folgenden<br />

Prämissen durchsetzen:<br />

1) Der/die Künstler/in allein entscheidet, ob<br />

und unter welchen Bedingungen (z.B. anhand<br />

gemeinsamer Vergütungsregeln) all jene Werke<br />

ausgestellt werden, die sich in seinem/ihrem<br />

Eigentum (im Atelier) befinden – egal ob<br />

sie schon einmal veröffentlich / gezeigt wurden<br />

oder nicht.<br />

2) Das Ausstellen von Werken ist eine Werknutzung,<br />

der der/die Künstler/in zustimmen<br />

muss. Wenn die Erlaubnis zur Werknutzung<br />

(Ausstellung) gemäß § 31 erteilt wird, entsteht<br />

automatisch gemäß § 32 ein Anspruch auf Vergütung,<br />

d.h. Ausstellungshonorar.<br />

Bei der Verhandlung über eine Ausstellung<br />

sollte deshalb immer die Frage einer Vergütung<br />

thematisiert werden – unter Hinweis auf<br />

das neue Urheberrecht. Selbst wenn die Zahlung<br />

eines Honorars nicht zustande kommt<br />

oder „andere Gestaltungen“ (z.B. anstelle eines<br />

Honorars „zahlt“ der Aussteller mit jede<br />

Menge Katalogen) verabredet werden, bleibt<br />

der Anspruch auf eine „angemessene Vergütung“<br />

(d.h. branchenübliche, sofern diese der<br />

Redlichkeit entspricht, oder in „gemeinsamen<br />

Vergütungsregeln“ festgelegte) bestehen; sie<br />

kann auch nachträglich geltend gemacht und<br />

eingeklagt werden.<br />

3) Allerdings enthält das Urhebervertragsrecht<br />

in § 32 eine Regelung, die es den bildenden<br />

Künstler/innen erschweren wird, ihre Honorarforderungen<br />

individuell durchzusetzen, denn:<br />

“Der Urheber kann unentgeltlich ein einfaches<br />

Nutzungsrecht für jedermann einräumen.”<br />

Der Gesetzes-Kommentar erläutert dazu:<br />

“Dies mag etwa dann der Fall sein, wenn urheberrechtlich<br />

geschützte Leistungen im Bereich<br />

gemeinnütziger Tätigkeit erbracht werden und<br />

der Schöpfer – etwa aufgrund seines ehrenamtlichen<br />

Engagements – keine Vergütung<br />

erwartet. Ebenso ist denkbar, das der Rechtsnachfolger<br />

eines Urhebers – ohne eigene Interessen<br />

verfolgen zu wollen – Nutzungsrechte<br />

unentgeltlich einräumt, um das nachgelassenen<br />

Werk bekannt zu machen.”<br />

Hier wird der/die einzelne Künstler/in unter<br />

erheblichen Druck geraten, weil es viele “gemeinnützige”<br />

Veranstalter von Ausstellungen<br />

gibt. Es kann an die Einzelnen nur appelliert<br />

werden, solchen Ausnahmen auf keinen Fall<br />

zuzustimmen (es ist eine Kann-Bestimmung!).<br />

Ausnahmen sollten – wie es auch im Gesetzes-<br />

Kommentar dargestellt wird – gemeinsamen<br />

Vergütungsregeln vorbehalten sein. In diesem<br />

Zusammenhang könnte dann auch eine Ausnahmeregelung<br />

für Galerien und Kunsthandel<br />

vereinbart werden, die allerdings nur zu rechtfertigen<br />

wäre, wenn diese ihrerseits bei Ausstellungen<br />

eine Ankaufsgarantie geben.<br />

4) Solange es keine „gemeinsamen Vergütungsregeln“<br />

gemäß § 36 gibt, kann die 1999<br />

von der IG Medien / ver.di veröffentlichte Ausstellungshonorar-Tabelle<br />

als Richtlinie gelten.<br />

5) Beim Verkauf eines Werkes sollte gemäß §<br />

44 künftig ausdrücklich (im Kaufvertrag oder in<br />

der Rechnung) ausgeschlossen werden, dass<br />

der Erwerber das Werk ausstellen darf. Das<br />

würde bedeuten, dass auch das Zeigen dieser<br />

verkauften Werke (veröffentlicht oder unveröffentlicht)<br />

der Zustimmung des/der Künstlers/in<br />

bedarf (siehe Ziffer 1 und 2).<br />

194 | 195


12.10.2006 KÜCHE<br />

mi-yeon ju / tae-bum ha<br />

jan-chi<br />

Mi und Ha, ein koreanisches Künstlerpaar lernte<br />

ich in Stuttgart während meiner Gastprofessur<br />

2005 kennen. Die unschlagbare Kunst, gewöhnlichen<br />

Schweinebauch durch spezielles Einlegen<br />

in verschiedene Gewürze und Soßen mit<br />

unnachahmlichem Geschmack zu versehen,<br />

um ihn dann auf dem Feuer oder in der Pfanne<br />

in eine hauchdünne, cross gebratene Delikatesse<br />

zu verwandeln, hat mich wie die beiden<br />

selbst ganz persönlich sehr beeindruckt. Was<br />

für mich als kulinarische Reise auf dem Feuer im<br />

Garten unseres Projekts „Museum für sedimentierte<br />

Kunst“ in Stuttgart begann, führte 2006 in<br />

die <strong>WG</strong>: mit „Jan-Chi“, einem traditionellen koreanischen<br />

Gericht,– serviert von Mi in einem<br />

klassischen koreanischen Hochzeitskostüm.


196 | 197


09.11.2006 GÄSTEZIMMER<br />

thomas putze<br />

Gitarrentrainer<br />

Sechs Jahre ist das jetzt her und ich erinnere<br />

mich, dass ich mit dieser Arbeit eine Synthese<br />

zwischen Musik und Bildhauerei gesucht hatte.<br />

Ist mir bis heute nicht gelungen, aber immer<br />

noch spiele ich jeden Tag im Atelier Gitarre.<br />

Die Musik fürchtet sich nach wie vor vor der<br />

Schwere des Materials, lässt sich auch durch<br />

keine Performance verkunstisieren. Sie ist mir<br />

aber immer Zuflucht aus dem augenbetäubenden<br />

Kunstmarkt geblieben. In einem Bob Dylan<br />

Buch habe ich mal gelesen: „All a man needs<br />

is a dark road and a good guitar“ Von beidem<br />

gibts an meinem Arbeitsplatz genug.<br />

09.11.2006 BIBLIOTHEK<br />

carol lee chase<br />

I have nothing to say and I am saying it<br />

I presented my artwork at the <strong>WG</strong> in November<br />

of 2006 while I was an artist in residence at<br />

Hoeherweg 271. I had been to a previous <strong>WG</strong><br />

night and it was so much crazy fun. However,<br />

as an English speaker in front of a primarily<br />

Deutsch (and attentive) audience, I was frankly<br />

terrified and I tried not to show it. I was given a<br />

Leica projector for the slide presentation of my<br />

paintings. The lens was fantastic! I was amazed<br />

by the clarity of my slides and my paintings<br />

looked great. Do I remember my lecture? Nein.<br />

Do I remember my images? Ja wohl.<br />

Vielen danke for the opportunity to present at<br />

the Malkasten. It was a great honor.<br />

198 | 199


09.11.2006 GÄSTEZIMMER<br />

volker Anding<br />

Schade, dass ich das verpasst habe<br />

REISE NACH CHINA<br />

von Volker Anding<br />

(wohnt in Wuppertal)<br />

Eine interaktive, Computer – gestützte<br />

Performance. (ca. 20 Min.)<br />

Volker Anding führt in seinem Vortrag den<br />

Beweis, für die Richtigkeit des chinesischen<br />

Sprichworts, dass „der kürzeste Weg der Umweg<br />

ist“.<br />

Die Reise beginnt mit dem ersten, deutschlandweiten<br />

Telefonbuch auf CD. Dort entdeckt er einen<br />

Namensvetter aus Weimar – einen Fußballtrainer<br />

und – welche Überraschung – nur ein<br />

paar Straßen von ihm entfernt, wohnt noch ein<br />

Volker Anding. Plötzlich erklären sich dadurch<br />

etliche nächtliche Anrufe mit kryptischen Inhalten,<br />

sowie unangenehme Polizeikontrollen<br />

in der Vergangenheit.<br />

Schließlich taucht im Nachlass seines Vaters<br />

ein Foto auf, auf dem dieser als Chinese verkleidet<br />

ist und mit einer ihm unbekannten, korpulenten<br />

Frau tanzt. Kurz darauf lernt Anding<br />

den chinesischen Künstler Luoke Chen kennen,<br />

bei dem er ein mystisches Erlebnis hat. Luoke<br />

Chen zeichnet ihn und Anding kritzelt etwas<br />

auf‘s Papier, das Luoke fassungslos macht.<br />

„Woher kannst Du das?“ fragt er ihn; denn das<br />

Gekritzel heißt übersetzt KUNST.<br />

Als dann am nächsten Tag auch noch ein AN-<br />

DING YUNWU Tee auf seinem Schreibtisch<br />

steht, wird klar, dass die Reise nach China keinen<br />

Aufschub mehr duldet.


09.11.2006 KÜCHE<br />

alexej koschkarow<br />

200 | 201


14.12.2006 SCHÖNER SCHEITERN<br />

andrea stechler<br />

Miss ervolk - a talk with slides<br />

Ein Diavortrag in 3 Teilen<br />

1. Apollohuis, Eindhoven, 1991 Auf niederländisch<br />

habe ich geschildert, wie bei einer sehr<br />

stringenten Ausstellung bei Paul und Hélène<br />

Panhuysen sämtliche Besucher, die sich meine<br />

äußerst eindrucksvolle Hochhausarchitektur<br />

aus aufrecht stehenden vielgerippten Heizkörpern<br />

ansahen, plötzlich vom Geräusch zu<br />

Scherben zerklirrenden Glases aufgeschreckt<br />

in die benachbarten Räume davonrannten, weil<br />

dort Myra Brooklyns Klanginstallation ausgelöst<br />

wurde.<br />

2. Ronco Velasquez, Noto, 1994 Auf italienisch<br />

erzählte ich, wie ich im Haus von Cornelia Müller<br />

und Michele Luminati in Sizilien große Löcher<br />

im Schlafzimmer auf abenteuerliche Weise<br />

und in der Art des Lavagesteins am Meer verputzt<br />

habe, aber wenige Monate später Micheles<br />

neue Frau Patrizia den Maurer kommen ließ,<br />

der dann ganz normal „il bianco“ autrug, woraufhin<br />

meine Reliefs spurlos verschwunden<br />

waren.<br />

3. Von der Heydt Museum Wuppertal, 1985 Auf<br />

deutsch (das kann ich nämlich auch ) durfte<br />

ich von den 36 Stühlen berichten, aus denen<br />

ich mittels Verspannung ein Riesenrad aufstellen<br />

wollte. Das hing sofort entsetzlich durch,<br />

doch als ich 3 kleinere Räder à 12 Stühle daraus<br />

machte, trug jeweils 1 Stuhl alle anderen und die<br />

Beine stachelten nach außen. Die ZDFsendung<br />

Aspekte hat dann ihren Titel durch ein Rad gefilmt<br />

und ich blieb unerwähnt, während z.B. Wilhelm<br />

Mundt genannt wurde. Außerdem warfen<br />

mir Kritiker vor, Reinhard Mucha nachzuahmen.<br />

Ich mag sein Werk, aber imitiert habe ich damals<br />

den freischwebenden gemauerten Ziegelsteinkreis<br />

von Jochen Saueracker!<br />

Begleitet wurden die live gesprochenen Texte<br />

mit 3 sehr unterschiedlichen Diaserien. Vielleicht<br />

sieht man das auf den Fotos. Etliche <strong>WG</strong><br />

Gäste kamen zu spät, deshalb habe ich alles<br />

Wort für Wort und Bild für Bild sofort wiederholt.<br />

Das hat Spaß gemacht. Leider gab es zu<br />

essen nur Kontinente verschmolzenes Weihnachtsgebäck<br />

von Birgit Jensen, Leunora Salihu<br />

und Flora Hitzing, auf keinen Fall zu vergleichen<br />

mit der Spanischen Gulaschsuppe von<br />

Michael Voets.<br />

202 | 203


14.12.2006 WOHNEN<br />

pia binder / stefanie neutzner<br />

Amusement / Pias Film<br />

Pias Film:<br />

Es wird der sich stetig wiederholende künstlerische<br />

Prozess des Erschaffens und erschaffen<br />

werden dargestellt.<br />

Director/Design/Story: Pia Binder<br />

Animation: Pia Djukic<br />

Additional Animation: Tine Kluth<br />

Music: Steffen, Rene Lässig<br />

Vocals: Iris Hachtroudian<br />

Year of Production: 2004<br />

Amusement:<br />

Zwei Nerds, umrundet von Fastfood und Müll,<br />

sitzen auf einer Couch und spielen ein Computerspiel.<br />

Schließlich werden die beiden selbst<br />

Teil des Games.<br />

Director: Pia Djukic and Stefanie Neutzner<br />

Story: Pia Djukic and Stefanie Neutzner<br />

Storyboard: Ljubisa Djukic<br />

Character Design and Model Making: Pia<br />

Djukic<br />

Set Design and Making: Stefanie Neutzner<br />

Stop Motion Animation: Pia Djukic, Stefanie<br />

Neutzner<br />

Additional Animation: Tine Kluth<br />

2D Animation: Pia Djukic<br />

Year of Production: 2005<br />

14.12.2006 KÜCHE<br />

birgit Jensen<br />

alle Jahre wieder die <strong>WG</strong> am Herd<br />

Die Bereitung des Mürbeteiges ist ganz einfach:<br />

750 g Mehl in eine Schüssel geben und in die<br />

Mitte eine Vertiefung eindrücken. Dahinein 3<br />

Eier geben. 375 g Butterflöckchen, 150 g Zucker,<br />

1 Prise Salz, 3 Päckchen Vanillezucker<br />

oder abgeriebene Zitronenschale auf den<br />

Mehlrand verteilen. Mit kühler Hand gründlich,<br />

aber nur kurz verkneten.<br />

Mehrere Kugeln formen und in Frischhaltefolie<br />

im Kühlschrank in der JB-Bar kühl stellen.<br />

Nacheinander verarbeiten.


204 | 205


11.01.2007 BIBLIOTHEK<br />

senta connert / safaa erruas<br />

ulrike kessl / julia van koolwijk<br />

jamila lamrani / jalal mikou<br />

Que penses-tu de l‘art marocain?<br />

Moderation: Julia Connert, Übersetzung: Dieter<br />

Strauss<br />

“Que penses-tu de l‘art marocain?“<br />

3 Künstlerinnen aus Marokko, die ein gemeinsames<br />

Projekt im Dialog mit 3 Künstlerinnen aus<br />

Deutschland realisierten, stellen sich der Diskussion<br />

über ihre künstlerischen Positionen<br />

Anhand des Textilen in der Kunst wurde der Faden<br />

zum Gespräch aufgenommen: Über textile<br />

Techniken in der bildenden Kunst hinaus<br />

rücken stoffliche Aspekte generell in den Fokus.<br />

Der künstlerische Dialog weitete sich sodann<br />

auf den Austausch der landesspezifischen<br />

Sichtweisen und Lebensfelder der menschlichen<br />

Erfahrungen aus. Und dieser Austausch<br />

bewirkte eine inspirierende Zusammenarbeit,<br />

aus der eigens für die Ausstellungsorte erarbeitete<br />

Werke entstanden, die sich bildnerisch<br />

miteinander verweben.<br />

Die Werke reflektieren die Wahrnehmung von<br />

Textilien jenseits ihrer alltäglichen Präsenz und<br />

Funktionalität und stellen deren Bedeutungsfelder<br />

auf den Ebenen weiblicher und körperlicher,<br />

architektonischer, gesellschaftlicher und<br />

industrieller Konnotation kritisch heraus. Von<br />

der Stofflichkeit ausgehend, leiten die Werke<br />

teilweise in völlig andere Medien über. Dabei<br />

präsentieren sie sich in einer überaus haptischen,<br />

spürbar sinnlichen Dimension und eröffnen<br />

so ganz neue spannungsvolle kulturelle<br />

und künstlerische Grenzgänge.<br />

(Anne Rodler)<br />

Stationen des Projekts waren:<br />

-Goethe Institut Rabat und Galerie Bab El Kebir,<br />

Rabat, Nov. 2006<br />

-Galerie der Marokkanischen Borschaft, Berlin,<br />

Januar/Februar 2007<br />

- Projektraum Deutscher Künstlerbund, Berlin,<br />

Dezember/Januar 2007<br />

- <strong>WG</strong>/<strong>3ZI</strong>/K/<strong>BAR</strong> im Künstlerverein Malkasten,<br />

Düsseldorf, Januar 2007<br />

- Kunsthalle Düsseldorf ( Buchpräsentation,<br />

Edition und Vortrag von Prof. Jürgen Straub),<br />

Mai 2007


11.01.2007 BIBLIOTHEK<br />

olivier jobard<br />

Kingsley<br />

“The Hard Way, The Only Way”<br />

Travel journal of a clandestine immigrant<br />

It was in 2000, while reporting on the Red Cross<br />

center in Sangatte, northern France, that I realized<br />

for the first time that before me was the<br />

result of all the conflicts I had witnessed in the<br />

previous 10 years: Bosnia, Kosovo, Afghanistan,<br />

Kurdistan, Chechnya, Somalia, Sudan, Liberia,<br />

Sierra Leone, and so on. In my reports up<br />

until then, I had always been content to briefly<br />

encounter people, focusing only on the event<br />

itself. At Sangatte, the last stop for many clandestine<br />

migrants before their desired final destination<br />

– the United Kingdom – I took the time<br />

to consider the context.<br />

In between news reports I went back to see<br />

these people caught in their strange 21st century<br />

limbo. Sometimes they had news to share<br />

from the countries which they had left behind.<br />

I listened as they described the route they had<br />

taken, their suffering, and their hope for a better<br />

life in Europe. And I heard about their fears,<br />

too.<br />

I felt the need to share their experiences, in order<br />

to put names and stories to those who in<br />

France are usually called “sans-papiers”: people<br />

without papers.<br />

So, I decided to follow the itinerary of one of<br />

them.<br />

I accompanied Kingsley, aged 22, as he departed<br />

Cameroon. Like many other Africans, Asians<br />

and South Americans, he believes in the<br />

European dream. Through Kingsley, I tried to<br />

portray the people who, overnight, leave behind<br />

a past, a culture and a family for a new life<br />

they imagine to be better. Kingsley had already<br />

tried to reach Europe on his own two years before,<br />

but he ran out of money and had to turn<br />

back at Nigeria. Since that aborted effort, he<br />

had saved more money. He also received great<br />

support from his circle of friends and contacts.<br />

In France, his best friend was waiting for him:<br />

they used to work together in Cameroon as hotel<br />

lifeguards. His buddy had met a Frenchwoman<br />

there and married her.<br />

In May 2004, Kingsley decided to leave his<br />

country. He illegally crossed Nigeria and Niger,<br />

the Sahara Desert, and Algeria. Finally he<br />

reached Morocco.<br />

There, after a three-month wait and two spells<br />

in prison, he boarded a makeshift skiff provided<br />

by smugglers. With 30 or so other clandestine<br />

migrants, he headed for the Canary Islands<br />

– which belong to Spain and therefore<br />

constitute European territory. Six months after<br />

leaving Cameroon, having changed his identity<br />

five times and nationality three times, he finally<br />

stepped onto European soil…escorted by Guardia<br />

Civil officers.<br />

Besides the exploit that such an expedition represents,<br />

the photographs reveal the often dramatic<br />

clash between the exile‘s expectations<br />

and the day-to-day realities of life in a foreign<br />

society.<br />

At a time when merit as a virtue is touted more<br />

and more by politicians (especially French), I<br />

wanted, through this report, to expose the difficulties<br />

of a modern migrant journey and convey<br />

a sense of everything these people give –<br />

sometimes even their lives – in the hopes of a<br />

safer and more prosperous existence.<br />

Olivier Jobard/Sipa Press<br />

206 | 207


08.02.2007 KÜCHE<br />

elke denda / petra rinck<br />

Menue la dendrinck<br />

Ein Menü im Stundentakt<br />

20:30 Crostini con rigaglie<br />

Campello, Umbrien<br />

Für 6-8 Portionen:<br />

200 g Hühnerleber<br />

100 g durchw. Speck<br />

50 g Parmaschinken<br />

10 Wacholderbeeren<br />

2 Lorbeerblätter<br />

1 kleiner Rosmarinzweig<br />

1 Salbeiblatt<br />

je 1 Orangen- u. Zitonenscheibe<br />

3 EL Öl<br />

3 EL Rotweinessig<br />

Salz, Pfeffer (Mühle)<br />

20 g Butter<br />

2 Scheiben Toastbrot<br />

Leber, Speck, Schinken (alles kleingehackt)<br />

mit den anderen Zutaten (bis auf die Butter)<br />

rösten. Große Gewürze herausnehmen. Soviel<br />

Butter hinzugeben, bis eine Paste entsteht.<br />

Kalt auf geröstetes Brot streichen.<br />

21:30 Rotolo mit Spinat und Schinken<br />

22:30 Schweinebraten mit Milch und Kräutern<br />

23:30 Pflaumeneis


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08.02.2007 BIBLIOTHEK<br />

holger bunk<br />

Produktive Begriffsverwirrung:<br />

Wenn Künstler ein Museum gründen<br />

Als Alfonso Hüppi und Erwin Gebert 1998 die<br />

Idee zu einem „Museum im Busch” hatten, wird<br />

der Antrieb unter anderem die Neugier gewesen<br />

sein, was passiert, wenn man junge und an<br />

Erfolg gewöhnte Künstler in das Namibische<br />

Buschland verfrachtet. Gebert als Architekt<br />

und Hüppi brachten schon bald nach dem Bau<br />

einer Ausstellungshalle mehrere internationale<br />

Künstlergruppen auf die Etaneno-Farm. Der<br />

Schwung des ersten Planes hat sich auch nach<br />

etlichen Überraschungen erhalten, die der Bau<br />

von zwei nicht gerade kleinen Gebäuden und<br />

die Organisation von Künstlergruppen mit sich<br />

bringen. Gegenüber Bequemlichkeit hatte von<br />

Beginn an der Anspruch auf künstlerische<br />

Qualität den Vorrang. Als Ausgleich für das,<br />

was abenteuerbereite Künstler-Teilnehmer des<br />

Projektes an Ungewohntem aushalten müssen,<br />

gibt es eine Arbeitsraum in Nachbarschaft<br />

zu abgelegenen Namibischen Ortschaften und<br />

faszinierender Ursprünglichkeit des endlosen<br />

Buschlandes.<br />

„Museum” heißt hier: Künstler organisieren alles<br />

selbst. Weder Sekretariat noch Haustechnik<br />

stehen parat. Zentral ist, was die Künstler<br />

selber tun wollen und was sie in begrenzter Zeit<br />

und mit beschränkten Mitteln bewerkstelligen.<br />

Das hat den Vorteil, dass nicht viel Überflüssiges<br />

geschieht. Der Weg zum benachbarten<br />

Ort Otjiwarongo, um Materialien oder auch nur<br />

eine Zeitung zu kaufen, ist 130 km weit, sodass<br />

man sich genau überlegt, was gebraucht wird.<br />

Das Erlebnis und die Leistung der Künstler<br />

von Etaneno besteht darin, ihre Kunstproduk-


tion einfachen Bedingungen anzupassen. Die<br />

Kunstwerke bleiben Besitz des Projektes „Museum<br />

im Busch”.<br />

– Doch was werden sie bewirken? Trotz des<br />

auf gegenseitiger Großzügigkeit basierenden<br />

Erfolgs und Wachstums des Museums (Künstler<br />

bekommen Flug und Aufenthalt, das Museum<br />

die entstehenden Werke) gibt es Kritiker.<br />

Die Wohlwollenderen stellen Fragen, was denn<br />

Kunst einem jungen, sich entwickelnden Landes<br />

nützt, härtere Kritiker verweisen auf Aufgaben,<br />

die in dem Land vordringlicher wären.<br />

Es wird unter den Gästen der Farm Etaneno<br />

viel über die Kulturen des Landes und die Rolle<br />

von Kunst diskutiert, weil europäische Wertungen<br />

hier in anderes Umfeld geraten. Wirksamkeit<br />

von Kunst ist immer fraglich. Aber in den<br />

Projekten des „Museum im Busch” verläuft<br />

die Grenze von „politisch korrekt” und „unkorrekt”<br />

nicht theoretisch, sondern in realer<br />

Nachbarschaft zur unterprivilegierten Bevölkerung<br />

in ländlichem Gebiet. Es fragt sich,<br />

was mehr zu dem Ringen um Bildung und<br />

Fortschritt beiträgt: Konkreter Kontakt vor Ort<br />

oder das Warten auf die Besserung politischer<br />

und ökonomischer Verhältnisse. Obwohl Kontakt<br />

zwischen Künstlern und Bewohnern des<br />

Umlands der Farm schwierig und komplexer<br />

ist als vorgestellt, ist er, wenn er gelingt von<br />

großer Offenheit und Unmittelbarkeit. Was<br />

„Afrikanisch” oder „Kultur der Namibier” ist,<br />

können Gastkünstler nicht beantworten. Sicher<br />

ist, dass es den Namibiern Freude macht,<br />

Gesprächspartner zu finden.<br />

In Begegnungen mit Lehrern und Schülern der<br />

benachbarten Ortschaften Kalkfeld und Otjiwarongo<br />

wird klar, dass es nicht um Europäische<br />

Kunstbegrifflichkeit gehen kann. Lehrer<br />

und Schüler brauchen eine Verbesserung ihrer<br />

Möglichkeiten in den Schulen, und Bildung hat<br />

einen hohen Stellenwert. Wenn also Künstler<br />

des „Museum im Busch” z. B. in die Schulen<br />

nach Kalkfeld gehen und mit den Schülern arbeiten,<br />

spielt sich das nicht in einem „Musentempel”<br />

oder als theoretische Debatte ab. Es<br />

geht um Beteiligung der Betroffenen und um<br />

die gemeinsame Entwicklung von Möglichkeiten.<br />

Unterstützt von Sponsoren bringen die<br />

Künstler des „Museum im Busch” konkrete<br />

Verbesserungen, die sonst nicht zur Verfügung<br />

stehen: für eine Dachreparatur, Farben<br />

für den Unterricht, aber auch die Wände. Freiwillige<br />

Helfer aus den Ortschaften und Schulen<br />

haben sich beteiligt und die Aktivität des Museums<br />

erweitert. Wichtiger als die praktische<br />

Hilfe sind aber die Gespräche und das gegenseitige<br />

Kennenlernen. Denn abgesehen davon,<br />

dass man sich unterhält (meist in englischer<br />

Sprache), bringen die gemeinsamen Erlebnisse<br />

eine erste Ahnung zustande, worin die jeweilige<br />

Kunst und Kultur besteht und wie man<br />

sich annähern kann.<br />

Geberts und Hüppis Intervention in Form des<br />

„Museums im Busch” mit der Basis auf der<br />

Farm Etaneno sollte als eine offene, suchende,<br />

auf jeden Fall tätige Vermittlungsform gesehen<br />

werden. Künstler werden herausgefordert,<br />

sich auf die Kulturen Namibias einzustellen;<br />

einseitige Privilegien wie Bildung und materieller<br />

Wohlstand werden relativiert. Insofern<br />

kann das „Museum im Busch” kein Museum<br />

im Sinne eines festen Hauses und einer auf<br />

Ausstellungen reduzierten Tätigkeit sein. Es ist<br />

die Bewegung, die die Gäste mitbringen.<br />

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08.02.2007 GÄSTEZIMMER<br />

mauricio virgens / rita eichner<br />

Heiße Liebe im kalten Winter<br />

Wir haben die Stücke ausgewählt wegen ihrer<br />

Unterschiedlichkeit und der Möglichkeiten,<br />

dass ein bisschen zu inszenieren, z.B. die Zugabe<br />

„La ci darem la mano“ mit umgedrehten<br />

Stimmen zu singen (Mauricio die Frauen- , ich<br />

die Männerstimme...) oder mit einfachen Mitteln<br />

(meinem Tuch) die Szene/Stimmung zu<br />

ändern (Stola, Kopftuch etc.).<br />

1. Mauricio - Mozart - Oper: Don Giovanni,<br />

Partie: Don Giovanni, Stück: Deh vieni alla finestra<br />

2. Rika - dieselbe Oper, Partie: Zerlina, Stück:<br />

Vedrai carino<br />

3. M+R - dieselbe Oper + Partien, Duett: La ci<br />

darem la mano<br />

4. M - George Gershwin - Oper: Porgy und<br />

Bess, Partie: Porgy, Stück: I got plenty of<br />

nothing<br />

5. M+ R - dieselbe Oper, M= Porgy, Rika =<br />

Bess, Duett: Bess you is my woman now<br />

6. M+R - Camille Saint-Saëns - Oper: Samson<br />

und Delilah, Duett: My heart at thy dear voice<br />

Zugabe: Nr. 3 in umgekehrten Rollen


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08.03.2007 WOHNEN<br />

orla barry<br />

The Bastardstown Blogger<br />

Bastardstown, located in ‘sunny’ southeast Ireland,<br />

County Wexford (N 52° 11’ 15’’ W 6° 32<br />

36”) is a real place, or rather village, or rather<br />

townsland. At the same time, it’s a fictive notion,<br />

a concept that figures in the work of Orla Barry,<br />

now as well as in previous work (Stoney Scrabble<br />

at Bastardstown, 2000-2006 and Foundlings,<br />

2000). Barry uses her own writings as a<br />

source, in a work that reflects the word/image<br />

relationship. Her works try to express the way<br />

we humans are, as language.<br />

In the video the contact between the spectator<br />

and the performer is very physical. His overactive<br />

mouth seems to spit out words in machine<br />

gun mode while his eyes are fixed without<br />

blinking on the viewer. Once, he slips:<br />

Barry keeps this mistake purposively as the<br />

man starts over again, underscoring the fact<br />

that we’re witnessing a rehearsed text, read by<br />

a man who is not addressing anyone in particular.<br />

Rather, it concerns a futile effort to address<br />

the world from the middle of nowhere. Somewhat<br />

different from earlier works – where a clear<br />

narrative structure is often forgone in favour of<br />

a poetic structure in which texts and images<br />

are built like verses of a poem – here we have<br />

a story, starting in ‘the city’ in the morning and<br />

ending somewhere in the middle of the night,<br />

at the seaside, in Bastardstown. Lists of things<br />

the city is made-up of are spat out: the city is<br />

mechanical, superficial, mass-communicational,<br />

mass-mediatic. How can any small thought<br />

survive in such a place? The Blogger alternates<br />

between irony, discursive violence and despair:<br />

although the video’s black humour is strategic,<br />

the question permeating the film is serious and<br />

vital: is there any alternative to “the networked<br />

nirvana, we like to call city”?


08.03.2007 KÜCHE<br />

motoko aoki<br />

Spaghetti, Soba und Sukiyaki<br />

Japanische Spaghetti mit Stäbchen (Tunfischsoße<br />

mit geriebenem Rettich und Pilzsoße) Integration,<br />

Weiterentwicklung und Verfremdung<br />

Video: Sukiyaki bei Birgit, Sukiyaki in Tokyo,<br />

Karaokebox in Düsseldorf, Soba und Spaghetti<br />

in Japan.<br />

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08.03.2007 GÄSTEZIMMER<br />

christoph westermeier<br />

Ausrauschtausch<br />

Zweimal hatte ich die Ehre, in die <strong>WG</strong> eingeladen<br />

zu werden, 2007 mit „Ausrauschtausch“<br />

und 2009 für einen Abend unter dem Motto<br />

„schöner Scheitern“. Die Einladungen hatte ich<br />

meinem teilweise recht großen Mitteilungsbedürfnis<br />

zu verdanken. So konnte sich 2007 Birgit<br />

auf der Geburtstagsfeier einer gemeinsamen<br />

Freundin meinen Erzählungen über eine Reise<br />

im Dienste des historischen Tanzes nach China<br />

nur dadurch entziehen, dass sie mir sagte, ich<br />

solle das doch lieber in der <strong>WG</strong> erzählen. Zwei<br />

Jahre später wiederholte sich das Muster auf<br />

dem Rundgang der Akademie, als ich mit Markus<br />

sprach. So entstanden zwei außergewöhnliche<br />

Abende. Am 08.03.2007 trat ich mit einem<br />

Ensemble für historischen Tanz, in dem ich in<br />

meiner Jugend getanzt hatte, in Düsseldorf auf.<br />

Gut erinnere ich mich daran, dass ich nie vor einem<br />

Auftritt so aufgeregt gewesen war wie vor<br />

diesem. Es war nicht die Angst, mich zu vertanzen,<br />

die für meine flatternden Nerven sorgte,<br />

sondern das doch recht spezielle Kostüm.


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12.04.2007 KÜCHE<br />

rolf Graf<br />

Karate, Küsse, blonde Katzen<br />

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12.04.2007 GÄSTEZIMMER<br />

ulrich strothjohann<br />

u.a.w.g.<br />

Elvira schreibt:<br />

Was erwarten wir von der Kunst? Erwartet man<br />

was von der Kunst? Will sie was – von uns? Was<br />

wollen wir denn alle?<br />

Die Ausstellung bei Höhne bietet: Aluminium.<br />

In Blech und Röhrchen. Genietet zu handlichen<br />

Gebilden, die von einer Nützlichkeit ihrerselbst,<br />

fern unseres Alltages erzählen, ebenso von der<br />

vergangenen Funktion ihrer Fundstückeinzelteile.<br />

Gebürstet und poliert präsentieren sie sich<br />

in ihrem Glanze selbstgefällig.<br />

Zentral in Höhnes Hauptraum eine Handvoll davon,<br />

zusammengelegt am Boden, auf einem<br />

Stoff-Flächen-Wald mit aparter Farbigkeit. Sehr<br />

ansprechend, duftig. Die Anhäufung einer Vielfalt<br />

von Formen gleichen Metalles klappt zuverlässig.<br />

Dazu halbieren Gardinen die Schaufensterscheiben<br />

der Galerie, hellbraun, gefärbt<br />

wohl durch die Zigarettenrauchsättigung der<br />

Herkunftslocation. Auch irgendwie apart. Erzählt<br />

auch etwas.<br />

Im Nebenraum werden drei weitere Aluapparate<br />

vorgeführt, einzeln, einbezogen in Konstrukte<br />

zum an die Wand hängen. Auch mehr katholisch.<br />

Unverfängliche Lockerheit..<br />

Angesichts der mehr oder weniger funktionierenden<br />

Mechanik der Teile denkt Elvira: Fein,<br />

aber was kann man damit anfangen? Steckt<br />

mehr drin als die Selbstdarstellung schmucker<br />

Fantasiemaschinen? Kann man ein Knacken<br />

spüren im Gelenk zwischen der nervigen Unergründbarkeit<br />

des reellen Zwecks dieser Sachen<br />

und ihrem anregenden optischen Wohlbefinden?<br />

Oder zwischen jener Leichtigkeit ihres<br />

puren Daseins und ironischer Banalität? Oh ja,<br />

oh ja! Oder: Zwischen dem Humor einer Absurdität<br />

und dem Unerfülltbleiben des Bedürfnisses<br />

nach Entschlüsselung?<br />

Was will sie nun, die Kunst?<br />

Was Elvira wollte, hat sie wohl gefunden, so<br />

oder so.<br />

E.


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12.04.2007 GÄSTEZIMMER<br />

flora hitzing<br />

nomen est omen<br />

Der wunderbar markante Magnolienbaum hinter<br />

dem Jacobihaus blüht in voller Pracht: der<br />

Frühling wird an diesem <strong>WG</strong>-Abend begrüßt<br />

und gefeiert und alle werden der Frühlingsgöttin<br />

Flora gleich mit floralem Körperschmuck individuell<br />

bestückt.


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10.05.2007 BIBLIOTHEK<br />

pablo wendel<br />

Terracotta Warrior<br />

Terracotta Warrior Video (8‘38“)<br />

Performance XI’AN CHINA (2006)<br />

Mit einem selbst angefertigten Kostüm kopierte<br />

Pablo Wendel einen der Soldaten der bekannten<br />

historischen Terrakotta Armee in Xi’an. Dabei<br />

positionierte er sich als einfacher Infanteriesoldat<br />

auf einen mitgebrachten Sockel. In<br />

dieser Verkleidung stellte er sich, vorerst unbemerkt,<br />

in die letzte Reihe der Armee im Museum.<br />

Er war Skulptur.<br />

Besonders interessierte ihn hierbei die Tatsache,<br />

dass die Terracotta Armee, mit ca. 2200<br />

Jahren eine der ältesten der Welt, von einer der<br />

größten, gegenwärtigen der Chinesischen, bewacht<br />

wird.


10.05.2007 KÜCHE<br />

rita mcbride / glen rubsamen<br />

hot tamale<br />

7 cups fresh corn kernels, from 7 ears<br />

1 1/2 sticks (6 ounces) unsalted butter, at room<br />

temperature<br />

1/2 cup granulated sugar<br />

1 egg<br />

1/2 tablespoon salt<br />

1/2 teaspoon baking powder<br />

1/2 cup harina de maiz (dried corn flour) *<br />

20 dried corn husks, soaked in warm water for<br />

30 minutes*<br />

*Can be found in Hispanic grocery stores<br />

Working in batches, add the corn kernels to<br />

a blender or food processor and puree until<br />

smooth.<br />

In the bowl of an electric mixer, cream the butter<br />

and sugar until pale. Add the egg, salt, and<br />

baking powder. Mix to incorporate. Add the<br />

flour and pureed corn and mix until blended<br />

and forms a loose smooth dough.<br />

Put a corn husk lengthwise in front of you with<br />

the wide side closest to you. Spread 3 tablespoons<br />

of the dough all over the bottom half<br />

(wide side) of the corn husk, leaving about a<br />

1-inch-wide border on the left and right sides.<br />

Pick up the 2 long sides of the corn husk and<br />

bring them together. Roll both sides of the corn<br />

husks in the same direction over the filling.<br />

Repeat with remaining corn husks and dough.<br />

Arrange the tamales, seam side down, in a<br />

steamer and add 1/2-inch of water. Cover with<br />

a tight fitting lid, bring to a simmer and steam<br />

for 1 hour, adding additional water, as needed<br />

to maintain 1/2-inch of water in the pan. Remove<br />

the tamales from the steamer to a serving<br />

platter and serve.<br />

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10.05.2007 GÄSTEZIMMER<br />

discoteca flaming Star<br />

el night porter und the radio<br />

Performer: CGB, Stefan Kürten, WM<br />

Elements:<br />

Hate Verses / Zeichnungen<br />

< audio piece accompanied by handing out drawings<br />

by CGB and WM ><br />

CR-Milk-LaLa / Anita Berber<br />

< performing Marlene Dietrichs “Wenn ich mir<br />

was wünschen könnte”, while showing the Anita<br />

Berber slide.installation by CGB ><br />

Dead Boy<br />

< playing “I fell in love with a dead boy” by Antony<br />

and the Johnsons ><br />

Crazy Chicken Dance<br />

< Playing the video “Crazy Chicken Dance” by<br />

DFS ><br />

Charlotte Rampling (Nightporter)<br />

< playing Charlotte Rampling, singing Marlene<br />

Dietrichs “Wenn ich mir was wünschen könnte”<br />

as it was part of the film “The Nightporter” by<br />

Liliana Cavani from 1974 ><br />

Lili marlin / tanz-Caraoke<br />

< playing the video “Lili Marlin” and dancing inbetween<br />

projector and screen ><br />

Porque Te Vas<br />

< performing Jeanettes “Porque te vas” ><br />

Leben<br />

< playing “Leben heißt Leben” by Laibach ><br />

Moses (for Paul Robeson)<br />

< “Go down Moses” in the style of Motörhead.<br />

Feeding the audience with candid violets ><br />

Aladlona<br />

< playing the video “Aladlona (I love you green)”<br />

by François Boué, filmed at the DFS-performance<br />

at The Kitchen in NYC in 2006 ><br />

AACB/BDAC<br />

< performing “Thank you for the music” by<br />

ABBA and “Big Balls” by AC/DC simultaneously<br />

><br />

DFS is an interdisciplinary collaborative art<br />

group, a group of people which uses songs<br />

and other forms of oral expression, understanding<br />

them as a personal response to historical<br />

events and social and political facts.<br />

Through conceptual, visual and musical transfers,<br />

they create performances, sculptures, drawings,<br />

stages and situations whose foremost<br />

intention is to question and challenge the memory<br />

of the public, transforming old desires<br />

and finding invented pasts, or pasts which never<br />

occurred. DFS is the place where the oracle<br />

speaks through the non-chosen. DFS is a love<br />

letter written in the present continuous, a love<br />

letter to thousands of artists.<br />

They exploit their knowledge and lack of knowledge,<br />

working slowly, inspired by Anita Berber,<br />

Warhol‘s wig, ghosts with no home, Rita<br />

McBride‘s „Arena“, Greg Bordowitz, Mary Shelley,<br />

Karl Valentin & Lisl Karlstadt, the Vienna<br />

Group, Alvaro, Joey Arias and David Reed‘s<br />

paintings and dialogues.<br />

DFS present wonderful songs of love, consumption,<br />

fervour and feminism, carpets that<br />

help to cross burning bridges, fragile essays<br />

as drawings, and things that go together even<br />

though they shouldn‘t...<br />

They act directly in the gap between action and<br />

documentation, generating and finding documents<br />

that can be used to articulate strange<br />

tongues and languages that incite action and<br />

argument.<br />

Cristina Gómez Barrio and Wolfgang Mayer<br />

have been the base of Discoteca Flaming Star<br />

since 1998.<br />

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14.06.2007 GÄSTEZIMMER<br />

Weltausstellung<br />

Skulptural – elektroakustische Attraktionen für<br />

8 Spieler<br />

Der Klang als hörend erfahrbarer dreidimensionaler<br />

Raum steht im Zentrum dieser Aufführung.<br />

Die musikalische Dramaturgie im klassischen<br />

Sinne wird dem Klangraum untergeordnet, die<br />

Spieler bewegen sich zwischen musikalischem<br />

Ausdruck und statischer Klangkunst. Jeder<br />

Spieler präsentiert im Duo eine Attraktion, die<br />

von dem Ensemble unterstützt, moduliert und<br />

in Szene gesetzt wird.<br />

Spieler: Anja Lautermann, Dirk Ferdinand, Peter<br />

Issig, Robert Schleisiek, Stefan Jürke, Thilo<br />

Schölpen, Uli Kürner, Uwe Möllhusen<br />

14.06.2007 BIBLIOTHEK<br />

Matthias Meyer / Ralf WeiSSleder<br />

After the Shuffle<br />

Verbunden mit der Einladung in die <strong>WG</strong> war die<br />

Bitte, „etwas mit Musik zu machen“. Hieraus<br />

entstand ein etwa 58 Minuten langes Video, in<br />

dem es hauptsächlich um die möglichen Beziehungen<br />

zwischen Bildern, Geräuschen, Musik<br />

und Wörtern geht. Das Ganze ist aus Found<br />

Footage, Rock- und Popmusik sowie unserem<br />

eigenen Material montiert. Es beginnt mit Red<br />

Krayolas ‚Listen to This‘ (ein Zweieinhalbsekundensong:<br />

der gesprochene Imperativ, danach<br />

ein einzelner Akkord) und einem Blitzer aus J.<br />

Lee Thompsons ‚Tiger Bay‘ (die weit aufgerissenen<br />

Augen von Hayley Mills). Und daraus ergibt<br />

sich der Rest: eine Sammlung, deren Teile<br />

durch Assoziationen und Wahrnehmungsvorlieben<br />

bestimmt und miteinander verbunden sind.<br />

Die Montage war dem Legen von Dominosteinen<br />

ähnlich, und was nicht passte, wurde passend<br />

gemacht. Anhören, asynchron, Auftrag,<br />

Aussprache, Autos, beschreiben, Betriebssystem,<br />

Bildschirm, blau, blind, Blinklichter, brüllen,<br />

Buchstaben, Clip, Diskussionsrunde, en<br />

face, fahren, Fernsehsendung, fluchen, Fotolabor,<br />

Freiheit, Fremdsprache, Fußball, gebärden,<br />

Gerede, Gesten, Gewitter, Hände, Iris, Jazz,<br />

Kartentrick, Kinder, Kondensstreifen, korrigieren,<br />

Länderkennzeichen, Lautstärke, Leinwand,<br />

Lenin, lesen, Lichtpunkte, lispeln, Lokomotive,<br />

Maske, Microsoft, Mikrofon, mischen,<br />

nachahmen, Nachricht, Nacht, Netz, Ostblock,<br />

Parkbank, Partikel, Pingpong, Pokerrunde, Publikum,<br />

Puls, Puppen, Quantensprung, Rhythmus,<br />

Schallplatten, schlagen, Frau Schlemmer,<br />

Schneidetisch, Schwarzfilm, schweigen, Sex,<br />

Sieg, Sofa, Soundscape, Sparwasser, spielen,<br />

Stille, Stofftiere, Störung, Straße, Studio,<br />

stumm, Synchronfassung, tanzen, taub, Telefon,<br />

Tonspur, töten, Trainspotting, üben, umdrehen,<br />

Voicemail, vorsingen, Wahlkampf, Wassertropfen,<br />

werfen, Wetter, Wohnzimmer, Zensur,<br />

zielen, zusehen.<br />

Folgerichtig ist der Abspann über sechs Minuten<br />

lang. Er besteht aus dem Nachweis der<br />

Quellen und Bowies ‚Heroes‘ in einer Live-Version<br />

von Blondie. Das letzte Wort hat Debbie<br />

Harry: „Special thanks to Mr. Robert Fripp.“


14.06.2007 BIBLIOTHEK<br />

Elsbeth Arlt<br />

Verzetteln<br />

Ich lese 50 Karten einer Kartei des Verzettelns,<br />

Karten aus meinem Archiv, mit dem ich versuche,<br />

die Welt in eine schöne UnOrdnung<br />

zu bringen. Zitate aus Büchern, Zeitungsausschnittinformationen,<br />

Gefundenes, Aufbewahrtes,<br />

eigenes Zeug, alles vermischt sich in dieser<br />

Kartei. Jetzt bitte ich, zwei große Hände<br />

die Karten zu mischen – Zaubermeister Zufall<br />

regiere!<br />

„Sie nahm das Messer aus der Schublade zerkleinerte<br />

die Begriffe gab Zimt Rosinen Rum<br />

dazu und verteilte alles in Kategorien der laufenden<br />

Vorstellung“<br />

(TagTex, 25.11.1999)<br />

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14.06.2007 BIBLIOTHEK<br />

Nikolaus Gansterer<br />

Harvesting the Tree of Knowledge<br />

Seit 2003 hat Nikolaus Gansterer kontinuierlich<br />

an unterschiedlichen Wachstumsstudien (z. B.<br />

„The Eden Experiment“ , „Who Loves the Sun“<br />

oder „The Grass Is Always Greener…“ ) gearbeitet.<br />

Antrieb für diese Studien ist die Frage nach<br />

den Grenzen der Beeinflussbarkeit von Organismen<br />

– sowohl untereinander, als auch durch<br />

Dinge, Aktionen und Vorstellungen.<br />

In „The Eden Experiment“ bezieht sich der Künstler<br />

auf gezielte wissenschaftliche Versuchsreihen<br />

aus den 1970er Jahren, die der Frage nachgingen,<br />

in wie weit musikalische Beschallung<br />

das Wachstum von Pflanzen beeinflusst. Dafür<br />

lässt Gansterer die Testpflanze Arabidopsis<br />

thaliana, die aufgrund ihres gänzlich entschlüsselten<br />

Genoms oft in der pflanzenbiologischen<br />

Forschung Verwendung findet, in einer eigens<br />

konstruierten Versuchsanordnung 60 Tage lang<br />

unter Klängen von Johann Sebastian Bach und<br />

The Perversists, einer Death Metal-Band, gedeihen.<br />

Mit der in der <strong>WG</strong> gezeigten Lecture-Performance<br />

„Harvesting the Tree of Knowledge“ veröffentlicht<br />

Gansterer die erzielten Testergebnisse<br />

und führt mittels transwissenschaftlicher<br />

Diagramme, Live-Zeichnungen und den gesammelten<br />

Pflanzenmaterialien seine künstlerischen<br />

Auseinandersetzung mit Pflanzen vor<br />

Augen. Gansterer hinterfragt mit diesem Experiment<br />

den Grenzbereich zwischen Natur und<br />

Kultur und kommentiert auf ironische Weise aktuelle<br />

Themen wie Genmanipulation oder Reproduktionstechnologie.


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09.09.2007 SPEZIAL<br />

Burkat Zeller<br />

Musik21<br />

Violoncello: Im Rahmen von <strong>WG</strong>/<strong>3ZI</strong>/K/<strong>BAR</strong><br />

Spezial zum Vierwändefestival 2007 spielt<br />

Burkard Zeller im Parkhaus im Malkastenpark:<br />

„Threnody“ von Akira Nishimura und „Pression“<br />

von Helmuth Lachenmann<br />

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09.09.2007 SPEZIAL<br />

Tamara Lorenz<br />

Das halbe Leben ansich<br />

Wir hatten einen Fernseher draußen aufgestellt,<br />

auf dem lief ein Video, in dem ich die<br />

Luft aus bunten Tüten presse. Mal mit einem<br />

lauten Knaller und mal ganz schleichend und<br />

sehr anstrengend. Das war die Spezial-<strong>WG</strong> im<br />

Rahmen vom Vierwändefestival. Joung-en und<br />

Birgit hatten mich gerade im Rahmen von Gedan<br />

ausgestellt.<br />

Friederike Mainka und Birgit Jensen haben die<br />

Bar vor dem Parkhaus gemacht und Rory mit<br />

seiner Truppe aus UK ist als Lizard aufgetreten.<br />

cafe - sencha - sweets: Friederike Schardt<br />

(geb. Mainka)<br />

Bar: Seb Koberstädt, Leihgabe von Joung-en<br />

Huh


09.09.2007 SPEZIAL<br />

Rory Middleton (vovals) / Delvis<br />

(vovals) / Grizla (guitar) 6 mystery<br />

drummer Stewert<br />

KILLERSTREET<br />

We all remember Dusseldorf very fondly indeed<br />

Space Boots<br />

Stepped out of my capsule<br />

2000 years in the future<br />

I looked out and I see Phil Collins staring up<br />

at me<br />

And I remember I made a pair of shoes out of<br />

Collins‘s eyes and nose<br />

Collins is looking at me as I walk across the<br />

martian ground<br />

Phil I thought you were a drummer?<br />

Now your nothing but a dusty bummer.<br />

Phill Collins and your patent leather face<br />

Pantent leather face<br />

I saw you don‘t come around here anymore<br />

2000 years ahead of time<br />

And you still 5ft tall<br />

Phil don‘t come around to Killer Street any<br />

more<br />

We‘ll take your ears we‘ll take your nose<br />

We‘ll make some patent leather boots all over<br />

again<br />

Space shoes are the best thing you could<br />

ever be<br />

You were just a fat drummer<br />

With a fat bald head<br />

I‘ll take take your leather<br />

I‘ll take your face and make a boot from you<br />

Space boots<br />

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13.09.2007 KÜCHE<br />

finger<br />

Die Stadtimkerei<br />

Die Frankfurter Stadtimkerei / finger wurde<br />

2007 von den Mitgliedern der Künstlergruppe<br />

finger, Florian Haas und Andreas Wolf, als ein<br />

zwischen tierwirtschaftlichen, gesellschaftsgestaltenden<br />

und künstlerischen Impulsen<br />

angesiedeltes Projekt ins Leben gerufen, um<br />

Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen<br />

künstlerischen und nicht-künstlerischen Arbeitsformen<br />

zu untersuchen.<br />

Für das Projekt eigneten sich die beiden Betreiber<br />

die dafür notwendigen imkerlichen Fertigkeiten<br />

an und integrierten und thematisierten<br />

die Imkerei in der Frankfurter Innenstadt<br />

mit all ihren Arbeitsabläufen im Rahmen ihrer<br />

künstlerische Produktion in Form von kontextbezogenen,<br />

eigens gestalteten Bienenständen.<br />

Den Nukleus aller Aktivitäten bildete dabei von<br />

2007 – 2012 der ehemals als Ausstellungsraum<br />

und als finger-Büro genutzte Laden in<br />

der Frankfurter Innenstadt, der in Form der<br />

„beebox“ als Verkaufsraum, Treffpunkt und Informationszentrum<br />

genutzt wurde.<br />

Daneben betreibt die Künstlergruppe seit 2008<br />

einen Produktionsstandort und Lehrpfad zur<br />

städtischen Imkerei auf dem Dach des Museums<br />

für Moderne Kunst in Frankfurt am Main,<br />

der im Rahmen öffentlicher Führungen und<br />

Workshops zugänglich ist.<br />

Ebenfalls seit 2008 entwickelte sich in Zusammenarbeit<br />

mit dem Frankfurter Verein für<br />

soziale Heimstätten und der Werkstatt Frankfurt<br />

die „gemischte Bienengruppe“, in der sich<br />

Menschen in prekären Lebensumständen mit<br />

Menschen aus ganz herkömmlichen Lebenssituationen<br />

treffen und unter Anleitung von Florian<br />

Haas und Andreas Wolf gemeinsam die<br />

Imkerei erlernen können.<br />

Parallel zu diesen langfristig angelegten Projekten<br />

beteiligt sich die Gruppe finger immer<br />

wieder an temporären Kunstausstellungen,<br />

wie beispielsweise der Ausstellung „The enterprise<br />

of art“ im Palazzo delle Arte in Neapel,<br />

2008 oder im Rahmen der Europäischen Kulturhauptstadt<br />

Ruhr 2010 an dem Ausstellungsprojekt<br />

„B1/A40 Die Schönheit der großen<br />

Straße“.<br />

2012 bezieht finger in Kooperation mit dem<br />

Umweltamt Frankfurt neue Räumlichkeiten<br />

auf dem vormals militärisch genutzten alten<br />

Flugplatz in Frankfurt Bonames. Seither bietet<br />

die beebox dort die Plattform für Treffen der<br />

gemischten Bienengruppe, ein umfangreiches<br />

Vermittlungsprogramm für Kinder und Jugendliche<br />

und ist der Ausgangspunkt für Führungen<br />

zum nahegelegenen „Neuen Museum für Bienen“.<br />

Das Neue Museum für Bienen wurde 2012 von<br />

der Künstlergruppe gegründet. “Für Bienen”<br />

wird dabei ganz wörtlich genommen, so dass<br />

sämtliche Ausstellungsräume des Museums in<br />

erster Linie für den Besuch und die Nutzung<br />

von Bienen ausgelegt sind. Aber auch für Menschen<br />

dürften sowohl die einzelnen Ausstellungen,<br />

wie auch die Beobachtung der eigenartigen<br />

Publikumsströme von Interesse sein,<br />

sodass das Museum im Rahmen regelmäßiger<br />

Öffnungszeiten während des Bienenjahres von<br />

April bis September allen Interessierten zugänglich<br />

ist.


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13.09.2007 GÄSTEZIMMER<br />

thomas Bernstein<br />

Mausern<br />

Die Bibliothek des Malkastens, ein länglicher,<br />

mit runden Tischen und Stühlen bestückter<br />

Raum, durch den man in den großen Park des<br />

Malkastens gelangen kann, schien mir geeignet<br />

für mein Vorhaben: über und über mit 40<br />

Badetüchern bedeckt, wie ein Tier auf allen<br />

Vieren krabbelnd, kam ich durch die Terrassentür<br />

vom Dunkeln ins Helle. Dann zog ich<br />

immer das oberste Badetuch, eins nach dem<br />

anderen, von meinem Rücken und breitete sie<br />

nach und nach über Stühle und Tische. Während<br />

ich so langsam in die Aufrechte kam und<br />

mich nun mit größerer Bewegungsfreiheit zwischen<br />

dem Ablegen der Tücher auch im Kreise<br />

drehte, wurde der Raum mehr und mehr<br />

zu einer korallenfarbenen Frotteelandschaft.<br />

Durch Bewegung und Material entstand ein<br />

neuer Raumeindruck – eine sich in den Raum<br />

weitende Ausdehnung. Die Lampen der Seitenwände<br />

wurden auch behangen, zuletzt die<br />

Lampe neben der Seitentür, durch die ich zum<br />

Schluss nackt von hinten zu sehen wieder verschwand.<br />

Der Titel „Mausern“, der Vögel beim Ablegen<br />

ihres Federkleides beschreibt, aber auch in<br />

der Umgangssprache sich Entwickeln oder<br />

Verbessern meint, schien mir für diese spielerische<br />

Metamorphose von Tier zu Mensch<br />

geeignet zu sein, eine befreiende Umkehrung<br />

von Kafkas „Verwandlung“.<br />

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13.09.2007 GÄSTEZIMMER<br />

stefan ettlinger<br />

Automatik<br />

Der Ghettoblaster in der Ecke, zuerst angeschaltet,<br />

repetiert Loops, die der Performer<br />

aus seinem Frühwerk Anfang der 80er gebuddelt<br />

und teilweise zu Soundfetzen reduziert hat.<br />

Dann wird der PKW angeworfen, ein ferngesteuertes<br />

Modellauto, das auf dem Dach einen<br />

Walkman mit Minilautsprechern schleppt, der<br />

Geräusche von gleicher Herkunft ausspuckt.<br />

Das Auto fährt zu der ersteren Klangquelle, um<br />

mal zu sehen, ob das alles zusammenpasst.<br />

Wenn ja, rumpelt das eine Weile gemeinsam<br />

in zufällig entstandener Harmonie vor sich hin,<br />

wenn nicht, entfernt man sich wieder und versucht,<br />

durch Rempeleien die Mucke vom Dach<br />

rhythmisch aufzuwerten. Irgendwann ist dann<br />

der Akku alle.


13.09.2007 BIBLIOTHEK<br />

holger nickisch<br />

Gut gemeint - Die Rolle der Kunst im<br />

öffentlichen Raum in den Niederlanden<br />

Kunst und Kultur werden in den Niederlanden<br />

als ein kreatives Potential gesehen, um die<br />

multikulturelle Gesellschaft mit zu gestalten<br />

und auszubauen.<br />

Künstler propagieren die kulturelle Bürgerschaft,<br />

die Positionierung zur internationalen<br />

Globalisierung und der Neuverortung des öffentlichen<br />

Raumes. Community Art in all ihren<br />

Facetten, edukative Konzepte für Schulen und<br />

Ausbildungsstätten sind mittlerweile selbstverständliche<br />

und gut honorierte Domänen<br />

von bildenden Künstlern und Vermittlern.<br />

Dem Staat sind alle Mittel recht, um potentielle<br />

Konflikte einer multikulturellen Gesellschaft<br />

zu entschärfen, die Sichtbarkeit und Diversität<br />

der Kulturen zu fördern und damit die soziale<br />

Kohesie zu stimulieren.<br />

Man könnte an dieser Stelle die niederländischen<br />

Künstler als Staatskünstler diffamieren,<br />

wären eben in diesem staatlichen Subventionsystem<br />

nicht wichtige Kontrollfunktionen<br />

eingebaut, die die Qualität der bildenden Kunst<br />

genau unter die Lupe nehmen und davon die<br />

Zuteilung (oder nicht) einer Subvention abhängig<br />

machen. In den Kommissionen sitzen kompetente<br />

Künstlerkollegen und Kunstvermittler,<br />

weniger Parteifunktionäre oder Lokalpolitiker,<br />

die die Anträge bearbeiten.<br />

Die Niederlande möchten sich dem Rest der<br />

Welt als kultureller Dienstleister präsentieren.<br />

Galeristen aus New York werden für den Rundgang<br />

der Rijksakademie auf Staatskosten eingeflogen,<br />

niederländische Künstler können ihre<br />

Reise und Materialkosten bei der Botschaft<br />

oder beim Mondriaanfonds (nach eingehender<br />

Prüfung natürlich) deklarieren, wenn der Gastgeber<br />

im Ausland nicht über genügend Mittel<br />

verfügt, um seine Gäste adäquat unterzubringen.<br />

Alles um niederländischen Künstlern auf<br />

dem globalen Markt eine bessere Position zu<br />

verschaffen.<br />

Als Gegenleistung erwartet der Staat, dass<br />

der Künstler sich als kultureller Unternehmer<br />

behauptet, der sich ökonomisch emanzipiert<br />

hat und dementsprechend beim Finanzamt<br />

geführt wird und abführen muss.<br />

Hierbei geht es nicht direkt um Verkäufe von<br />

Kunstwerken, der Kunstmarkt ist in Holland<br />

eher bescheiden ausgelegt, sondern vielmehr<br />

um ein modernes Bild des aktiven Künstlers,<br />

der sich als Manager seiner eigenen Firma um<br />

Aufträge kümmert.<br />

Zur Demokratisierung trägt in den Niederlanden<br />

auch die Rolle der Community Art bei, ein<br />

Begriff, den es in den anglikanischen Ländern<br />

gar nicht gibt. Kulturelle Träger bekommen den<br />

Auftrag, die Kunst in all ihren Erscheinungen<br />

dem „Volk“ näher zu bringen. Künstlerinitiativen<br />

werden stimuliert, sich in so genannten Problemvierteln<br />

zu festigen, angelockt mit günstigen<br />

Mieten und großzügigen Zuwendungen für<br />

ihr Programm. Im Rahmen der Gentrifikation<br />

von sozial ökonomisch schwachen Stadtteilen<br />

bekommen Kreative die Möglichkeit in Zusammenarbeit<br />

mit den Bewohnern sich als Partizipationskünstler<br />

zu profilieren.<br />

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11.10.2007 GÄSTEZIMMER<br />

klara adam / michalis nicolaides<br />

High Club<br />

Wenn das Denken sagt, dass es sich auf die<br />

Suche nach etwas Echtem machen will, kann<br />

es das, was es als echt betrachtet, projizieren,<br />

aber das ist nur eine Illusion. <br />

Jidduh Krishnamurti<br />

Wir sehen ein Abbild, entstanden durch das<br />

von der Wasseroberfläche zurückgeworfene<br />

Licht.<br />

Ein junges Paar in Abendgarderobe schwebt<br />

in einem Hyperraum der unendlich scheint.<br />

In der festlich-schwerelosen Stimmung, gießt<br />

der Herr der Dame Champagner ein, doch die<br />

Flüssigkeit schießt nach oben, wo sie auf die<br />

Grenzfläche trifft und die Illusion zerstört.


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11.10.2007 GÄSTEZIMMER<br />

daniel massow<br />

Land des Lächelns<br />

Der Superstar zu Besuch in Düsseldorf<br />

Das erste Mal stellte er seinen Kurzfilm „Das<br />

Land des Lächelns“ vor und gab sich zusätzlich<br />

die Ehre, das Publikum der <strong>WG</strong> mit einem<br />

Liederabend zu beglücken. Sich mit einem<br />

Harmonium begleitend, sang er Lieder unter<br />

dem Titel „Nibelungenland“.


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11.10.2007 BIBLIOTHEK<br />

alicja kwade<br />

Junge Sterne rauchen<br />

08.11.2007 KÜCHE<br />

thorsten Schneider<br />

it´s thoasted<br />

Einen Burger in einen anderen Burger einbauen:<br />

Big Mac in Big Mac<br />

Fishmäc in Big Mac<br />

Whopper in Big Mac<br />

Big Mac in Whopper<br />

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08.11.2007 BIBLIOTHEK<br />

clemens krÜmmel<br />

Melton Prior Pecha Kucha 1 -<br />

Winsor McCay und das Historienbild<br />

in der Moderne<br />

Im Jahr 2005, im Anschluss an die gemeinsam<br />

kuratierte Ausstellung „Tauchfahrten - Zeichnung<br />

als Reportage“ (Kunstverein Hannover,<br />

Kunsthalle Düsseldorf, 2004/05), haben der<br />

Künstler Alexander Roob und der Kunsthistoriker<br />

Clemens Krümmel das Melton Prior Institut<br />

als eine private Initiative zur Erforschung<br />

reportierender Zeichnungspraktiken und der<br />

damit verbundenen Druckkulturen gegründet<br />

(www.meltonpriorinstitut.org). Der Vortrag von<br />

Clemens Krümmel präsentierte exemplarisch<br />

für einen Sonderfall solcher Reportagepraktiken<br />

den amerikanischen Künstler Winsor<br />

McCay (1869-1934), der einem kunsthistorisch<br />

interessierten Publikum als Schöpfer der Comicserie<br />

„Little Nemo“ bekannt geworden ist.<br />

Diese mit großem technischen Aufwand und<br />

in gigantischen Auflagen in Tageszeitungen<br />

veröffentlichte Reihe - in der es um die Alptraumvisionen<br />

eines kleinen Jungen geht, die<br />

dieser durch den Verzehr schwer im Magen<br />

liegender Käsetoasts vor dem Schlafengehen<br />

selbst induziert – war erzähltechnisch, aber<br />

auch ästhetisch ein höchst einflussreiches<br />

künstlerisches Werk, das viele gestalterische<br />

Elemente in Jugendstil und Art Déco aufgriff<br />

und sogar auch selbst beeinflusste. McCays<br />

zweite Karriere galt dem gezeichneten Animationsfilm<br />

– er gehörte zu den allerersten<br />

Künstlern, die sich diese Technik erschlossen.<br />

Ein besonderer Schwerpunkt des Vortrags lag<br />

auf der Analyse des 1918 während des Ersten<br />

Weltkriegs entstandenen Animationsfilms<br />

„The Sinking of the Lusitania“ (35 mm, 12 Minuten),<br />

der stellvertretend für die hochgradige<br />

Selbst- und Medienreflexivität des frühen<br />

Animationsfilms aufgegriffen wurde. Nicht nur<br />

sieht man in dem Film, wie das kriegshistorische<br />

Ereignis der Torpedierung eines Passagierdampfers<br />

durch Interviews, Recherche<br />

und Rekonstruktion genauestens für den Film<br />

aufbereitet wurde, den damals verfügbare Realfilmkameras<br />

aus nahe liegenden Gründen<br />

nie hätten umsetzen können – erfahrbar wird<br />

in diesem sich selbst als künstlerische Zeichnungsreportage<br />

verstehenden Ansatz zu einem<br />

quasi-dokumentarischen Animationsfilm<br />

die mediengeschichtliche Grundlegung filmischer<br />

Wahrheitsproduktionen. Die Grenzlinie<br />

zur Propaganda verwischt dabei auf bezeichnende<br />

Art und Weise – wenn die vorgeblich<br />

redliche Recherche in eine gerichtsmäßige<br />

Vorführung von „Beweisen“ mündet, die den<br />

späten Kriegseinstieg der Vereinigten Staaten<br />

rechtfertigen sollte. Winsor McCay, der auch<br />

im Feld der politischen Karikatur als Editorial-<br />

Grafiker tätig war, gelingt hier ein Lehrstück<br />

über die moderne Ambivalenz medialer Aufklärung.<br />

Zugleich wird der „Animationscharakter“<br />

zeichnerischer Rekonstruktionen von Geschichte<br />

in einem besonders eigentümlichen<br />

Fall anschaulich.


08.11.2007 BIBLIOTHEK<br />

van horn<br />

Katie Holten: The last high Bookrelease<br />

Katie Holten‘s art represents a study of mounting<br />

ecological concern. It has been noted that<br />

Holten’s current investigations incorporate<br />

scientific theories and place her practice in<br />

polemical opposition to prevailing US policies<br />

increasingly underpinned by notions of ‘intelligent<br />

design’. As is the case with Holten’s<br />

diversity of work, certain logics become legible<br />

amid seeming disarray – an interconnectedness<br />

shaped by the artist’s embrace of the<br />

fragmented, the tangential, and the communal.<br />

Perhaps “Laboratorio della Vigna,” a project<br />

for La Biennale di Venezia 2003, provides a<br />

microcosm of her evolving process-based anthropologies.<br />

Amid the prescribed hierarchy<br />

of nationalities, pavilions, and disciplines, she<br />

structured a temporary headquarters for a variety<br />

of collaborative and individual research,<br />

spawning works (and non-works) and the accumulated<br />

proposals of others, showing “the<br />

whole process of the researched failures and<br />

successes like the detritus of a frenzied stream<br />

of thought positioned beside its distilled, crystal-clear<br />

idea.” 1<br />

Holten’s work touches upon notions of uprootedness<br />

and transplantation - issues that she<br />

considers in forms ranging from the re-location<br />

of indigenous plant life to various diagrams<br />

drawn on paper or in space. Holten’s “forceful<br />

collapsing of distinctions between nature and<br />

culture, between ‘high’ art and lowly plant life,<br />

between aesthetic beauty and the botanically<br />

unbeautiful, between timeless art object and<br />

the transient weed, between the elevated and<br />

the everyday, is as salutary as it is momentarily<br />

disconcerting.” 2 Drawing equally from the<br />

ubiquitous and the remote, the minute and the<br />

infinite, Holten’s practice renders connections<br />

via models of scientific as well as social networking.<br />

Lia Gangitano, New York City, 2006<br />

1 Regina Gleeson, “Katie Holten’s Work Unplugged,” Visual Artists’ News Sheet, (Dublin, 2004)<br />

2 Caoimhin Mac Giolla Leith, “Related Matters,” Katie Holten and others (Dublin, 2002)<br />

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08.11.2007 GÄSTEZIMMER<br />

tasogare world<br />

Shingen Suzuki - Trumpet, Mic, mix, etc.<br />

Hiroyuki Murase - Guitar, Mic, Mix etc.<br />

Tasogare World wurde 2004 von Shingen Suzuki und Hiroyuki Murkse in Düsseldorf gegründet.<br />

Gonya Gonya Gonya Gonya<br />

Musik war in gelb Krokodile, er hat ein alte braun Sofa gegessen.<br />

Gonya Gonya Gonya<br />

gu- gu- gu-


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13.12.2007 KÜCHE<br />

axel brandt / petra sapper<br />

Es gibt Erwin<br />

Truthahnessen im Jakobihaus/Malkasten<br />

Erwin war einer von drei Truthähnen, die auf einem<br />

Bauernhaus in Bayern von meiner Mutter<br />

großgezogen wurden.<br />

Truthähne sind erst nach zwei Jahren fortpflanzungsfähig<br />

aber schon nach wenigen<br />

Monaten schlachtreif. Ihr Stall muss im Winter<br />

beheizt werden, da sie ein milderes Klima gewöhnt<br />

sind. Daher kaufen wir die jungen Vögel<br />

in einer nahe gelegenen Zucht. In Mittelamerika<br />

leben sie noch wild, wie hier bei uns etwa<br />

die Fasane.<br />

Bei uns sind ihre natürlichen Feinde als Kücken<br />

Greifvögel, Marder und der Regen, wenn sie<br />

nach drei Monaten ca 7 kg wiegen und zu fliegen<br />

beginnen, der Fuchs. Daher müssen sie<br />

nachts in den Stall und tags, als Jungvögel,<br />

vor Regen und Raubvögeln geschützt werden.<br />

Zusätzlich zu ihrer Weidenahrung, (Gräser,<br />

Brennesel, Moose ...) bekommen sie Körner<br />

als Kraft/Mastfutter, was zu rascher Gewichtszunahme<br />

führt. Sie können 20 kg schwer werden<br />

– bewegen sich dann aber wie Enten und<br />

passen nicht mehr ins Backrohr.<br />

Ich schlachte sie ca. eine Woche vor dem Verzehr.<br />

Früher machte ich das noch allein aber<br />

ein Tier von ca 15 kg lässt sich schwer ohne<br />

Stress töten und es ist gut, wenn man einen<br />

kräftigen Gehilfen hat.<br />

Die Tiere werden gebrüht und gerupft und danach<br />

über Nacht ins Atelier gehängt.<br />

Erwin wog 16kg und ich musste mir für das Essen<br />

im Malkasten einen größeren Ofen mieten.<br />

Ich fülle die Truthähne immer mit Schweinehack<br />

und Petersilie – Bocuse macht das im<br />

Prinzip auch (er verwendet nur einige zusätzliche<br />

Zutaten). Im Malkasten machten wir 60<br />

Portionen (mit Blaukraut und Semmelknödel)<br />

nur mit Weißbrot und Wein haben wir das in<br />

Akademiezeiten aber auch schon zu zwölft geschafft.<br />

Mein Dank beim Malkastenessen gebührt meinen<br />

Helferinnen Stefanie Lässig, Petra Sapper,<br />

Uscha Urbainski und Gabi Wondra.


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13.12.2007 BIBLIOTHEK<br />

alexander roob<br />

Melton Prior Pecha Kucha 2 -<br />

das W. J. Linton-Archiv zu Xylographie<br />

und Radikalismus und drei malkastenspezifische<br />

Themen<br />

Es ging bei dem Vortrag um verschiedene<br />

Forschungsfelder des Melton Prior Instituts,<br />

die damals aktuell waren und die größtenteils<br />

noch immer aktuell sind. Reportagezeichnung<br />

im weitesten Sinn, vor allem mit Bezug auf die<br />

Düsseldorfer Lokalität und die spezifische Situation<br />

im Malkasten. In der <strong>WG</strong> war an diesem<br />

Abend beispielsweise der Verzehr eines<br />

Truthahns angekündigt, entsprechenderweise<br />

waren Abbildungen des Thanksgiving Day aus<br />

amerikanischen Illustrierten des 19. Jhd.s in<br />

den Vortrag eingebaut. Von Goethe als Kriegszeichner<br />

war auch die Rede. Ich arbeitete damals<br />

gerade an einer Publikation über Goethe<br />

in Verdun und während des Vortrags wurde<br />

mir plötzlich bewusst, dass wir uns möglicherweise<br />

gerade genau in dem Zimmer befanden,<br />

in dem Goethe während seines Zwischenhalts<br />

auf der Rückreise von der gescheiterten<br />

Frankreichkampagne im Haus seines Freundes<br />

Friedrich Heinrich Jacobi verräterische Unterlagen<br />

entsorgt haben könnte, zumindest gab<br />

es in dem Vortragsraum im Jacobihaus einen<br />

Kamin, der für eine solche Dokumentenverbrennung<br />

gut geeignet gewesen wäre.<br />

Daneben hatte auch der Historienmaler Theodor<br />

Rocholl eine Rolle gespielt. Der war aufgrund<br />

eines Künstlerstreits im Malkasten zeitlebens<br />

geächtet worden, auch bei offiziellen<br />

Aufträgen, und musste daher sein Dasein vor<br />

allem als Reportagezeichner fristen. Ich halte<br />

Rocholl nach wie vor neben Carl Friedrich<br />

Lessing für den brillantesten Vertreter der Düsseldorfer<br />

Malerschule. Und dann ging es auch<br />

noch um die Geschichte des Holzstichs und<br />

den frühsozialistischen Druckerpoeten William<br />

James Linton. Also ein wahrhafter Kraut- und<br />

Rübenvortrag in zwanzig Minuten.


13.12.2007 GÄSTEZIMMER<br />

mark wehrmann / malte struck<br />

Death Metal Performances<br />

Malte Struck (Gesang)<br />

Mark Wehrmann (Gitarre)<br />

Dauer 20 min<br />

Death Metal Gewänder von Mark Wehrmann.<br />

Die Gewänder werden jeweils nur für eine einzige<br />

Performance verwendet.<br />

Gemeinsam arbeiten Malte Struck und Mark<br />

Wehrmann an den Themenfeldern Klang,<br />

Raum und Tod. In ihren Death Metal Performances<br />

greifen sie sowohl auf Subgenres populärer<br />

Musik zurück, als auch auf klassische<br />

kunstgeschichtliche Motive wie Living Sculpture<br />

oder Orgien Mysterien Theater. Während<br />

unsere Gesellschaft die Vergänglichkeit unserer<br />

Existenz leugnet und das Thema Tod verdrängt,<br />

gehen sie voll rein und machen alles<br />

kalt, was sich ihnen in den Weg stellt. Sie sind<br />

moderne Monster, die Henker einer überkommenen,<br />

dem Untergang geweihten Spezies.<br />

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10.01.2008 BIBLIOTHEK<br />

max schulze<br />

Archiv Untergrund<br />

Das Archiv Untergrund geht in Teilen seines<br />

Bestandes auf die über 50 Jahre alte Sammlung<br />

von Comics, Bildern und Schallplatten<br />

von Memphis Schulze (1944-2008) zurück. Seit<br />

1988 wurde der Bestand durch Max Schulze<br />

kontinuierlich erweitert.<br />

Ein Schwerpunkt der Sammlung besteht aus<br />

Underground Comics der 60er bis 70er Jahre,<br />

die vornehmlich aus den USA stammen. Neben<br />

diesen beinhaltet das Archiv die Themengebiete:<br />

No-ISBN, KünstlerInnen Publikationen,<br />

Alternative Presse, Fanzines, Comics, Poster.<br />

Darüber hinaus sind im Archiv Künstler mit<br />

Arbeiten (Originale, Editionen, Publikationen)<br />

vertreten, die sich mit den oben genannten<br />

Themengebieten in ihrer künstlerischen Arbeit<br />

auseinander setzen oder gesetzt haben.<br />

Als Research Quelle war das Archiv Untergrund<br />

mit beträchtlichen Leihgaben an der<br />

Ausstellung „Sigmar Polke: Wir Kleinbürger!<br />

Zeitgenossen und Zeitgenossinnen“ in der<br />

Hamburger Kunsthalle 2009 vertreten.<br />

In der <strong>WG</strong> im Malkasten wurde versucht einen<br />

Überblick über die Comic Kultur der 60er und<br />

70er Jahre zu geben. Der Schwerpunkt lag dabei<br />

auf den Themengebieten Politik, Sex, Horror<br />

und Drogen.


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10.01.2008 GÄSTEZIMMER<br />

chris succo / robert eikelpoth /<br />

michael breyer<br />

Örlywork<br />

10.01.2008 GÄSTEZIMMER<br />

suse weber<br />

Mitglied oder ohne?<br />

Studie zur Düsseldorfer Gesellschaft<br />

Hinter dem Titel „Mitglied oder ohne?“ verbirgt<br />

sich eine Anspielung auf einen weit verbreiteten<br />

SED-Parteiwitz. Entgegen der Praxis<br />

eines losen Künstlerbundes mit geringer Regulierung<br />

bei der <strong>WG</strong> als Veranstaltungsort in<br />

Düsseldorf, interessierte mich die Reaktionsfähigkeit<br />

und der Widerstand gegenüber einer<br />

Einführung einer Neuregelung.<br />

Auszüge aus dem Protokoll<br />

Die Registrierung und Aufnahme in eine Mitgliedschaft<br />

als Einlassbedingung.<br />

1. Vorgehen:<br />

Verkleinerung des Eingangsbereiches durch<br />

Nutzung vorhandenen Mobiliars<br />

Provozieren einer Besucherreihe am Eingang<br />

Erklärung der Neuregelung und Registrierung<br />

durch einen Stempel auf den Handrücken und<br />

ein Foto als zukünftiges Gesetz der <strong>WG</strong> im Jacobihaus<br />

2. Fazit:<br />

102 Besucher akzeptieren Neuregelung ohne<br />

Hinterfragung<br />

1 Verweigerer<br />

0 Widerstand der Organisatoren<br />

3. Auswertung:<br />

Die Reaktionen waren auffallend eitlen Charakters<br />

und häufig wurden Versuche heiterer<br />

Verhandlungen zum Abbildungsrecht geführt.<br />

Die Handlung selbst war kein Gesprächsgegenstand.<br />

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14.02.2008 GÄSTEZIMMER<br />

rolf bier<br />

Strip - Bilder in Folge / Images in line<br />

Das Projekt beschäftigt sich mit „Bild-Sequenzen“<br />

als künstlerischem Medium. Warum<br />

erinnert man intensive Erlebnisse wie einen in<br />

lauter einzelne Standbilder („stills“) zerlegten<br />

Mini-Film? Was bleibt von der kontinuierlichen<br />

retinalen Wahrnehmung, welcher der Mensch<br />

im Wachzustand ausgesetzt ist, was in der Konkurrenz<br />

der vielen visuellen Eindrücke als „Bild“<br />

zurück? Wie überhaupt entstehen Bilder und<br />

wie hängen Bildgenese und Erinnerung zusammen?<br />

Mehr als 40 internationale KünstlerInnen<br />

haben auf Einladung von Rolf Bier von ihrem<br />

je individuellen Werkansatz ausgehend Bildsequenzen<br />

für strip - Bilder in Folge entwickelt.<br />

Die Sequenzen werden in einem „stripscreening“<br />

individuell getaktet hintereinander<br />

als Dia- und Beamerprojektion gezeigt.<br />

strip - Bilder in Folge wurde seit 2005 u.a.<br />

im Kunstverein Hannover, im Kunsthaus Baselland/Muttenz,<br />

im Kunstmuseum Stuttgart<br />

sowie bei Overgaden/Kopenhagen und in der<br />

Villa Arson in Nizza in unterschiedlichen Zusammensetzungen<br />

gezeigt. Das Projekt wird<br />

begleitet von „striparchive“, einer Sammlung<br />

künstlerischer Bildsequenzen.<br />

Strip wurde kuratiert von Rolf Bier<br />

Beteiligte Künstler: Silvia Bächli (CH), Stephan<br />

Banz (CH), Margrét H. Blöndal (IS), Rolf Bier<br />

(D), Delphine Courtillot (F), Stefan Ettlinger (D),<br />

Maria Finn (S), Michel Francois (B), Christoph<br />

Girardet (D), Hlynur Hallsson (IS), Yoshiaki Kaihatsu<br />

(J), Abigail Lazkoz (E), Jonathan Monk<br />

(GB), Michal Moravcik (SV), Yves Netzhammer<br />

(CH), Kay Nyborg (DK), Serge Onnen (NL), Carl<br />

Ostendarp (USA), Iván Peréz (E), Dominik Petitgand<br />

(F), Carina Randloev (DK), David Reed<br />

(USA), Alexander Roob (D), Julia Schmid (D),<br />

David Shrigley (GB), Bernhard Volk (D), Corinne<br />

Wasmuht (D), Lawrence Weiner (USA) u.a.


14.02.2008 PLATTENKÜCHE<br />

daniel fritschi<br />

select<br />

Daniel Fritschi war Gründungsmitglied des legendären<br />

EGO-club in Düsseldorf. Seit 2004<br />

betreibt er sein eigenes Vinyl-Plattenlabel<br />

(Level Records). Er war Gründungsmitglied<br />

und Resident DJ des Kollektivs ParticleRiot.<br />

Zweieinhalb Jahre lang präsentierte die Gruppe<br />

zahlreiche Level Record Release Partys im<br />

Künstlerkeller des Künstlervereins Malkasten<br />

bis sie sich Mitte 2009 trennte.<br />

Im April/Mai 2010 organisierte Daniel Fritschi<br />

das „c|o level festival“ in der „Botschaft“ im<br />

Foyer des ehemaligen Capitol-Kino und Theaters<br />

am Worringer Platz in Düsseldorf (der<br />

Name „Botschaft“ geht auf eine gleichnamige<br />

Ausstellung im Jahr 2001 zurück). Das Festival<br />

fand über den Zeitraum von vier Wochen mit<br />

insgesamt sieben Veranstaltungen statt.<br />

Fünf Monate später eröffnete er in der weiter<br />

ausgebauten Festival-Location den Foyer-<br />

Club. Obwohl zunächst nur für 3 Monate geplant,<br />

hält der temporäre Status nun schon<br />

über 2 ½ Jahre an. In diesem Rahmen findet<br />

wöchentlich mindestens eine Veranstaltung<br />

statt, oft in Kombination mit Kunst-Ausstellungen<br />

und Installationen. Das Konzept ist<br />

auch hier eine Symbiose von Musik, Licht- und<br />

Rauminstallationen.<br />

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14.02.2008 KÜCHE<br />

danica dakic<br />

Proja


14.02.2008 BIBLIOTHEK<br />

bojan vuletic<br />

Eingeladen von danica dakic<br />

Photo sensitive I<br />

Ein akustisches Portrait des Künstlerpaares<br />

Danica Dakic and Egbert Trogemann<br />

(11:47 min, Stereo Audio)<br />

Komposition & Aufnahme - Bojan Vuletic<br />

Kameraklänge - Egbert Trogemann<br />

Stimme - Danica Dakic<br />

produziert, abgemischt & gemastert im Out-<br />

Of-Focus Studio, Düsseldorf, durch Bojan Vuletic<br />

(2007)<br />

Uraufführung als Radioinstallation bei RTS<br />

(Radio Televizija Srbije), Serbien, 2007<br />

Diese Arbeit wurde am 14.02.2008 im Rahmen<br />

der Veranstaltungsreihe <strong>WG</strong>/<strong>3ZI</strong>/K/<strong>BAR</strong> im<br />

Künstlerverein Malkasten gezeigt. Es handelt<br />

sich bei dieser Komposition um einen sehr<br />

subjektiven Blick aus unmittelbarer Nähe auf<br />

die Beziehung zwischen der Künstlerin Danica<br />

Dakic und ihrem Ehemann, dem Fotografen<br />

Egbert Trogemann. Die beiden Künstler wurden<br />

unabhängig voneinander einen halben<br />

Tag lang mit der gleichen A-B-Mikrofonierung<br />

akustisch aufgenommen, Egbert Trogemann<br />

in seinem Studio und Danica Dakic in einem<br />

kleinen und intimen Raum. Die Klänge aus der<br />

“Foto”-Session und der “unbewusste Stimme”-<br />

Session wurden editiert und kein Klang wurde<br />

häufiger als einmal verwendet. In der Bearbeitung<br />

waren nur Manipulationen der Zeit und<br />

des Raumes zugelassen (u.a. positive und negative<br />

Beschleunigung, Granulation, Gegenüberstellung,<br />

Veränderung von Entfernungen),<br />

so dass ein ungewöhnliches, akustisches Bild<br />

entstand, das nicht einfach eine klangliche<br />

Momentaufnahme von aussen darstellt, sondern<br />

eher die Berührungsflächen zwischen<br />

diesen zwei Menschen dokumentiert.<br />

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13.03.2008 GÄSTEZIMMER<br />

merlin bauer<br />

Liebe deine Stadt<br />

Unter dem Pflaster Strand – Momentane Orte<br />

Als Merlin Bauer 1999 nach Köln zog, wollte er<br />

sich sein eigenes Bild der Stadt machen. Es<br />

sollte eine abenteuerliche Entdeckungsreise<br />

werden. Dazu realisierte der aus Graz stammende<br />

Künstler in Zusammenarbeit mit der Architektin<br />

Anne-Julchen Bernhardt (Büro BeL)<br />

ein Transportfahrrad, das an einen Eiswagen<br />

der 50er Jahre erinnert. Tatsächlich befindet<br />

sich in der fahrbaren Box eine Bar für gekühlte<br />

Getränke und ein UKW-Piratensender, der<br />

zusammen mit einer Reihe von mitgeführten<br />

Kofferradios als mobile Tonanlage fungiert.<br />

Das war 2002 und nannte sich als prozessuales<br />

Projekt „Unter dem Pflaster Strand – Momentane<br />

Orte“. Ein Jahr später wurden seine<br />

Macher mit dem Kölner Architekturpreis ausgezeichnet.<br />

Merlin Bauer und Anne-Julchen<br />

Bernhardt interessieren sich für die Stadt als<br />

identitätsstiftender Ort, als gesellschaftlicher<br />

Raum für Kommunikation. Mit der Einladung<br />

zum Gespräch und zu einem Drink und dem<br />

Fahrrad und seiner Box definierten sie über<br />

die Monate mehr als 90 städtische Orte zu<br />

temporären Treffpunkten. Ziel war es für unbewusste<br />

Stellen im urbanen Gefüge neu zu<br />

sensibilisieren. Das konnte eine Nacht auf einer<br />

Verkehrsinsel an der Nord-Süd-Fahrt, der<br />

„Psycho-dynamischen Straße“, sein oder eine<br />

Intervention wie „Nomadischer Rundfunk“ mit<br />

einer musikalischen Performance des Avantgarde-Musikers<br />

Marcus Schmickler zum Gedenken<br />

an das WDR-Studio für Elektronische<br />

Musik.<br />

Die elegante rot-weiße Box, deren Muster einer<br />

Le-Corbusier Tapete entliehen ist, bildet<br />

das Versammlungssignet für verschiedene<br />

künstlerische und wissenschaftliche Beiträge<br />

und sorgt mit ihrem gastronomischen Angebot<br />

für einen temporären sozialen Treffpunkt. Der<br />

Frankfurter 68er-Schlachtruf „Unter dem Pflaster<br />

der Strand“ wurde im Köln des beginnenden<br />

zweiten Millenniums mit dem Kunstvehikel<br />

der „Strandbox“ zur Erzählung einer Stadt und<br />

ihrer unerfüllten Wünsche. Die Strandbox verkörperte<br />

in ihrer Flüchtigkeit einen Ausnahmezustand<br />

kollektiver Wahrnehmung.<br />

Das Kunstmodul passt sich ein, hebt hervor,<br />

gibt Signal, erhält Resonanz und Bestätigung<br />

als Rückmeldung an die Terra Vague der Stadt.<br />

Die „Strandbox“ springt von Mal zu Mal, behauptet<br />

und proklamiert Urbanität. Dabei wirkt<br />

die „Strandbox“ wie ein Zauberstab, an dem<br />

sich die Geister über die verschiedenen Szenen<br />

hinweg entzünden – Künstler, Architekten,<br />

Literaten, Musiker, Multiplikatoren. Die<br />

„Strandbox“ ist das konkrete Angebot, sich<br />

selbst ein Bild der Stadt zu verschaffen.<br />

Text: Konstantin Adamopoulos


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13.03.2008 BIBLIOTHEK<br />

norbert arns<br />

Bruchstück 32<br />

8.Mai 2003<br />

Verena Kluth und Norbert Arns installieren im<br />

Außenregal des Römisch-Germanischen Museums,<br />

Köln, ein Fassadenfragment der ehemaligen<br />

Josef-Haubrich-Kunsthalle, die Ende<br />

2002 unter Protest abgerissen worden war.<br />

(Das entstandene „Kölner Loch“ führte zur<br />

Gründung von „das Loch e.V.“)<br />

Im Regal für antike Architekturfragmente wird<br />

der Stein als Bruchstück 32 ergänzt.<br />

Der Akt wird als klassische Schenkung inszeniert:<br />

Ein Kölner Sammlerehepaar gibt aus<br />

seinem Besitz ein bedeutendes Stück an ein<br />

Städtisches Museum und somit an die Öffentlichkeit<br />

zurück.<br />

Als Grußwort des Oberbürgermeisters Fritz<br />

Schramma dient eine vom Band abgespielte<br />

Rede. Das Material hierfür wird von einem Hörbuch<br />

gesampled, das der OB zuvor aufgenommen<br />

hatte („Sagenhaftes aus Köln“). Die vermeintliche<br />

Rede endet in einer Beschimpfung<br />

der anwesenden Gäste aus Kunst und Kultur<br />

und gipfelt in den Worten: “...schönen Abend<br />

noch, Kunstgesindel!“ Der Abend klingt aus<br />

mit Musik<br />

Mitwirkende: Verena Kluth, Norbert Arns und<br />

Marian Stoll (Musik)<br />

Die Veranstaltung ist ein Beitrag zur Reihe:<br />

„Unter dem Pflaster der Strand“ von Merlin<br />

Bauer.<br />

Weihnachten 2012<br />

Das Bruchstück 32 ist verschwunden. Das<br />

Römisch-Germanische-Museum erstattet Anzeige.<br />

8.Mai 2013<br />

Festakt: Das Sammlerpaar Arns & Kluth<br />

schenkt dem Römisch-Germanischen-Museum<br />

ein weiteres Werk ihrer Sammlung: das<br />

Bruchstück 33


13.03.2008 CURATOR‘S KITCHEN<br />

akiko & Yuriko bernhoeft<br />

onêsan & imôto<br />

Karee Raisu à la Oneesan<br />

(jap. Curry mit Reis)<br />

3 Scheiben Schweinebauch<br />

ca. 10 Kartoffeln<br />

3 Zwiebeln<br />

4 Möhren<br />

Gewürzwürfel für Karee in verschiedenen<br />

Geschmacksrichtungen<br />

z.B. 2 x süß und 3 x scharf<br />

Sojasoße<br />

Bulldog Tonkatsu Sauce<br />

Bulldog Vegetable & Fruit Sauce<br />

Schweinebauch vom Fett befreien und in<br />

mundgerechte Würfel schneiden.<br />

Die Hälfte der Kartoffeln schälen und in Würfel<br />

(grob) schneiden.<br />

Zwiebeln schälen und schneiden.<br />

In einem Topf das Fleisch in etwas Öl anbraten,<br />

Zwiebeln und Kartoffeln dazu geben.<br />

So viel Wasser hinzugeben, dass alles gerade<br />

bedeckt ist und so lange köcheln lassen, bis<br />

die Kartoffeln gar sind.<br />

Alle Kartoffeln aus dem Sud herausholen, zerstampfen<br />

und wieder in den Topf geben.<br />

Nun die übrigen Kartoffeln und Möhren schälen,<br />

in Würfel schneiden und zum Rest hinzufügen.<br />

Nachdem diese angegart sind, die Gewürzwürfel<br />

hinzugeben und nach Belieben mit<br />

den Saucen würzen.<br />

In der Zwischenzeit den Reis kochen.<br />

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13.03.2008 BIBLIOTHEK<br />

frank hesse<br />

Florenz - von St. Croce zum<br />

kunsthistorischen Institut<br />

Vortrag, Videoprojektion und Diskussion<br />

Das Video ist eine Aufzeichnung des Weges<br />

zwischen der Basilica di Santa Croce und dem<br />

Kunsthistorischen Institut in Florenz. Über diesen<br />

Weg verbinden sich zwei Orte, die symbolisch<br />

für zwei oppositionelle Perspektiven<br />

der Bildbetrachtung stehen: die Basilica di<br />

Santa Croce für den eher leidenschaftlichen,<br />

das Kunsthistorische Institut für den eher vermittelnden<br />

Zugang zur Kunst. Die Geschichte,<br />

die die Verbindung beider Orte herstellt, wird<br />

während des Spaziergangs in Untertiteln eingeblendet.<br />

Die Bilder des Videos sind bei Nacht aus der<br />

Hand aufgenommen worden. Die Unschärfen,<br />

bedingt durch den pumpenden Autofocus der<br />

Kamera, verweisen in gleicher Weise auf den<br />

fotografisch dilettierenden Touristen wie auf<br />

romantisch-pittoreske Malerei oder die filmische<br />

Inszenierung eines Nervenanfalls. Das<br />

Video ist so bearbeitet, dass immer weniger<br />

Bilder pro Zeiteinheit zu sehen sind. Nach einer<br />

Weile werden die Bewegungen des Videos<br />

kantiger; die Bilder erscheinen dann kurzzeitig<br />

stroboskopisch, danach stockend. Sie bleiben<br />

in der Folge immer länger stehen: das Video<br />

wandelt sich zum Diavortrag. Dabei wird mit<br />

zunehmender Dringlichkeit nach der Organisation<br />

des Sehens gefragt, nach der Bedeutung<br />

von Kategorien wie Ähnlichkeit und Unterscheidbarkeit,<br />

Nähe und Distanz, Ekstase und<br />

Erkenntnis.<br />

Die Basilica di Santa Croce stellt mit ihren<br />

vielen Grabmälern und zahlreichen bedeutenden<br />

Kunstwerken eine der eindrucksvollsten<br />

Sakralbauten von Florenz dar. Marie-Henri<br />

Beyle, der unter dem Pseudonym Stendhal<br />

bekannte französische Schriftsteller, verfasst<br />

mehrere Reisetagebücher und gilt daher als<br />

Prototyp des modernen Touristen. Er erleidet<br />

hier am 22. Januar 1817 einen Nervenzusammenbruch:<br />

»Volterranos ‚Sybillen‘ haben<br />

mir vielleicht die heftigste Freude eingeflößt,<br />

die mir die Malerei je bereitet hat. Ich befand<br />

mich schon bei dem Gedanken, in Florenz zu<br />

sein, und durch die Nähe der großen Männer,<br />

deren Gräber ich gesehen hatte, in einer Art<br />

Ekstase. Ich war in die Betrachtung edelster<br />

Schönheit versunken, die ich ganz dicht vor<br />

mir sah und gleichsam berühren konnte. Meine<br />

Erregung war an dem Punkt angelangt,<br />

wo sich die himmlischen Gefühle, die uns die<br />

Kunst einflößt, mit den menschlichen Leidenschaften<br />

vereinen. Als ich Santa Croce verließ,<br />

hatte ich starkes Herzklopfen; in Berlin nennt<br />

man das einen Nervenanfall; ich war bis zum<br />

Äußersten erschöpft und fürchtete umzufallen.«<br />

Er wird Namensgeber des sogenannten


Stendhal-Syndroms, das Graziella Magherini<br />

als Leiterin der psychologischen Abteilung des<br />

größten Krankenhauses von Florenz seit den<br />

1970er Jahren erforscht. Es bezeichnet »die<br />

krankhaften Auswirkungen, die Kunstwerke<br />

auf sensible Gemüter haben können«. Dafür<br />

untersucht sie über einen Zeitraum von zehn<br />

Jahren über hundert Fälle und findet heraus,<br />

dass es meist Alleinreisende zwischen 26<br />

und 40 Jahren trifft, die sich ohne konkreten<br />

Plan und professionelle Führung dem Kunstgenuss<br />

aussetzen. Sie haben dann bleibende<br />

seelischen Störungen, leiden unter Halluzinationen,<br />

Verfolgungswahn und Schuldgefühlen.<br />

Manche verspüren den Wunsch, die Bilder,<br />

die diesen Zustand hervorgerufen haben, zu<br />

zerstören. Einem Gerücht zufolge werden in<br />

besagtem Krankenhaus ständig drei Betten für<br />

solche Fälle bereitgehalten. Das Ende des 19.<br />

Jahrhunderts wird von Zeitgenossen als das<br />

»nervöse Zeitalter« empfunden. Florenz steht<br />

an der Schwelle zur Moderne und gilt als die<br />

Metropole des Selbstmords. 1897 siedelt sich<br />

der Kunsthistoriker Aby Warburg, Mitbegründer<br />

des Kunsthistorischen Instituts, in Florenz<br />

an. Er erlangt später mit seinen Studien zur Renaissance<br />

Weltruhm und gilt als Begründer der<br />

modernen Kunstgeschichte. Sein Interesse gilt<br />

nicht mehr dem Stil von Kunstwerken, sondern<br />

deren Bedeutung vor dem Hintergrund eines<br />

bestimmten geistigen Gesamtkonzepts. Er<br />

arbeitet mit riesigen Mengen von Bildern aus<br />

unterschiedlichsten Quellen. Zwischen ihnen<br />

konstruiert er »verwandtschaftliche« Beziehungen<br />

und ordnet sie nach dem Prinzip der<br />

»guten Nachbarschaft«. Warburgs Verhältnis<br />

zu Bildern wird vor allem von Erkenntnisdrang<br />

bestimmt, und nicht etwa von Genuss oder gar<br />

Hingabe. Der allzu genießerische Umgang mit<br />

Kunstwerken ist ihm zuwider. Für ihn lauern im<br />

Schönen Gefahren. Er fürchtet, dass Emotionen,<br />

romantische Begeisterung, Ekstase den<br />

Betrachter in den Strudel des Irrationalen reißen<br />

könnten. Seine Zeitgenossen betrachten<br />

ihn selbst als Gefährdeten, der psychische<br />

Stabilität in seiner wissenschaftlichen Betätigung<br />

sucht. Er versteht seine Arbeit als einen<br />

Weg zu Aufklärung und Vernunft, als Überwindung<br />

»mittelalterlicher-östlicher Irrationalität«<br />

und»orientalischen Angstzuständen«. Warburg<br />

misst der Sprache dabei eine besondere Bedeutung<br />

zu: Sie vermöge es, die widerstreitenden<br />

Elemente zu beherrschen und im Gleichgewicht<br />

zu halten. Dies erfordere allerdings ein<br />

Erinnern und »diese Erinnerungssucht als Instincthandlung<br />

führt zum Institut.« Institut und<br />

Archiv bleiben ihm letzte Zufluchtsorte vor der<br />

Sorgenkralle, bevor er 1914 einen psychischen<br />

Zusammenbruch erleidet, von dem er sich<br />

zehn Jahre nicht mehr erholt.<br />

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10.04.2008 GÄSTEZIMMER<br />

maren maurer / klara adam<br />

Die Stimmung unserer Seelen<br />

In E.T.A Hoffmans Roman die Elixiere des Teufels<br />

findet der Mönch Methadus sein Alter Ego,<br />

einen jungen Grafen, schlafend auf der Klippe<br />

eines Abhangs. Bei dem Versuch diesen zu<br />

wecken stürzt er ihn in den Tod.<br />

Für uns ist diese Stelle im Roman, in der sich<br />

jemand selbst aufweckt und damit in den Tod<br />

stürzt, Sinnbild für die Notwendigkeit des Traumes<br />

im Sinne der Konstruktion von Realität.<br />

Dem Tod folgt in Hoffmanns Roman nur eine<br />

weitere konstruierte Wirklichkeit. Der Mönch<br />

nimmt die Identität des Verstorbenen an und<br />

wechselt die Gestalt durch dessen Insignien.<br />

In einer Chimäre aus Kunst und Theater überlagerten<br />

sich Videoprojektion und Live Performance,<br />

wobei uns das Treppenhaus als Felsvorsprung<br />

und Abhang diente.<br />

Sowie ich ihn berührte, fuhr er aus dem Tiefen<br />

Schlafe, aber in dem selben Augenblick<br />

stürzte er, das Gleichgewicht verlierend, hinab<br />

in den Abgrund, dass von Felsspitze zu Felsspitze<br />

geworfen, die zerschmetterten Glieder<br />

zusammenkrachten; sein schneidendes Jammergeschrei<br />

verhallte in der unermesslichen<br />

Tiefe, aus der nur ein dumpfes Gewimmer herauftönte,<br />

das endlich auch erstarb.<br />

E.T.A. Hoffman, Die Elixiere des Teufels, Zweiter<br />

Teil, Der Eintritt in die Welt, Die Stimmung<br />

unsrer Seelen<br />

Performance:<br />

Im Treppenaufgang des Jacobihauses bei gedimmtem<br />

Licht steht eine Performerin (Maurer)<br />

am oberen Treppenabsatz, während die andere<br />

(Adam) sich auf der mittleren Plattform neben<br />

einem Spiegel aufhält. Das Publikum befindet<br />

sich sowohl oberhalb der Treppe, als auch unterhalb;<br />

eine Ganzansicht der Geschehnisse<br />

ist also zu keiner Zeit möglich. Ein Video ist auf<br />

die Wand projiziert. Aufgenommen in romantischer<br />

Umgebung irgendwo in der Eifel wird<br />

eine fortlaufende Kamerabewegung von oben<br />

nach unten gezeigt. Im Folgenden überlagern<br />

sich zeitweise projektierte Handlung, Bewegung<br />

und Live-Performance.<br />

Zu Beginn interagieren abstrakter Sound, welcher<br />

live (Adam) durch den Gebrauch eines<br />

Handmikrofons erzeugt wird mit der Bewegung<br />

des wiederholten Hinunterfallens von je<br />

einigen Treppenstufen und anschließendem<br />

Wideraufrichten (Maurer) bis zum mittleren<br />

Treppenabsatz. Währendessen führt die Kamerafahrt,<br />

durch eine Lochblende aufgenommen,<br />

von der Spitze eines Felsens hinab auf<br />

einen Spiegel. Das Bild einer uniformierten<br />

Person auf dem Felsen, mit Hut und einem Gegenstand<br />

neben sich (Adam) ist zu erkennen.<br />

Diese rührt sich nur minimal bis eine weitere<br />

Person in schwarzem Umhang (Maurer) hinzutritt<br />

und das Video endet. Es folgt eine Wiederholung<br />

der ersten Sequenz, diesmal sind die<br />

Performer mit Cul-de-Paris und Steindecke<br />

kostümiert. Das Fallen geht über in eine verharrende<br />

Position (Maurer) am Fuß der Treppe<br />

neben einem Requisit des Videos.<br />

Im Schlussteil wird eine Kerze entzündet und<br />

liegend ein Extrakt aus E.T. Hoffmanns Buch<br />

„Elixiere des Teufels“ vorgelesen (Adam).<br />

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10.04.2008 BIBLIOTHEK<br />

airi triisberg<br />

public preparation<br />

Public Preparation – Biennale of Young Artists<br />

is a project book that is documenting, commenting<br />

and contextualising a series of lectures,<br />

presentations and discussions which constituted<br />

the publicly visible preparation process<br />

for the Biennale of Young Artists, Tallinn, 2007.<br />

The publication is largely based on the recordings<br />

of the presentations, workshops and seminars<br />

held in the course of Public Preparation<br />

project, but also features a number of articles<br />

written by the participants of Public Preparation<br />

events. The contributors range over different<br />

generations and locations in Europe, with<br />

an important focus on the contemporary art in<br />

the region of former Eastern Europe.The publication<br />

focuses on a set of questions related<br />

to the possibilities of critical art production in<br />

late capitalist society, mapping ideas that have<br />

been opened up for discussion over the Public<br />

Preparation process. Our focus has been on<br />

possible ideas of changing the dominant social<br />

reality through our activities as art professionals<br />

while situating ourselves between local<br />

and international contexts. What is the role of<br />

the international art community in negotiating<br />

the current state of the world we live in? How<br />

can we contribute to the making of a different<br />

future?


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10.04.2008 GÄSTEZIMMER<br />

joung-en huh / susanne giring<br />

technische unterstÜtzung:<br />

romano granderath<br />

Microphoneorchestra<br />

6 Tische, 7 Tischmikrofone, Mischpult, Laptop,<br />

Metronom, 6 Lautsprecherboxen<br />

im Durchgangsraum und in der Bar des Jacobihauses<br />

Joung-en Huh und Susanne Giring (Idee, Konzept,<br />

Planung, Organisation), Romano Soresina<br />

(Konzept, Organisation, Technische Umsetzung)<br />

Der Raum füllte sich mit Besuchern der Performance,<br />

die skeptisch an den Tischen Platz<br />

nahmen und testeten, ob die auf sie gerichteten<br />

Mikrofone aktiv waren. Verhaltenes Spre-<br />

chen, Klopfen gegen die Mikrofone, Rascheln,<br />

Räuspern, eine unangenehme Situation des<br />

Abhörens entstand. Es wurden immer nur einzelne<br />

Mikrofone eingeschaltet, so dass sich<br />

niemand sicher sein konnte, ob er gerade aufgezeichnet<br />

wurde.<br />

Die Aufnahmen wurden von Romano selektiert<br />

und über die Boxen etwas zeitversetzt<br />

ausgestrahlt. So entstand ein Klangteppich<br />

aus den tatsächlichen verstärkten Geräuschen<br />

und Gesprächen im Raum und den kurz zuvor<br />

aufgezeichneten Klängen. Nachdem dies die


Besucher und zugleich Ausführenden der Performance<br />

realisierten, passten sie ihre Kommunikation<br />

diesem Umstand an. Die Situation<br />

ging über in ein enthemmtes, experimentelles<br />

Zusammenspiel von Besuchern, in dem es<br />

keine Privatsphären der Kommunikation mehr<br />

gab, sondern nur noch das bewusst nach außen<br />

gerichtete Generieren einer Klangcollage,<br />

bestehend aus dem Rascheln von Papier,<br />

Musikfragmenten aus Mobiltelefonen, kurzen<br />

gesprochenen Texten, Gesang, Gläserklirren<br />

und so weiter. Uns interessierte der Verlauf<br />

der Reaktionen und des Eingreifens des Publikums<br />

auf die vorgegebenen technischen Möglichkeiten.<br />

Das Zusammenwirken der ausgestrahlten<br />

Aufnahmen und der Geräusche, die<br />

parallel vor Ort entstanden, wurde wiederum<br />

aufgezeichnet, so dass man auch im Nachhinein<br />

einen Eindruck der Musikalität dieser etwa<br />

eine Stunde lang andauernden Performance<br />

gewinnen kann. Rhythmus und Dramaturgie<br />

entstanden durch den an- und abschwellenden<br />

Klangteppich, an dem alle Besucher im<br />

Raum ihren Anteil hatten.<br />

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08.05.2008 CURATOR‘S KITCHEN<br />

susanne titz<br />

Spargeln<br />

für 6 Personen<br />

2 kg weißer Spargel<br />

1 kg Kartoffeln / Rattes, Drillinge oder Bamberger<br />

Hörnchen<br />

1 dickes Bund Basilikum<br />

1 Stück Parmesan je nach Vegetarieranteil<br />

6-12 Scheiben Metzgerkochschinken<br />

250g Butter<br />

Pfeffermühle<br />

Salz<br />

Kartoffeln waschen. Spargel schälen, Schalen<br />

waschen und aufbewahren. Kartoffeln<br />

ungeschält in kaltes Salzwasser geben, mit<br />

Deckel 20-25 Minuten garen. Wasser abgießen,<br />

im offenen Topf trocken dämpfen, danach<br />

Deckel drauf, beiseite stellen. Viel Salzwasser<br />

mit Spargelschalen zum Kochen bringen<br />

(Spargelschalen und Spargelreste ergeben<br />

später Spargelsuppe). Spargelstangen in das<br />

kochende Wasser geben und ca. 8-10 Minuten<br />

bis Wunschbissstärke sieden. Mit Spaghettizange<br />

o.ä. aus dem Spargelwasser herausholen,<br />

in Küchentuch einschlagen (Spargelwasser<br />

aufbewahren für Spargelreste, daraus wird<br />

die Suppe). Während des Garens Basilikum<br />

waschen und in feine Streifen schneiden. Basilikum,<br />

Schinken, Parmesanstück auf Platten<br />

ausbreiten. Atmen lassen. Parmesanreibe<br />

dazu, Pfeffermühle und Salzstreuer. 6 Teller im<br />

Spülbecken oder Backofen aufwärmen. Butter<br />

in Kasserole geben und bei milder Hitze<br />

schmelzen. Spargel und Kartoffeln auf Teller<br />

häufen, Basilikum und Schinken darüber<br />

schichten und viel Parmesan auf Alles reiben.<br />

Pfeffer und Salz darauf verteilen und ganz viel<br />

flüssige Butter. Nochmals kurz atmen lassen.<br />

Dann los. P.S. Aller Spargel, der übrig bleibt,<br />

wird mit dem Kochwasser und einer Mehlschwitze<br />

(mit dem Rest der Butter) am nächsten<br />

Tag zu Spargelsuppe. D.h. die Restbutter<br />

erhitzen, etwas Mehl hineinschütten, das Spargelwaser<br />

hinzugeben und aufkochen, .... dann<br />

salzen, pfeffern und all die Reste, die letzten<br />

Spargelstücke, den Parmesan, Schinken und<br />

Basilikum hineingeben und ganz schnell darin<br />

verrühren. Nicht lang kochen, sondern gleich<br />

servieren, sobald die Mischung schmeckt.<br />

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08.05.2008 BIBLIOTHEK<br />

martin schmidl<br />

Dachau Displays<br />

Der Vortrag behandelte die Geschichte eines<br />

Ausstellungsthemas das von 1945 bis in die<br />

Gegenwart reicht und seiner bisher nicht untersuchten<br />

Gestaltungsformen. Der Untersuchungsgegenstand,<br />

die Ausstellungen über<br />

die Nazi-Verbrechen auf dem Gelände des<br />

ehemaligen Konzentrationslager in Dachau bei<br />

München, spiegelt die internationale Entwicklung<br />

der Ausstellungsgestaltung der letzten 60<br />

Jahre. Von der ersten Ausstellung in Dachau,<br />

unmittelbar nach der Befreiung im Auftrag der<br />

US-Army von ehemaligen Häftlingen eingerichtet,<br />

bis zum heutigen umfangreichen „KZ-Museum“<br />

wird auch ein grundsätzliches Problem<br />

der gegenwärtigen Gedenkstättengestaltung<br />

aufgezeigt, das Auseinandertreten von erzählter<br />

Geschichte und professioneller Visualisierung.<br />

Die Analyse spricht die Fragen an, die in<br />

der kommenden Umgestaltungsphase auf der<br />

Tagesordnung stehen werden.<br />

Die erste Ausstellung auf dem Gelände des<br />

ehemaligen KZ Dachau, noch im Jahr der Befreiung<br />

1945, wurde im Auftrag der US Army<br />

von einigen befreiten Häftlingen zusammen<br />

gestellt. Ehemalige Häftlinge waren es auch,<br />

die entsetzt über den Zustand des Geländes<br />

am 10. Jahrestag der Befreiung 1955 eine<br />

angemessene Gedenkstätte forderten und<br />

schließlich 10 Jahre später durchsetzten. Die<br />

erste Ausstellung in dieser Gedenkstätte (1965)<br />

gestaltete der Ausstellungsgestalter Johannes<br />

Segieth, der in Absprache mit einem Vertreter<br />

der Überlebenden und der Gedenkstättenleitung<br />

die Gestaltung vollkommen allein<br />

entscheiden konnte. Die aktuelle Ausstellung<br />

schließlich, die vor 10 Jahren installiert wurde,<br />

ging auf einen geladenen Wettbewerb zurück<br />

an dem eine kleine Zahl von auf Gedenkausstellungen<br />

spezialisierten Design- bzw. Architekturbüros<br />

teilnahmen. Das Briefing dazu hatte<br />

eine umfangreiche Kommission erstellt, die<br />

u.a. aus Historikern, Politikern, Fachleuten für<br />

bauliche Fragen, Mitarbeitern der Gedenkstätte<br />

und einem Sprecher der Überlebenden bestand.<br />

Künstler, Designer, ArchitektInnen oder<br />

KunsthistorikerInnen waren nicht eingeladen<br />

worden an diesem Prozess teilzunehmen.<br />

Diese Entwicklung kann man als ein Bild für<br />

den Wandel im Umgang mit der Geschichte<br />

der NS-Verbrechen und seiner zunehmenden<br />

Professionalisierung innerhalb Deutschlands<br />

seit dem Krieg lesen. Sie bildet den Wechsel<br />

der Deutungshoheit von der Besatzungsmacht,<br />

über die Häftlingsorganisationen schließlich zu<br />

den HistorikerInnen ab. Sie legt in meinen Augen<br />

aber auch nahe darüber nachzudenken,<br />

wie eine derartige Entwicklung weitergehen<br />

könnte und sollte. Im Sinne von Lucius Burckhardt<br />

verstehe ich diese Konstellationen von<br />

Entscheidungsträgern und Gestaltern als Konstellationen<br />

von „unsichtbarem Design“. Diese<br />

Untersuchung will kritisch anmerken, die Zusammenstellung<br />

von Kommissionen und deren<br />

Zusammenarbeit mit spezialisierten Designbüros<br />

zum Thema zu machen, um einer weiteren<br />

Engführung der Diskussion und der Entscheidungen<br />

zuvor zu kommen. Postwar Exhibition<br />

Design – Dachau Displays ist inzwischen als<br />

gleichnamige Publikation in der Kunstwissenschaftlichen<br />

Reihe im Verlag der Buchhandlung<br />

Walther König erschienen.


08.05.2008 GÄSTEZIMMER<br />

junior toscanelli<br />

Unplugged<br />

12.06.2008 BIBLIOTHEK<br />

joanne greenbaum<br />

Special Guest<br />

In 2008 I had a survey show at the Museum<br />

Abteiberg in Monchengladbach. Suzanne Titz<br />

the director of the museum asked me along<br />

with Markus to give a talk on my work to the<br />

<strong>WG</strong> when I was living in Dusseldorf preparing<br />

the exhibition. The talk that I did consisted of<br />

images that I took of my three months in Dusseldorf,<br />

my studio there, and shots of the installation<br />

of the museum, as well as other photos<br />

of my work of the last 15 years. Instead of giving<br />

the standard lecture with slides, I decided<br />

to accompany the images with popular music<br />

that I had on my ipod. While I know that the<br />

concept of musical accompaniment has been<br />

done before, it seemed like the right thing to<br />

do at the time, to not explain my work in words<br />

but pictures and music as a presentation. The<br />

„talk“ went so well that it became part of the exhibition<br />

at Museum Abteiberg, and was shown<br />

as a continuous loop in their auditorium.<br />

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12.06.2008 BIBLIOTHEK<br />

moo-kyoung shin<br />

open space bae<br />

Künstlergenerierte Projekträume gibt es als<br />

Format nicht nur in Europa. In Pusan (Südkorea)<br />

bietet der Projektraum „Open Space Bae“ eine<br />

besondere wie nahezu skurrile Ausstellungsund<br />

Residenzmöglichkeit. Direkt am Stadtrand<br />

der schillernden Metropole gelegen findet man<br />

sich dort unversehens in einer Agrikulturlandschaft<br />

wieder, die durch Felder, wildes Land<br />

und Kleinbauern geprägt ist. Über kleinere Höfe<br />

und Häuser verteilt arbeiten hier Künstler im<br />

idyllischen Umfeld zwischen Schilf und Hühnerfarm.<br />

Moo-Kyoung Shin, den ich bei einem<br />

Ausstellungsprojekt vor Ort kennenlernte, kam<br />

in die <strong>WG</strong>, um nicht nur die Projektplattform<br />

vorzustellen, sondern auch Einblick in seine<br />

künstlerische Tätigkeit zu geben.<br />

12.06.2008 KÜCHE<br />

christian megert<br />

Eintopf<br />

Dicke Minestrone<br />

Viel Gemüse und zum Schluss die weissen Bohnen und die Maccheroni hinzugeben.


12.06.2008 GÄSTEZIMMER<br />

uwe oldenburg<br />

Fortgang / das gemeine ich<br />

ein Bühnenstück<br />

Unsere szenisch-musikalische Performance<br />

»Fortgang/Das gemeine Ich« kreist um das<br />

Gedicht »In der Welt« und seinen Autor Paul<br />

Boldt (1885 – 1921), einen fast vergessenen<br />

Dichter des deutschen Expressionismus.<br />

Die Idee entwickelte sich aus der persönlichen<br />

Entdeckung des Dichters und seines Gedichtbandes<br />

»Junge Pferde! Junge Pferde!« (1914).<br />

Das darin enthaltene Gedicht »In der Welt« war<br />

zunächst Anlass für ein längeres Musikstück<br />

und steht neben der Figur Paul Boldt im Mittelpunkt<br />

der szenischen Inszenierung in drei<br />

Bildern, die, unterstützt von Bildprojektionen,<br />

den Begriff »Performance« fast in Richtung<br />

Theater verschiebt.<br />

Die Beschäftigung mit einer Person, von der<br />

heute nicht einmal mehr ein Photo oder eine<br />

Portraitzeichnung existiert, unscharf umrissen<br />

durch kurze Bemerkungen seiner literarischen<br />

Zeitgenossen, führt sehr schnell hinein in den<br />

lebendigen Kosmos seiner Gedichte. Dort<br />

finden wir vor allem Empfindungen und einen<br />

Überschwang von Gefühlen. Insbesondere im<br />

Gedicht »In der Welt« erleben wir einen Menschen,<br />

»dem die Welt abhanden gekommen ist<br />

und der an seiner Ohnmacht und Ratlosigkeit<br />

leidet« (Marcel Reich-Ranicki). Uwe Oldenburg<br />

spürt dieser Gefühlslage in seinen Texten und<br />

Projektionen nach und Wolfgang Hurle und<br />

Sigi Siegel schaffen mit ihrer Musik einen Klangraum,<br />

in dem das Echo von Paul Boldts Formulierung<br />

»Mein Ich ist fort« widerhallt.<br />

Diese Arbeit ist der Versuch des Nachempfindens<br />

und keine Interpretation. Entstanden ist<br />

eine offene »Versuchsanordnung« in Sachen<br />

Textverständnis und somit wiederum ganz<br />

Kunst und nicht Theorie.<br />

Die Performance wurde außer im Goethezimmer<br />

im Jacobihaus u.a. mehrfach in München<br />

gezeigt, auch bei der Veranstaltung »Zeitgenössische<br />

Kunst am Wittelsbacherplatz« im<br />

Rahmen der 850-Jahr-Feier der Landeshauptstadt<br />

München mit zusätzlichen Bildprojektionen<br />

von Maria Ploskow.<br />

Wolfgang Hurle, Uwe Oldenburg, Sigi Siegel,<br />

Herbert Woyke<br />

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12.06.2008 GÄSTEZIMMER<br />

dannert / engelke /<br />

fritsch / fritz / schmenger<br />

Gallert - Georges Bataille arrangiert<br />

Die von Frauke Dannert, Stephan Engelke, Sabrina<br />

Fritsch, Sven Fritz und Lukas Schmenger<br />

gestaltete Inszenierung der unter dem Titel<br />

„Das obszöne Werk“ zusammengefassten erotischen<br />

Texte George Batailles ging weit über<br />

den gängigen Vortrag hinaus, indem sie den<br />

Raum der intensiv bildhaften Sprache Batailles<br />

in den sinnlich erfahrbaren Raum der Stimme<br />

und des Arrangements erweiterte. Dabei erzeugten<br />

die mehr als vierstündige Lesung wie<br />

auch der Duft der unzähligen weißen Lilien eine<br />

bis zur Unerträglichkeit ausgereizte Intensität,<br />

während das bürgerlich repräsentative Interieur<br />

des Jacobizimmers und das gereichte Getränk<br />

sich assoziativ auf die gelesenen Texte bezogen.<br />

So stellten die Litschis und der volle Zuckergussrand,<br />

die den Schaumwein bereicherten,<br />

eine starke Verbindung zu Motiven aus der<br />

„Geschichte des Auges“ her, namentlich die<br />

Früchte aufgrund ihrer Form, Farbe und der<br />

gallertähnlichen Konsistenz.<br />

Beispielhaft kulminieren die textliche Dynamik<br />

und die untergründige Symbolik in einer Stierkampfszene<br />

im sommerlich heißen Madrid.<br />

Allein, auf dem Platz, auf den meine Freundin<br />

sich setzen wollte, stand ein Teller mit zwei<br />

nackten Hoden darauf: diese Drüsen, von der<br />

Größe und der Form eines Eies, waren von einem<br />

perlmutterglänzenden rotgeäderten Weiß<br />

ähnlich dem eines Augapfels.<br />

[…] Innerhalb weniger Sekunden sah ich, zu<br />

meinem Entsetzen, Simone in eine der beiden<br />

Kugeln beißen, Granero hervortreten und dem<br />

Stier das rote Tuch hinhalten; dann Simone, mit<br />

blutrotem Kopf, in einem Augenblick schwüler<br />

Obszönität ihre Vulva entblößen und in die Vulva<br />

den anderen Hoden schieben; Granero hintenüber<br />

geneigt, gegen die Barrera gedrängt,<br />

und über der Barrera die Hörner, die in vollem<br />

Schwung dreimal zustießen: eines der Hörner<br />

drang in das rechte Auge und in den Kopf ein.<br />

Das sich überschlagende Geschrei in der Arena<br />

traf mit Simones krampfartigem Orgasmus<br />

zusammen. Sie erhob sich von der Steinplatte,<br />

schwankte und schlug hin, geblendet von der<br />

Sonne, aus der Nase blutend. Männer stürzten<br />

herbei und bemächtigten sich Graneros. 1<br />

1 Bataille, Georges: Das obszöne Werk. Reinbeck:<br />

Rowolth 1972. S. 37 f.


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Dannert / Engelke /Fritsch / Fritz / Schmenger „gallert - georges bataille arrangiert“<br />

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Tasogare world


11.09.2008 GÄSTEZIMMER<br />

tasogare world<br />

11.09.2008 KÜCHE<br />

walter meissl<br />

Das Jahressuppenprojekt -<br />

ein Vortrag mit Folgen<br />

Am 11. 9 . 2008 kochte Markus im Rahmen des<br />

50-Jahrjubiläums der <strong>WG</strong>/<strong>3ZI</strong>/K/<strong>BAR</strong> im Düsseldorfer<br />

Malkasten eine vietnamesische Pho<br />

Suppe. Diese Suppe war Teil des vom philosophischen<br />

Reisebüro durchgeführten interventionistischen<br />

Kunstprojektes „die Jahressuppe“.<br />

Walter Meissl, Mitglied des Suppenexekutivkomitees,<br />

wurde eingeladen, das Projekt vorzustellen.<br />

Das Projekt startete am 12. Feb.<br />

2008 mit einem Fest im wiener MAK und endete<br />

genau 366 Tage später am 11. Feb. 2009<br />

mit einem Fest in der Roma Lounge in Wien. In<br />

diesem Jahr wurde an jedem Tag eine Suppe<br />

gekocht, die einen halben Liter des flüssigen<br />

Anteils der vorhergehenden Suppe enthielt. Bis<br />

zur 366. Suppe wurden rund 1.500 Liter Suppe<br />

gekocht. Die erste Suppe wurde bis zur letzten<br />

Suppe um den Faktor 8.07-280 verdünnt.<br />

Die Suppe hat 13 verschiedene europäische<br />

Länder bereist. Am Ende des Jahres ist die<br />

Suppe von ca. 340 verschiedenen Menschen<br />

für geschätzte 5.000 Freunde, Bekannte und<br />

Unbekannte gekocht worden.<br />

Man könnte sagen, rund 5000 Menschen haben<br />

aus einer Schüssel gegessen, sind an einem<br />

Tisch gesessen, haben eine wesentliche soziale<br />

Interaktion geteilt, die nicht unschwer als das<br />

Vertrauen schaffende, gemeinsame Gastmahl<br />

verstanden werden kann. Diese Menschen<br />

sind zusammen an den Tischen von Museen,<br />

Galerien, Bibliotheken, Schulen, Altersheimen,<br />

Obdachloseneinrichtungen, Werkskantinen,<br />

Universitäten, Wohnwägen, Kulturinitiativen,<br />

Restaurants, Gaststätten, Asylheimen und vor<br />

allem einer Vielzahl von privaten Haushalten<br />

gesessen und haben miteinander eines geteilt:<br />

den Geschmack der Gastfreundschaft.<br />

Sinn und Zweck dieser Veranstaltung war es,<br />

das Thema Suppe über den Zeitraum eines<br />

Jahres in seiner ästhetischen, historischen,<br />

soziologischen, gastrosophischen und alltäglichen<br />

Dimension zu entwickeln. Dies geschah<br />

dadurch, dass der Prozess des täglichen Suppenkochens<br />

einen weiten Kreis von Personen<br />

verband, die mit und an diesem Thema arbeiteten,<br />

es auf vielfache Weise darstellten und interpretierten.<br />

Die Suppe selbst repräsentierte<br />

diesen Zusammenhang, indem in jeder folgenden<br />

Suppe jeweils die gesamte Information der<br />

vorhergehenden Suppen steckte, wenn auch<br />

möglicherweise nur mehr in Form einer Handvoll<br />

von Molekülen.<br />

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11.09.2008 KÜCHE<br />

Markus Ambach / Walter Meissl<br />

Das Jahressuppenprojekt:<br />

Pho Ga & Laksa<br />

Die eigentliche Kunst Asiens liegt in der Kochkultur.<br />

Nirgendwo anders wird soviel Zeit mit<br />

dem Anbauen, Zubereiten und Geniessen von<br />

Lebensmitteln verbracht. Die sinnliche Vielfalt<br />

dieser Kultur zwischen Kochkunst und Esskultur<br />

scheint endlose Formen anzunehmen.<br />

Asiatische Suppen unterscheiden sich zu hiesigen<br />

oft durch die komplexe Vielfalt ihrer Zutaten,<br />

die sich bei einer Laksa durchaus auf 30-<br />

40 steigern können. Ihre Einzigartigkeit besteht<br />

darin, dass die der Brühe hinzugefügten Zutaten<br />

wie Gemüse, Fisch, Geflügel oder Fleisch<br />

trotz der vielen Geschmäcker als einzelne Elemente<br />

klar und deutlich identifizierbar bleiben,<br />

um dem Gaumen ein unglaublich komplexes<br />

Geschmackserlebnis zu bieten.<br />

Im Rahmen des Jahressuppenprojekts von<br />

Walter Meissl bot ich den Gästen 2 Suppen<br />

zur Wahl. Bei der klassischen Pho als vietnamesischem<br />

Nationalgericht, das gerne auch<br />

zum Frühstück serviert wird, verbinden sich<br />

die Gewürze wie Sternanis und Zimt, Nelken<br />

und Kardamom mit dem Rinder- oder Geflügelfond<br />

zu einem einzigartigen, für manchen<br />

Europäer exotischen Grundgeschmack, in den<br />

hauchdünne Rinderfiletscheibchen am besten<br />

roh eingetaucht werden. Zur individuellen Geschmacksverstärkung<br />

werden normalerweise<br />

große Körbe verschiedenster Kräuter sowie<br />

Hoisin-Sauce gereicht.<br />

Die Laksa aus Malaysia enthält als eine der wenigen<br />

Suppen in Asien Kokosmilch, was ihre<br />

Beliebtheit in europäischen Breiten vielleicht<br />

erklärt. Die Verwendung von Kurkuma gibt ihr<br />

die gelbe Farbe und fermentierte Fischsauce,<br />

die in Asien statt Salz verwendet wird, neben<br />

all den anderen Zutaten eigentlich erst den Geschmack.


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11.09.2008 GÄSTEZIMMER<br />

Yasunori Kawamatsu<br />

Guard<br />

Defense dress has a special function.<br />

The association is simple.<br />

Watch is kept.<br />

And it is transfigured into what deserves guarding<br />

worth of the object currently guarded.<br />

While making the uncertain target worth open,<br />

the vagueness of a guard‘s existence transfigures<br />

a guard into a special existence paradoxically.<br />

11.09.2008 PLATTENKÜCHE<br />

dj tolouse low trax<br />

Sounds & Dance<br />

Detlef Weinrich ist langjähriges Mitglied der Düsseldorfer Elektronik Formation Kreidler und Mitbegründer<br />

des Salon des Amateurs. Unter seinem Soloprojekt Tolouse Low Trax veröffentlicht<br />

Weinrich seit geraumer Zeit eigene Musik und legt regelmäßig im Salon des Amateurs auf.<br />

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11.09.2008 WOHNEN<br />

Jochen sAUERACKER / JONAS GERHARD<br />

All Night long – Highlights<br />

50 Jahre <strong>WG</strong> im Film<br />

Filmografie Jochen Saueracker:<br />

Schalweski. Johannsson. Frank Fenstermacher.<br />

Mundt. Ziebarth. Mundt Wette. Steinfeld.<br />

Susanne Bosch. Sachs. Vx. James Renier.<br />

Joern Zehe. Michael Voets. Carol Lee Chase.<br />

meet the feebles. Andreas Techler. Weihnachtskekse.<br />

GI Marocco. Teesalon. Denda,<br />

Rinck. Holger Bunk. Motoko Aoki. Christoph<br />

Westermeier. Orla Barry. Strothjohann. Flora<br />

Hitzing. Hamburger. Pablo Wendel. Flaming<br />

Star. Rita McBride, Glen Rubsamen. Nikolaus.<br />

Ralf Weissleder. Weltausstellung. Alicja Kwade.<br />

tasogare world. Alexander Roob. Handscan.<br />

Comic. level records. Danica Dacic.<br />

Rolf Bier. Frank Hesse. Merlin Bauer. Thomas<br />

Kilpper. Tina Morhardt. Volker Ziebarth. Wilhelm<br />

Mundt, Installation. Norbert Kottmann.<br />

Mannebach. Mundt,Überwuchs. Techler. Ani-<br />

mationsfilme. Mettwurst Sauerkraut. Lukas<br />

Einsele. Luka Fineisen. Karolina Rüegg, Julio<br />

Alameida. Karolina Rüegg, Julio Alameida,<br />

Heinz Baumüller. Heinz Baumüller. Kathleen<br />

Rahn, Peter Gorschlüter. Rui Chafes. Stefanie<br />

Trojan. Friederike Mainka. Andreas Korte. Isabelle<br />

Hayeur. Dirk Steiman. Katrin und Christoph<br />

von Chamier. Pamela Granderath. Javier<br />

Salinas, Axel Gottschik. Matthias Reinhold.<br />

Kürten, Müller, Doetsch. Marc von Schlegell.<br />

Sabine Maria Schmidt. Roxane Permar. John<br />

von Bergen. Robert Lucander. Volker Anding.<br />

Thomas Putze. Alexej Koschkarow. Gesangsduo<br />

klassisch. Tanzgruppe Capriol. Strothjohann.<br />

Elsbeth Arlt. Klara Adams, Michalis<br />

Nicolaides. Daniel Massow. Axel Brandt. Deathmetal.<br />

Thomas Bernstein. örlywork


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09.10.2008 BIBLIOTHEK<br />

Kevin Rupprecht<br />

Prophetie und Symbolik der<br />

Offenbarung des Johannes


09.10.2008 BIBLIOTHEK<br />

Markus Ambach<br />

Live from Tokyo<br />

Während eines 3-monatigen Aufenthalts in<br />

Tokyo wurden die Bewohner der <strong>WG</strong> von mir<br />

per livestream auf eine Reise in eine der interessantesten<br />

Städte der Welt eingeladen. Der<br />

Tsukiji- Fischmark zählt wohl zu den prominenten<br />

Orten der Stadt, auch wenn die wirklichen<br />

Geheimnisse und Attraktionen Tokyos an ganz<br />

anderen, unscheinbaren Orten auf den Straßen<br />

und in den Aktivitäten der Menschen zu<br />

finden sind.<br />

Um die <strong>WG</strong>-Bewohner nach Tokyo mitzunehmen<br />

wurde eine Liveschaltung zum Tsukiji-Fischmarkt<br />

gelegt, der zur <strong>WG</strong>-Zeit unter<br />

Vollbetrieb läuft (ca. 4 Uhr morgens Ortszeit).<br />

Mit der Hilfe verschiedener Residenten meiner<br />

damaligen Gastgeber von „Tokyo Wonder<br />

Site“ konnten Bilder und Live-Interviews per<br />

Laptopkamera von jenem Ort, der unter maximaler<br />

Betriebsamkeit eine zauberhafte Ruhe<br />

ausstrahlt, durch die ganze Thunfische, Haie<br />

und alles, was man sonst im Meer findet zu<br />

schweben scheinen, direkt in die <strong>WG</strong> gesendet<br />

werden.<br />

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09.10.2008 BIBLIOTHEK<br />

AndreAs Alberts / Peter Mullen<br />

Biogene Drogen und synthetische<br />

Rauschmittel<br />

„Du sollst essen von allerlei Bäumen im Garten;<br />

aber von dem Baum der Erkenntnis des<br />

Guten und des Bösen sollst du nicht essen;<br />

denn welches Tages du davon issest, wirst du<br />

des Todes sterben.“ (Genesis 2, 16 - 17)<br />

Fast jeder Mensch nimmt täglich eine oder<br />

mehrere psychoaktive Pflanzen zu sich, denn<br />

gerade in der westlichen Welt ist der Gebrauch<br />

psychoaktiver Produkte sehr weit verbreitet.<br />

Aber wer denkt beim morgendlichen Kaffee,<br />

bei der ersten Zigarette, beim abendlichen<br />

Wein oder beim Bier zum Fernsehen daran,<br />

dass diese Produkte psychoaktive Substanzen<br />

enthalten?<br />

Psychoaktive Substanzen oder psychoaktive<br />

Drogen sind Stoffe, die das Zentrale Nervensystem<br />

(ZNS) beeinflussen, und dadurch Veränderungen<br />

entweder von Denkprozessen,<br />

der Wahrnehmung, des Bewusstseins, des<br />

emotionalen Empfindens oder des Verhaltens<br />

verursachen. Allgemein werden psychoaktive<br />

Substanzen als Drogen (auch Rauschdrogen,<br />

Rauschgifte, Rauschmittel) bezeichnet. Der<br />

Begriff Droge als Bezeichnung für pharmazeutisch<br />

wirksame Substanzen u. a. (z. B. Heilkräuter,<br />

Gewürze) stammt etymologisch von<br />

dem niederländischen „droog“ bzw. französischen<br />

„drogue“ („trocken“). Mit „Droog“ waren<br />

zu den Zeiten der niederländischen Kolonialherrschaft<br />

getrocknete Pflanzen oder Pflanzenteile<br />

und -produkte gemeint. Die Weltgesundheitsorganisation<br />

(WHO) definiert Droge<br />

wie folgt: „Eine Substanz, die dem lebenden<br />

Organismus zugeführt, eine oder mehrere seiner<br />

Funktionen zu verändern mag.“ In der pharmazeutischen<br />

Wissenschaft werden folglich<br />

getrocknete oder sonstig verarbeitete Tier-,<br />

Pilz- oder Pflanzenteile, die für medizinische<br />

Zwecke genutzt werden können, allgemein als<br />

„Droge(n)“ bezeichnet. Nach dieser Definition<br />

können, aber müssen diese keineswegs eine<br />

psychoaktive Wirkung entfalten.


09.10.2008 GÄSTEZIMMER<br />

Artists Anonymous<br />

Doof oder wahnsinnig<br />

oder doof und wahnsinnig<br />

Ihr fühlt euch sicher, aber<br />

Wir sind drin in eurem System,<br />

an euren Oberen, an den Reichen, den Machthabern,<br />

Autoritäten, in euren Vernissagen und<br />

Empfängen, wo ihr eure Sicherheit zugunsten<br />

der Eitelkeit vernachlässigt.<br />

Ihr haltet gepflegte Konversation mit dem<br />

Widerstand, der Euer System zu Fall bringen<br />

wird.<br />

Ihr zahlt unsere Kommunikation mit eurer<br />

Prahlerei, die Kunst im öffentlichen Raum, die<br />

Stadtprojekte, mit Blutgeld gestiftete Monumente<br />

dienen nur uns zur Weitergabe unserer<br />

Planung.<br />

Unter dem Deckmantel der freien Gestaltung<br />

und der ungehinderten Ausbreitung der Kreativität<br />

haben sich Hunderte und Tausende organisiert;<br />

weltweit länder- rassen, geschlechtsund<br />

religions-übergreifend, was ihr versucht<br />

zu verhindern mit all eurer Macht.<br />

Jeder Ansatz von wahrer Kunst ist im Keim<br />

verhindert, aber die Lächerlichkeit eurer Stars,<br />

der Titelblatt-Künstler, und ihrer pseudo-aggressiven<br />

Manipulationen zur Wertsteigerung<br />

und Ruhmerhaltung sind unsere Deckung. Ihr<br />

lasst uns mit ihnen zusammen ein in eure Festungen,<br />

eure Paläste.<br />

Jetzt, 7 Jahre nach der endgültigen Auflösung<br />

der Demokratie und dem Beginn des dritten<br />

Weltkrieges, gehen wir an die Ausführung,<br />

greifen wir direkt am Herzen an und treffen<br />

euch im Kern.<br />

Der Niedergang der von Euch geschaffenen<br />

Gesellschaft wird nicht durch Verlust von Gütern<br />

oder aus mangelnder Bildung geschehen.<br />

Wir werden der von Euch missachteten Grundlage<br />

eurer Existenz die Nahrung entziehen, von<br />

der Euer Staat und eure Gesetze gefüttert werden,<br />

dem ihr parasitär den Inhalt entzieht ohne<br />

zu reinvestieren, was euer Modell wie ihr wisst,<br />

zum Scheitern verurteilt.<br />

Wir beschleunigen nur was sowieso geschieht.<br />

Radical art Force<br />

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13.11.2008 BIBLIOTHEK<br />

Claus Richter<br />

Building Better Worlds<br />

„Building Better Worlds“ ist das Motto des<br />

fiktiven skrupellos korrupten Großunternehmens<br />

„Weyland Yutani Corporation“, welches<br />

erstmals 1979 in Ridley Scotts Science-Fiction<br />

Meisterwerk „Alien“ erwähnt wird. Die Zeit zwischen<br />

1977 und 1987 war eine gute Zeit für das<br />

Science-Fiction- und Fantasy-Kino und so verwundert<br />

es nicht, dass ungefähr im selben Zeitraum<br />

eine Science-Fiction-Fankultur entstand,<br />

die bis heute aktiv und kreativ ist. „Building<br />

Better Worlds“ kann in Zusammenhang mit diesen<br />

Fans ebenfalls zum Motto werden, sie bauen<br />

eigene, bessere Welten aus Versatzstücken<br />

ihrer Lieblingsfilme, werden selber zu Helden<br />

oder ironisch gebrochenen neuen Filmfiguren,<br />

bauen Raumschiffe, finden sich in Gruppen zusammen<br />

und schaffen, auf der Grundlage ihrer<br />

Lieblingsfilme eine fantastische Zwischenwelt.<br />

In seinem bildreichen Vortrag dokumentiert<br />

Claus Richter seinen Blick auf diese Fankultur<br />

und freut sich an der kreativen Macht, die Fiktion<br />

auf unser tägliches Leben haben kann.<br />

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13.11.2008 BIBLIOTHEK<br />

Neville Rae<br />

Cumbernauld<br />

Embracing the Future<br />

“Cumbernauld is different, and because it is<br />

different, it is controversial.” These are the<br />

words of the 1970 film Cumbernauld: Town<br />

For Tomorrow, produced to promote the then<br />

boundless utopian optimism in Scotland. As a<br />

document, the film displays the ideas behind<br />

this new way of living and the drive that existed<br />

towards rationality and economy of design<br />

in housing, transport and amenity provision.<br />

Considered at once controversial and forward<br />

thinking, New Town planning was a world away<br />

from the overcrowded slums which new residents<br />

left behind in Glasgow. Scotland was<br />

embracing Modernism. Cumbernauld was embracing<br />

the Future.<br />

Modernist architecture needed Modernist art<br />

and Brian Miller was employed as Town Artist<br />

for Cumbernauld. Miller came to hold the position<br />

of town artist almost by accident. He was<br />

working for Rolls Royce at the time and applied<br />

for a job as a draftsman for Cumbernauld in<br />

1962, and took with him to the interview some<br />

samples of his technical drawing on tracing paper.<br />

As the paper was so delicate, he placed<br />

sheets of cardboard between the layers. As<br />

chance would have it, Miller had left examples<br />

of small preparatory sketches drawn across<br />

the sheets of cards.<br />

During the interview, the interviewer enquired<br />

about Miller’s painting and sculpture for exhibitions<br />

in Glasgow, and asked to see examples of<br />

the work. At first Miller expressed regret, saying<br />

he had no examples with him. But, as the<br />

interview was drawing to a close and he was<br />

putting away his drawings, he came across his<br />

little sketches. The interviewer became very<br />

excited upon being shown the work, and called<br />

in Cumbernauld’s chief architect, Sir Hugh Wilson.<br />

The two conferred over the images, and<br />

swiftly offered Miller the role of town artist to<br />

Cumbernauld. He was to be the first full time,<br />

member of the staff, artist within the UK New<br />

Town system<br />

For the next twenty-eight years Miller worked<br />

as Cumbernauld’s first, and only, town artist.<br />

Treating Cumbernauld like a blank canvas, Miller<br />

used the masses of concrete as a backdrop,<br />

his work varied from large concrete sculptures<br />

to paintings on gable ends and underpasses.<br />

In some cases he experimented with certain<br />

colours in certain neighbourhoods, colour coding<br />

the urban landscape in order to help people<br />

navigate their way around the town, adding<br />

character to the different areas, through British<br />

Standard paint colours.<br />

Mourning Modernism<br />

A productive artist and designer, Miller has<br />

lived and worked in Cumbernauld ever since,<br />

witnessing the realisation of some of his many<br />

ideas, whilst also hoarding away into his attic<br />

the plans, models, scale drawings and related<br />

ephemera of other artworks which were not realised.<br />

Miller was given the freedom to design<br />

contemporary art works for permanent display<br />

in Cumbernauld. I, Neville Rae, born and raised<br />

in Cumbernauld, have picked up Miller’s baton<br />

and by drawing from his archive, I have opened<br />

up a dialogue with the past.<br />

British history ends at 1945. Or so this is what<br />

I was taught at secondary school. Cumbernauld<br />

was and still is an incredibly unique town.<br />

For many years tourists used to travel to Cumbernauld<br />

and were often greeted by Mae Miller,<br />

the town’s very own tour guide. Tourists would<br />

come and marvel in an architects paradise of<br />

intricate road/street planning and to the megastructure<br />

of the heart of the town. The town


centre sitting proudly at the top of the hillside.<br />

The landmark; the heart of the town; the building<br />

that was to epitomise the Modernist dream.<br />

Cumbernauld Town Centre never reached its<br />

full potential and now, forty years on, the new<br />

town of Cumbernauld has won many unflattering<br />

awards focusing on the Town Centre Mega<br />

Structure, and having a detrimental effect on<br />

the whole town.<br />

Although there are certain parts of the mark<br />

2 new town planning which we would now<br />

sooner forget than remember, I strongly believe<br />

that this important part of British history<br />

should be archived and documented instead<br />

of being criticised, knocked down and forgotten<br />

about. While, deep in the archives, I was<br />

becoming absorbed by the Modernist history<br />

of Cumbernauld, paradoxically the town was<br />

simultaneously being bombarded with negative<br />

publicity both locally and nationally.<br />

In 2004, Cumbernauld reached number two<br />

in The Idler magazine’s Crap Towns guide.<br />

Last year, it won Scottish business magazine<br />

Unlimited’s ‘Carbuncle Award’ for the most<br />

dismal town in Scotland – for the second time.<br />

In December 2008, Cumbernauld’s infamy<br />

reached new heights when viewers of Channel<br />

4’s Demolition programme voted the town’s<br />

shopping centre the British building they would<br />

most like to see bulldozed. The town centre<br />

now finds itself deprived of quality shops and<br />

has numerous vacant shop units.<br />

At first glance, the Town Centre looks like a decaying<br />

concrete spaceship straddling the A80<br />

dual carriageway. To a newcomer to the town,<br />

it looks uninviting and devoid of life, yet is so<br />

unusual and such a triking example of Modernist<br />

period architecture and ambition, that it is<br />

understandable that some people believe it is<br />

an architectural marvel.<br />

I personally find the physical landscape of<br />

Cumbernauld rich in research material and<br />

314 | 315


was drawn to develop a series of work around<br />

such notions. Cumbernauld is on the periphery<br />

of things, geographically, physically and conceptually.<br />

It is a curious and fascinating place:<br />

a concrete commuter town, where Modernist<br />

dreams are dying in an attractive landscape.<br />

I am interested in the Modernist tradition, exploring<br />

the creations of the town planners, architects<br />

and artists. In my practice, I focus on<br />

the exploration of the unrealised and lost public<br />

art works that transgress the imaginary border<br />

between art, architecture and landscape. I feel<br />

that being able to share ideas and working<br />

practices with an interest that is common to all<br />

of us will make for a truly invigorating series of<br />

projects/exhibitions/events in and about Cumbernauld.<br />

For the past four years I have been working<br />

closely with Brian Miller and his archives in order<br />

to initially celebrate and subsequently reinstate<br />

his unrealised public art proposals. This<br />

has culminated in me showing gallery based<br />

work both nationally and internationally, which<br />

has dealt directly with Cumbernauld. I have<br />

also been commissioned by North Lanarkshire<br />

council to deliver five new artworks in<br />

underpasses around the town, curate a show<br />

with MA Art Space & Nature (ASN) students<br />

from Edinburgh College of Art in vacant shop<br />

units in Cumbernauld Town Centre, and design<br />

a public art website around Brian Miller’s<br />

original public art works. I have also delivered<br />

numerous talks and lectures discussing the<br />

history of Cumbernauld and the role of public<br />

art in a Scottish New Town.<br />

‘A Town for Tomorrow’ was exhibited in Inverleith<br />

House, Edinburgh and the Schaufenster,<br />

Kunstverein Düsseldorf in 2008. The shows<br />

brought together a collection of black and<br />

white photographs with colour collage and original<br />

maquettes made by Brian Miller. These<br />

were all proposals for public art within Cumbernauld,<br />

although the majority of them were<br />

never realised. By displaying these proposals,<br />

I have brought new life and recognition to hypothetical<br />

artworks that have lain dormant and<br />

unseen for nearly forty years. In creating a<br />

new environment for Miller’s models, I present<br />

the artworks for a tomorrow that has already<br />

passed. Resurrected from Miller’s archive, the<br />

proposed works are offered a new life and the<br />

chance to not only remind us of our relationship<br />

to our recent past but also to create a dialogue<br />

of the changing nature of public art.<br />

At a time when we have come to ask questions<br />

about the role of permanent public art works, it<br />

seems appropriate Miller’s art works are manifested<br />

in the public arena as maquettes. Showing<br />

these works opens up a historical narrative<br />

on the history of post-war architecture in Scottish<br />

new towns. There is a sense of optimism<br />

and joy looking at these works. Only on closer<br />

inspection do you see that the collage is incredibly<br />

delicate, torn and volatile, and the optimism<br />

overlaid by a melancholy and sadness. In<br />

looking at these image, we mourn the loss of a<br />

Modernist tradition which we never had.<br />

Moving Forward: Looking to the Future<br />

Cumbernauld has 65 pedestrian underpasses<br />

that link the footpath network across the<br />

town. In 2007 I initiated a project to re-instate<br />

one of Miller’s original public artworks in an


underpass. Over time I believe that this mural<br />

will prove nostalgic to older generations and<br />

inspirational to Cumbernauld’s younger generations.<br />

I surveyed local people on their use of<br />

the underpass, recorded their comments and<br />

took note of their aspirations and expectations.<br />

This information was used to inform the final<br />

artwork whilst sharing some of my concepts<br />

with children from the local nursery school<br />

through art workshops. This project was well<br />

received by the local community and has subsequently<br />

served to improve the visual appearance<br />

of the area, which will clearly have some<br />

lasting effect.<br />

Since this project, North Lanarkshire Council<br />

(NLC) are now commissioning three underpass<br />

artworks each year in Cumbernauld. NLC<br />

have labelled the project ‘Cumbernauld Moving<br />

Forward’ and have asked each artist who is involved<br />

to start their respective project in collaboration<br />

with a local primary school group.<br />

With my art practice being heavily research<br />

based I was very keen to give the primary<br />

school group a history lesson on Cumbernauld<br />

which I never received whilst growing up in the<br />

town. The 11 year old children learnt about the<br />

history of Cumbernauld, why it was built, the<br />

reasoning behind Modernist architecture and<br />

town planning and what has now happened to<br />

Cumbernauld politically and socially since the<br />

new towns creation. The class were amazed to<br />

learn about Cumbernauld and it is hoped that<br />

with this new knowledge on board, they grow<br />

to love and respect the place they call home.<br />

The outcome of the project was a spectrum of<br />

bright colours, one side of the underpass embracing<br />

the modern history of the town, with<br />

the other side of the underpass being drawing<br />

of architectural models that the children designed<br />

for their own ‘Town for Tomorrow’.<br />

Striding Boldly.<br />

Before coming across Miller’s artworks, there<br />

was very little information available on him and<br />

his role within Cumbernauld. I felt that his archive<br />

and experiences of Cumbernauld were so<br />

rich and unique, that it was important to share<br />

his archive online. I have designed and made a<br />

website which can be used as an online archive<br />

in to the history of his work. The website can<br />

be viewed at www.publicartofcumbernauld.<br />

co.uk.<br />

Refusing to follow tradition both in art and architecture,<br />

Modernism strode boldly towards<br />

the Future. Today it is easy to see how mistaken<br />

was the idea that whole communities could<br />

be uprooted and reconstructed. Cumbernauld<br />

never lived up to the expectations of the town<br />

planners, architects and artist. The utopian<br />

dreams of the housing and Town Centre never<br />

developed as expected. The essence of Cumbernauld<br />

now only survives in the past.<br />

By creating a platform for the display of Miller’s<br />

ideas, we can be reminded of the fragility of the<br />

hypothetical. Miller’s ideas, murals, sculpture<br />

and maquettes not only represent the project<br />

of Modernism – they are the ‘entropic modern’.<br />

These seemingly abstract artworks function as<br />

memories of ideas, plans made and never fully<br />

developed or maintained. New towns and their<br />

artworks, whose paint slowly fade away, are<br />

testament to the fact that the future will never<br />

remain faithful to our expectations of it.<br />

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13.11.2008 CURATOR‘S KITCHEN<br />

Ulla Lux<br />

Schwäbischer Apfelkuchen<br />

100g Butter<br />

80g Zucker<br />

2 Eier<br />

1 Prise Salz<br />

Zitronenschale<br />

Milch<br />

200g Mehl<br />

1 gestr. Teel. Backpulver<br />

500g Äpfel<br />

Mandelscheibchen<br />

Zimt<br />

Die Äpfel schälen, in Viertel schneiden, das<br />

Gehäuse entfernen und diagonal oder parallel<br />

leicht einschneiden (Abstand von Schnitt zu<br />

Schnitt 1cm). Butter und Zucker schaumig rühren,<br />

Eier, Salz, Zitronenschale und evtl. etwas<br />

Milch unterrühren und kräftig schlagen, bis<br />

eine weiche, geschmeidige Masse entsteht.<br />

In eine gefettete Springform füllen. Die Äpfel<br />

kreisförmig auf dem Teig verteilen und leicht<br />

andrücken. Etwas Zimt, Butterflöckchen und<br />

gehobelte Mandeln auf den Äpfeln verteilen.<br />

30-40 Minuten bei 180-200°<br />

Die Äpfel sinken beim Backen ein. Man kann<br />

den Kuchen anschließend mit erwärmter Aprikosenmarmelade<br />

überziehen. Weiß gehöht<br />

wirkt er mit Hilfe von Puderzucker.


13.11.2008 GÄSTEZIMMER<br />

die Stipendiaten<br />

Schloss Ringenberg<br />

Ringenberg goes <strong>WG</strong> - die Stipendiaten<br />

Claus Richter, Patrick Rieve, Julia Bünnagel,<br />

Clemens Goldbach, Nisrek Varhonja, Martin<br />

Pfeifle, Mirjam Kuipers, Anneke Ingwersen,<br />

Marjolein Jochems, dazu Gudrun Bott und<br />

Marcus Lütkemeyer als Projektleiter<br />

„Ringenberg goes Düsseldorf“: Die deutschen<br />

und niederländischen Stipendiaten 2008 auf<br />

Schloss Ringenberg stellen ihr Schloss-Magazin<br />

vor und laden zum Besuch der Ringelgarage<br />

ein, wo sie eine Gruppenausstellung<br />

zeigen. Claus Richter stellt in einem Vortrag<br />

seine Filme und Installationen vor, die auf der<br />

Faszination für Entertainment-Welten gründen,<br />

mit dem Anliegen, diesen Sektor unserer Lebenswelt<br />

für die Kunst zu erschließen.<br />

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11.12.2008 BIBLIOTHEK<br />

Kathrin Sonntag<br />

Dracula‘s Ghost<br />

Ich habe im Dezember 2008 im Malkasten das<br />

Projekt Dracula‘s Ghost vorgestellt - ein Filmessay<br />

der sich mit der bizarren Geschichte<br />

des Dracula Tourismus in Rumänien beschäftigt.<br />

Dracula, der lange ein Fremder im eigenen<br />

Land war, taucht erst nach der Öffnung der<br />

Grenzen in den 60er Jahren in Rumänien auf.<br />

Als importierter Mythos spiegelt er die Erwartungen<br />

der westlichen Besucher wieder, dem<br />

Seltsamen, Unheimlichen und Unerklärlichen<br />

zu begegnen.<br />

Als man im Rumänien der 60er Jahre Draculas<br />

kommerzielles Potential zu erkennen begann,<br />

wurde kurzerhand die Burg Bran zum Schloss<br />

Dracula erklärt und die Grenzen zwischen Realität<br />

und Fiktion begannen zu verschwimmen.<br />

Damit hat sich Dracula von einem Vampir des<br />

18. Jahrhunderts in ein Gespenst des 20. Jahrhunderts<br />

verwandelt, das nun in Rumänien<br />

spukt. Neben diesem Wechselspiel zwischen<br />

Realität und Fiktion, zeigt der Film die enge<br />

Beziehung des Dracula Mythos zum Medium<br />

Film. Mit Hilfe der Trickkiste des Horror-Genres<br />

verwebt Dracula’s Ghost Super8 Filmmaterial<br />

einer Rumänienreise mit Film- und Tonausschnitten<br />

berühmter Dracula Filme und einem<br />

Interview des Präsidenten der Transylvanian<br />

Society of Dracula, Nicolae Paduraru.


11.12.2008 GÄSTEZIMMER<br />

Axel Ganz<br />

Grundlagen des Ausgleichs<br />

Was haben die einfachen Regeln des Spiels<br />

des Lebens mit der Erneuerung von Improvisation<br />

zu tun? Warum bekommt 12-Bit-Sound<br />

wieder eine Chance? Und, muss aktuelle Klaviermusik<br />

immer neoromantisch sein? Fragen,<br />

die Axel Ganz mit seinem neuen Projekt Pondskater<br />

erörtert.<br />

Spielkonsolen sind nicht nur was für kleine<br />

Jungs, die man in den Bahnen der Welt antrifft,<br />

sondern auch was für große. Das Kinderzimmer<br />

wird zum Tüftelraum, denn ihnen geht es um<br />

neue Ausdrucksformen der eingeschlafenen<br />

elektronischen Musiklandschaft. Mit einem<br />

Stift bewaffnet geht es an die Zerlegung, Wiederaufbereitung<br />

und Zerstreuung. Der heilige<br />

Gral ist oft zum Greifen nah, doch der Zufall<br />

schlägt einen Bogen und tritt den Rückzug an.<br />

Nicht kampflos, eher handzahm. Der Equalizer<br />

wird zum besten Freund und jedes noch so illegale<br />

Tool ist der Einstieg in eine neue Sucht.<br />

Klare Strukturen beackern die alten Popper, die<br />

Pioniere streunen lieber durch bassige Knitterhosen<br />

auf der Suche nach der Bügelfalte. Auf<br />

der Oberfläche werden Kabel miteinander verbunden,<br />

doch in den Tiefen des Plastiks arbeiten<br />

fleißige Bienchen hart an der Verknüpfung.<br />

Automatismen verheddern sich im Geröllmoment.<br />

Melodramatisch trippelt Pondskater<br />

durch die Nacht. Die Grubenlampe ist verdreckt.<br />

Die Großstadt hält die Hand über ihn<br />

und die Tankstelle leuchtet am Ende der Straße.<br />

Wie Frogger kämpft er sich durch die rasenden<br />

Schwellkörper. Das Blut pocht und eine kurzzeitige<br />

Entladung wäre wohl die einzige Erlösung.<br />

Pondskater pustet feine Härchen aus der Rille.<br />

Filigran wird eine Übersprungshandlung zur<br />

positiven Lebenskrise. Das Fehlen der Flügel<br />

wird mit Krücken kompensiert. Der Absturz ist<br />

nicht zu vermeiden. Jedes Stoßgebet verebbt<br />

in den Stürmen des Applauses. Auch Ikarus<br />

hat mal klein angefangen und die Hörerschaft<br />

liebäugelt und zittert gerne mit Randfiguren.<br />

Pondskater geht mit vollem Beutel nach Hause.<br />

Alles richtig gemacht. Und morgen geht’s zur<br />

zweiten Flugstunde. Diesmal im Federkleid...<br />

(Zloty Vazquez)<br />

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08.01.2009 BIBLIOTHEK<br />

local to local<br />

Institut für alpine Angelegenheiten<br />

Urbane Zentren und deren Peripherien sind<br />

schon lange Forschungs- und Entwicklungsfelder<br />

zahlreicher Kunstprojekte. Was passiert<br />

jedoch an solchen Orten, die nicht mehr in<br />

Kontakt zu den Zentren stehen? Das Projekt<br />

„Local to local“ beschäftigt sich seit 2006 mit<br />

solchen Räumen, die weit jenseits der Peripherie<br />

der Städte im ländlichen Niemandsland<br />

liegen. Projekte in den jeweiligen Herkunftsländern<br />

der Projektleiter Andreas Geisselhardt<br />

(D), Gabriela Oberkofler (I), Ilke Yilmaz (TÜR),<br />

Jang-young Jung (KOR), Kestutis Svirnelis<br />

(LIT) und Markus Ambach (D) standen bis dato<br />

auf dem Programm.<br />

Das „Institut für Alpine Angelegenheiten“ öffnete<br />

dabei im 100-Seelen-Dorf Flaas nahe Bozen<br />

in Italien. Auf der „kleinsten Alm Südtirols“<br />

beschäftigten sich Künstler auf einem leerstehenden<br />

Bauernhof vor einem grandiosen Dolomitenpanorama<br />

mit den Lebenshintergründen<br />

eines Ortes, der zwischen Landflucht, Tourismus<br />

und eigener Geschichte eine neue Identität<br />

sucht. Dass gleichzeitig unten im Tal die<br />

Manifesta gastierte, brachte auch internationales<br />

Publikum an diesen sonst vergessenen<br />

Ort.<br />

Zur Projektvorstellung im mit Tannen und Zelten<br />

dekorierten Raum in der <strong>WG</strong> reichten die<br />

Protagonisten des Instituts Speck, Schnaps<br />

und Fohlenbresaola aus familieneigener Produktion<br />

der Fa. Oberkofler. MA<br />

08.01.2009 KÜCHE<br />

local to local<br />

Buffet<br />

Markus Ambach, Andreas Geisselhardt, Gabriela<br />

Oberkofler, Kestutis Svirnelis, Ilke Yilmaz<br />

Gabriela Oberkofler: Von meiner Seite aus gab<br />

es Spezialitäten aus Südtirol, Speck mit der<br />

Maschine geschnitten, Rosswurst, Schüttelbrot<br />

und Eigenbauwein von meinem Vater und geklaute<br />

Weihnachtsbäume von der Straße.<br />

Andreas Geisselhardt: Der Rahmen des Buffets<br />

war eine Installation aus eingesammelten<br />

Weihnachtsbäumen, einem Zelt und ein Video<br />

der in Tracht gekleideten Musikkapelle aus<br />

Flaas… Sie haben zur Eröffnung der Ausstellung<br />

in Südtirol gespielt... Das Buffet bestand<br />

aus Spezialitäten der verschiedenen Länder<br />

von „local to local“... U.a. selbst gebrannter<br />

Wodka und Zepelinos aus Litauen, Soja aus<br />

Korea, selbst gebrannter Zwetschgenschnaps<br />

und Kartoffelsalat aus Deutschland…<br />

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08.01.2009 GÄSTEZIMMER<br />

Jon Erlend Larsen<br />

the playboy-workshop<br />

It is rather simple this project of mine. Based<br />

on the fact that most of the girls in playboymagazines<br />

have got nothing on at all, I decided to<br />

put something on. Could something be a more<br />

obvious choice than clothes of any kind?<br />

I started this project during my time as Atelierstipendiat<br />

der Stadt Mönchengladbach. During<br />

this period I was fortunate enough to do my first<br />

workshop at the <strong>WG</strong>/<strong>3ZI</strong>/K/<strong>BAR</strong> im Künstlerverein<br />

Malkasten. I invited the participants to<br />

help me cover the naked girls using a vast range<br />

of more or less suitible materials, and their<br />

own personal skills and imagination.<br />

The process might appear cruel at first, but<br />

the results are usually rather decent in the end.<br />

Naked skin covered with some delicate embroidery,<br />

lots of needles, pins, stapels and nails,<br />

or just a few clumsy crude stitches. The same<br />

kind of workshops has later been repeated on<br />

different occasions back home in Norway.<br />

08.01.2009 GÄSTEZIMMER<br />

maik ollhoff / kenn hatwig /<br />

leonard huhn<br />

Entropische Räume<br />

Kenn Hartwig - Kontrabass, Leonard Huhn - Saxophon, Maik Ollhoff - Schlagzeug<br />

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12.02.2009 WOHNEN<br />

oliver sieber / katja stuke<br />

Japanese lesson<br />

Japanese Lesson / Japan in einer Lektion.<br />

Der kürzeste und sicherste Weg Basic Manga,Ukyuo-e,<br />

Anime, J-Pop, Cosplay, die Welt<br />

des Business und der Japanischen Fotografie<br />

zu verstehen: die Art, wie wir sie sehen.<br />

Die «Japanese Lesson» ist eine Art assoziativer<br />

Collage aus folgendem Material: Mangas und<br />

Animes wie z.B. Akira, Ikigami, Ghost in the<br />

Shell, Ultraman, Gundam Mobile Suits, 20th<br />

Century Boys, Neon Genesis Evangelion, Full<br />

Metal Alchemist, Metropolis, Astroboy, Ashita<br />

no Joe, Hadashi no Gen, Dragonballz, Naruto,<br />

Bleach, Sailor Moon; Film-Stills von Filmen<br />

von Akira Kurozawa, Takeshi Kitano, Shôhei<br />

Imamura u.a. oder Filmen wie Hanami oder<br />

Dainipponjin; historische und aktuelle Pressefotos;<br />

Fotos z.B. von Moriyama, Shiga, Araki,<br />

Kohei, Yoshinaga, Homma, Tzusuki, Kawauchi,<br />

Masato, Hiromix, Henguchi, Miyamoto oder<br />

Kimura. Schnappschüsse oder Fotos aus den<br />

Serien «Character Thieves» von Oliver Sieber,<br />

«Suits» und «2nd Generation Portraits» von<br />

Katja Stuke. Zeichnungen von Hokusai, Hiroshige<br />

oder Zeitgenossen; Arbeiten von zeitgenössischen<br />

bildenden Künstlern wie Tanaka/<br />

Antenna, Nara, Murakami, Yoshitaka, Kenji;<br />

Mode von Yamamoto, Comme des Garçons<br />

oder Miyake und vor allem Material, das wir im<br />

Netz, in Magazinen, auf LP-Covers oder Katalogen<br />

und auf den Straßen und in den U-Bahnen<br />

von Tokyo und Osaka gefunden haben.<br />

Im Malkasten waren zu sehen: Die Japanese<br />

Lesson flankiert von zwei Dokumentarfilmen:<br />

Arakimentari von Travis Klose aus dem Jahr<br />

2004 und Near Equal: Moriyama Daidou von<br />

Kenjirô Fujii aus dem Jahr 2001; und der Musik<br />

von „Soll“ (Laas Abendroth und Sven Vieweg).<br />

Die Japanese Lesson wurde nach dem Abend<br />

im Malkasten immer wieder in veränderter<br />

Form aufgeführt. Zuletzt in der Bergerkirche,<br />

Düsseldorf, im Kunstverein Leverkusen und<br />

dem Photomuseum Braunschweig als Teil unserer<br />

Ausstellung „Our House“.


12.02.2009 GÄSTEZIMMER<br />

Tasogare World<br />

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12.02.2009 BIBLIOTHEK<br />

markus ambach<br />

Big in Japan<br />

Tokyo ist ein Ort der Überfülle, der westliche<br />

Besucher fasziniert und befremdet. 3 Monate<br />

lang war es mir im Rahmen einer Residenz<br />

möglich, in Form einer situationistischen<br />

„Dérive“ ziellos durch diese Metropole zu<br />

schlendern. Eine Stadt, in der 35 Millionen<br />

Menschen wohnen, ist vor westlich-christlichem<br />

Kulturhintergrund unvorstellbar. Die<br />

Dichte und Fülle würde zu ungeahnten Agressionen<br />

und Auseinandersetzungen führen.<br />

In Japan organisieren sich die Menschen dagegen<br />

in einem distanzierten Nebeneinander,<br />

das der fluktuierenden Metropole der Neonreklamen<br />

eine faszinierende Ruhe verleiht. In fast<br />

gespenstischer Berührungslosigkeit gleiten die<br />

Massen und Menschen aneinander vorbei. In<br />

den dichten Vierteln, die wie Dörfer wirken und<br />

außen von hohen Bürotürmen abgeschirmt<br />

werden, entwickeln die Menschen auf engstem<br />

Terrain die Straße zum gelebten Raum.<br />

Wo in den Arbeitsbereichen rigide Ordnungen<br />

kaum Spielraum für Individualität lassen,<br />

entwickeln sie dort in immer wieder aufs neue<br />

faszinierenden Handlungen, informellen Bauten<br />

und Freizeitbeschäftigungen eine Kultur<br />

der Praxis, die ihresgleichen sucht. Informelle<br />

Gärten aus hochgestapelten Gefäßen säumen<br />

die Straßen und öffentliche Parks wie der<br />

Yoyogi-Park werden zu städtischen Bühnen<br />

dieser außergewöhnlichen Kultur. Wo jeden<br />

Samstag Bands aller Couleur informell auf dem<br />

Bürgersteig ihr Können zeigen und die Bürger<br />

am Sonntag alles nur Erdenkliche an Freizeitaktivitäten<br />

entfalten zeigt sich Japan als hochmodernes<br />

Land, das entgegen der westlichen<br />

Vorstellung von rigider Ordnung und Tradition<br />

alles nur Erdenkliche aus dem globalen Kulturumfeld<br />

spiegelt, adaptiert und transformiert.<br />

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12.02.2009 CURATOR‘S KITCHEN<br />

melanie bono / thomas Flor<br />

„Sushi homemade“ - ein Kochkurs<br />

12.02.2009 WOHNEN<br />

Suzusan<br />

Hiroyoshi Murase<br />

Tyeing, Pressing, Stitching. Shibori is a Japanese traditional handwork technique which has<br />

been used for Kimono since over 400 years. This unique and delicate dyeing technique was established<br />

in Arimatsu/Japan, where Suzusan has its roots.


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12.03.2009 BIBLIOTHEK<br />

christoph schäfer<br />

Die Landung des Imperators unterbricht<br />

die Ströme der Stadt<br />

Die Stadt ist unsere Fabrik. The City is Our<br />

Factory.<br />

Mit dem Aquarellstift zeichnet Christoph Schäfer<br />

die Begriffslandschaften Henri Lefebvres<br />

nach, jene „Die Revolution der Städte“, die der<br />

französische Philosoph in den 1970er Jahren<br />

heraufziehen sah. Im postindustriellen Zeitalter,<br />

so die These, wird die Stadt selbst zum<br />

zentralen Produktionsort. Im urbanen Gewebe<br />

spielen Subkulturen, KünstlerInnen, Designer<br />

heute eine bedeutende Rolle: als Produzenten<br />

von kollektiven Räumen, als Erfinder von Orten<br />

des Begehrens. In einer Gesellschaft, in der<br />

Leidenschaft und Arbeit, Privatheit und Professionalität<br />

zunehmend schwieriger zu unterscheiden<br />

sind, wird der Kampf um die Stadt<br />

zu einem Kampf um die Produktionsmittel —<br />

zu einem Kampf um das Recht auf Stadt. Zu<br />

was aber, fragt Christoph Schäfer, könnte ein<br />

Produzieren zwischen Latte Macchiato und<br />

Selbstorganisation in Zukunft führen? Welche<br />

Alternativen lassen sich zum neoliberalen Urbanisierungsmodell<br />

entwickeln, das fortgesetzt<br />

schwarze Löcher produziert: Finanzkrisen, verschüttete<br />

Stadtarchive, Marketing-Idiotismen?<br />

Ein riesiger, singender Pitbull gibt in „Die Stadt<br />

ist unsere Fabrik“ die Antwort: „Señoras y Señores!<br />

- die Städte der Multitude werden Orte<br />

der Leidenschaft sein oder, Ladies and Gentlemen<br />

— sie werden nichts sein!“<br />

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12.03.2009 GÄSTEZIMMER<br />

yuriko bernhoeft<br />

singt mit dem Kammerchor<br />

des Musikvereins Erftstadt e.V.<br />

Der Kammerchor Erftstadt e. V. ist eine kleine<br />

Singgemeinschaft von 15 – 18 Sängerinnen<br />

und Sängern, die es sich seit der Gründung<br />

1989 zur Aufgabe gemacht hat, außergewöhnliche<br />

Musik in besonderem Rahmen zur Aufführung<br />

zu bringen. Mit moderner und alter<br />

Musik sind wir in den letzten Jahren außer im<br />

Künstlerverein Malkasten in Düsseldorf u. a.<br />

im Jugendzentrum „Mütze“ und im Rahmen<br />

der „Wohnzimmer-Konzerte“ in Köln aufgetreten.<br />

In Zusammenarbeit mit der Max Ernst<br />

Gesellschaft sangen wir 2004 in einem Benefizkonzert<br />

für den Aufbau des Max Ernst Museums<br />

in Brühl. Im selben Rahmen gestalteten<br />

wir 2008 ein weiteres Konzert unter Mitwirkung<br />

der Kölner Künstlerin Kane Kampmann. Ihre<br />

Licht-Installationen begleiteten auch im Herbst<br />

2012 unseren Auftritt beim Kulturverein Art &<br />

Amen in der Kirche St. Michael am Brüsseler<br />

Platz in Köln.<br />

Siegfried Bernhöft ist nicht nur unser Chorleiter,<br />

sondern auch der Komponist zahlreicher<br />

Werke basierend auf Texten von Rimbaud/<br />

Zech, von Hoddis, Villon, Morgenstern, Michelangelo<br />

und anderen. Immer schwingt dabei<br />

das Wechselspiel zwischen Schönheit und<br />

Schrecken, Ernst und Ironie, Vertrautheit und<br />

Fremdheit mit, das in intensiven Farben und<br />

ungewohnten Bildern durch Sprache und Musik<br />

zum Ausdruck kommt.<br />

Blaugrüne Nacht, die stummen Farben glimmen.<br />

Ist sie bedroht vom roten Strahl der<br />

Speere? Ziehn hier Satans Heere?<br />

Dem Bürger fliegt vom spitzen Kopf der Hut, in<br />

allen Lüften hallt es wie Geschrei. Dachdecker<br />

stürzen ab und gehen entzwei und an den Küsten<br />

(liest man) steigt die Flut. Der Sturm ist da,<br />

die wilden Meere hupfen an Land, um dicke<br />

Dämme zu zerdrücken.<br />

Die gelben Flecke, die im Schatten schwimmen<br />

sind Augen wesenloser Pferde.Die meisten<br />

Menschen haben einen Schnupfen, die<br />

Eisenbahnen fallen von den Brücken.<br />

Der Leib ist nackt und ohne Wehre<br />

ein fahles Rosa eitert aus der Erde.<br />

(S. Bernhöft: Vision; Text: J. v. Hoddis: Der<br />

Träumende – Weltende)<br />

Yuriko Bernhöft singt die Arie der Périchole<br />

aus „La Périchole“ von Jacques Offenbach.<br />

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12.03.2009 KÜCHE<br />

tom kösel<br />

Materialexperiment mit Eiern<br />

Den <strong>WG</strong>-Gästen wurden frisch gebratene<br />

Spiegeleier auf Hinkel-Brot serviert, während<br />

zwischen den Kronleuchtern des Bibliotheksraums<br />

im Jacobihaus ebensolche an einer<br />

transparenten Monofil-Schnur zu sehen waren.<br />

Durch eine spezielle, über die Jahre verfeinerte<br />

Zubereitungsart sind die Spiegeleier<br />

zum Verzehr wie für hängende Fixierungen<br />

und andere installative Nutzungsarten geeignet.<br />

Zwischen den echten Spiegeleiern waren<br />

auf PVC-Folie gesprühte Spiegeleier platziert,<br />

auf den ersten Blick nicht zu unterscheiden von<br />

ihren 3D-Kollegen, aber mit anderem Rotationsverhalten<br />

als die aus Bioeiern hergestellten<br />

fettigen Signalscheiben. Zwei der Wandlampen<br />

an der Fensterseite des Bibliotheksraums wurden<br />

durch Käfige mit Spiegeleiern ersetzt, die<br />

in den beiden innen verspiegelten Drahtboxen<br />

bereits seit über fünfzehn Jahren hängen und<br />

dies auch zukünftig tun werden, wenn sie, wie<br />

bisher, in Räumen aufbewahrt werden, die konstante<br />

Luftfeuchtigkeit und gleich bleibende<br />

Temperaturen aufweisen. Mehr als 5 Stunden<br />

waren die drei Elektrokochplatten im Einsatz,<br />

der Hunger der <strong>WG</strong>-Gäste war erst um 1 Uhr<br />

morgens gestillt. Zu vorgerückter Stunde wurde<br />

noch ein Spiegelei über der <strong>WG</strong>-Bar an einem<br />

frisch gespannten Draht mit Wäscheklammer<br />

aufgehängt und glotzte dann für ein paar Monate<br />

die Tresengäste gelbäugig an.


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09.04.2009 BIBLIOTHEK<br />

max schulze<br />

Damage Report 1&2 - Dokumentation der<br />

Ausstellung parcours interdit 2008<br />

Für die Ausstellung „parcours interdit 2008“ im<br />

Park des Künstlervereins Malkasten in Düsseldorf<br />

stellte Max Schulze eines seiner Bild in die<br />

Düssel und grub ein weiteres in den Rasen des<br />

Parks ein.<br />

Diese Art der Installation der Bilder in der Ausstellung<br />

fügte den Arbeiten im Laufe der Ausstellungsdauer<br />

irreparable Schäden zu. Die<br />

Schäden wurden in Zusammenarbeit mit der<br />

Restaurierungsabteilung des K20 K21 in Düsseldorf<br />

analysiert und dokumentiert. Dieses<br />

Zustandsprotokoll wurde als eigenständige<br />

Faksimile-Edition konzipiert und in einer Auflage<br />

von 50 Exemplaren produziert. Die signierten<br />

und nummerierten Exemplare bestehen<br />

aus zwei siebbedruckten Ösenheftern, 3<br />

Fotografien der Ausstellung und jeweils einem<br />

sieben seitigen Zustandsprotokoll von Werner<br />

Müller (Leiter der Restaurierungsabteilung K20<br />

K21 Düsseldorf). Gemeinsam mit einem der<br />

zerstörten Bilder wurde das Künstlerheft in der<br />

<strong>WG</strong> im Malkasten in Düsseldorf präsentiert.


09.04.2009 KÜCHE<br />

beatriz toscano<br />

La Vela del Potaje Gitano<br />

Als ich aus den USA nach Düsseldorf kam,<br />

erwartete mich eine ganz andere KunstSZENE<br />

hier. Das Wort passt ziemlich gut um etwas zu<br />

beschreiben, das zum Bereich des Theaters,<br />

bzw. der Selbstdarstellung gehört. Kunstszene<br />

hieß es also, das Metier, wo Künstler denken,<br />

dass Selbstdarstellung ein wichtiger Teil ihrer<br />

Arbeit ist um sich beruflich zu verwirklichen.<br />

Alle wissen es, aber keiner redet gern darüber:<br />

Kunst hat sich in eine Szene, in ein „Theater“<br />

gewandelt. Aber so wie in den Märchen von<br />

Asterix gab es einen Ort des Widerstands, das<br />

Gallien der Kunst, wo Künstler und Nichtkünstler<br />

wieder miteinander eine normale Ebene der<br />

Kommunikation und des Austauschs geniessen<br />

konnten. Nicht umsonst hiess es hier nicht<br />

SZENE sondern <strong>WG</strong>, also WOHNEN und GE-<br />

MEINSCHAFT.<br />

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09.04.2009 GÄSTEZIMMER<br />

UMBALARR<br />

(taka kagitomi / Johannes jensen)<br />

daphne j.m.ahlers / felix mÜller<br />

Re-set<br />

Als Umbalarr traten wir dreimal auf: zuerst im Reinraum, dann im japanischen Kulturinstitut in<br />

Köln und in der <strong>WG</strong>/<strong>3ZI</strong>/K/<strong>BAR</strong> im Künstlerverein Malkasten.<br />

Assistenz: Daphne J. M. Ahlers, Felix Müller


09.04.2009 GÄSTEZIMMER<br />

martin gerwers / utku yurrtas<br />

and friends<br />

Just Play<br />

Die Idee des Konzertes war ein spontanes, unvorbereitetes<br />

Zusammentreffen der Musiker,<br />

um Absprachen zu vermeiden, um dann die<br />

Unmittelbarkeit des Momentes in einen musikalischen<br />

Ausdruck zu verwandeln.<br />

Martin Gerwers: Saxophone<br />

Utku Yurttas: Piano<br />

Matthias Hacker: Contrabass<br />

Philipp Parusel: Drums<br />

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14.05.2009 CURATOR‘S KITCHEN<br />

magdalena holzhey<br />

thomas pöhler<br />

Künstler / Koch / Kurator<br />

Rendang „Kapal Datang“<br />

„Kapal Datang“ heißt auf indonesisch „Ein<br />

Schiff wird kommen“ und bezieht sich auf den<br />

Film, den wir an diesem Abend zeigten: die gemächliche<br />

Fahrt eines Schiffes auf dem Tobasee<br />

im Norden Sumatras. Eine Köchin brachte<br />

Thomas dort das Rezept des „Rendang“ bei,<br />

eines traditionellen indonesischen Gulaschs<br />

aus Rindfleisch, Zwiebeln, Ingwer, Chili, Kokosmilch<br />

und anderen Gewürzen:<br />

Tamarindenmark in heißem Wasser einweichen.<br />

Das Rindfleisch kalt abspülen, abtrocknen und<br />

in 2 cm große Würfel schneiden. Schalotten<br />

und Knoblauch schälen und kleinhacken. Ingwer<br />

schälen und fein raspeln. Tamarindenmark<br />

im Einweichwasser verrühren bis dieses dick<br />

und braun wird. Durch ein Sieb streichen, den<br />

Saft auffangen. Öl im Wok erhitzen. Schalotten,<br />

Knoblauch und Ingwer anbräunen. Das Fleisch<br />

darin portionsweise bei starker Hitze anbraten.<br />

Sambal ulek, Kurkuma, Koriander, Kreuzkümmel,<br />

Pfeffer und Palmzucker untermengen<br />

und unter ständigem Rühren ca. 3 Minuten<br />

mitbraten. Mit Tamarindensaft ablöschen. Kokosmilch<br />

angießen. Die Sauce zum Kochen<br />

bringen, dann unter ständigen Rühren 7-8 Min.<br />

köcheln, bis sich das Öl an der Oberfläche absetzt.<br />

Mit Salz abschmecken. Das Rindfleisch-<br />

Curry bei schwacher Hitze zugedeckt 1 bis 1,5<br />

Std. schmoren. Mit Frühlingsziebelringen und<br />

Koriandergrün garnieren. Warm oder kalt zu<br />

Reis servieren. Dazu Krabbenbrot (Krupuk),<br />

Röstzwiebeln und Sambal ulek.<br />

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14.05.2009 WOHNEN<br />

jörg Steinmann<br />

Pleasure Board - sehen - treten - hören<br />

Zu den Bildern einer psychedelisch anmutenden<br />

Filmprojektion kann jeder <strong>WG</strong>-Besucher<br />

seine eigenen Filmgeräusche generieren. Durch<br />

Tritte und Scharren auf dem berührungssensiblen<br />

Bodenstück lassen sich Soundgeneratoren<br />

und Klangfilter ansteuern. Der Sound ist sofort<br />

hörbar. Der Filmbetrachtende lässt sich durch<br />

die Bilder inspirieren und wird dazu aktiviert<br />

seine Klangwünsche in performativer Weise<br />

zum Klingen zu bringen. Das Interface ist für<br />

jeden unmittelbar zu bedienen. Ein Instrument<br />

muss nicht erlernt werden.<br />

14.05.2009 BIBLIOTHEK<br />

sabine schroyen<br />

Künstlerfeste im Malkasten<br />

Malkasten, der infolge der Feier der deutschen<br />

Einheitsbewegung vom 6. Aug. 1848 in Düsseldorf<br />

gestiftete Verein von Künstlern, dem<br />

auf Vorschlag des Malers Karl Hübner dieser<br />

Name beigelegt wurde. [...] Er hält tägliche<br />

Zusammenkünfte, veranstaltet größere Festlichkeiten<br />

mit lebenden Bildern, theatralischen<br />

Aufführungen u. dgl., stiftete die Allgemeine<br />

deutsche Kunstgenossenschaft und erwarb<br />

1859 in dem ehemaligen Jacobischen Garten<br />

zu Pempelfort nahe der Stadt ein Grundstück,<br />

auf welchem er nach dem Plan des Malers<br />

Louis Blanc ein Haus erbaute, das, in seinen<br />

sämtlichen Räumen mittelalterlichen Stils, [am]<br />

30. März 1867 eingeweiht wurde. [...]<br />

(Lexikon der Bildenden Künste, Leipzig 1883.)<br />

Malkasten, Name eines geselligen Vereins<br />

Düsseldorfer Künstler, 6. Aug. 1848, hauptsächlich<br />

auf Anregung Emanuel Leutzes, gestiftet.<br />

Der M., der seit 1867 ein eignes Gesellschaftshaus<br />

in dem durch Goethes Besuch<br />

bei den Brüdern Jacobi bekannt gewordenen<br />

Jacobischen Garten in Pempelfort (seit 1859<br />

Eigentum des M.) besitzt, ist berühmt durch<br />

seine Feste, z. B. zur Gedächtnisfeier Goethes<br />

1849, Schillers 1859, Uhlands 1862, Shakespeares<br />

1864, des 50jährigen Jubiläums der<br />

Düsseldorfer Akademie 1869 sowie des eignen<br />

Jubiläums 1873 [...]. Als Wappen führt er<br />

den deutschen Reichsadler, der in den Fängen<br />

statt Zepter und Reichsapfel Bierglas u. Hausschlüssel<br />

hält, [...]. (Meyers Konversations-Lexikon,<br />

Leipzig und Wien 1897.)


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11.06.2009 BIBLIOTHEK<br />

misako ichimura<br />

Enoaru Cafe in the homeless people‘s<br />

village in Tokyo<br />

Enoaru Cafe befindet sich in idyllisch-prominenter<br />

Lage mitten im Zentrum Tokyos im<br />

Yoyogi-Park. Dort haben die Künstler Misako<br />

Ichimura und Testuo Ogawa in einer „Homeless<br />

people’s village“, einer blauen Zeltstadt, in der<br />

sie selbst seit langem leben, ein ungewöhnliches<br />

Angebot gemacht. Der kleine Tisch vor<br />

ihrem Zelt wird tagtäglich zum Treffpunkt derer,<br />

die das Schicksal in die Wohnungslosigkeit<br />

gestürzt hat, und der Stadtgesellschaft, für die<br />

sie sonst gleich Verfemten unsichtbar sind.<br />

Mit dem unscheinbaren Angebot eines informellen<br />

Malkurses im Freien etabliert Enoaru<br />

Cafe eine Gesprächsebene zwischen den<br />

sonst verhärteten Fronten: am Tisch der Künstler<br />

trifft sich mittags eine illustre Gemeinschaft<br />

aus Managern, Filmregisseuren, Heimatlosen,<br />

Künstlern und Hausfrauen, um gemeinsam zu<br />

zeichnen. Der idyllische Ort und die unprätentiöse<br />

Art der Künstler ermöglicht das Gespräch<br />

zwischen der Gesellschaft und denen,<br />

die meist nicht durch sozialen Abstieg in diese<br />

Situation geraten sind, sondern oft aus freier<br />

Entscheidung, aus Schamgefühl über einen<br />

geschäftlichen Fehler oder durch Resignation<br />

gegenüber gesellschaftlichen Anforderungen.<br />

Dass die Situation der Wohnungslosen eine<br />

dramatische Aktualität durch die akute Wirtschaftskrise<br />

erhält, die in Japan Tausende in<br />

die Armut und auf die Straße treibt und die<br />

Künstler zum unfreiwilligen Lebensberater in<br />

Sachen „Überleben ohne Geld“ macht, ist ein<br />

Auftrag, den sie auch auf anderen Ebenen annehmen.<br />

Als Organisatoren von in Japan vollkommen<br />

unüblichen Demonstrationen gegen<br />

städtische Gentrifizierungsmaßnahmen oder<br />

als Betreiber einer Straßenküche, in der alle<br />

Teile der Gesellschaft im öffentlichen Raum<br />

zusammenkommen, um gemeinsam aus wenigem<br />

viel zu kochen, sind sie ein einzigartig<br />

politisch engagiertes Projekt in der nahezu unpolitischen<br />

Kunstszene Tokyos. MA


11.06.2009 SCHÖNER SCHEITERN<br />

christoph Westermeier<br />

Schöner Scheitern<br />

Bei meinem zweiten Auftritt in der <strong>WG</strong>/<strong>3ZI</strong>/K/<br />

<strong>BAR</strong> setzte ich in einer Bilderschau Heidi Klum,<br />

die Romanfigur Karl, den abstrakten Maler,<br />

und Angela Merkel unter dem Motto „Schöner<br />

Scheitern“ in einen Zusammenhang. Auszüge<br />

aus der „Apothekenrundschau“ (Marie-Luise<br />

Marjan, Mutter Beimer, verglich ihre Rolle in<br />

der Lindenstraße mit Angela Merkel), aus dem<br />

Roman „Karl und die abstrakte Malerei“ (Erich<br />

Döhler, Berlin 1958) und Aussagen von Karl Lagerfeld<br />

über Heidi Klum trug ich dazu vor. Da<br />

2009 ein Bundestagswahljahr war, gingen einige<br />

Besucher davon aus, ich würde Werbung für<br />

Frau Merkel machen. Da der Abend aber unter<br />

dem Motto des Scheiterns stand, führte ich die<br />

Beispiele ad absurdum, ohne dabei selber zu<br />

scheitern!<br />

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11.06.2009 BIBLIOTHEK<br />

michael kurzwelly<br />

Wirklichkeitskonstruktionen<br />

Als Mitarbeiter des Department of Reality Research<br />

der Transnational Association for Tourism<br />

Development (TAT D) möchte ich Ihnen<br />

Reisen in neue Wirklichkeiten anbieten, die wir<br />

für Sie konstruiert haben. Die Möglichkeit, mit<br />

Billigfliegern in jeden Winkel der Welt zu gelangen,<br />

scheint nach und nach alle Geheimnisse<br />

zum Erlöschen zu bringen. Deshalb sehen wir<br />

es als unsere Aufgabe, Krisen zu erzeugen,<br />

denn nur durch Krisen sind wir in der Lage,<br />

unsere Sichtweise zu ändern und neue Wirklichkeiten<br />

zu entdecken: Supergünstig! Entdecken<br />

Sie Nichts! www.weisse-zone.net<br />

Waren Sie schon einmal in NOWA AMERIKA?<br />

www.nowa-amerika.net<br />

Haben Sie schon Słubfurt, die Hauptstadt von<br />

NOWA AMERIKA besucht? www.slubfurt.net<br />

Oder liegt Ihnen eher die Nahtoderfahrung<br />

beim Wandern durch LOCH NETZ?<br />

www.schwarze-zone.weisse-zone.net<br />

11.06.2009 KÜCHE<br />

motoko aoki<br />

Japanische Teezeremonie-<br />

Camping mit Küche<br />

Teezeremonie „camping“ ( Matcha-Tee, Wasabi-Schokolade und diverse asiatische Instant-Nudeln)<br />

Nachfolge von der Teezeremonie „tea to go“ und „Picknick am Worringer Platz“ bei der<br />

Ausstellung „Unter freiem Himmel“<br />

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10.09.2009 BIBLIOTHEK<br />

lydia schouten<br />

The Monument for the 117 drowned<br />

villages of Zeeland<br />

In 2005 I got the commission to make the Monument<br />

for the province of Zeeland. The sketch<br />

design I made, was a tower of 9m height and 3m<br />

width, stainless steel, acrylate, painted figures<br />

under water, speakers, sound, light, stone staircase<br />

with sand-blasted names of the 117 drowned<br />

villages during the ages. The committee<br />

liked it and decided to give me the commission.<br />

They had found a nice location at the headland<br />

of Kats, a village near the Zeelandbridge. During<br />

a meeting at the townhouse of Kats I presented<br />

the sketches and a rough first sketch of<br />

the 3 min. sound to the villagers. The idea was<br />

that the sound would be heard 3 times a day<br />

for 3 min. at times of big storm floods from the<br />

past. It was a compilation of rough sea, storm,<br />

churchbells and the sound of rowing. During<br />

my presentation everyone seemed to like it, but<br />

when I had gone home, two people started to<br />

collect door to door signatures to vote against<br />

the Monument in Kats. They collected so many<br />

signatures that the committee decided to cancel<br />

the idea of building the tower in Kats. The<br />

protesters had even asked an engineer from<br />

Delft to make a rapport where he came to the<br />

conclusion that the 3 min. sound of the Monument,<br />

coming from the speakers inside the<br />

metal cones with 50 decibel, would enter the<br />

village with roaring noise. Together with the signature<br />

collection the press of Zeeland started<br />

another suggestive action with texts suggesting<br />

the most awful sounds coming out of the tower.<br />

From that moment on the articles started to<br />

come on a regular base, making up stories with<br />

screeming people in big fear. For two years the<br />

project was stopped. In the meantime officials<br />

were looking for other locations with a history of<br />

drowned land to place the monument, but there<br />

were always reasons to resist the monument.<br />

In 2009 the Province of Zeeland had found a<br />

new location for the Monument: Colijnsplaat,<br />

10 km away from Kats at the other side of the<br />

Zeelandbridge. The location was beautiful; it<br />

would be built on a dike, 2 km away from the<br />

village, where it would not disturb anyone. But<br />

the news coverage had done its work and had<br />

also reached Colijnsplaat and also there people<br />

were very suspicious and had a big fear for the<br />

sound coming out of the tower. So finally I delivered<br />

three new versions of the sound people<br />

could choose from. You could still hear churchbells<br />

in a far distance in combination with a<br />

capella singing voices from the 13th century,<br />

storm and heavy water. In october 2009 the<br />

Monument was inaugurated and even during<br />

the last days of building the tower at the dike,<br />

people were threatening us that the Monument<br />

would not survive for another three weeks.<br />

Now in 2012 the Monument is still there and<br />

I’ve heard that excursions are made regularly<br />

to it, where tourist guides proudly explain the<br />

history of Zeeland and the fight against water<br />

during the ages.


10.09.2009 BIBLIOTHEK<br />

florian kuhlmann<br />

Cave goes Pop<br />

Ein Vortrag über ein Kunstprojekt, bei dem es<br />

um die Verbindung von virtuellen und physischen<br />

Räumen mit Hilfe von Medientechnologie<br />

geht.<br />

Der virtuelle Raum der Medien und die durch<br />

unser Gehirn erzeugte Realität ergeben einen<br />

synthetischen Raum, in dem sich das soziale<br />

Leben moderner Technogesellschaften<br />

abspielt. Kapital und Sendeanlagen gehen<br />

seit jeher eine unheilige Allianz ein, um die<br />

Deutungshoheit über diesen Raum zu erlangen.<br />

Das Kapital kontrolliert die Anlagen und<br />

beherrscht(e) damit weitgehend souverain den<br />

synthetischen Raum. Durch die Entwicklung<br />

des Netzes wird diese Struktur endlich aufgebrochen<br />

– mit unabsehbaren Folgen und vor<br />

allem aber Chancen für uns.<br />

Verstärkt wird diese Entwicklung noch durch<br />

die Netzbasierten virtuellen Welten wie zum<br />

Beispiel Secondlife.com. Durch diese für jeden<br />

zugänglichen virtuellen Welten öffnet<br />

sich nun diese bisher unzugängliche Sphäre<br />

des Spektakels gegenüber den Massen. Der<br />

Netzkünstler Florian Kuhlmann analysierte und<br />

experimentierte über ein Jahr lang mit der virtuellen<br />

Welt und Kommunikationsplattform Secondlife.com.<br />

Im Rahmen dieser Experimente<br />

entstanden Arbeiten wie etwa das „the I buy<br />

everything event“, das erste Hybridhappening<br />

im realen und virtuellen Raum zugleich. Seine<br />

Arbeit fasst er unter dem Titel ‚Cave goes Pop‘<br />

zusammen und präsentiert die Ergebnisse<br />

dieser künstlerischen Forschungsarbeit mit,<br />

im und um das Universalmedium Netz und die<br />

Universalmaschine Computer.<br />

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10.09.2009 KÜCHE<br />

arpad dobriban<br />

Kirschgarten<br />

1903 beschreibt Anton Tschechow, wie der<br />

scheinbar nutzlos gewordene Kirschgarten in<br />

eine Gewinn bringende Wochenendhaus-Anlage<br />

für Sommergäste umgebaut werden soll.<br />

Ein Vorgang, der sich im Laufe des 20ten Jahrhunderts<br />

in ähnlicher Weise sehr oft wiederholt<br />

hat: Eine alte, seit Generationen existierende<br />

Lebensgrundlage wird dem schnellen kurzfristigen<br />

Profitstreben geopfert. Obstbäume, die<br />

man nicht für sich, sondern für seine Kinder<br />

und Enkel pflanzt, werden vernichtet. Damit<br />

wird der nächsten Generation die Möglichkeit<br />

genommen, in die Reihe der Ahnen zu treten.<br />

Sie werden ohne die Vorsorge der Elterngeneration<br />

auf sich selbst zurückgeworfen. Dieses<br />

Phänomen zeigt sich vor allem dort, wo man<br />

auf lange Vorlaufzeiten angewiesen ist. Also<br />

in der Bearbeitung des Bodens, der Erhaltung<br />

von Nutzpflanzen, dem Aufforsten von Wäldern<br />

usw. Die Diktate unserer Zeit sind: ständige<br />

Verfügbarkeit und gleich bleibende Qualität.<br />

Beide Forderungen sind nicht erfüllbar, sofern<br />

sie sich auf lebendiges Material, was Lebensmittel<br />

ja sein sollten, beziehen.<br />

Deshalb hat sich die Lebensmittelindustrie davon<br />

verabschiedet, ihren Produkten den Geschmack<br />

der Ausgangsmaterialen zu erhalten.<br />

Jede Charge, jedes Erntejahr würde einen anderen<br />

Geschmack ergeben, das Produkt hätte<br />

keinen Wiedererkennungswert. Gleich bleibende<br />

Qualität kann nur durch Stoffe beeinflusst<br />

werden, die speziell dafür produziert und den<br />

Produkten zugefügt werden. Geschmack wird<br />

gezielt gesteuert und unabhängig vom Material<br />

zugeordnet. Dahinter steckt die Auffassung,<br />

Geschmack sei eine frei verhandelbare, einstellbare<br />

Größe.<br />

Dabei ist Geschmack das Kommunikationsmittel<br />

zwischen Speise und Esser, der Geschmack<br />

liefert die Informationen über die Inhaltsstoffe,<br />

die den Körper erwarten. Gleichzeitig bildet der<br />

Geschmack die Gesamtheit aller Handlungen<br />

im Laufe des Produktionsprozesses einer Speise<br />

ab. Angefangen bei Wachstum und Ernte bis<br />

hin zu Verarbeitung und Zubereitung. Bei der<br />

Produktion meiner konservierten Früchte sind<br />

genau diese Aspekte entscheidend.<br />

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08.10.2009 BIBLIOTHEK<br />

Donatella Chiancone-Schneider<br />

Zurück in die Zukunftskunst<br />

Als intellektuelle und künstlerische Zukunftsbewegung<br />

sollte der 1909 gegründete italienische<br />

Futurismus zur kulturellen und ästhetischen Erneuerung<br />

der ganzen Welt beitragen. Dazu gehörten<br />

das Anpreisen moderner Technik (Strom<br />

und Telefon, Kino und Rundfunk, Eisenbahn<br />

und Luftfahrt), die Forderung nach radikalem<br />

Fortschritt in allen Kultur- und Lebensbereichen<br />

und mitunter auch das Besingen der Gewalt<br />

und Zerstörung als symbolisches Mittel<br />

zur Durchsetzung neuer Ideen und zur Beseitigung<br />

von allem Altmodischen. Die Fröhlichkeit<br />

bei der bunten und geometrisierenden Gestaltung<br />

bildender, darstellender und angewandter<br />

Kunst mischte sich dabei mit dem Sarkasmus<br />

der Avantgardisten gegenüber der in ihren Augen<br />

rückschrittlichen Welt. Lebensfreude und<br />

Humor, Maschinenkult und Geräuschmusik,<br />

Abstraktion in der Kunst und Provokation im<br />

Alltag: All das macht die widersprüchliche und<br />

noch moderne Zukunftsbewegung aus. Der Diavortrag<br />

der Kunsthistorikerin Donatella Chiancone-Schneider<br />

fand im Rahmen des Festivals<br />

Viva il Futurismo! zum 100-jährigen Jubiläum<br />

des italienischen Futurismus statt (s. auch<br />

ViF!-Abschlussveranstaltung vom 14.1.2010).<br />

08.10.2009 BIBLIOTHEK<br />

Jana Matejkova Middleton<br />

Light-Head<br />

I am fascinated by people, sites and context<br />

and welcome the challenge of site-specific<br />

restrictions and the unique limits each place<br />

offers. I create drawings from the environment<br />

and then adapt these to the multilayered reality<br />

of the city.<br />

Creating large luminic sculptures with sound<br />

elements I like to play with performative possibilities,<br />

collaborating with communities, children,<br />

other artists, dancers and composers.<br />

In my public artworks I am trying to balance<br />

technical issues, architectural scale, cultural<br />

concepts and the publics’ expectations and<br />

reactions, without loosing tension between<br />

concept and production, focusing on the magic<br />

a simple shaft of light can create.


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08.10.2009 GÄSTEZIMMER<br />

Rory Middleton / Grizla / Delvis /<br />

Rozza anD a mysterious Drummer<br />

Das Tussel in die Dussel zwei<br />

08.10.2009 BIBLIOTHEK<br />

Oliver Vollbrecht<br />

Sex, Papier und Freiheit:<br />

Independent Magazines<br />

In den letzten Jahren haben kleine, von Großverlagen<br />

unabhängige Magazine einen Boom<br />

erlebt. Im digitalen Zeitalter blühen die Lust an<br />

der sorgfältigen Gestaltung von Printprodukten<br />

abseits des Mainstreams und die Freude am<br />

Materiell-Haptischen.<br />

Es gibt Vorbilder, auf die sich zeitgenössische<br />

Magazinmacher oft berufen. „Vogue“ als etablierter<br />

Klassiker, in Deutschland „Twen“, Warhols<br />

„Interview“, „The Face“. Es gibt Designer,<br />

die in ihrer jeweiligen Epoche stilbildend waren,<br />

wie Neville Brody oder David Carson. Es gibt<br />

Magazine, die Zäsuren markieren, wie „Wallpaper“<br />

mit seiner cleanen, wertigen Anmutung. Es<br />

gibt Magazine, die wider jede Markt-Logik erfolgreich<br />

sind, wie „Brand Eins“ und „Mare“. Es<br />

gibt mono- oder multithematische Magazine,<br />

ein- oder mehrsprachige, in Formaten aller Art.<br />

Der Vortrag zeigt etliche Beispiele und entwickelt<br />

eine kleine Typologie: Eyecandy, Smarte,<br />

Gestalter, Kunst und Freie Radikale.<br />

Gerade in letzter Zeit brechen einige Grafiker/<br />

Gestalter das Medium völlig auf. Sie produzieren<br />

keine Zeitschriften mehr, sondern „Magazine“<br />

im Sinne von Aufbewahrungseinheiten.<br />

Das spanische Projekt „La mas bella“ etwa<br />

fertigt in Zusammenarbeit mit wechselnden<br />

Designern schwer zu beschreibende Objekte,<br />

angefüllt mit thematisch sortierten Dingen aller<br />

Art. Mal hat das Objekt die Form des aus<br />

Südländern bekannten metallenen Serviettenspenders,<br />

mal die eines Geldbeutels. Im Rahmen<br />

der Colophon 2009 in Luxemburg, einem<br />

Kongress mit Ausstellung, bespielten sie die<br />

historischen Räume einer Kirche. Das sieht aus<br />

wie eine Kunstausstellung. Warum soll es keine<br />

sein? Die Mas Bella-Objekte werden in einer<br />

Auflage von jeweils 1.000 Stück produziert: ein<br />

Multiple. Stückpreise: Um die 40 Euro. Wäre<br />

es „Kunst“ und in einer Auflage von 100 oder<br />

10 Stück produziert, dann wären die Preise<br />

erheblich höher. Daher eine kleine These zum<br />

Schluss: Während einige Künstler zu perfekten<br />

Kaufleuten mutieren (Damien Hirst), stoßen<br />

einige Designer, die ja als Vertreter der angewandten<br />

Gestaltung eine betriebswirtschaftliche<br />

Funktion erfüllen und damit Knechte der<br />

Kaufleute sind, die Fenster weit auf ins Offene,<br />

Spielerische, kaum Kommerzielle – und werden<br />

damit zu Künstlern.<br />

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12.11.2009 GÄSTEZIMMER<br />

Gereon Krebber<br />

Pet Shop Toys<br />

Im Goethezimmer wollte ich es krabbeln und<br />

wimmeln lassen: Die „Pet Shop Toys“ hatten<br />

sich den ganzen Abend lang mühselig über<br />

den Boden zu schleifen. Es war ein ganzer<br />

Wurf von trashigen Molchgespenstern, die<br />

fußlahm zwischen den Stühlen umherzukriechen<br />

hatten.<br />

Mumienartig mit weißlichem Kreppband umschlungen<br />

und mit glibberigem Silikon beschmiert,<br />

wirken sie vielleicht wie verstrahlte<br />

Mutanten und scheinen verwirrt herumzuzappeln.<br />

Für „Pet Shop Toys“ habe ich einen Haufen<br />

Weihnachtsmänner im Ramschladen gekauft,<br />

die wild blinkend mit den Armen ruderten<br />

und Jingle bells dudelten. Ich habe den Sound<br />

wegkastriert, die Kleidung abgerupft und den<br />

Körper verbogen. Über dieses Skelett habe ich<br />

zerfledderte Amphibienzombies gebaut, blind<br />

wie Höhlenmolche und mit roter Weihnachtsmannfaust<br />

als Nasenspitze.<br />

Batteriebetrieben ließ sich die Bewegung<br />

wieder einschalten. Wie manisch verzweifelt,<br />

strampeln, humpeln und schlagen sie hilflos<br />

mit ihren Beinchen. Auf den Boden gesetzt,<br />

fingen sie an zu robben, zu wackeln und sich<br />

im Kreis zu drehen. Im Atelier hatte ich es nur<br />

einzeln ausprobiert, wie die Pseudotierchen<br />

sich bewegen. Im Goethezimmer würden sie<br />

sich mehr und mehr unter den Stühlen und in<br />

den Ecken verlieren, nahm ich an. Nein, falsch.<br />

Ich habe sie als Gruppe in die Mitte gelegt, angeschaltet<br />

und los ging es. Die Dinger blieben<br />

aneinander hängen, drehten sich, verkeilten<br />

sich und wackelten weiter aneinander herum.<br />

Es sah aus, als würden sie kopulieren. Leicht<br />

behindert und mühsam, war es ein immerhin<br />

eindeutiges Hin und Her - wer weiß schon genau,<br />

wie Gruppensex bei Höhlenmolchen aussieht.<br />

Nachher galt es sie „in gute Hände“ abzugeben.<br />

Einzeln verlost haben alle ein neues Zuhause<br />

finden können. Nur die Batterie lässt<br />

sich nicht mehr wechseln, sie ist fest mit eingeschlungen.<br />

Wenn der Strom einmal alle ist,<br />

hat es sich ausgezappelt. Es bleibt nur noch<br />

die schlaffe Hülle. Ob es irgendwo vorher noch<br />

kleine, neue „Pet Shop Toys“ gab, weiß ich<br />

nicht.<br />

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12.11.2009 GÄSTEZIMMER<br />

Dr. Mitsch´n´furter<br />

and the Space Hoties<br />

Sweet Transvestite<br />

Kerstin Bauer<br />

Grit Carrol<br />

Markus Mitschke<br />

Nur sein Blick (Jekyll and Hyde) - ruhige Ballade<br />

(Grit Carrol / Kerstin Bauer)<br />

Das Phantom der Oper (Markus Mitschke/<br />

Kerstin Bauer)<br />

Sweet Transvestite (Kerstin Bauer / Grit Carrol/<br />

Markus Mitschke)


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12.11.2009 SCHÖNER SCHEITERN<br />

jörg Steinmann<br />

Sweet shipwrecking -<br />

Scheitern in der Öffentlichkeit<br />

Künstlerisches Arbeiten in der Öffentlichkeit<br />

bzw. im öffentlichen Raum lässt sich nicht präzise<br />

planen und enthält viel Überraschungspotential.<br />

Selbst vorübergehende, ephemere Aktionen,<br />

stellen die Frage nach dem Territorium.<br />

Niemand arbeitet dort allein für sich – Interessen<br />

und Ansprüche anderer, die ebenso ephemer<br />

sein können, stellen ein straffes Spannungsfeld<br />

her. Interessenkonflikte können Lösungsprozesse<br />

anstoßen, durch die sich die betroffene<br />

Kunstaktion im öffentlichen Raum<br />

schließlich doch integrieren lässt. So wird der<br />

Konfliktfall – das „Scheitern“ – doch zum Startsignal<br />

eines Diskurses.<br />

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10.12.2009 GÄSTEZIMMER<br />

Anni Sädler / Lucas Singer<br />

Barfuss auf dem Eise<br />

Eine musikalische Winterreise<br />

Moderation: Alexander Gurdon<br />

Franz Schubert (1797-1828)<br />

Winterreise<br />

(nach Texten von Wilhelm Müller)


10.12.2009 GÄSTEZIMMER<br />

Anonymous Schmidt<br />

Free the Dirndl from Bavarian Traditions!<br />

Ein mobiles Sammlungs- und Ausstellungsprojekt<br />

oder die Wiederentdeckung eines<br />

KünstlerInnenkleides. „Free the Dirndl“ ist eine<br />

Befreiungsaktion von und für Frauen mit Integrationshintergrund.<br />

Eine über mehrere Jahre<br />

zusammengetragene Vintage-Trachtensammlung<br />

wurde am Abend vorgestellt und für die<br />

BesucherInnen der <strong>WG</strong> zur Verfügung gestellt.<br />

Zum Projekt gehörte auch der temporäre Leihverkehr<br />

der Sammlung. Nutzerinnen verpflichteten<br />

sich, die Leihgabe innerhalb von zwei Monaten<br />

in NRW bei offiziellen und öffentlichen<br />

Anlässen zu tragen (ausgeschlossen waren die<br />

Weihnachtsfeier und der Karneval) und zur Veränderung<br />

des Stadtbildes beizutragen.<br />

Vor dem Hintergrund der Diskurse um Widersprüche<br />

des Globalen und Lokalen, der ökonomischen<br />

Unverhältnismäßigkeit von Textilproduktion<br />

und ihrer globalen Distribution setzt<br />

das Projekt im Kleinen an.<br />

Mittels über Paketversand organisierten Ameisenverkehrs<br />

und globalen Internetauktionshäusern<br />

wird antike, gebrauchte und schützenswerte<br />

Kleidung einer spezifischen Ausrichtung<br />

komplett aus ihren Ursprungsländern aufgekauft<br />

und in nahe gelegene fremde Regionen<br />

implementiert.<br />

„Free the Dirndl“ ist damit auch ein Ästhetisierungsprojekt,<br />

das vor dem Hintergrund von<br />

Tradition und Revolution, kurzlebigem Lifestyle,<br />

Labelkult, Uniformismus (T-Shirt, Jeans etc...)<br />

ikonographische Festschreibungen in Frage<br />

stellt und den Blick zurück für eine neue Zukunft<br />

wagt.<br />

Ethnologisch setzt das Projekt bei der unmittelbaren<br />

Konfrontation mit „dem Anderen“, „dem<br />

Fremden“ an; es bleibt aber nicht neutral, sondern<br />

sucht den Missbrauch von Universal-Kultur<br />

durch wenige Bergvölker (bayerischer Missbrauch)<br />

zur Anklage zu bringen. Der „fremde<br />

Blick“ einer Küstenbewohnerin generiert dabei<br />

neue Optionsfelder der zur Diskussion stehenden<br />

Objekte. Politisch und historisch setzt das<br />

Projekt auf die Rückeroberung des subversiven<br />

Gestus. Es waren Städter, die Trachtenkleidung<br />

für Landausflüge bevorzugten (während heute<br />

Städter und Landbevölkerung “Survival-<br />

Kleidung” à la Wolfskin zum Überleben ihrer<br />

Shopping-Trips in der unternehmerischen Stadt<br />

benötigen). Internationalen Aufschwung erhielt<br />

der Dress-Code nach dem Zusammenbruch<br />

der Monarchie durch die im Jahre 1920 gegründeten<br />

Salzburger Festspiele. Die Künstler um<br />

Max Reinhardt bevölkerten in den Sommern<br />

der Zeit zwischen den beiden Weltkriegen Salzburg<br />

und das Salzkammergut stilgerecht im<br />

Leinenjopperl und Dirndl. Helene Thimig etwa,<br />

Paula Wessely, Lotte Lehmann und Hugo von<br />

Hofmannsthal wurden neben anderen zu Botschaftern<br />

der Trachtenmode.<br />

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10.12.2009 BIBLIOTHEK<br />

Ole Aselmann<br />

Caféunterwegs Berlin - Beijing I<br />

Ausgangspunkt meines Vortrags „Berlin-Beijing<br />

Caféunterwegs“ war die erste Etappe einer<br />

Wanderung von der westlichen in die östliche<br />

Hemisphäre, von Berlin bis Peking.<br />

In meinem Vortrag folgte ich chronologisch<br />

meiner Arbeit, in der ich mich mit der Erfahrung<br />

auseinandergesetzt habe, die Authentizität,<br />

Zeit, Gleichzeitigkeit und europäische<br />

Geistes- und Ideengeschichte miteinander zu<br />

verbinden sucht.<br />

Dem subjektiv Erlebten begegne ich in meiner<br />

Arbeit mit der Reflektion, vor allem sichtbar<br />

im Zusammenhang ihrer Präsentation und<br />

Darstellung. Darüber hinaus spielt die Ebene<br />

der Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen eine<br />

wesentliche Rolle, sowohl in der Konzipierung,<br />

immer auf dem Hintergrund der europäischen<br />

Ideengeschichte, wie als Frage der Form und<br />

der Darstellung, die häufig eine Mischung zwischen<br />

Performance und Dokumentation ist.<br />

Im Vortrag verfolgte ich den Ansatz, die europäische<br />

Geistesgeschichte durch die Wanderung<br />

von Berlin nach Beijing für mich zu öffnen.<br />

Im Oktober letzten Jahres, nach letztendlich<br />

drei Etappen, bin ich in Peking angekommen.<br />

Es hat sich einiges getan.<br />

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14.01.2010 GÄSTEZIMMER<br />

Viva il Futurismo!<br />

Donatella Chiancone-Schneider<br />

Ludger F. J. Schneider<br />

Serata futurista oder das Auge isst mit<br />

Futuristische KochKunst von Dr. Donatella<br />

Chiancone-Schneider (Vortrag), Spuntino<br />

futurista von Ludger F. J. Schneider (Küche),<br />

Sound Kitchen von Diss Harmon Lothar & Magnus<br />

Mantovani (Musik), Senza titolo ma non<br />

troppo mit Tom Geilich & Sarah Hildebrand &<br />

Jochen Kehr & Robert Kuhn & Ulla Kuipers &<br />

Anna Petra (Performance), Camera obscura mit<br />

Leuchtenberg & Marion Reuter & Marika Rudolph<br />

& Susanne Weins & Susanna Welsch &<br />

Nora Zimmermann (Installation mit Performance)


Serate futuriste waren Event-Abende, die<br />

im frühen 20. Jahrhundert von italienischen<br />

Avantgardisten veranstaltet wurden. Bei diesen<br />

erlebnisreichen Diners sollten durch plastisch<br />

gestaltete und geschmacklich überraschende<br />

Speisen die Sinne und die Vorstellungskraft<br />

der Gäste angeregt werden. Zwischen Labor<br />

und Atelier sollte die Küche Brutstätte einer<br />

neuen ästhetischen Sensibilität und die Kochkunst<br />

Teil der von den Futuristen angestrebten<br />

Revolution aller Lebensbereiche werden.<br />

Weniger das Sattwerden als der ganzheitliche<br />

Genuss stand also bei jeder Serata im Vordergrund<br />

und die kreativen Rezepte waren nur<br />

ein Bestandteil spektakulärer Empfänge mit<br />

musikalischen, poetischen und bühnenreifen<br />

Elementen, die zum Teil der Improvisation<br />

überlassen waren.<br />

Im Geist des zum 100-jährigen Jubiläum gefeierten<br />

Futurismus hat das Team von Viva il<br />

Futurismo! eine zeitgenössische Interpretation<br />

futuristischer Soireen eigens für die <strong>WG</strong><br />

im Jacobihaus realisiert. Zum interdisziplinären<br />

Menü gehörten: ein einführender Vortrag<br />

über die futuristische KochKunst, dessen Präsentation<br />

auf die weiß gekleideten Performer<br />

projiziert wurde; die Vorspeise Antipasto,<br />

die den Gästen angeboten, aber von der Bedienung<br />

verspeist wurde; die Hauptspeise<br />

Spuntino futurista >Stellare Konstellation< mit<br />

ihrem simultanen Spieß aus herzhaften, süßen,<br />

sauren und scharfen Häppchen, auf CDs serviert;<br />

zum Abschluss der Nachtisch Camera<br />

obscura, bei dem bei Dunkelheit alle Sinne außer<br />

dem Sehen verwöhnt wurden. Zum Menü<br />

wurden Spezialitäten der >Sound Kitchen<<br />

gereicht. Mit diesem Gran Finale ging das Festival<br />

Viva il Futurismo! zum 100-jährigen Jubiläum<br />

der italienischen Zukunftsbewegung zu<br />

Ende (s. auch Veranstaltung am 8.10.2009).<br />

Der Performanceabend fand in Kooperation<br />

mit Viva il Futurismo! (www.futurismus.kulturserver.de)<br />

als Teil des Rahmenprogramms zur<br />

Ausstellung Eating the Universe – Vom Essen in<br />

der Kunst in der Kunsthalle Düsseldorf statt.<br />

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11.02.2010 CURATOR‘S KITCHEN<br />

Anke Volkmer<br />

Max Inzingers Kochstudio<br />

Als kleines Mädchen Mitte der 70er Jahre mit<br />

Rundschnitt und Kassengestellbrille auf der<br />

Nase sah ich im Fernsehen oft abends die ZDF<br />

Drehscheibe. Dort bereitete der Fernsehkoch<br />

Max Inzinger in seinem „Kochstudio“ Partygerichte,<br />

Imbisse zu Bier und Wein für den Herrenabend<br />

oder exotische Dinners für das Tête<br />

à Tête zu. Seine Kochbücher „Kochen für die<br />

Liebe“ oder „Tupperware“ gehören gestalterisch<br />

wie kulinarisch zu der Höhepunkten deutscher<br />

Populärkultur der Seventies. Meine Mutter<br />

war eine moderne berufstätige und allein<br />

erziehende Frau, und so wurden die Errungenschaften<br />

der Zeit wie Flockenpüree, Dosengemüse<br />

und Instant-Dessertpulver mit der allergrößten<br />

Selbstverständlichkeit konsumiert,<br />

konnte doch die so gesparte Zeit in lackierte<br />

Fingernägel und den perfekten Halt der Haare<br />

viel gewinnbringender eingesetzt werden.<br />

Hausmütterchen war vorgestern. Auf Geburtstagspartys<br />

gab es um 24.00 Uhr die weltberühmte<br />

„Mitternachtssuppe“ mit Hackfleisch,<br />

Champignons, Bohnen und Tomaten aus der<br />

Büchse, Soßenpulver und viel Rotwein, deren<br />

Genuss gern mit Schoko-Vanillepudding (aus<br />

der Tüte, versteht sich) und Tutti Frutti (streckt<br />

im Notfall auch jede Bowle) abgerundet wurde,<br />

um danach noch ausgiebig zu den Les Humphries<br />

Singers in der 3 Zimmer Mietswohnung<br />

tanzen zu können. Oh Happy Days!<br />

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11.02.2010 GÄSTEZIMMER<br />

Chief the Clint<br />

Thilo Schölpen, Peter Issig, Sebastian<br />

Winne<br />

Altweiberfastnacht 2010 fand das erste Konzert<br />

von Beat Clint statt, die damals noch unter<br />

dem Namen “chief the clint” auftraten. Rhythmische<br />

Musik umgeben von futuristischen<br />

Geräuschen eingebettet in Melodien und Harmonien,<br />

live gespielt von Keyboard, Bass und<br />

Drums (Thilo Schölpen, Peter Issig, Sebastian<br />

Winne). Hier in einer kammermusikalischen<br />

Ausführung.<br />

11.02.2010 GÄSTEZIMMER<br />

Stefan Krüskemper<br />

Kerstin Polzin<br />

Feldversuch<br />

Die Berliner Forschungsgruppe von Stefan<br />

Krüskemper und Kerstin Polzin untersucht<br />

performativ Fragestellungen zu Kunst und<br />

öffentlichem Raum. Praktischer Ansatz ihrer<br />

Intervention »Superconstellation« ist eine diskursive<br />

Untersuchungsmethode, die abstrakte<br />

Fragestellungen anhand von Raumpositionen<br />

und Körperwahrnehmungen erlebbar und gestaltbar<br />

macht. Mittels performativer Strukturaufstellungen<br />

entsteht ein komplexer Diskurs<br />

über Fragen der Kunst und der Wirklichkeit.


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11.03.2010 BIBLIOTHEK<br />

Aloys Schumacher (Philipp Rühr)<br />

Kunst in entwicklungstheoretischer<br />

und in logischer Sicht<br />

Damals sprach ich über K. R. Popper und seine<br />

Versuchsbewegungen. Nun hat G. W. F. Hegel<br />

einen (zumindest) doppelten Begriff von Erfahrung.<br />

Erfahrung im gewöhnlichen Sinne, so<br />

erläutert er in der Einleitung zur Phänomenologie,<br />

ist die Ersetzung einer falschen Überzeugung<br />

durch eine andere, wahre. Erfahrung im<br />

zweiten, für die Phänomenologie wesentlichen<br />

Sinne ist die „Umkehrung“ des Bewusstseins,<br />

also ungefähr das, was man religiös als „Konversion“<br />

und aufklärerisch-pädagogisch als<br />

„Bewussteseinsveränderung“ bezeichnet. Es<br />

ist die Einsicht, dass die Grundlagen der bisherigen<br />

Überzeugungen widersprüchlich waren<br />

und dass man sie daher so verändern muss,<br />

dass die dazu konträre Position eingenommen<br />

werden muss. Mit Popper hielt ich mich damals<br />

an die erste Art der Erfahrung als Werkzeug<br />

zur Findung der Wahrheit. Nun denke ich<br />

anders. (Teilweise nach Ludwig Siep: Der Weg<br />

der Phänomenologie des Geistes; Frankfurt,<br />

2000.)


11.03.2010 GÄSTEZIMMER<br />

Christian Jendreiko<br />

Ende offen<br />

Ich schreibe gerne Aktionstexte und die meisten<br />

davon sind Beschreibungen, wie man mit<br />

einer Guitarre Kunst machen kann. Der Ausgangspunkt<br />

ist dabei nicht das Instrument,<br />

die Klangfarbe, das Tonhöhenmaterial oder<br />

irgendeine Struktur. Mein Ausgangspunkt ist<br />

der Instrumentalist, der Spieler, der Mensch.<br />

Was er denkt, was er fühlt, was er erlebt, was<br />

er daraus macht und welches Bild er dadurch<br />

von sich abgibt. Einer dieser Texte ist ENDE<br />

OFFEN, den ich zwischen November 2009 und<br />

März 2010 in Dijon, San Francisco und Düsseldorf<br />

geschrieben habe. Der genaue Titel lautet:<br />

„ENDE OFFEN. Aktion für 2 Akteure, 2 elektrische<br />

Guitarren & 2 Verstärker.“ Timo Hein und<br />

Timon Janssen waren die beiden Akteure, die<br />

sich mit dem Text in einer 2-stündigen Aktion<br />

befasst haben. Erst im Malkasten und ein paar<br />

Monate später noch einmal im Museum Ostwall,<br />

Dortmund, in einer 7-stündigen Aktion.<br />

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Christian Jendreiko Ende offen<br />

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11.03.2010 KÜCHE<br />

Kaoli Mashio<br />

Jap supper („Nick-Jagger“)<br />

Material für 4 Personen:<br />

4 Zwiebeln<br />

8 Kartoffeln<br />

4 Karotten<br />

250g Hackfleisch<br />

4-5 Esslöffel Sojasoße<br />

4 Esslöffel Sake<br />

1Teelöffel Dashi<br />

etwas Pflanzenöl<br />

Salz<br />

Ausserdem Frühlingszwiebeln<br />

Alle Gemüse schälen und klein schneiden.<br />

Alle Gemüse mit Öl anbraten, etwas Salz dazugeben.<br />

Das Hackfleisch ebenfalls anbraten.<br />

Etwas schmoren lassen.<br />

Wenn die Gemüse gekocht sind, Dashi und<br />

Sake dazu geben und untermischen.<br />

Sojasoße ebenfalls dazugeben.<br />

Etwas schmoren lassen.<br />

Zum Schluss die Frühlingszwiebeln kleinschneiden<br />

und drüberstreuen.<br />

Fertig.<br />

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08.04.2010 GARTEN<br />

Markus Ambach<br />

learning by doing: Botanik für Anfänger<br />

Spricht man über die heimatliche Flora und<br />

Fauna scheint jeder etwas zu wissen. Besonders<br />

beim Besuch in Nachbars Garten fehlt<br />

es nie an fachmännischen Kommentaren und<br />

tollen Tips. Gärtnern will gelernt sein, würde<br />

man da denken. Doch gleich der Mutter zum<br />

Kind kommen viele unverhofft an ein Stück<br />

städtisches Grün und erarbeiten sich nach<br />

dem Prinzip „learning by doing“ ihre später<br />

vielleicht profunden Kenntnisse im Umgang<br />

mit der Pflanzenwelt.<br />

Botanische Kenntnisse werden dabei oft durch<br />

den Austausch mit anderen erworben, wobei<br />

eher profundes Halbwissen und mythische<br />

Halbwahrheiten eine Rolle spielen denn wissenschaftliche<br />

Kenntnis. Auf einem Rundgang<br />

durch den frühlingshaften Malkastenpark wurden<br />

frei und offen solche Kenntnisse ausgetauscht,<br />

die im allgemein flottierenden Wissensschatz<br />

der Welt aufgehoben scheinen.<br />

Der gemeinsame Spaziergang zeigte dabei,<br />

wie viele Perspektiven es auf einen kleinen<br />

Steckling geben kann, und welche komplexen<br />

Meinungen auch Künstler zu Themen wie<br />

Rückschnitt, Giftpflanze oder Vertikutieren<br />

haben.<br />

08.04.2010 WOHNEN<br />

Kai Rheineck<br />

zeigt „Kukuli“, Peru (1961)<br />

Ich hatte das große Glück gleich zweimal in die<br />

<strong>WG</strong> eingeladen zu werden, einmal als Notstopfen<br />

und einmal in echt.<br />

Bei der Notstopfenaktion konnte ich meinen<br />

Lieblingsfilm zeigen, den (wahrscheinlich)<br />

schönsten Film der Welt – auf den ich bei<br />

dieser Gelegenheit einmal ausdrücklich hinweisen<br />

möchte – den peruanischen Klassiker<br />

KUKULI (über die schöne Jungfrau Kukuli, die<br />

vom Teufel geholt wird und als Lama wieder<br />

aufersteht – herrlich!). Es war ein wunderbarer<br />

Abend, am Anfang war der Saal voll, am Ende<br />

leer, aber alle waren begeistert.<br />

(„Kukuli“, Regie: Luis Figueroa, 80 min)<br />

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13.05.2010 GÄSTEZIMMER<br />

Congress Congress<br />

Orpheus in der Unterwelt<br />

„Orpheus in der Unterwelt“ wurde von Giulietta<br />

Ockenfuß und Magdalena Kita abgehalten.<br />

Die Rede war schockierend und unterhaltsam<br />

gleichermaßen. Alltägliches vermischte sich<br />

mit Sonderbarem, wie zum Beispiel Katalogtexte<br />

über den Expressionismus und die Kunst<br />

Geistesgestörter mit transkribierten Youtube-<br />

Videos von Offenbacher Asozialen. So wurde<br />

das Hässliche schön, das Billige unbezahlbar<br />

und die Erbärmlichkeit wurde zur Erlösung.<br />

13.05.2010 BIBLIOTHEK<br />

Hueseyin Karakaya<br />

Limits of Control oder<br />

Die gnadenlose Stadt: Istanbul<br />

In der <strong>WG</strong> habe ich filmisches und fotografisches<br />

Material aus dem Zeitraum von 2002 –<br />

2011 gezeigt. Istanbul, eine „Mega City“, die<br />

im Spiegelstadium der „Post–Islamic values“<br />

lichtern schimmert. Ehrwürdige Tradierung eines<br />

geografischen Ortes, dessen Kern leer zu<br />

sein scheint, somit aus reiner Bewegung von<br />

Gegenseitigkeiten zu bestehen scheint. Ein Ort<br />

der gegenwärtig das Trauma eines Hyper Nationalismus<br />

von sich abstreift, um mit „Post–<br />

Islamic values“ einen Ort des absoluten Marktes<br />

herzustellen, der sicherlich jedes jenseitige<br />

Paradies in den Schatten des Glanzes seiner<br />

Mega Shoppingmall zu stellen vermag.<br />

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13.05.2010 GÄSTEZIMMER<br />

Jennifer Steffens / Georg Corman<br />

Wegen Emil seine unanständige Lust<br />

Mein Emil, der meckert mir so breejenklütrich<br />

an,<br />

Mein Emil, der hat keine Scham.<br />

Mein Emil, der sacht mir, du, ick bin doch nu<br />

dein Mann,<br />

Und da will ick von der Ehe noch wat ham.<br />

Ick möchte dir hübscher und niedlicher,<br />

Mit einem Wort appetitlicher,<br />

Dann würde ick mir viel mehr amüsiern,<br />

Jeh zum Doktor, sagt er, lass dir operiern.<br />

Ick lass mir nich de Neese verpatzen<br />

Wegen Emil seine unanständge Lust,<br />

Ick lass mir nich det Fett auße Oberschenkel<br />

kratzen<br />

Wegen Emil seine unanständge Lust.<br />

Wie ick bin, hat ja der Emil schon immer jewusst,<br />

Da hätt er mir eben nich nehmen jemusst.<br />

Ick lasse keenen Doktor ran an meene Brust<br />

Wegen Emil seine unanständge Lust.<br />

Die Emma von Meyers jing bei Doktor Veilchenfels<br />

Und ließ sich auf hübsch operiern.<br />

Die dusslige Emma gab dem Veilchenfels ihr<br />

Geld,<br />

Und nu glaubtse, kann se jeden Mann verführn.<br />

Man hat ihr vermanscht in de Charité,<br />

Sie war schon mies aber nur erst nö!<br />

Nu hat se nen Bauch wie een Kerl<br />

Und nen Podex wien sechzehnjährijet Jör!<br />

Ick lass mir nich de Neese verpatzen<br />

Wegen Emil seine unanständge Lust,<br />

Ick lass mir nich det Fett auße Oberschenkel<br />

kratzen<br />

Wegen Emil seine unanständge Lust.<br />

Wie ick bin, hat ja der Emil schon immer jewusst,<br />

Da hätt er mir eben nich nehmen jemusst.<br />

Ick lasse keenen Doktor ran an meene Brust<br />

Wegen Emil seine unanständge Lust.<br />

Ick wer doch mein Leben nich bei so nen Doktor<br />

jehn,<br />

Ick hab für son Blödsinn keen Geld.<br />

Ick denk nur immer nach, und ick kann et nicht<br />

verstehn,<br />

Dass die Männer son vermanschtet Ding jefällt.<br />

Aus Liebe ans Messer, da lach ick nur,<br />

Een richtjer Mann sacht: Ick will Natur!<br />

Und macht er nich von selber Tamtam,<br />

Hilft ihm ooch die neue Brust nich uffn Damm.<br />

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13.05.2010 KÜCHE<br />

Zhenia Couso Martell<br />

Cajita<br />

Cajitas sind Pappschachteln, in denen das Essen<br />

zu bestimmten Anlässen in Kuba serviert<br />

wird. Interessant dabei ist, dass das gesamte<br />

Essen, von der Vorspeise über den Hauptgang<br />

und das Dessert, auf einmal in die Schachtel<br />

kommt und es gibt kein Besteck dazu. Das ist<br />

allerdings keine Tradition, sondern der Mangelwirtschaft<br />

geschuldet. Zum Essen wird entweder<br />

ein Stück des Kartons abgerissen und<br />

als „Löffel“ benutzt oder bei höherwertigen<br />

Schachteln wird das Besteck in den Deckel<br />

eingestanzt und zum essen herausgetrennt.<br />

Das Essen muss in relativ kurzer Zeit gegessen<br />

werden, sonst weicht der Karton auf.


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10.06.2010 KÜCHE<br />

Erika Hock / Adam Harrison<br />

Kanada vs. Kirgistan<br />

Die Idee zum Wettbewerb zwischen Kanada<br />

und Kirgisistan entstand zum Auftakt der Fußball<br />

WM, da beide Länder, sowohl Kanada als<br />

auch Kirgisistan nicht beteiligt waren. So haben<br />

wir beide Länder (unsere jeweiligen Heimatländer)<br />

dennoch in Erinnerung gerufen und auf ihre<br />

kulinarischen Qualitäten aufmerksam gemacht.<br />

Im Vordergrund stand das Zusammenkommen,<br />

der soziale Charakter. Im Endeffekt kann man<br />

das sicher nicht als Wettbewerb bezeichnen.<br />

Wir hatten ja ein gemeinsames Ziel, es ging<br />

nicht darum einen Gewinner zu küren.<br />

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10.06.2010 GÄSTEZIMMER<br />

Wenz‘n Warrass<br />

Zank-Patience<br />

Ein Gemeinschaftsprojekt von Petra Warrass<br />

(Düsseldorf) und Julia Wenz (Stuttgart)<br />

Die Zank-Patience ist ein Kartenspiel mit Bildkarten,<br />

bei dem zwei Spielpartner mit zwei<br />

identischen Kartenhaufen abwechselnd Bild-<br />

Reihen legen. Dabei haben sie kombinierend<br />

und assoziierend vorzugehen. Die Regeln sind<br />

- und das ist Teil des Spiels - verhandelbar.<br />

Selbst Zuschauer dürfen sich an den Diskussionen<br />

darüber, wer welche Karte wo hinlegt,<br />

beteiligen. Derjenige gewinnt, der durch argumentierendes<br />

Aushandeln bei den Bildkombinationen<br />

am besten überzeugen kann.<br />

Die genaue Betrachtung der Bilder, der subjektive<br />

Blick und die Fähigkeit diese Sichtweise zu<br />

kommunizieren wird Spielstrategie.<br />

Die Grundlage für das Projekt ist ein visueller<br />

Dialog, der aus Bildern unserer Archive besteht.<br />

Das digitale Fotomaterial wurde von uns<br />

über einen Zeitraum von mehreren Monaten<br />

zusammen geführt, mit Archivnummern versehen,<br />

verglichen, generiert und modifiziert.<br />

Durch gezielte Selektierung entstehen neue<br />

Zusammenführungen über Farbharmonien,<br />

Kompositionsanalogien oder Motivverwandtschaften.


10.06.2010 GÄSTEZIMMER<br />

half past selber schuld<br />

mit Rüdiger Testrut<br />

half past selber schuld spielt „Kinderlieder für<br />

Erwachsene“ in der <strong>WG</strong>: Die Musikerin Ilanit<br />

Magarshak-Riegg und der Comicpoet Sir ladybug<br />

beetle packen ihre schrägen Texte in bissige<br />

Gassenhauer, um zusammen mit Rüdiger<br />

Testrut, dem Trompeter der Popolski Show, ein<br />

kleines, feines Satireprogramm darzubieten,<br />

das unschuldige Gedanken und bösen Witz<br />

zum musikalischen Besten gibt.<br />

Für Polarisation ist gesorgt mit Titeln wie “Die<br />

Selbstmörderhymne”, “Körperpflege” oder<br />

“Osama Bin Laden”.<br />

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09.09.2010 CURATOR‘S KITCHEN<br />

Thomas Rieger<br />

Kathrin Tiedemann<br />

Die Entbehrungen & Exzesse<br />

des Earl of Sandwich<br />

Gäste: Hanno Dinger, Thomas Krutmann<br />

Seine Lordschaft, John Montagu, 4. Earl of<br />

Sandwich vor der Royal Society, London, 30.<br />

September 1747<br />

„Lordschaften,<br />

Man wird sich mit Recht fragen, warum die<br />

besten Köche des Empire der letzten beiden<br />

Jahrhunderte, die sich in ihren Werken auf so<br />

vortreffliche Weise mit Grazie und Schönheit<br />

in der Kreation geschmacklich einzigartiger<br />

Werke hervorgetan haben, in einer Angelegenheit<br />

von solch öffentlicher Bedeutung für<br />

die nachahmenden Kochkünste und ihr eigenes<br />

Ansehen geschwiegen haben. Mehr noch<br />

hat sich auf diesem Gebiete noch keiner so<br />

weit vorgewagt, wie ich es in diesem, in aller<br />

Bescheidenheit möchte ich sagen: beinahe<br />

historischen Moment tun werde. Sie werden<br />

es mir freundlichst nachsehen wollen, dass<br />

meine bisher modernste Erfindung – eine Zwischenmahlzeit,<br />

bestehend aus drei Scheiben<br />

Schinken übereinander – der ursprünglichsten<br />

Überlegung folgend, eigentlich hätte aus drei<br />

Scheiben Roastbeef übereinander bestehen<br />

sollen. Vorübergehende finanzielle Schwierigkeiten<br />

haben mir jedoch eine Arbeit mit Roastbeef<br />

verunmöglicht und mich auf die vorangehende<br />

Schinken-Phase zurückgeworfen.“<br />

Montagu an Voltaire, im Juni 1750<br />

„Denken Sie, der erste Erfolg hat sich eingestellt:<br />

die Queen hat mich mit der Kreation von<br />

„etwas Besonderem“ zum Zweiten Frühstück<br />

mit dem Spanischen Botschafter betraut. In<br />

der Nacht auf den 27. April, morgens um 4 Uhr<br />

17, war mir endlich der entscheidende Durchbruch<br />

gelungen. Nachdem ich hunderte von<br />

Entwürfen bereits dem Feuer übergeben hatte,<br />

fand ich die Lösung: mehrere Lagen feinsten<br />

Roastbeefs zwischen zwei Lagen Toast!!! In<br />

meiner Begeisterung habe ich die Kreation mit<br />

Mostrich bestrichen.“


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Tagebucheintrag<br />

John Montagu, 4. Earl of Sandwich, 23. Februar<br />

1760<br />

„Erfolg häuft sich auf Erfolg! Die Royal Society<br />

hat meinen Entwurf „Roastbeef, Weizenbrot<br />

und Dijon No. 3512“ zu meinen Ehren als „The<br />

Sandwich“ in die Annalen der Akademie eintragen<br />

lassen. Dennoch bin ich nicht bereit, einmal<br />

ausgeführte Entwürfe zu wiederholen, und<br />

so suche ich weiter nach neuen Rezepten.“<br />

Aus Hölderlins Nachruf auf Lord Montagu, im<br />

September 1792<br />

„Er befreite die Menschheit vom warmen Mittagessen.<br />

Wir schulden ihm so viel.“<br />

Quellen:<br />

Woody Allen, „Yes, But Can The Steam Engine<br />

Do This?“, in: The New Yorker, 18/8/1966, vol.<br />

42, issue 33, p. 52, dt. in: Wie du dir, so ich<br />

mir (1978)<br />

William Hogarth, The Analysis of Beauty<br />

(1753)<br />

Metzgerei Grefges seit 1911, Düsseldorf<br />

Ausführende:<br />

Hanno Dinger, Thomas Krutmann alias DUKE<br />

(Dinger Und Krutmann Erzählen): Performance<br />

Kathrin Tiedemann, Thomas W. Rieger: Text,<br />

Dramaturgie & Küche<br />

Julia Lorenz, Denise Dahlke und Emma Olfson:<br />

Assistenz<br />

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09.09.2010 BIBLIOTHEK<br />

Thomas Stricker<br />

Primary School Kalkfeld/Namibia<br />

Im März 2007 hatte ich über Alfonso Hüppi das<br />

erste Mal die Möglichkeit mit Holger Bunk ins<br />

Museum im Busch nach Namibia im südlichen<br />

Afrika zu reisen. Holger hatte bereits auf früheren<br />

Reisen Kontakte zum benachbarten Ort<br />

Kalkfeld und zur Primary School geknüpft. Bei<br />

meinem ersten Treffen mit der neuen Schulleiterin<br />

Mathilda Kharuchas, erzählte sie in einem<br />

Nebensatz, dass das namibische Schulministerium<br />

von den Lehrern erwartet, dass sie Agrikultur<br />

sowohl theoretisch als auch praktisch<br />

unterrichten, sie aber nicht wissen wie. Da war<br />

für mich sofort klar, dass der Versuch, einen<br />

Schulgarten aufzubauen, mein Projekt in Afrika<br />

sein könnte. Die Idee war dann ganz einfach,<br />

es ging darum, das gärtnerische Knowhow im<br />

Township zu finden, mit der Schule zu vernetzen<br />

und den Schulgarten kurzfristig auch mit<br />

meinem Wissen aufzubauen. Die Ausbeute an<br />

Schulgartenpaten war dann doch recht dürftig,<br />

eigentlich ließ sich nur eine Patin finden,<br />

Hilde Hoeses, eine Herero-Frau, die auf einer<br />

weissen Farm aufgewachsen war und dort<br />

das Gärtnern erlernt hatte. Trotzdem habe ich<br />

dieses Konzept der Schulleiterin präsentiert.<br />

Es wurde freudig aus der Elternschaft unterstützt<br />

und in dreiwöchiger, harter, enthusiastischer<br />

und herzlicher Zusammenarbeit von<br />

Schülern, Lehrern, Eltern, Arbeitern und mir<br />

realisiert. Schließlich wurde der Schulgarten<br />

sehr feierlich mit wunderschönen Gospelsongs<br />

eingeweiht. 2010 erweiterten wir ihn u.a.<br />

um einen grossen Obstgarten und pflanzten<br />

Schattenbäume auf den ganzen Schulareal.<br />

Seit nunmehr 4 Jahren gelingt es der Schule,<br />

den Schulgarten, gegen viele Widrigkeiten u.a.<br />

wie Diebstahl und Wassermangel, mit großem<br />

Erfolg zu betreiben. Mittlerweile hat sich die<br />

Kommunikation in der „Location“ umgedreht<br />

und die Schule ist zur Anlaufstelle für agrikulturelle<br />

Fragen geworden und im Township sind<br />

schon überall kleine Gärtchen zu sehen...


09.09.2010 BIBLIOTHEK<br />

András Gálik / Bálint Havas<br />

Little Warsaw<br />

Das Künstlerduo Little Warsaw, András Gálik<br />

(*1970) und Bálint Havas (*1971), zählt zu den international<br />

bedeutendsten ungarischen Künstlern<br />

der jungen Generation. 2003 bespielte<br />

Little Warsaw den ungarischen Pavillon auf der<br />

Biennale in Venedig. Zu den zahlreichen Ausstellungsorten<br />

der vergangenen Jahre zählen<br />

u.a. die 2. Berlin Biennale und die Manifesta<br />

2008 in Südtirol, das Stedelijk Museum Amsterdam,<br />

die Apex Art Gallery New York, der<br />

Hamburger Kunstverein und andere mehr.<br />

Im Rahmen des Vortrages von András Gálik<br />

und Bálint Havas in der <strong>WG</strong>/<strong>3ZI</strong>/K/<strong>BAR</strong> wurden<br />

verschiedene in den letzten Jahren entstandene<br />

Projekte des Künstlerduos vorgestellt.<br />

András Gálik und Bálint Havas waren von April<br />

bis Oktober 2009 Atelierstipendiaten der Stadt<br />

Mönchengladbach (gefördert durch die Josef<br />

und Hilde Wilberz-Stiftung). Zum Abschluss<br />

ihres Aufenthalts präsentierte das Museum<br />

Abteiberg eine Serie ganz neuer Arbeiten, die<br />

in enger Zusammenarbeit mit dem Museum<br />

produziert wurden. Die Geschichte des Museums<br />

Abteiberg erzeugt eine ortsspezifische<br />

Anwendung für Fragen, die Little Warsaw in<br />

seinen aktuellen Arbeiten stets neu zur Diskussion<br />

bringt. Was bedeutet Geschichte? Wie<br />

verändert sich der Mensch, die Gesellschaft?<br />

Oder, in einer noch konkreteren Fragestellung,<br />

die bei Little Warsaw nunmehr zur künstlerischen<br />

Versuchsanwendung wird: Wie blickt<br />

man auf die Veränderungen anderer, wie auf<br />

die eigenen Wandlungen? Und: Was passiert,<br />

wenn man das Gleiche in einer anderen Zeit<br />

nochmals wahrnimmt, bedenkt und zu verstehen<br />

sucht? Little Warsaw erinnern in ihrer<br />

multimedialen Präsentation an das allgegenwärtige<br />

Duell von Geschichte und Gegenwart<br />

(Quelle: http://www.museum-abteiberg.de/<br />

index.php?id=111).<br />

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14.10.2010 GÄSTEZIMMER<br />

Benjamin Tillig<br />

Ölpreis vs. Actionheroes 1<br />

Ölpreis vs. Actionheroes 1 ist eine performative<br />

Inszenierung, Bildhauerei, Collage und<br />

Spektakel. Dabei ist der performative Inhalt<br />

recht schnell zusammengefasst: Ich springe<br />

nach einem kurzen Anlauf, zu Fuß, von einer 4<br />

m hohen Rampe wie sie bei Motocross Shows<br />

genutzt wird in ein dahinter bzw. darunter geparktes<br />

Porsche 911er Cabriolet. Das ganze ist<br />

dokumentiert und wurde vor Publikum absolviert,<br />

welches als Zeuge den sportlichen Collageakt<br />

und die Entstehung der fertigen Installation<br />

miterlebte.<br />

Präsentiert mit Haftungsausschluss im Oktober<br />

2010 von <strong>WG</strong>/<strong>3ZI</strong>/K/<strong>BAR</strong> im Garten des<br />

Künstlervereins Malkasten.<br />

14.10.2010 BIBLIOTHEK<br />

Susanne Fasbender<br />

Über „Letter to Jane“<br />

Annäherungen an 2-3 Fotos<br />

In ihrem essayistischen Film „Letter to Jane“<br />

besprechen Jean-Luc Godard und Jean-Pierre<br />

Gorin ein Foto, das Jane Fonda im Jahre 1972<br />

in ihrem berühmten Engagement gegen den<br />

Krieg in Vietnam bei einem Besuch in Hanoi<br />

zeigt. In der Analyse ihres und des Gesichtsausdruckes<br />

eines im Hintergrund sichtbaren<br />

vietnamesichen Kämpfers, der Bildpositionen,<br />

Schärfe, Unschärfe, entziffern sie eine diesem<br />

Foto inhärente imperialistische Aussage und<br />

fragen nach der Rolle des Intellektuellen im revolutionären<br />

Kampf.<br />

Susanne Fasbender nimmt diesen Text (im Film<br />

von den Filmemachern im Off gesprochen) als<br />

Grundlage, um die bekannte Frage nach der<br />

Relation von Pressefotos und Kriegsnarrativen<br />

anhand einiger zeitgeschichtlicher Fotos aufzugreifen.<br />

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14.10.2010 GÄSTEZIMMER<br />

Max Erbacher<br />

Copy Paste<br />

Ablauf:<br />

In der Mitte des Goethezimmers im Jocobihaus<br />

in Düsseldorf liegt eine Eieruhr. Die Uhr<br />

stammt aus der Küche meiner Mutter. Die Uhr<br />

ist mit dem Sender eines Funkmikrophons<br />

verbunden. Der Empfänger ist an einen Lautsprecher<br />

angeschlossen. Ich stelle die Uhr auf<br />

15 Minuten und gehe in die linke, dem Eingang<br />

gegenüberliegende Zimmerecke.<br />

Ich stehe in der Ecke, mit dem Gesicht zur<br />

Wand und wiederhole: LAUDO, LAUDAS,<br />

LAUDAT, LAUDAMUS, LAUDATIS, LAUDANT<br />

(lat.: laudare, loben) bis die Eieruhr schellt. Ich<br />

gehe zurück in die Zimmermitte und stelle die<br />

Uhr wieder auf 15 Minuten, gehe im Uhrzeigersinn<br />

in die nächste Ecke. Dort wiederhole ich<br />

„WAS HABE ICH DIR GESAGT“. Ich stelle die<br />

Uhr wieder auf 15 Minuten und wiederholen<br />

in der dritten Ecke: ICH MUSS EIN BRAVER<br />

JUNGE SEIN. In der vierten Ecke schweige<br />

ich, bis nach 15 Minuten die Uhr zum letzten<br />

Mal schellt.


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11.11.2010 KÜCHE<br />

Mathias Süss<br />

Fisch für alle<br />

Matjes und Surströmming. Die helle und die<br />

dunkle Seite des Herings. Oder: Was aus Hering<br />

und Salz so alles entstehen kann.<br />

Matjes<br />

Matjes sind besonders milde Salzheringe, die<br />

durch Enzyme in einer Salzlake gereift sind.<br />

Der ursprüngliche Herstellungsprozess wurde<br />

bereits im Mittelalter in den Niederlanden entwickelt.<br />

Es werden jungfräuliche Heringe verwendet,<br />

das heißt, die Fische haben noch keine<br />

Geschlechtsprodukte (Rogen bzw. Milch) entwickelt.<br />

Sie werden Ende Mai bis Anfang Juni in<br />

der Nordsee vor Dänemark oder Norwegen gefangen<br />

bevor ihre Fortpflanzungszeit beginnt.<br />

Dann haben sie einen relativ hohen Fettgehalt<br />

(über 15%). Durch einen Kehlschnitt werden<br />

die Kiemen entfernt und der Hering teilweise<br />

ausgenommen; Teile des Darms und insbesondere<br />

die enzymhaltige Bauchspeicheldrüse<br />

verbleiben im Fisch. Anschließend werden<br />

die Heringe in einer Salzlake für ungefähr fünf<br />

Tage eingelegt, traditionell in Eichenfässern.<br />

Die Enzyme der Bauchspeicheldrüse fermentieren<br />

das Matjesfleisch teilweise, was als Reifung<br />

der Matjes verstanden wird. Das ohnehin<br />

gut verdauliche Fischeiweiß wird dadurch noch<br />

leichter verdaulich.<br />

Beim niederländischen Matjes liegt der Salzgehalt<br />

der Lake deutlich niedriger als beim deutschen<br />

Loggermatjes, deswegen ist er später<br />

auch weit milder im Geschmack. Zum Schutz<br />

vor fischschädigenden Nematoden schreiben<br />

die Niederlande eine Tiefkühlung von mindestens<br />

–45 °C vor dem Einsalzen vor. Dadurch<br />

können Matjes auch unabhängig von der<br />

Jahreszeit produziert werden. Der deutsche<br />

Begriff Matjes stammt vom niederländischen<br />

Maatjesharing. Dies ist eine Abwandlung von<br />

Maagdenharing, was so viel wie Mädchenhering<br />

oder Jungfrauenhering bedeutet und sich<br />

auf die geschlechtliche Unreife der gefangenen<br />

Heringe bezieht. Anders als einfache Salzheringe<br />

mit einem Salzgehalt von über 20% brauchen<br />

Matjes nicht gewässert zu werden. Filetiert<br />

und ohne Haut braucht der Matjes keine<br />

weitere Zubereitung.<br />

In Deutschland wird traditionell gereifter Matjes<br />

vielerorts frisch oder aufgetaut an der Fischtheke<br />

angeboten. Die in Plastikpackungen häufig<br />

in Supermärkten angebotenen Matjes sind jedoch<br />

immer nach „nordischer Art“ mit Zucker,<br />

Salz, Gewürzen und Säuerungsmittel gereift<br />

und in Öl eingelegt, was sich erheblich auf den<br />

Geschmack und oft auf die Zartheit auswirkt.


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Zu unterscheiden ist weiterhin die Handelsbezeichnung<br />

Matjes oder Matjeshering vom qualitativ<br />

weniger wertvollen Hering nach Matjesart.<br />

Letzterer wird typischerweise nicht aus dem<br />

geschlechtsunreifen Hering produziert, sondern<br />

aus normalem Hering, der dann lediglich<br />

wie ein Matjes verarbeitet wird.<br />

Surströmming<br />

Surströmming ist eine schwedische Fischdelikatesse.<br />

Der zur Herstellung benötigte Fisch<br />

wird in der Regel im Frühjahr (März) gefangen,<br />

wenn er zu laichen beginnt. Die kleinen Ostsee-<br />

Heringe (ca. 10 cm lang) werden meist ohne<br />

Kopf - aber mit allen Innereien - in Holzfässern<br />

eingesalzen und vergoren. Anschließend werden<br />

die Heringe ohne Erhitzen in zylindrische<br />

Konservendosen abgefüllt, in denen noch eine<br />

Nachgärung stattfindet. Das Verfahren wurde<br />

als Konservierungsmethode verwendet, die im<br />

Gegensatz zum Pökeln weniger des damals<br />

teueren Salzes benötigte (der natürliche Salzgehalt<br />

der Ostseeheringe ist sehr gering, da<br />

das Wasser in der nördlichen Ostsee beinahe<br />

Süßwasser ist). Das Verfahren ermöglichte die<br />

Überbrückung der langen Dunkelheit im Norden<br />

Schwedens. Dabei verhindert die Hefegärung<br />

das Verrotten des Fisches.<br />

Die Unterscheidung zwischen Surströmming<br />

und ganz gewöhnlichem faulem Fisch kann<br />

sehr schwer fallen. Es gibt extreme Fans und<br />

entschiedene Gegner dieses Nahrungsmittels.<br />

Eine neutrale Position zu ihm zu finden ist nur<br />

schwer möglich. Die Art der Herstellung und<br />

der daraus resultierende extreme Eigengeruch,<br />

den der Surströmming nach dem Öffnen der<br />

Dose verströmt erlaubt nur Hass oder Liebe.<br />

Die Dose steht unter Druck – das erfordert<br />

ein besonderes Vorgehen beim Öffnen. Eine<br />

Methode ist die Unterwasseröffnung. Hierbei<br />

hält man die Dose in einen Eimer mit Wasser<br />

und sticht sie mit einem spitzen Gegenstand<br />

auf. Das Wasser bietet etwas Gegendruck und<br />

man kann so verhindern, dass die übelriechende<br />

Flüssigkeit unversehens aus der Dose herauspritzt.<br />

Andere halten die Dose beim Öffnen<br />

einfach schräg. Der flüssige Doseninhalt sammelt<br />

sich unten und man kann die Konserve an<br />

dem anderen Ende relativ gefahrlos öffnen. Es<br />

wird jedoch dringend empfohlen, das Öffnen in<br />

jedem Fall im Freien durchzuführen!<br />

Die Gärungsgase des sauren Herings sind<br />

atemberaubend. Der Geruch ist so intensiv<br />

das er selbst im Freien auf mehr als 50 Meter<br />

Entfernung noch störend wahrgenommen wird.<br />

Bei schwedischen Jugendlichen gilt es als besondere<br />

Mutprobe, etwas Surströmming direkt<br />

aus der Dose zu essen.<br />

Die klassische Möglichkeit ist die sogenannte<br />

tunnbrödklämma, die mit Surströmming, Mandelkartoffeln,<br />

Butter, weißen oder roten rohen<br />

gehackten Zwiebeln, saurer Sahne (gräddfil)<br />

und Tomaten belegt wird. Traditionell wird Surströmming<br />

mit kalter Milch, Aquavit, oder Bier<br />

serviert.<br />

Obwohl die Nordschweden heute nicht mehr<br />

auf den Surströmming als Nahrungsquelle in<br />

harten Wintern angewiesen sind, hat sich diese<br />

Konservierungsmethode erhalten und erfreut<br />

sich einer wachsenden weltweiten Fangemeinde.<br />

Viele Menschen mögen den Surströmming<br />

nicht; man sagt aber, dass man ihn erst einige<br />

Male gegessen haben muss, bevor man seinen<br />

Geschmack wirklich zu schätzen weiß. Wer den<br />

Surströmming probiert hat, kann sicher sein,<br />

dieses Erlebnis nie wieder zu vergessen.<br />

Das Öffnen einer Dose Surströmming ist in<br />

deutschen Mietshäusern nach einem Urteil<br />

des Landgerichts Köln (12. Januar 1984 - 1 S<br />

171/83, WM 1984, Seite 55) ein hinreichender<br />

Grund zur Kündigung.


11.11.2010 BIBLIOTHEK<br />

Ximena García / Maude Maris<br />

Die Beschreibung der Welt<br />

Ximena Garcia ist Mexikanerin, lebt seit 2005 in<br />

Düsseldorf und studiert an der Kunstakademie.<br />

Sie ist „Lizenciatin“ der Autonomen Universität<br />

von Mexico (UNAM) im Fach Visuelle Kunst. In<br />

2010 erhielt sie das Stipendium für Weiterbildung<br />

des mexikanischen Fonds National für<br />

Kultur und Kunst (FONCA-CONACYT).<br />

Maude Maris ist Französin, lebt in Caen und<br />

studierte von 2009 bis 2010 an der Kunstakademie<br />

Düsseldorf bei Hubert Kiecol (DAAD-<br />

Stipendium). Sie erhielt das DNSEP-Diplom an<br />

der Ecole des Beaux-Arts in Caen.<br />

PROJEKT:<br />

Die Beschreibung der Welt entstand aus unserer<br />

Gewohnheit über interessante Orte oder<br />

Gebäude zu sprechen. Diese Erzählungen<br />

führten dazu, dass wir uns jeweils diese Orte<br />

vorstellten – wir sozusagen „virtuelle Bauten“<br />

in unseren Köpfen schufen.<br />

Gleichzeitig dachten wir bei diesem Verfahren,<br />

den mündlichen Berichten unserer Erfahrungen,<br />

an das Reisetagebuch von Marco Polo,<br />

auf welchem der Titel des Projekts beruht.<br />

„Die Beschreibung der Welt“ von Marco Polo<br />

ist der Bericht über seine Reise nach Asien.<br />

Da einige Teile dieses Werkes wie Märchen<br />

geschrieben wurden, die für die damalige Zeit<br />

merkwürdig erschienen, kam es dazu, dass Polos<br />

Zeitgenossen seinen Erzählungen schlichtweg<br />

nicht glaubten, obwohl er persönlich durch<br />

Asien gereist ist.<br />

Dieser Unglaube gegenüber den Geschichten<br />

von Marco Polo hat uns besonders interessiert.<br />

Heutzutage braucht man nicht mehr zu reisen<br />

um glaubwürdig zu sein: neue Landschaften<br />

entdeckt man nämlich durch Fotografien und<br />

durch das Internet. Im Übrigen genügt uns dies<br />

als Beleg für die Realität (für reale Tatsachen).<br />

Wir sind überzeugt von der Wirklichkeit eines<br />

Ortes, obwohl wir noch nie da gewesen sind.<br />

Beruhend auf dieser Idee wurde in der <strong>WG</strong> das<br />

Ergebnis von einem Briefwechsel zwischen<br />

den Künstlerinnen gezeigt. Der Austausch<br />

gegenseitiger Erzählungen endete mit dieser<br />

Präsentation.<br />

Maude Maris zeigte delikate Zeichnungen, die<br />

einen Palast im Zentrum von Mexiko-Stadt<br />

thematisieren, während Ximena García durch<br />

eine witzige Konferenz eine Bungee-Jumping-<br />

Platform in Frankreich beschrieb.<br />

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11.11.2010 GÄSTEZIMMER<br />

Dodo Schielein<br />

Musik für Glasschalen, Glaskolben und<br />

Voicerecorder<br />

Dodo Schielein (1968) studierte Freie Kunst<br />

bei Prof. Henning Christiansen an der HfbK in<br />

Hamburg und belegte Seminare für Komposition<br />

und Musiktheorie bei Prof. Manfred Stahnke<br />

an der Hamburger Hochschule für Musik<br />

und darstellende Kunst.<br />

„[…] Sie konzipiert Objekte und Stücke um<br />

Raum zu füllen, Bewegungen darzustellen und<br />

gleichzeitig einen Aspekt von Immaterialität<br />

spürbar zu machen. Klang ist bei Schielein ein<br />

Material, das auf eine abstraktere Logik verweist,<br />

jenseits seiner räumlichen und zeitlichen<br />

Ausdehnung. ...“ (Prof. Helga de la Motte-Haber,<br />

Handbuch der Musik im 20. Jahrhundert,<br />

Laaber)<br />

Zu hören und zu sehen waren u.a. zwei Klangperformances<br />

für Glasobjekte. Musik für Glasschalen<br />

(2010):<br />

Drückt man den Glasrand der Schale auf den<br />

Tisch und lässt ihn wieder los, beginnt diese zu<br />

schaukeln. Ein warmer, zarter Schaukel-Klang<br />

entsteht und variiert je nach Größe der Schalen.<br />

Improvisatorisch werden nun die Uhrengläser<br />

„angestubbst“ um Klangschichtungen<br />

zu erzeugen.<br />

Musik für Glaskolben (2010):<br />

Für diese Komposition werden kleine Metallkugeln<br />

in verschieden große Glaskolben gelegt.<br />

Beim Schwenken der Kolben erzeugen<br />

die Metallkugeln sirrende Geräusche, welche<br />

je nach Größe des Glaskörpers unterschiedliche<br />

Tonhöhen erzeugen. Durch das Aufsetzen<br />

der Glaskolben auf einen Korkständer (der<br />

als Resonanzboden funktioniert) wird der<br />

Klang verstärkt. Da sich die Metallkugeln auch<br />

nach den Schwenkbewegungen selbstständig<br />

für einige Sekunden weiter bewegen, ist es<br />

möglich, komplexe Cluster (Schwebungen) zu<br />

erzeugen. Der Fundus dieser musikalischen<br />

Möglichkeiten wird improvisatorisch gestaltet.<br />

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09.12.2010 GÄSTEZIMMER<br />

Ute Reeh / Gregor Jansen<br />

SchulKunst<br />

Anmaßend und subversiv, aber auch voll ehrlichem<br />

Interesse an Schulentwicklung, versuchen<br />

wir mit „SchulKunst“ auszuloten, was<br />

geschieht, wenn Kunst auf Gesellschaft trifft.<br />

Lässt sich das, was dabei entsteht, für deren<br />

Weiterentwicklung nutzen? Stimmt die Behauptung,<br />

dass Kunst Katalysator für Veränderung<br />

ist? Daran schließt sich natürlich unmittelbar<br />

die Frage an, welche Kunst, welche<br />

künstlerische Haltung kann und möchte dies?<br />

Kern von SchulKunst ist ein partizipatorischer<br />

Gedanke: Alle Beteiligten geben ihre Wahrnehmung,<br />

ihr Wissen und ihre Wünsche in einen<br />

gemeinsamen Prozess mit dem Ziel einer für sie<br />

und ihr Umfeld positiven Veränderung. Künstler<br />

schaffen für dafür freie, flexible Räume in<br />

einem klar definierten formalen Rahmen.<br />

Gregor Jansen, künstlerischer Leiter der<br />

Kunsthalle, Mitglied im Beirat SchulKunst und<br />

deswegen wichtiger Mitstreiter hat mit mir<br />

zusammen in der <strong>WG</strong> versucht, dies deutlich<br />

zu machen. Als Beispiel stellte er Hans Peter<br />

Feldmanns offenen Raum in der Kunsthalle<br />

Düsseldorf im Juli 2010 vor.<br />

Ich habe gezeigt, dass und wie meine künstlerischen<br />

Wurzeln in der Performance, in der<br />

zeichnerischen Konzeption und in der Skulptur<br />

Ausgangspunkt von SchulKunst waren. Schu-<br />

Kunst ist der Versuch, mit homöopathischen<br />

Dosen Kunst für so große Kolosse, wie es<br />

Schulen sind, zu öffnen und sie neugierig zu<br />

machen für Prozesse mit offenem Ausgang.<br />

Gemeinsam gewachsene Vorstellungen der<br />

Beteiligten geben Anlass und verführen dazu ,<br />

beweglicher zu werden und dem Potential und<br />

der Lebendigkeit der Kinder und Erwachsenen<br />

Raum zu geben. Sind diese Prozesse wirklich<br />

offen, so entwickeln sich Projekte von großer<br />

Dynamik und politischer Dimension. Die an<br />

Schule Beteiligten erleben dabei einen Kerngedanken<br />

zeitgenössischer Kunst: „Alles kann<br />

auch anders sein.“


09.12.2010 KÜCHE<br />

Volker Ziebarth<br />

Weinbau in Düsseldorf<br />

Als Winzer durfte ich im Wohnzimmer der <strong>WG</strong> „Weinbau in Düsseldorf“ vorstellen, eine kurze<br />

Einführung ins Urban Gardening und ein kurzes Seminar mit Verkostung.<br />

09.12.2010 GÄSTEZIMMER<br />

Grischa feat. Jennifer Steffens<br />

Ein Konzert<br />

Unser Akustik-Gig in der <strong>WG</strong> war wirklich der<br />

schönste Abend des Jahres! Alle Leute waren<br />

so entspannt und unsere Songs in diesen<br />

wunderschönen, opulenten Räumlichkeiten zu<br />

spielen .. sowas habe wir vor- und nachher nicht<br />

erlebt. Die <strong>WG</strong> muss eigentlich weiter gehen!!<br />

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10.02.2011 BIBLIOTHEK<br />

Jina Park / Peter Gahn<br />

Nachtsicht<br />

Ölbilder & Sound-Elektronik - Ein Bericht mit<br />

Musikperformance<br />

Die Malerin Jina Park aus Seoul und der Düsseldorfer<br />

Komponist Peter Gahn berichteten<br />

über ihre beiden gemeinsamen Projekte, bei<br />

denen Ölbilder mit elektronischer Musik präsentiert<br />

wurden.<br />

Während der Beschäftigung mit einem Projekt<br />

zu urbaner Nacht war Gahn auf der Suche<br />

nach einem transparenten Schwarz in der<br />

Musik und fand in Parks Bildern eine Entsprechung.<br />

Weitere Analogien in ihren Werken fanden<br />

sich in der Art und Weise dem Betrachter<br />

bzw. Zuhörer Raum für sich und seine eigene<br />

Interpretation zu geben, in das Werk hineintauchen<br />

zu können, oder Distanz zu halten. So ist<br />

in ihren Werken auch Raum für das jeweils andere<br />

Medium, in der Kombination eröffnen sich<br />

gegenseitig weitere Dimensionen.<br />

Ursprünglich fasziniert von japanischer Kalligraphie,<br />

interessierte sich Gahn nun für die<br />

Pinselstriche zeitgenössischer Künstler. Nach<br />

gemeinsamen Aufnahme-/Malsessions ergab<br />

sich das erste Projekt mit der Musik Night<br />

Tree / Moontan als Installation zu Parks Bildern<br />

Night Tree und Moontan01 mit Klangmaterial<br />

aus Pinselstrichen (Acryl auf kleiner Leinwand)<br />

und weiteren elektronischen Klängen. Die<br />

Live-Elektronik-Version Nachtsicht des zweiten<br />

Projekts, nun mit Klangmaterial aus Pinselstrichen<br />

(Öl auf größerer Leinwand), Aufnahmen<br />

der urbanen Nacht etc. zu Parks Bildern<br />

Night Tree und Black Landscape, spielte Gahn<br />

live mit Computer und Joystick zu Bildern mit<br />

Installationsansichten von Parks letzter Solo-<br />

Ausstellung, in deren Rahmen auch die gemeinsame<br />

Arbeit präsentiert wurde. Nach der<br />

anschließenden Diskussion erklang die Musik<br />

Night Tree / Moontan als Installation während<br />

des gesamten Abends.<br />

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10.02.2011 KÜCHE<br />

Christine Bernhard<br />

Wo Milch und Honig fließen<br />

Pflanzensäfte:<br />

Spitzwegerich<br />

Schafgarbe<br />

Huflattich<br />

Löwenzahn<br />

Brennessel<br />

Salbei<br />

Melisse<br />

Pollen /Blüten:<br />

Tannenpollen<br />

Akazienblüten, eingelegt<br />

Lindenblütengelee<br />

Buttermilch<br />

Honig:<br />

Tannenhonig<br />

Akazienhonig<br />

Lindenblütenhonig Honig vom Malkastenpark Düsseldorf<br />

Honig vom Kunstmuseum Düsseldorf<br />

Texte zu:<br />

Geschmacksvorlieben bei Kühen<br />

Standortbedingungen für Bäume im städtischen Raum Düsseldorf<br />

Transformationsprozesse von Pflanzen durch Tiere werden anhand von Beispielen geschmacklich<br />

erfahrbar gemacht: Pflanzensäfte werden von Kühen verwandelt und als Buttermilch<br />

probiert, Pollen werden von Bienen verändert und als Honig verkostet.


10.02.2011 WOHNEN<br />

Jonas Gerhard<br />

Das RGB-Spiel<br />

Video, 16:9, Loop (4min)<br />

In stetem Wechsel verlässt eine Hand den<br />

hüfthohen, statischen Bildausschnitt während<br />

sogleich die andere wieder hinein taucht. Jedes<br />

Mal erkennt man für einen kurzen Augenblick<br />

einen leuchtenden Ball in dieser Hand.<br />

Mal ist er rot, mal blau, mal grün. Als sei es<br />

schnell und hart aneinander geschnittenes<br />

Material, reihen sich diese Momente des Auftauchens<br />

und Verschwindens aneinander. Es<br />

ist der rhythmische und stetig vertauschende<br />

Bewegungsablauf eines Jongleurs. „Das<br />

RGB-Spiel“ greift das Thema der interaktiven<br />

3-Kanal-Installation „Der RGB-Jongleur“ auf<br />

und reduziert es auf diese ruckartige Abfolge<br />

der drei Grundfarben des Videosystems.<br />

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10.03.2011 BIBLIOTHEK<br />

Kaoli Mashio<br />

Stanislava Kovalcikova<br />

Alphabet<br />

Alphabet war ein Projekt von 26 Papierarbeiten<br />

mit allen Buchstaben des Alphabets. Die<br />

Arbeiten waren im unterschielichen Rahmen<br />

präsentiert und mit Tischlampen beleuchtet.<br />

Die Arbeiten waren im Rahmen eines Ping-<br />

Pong Matches zwischen den beiden Künstlerinnen<br />

mit 26 Buchstaben entstanden.<br />

A... Acrobat, B...Blau, C...Couch... ... ...<br />

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10.03.2011 GÄSTEZIMMER<br />

Elena Farr<br />

Plattenpremiere: Voices in my head<br />

NATURAL HISTORY<br />

I‘m living under glass<br />

I‘m living in the past<br />

Stopped counting my days<br />

In this diplay case<br />

As my past life has turned into history<br />

Kids starring through the glass<br />

They look for future in the past<br />

But I am frozen<br />

Cause I had chosen<br />

To regret andtake a trip down my memories<br />

Unsere Besetzung beim Konzert 2011:<br />

I tried to break the glass<br />

To come to terms with all thats past<br />

Gitarre, Gesang - Stefan Kürten<br />

Bass, Gesang - Happi Müller<br />

Schlagzeug - Stefan Dötsch<br />

Keyboards - Max Stamm<br />

Elena Farr existieren seit ca. 2003<br />

Die Debut CD „Voices in my head“ erschien<br />

2009 beim Düsseldorfer Label LoLiLa.<br />

Aufgenommen im „Wildwood Studio“ Düsseldorf.<br />

Produziert von Elena Farr und Max Stamm.<br />

No one can hear me<br />

And I got no key<br />

For this place they call natural history<br />

I‘m frozen under glass<br />

The winter it will last<br />

I came from nowhere<br />

When will you go there<br />

To be hidden and fade into history<br />

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10.03.2011 BIBLIOTHEK<br />

Philipp Rühr / Henning Fehr<br />

Die São Paulo Biennale<br />

Die verlorenen Kommentare<br />

2. März 2011 von Anton Rohrheimer<br />

„Man hat (…) möglicherweise,an der ein oder<br />

anderen Stelle,auch teilweise den Überblick<br />

verloren.“(Karl-Theodor zu Guttenberg).<br />

Sie kann einem beinahe Angst machen, diese<br />

Ausstellung. Davor, dass es ewig so weiter<br />

geht, Generation für Generation, kein Ende,<br />

und jedes Platzen einer Blase wäre nicht mehr<br />

als ein kurzer Pausengong im Betriebsablauf.<br />

Die SAO PAULO BIENNALE bei MAP<br />

von mir am Feb 6, 2011 • 14:21 2 Kommentare<br />

Geschickter Coup: Philipp Rühr und Henning<br />

Fehr, beide noch Studierende der Kunstakademie,<br />

suchen und finden die Nähe zur älteren<br />

Generation Düsseldorfer Künstler und positionieren<br />

sich als die legitimierten Vermittler<br />

der (sehr) jungen Szene.<br />

Biennale Biennale und überall Tassen, um darin<br />

zu segeln, Mia Leisse 17.02.<br />

Seit zwei Jahren gibt es nun das Ausstellungsprojekt<br />

The Chain – auf dem Parkhaus der Düsseldorf<br />

Arkarden reihen sich drei Wohnhäuser,<br />

ein Parkhausplateau ist Sockel für eine ordentlich<br />

domestizierte Planungsästhetik. Markus<br />

Ambach ist Initiator, ihm stehen drei identische<br />

und vitrinenartige Erdgeschosse als Veranstaltungsraum<br />

zur Verfügung, die lichtfugenartig<br />

das eigentliche Volumen der Nutzfläche aus<br />

ihrem Umfeld heben. Ambach will einen Raum<br />

für künstlerische Debatten bieten, der an die<br />

städtische Öffentlichkeit anknüpft. Überhaupt<br />

will Ambach sehr viel, spricht von Selbstorganisation,<br />

von Zwischennutzung, der Rolle von<br />

Institutionen, Kuratoren und Künstlern, dem<br />

Verhältnis zueinander und darüber – denn da<br />

will The Chain Statement sein – wer eigentlich<br />

die Definitionsmacht für Kunst innehat. Er<br />

spricht über Wertproduktion, kollektive Praxis,<br />

und über sich, sich als Künstler und Schnittstelle<br />

zwischen Künstlern und Förderern. Er<br />

spricht über den Begriff von Nachbarschaft<br />

bei Foucault in Bezug auf das Nebeneinander<br />

der Künstler, mit süffisanter Einleitung: “Und<br />

jetzt wird’s kompliziert..”. Überhaupt scheint<br />

Ambachs Realität aus Zeichen zu bestehen,<br />

obwohl er das Gegenteil behauptet, am Beispiel<br />

des Kunstwerkes, das man immer und<br />

grundsätzlich als Original erfahren müsse.<br />

Foucault ist sein Zeichen für Diskurs und Postmoderne,<br />

diesen Glatzkopf, den kennt man<br />

doch, was wollte der noch mal? Ja, es ging um<br />

Macht, dem Bedürfnis, beherrscht zu werden,<br />

aber Nachbarschaft?


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14.04.2011 WOHNEN<br />

Daniel Massow<br />

Martin & The evil eyes of Nur<br />

Der zweite Besuch von Daniel Massow in der<br />

<strong>WG</strong> erfolgte als Mitglied der Künstlergruppe<br />

„Martin & The evil eyes of Nur“. Die Gruppe<br />

wurde 2009 von Nora Kurzweil, Daniel Massow<br />

und Wolfgang Tragseiler in Istanbul gegründet.<br />

Präsentiert wurde ein Konzertmitschnitt eines<br />

triumphalen Auftrittes im Brut Theater, Wien<br />

2011. Ergänzend dazu wurde das neueste Video<br />

mit dem Titel „Boulevard“ einem interessierten<br />

Publikum vorgeführt.<br />

Stationen von „Martin & The evil eyes of Nur“<br />

waren u.a. Kunsthalle Wien, Zollverein Essen,<br />

Kurzfilmtage Oberhausen, MAKNITE im MAK<br />

Wien und viele, viele mehr….<br />

Wir senden <strong>WG</strong>/<strong>3ZI</strong>/K/<strong>BAR</strong> ein großes Dankeschön<br />

für die schöne Zeit bei Euch und einen<br />

bunten Blumenstrauß mit Küssen.<br />

14.04.2011 CURATOR‘S KITCHEN<br />

Elodie Evers / Philipp Fürnkäs<br />

Surprise Surprise<br />

Linsensalat mit getrockneten Tomaten<br />

Zutaten für 6 Portionen:<br />

500 g Linsen<br />

250 g getrocknete Tomaten in Öl<br />

1 Zucchini<br />

3 Frühlingszwiebeln<br />

3 Zehen Knoblauch<br />

10 Blätter Basilikum<br />

6 EL Balsamico<br />

14 EL Olivenöl<br />

Salz<br />

Pfeffer, schwarzer aus der Mühle<br />

Linsen 30 Minuten kochen. In der Zwischenzeit<br />

die Zucchini würfeln und in 1 EL Olivenöl kurz<br />

anbraten. Die getrockneten Tomaten in kleine<br />

Würfel schneiden, die Frühlingszwiebeln in<br />

Ringe, den Knoblauch und das Basilikum fein<br />

hacken. Alle Zutaten mit dem Balsamico vermischen,<br />

kräftig salzen und pfeffern. Die gekochten<br />

Linsen zugeben und mit dem Olivenöl<br />

beträufeln. Den Salat mindestens eine Stunde<br />

durchziehen lassen und eventuell nachwürzen<br />

Arbeitszeit: ca. 30 Min.<br />

Ruhezeit: ca. 1 Std.<br />

Schwierigkeitsgrad: einfach<br />

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14.04.2011 GÄSTEZIMMER<br />

Dreihausfrauen<br />

3HF/97 J./ su. unternehmungslustigen<br />

Bauherrn<br />

April 2011 bringen die Dreihausfrauen bei der<br />

<strong>WG</strong> im Malkasten mehrere aus alltäglichen<br />

Materialien hergestellte Sitzobjekte mit. Die<br />

Sitzinseln bieten Gelegenheit für verschiedenartige<br />

Treffen mit Bauherren oder Bauherrinnen,<br />

die mutig und kreativ genug sind, sich auf<br />

Erfindungen der Dreihausfrauen einzulassen.<br />

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12.05.2011 GÄSTEZIMMER<br />

Anja Lautermann / Rona Rangsch<br />

Sublim - Klänge und Videosequenzen im<br />

Dialog<br />

Live-Klang-Performance & Video-Projektion<br />

Sublimation ist der direkte Übergang eines<br />

Stoffes vom festen in den gasförmigen Zustand.<br />

Eis und Wasserdampf und wie sie klingen können<br />

sind die Elemente, die das Video von Rona<br />

Rangsch bestimmen. Die Sequenzen wurden<br />

von ihr als Reaktion auf eine Klangauswahl<br />

von Anja Lautermann aus einem bestehenden<br />

Material-Pool von Aufnahmen ausgewählt, die<br />

während der letzten Jahre während verschiedener<br />

Artist-Residencies im Ausland entstanden<br />

sind. Gemeinsam wurden diese Szenen so<br />

arrangiert und modifiziert, dass sich ein Spannungsbogen<br />

von lieblich über bedrohlich und<br />

dramatisch bis zu unbestimmt verunsichernd<br />

ergibt. Die Klang-Performance mit Xylophon,<br />

Flöte und Elektronik von Anja Lautermann<br />

unterstreicht diesen Erzählstrang; das Arrangement<br />

ist ebenfalls in engem Austausch der<br />

Künstlerinnen untereinander entstanden.<br />

Sublim ist die erste gemeinsame Arbeit von<br />

Anja Lautermann und Rona Rangsch und die<br />

Präsentation in der <strong>WG</strong>/<strong>3ZI</strong>/K/<strong>BAR</strong> war eine<br />

Premiere.<br />

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12.05.2011 BIBLIOTHEK<br />

Sarah van Sonsbeeck<br />

Portable Silence


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12.05.2011 KÜCHE<br />

Heinz Baumüller<br />

Zwei Torten zum 90. Geburtstag<br />

von Joseph Beuys<br />

Der 12. Mai 2011 wäre der 90. Geburtstag von<br />

Joseph Beuys gewesen. Ich rief den Bildhauer<br />

Heinz Baumüller an, der ein langjähriger Mitarbeiter<br />

von Beuys war, ob er nicht eine Geburtstagstorte<br />

machen könnte. Er schenkte vor 30<br />

Jahren Beuys zu dessen 60. Geburtstag einen<br />

kleinen Bleisatz, auf dem JOS.F.* BEUYS zu<br />

lesen stand - und als Fußnote: *FILZGERALD.<br />

Dies war der Beginn deren Freundschaft. Eigentlich<br />

dachte ich an dieses Bild, doch Baumüller<br />

überraschte mich mit zwei neuen. Er ließ<br />

von Olga Knoebel in deren Pâtisserie PURE<br />

FREUDE auf der Düsseldorfer Hohe Straße<br />

19 zwei französische Torten backen, die sie<br />

nach seinen Entwürfen gestaltete. Auf der<br />

einen, braunen Torte stand mit weißer Schokolade<br />

das Wort ZEUYS, also der Göttervater<br />

in Beuys´scher Schreibweise, oder umgekehrt<br />

- und auf der anderen, der weißen Torte mit<br />

brauner Schoko PHLZ + PHTT, also praktisch<br />

seine Hauptmaterialien FILZ + FETT, aber wie<br />

im Vornamen statt mit F mit PH geschrieben<br />

und das + als ein immer wieder in Beuys´ Werk<br />

vorkommendes ROTES KREUZ. Die Vokale<br />

wurden in diesem Fall von den Materialien verschluckt.<br />

Vor dem Anschneiden der Torten brachte Baumüller<br />

Beuys und uns ein Geburtstagsständchen<br />

dar. Und zwar den Song Telefonbuchpolka<br />

von Georg Kreisler, welchen er Joseph Beuys<br />

auf dessen Bitte hin im Laufe der Zeit bestimmt<br />

mehr als 20 mal vorgesungen hat. BJ<br />

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09.06.2011 GÄSTEZIMMER<br />

The B-Men<br />

Peckl / Sendlinger / Schlägel / Bijl<br />

Kein Geld, kein Strom!<br />

„Bad for the Youth“<br />

My psychiatrist he told me that I´m really not<br />

ok<br />

That I might be a danger in a certain way<br />

My mother always told me oh boy you´re not<br />

ok<br />

You will be a danger one damn day<br />

My girl now she is waiting waiting for the day<br />

That I will be a danger and then will be ok<br />

A danger for who and a danger for what<br />

I am bad for the youth and a danger to god<br />

Doctors mothers girls<br />

Victims in my world<br />

Lyrics by M. Peckl<br />

Music by Peckl, Bijl, Sendlinger, Schlägel.<br />

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09.06.2011 CURATOR‘S KITCHEN<br />

Steffen Fischer<br />

Erik Schönenberg<br />

Liebliche Speis für Leckermäuler<br />

Gereicht wurde eine Spargelcremesuppe vom<br />

Allerfeinsten. Danach gab es einen raffinierten<br />

Spargelsalat. Als Nachtisch gab es Erdbeeren<br />

mit Pfefferminzsoße. Es war wie so oft: Lecker,<br />

aber doch zu wenig. Wer hätte mit so vielen<br />

Gästen gerechnet? Aber mehr war wirklich<br />

nicht drin. Wir standen den ganzen Tag in der<br />

Küche um dann abends doch noch zu spät zur<br />

<strong>WG</strong> zu kommen.<br />

Spargel und Spargelcremesuppe:<br />

Kartoffeln, klein, festkochend<br />

Eier<br />

weißer Spargel<br />

Salz<br />

Zucker<br />

Kochschinken<br />

Schnittlauch<br />

Petersilie<br />

Schlagsahne<br />

Joghurt<br />

körniger Senf<br />

Pfeffer aus der Mühle<br />

Zubereitung:<br />

Kartoffeln als Pellkartoffeln garen, abgießen,<br />

schälen.<br />

Eier etwa sechs Minuten kochen, kalt abbrausen.<br />

Spargel schälen, Enden nach Bedarf kürzen.<br />

In einem großen Topf Wasser, je eine Prise Salz<br />

und Zucker zum Kochen bringen. Spargel zugeben,<br />

zugedeckt je nach Dicke etwa zehn bis<br />

15 Minuten garen, herausnehmen, abkühlen<br />

lassen, etwas Spargelbrühe beiseite stellen.<br />

Stangen in drei Zentimeter lange Stücke schneiden.<br />

Schinken in etwa ein Zentimeter breite<br />

Streifen, Schnittlauch in Röllchen schneiden,<br />

Petersilie fein hacken.<br />

Aus Schlagsahne, Joghurt, Senf, ein bis zwei<br />

Esslöffel Spargelbrühe ein Dressing rühren, mit<br />

Salz und Pfeffer würzen. Eier pellen, in Viertel<br />

schneiden.<br />

Alle Zutaten in eine Schüssel geben, Dressing<br />

darüber verteilen.<br />

Dazu wurde Weißbrot gereicht.<br />

Aus den Spargelenden und Schalen haben wir<br />

eine schmackhafte Spagelcremesuppe wie<br />

folgt bereitet:<br />

Schalen und Enden im Salzwasser ca. 15 Min.<br />

kochen. Durch ein Sieb seihen und Spargelwasser<br />

wieder aufkochen. Spargel in 3 cm lange<br />

Stücke geschnitten hineingeben und weitere<br />

15 Min. kochen lassen.Aus der Butter und dem<br />

Mehl eine Schwitze bereiten und mit Spargelwasser<br />

auffüllen. Reicht es nicht, Wasser oder<br />

Brühe zugeben. Spargelstücke püriert in die<br />

Suppe geben, mit dem Eigelb abziehen und mit<br />

Muskat und Zitronensaft abschmecken.<br />

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09.06.2011 GÄSTEZIMMER<br />

Adam Harrison / Aaron Peck /<br />

Dominic Osterried<br />

Letters to the Pacific<br />

Letters to the Pacific is an ongoing collaborative<br />

project between Vancouver-based novelist and<br />

art critic Aaron Peck and Düsseldorf-based artists<br />

Adam Harrison and Dominic Osterried.<br />

The project began with a series of general<br />

letters sent to Peck’s closest friends and colleagues<br />

while living in New York for doctoral<br />

art history research in 2006-2007. In 2010,<br />

Peck was asked by Matthew Stadler at the<br />

Portland-based publisher Publication Studio/<br />

Jank Editions to publish the letters. In turn,<br />

Peck asked Harrison and Osterried to hijack<br />

the publication.<br />

The book has been expanded into a limited edition<br />

package, featuring twelve prints by Osterried<br />

and Harrison, five tipped-in color plates by<br />

Harrison and Cologne-based artist Christopher<br />

Williams, hand-worked pages by the Italian artist<br />

Johannes Bendzulla, and a DVD in a hand<br />

stamped and spray-painted case, all in a DHLyellow<br />

spray-painted envelope.<br />

Launches of this project first took place in four<br />

German cities during the summer of 2011. At<br />

these events Harrison and Osterried asked<br />

Peck to read his entire text. Then they made a<br />

film collage to be played in between the reading<br />

of each letter. The collage and its relationship<br />

to the reading become a kind of a “film weaving.”<br />

The event lasted approximately 90 minutes.


09.06.2011 BIBLIOTHEK<br />

Shrutti Garg<br />

The other side<br />

Streets as Objects. Objects as Streets.<br />

Photographs by Shrutti Garg<br />

In my work using the medium of photography<br />

I explore places, objects, beings and their relationship<br />

with one another and their surroundings.<br />

The two works displayed document the phenomena<br />

of everyday life in an unfamiliar space.<br />

Charles Baudelaire defined the word flâneur as<br />

‘a person who walks the city in order to experience<br />

it’. Susan Sontag in her essay, “On<br />

Photography”, describes how, since the development<br />

of hand-held cameras in the early<br />

20th century, the camera has become the tool<br />

of the flâneur.<br />

I started off to photograph the ‘The Green<br />

Project’ in Mumbai and further continued it in<br />

Europe in spirit of ‘flâneur’, exploring different<br />

cities and their surroundings in the process of<br />

finding this particular green which interested<br />

me in the sense of its reflection to the space<br />

around.<br />

Objects create their surroundings, where object<br />

in a strict sense refers to an independent<br />

being, in a general sense it is an entity subjective<br />

or objective. The only way to describe<br />

an object is with its properties and its relation<br />

to things around it. Objects are material things<br />

that define the space around us. In a way they<br />

can be completely redundant or sometimes<br />

it’s about a memory that preserves and transforms<br />

into these objects. This is what I went on<br />

to further explore in my works with the Street<br />

living project in Cologne, Germany, during my<br />

Residency in 2011 on invitation by the Max<br />

Mueller Bhavan and Kunststiftung NRW (Arts<br />

Foundation of North Rhine Westphalia).<br />

It was very interesting to me the way people<br />

living on the streets carried around their belongings<br />

even in a possessive way most times.<br />

It made me wonder whether they carry something<br />

of memory and importance, necessity<br />

or something that they just found along their<br />

way.<br />

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08.09.2011 GÄSTEZIMMER<br />

Phillip Schulze / Andrew Dewar<br />

Playing the Rococo<br />

Eine situationsspezifische Klangskulptur im<br />

Jacobi-Zimmer des Kunstvereins Malkasten<br />

Düsseldorf. Andrew Raffo Dewar Sopransaxophon<br />

und Phillip Schulze Digitale Pumpe<br />

(Computer/Software).<br />

Mittels Sopransaxophon und dem elektroakustischen<br />

Instrument „Digitale Pumpe,“ versuchen<br />

die beiden Performance-Künstler sowohl<br />

in einem improvisierenden Dialog, als auch unter<br />

der Inanspruchnahme der räumlichen und<br />

physikalischen Gegebenheiten des Umfeldes<br />

(das Jacobi-Zimmer), eine sich kontinuierlich<br />

verändernde Klangskulptur zu erschaffen.<br />

Erklingende akustische Informationen der<br />

Instrumente und des Raumes (u.a. Resonanzen,<br />

Hall, Geräusche und Filterungen der<br />

vorhandenen Objekte und anwesenden Personen)<br />

werden aufgezeichnet, musikalisch<br />

verarbeitet, transformiert, transmutiert und<br />

sich überlagernd wieder ausgestrahlt. Auf<br />

dieses erklingende, generative Klangmaterial<br />

kann wiederum musikalisch/klanglich reagiert<br />

werden. Es entsteht eine sich immer im Wandel<br />

befindende, sich entfaltende, räumliche<br />

Klangskulptur, in der sich aufgeschlossene<br />

Beobachter bewegen können.<br />

„Space is the place (Sun Ra), Now is the time“<br />

(Weisser Westen).<br />

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08.09.2011 BIBLIOTHEK<br />

Thomas Stricker<br />

Ich habe einen Garten in Afrika<br />

(Fortsetzung des <strong>WG</strong>-Vortrags vom 9. 9. 2010)<br />

Im März 2011 erhielt ich zum dritten mal die<br />

Möglichkeit ins Etaneno Museum im Busch<br />

und zu „meinem“ Schulgarten im benachbarten<br />

Township Kalkfeld in Namibia zu reisen. Im<br />

letzten Jahr aquirierte ich über eine kleine private<br />

Spendenaktion noch weitere Sach- und<br />

Geldspenden und wagte neben dem Gartenprojekt<br />

den Versuch, die Schule sozusagen<br />

klassisch zu unterstützen. Da diese Hilfe zum<br />

Teil nicht wirklich nachhaltig ankam, konzentrierte<br />

ich mich, wie von der Schule gewünscht,<br />

auf das ständig weiter wachsende Schulgartenprojekt<br />

und versuchte viel Zeit zu haben, zu<br />

schauen, zuzuhören und mich auf die Unverstehbarkeit<br />

des Anderen einzulassen. Denn es<br />

ist eine fragile und ungleiche, aber auch wunderschöne<br />

Zusammenarbeit zwischen diesen<br />

großartigen Schülern und Lehrern im verlorenen<br />

Kalkfeld und uns sporadisch einfallenden<br />

Künstlern. Im nun bereits fünften Jahr des<br />

Schulgartens, einer Kontinuität, die in einem<br />

Township sehr außergewöhnlich ist und auf die<br />

die Primary School sehr stolz ist, veranstaltete<br />

ich dieses Jahr im Konkreten diverse Unterrichtseinheiten<br />

wie Tomaten-, Kartoffel- und<br />

Kompost-Workshops und versuchte u.a. mit<br />

Hilfe von Eltern die Bodenfruchtbarkeit durch<br />

Höherlegen der Beete zu steigern. Der Schulgarten<br />

hat für mich mehrere Ebenen. Auf der<br />

einen Seite ist er ein „Hilfe zur Selbsthilfe“–<br />

Projekt, andererseits ist er von Anfang an<br />

eine Skulptur, weniger durch seine formalästhetische<br />

Setzung, sondern die Aktion als<br />

Ganzes. Solange gegossen, kommuniziert und<br />

unterrichtet wird, ist er eine soziale Skulptur,<br />

eine sehr bodenständige Weiterführung der<br />

sozialen Plastik von Beuys. Außerdem ist er ein<br />

Versuch einer vertrauensbildenden Maßnahme<br />

zwischen der sesshaften Kultur der Weissen<br />

und der nomadischen Kultur der Schwarzen.<br />

– Ja, wahrscheinlich ist es eine Vertrauensbildung,<br />

die wir in Kalkfeld intuitiv versuchen,<br />

um diese riesige, an allen Ecken spürbare Kluft<br />

zwischen Schwarz und Weiß zu überbrücken?<br />

08.09.2011 GÄSTEZIMMER<br />

Beat Clint<br />

Thilo Schölpen, key, objects, electr.<br />

Peter Issig, bass, electr.<br />

Sebastian Winne, drums<br />

Nachdem Beat Clint im vorigen Jahr, noch<br />

unter dem Namen „Chief The Clint“, das erste<br />

Konzert in der <strong>WG</strong>/<strong>3ZI</strong>/K/<strong>BAR</strong> gemacht hatten,<br />

folgten Konzerte im In- und Ausland. Hatten<br />

sie beim ersten Konzert noch ruhig und kammermusikalisch<br />

gespielt, war dieses Konzert<br />

eher etwas lauter. Mit Rhythmus, Geräuschen<br />

und Melodien spielen sie die Musik von heute,<br />

futuristisch, abstrakt, modern.<br />

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13.10.2011 GÄSTEZIMMER<br />

Stefan Ettlinger<br />

Gesünder und Gebrecher<br />

Musik-Performance Dauer ca. 45 Minuten<br />

Der Performer, sonst auch Maler und dabei ähnlicher<br />

Praktiken verdächtig, setzt (wie schon in<br />

der technisch baugleichen Performance „Vorletzte<br />

und Verwendete“, aufgeführt in der Julia-<br />

Stoschek-Collection 2010) nach und nach 4 im<br />

Raum verteilte Mini-HiFi-Anlagen als Ton-Quellen<br />

in Gang. Die 4 Spuren stammen teilweise<br />

aus dem umfangreichen Archiv produzierter<br />

und bereits verwendeter Musik des Künstlers,<br />

zu ausgedünnten Patterns reduziert, teilweise<br />

aus speziell für diesen Anlass entwickelten Sequenzen,<br />

immer etwas halbfertig/fragmentarisch.<br />

Vorwiegend auf ein Tempo hin gebürstet<br />

(112bpm in diesem Fall), um die Chance der<br />

Einzelspuren, sich zu sinnvoll erscheinenden<br />

Gesamt-Rhythmen zu ergänzen, zu erhöhen.<br />

Synchronitäten ergeben sich, fallen wieder<br />

auseinander, aus Kakaphonie entwickelt sich<br />

Groove und geht gleich wieder in die Binsen.<br />

Der Performer, eine einsame Figur, scheinbar<br />

Solist, beobachtet das Treiben seiner selbstgebastelten<br />

Spielzeugband, deren Beiträge im<br />

Prinzip erprobt und geplant sind, konkret aber<br />

(der Versatz ist nie exakt zu steuern) vom Zufall<br />

abhängen und kein Auftritt lässt sich genauso<br />

wiederholen und schaltet sich selbst immer<br />

wieder unter der Verwendung eines Instrumentariums<br />

aus Kinderxylophon, Akkordeon,<br />

Blockflöte, Melodika, lautsprecherbestücktem<br />

Fernsteuerauto etc. mit einfachen, aus der Tiefe<br />

des Raums kommenden Beiträgen ein, ganz<br />

im Dienst des absichtslosen Zusammenspiels<br />

seiner virtuellen Mitmusiker.


13.10.2011 BIBLIOTHEK<br />

Tanja Goethe<br />

Dove Diary<br />

In einem Teil meiner künstlerischen Arbeit setze<br />

ich mich mit den Themen Biodiversitiät, urbane<br />

Agrarstruktur im Kontext soziokultureller<br />

Veränderungen und deren Darstellbarkeit auseinander.<br />

Der Betrachter soll in seiner Wahrnehmung<br />

für das scheinbar Nebensächliche<br />

im städtischen Raum sensibilisiert werden:<br />

dessen Biodiversität. In diesem Fall meint es<br />

die Ruderalflora, also die Pflanzengesellschaften,<br />

die sich auf nicht genutzten (Kleinst-)Flächen,<br />

oft aus Getreide- und Kohlpflanzen bestehend,<br />

ansiedeln. Es ist mein Anliegen in der<br />

künstlerischen Konkretisierung die Aufmerksamkeit<br />

der Betrachter zu schärfen für diese<br />

botanische Verwandtschaft von Ruderalflora<br />

und alltäglich konsumierten Gemüsepflanzen.<br />

Innerhalb meiner Arbeit verwende ich den Begriff<br />

“Hidden Friends“, um dieses ambivalente<br />

Verhältnis zu markieren. Seit der EHEC-Krise<br />

im Jahr 2011 ist im Bewusstsein der deutschen<br />

Bevölkerung eine Veränderung eingetreten: die<br />

strukturelle Labilität der industriell und nicht<br />

regional hergestellten Gemüsepflanzen ist als<br />

Grundlage für eine konkrete, tödliche Bedrohung<br />

vom Speiseteller aus in den Köpfen verankert.<br />

Aus dem Interesse, eine eigenständige<br />

künstlerische Formulierung zu entwickeln, die<br />

über einen gartengestalterischen und quasi<br />

hobby-gärtnerischen Beitrag hinausführt,<br />

gehe ich der Frage nach dem Verhältnis von<br />

Form und Funktion nach. Die Beschäftigung<br />

mit modularen und industriell gefertigten Systemen,<br />

z.B. im Bereich der Architektur R.B.<br />

Fuller Dymaxion House, Geodätische Kuppeln,<br />

hat sich in Form von Videoinstallationen, einer<br />

Kombination aus Bildhauerei und Medien,<br />

niedergeschlagen. Aus diesem Darstellungsmodus<br />

wird in einer Situierung im öffentlichen<br />

Raum der Themenkomplex neu formuliert. Im<br />

öffentlichen Raum kann die Darstellungsweise<br />

als „soziale Plastik“ wirken ohne didaktisch zu<br />

erstarren.<br />

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13.10.2011 BIBLIOTHEK<br />

Florian Kuhlmann<br />

Netzkultur<br />

Netzkultur–Kunst zwischen Überwachungsfetisch<br />

und Sendezwang / Vom kreativen Hacktivism<br />

zum politischen Activism<br />

Im Lauf der vergangenen beiden Jahrzehnte<br />

hat sich vor unser aller Augen aus den Computerexperimenten<br />

der westlichen Wissenschafts-<br />

und Militärelite ein globales Netzwerk<br />

entwickelt, welches sich täglich weiter mit<br />

unserer Lebenswirklichkeit verbindet. Innerhalb<br />

des letzten Jahrzehnts hat sich dieses<br />

Netzwerk vom gehypten Nischenmedium zum<br />

Massenphänomen gewandelt.<br />

Mehr und mehr Medien werden Teil eines damit<br />

verbundenen breiten Digitalisierungsprozesses<br />

und das permanente Angebunden-Sein-ans-<br />

Netz wird mit all den daraus erwachsenden<br />

Problemen und Chancen zum Normalzustand.<br />

Smartphones sind die modernen Alltagsbegleiter,<br />

die in nicht allzu ferner Zukunft den<br />

Zugang - Access - zu allen wichtigen sozialen<br />

Ressourcen ermöglichen, oder im Falle von<br />

Fehlverhalten auch verhindern werden.<br />

Die Utopien der 90er-Jahre-Netzavantgarde,<br />

in denen es um Partizipation, Mitbestimmung,<br />

Freiheit des Geistes und der Hoffnung auf eine<br />

Überwindung bestehender Eigentums- und<br />

Gesellschaftsverhältnisse ging, haben sich<br />

nicht erfüllt. Im Gegenteil, das unseren Gesellschaftsstrukturen<br />

zugrunde liegende römische<br />

Rechtssystem, welches die Basis für<br />

unseren modernen Eigentumsbegriff bildet,<br />

erweist sich als äußerst widerstandsfähig und<br />

zäh. Auch die global vernetzten Algorithmen<br />

des Netzes überwinden oder beseitigen dieses<br />

nicht einfach so - wie sich das so mancher<br />

Cyberspace-Bewohner erträumt hatte.<br />

Das Netz vermag zwar dazu beitragen, die<br />

bestehenden Herrschaftsstrukturen zu transformieren,<br />

indem der Modus von der Kontrolle<br />

der Objekte hin zur Kontrolle des Zugangs zu<br />

diesen gewandelt wird, letztlich verfestigen<br />

sich die bestehenden Verhältnisse aber nur<br />

noch mehr und passen sich den Anforderungen<br />

einer dezentralisierten und globalisierten<br />

Welt an. Im Windschatten einer totalen Konsumgesellschaft<br />

verwandelt sich ein Teil des<br />

Netzwerks langsam aber stetig in ein Medium<br />

der Kontrolle und Überwachung. Und während<br />

die Apologeten des Netzes immer noch das<br />

ultimative Heil in der Wahrung einer wagen<br />

Idee von Netzfreiheit suchen, verschwindet<br />

zeitgleich die demokratische Idee aus dem politischen<br />

Geist westlicher Nationen.<br />

Das Verhältnis von Netz und Welt wird umso<br />

komplexer, je weiter wir es integrieren und zu<br />

einem Teil unserer Alltagskultur machen.<br />

Dieser in den vergangenen Jahren entstandene<br />

Kulturraum hat extrem an sozialer und politischer<br />

Bedeutung gewonnen. Technologen,<br />

Aktivisten, Hacker und nicht zuletzt Künstler<br />

untersuchen, definieren und gestalten diesen<br />

virtuellen Raum von den ersten Momenten des<br />

Entstehens an. Kunst und Hackerkultur findet<br />

im Netz zahlreiche Überschneidungen sowohl<br />

in Theorie als auch in der Praxis. Das freie Experimentieren,<br />

die Umnutzung des Bestehenden,<br />

Widerstand gegen vorhandene Machtstrukturen,<br />

aber auch das kreative Zerstören<br />

ist beiden Gruppen zu eigen. In den vergangenen<br />

Jahren, seit dem Beginn dessen, was als<br />

Web 2.0 Eingang in die Gesellschaft gefunden<br />

hat, gewinnen aber auch die Amateure und<br />

Dilettanten immer mehr an Bedeutung und<br />

lösen die klassische Trennung zwischen Autor<br />

und Publikum immer mehr auf. Der Vortrag<br />

“KUNST ZWISCHEN ÜBERWACHUNGSFE-<br />

TISCH UND SENDEZWANG” hat einige dieser<br />

Entwicklungen aufgegriffen und dies an Hand<br />

ausgewählter Beispiele aufgezeigt.<br />

462 | 463


10.11.2011 GÄSTEZIMMER<br />

Hellmut Neidhardt<br />

James Campbell<br />

Tapemeasurekid<br />

N: Gitarre/Verstärker + James Campbell aka<br />

„the preterite“: Tapes/Sampling/Tape- bending<br />

TAPEMEASUREKID arbeitet mit freier Improvisation<br />

in einer Art doppelter Feedbackschleife:<br />

es gibt keine festen „Stücke“, es gibt keine<br />

Absprachen vorab. Wer beginnt, entscheidet<br />

sich im Moment des Beginns. Zuhören und reagieren.<br />

Agieren und bestimmen. Zusammen<br />

gehen und ausbrechen.<br />

Was auf einer Aufnahme für manche wie nachbearbeiteter<br />

Klang wirken kann, ist der zweite<br />

Rückkopplungskreis: neben der Reaktion auf<br />

das im Moment zu Hörende besteht auch eine<br />

physische Verbindung; ein Kabel verbindet die<br />

Gitarre nicht nur mit ihren eigenen Verstärkern,<br />

sondern auch mit den Gerätschaften des<br />

Nachbartisches. Das Kabel öffnet die Tür zu<br />

einer Echtzeit-Manipulation, die die Grenzen<br />

beider instrumentaler Ansätze aufhebt.<br />

Einflüsse: die Stimmung, der Raum, die aktuelle<br />

Venue, die Nähe zum Publikum oder auch<br />

dessen Abstand. Das Vor-Ort-Setting als überraschender<br />

Input.<br />

464 | 465


08.12.2011 CURATOR‘S KITCHEN<br />

Julia Stoschek / Max Mayer /<br />

Christina Irrgang<br />

Klauprecht<br />

- Kürbissuppe mit Brot<br />

- Original Coburger Bratwürste mit Weisskraut<br />

und Kartoffelpürree<br />

- Kreuztrunk von der Brauerei Hartmann aus<br />

Würgau (wird speziell und exklusiv für das<br />

„Goldene Kreuz“, das Restaurant von Julias<br />

Mutter in Coburg, gebraut!)<br />

http://www.qype.com/place/86753-Goldenes-Kreuz-Coburg<br />

Rezept Kürbissuppe Irrgang (hier für 4 Pers):<br />

1 Hokkaidokürbis<br />

4 Karotten<br />

Gemüsebrühe<br />

> kochen<br />

frischer Ingwer hinzu<br />

Salz, Pfeffer, Kastanienhonig, ggf. etwas Curry<br />

> würzen<br />

> pürieren<br />

mit Butter/Ghee abschmecken<br />

Saatenmischung zum Bestreuen<br />

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468 | 469


08.12.2011 BIBLIOTHEK<br />

Georg Winter<br />

Anastrophale Stadt / AST- Sägen<br />

oder Klammern?<br />

Henri!............. „Hier ruft die Bergung! Hier ruft<br />

die Bergung! Antwortet! Antwortet!“ absolute<br />

Stille auf dem innerstädtischen Platz. Leise<br />

Klopfzeichen aus dem Inneren mit folgendem<br />

Rhythmus: 15 Sekunden Stille – 2 Schläge:<br />

Bong-Bong – Eine Sekunde Stille – 2 Schläge:<br />

Bong-Bong – 3 Sekunden Stille – 2 Schläge:<br />

Bong-Bong – Eine Sekunde Stille – 2 Schläge:<br />

Bong-Bong – 15 Sekunden Stille. Der Signalrhythmus<br />

wird wiederholt. Stille. Die Retter<br />

reagieren im selben Signalrhythmus. Die<br />

Verschütteten antworten den Rettern in deren<br />

Klopfpausen und umgekehrt. Ähnlich verhalten<br />

Sie sich mit Rufzeichen: 15 Sekunden Stille<br />

– HIL-FE ! – 3 Sekunden Stille – HIL-FE – 15 Sekunden<br />

Stille. Stille wechselt mit Klopfzeichen<br />

bzw. Rufen. Die Rettungshunde schlagen an.<br />

Die Rettungskräfte machen alles richtig. Die<br />

Verschütteten werden geborgen. Später schildert<br />

eine der verschütteten Bildhauerinnen ihre<br />

Eindrücke aus dem Dunkel: „Ein kunstvoll geschnitztes<br />

Kommuniongitter, auf dem bereits<br />

4 Nothelfer stehen, umgibt das Heiligtum in<br />

Herzform. Auf der Seite zum Hochaltar kann<br />

der Kirchenbesucher Einsicht in die Stelle der<br />

Erscheinungen des Schäfers Hermann Leicht<br />

nehmen; es ist eine kleine Kammer mit den<br />

vier Darstellungen der Erscheinungen auf Leinwand.<br />

Der eigentliche Ort liegt blank. Die winzigen,<br />

nur 30 cm hohen Modellfigürchen für den<br />

Gnadenaltar werden von drei Kaiser Fotolampen<br />

erhellt, die von einem kuppeligen Baldachinhimmel<br />

beschirmt werden. Trotzdem wird<br />

ein Durchblick zum Hochaltar gewährt und von<br />

dort zum Kloster Banz, wenn die Hauptportale<br />

geöffnet sind. Der untere Teil erinnert an eine<br />

prunkvolle Kalesche, eine hochherrschaftliche<br />

Kutsche, die höfisch die 14 Nothelfer herein<br />

trägt. 12 Nothelfer sind in drei Etagen zu je vier<br />

untergebracht: die beiden heiligen Barbara<br />

und Katharina stehen seitlich mit Blick auf den<br />

Zwischenraum mal außen, mal innen: Achatius<br />

(Todesangst), Aegidius (bei der Beichte),<br />

Barbara (in der Todesstunde), Christophorus<br />

(gegen unvorbereiteten Tod), Cyriakus (gegen<br />

Besessenheit), Dionysius (gegen Kopfschmerzen),<br />

Erasmus (gegen Leibschmerzen), Eustachius<br />

(in aller Not), Georg (für Reiter und Pferde),<br />

Katharina (gegen Kopfleiden), Margareta<br />

(bei der Geburt), Pantaleon (alle Krankheiten),<br />

Vitus (gegen Epilepsie und Tollwut), Nikolaus<br />

(Sehen)........<br />

Lefebvre kam dann zu spät. Trotzdem sind alle<br />

gerettet worden.<br />

470 | 471


08.12.2011 BIBLIOTHEK<br />

Malte Roloff<br />

Kulturlandschaft als ZOO-NATUR<br />

Der Vortrag Kulturlandschaft als ZOO-Natur<br />

stellte die Frage, wo Natur anfängt und Kultur<br />

aufhört und welche Vorstellungen, Ideale und<br />

Utopien von Natur in unserer Kultur zu finden<br />

sind.<br />

Der Gegensatz zwischen Menschengemacht<br />

und Natürlich erscheint heute als obsolet,<br />

wobei sich diese Dichotomie immer noch als<br />

wirkmächtig erweist und in vielerlei Gestalten<br />

immer wieder auftaucht. Bestimmte Bilder von<br />

Landschaft, Natur und sogenannter Wildnis<br />

haben sich tief in unser kollektives Gedächtnis<br />

eingeprägt und werden als individuelle Schönheitsideale<br />

immer wieder aktualisiert.<br />

Auch die momentan virulente Debatte um<br />

Klimawandel und Energiewende oder immer<br />

wieder aufflammende Auseinandersetzungen<br />

zwischen Umweltschutz und Naturschutz können<br />

unter diesem Gesichtspunkt betrachtet<br />

werden.<br />

Ob Windparks oder Zoologische Gärten, Totalreservate<br />

oder historisch gewachsene Kulturlandschaften<br />

- alle diese Orte und die Bilder,<br />

welche wir uns von ihnen machen, beherbergen<br />

unsere Ideen und Träume von Natur und<br />

Wildnis und erzählen uns genauso viel über<br />

uns wie über das sogenannte Andere.<br />

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12.01.2012 GÄSTEZIMMER<br />

Tanja Kodlin<br />

Duell<br />

„... der vermengte Körper tritt in eine beunruhigende<br />

Nähe ein, beunruhigend, weil sie<br />

Nähe ist, Annäherung an eine gewisse Unterscheidung<br />

und Erneuerung, Wiederholung und<br />

Wiederbelebung des Abstands, und die Lust<br />

besteht darin, deren für immer ungewisses, labiles<br />

und zitterndes Maß auszukosten. ...“<br />

Jean-Luc Nancy<br />

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12.01.2012 GÄSTEZIMMER<br />

Mike Jansen<br />

43 Jahre - Ein Konzert zum Andenken<br />

an Frank Köllges<br />

Die akute Situation entstand durch das Lauffeuer<br />

von Frank Köllges´ Tod am 1. Januar,<br />

wodurch sich - eben auch auf Einladung von<br />

Birgit Jensen von der <strong>WG</strong> - Freunde und Mit-<br />

Musiker von Köllges zu einem spontanen Requiem<br />

trafen, um der gemeinsamen Trauer in<br />

Frank`s Spezialgebiet, der Musik, intensiven<br />

Ausdruck zu verleihen. In dieser Form wurde<br />

in freier, dichter Improvisation seiner energetischen<br />

Ausstrahlung gedacht. Für viele so<br />

überraschend standen alle Anwesenden noch<br />

unter dem Schock der Nachricht, doch umso<br />

konzentrierter erzitterte der Bau im Klang der<br />

Verbundenheit und im Feiern und Gedenken....<br />

Mitspieler: Mike Jansen, Valerie Kohlmetz, Ufo<br />

Walter, Gernot Bogumil, Maik Schneemilch,<br />

Norbert Stein, Georg Wissel, Viola Faber, Tom<br />

Kuhn, Andreas Brüning, Axel Burchardt, Christine<br />

Mehl u. a.<br />

12.01.2012 BIBLIOTHEK<br />

Deborah Wargon<br />

II:L‘Internationale:II (Berlin, 2012)<br />

Premiere 5 Minuten Music Video - with pianola, music box, flute, Jeremy, Lotte & the Italian Workers<br />

Choir Brisbane Australia.<br />

476 | 477


09.02.2012 KÜCHE<br />

Máte Jáger / Jozsef Szederkényi /<br />

Simon Lässig<br />

Itt etterem - der Versuch eines<br />

Restaurants<br />

„itt“- ungarisch für hier - ist ein Projekt, innerhalb<br />

dessen wir in regelmäßigen Abständen,<br />

an wechselnden Schauplätzen in Budapest<br />

Abendessen für kleinere Gesellschaften organisieren<br />

und kochen. Grundlagen für die einzelnen<br />

Speisen bilden dabei Lebensmittel, die<br />

von befreundeten Produzenten oder aus eigener<br />

Produktion stammen.<br />

Durch das Projekt wollten wir einen festen<br />

Rahmen schaffen, um Speisen wie auch Arbeitsabläufe<br />

auszuprobieren, zu praktizieren,<br />

und letztendlich zu optimieren.<br />

Das Publikum soll innerhalb dieses Prozesses<br />

eine Kontrollinstanz sein und die Rezeption erleichtern.<br />

In der <strong>WG</strong> haben wir eine Terrine aus ungarischem<br />

Enten- und Mangalicafleisch, Senfblätter<br />

von einem Bauern aus dem Rheinland, ein<br />

selbstgebackenes Weißbrot sowie einen ungarischen<br />

Speierlingsbrand serviert.<br />

478 | 479


09.02.2012 BIBLIOTHEK<br />

Markus Ambach<br />

Über die Dolomiten<br />

Der Reisebericht erzählt von einer Wanderung,<br />

die ich im Jahr 2011 unternahm. Die Überquerung<br />

der Dolomiten von Norden nach Süden in<br />

14 Tagen ohne verkehrstechnische Hilfsmittel<br />

und im Alleingang scheint ein waghalsiges Unternehmen<br />

zu sein, liegen doch Höhen bis zu<br />

3200 Metern auf der Strecke. Für den geübten<br />

Wanderer und Bergsteiger ist es eher ein äußerst<br />

ruhiges, kontemplatives Unterfangen, bei<br />

dem die langsame und kontinuierliche Wandlung<br />

der Landschaft im Vordergrund steht. Die<br />

Raumwahrnehmung zwischen 0 und 6 km/h,<br />

die nicht durch schnellere Bewegungsformen<br />

unterbrochen wird, ist eine intensive Form,<br />

sich in den Bergen zu entschleunigen und die<br />

Wahrnehmung von Zeit, landschaftlicher Veränderung<br />

und Einsamkeit neu zu erleben. Von<br />

den Sextener Dolomiten mit den Drei Zinnen<br />

führte der Weg über legendäre Kletterberge<br />

wie Sorapiss, Antelao, Monte Pelmo und Civetta<br />

bis zur Schiara, um in Belluno kurz vor<br />

Venedig zu enden. MA<br />

480 | 481


09.02.2012 GÄSTEZIMMER<br />

The Tinktones<br />

Vom Indiefolk über Country zum Chanson<br />

Die Songs von Katinka stehen für Emotion und<br />

Klarheit. Katinka Fabian verarbeitet ihr Leben<br />

in ihren Texten und Melodien, und erarbeitet<br />

die Songs mit ihrer Band, bestehend aus zwei<br />

Stimmen, Kleinpercussion und Accordeon,<br />

E-Gitarre, Kontrabass und Cajon, zum Gesamtsound<br />

der Tinktones.<br />

Auszug aus dem Songtext<br />

„Sunlight is for all of us“:<br />

I really wonder where you are<br />

people heard you have beers in bars<br />

down the valley, up on the hill<br />

ask myself do you ever think of me<br />

and I realize, now I see clearly<br />

I realize, sunlight is for all of us


08.03.2012 BIBLIOTHEK<br />

Volker Lang<br />

Hinter der Landschaft<br />

Zu dem Vortrag zeigte ich Dias zu ausgewählten<br />

Arbeiten und Textbeispiele: Der Titel des<br />

Vortrags bezog sich auf die gleichnamige<br />

Gedichtsammlung „dietro il paesaggio“ des<br />

italienischen Dichters Andrea Zanzotto (1921-<br />

2011). Ich hatte dafür aus unterschiedlichen<br />

Arbeitszyklen Beispiele ausgewählt und diese<br />

untereinander verknüpft. Ich begann mit dem<br />

„Zelt“, einer sehr frühen Arbeit, die 1985 vor<br />

dem Kunststudium in Augsburg entstand. Es<br />

ist eine gefasste Nesselbahn mit Pflanzen aus<br />

dem Biotop Wolfzahnau, ein Geländestück zwischen<br />

der Mündung zweier Flüsse (Wertach und<br />

Lech), bemalt. Die „Fahne mit Schmetterlingsflügel“<br />

ist ebenfalls für diesen Ort entstanden<br />

(1988). Der Fliegerpfeil, fünf Texte von Robert<br />

Musil mit einem Foto vom Ort der Begebenheit,<br />

entstand 1997, zwei Jahre nach meinem Studium<br />

an der HfBK in Hamburg. Die Arbeit besteht<br />

aus einem kleinen Heft mit fünf Texten, die alle<br />

den selben Inhalt, basierend auf einer Tagebuchnotiz<br />

aus dem Ersten Weltkrieg, enthalten.<br />

Ich hatte die Texte zusammengetragen und mit<br />

einem Foto aus dem Val Sugana, wo ich 1990<br />

nach dem Ort des Ereignisses suchte, veröffentlicht.<br />

Dazu spielte ich Klangbeispiele aus<br />

dem gleichnamigen Hörspiel von 2002 vor. Die<br />

Arbeit zu Robert Musil war meine erste, in der<br />

ich versuchte Literatur in meine künstlerische<br />

Produktion zu integrieren. Das Wellenhaus,<br />

„Doch Indien liegt außerhalb“ (2001) ist eine Arbeit<br />

zu dem Roman „Die Wellen“ (1931) von Virginia<br />

Woolf. In der Installation gelang es, einen<br />

Text für eine Landschaft zu finden und diesen in<br />

ihr mit einer Architektur/Skulptur gleich einem<br />

Theaterstück ohne Performer zu inszenieren.<br />

In „Pronto a chi parlo. Riallacciare“, Gedichte<br />

von Andrea Zanzotto in einer szenischen Aufstellung<br />

mit vier Sprechern im Oratorio San Ludovico<br />

in Venedig mit einer Wandmalerei in der<br />

ehemaligen Sakristei, war das Anliegen für einen<br />

vorhandenen Ort einen Text zu finden und<br />

ihn mittels einer gemalten „Partitur“ und anwesenden<br />

Stimmen in den Raum einzubauen. Der<br />

Landschaftsbezug war in den ausgewählten<br />

Gedichten und der darauf bezogenen Malerei<br />

präsent. Die Arbeiten „Wolke/Zirkusfassade“<br />

(2007) und „Spirit Lovers“ (2008) sind für Museums-<br />

und Ausstellungsräume konzipiert. In<br />

beiden wird der Bezug Raum-Text-Landschaft<br />

durch Symbole bzw. Stellvertreter generiert:<br />

Die Landschaft durch das geschnitzte Relief<br />

der Wolke, die anwesende Figur durch die<br />

Tonaufnahme und die figürliche Plastik. Nach<br />

meinem Vortrag ergab sich ein anregendes<br />

Gespräch über die romantische Position, die<br />

meine Arbeit verficht. Die Frage, wie sich diese<br />

Haltung gegenüber einer „schmutzigen Wirklichkeit“<br />

verhalten würde und ob der Rückgriff<br />

auf klassische bildhauerische Ausdrucksformen<br />

in Holz-Relief und Skulptur diese Distanz<br />

nicht noch unterstreiche anstatt sie nach außen<br />

zu öffnen, wie dies mit den Performances und<br />

den akustischen Stücken gegeben war, brachte<br />

zum Nachdenken. Schließlich die geäußerte<br />

Anregung, ob meine Beschäftigung mit Zirkus<br />

„8 1/2 circus space“ (2006) ein mögliches Reservoir<br />

dafür sein könnte... Ich verließ den Malkasten<br />

angeregt und war froh, dass ich meine<br />

Arbeit mit interessierten Zuhörern, die außerhalb<br />

eines vertrauten Zusammenhangs stehen,<br />

diskutieren konnte.<br />

482 | 483


08.03.2012 KÜCHE<br />

Jörg Wagner / Ingke Günther<br />

Feldforschung Abendbrot<br />

Bislang hat FELDFORSCHUNG ABENDBROT<br />

nach der alltagskulturellen Wirklichkeit des<br />

ABENDBROTs gefragt und dabei den unterschiedlichen<br />

Gewohnheiten, persönlichen Vorlieben,<br />

Kindheitserinnerungen, ästhetischen,<br />

regionalen wie familiären Prägungen nachgespürt.<br />

Mit dem ABENDBROT, einer deutschen Spezialität<br />

– kalt, brotbasiert, komponentenreich,<br />

deftig und lecker – verbinden wir zwar vielfältige<br />

Erinnerungen, aber nicht mehr unbedingt<br />

die tägliche Erfahrung. Veränderte Lebensbedingungen<br />

und Essgewohnheiten haben dazu<br />

geführt, dass das Brot und seine belegenden<br />

Begleiter die kulinarische Hauptrolle am Abend<br />

– pünktlich um 18 Uhr! – eingebüßt haben.<br />

FELDFORSCHUNG ABENDBROT liegt das<br />

ABENDBROT jedoch im besonderen Maße am<br />

Herzen. Ist doch der zu deckende Tisch ein Gestaltungsraum<br />

mit schier unendlichen inhaltlichen,<br />

materiellen wie kompositorischen Möglichkeiten.<br />

Zur forcierten ästhetischen Belebung<br />

der ABENDBROTkultur möchten wir nun einen<br />

neuen Vorstoß machen und nutzen die „Küche“<br />

der Malkasten-<strong>WG</strong>, um Künstlerkolleginnen<br />

und -kollegen um Unterstützung zu bitten. Unser<br />

Wunsch: künstlerische Vorschläge für den<br />

Gestaltungsraum des ABENDBROTtischs. Ob<br />

Fotografien, Collagen, Zeichnungen oder andere<br />

sinnfällige, bildhafter Äußerungen – die<br />

ABENDBROTforscher freuen sich über Einreichungen,<br />

die in das ABENDBROTarchiv eingehen<br />

und auf www.abendbrotforschung.net<br />

veröffentlicht werden.<br />

Unser reduziertes ABENDBROTangebot im<br />

Malkasten, dessen belegte Flachware an ein<br />

bekanntes Legespiel erinnert, ist ein schmackund<br />

bildhafter Impuls für den Beginn einer<br />

hoffentlich anwachsenden Sammlung, die den<br />

ABENDBROTtisch neu in den Blick nimmt.<br />

484 | 485


08.03.2012 BIBLIOTHEK<br />

Stefan Saffer<br />

Aus Schirnaidel<br />

Schirnaidel ist eine Bewegung die keiner Zuordnung<br />

bedarf, denn Schirnaidel ordnet sich<br />

selbst zu - immer wieder von Neuem.<br />

Schirnaidel ist das Geheime in der Kunst, der<br />

Moment an den man sich an sein erstes Mal<br />

mit Kunst erinnert.<br />

Schirnaidel ist DADA und Fluxus ohne es kennen<br />

zu müssen.<br />

Schirnaidel ist der unverbaute Blick, die reine<br />

Neugier und das Experiment.<br />

Schirnaidel ist die Freiheit sich diese zu nehmen.<br />

Schirnaidel ist ohne Vorschrift und mit Verantwortung.<br />

Schirnaidel ist Alles zwischen Betrachter und<br />

Werk.<br />

Schirnaidel ist die Kunst des Daneben, des<br />

Dazwischen.<br />

AUS SCHIRNAIDEL = IN DER KUNST<br />

08.03.2012 SCHÖNER SCHEITERN<br />

Fritz Balthaus<br />

Lassenmüssen<br />

„Lassen“ ist eine Tätigkeit! Entsprechend habe<br />

ich ein kürzliches Ausstellungsprojekt meiner<br />

Mentee aus Luzern mit Grundlehrestudierenden<br />

der UdK Berlin „Lassenmachen“ genannt.<br />

Bazon Brocks Bemerkung, dass die fortschreitende<br />

Entwicklung der Kunstgeschichte im<br />

Grunde weniger eine des innovativen Machens<br />

war, als vielmehr eine Entwicklung von „Unterlassungen“,<br />

die dann neu waren, hat mich seinerzeit<br />

sehr beeindruckt. Nun also „Lassenmüssen“.<br />

Mein Vortrag beinhaltete Projekte und<br />

Wettbewerbe, die unfreiwillig gelassen werden<br />

mussten, weil die jeweiligen Gründe zwingend<br />

von Außen und von anderen Entscheidern gekommen<br />

waren und nicht als Teil eines souveränen<br />

künstlerischen Entscheidungsprozesses<br />

meinerseits zu verstehen sind. Da meist<br />

nur das Umgesetzte sichtbare Realität wird<br />

und das Gelassene gemeinhin verschwindet,<br />

war es mir wichtig, diesen Vorgang in meinem<br />

Vortrag umzukehren und einmal unrealisierte<br />

Projekte ans Licht zu bringen.<br />

486 | 487


488 | 489


08.03.2012<br />

Markus Ambach / Birgit Jensen<br />

Ciao!<br />

490 | 491


TEAM<br />

ARON MEHZION UND TEAM<br />

LENA WILLIKENS<br />

FRIEDERIKE SCHARDT (MAINKA)<br />

LEUNORA SALIHU<br />

MANUEL BODEN<br />

SOFIA MELLO<br />

JOCHEN SAUERACKER<br />

JONAS GERHARD<br />

FRAUKE GERHARD<br />

NIHAN KOCYIGIT<br />

KAO OKADA<br />

KRUNO STIPESEWIC<br />

BEATE MEDUNIC


Jonas Gerhard<br />

492 | 493


Register<br />

Klara Adam<br />

Daphne J.M. Ahlers<br />

Andreas Alberts<br />

Sonja Alhäuser<br />

Julio Almeida<br />

Markus Ambach<br />

Volker Anding<br />

Anonymous Schmidt<br />

Mathias Antlfinger<br />

Motoko Aok<br />

Elsbeth Arlt<br />

Norbert Arns<br />

Artists Anonymous<br />

Ole Aselmann<br />

Ata tak<br />

Fritz Balthaus<br />

Team Baron<br />

Orla Barry<br />

Kerstin Bauer<br />

Merlin Bauer<br />

Heinz Baumüller<br />

Beat Clint<br />

John von Bergen<br />

Christine Bernhard<br />

Akiko Bernhoeft<br />

Yuriko Bernhoeft<br />

Siegfried Bernhoeft<br />

Thomas Bernstein<br />

Rolf Bier<br />

Marc Bijl<br />

Pia Binder<br />

The B-Men<br />

Andreas Bongartz<br />

Melanie Bono<br />

Susanne Bosch<br />

Axel Brandt<br />

Michael Breyer<br />

Swen Buckner<br />

Holger Bunk<br />

Stef Burghard<br />

Mattias Caduff<br />

246, 283<br />

346<br />

310<br />

137<br />

128<br />

11, 300, 309, 323,<br />

329, 395, 481, 491<br />

200<br />

274<br />

152<br />

214, 356<br />

230<br />

276<br />

311<br />

378<br />

78<br />

486<br />

31<br />

214<br />

370<br />

274<br />

448<br />

368, 358<br />

188<br />

52, 432<br />

276<br />

276, 336<br />

339<br />

242<br />

270<br />

450<br />

204<br />

450<br />

37<br />

332<br />

97<br />

256<br />

267<br />

145<br />

210<br />

105<br />

101<br />

James Campbell<br />

Deric Carner<br />

Grit Carrol<br />

Rui Chafes<br />

Katrin und Christoph von Chamier<br />

Carol Lee Chase<br />

Donatella Chiancone-Schneider<br />

Congress Congress<br />

Senta Connert<br />

Georg Corman<br />

Danica Dakic<br />

Frauke Dannert<br />

Elke Denda<br />

Christoph Dettmeier<br />

Andrew Dewar<br />

Hanno Dinger<br />

Discoteca Flaming Star<br />

Diss Harmon<br />

Dj Tolouse Low Trax<br />

Arpad Dobriban<br />

Dreihausfrauen<br />

Dr. Mitsch´N´Furter and the Space Hoties<br />

Rita Eichner<br />

Robert Eikelpoth<br />

Lukas Einsele<br />

Rainer Eisch<br />

Stefan Ettlinger<br />

Max Erbacher<br />

Safaa Erruas<br />

Elena Farr<br />

Elodie Evers<br />

Stephan Engelke<br />

Susanne Fasbender<br />

Henning Fehr<br />

Frank Fenstermacher<br />

Theo De Feyter<br />

Luka Fineisen<br />

Finger<br />

Steffen Fischer<br />

Thomas Flor<br />

Olivier Foulon<br />

Sabrina Fritsch<br />

465<br />

134<br />

370<br />

141<br />

162<br />

199<br />

364, 380<br />

397<br />

206<br />

401<br />

272, 273<br />

294<br />

208<br />

93<br />

457<br />

408<br />

229<br />

380<br />

303<br />

361<br />

443<br />

370<br />

212<br />

267<br />

122<br />

133<br />

244, 460<br />

418<br />

206<br />

169, 437<br />

441<br />

294<br />

417<br />

438<br />

79<br />

160<br />

125<br />

238<br />

453<br />

332<br />

178<br />

294


Daniel Fritschi<br />

Sven Fritz<br />

Philipp Fürnkäs<br />

Peter Gahn<br />

András Gálik<br />

Nikolaus Gansterer<br />

Axel Ganz<br />

Ximena García<br />

Shrutti Garg<br />

Heinrich Gartentor<br />

Andreas Geisselhardt<br />

Frauke Gerhard<br />

Jonas Gerhard<br />

Martin Gerwers<br />

Klaus Geldmacher<br />

Susanne Giring<br />

Tanja Goethe<br />

Peter Gorschlüter<br />

Rolf Graf<br />

Pamela Granderath<br />

Romano Granderath<br />

Joanne Greenbaum<br />

Grischa<br />

Ingke Günther<br />

Tae-Bum Ha<br />

Sascha Hahn<br />

Half Past Selber Schuld<br />

Adam Harrison<br />

Lucy Harvey<br />

Bálint Havas<br />

Kenn Hatwig<br />

Isabelle Hayeur<br />

Heinz Hausmann<br />

Diango Hernandez<br />

Frank Hesse<br />

Flora Hitzing<br />

Erika Hock<br />

Stefan Hoderlein<br />

Magdalena Holzhey<br />

Van Horn<br />

Ute Hörner<br />

Joung-En Huh<br />

271<br />

294<br />

441<br />

431<br />

415<br />

232<br />

321<br />

423<br />

455<br />

52<br />

423<br />

35, 88, 492<br />

306, 433, 492<br />

347<br />

195<br />

286<br />

461<br />

143<br />

219<br />

161<br />

286<br />

291<br />

429<br />

485<br />

196<br />

133<br />

407<br />

405, 454<br />

91<br />

415<br />

325<br />

166<br />

45<br />

153<br />

278<br />

222<br />

405<br />

103<br />

349<br />

253<br />

153<br />

286<br />

Leonard Huhn<br />

Florian Hüttner<br />

Misako Ichimura<br />

Bernd Imminger<br />

Christina Irrgang<br />

Peter Issig<br />

Bruno Jacob<br />

Christian Jäger<br />

Máte Jáger<br />

Gregor Jansen<br />

Mike Jansen<br />

Christian Jankowski<br />

Christian Jendreiko<br />

Birgit Jensen<br />

Johannes Jensen<br />

Olivier Jobard<br />

Sven-Ake Johansson<br />

Michael Jonas<br />

Mi-Yeon Ju<br />

Taka Kagitomi<br />

Hueseyin Karakaya<br />

Yasunori Kawamatsu<br />

Ulrike Kessl<br />

Killerstreet<br />

Thomas Kilpper<br />

Jan Kolata<br />

Tanja Kodlin<br />

Julia van Koolwijk<br />

Alexej Koschkarow<br />

Tom Kösel<br />

Norbert Kottmann<br />

Andreas Korte<br />

Stanislava Kovalcikova<br />

Gereon Krebber<br />

Clemens Krümmel<br />

Stefan Krüskemper<br />

Thomas Krutmann<br />

Florian Kuhlmann<br />

Graziella Kunsch<br />

Michael Kunze<br />

Kurzschluss<br />

Michael Kurzwelly<br />

325<br />

130<br />

352<br />

117<br />

467<br />

230, 386, 459<br />

39<br />

66<br />

479<br />

428<br />

477<br />

129<br />

389<br />

14, 204, 490<br />

346<br />

207<br />

68<br />

57<br />

196<br />

346<br />

397<br />

303<br />

206<br />

237, 367<br />

70<br />

180<br />

475<br />

206<br />

201<br />

340<br />

82<br />

156<br />

435<br />

369<br />

252<br />

386<br />

408<br />

359, 463<br />

45<br />

51<br />

168<br />

357<br />

494 | 495


Susanne Kutter<br />

Alicja Kwade<br />

Volker Lang<br />

Jamila Lamrani<br />

Jon Erlend Larsen<br />

Simon Lässig<br />

Anja Lautermann<br />

Yun Lee<br />

Christine Lemke<br />

Peter Jap Lim<br />

Tamara Lorenz<br />

Robert Lucander<br />

Ulla Lux<br />

Joachim Mannebach<br />

Maude Maris<br />

Zhenia Couso Martell<br />

Kaoli Mashio<br />

Daniel Massow<br />

Jana Matejkova Middleton<br />

Maren Maurer<br />

Max Mayer<br />

Rita Mcbride<br />

Christian Megert<br />

Walter Meissl<br />

Matthias Meyer<br />

Rory Middleton<br />

Jalal Mikou<br />

Markus Mitschke<br />

Christina Morhardt<br />

Peter Mullen<br />

Felix Müller<br />

Wilhelm Mundt<br />

Hiroyuki Murase<br />

Masaki Nakao<br />

Elke Nebel<br />

Hellmut Neidhardt<br />

Stefanie Neutzner<br />

Nicht V3 (Majevszky/Stipesevic)<br />

Holger Nickisch<br />

Michalis Nicolaides<br />

Norika Nienstedt<br />

Gabriela Oberkofler<br />

91<br />

251<br />

483<br />

206<br />

325<br />

479<br />

445<br />

159<br />

116<br />

145<br />

236<br />

187<br />

318<br />

83<br />

423<br />

402<br />

393, 435<br />

248, 441<br />

364<br />

283<br />

467<br />

49, 225<br />

292<br />

299<br />

230<br />

237, 367<br />

206<br />

370<br />

81<br />

310<br />

346<br />

77, 99<br />

254, 299, 327, 332<br />

131<br />

85<br />

465<br />

204<br />

149<br />

245<br />

184, 246<br />

57<br />

182, 323<br />

Uwe Oldenburg<br />

Maik Ollhoff<br />

Kenzo Onoda<br />

Dominic Osterried<br />

Driss Ougmari<br />

Heike Pallanca<br />

Jina Park<br />

Aaron Peck<br />

Manfred Peckl<br />

Mark Pepper<br />

Roxane Permar<br />

Thomas Pöhler<br />

Kerstin Polzin<br />

Thomas Putze<br />

Neville Rae<br />

Kathleen Rahn<br />

Rona Rangsch<br />

Ute Reeh<br />

Anja Reichelt<br />

James Renier<br />

Kai Rheineck<br />

Claus Richter<br />

Melanie Richter<br />

Thomas W. Rieger<br />

Patrick Rieve<br />

Petra Rinck<br />

Die Stipendiaten Schloss Ringenberg<br />

Malte Roloff<br />

Alexander Roob<br />

Glen Rubsamen<br />

Karolina Rüegg<br />

Philipp Rühr<br />

Kevin Rupprecht<br />

Hinrich Sachs<br />

Anni Sädler<br />

Stefan Saffer<br />

Javier Salinas<br />

Judith Samen<br />

Petra Sapper<br />

Frank Schablewski<br />

Barbara Schachtner<br />

Christoph Schäfer<br />

293<br />

325<br />

152<br />

454<br />

87<br />

118<br />

431<br />

454<br />

451<br />

40, 65<br />

191<br />

349<br />

386<br />

199<br />

314<br />

143<br />

445<br />

428<br />

146<br />

173<br />

159, 395<br />

313<br />

101<br />

56, 408<br />

121<br />

208<br />

319<br />

473<br />

260<br />

225<br />

128<br />

388, 438<br />

308<br />

111<br />

374<br />

487<br />

169<br />

113<br />

256<br />

67<br />

102<br />

335


Roland Schappert<br />

Friederike Schardt (Mainka)<br />

Dodo Schielein<br />

Andreas Schlägel<br />

Mark von Schlegell<br />

Lukas Schmenger<br />

Martin Schmidl<br />

Sabine Maria Schmidt<br />

Ludger F. J. Schneider<br />

Thorsten Schneider<br />

Thilo Schölpen<br />

Erik Schönenberg<br />

Lydia Schouten<br />

Alexandra Schröder<br />

Sabine Schroyen<br />

Max Schulze<br />

Phillip Schulze<br />

Aloys Schumacher<br />

Helmut Schweizer<br />

Marcus Sendlinger<br />

Moo-Kyoung Shin<br />

Oliver Sieber<br />

Lucas Singer<br />

Site Productions<br />

Kathrin Sonntag<br />

Sarah van Sonsbeeck<br />

Andreas Techler<br />

Jennifer Steffens<br />

Dirk Steimann<br />

Daniela Steinfeld<br />

Jörg Steinmann<br />

Julia Stoschek<br />

Beat Streuli<br />

Thomas Stricker<br />

Ulrich Strothjohann<br />

Malte Struck<br />

Katja Stuke<br />

Chris Succo<br />

Mathias Süss<br />

Shingen Suzuki<br />

Kestutis Svirnelis<br />

102<br />

157, 492<br />

425<br />

451<br />

172<br />

294<br />

290<br />

174<br />

380<br />

251<br />

129, 386, 459<br />

453<br />

358<br />

113<br />

350<br />

264, 342<br />

457<br />

388<br />

43<br />

451<br />

292<br />

326<br />

374<br />

66<br />

320<br />

446<br />

203<br />

401, 429<br />

167<br />

96<br />

350, 373<br />

467<br />

109<br />

414, 459<br />

220<br />

261<br />

326<br />

267<br />

420<br />

254, 299, 327<br />

323<br />

Jozsef Szederkényig<br />

Tasogare World<br />

Andreas Techler<br />

Rüdiger Testrut<br />

Maria Anna Tappeiner<br />

Kathrin Tiedemann<br />

Benjamin Tillig<br />

The Tinktones<br />

Susanne Titz<br />

Junior Toscanelli<br />

Beatriz Toscano<br />

Joao Trabulo<br />

Airi Triisberg<br />

Stefanie Trojan<br />

Utku Yurrtas and Friends<br />

Markus Vater<br />

Mauricio Virgens<br />

Michael Voets<br />

Anke Volkmer<br />

Oliver Vollbrecht<br />

Bojan Vuletic<br />

Vx<br />

Jörg Wagner<br />

Deborah Wargon<br />

Suse Weber<br />

Andreas Wegner<br />

Shirley Wegner<br />

Mark Wehrmann<br />

Petra Weimer<br />

Ralf Weißleder<br />

Weltausstellung<br />

Pablo Wendel<br />

Wenz‘N Warrass<br />

Christoph Westermeier<br />

Sebastian Winne<br />

Georg Winter<br />

Ilke Yilmaz<br />

Jörn Zehe<br />

Burkat Zeller<br />

Volker Ziebarth<br />

Michael Zinganel<br />

479<br />

254, 299, 327<br />

203<br />

407<br />

35<br />

408<br />

417<br />

482<br />

289<br />

59, 291<br />

343<br />

141<br />

284<br />

154<br />

347<br />

85<br />

212<br />

186<br />

383<br />

367<br />

273<br />

140<br />

485<br />

477<br />

267<br />

63<br />

193<br />

261<br />

88<br />

130<br />

230<br />

224<br />

406<br />

216, 353<br />

386, 459<br />

471<br />

323<br />

177<br />

235<br />

75, 109, 429<br />

180<br />

496 | 497


Impressum<br />

<strong>WG</strong>/<strong>3ZI</strong>/K/<strong>BAR</strong><br />

Idee, Konzeption<br />

Markus Ambach<br />

Programm, Durchführung<br />

Markus Ambach, Birgit Jensen<br />

Veranstalter<br />

Künstlerverein Malkasten<br />

Jacobistr. 6a<br />

40211 Düsseldorf<br />

Das E-book wurde realisiert mit freundlicher<br />

Unterstützung von:<br />

Künstlerverein Malkasten<br />

Kulturamt der Landeshauptstadt Düsseldorf<br />

LOGO!!!!<br />

MAP Markus Ambach Projekte<br />

Dieses E-book erscheint als<br />

Dokumentation des Projekts <strong>WG</strong>/<strong>3ZI</strong>/K/<strong>BAR</strong><br />

von Markus Ambach und Birgit Jensen<br />

www.wg3zikb.de<br />

www.malkasten.org<br />

www.markusambachprojekte.de<br />

www.birgitjensen.de<br />

E-BOOK<br />

Redaktion<br />

Birgit Jensen<br />

Bildredaktion<br />

Markus Ambach<br />

Grafische Gestaltung<br />

Melanie Sauermann, MAP<br />

© 2013 Markus Ambach, Birgit Jensen<br />

und die Autoren<br />

Das Copyright für die Texte liegt bei den<br />

Autoren<br />

Das Copyright für die Abbildungen liegt bei<br />

den Fotografen / Inhabern der Bildrechte<br />

Texte<br />

Die Texte zu den einzelnen Veranstaltungen<br />

wurden, wenn nicht anders gekennzeichnet,<br />

von den Künstlern erstellt.<br />

Texte mit der Kennzeichnung MA wurden von<br />

Markus Ambach erstellt<br />

Texte mit der Kennzeichnung BJ wurden von<br />

Birgit Jensen erstellt<br />

Herausgeber<br />

Künstlerverein Malkasten<br />

Birgit Jensen<br />

Markus Ambach


Fotonachweis<br />

Markus Ambach: S.1-4, 18-38, 40-42, 46-68, 74-<br />

86, 95, 100-108, 110-117, 120-128, 131-143, 148-<br />

150, 162-166, 168-178, 180-185, 188-191, 196-199,<br />

201, 205, 209, 213, 218, 219, 221-223, 225-228,<br />

232, 233, 239-241, 246-249, 253-259, 261-263,<br />

265, 268, 269, 271, 272, 280-289, 295-303, 320,<br />

328, 330, 335, 344, 348, 349, 352-356, 366, 372,<br />

378, 380-385, 387, 396, 403, 414, 415, 420, 424-<br />

427, 432, 435, 436, 439, 440-442, 447, 448, 456,<br />

458, 461-468, 472, 482, 485, 488, 493<br />

Birigt Jensen: S.10, 17, 31, 39, 43, 45, 69, 87, 97,<br />

98, 109, 119, 129, 130, 144, 147, 152, 154-161, 167,<br />

172, 187, 193, 200-203, 206, 208, 210, 212, 214-<br />

217, 220, 224, 231, 234, 236, 237, 242, 244, 250,<br />

251, 260, 264, 266, 270, 273, 275, 277, 282, 291-<br />

293, 306-319, 321-327, 336-343, 345,346,351,<br />

357-361, 365, 368-371, 374, 379, 386, 388-393,<br />

395, 404-407, 416-419, 421-423, 428, 429, 431,<br />

433, 434, 438, 443-445, 449, 455, 460, 470, 473-<br />

479, 484, 486, 493<br />

Sofia Mello: S.42, 73, 192, 194, 301, 304, 305, 329,<br />

394, 409-412, 430, 457, 480<br />

Anna Heidenhain und Michalis Nicolaides: S.48<br />

Jochen Littkemann: S.50<br />

Michael Jonas: S.57<br />

Ebbe Gilbe & Thomas Frantzen: S.68<br />

Elke Nebel: S.85<br />

Daniela Steinfeld: S.96<br />

Rainer Eisch: S.132<br />

Carsten Gliese: S.138<br />

Ella Klaschka: S.179<br />

Axel Brandt: S.258<br />

Norbert Arns: S.276<br />

Jörg Weule: S.490<br />

498 | 499

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