SOCIETY GESCHICHTE Schon vor 30.000 Jahren siedelten in der Region Menschen. Davon zeugen Petroglyphen im nordöstlich gelegenen Parque Arqueológico do Vale do Côa. Ab 10.000 v. Chr. gelangten iberische Stämme aus Nordafrika auf die Halbinsel und ins heutige Portugal. Um 1000 v. Chr. errichteten Griechen und Phönizier an der Küste zahlreiche Handelsstützpunkte. Karthago hatte in Hispanien die Vormachtstellung bis die Römer im Zuge des 2. Punischen Kriegs diese zunichtemachten. Die Germanen fielen 409 ein und konnten von den Römern und Westgoten erst 416 wieder vertrieben werden. Im Jahr 711 segelte ein Heer von Berbern und Arabern über die Meerenge und ab 716 stand die Halbinsel im Wesentlichen unter der Kontrolle des in Damaskus sitzenden Kalifen. Am Übergang vom 10. zum 11. Jahrhundert waren schätzungsweise 75% der hispanischen Gesamtbevölkerung muslimisch. Als Geburtsjahr Portugals wird in der Nationalgeschichtsschreibung gerne das Jahr 1139 genannt. Afonso Henriques erzielte damals einen entscheidenden Sieg gegen die Mauren, begründete einen autonomen Staat und wurde fortan König Afonso I. von Portugal genannt. Während der Avis-Dynastie wurde Portugal zum Weltreich. Entdecker segelten in fremde Erdteile und zahlreiche Kolonien entstanden in Übersee. Eine aus zeitgenössischer Sicht wichtige Entdeckungsreise ist Vasco da Gamas Fahrt ums Kap der guten Hoffnung Richtung Indien. Im Jahr 1580 endete die Avis-Dynastie ohne Thronfolger und Spanien übernahm die Regentschaft, die 1640 mit der Rückeroberung durch portugiesische Streitkräfte endete. Die Dynastie Bragança herrschte im wieder unabhängigen Portugal bis 1910. Nach einem Putschversuch 1908 und einem Attentat, bei dem der König und der Erbprinz erschossen wurden, wird am 4. Oktober 1910 die erste Republik (1910-1926) ausgerufen. Die instabile Demokratie wurde 1926 in einem Militärputsch ausgehebelt und General Oscar Carmona wurde Präsident (1928-1951). Finanzminister wurde António de Oliveira Salazar, der 1932 Ministerpräsident wurde. Der 1933 proklamierte „Neue Staat“ war eine christlich-konservativen Diktatur. 1974 brach dann die Diktatur Salazars während der „Revolution der Nelken“ zusammen. Dies führte nicht bloß zur erneuten Demokratisierung des Landes, sondern auch zur Entlassung der letzten Kolonien in die Unabhängigkeit. GESELLSCHAFT UND KULTUR Fußball, Fado, Fátima. Schon der Diktator Salazar erkannte in den „drei Fs“ das Opium fürs Volk. Aber auch heute sind die Portugiesen fußballbegeistert, lieben ihre melancholische Fadomusik und noch immer zieht es alljährlich zahlreiche Pilger in den Marienwallfahrtsort Fátima, denn der Marienkult ist immer noch sehr lebendig. Ob Marienkirche, Palast oder Metrostation – Azulejos, bunt verzierte Keramikfliesen, geben Portugals Ortschaften einen besonderen Charme. Solch bunt geflieste Fassaden kühlen zudem und im Sommer lässt sich dahinter sehr gut speisen. Und dazu nimmt man sich in Portugal Zeit. Das Mittagsessen (almoco) ist oft ebenso ausschweifend wie das üppige Abendessen (jantar). Zwar wird die portugiesische Küche durch den Fischfang bestimmt, ebenso häufig finden sich aber auch Gerichte mit Fleisch. Zum Essen lässt sich gut Wein trinken: Portwein aus dem Dourotal, trockene Weiß- und Rotweine und der Vinho Verde aus Nordportugal. Und auch die Weinkorken stammen aus der Region, denn die Korkeiche ist hier beheimatet. Deren Rinde wird alle neun Jahre geerntet, dann stehen die Bäume nackt und in sattem Rot da. Nach dem Essen darf ein kleiner starker Kaffee (café bzw. bica) nicht fehlen, den man wahlweise auch in einem geschichtsträchtigen Kaffeehaus trinken kann. Dort treffen sich Anfang des 20. Jh. auch Portugals Künstler, Denker und Dichter, etwa der international bekannte Fernando Pessoa (1888-1935). Er sitzt heute noch vor dem Lissaboner Café a Brasileira als Bronzestatue. SEHENSWÜRDIGKEITEN UND NATUR Portugal ist vielfältig, modern und zugleich geschichtsträchtig. In der Geschichte weit zurück reichen die geheimnisvollen Megalithe im zentralportugiesischen Alentejo oder die römische Ausgrabungsstätte in Conimbriga. Im Westen des Landes zeugen hunderte Burgen romanischen und gotischen Baustils von der historischen Feindschaft mit dem iberischen Nachbarstaat. Eine Spielart der Spätgotik entwickelt sich im Portugal des 15. Jh.: Die Manuelinik. Als besonders glanzvolles Exempel dieses Stils gilt das Hieronymuskloster in Lissabon. Östlich des Zentrums zeigt die Hauptstadt sich modern. Hier liegt das futuristische Stadtviertel Parque das Nações. Kleiner als die Metropole am Tejo, aber nicht weniger spannend ist das nördlich gelegene Porto, dessen Altstadt heute UNESCO- Weltkulturerbe ist. Auf der Südseite des Douro liegt, einen Fußmarsch von Porto entfernt, der kleine Ort Vila Nova de Gaia, wo etliche Kellereien den berühmten Portwein anbieten. Aber die Küsten bieten weit mehr als pulsierende Städte und verschlafene Fischerdörfchen. In den Lagunen und Flussdeltas lassen sich Reiher, Kormorane, Fischadler und mit etwas Glück auch Rosaflamingos beobachten. Delfine tummeln sich im Mündungsdelta des Rio Sado südlich von Lissabon und vor der westlichen Algarve im Süden des Landes. Berühmt ist der westliche Teil der Algarve außerdem für seine teils bizarren Felsformationen. Auf den Hochweiden im Nordwesten grasen die einheimischen Barroso-Rinder mit ihren furchteinflößend langen Hörnern. In den nordwestlich gelegenen Gerês-Bergen lebt auch das wilde Garranopferd. Mittelportugal ist berühmt für seine stolzen Lusitanerpferde. FACTS IN BRIEF Ländername: Portugal Hauptstadt: Lissabon Fläche: 92,212 km 2 Bevölkerung: 10,296 Millionen Sprache: Portugiesisch Religion: christlich (91%), keine Religion (9%), kleinere Gemeinden von Muslimen, Buddhisten, Juden, Hinduisten Währung: Euro Nationalfeiertag: 10. Juni Staatsform: Parlamentarische Demokratie Staatsoberhaupt: Marcelo Rebelo de Sousa (Staatspräsident seit 2016) Fotos: Greg Snell-AP , Hélio Ramos - ATA, Turismo LIsboa, Daniel Sessler (unsplash), pixabayw LÄNDER IM FOKUS 024
SOCIETY Der abgeschiedene Carvalho-Strand an der Algarve lockt Erholungssuchende mit hellem Sand und warmem Wasser, weit weg vom Massentourismus Die Grota do Inferno auf den Azoren ist ein beliebter Aussichtspunkt Das Märchenschloss der Kleinstadt Sintra: Palácio Nacional da Pena Lissabon lässt sich mit der traditionellen Tramway besonders gut erkunden Der zauberhafte Ausblick auf das Dörfchen Palheiro bei Funchal Das Cabo de São Vicente bei Sagres an der Südwestspitze Europas PORTUGAL 025
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