Die Restrukturierung des Arbeitsmarktes im Übergang zur ...

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- 346 - durch die Rentenreform im Jahr 2001) eine kapitalgedeckte Alterssicherung notwendig geworden, die die weiter bestehende und dominierende umlagefinanzierte gesetzliche Rentenversicherung ergänzen soll. Um die privaten Alterssicherungsbemühungen zu stimulieren, sind im Einkommensteuerrecht neue Fördermöglichkeiten durch Zulagen und/oder Steuerbefreiungen für private Alterssicherungsaufwendungen geschaffen worden (RÜRUP 2002). Die Einführung dieser kapitalgedeckten privaten Zusatzrente hat neben einer Stärkung des privaten Kapitalmarktes auch zu einem Ausbau der betrieblichen Altervorsorge geführt. Zwar sind die von den Arbeitnehmern aufgebrachten Einzahlungen in betriebliche Alterssicherungssysteme bei einem Betriebswechsel grundsätzlich geschützt, und auch die Sicherung arbeitgeberseitiger Beitragszahlungen für die Arbeitnehmer sind im Falle von Arbeitgeberwechseln durch die jüngsten Regelungen zur „Unverfallbarkeit“ der Rentenansprüche in § 1b Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersvorsorge (BetrAVG) reformiert worden. Dennoch können weiterhin negative Mobilitätsanreize von einer gestärkten betrieblichen bzw. branchenspezifischen Alterssicherung ausgehen. So ist die Übertragbarkeit von betrieblichen Rentenansprüchen zwar möglich, allerdings nicht zwingend vorgeschrieben. Es ist lediglich gesetzlich garantiert, dass etwaige Ansprüche nicht verfallen. Daher kann ein Arbeitgeberwechsel in einem (teilweise) betrieblich organisierten Altersiche- rungssystem für die Beschäftigten nicht zu unterschätzende Intransparenzen über ihr individuelles Alterssicherungsniveau verursachen. So ist bspw. möglich, dass ein Arbeitnehmer bei fünf verschiedenen Arbeitgebern beschäftigt gewesen ist und dabei jeweils Ansprüche an fünf verschiedene betriebliche Altersvorsorgesysteme erworben hat, was zum einen die Transparenz der Altersicherung für den Beschäftigten kaum erhöhen und gleichzeitig einen erneuten Betriebswechsel mit einer möglichen weiteren Vergrößerung der Unübersichtlichkeit kaum fördern dürfte. Aber selbst wenn die Übertragung von Betriebsrentenansprüchen funktioniert, ist dies dennoch mit einem insgesamt vergrößerten Verwaltungsaufwand verbunden. Um sowohl mögliche Intransparenzen zu vermeiden als auch den Verwaltungsaufwand zu verringern, sind daher mittlerweile in einzelnen Wirtschaftszweigen branchenweite Versorgungswerke entstanden, die für alle Betriebe einer Branche die Übertragbarkeit zumindest innerhalb eines Tarifvertragsbezirkes sicher stellen sollen (bspw. die Versorgungswerke der Metall- und Elektroindustrie). Diese Lösung verringert die Probleme jedoch nur zum Teil, da sich das

- 347 - Übertragbarkeitsproblem dann spätestens bei Wechseln zwischen Branchen bzw. zwischen verschiedenen Tarifvertragsbezirken stellt. Des Weiteren werden bei der privaten Zusatzsicherung negative Anreize für Beschäftigte gesetzt, sich auf risikoreiche Mobilitätsprozesse mit möglichen Arbeitslosigkeitsphasen einzulassen, weil die Rentenansparung in Zeiten der Arbeitslosigkeit u. U. ausgesetzt werden muss. Selbst wenn das objektive Mobilitätsrisiko für einzelne Beschäftigte gering sein mag, wird das tatsächliche Verhalten der Arbeitnehmer in erheblichem Maße vor allem vom subjektiven Unsicherheitsempfinden bestimmt werden. Ist die Angst davor, Mobilitätsprozesse nicht reibungslos und schnell zu meistern, relativ groß, wirken die für einen solchen Fall durchaus zu erwartenden hohen Kosten eines u. U. notwendig werdenden vorzeitigen Ausstieg aus der privaten Altersicherung (vgl. BERTELSMANN STIFTUNG 2003) prohibitiv auf die Risikobereitschaft von Arbeitnehmern. Verglichen mit privaten kapitalgedeckten Alterssi- cherungssystemen setzt die verpflichtende umlagefinanzierte und parafiskalisch organisierte Rentenversicherung keine negativen Mobilitätsanreize, da problemlos Ansprüche von einem Arbeitgeber zum nächsten mitgenommen werden können124 , Einzahlungslücken kein zusätzliches finanzielles Risiko bergen und für den Beitragszahler eine relativ hohe Transparenz des Systems gewährleistet ist – auch wenn hier Verbesserungen möglich und nötig sind. Bei näherer Betrachtung of- fenbart somit das angeblich so „verstaubte“ deutsche Rentensystem aus Bismarckscher Zeit ein überraschendes Zukunftspotential. Dieses Zukunftspotential ist zumal dann deutlich zu betonen, wenn die private, kapitalgedeckte Altervorsorge zusätzlich zu mobilitätsbehindernden Aspekten mit den selben durch die demographische Entwicklung zu erwartenden Problemen zu kämpfen haben wird und hier nur scheinbare Vorteile gegenüber der Umlagefinanzierung bestehen: „Wenn sich [...] die zahlenmäßige Relation zwischen den älteren Menschen, die Vermögen auflösen, und den jüngeren, die sparen, deutlich verändert, so hat dies Konsequenzen für den Wert der Vermögen. Hier wird dann über den Marktprozess der Wert der Vermögenstitel gemildert, z. B. der Wert von Immobilien. Soll dies vermieden werden, so bietet sich ‚als Ausweg‘ eine Erhöhung der Sparquote der Jüngeren an – im Umlageverfahren entspricht dies der [...] Erhöhung von 124 So kann auf dem Bauarbeitsmarkt beispielhaft verfolgt werden, welche wichtige Rolle die problemlose Übertragbarkeit von Sicherungsansprüchen bei der schwierigen Balance zwischen einer genügend hohen Arbeitskräftemobilität einerseits und einer gleichzeitig genügend hohen Beschäftigungsstabilität andererseits spielt (ERLINGHAGEN/ZÜHLKE-ROBINET 2001).

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Übertragbarkeitsproblem dann spätestens bei Wechseln zwischen Branchen bzw.<br />

zwischen verschiedenen Tarifvertragsbezirken stellt. Des Weiteren werden bei der<br />

privaten Zusatzsicherung negative Anreize für Beschäftigte gesetzt, sich auf<br />

risikoreiche Mobilitätsprozesse mit möglichen Arbeitslosigkeitsphasen einzulassen,<br />

weil die Rentenansparung in Zeiten der Arbeitslosigkeit u. U. ausgesetzt<br />

werden muss. Selbst wenn das objektive Mobilitätsrisiko für einzelne Beschäftigte<br />

gering sein mag, wird das tatsächliche Verhalten der Arbeitnehmer in erheblichem<br />

Maße vor allem vom subjektiven Unsicherheitsempfinden best<strong>im</strong>mt werden. Ist<br />

die Angst davor, Mobilitätsprozesse nicht reibungslos und schnell zu meistern,<br />

relativ groß, wirken die für einen solchen Fall durchaus zu erwartenden hohen<br />

Kosten eines u. U. notwendig werdenden vorzeitigen Ausstieg aus der privaten<br />

Altersicherung (vgl. BERTELSMANN STIFTUNG 2003) prohibitiv auf die Risikobereitschaft<br />

von Arbeitnehmern. Verglichen mit privaten kapitalgedeckten Alterssi-<br />

cherungssystemen setzt die verpflichtende umlagefinanzierte und parafiskalisch<br />

organisierte Rentenversicherung keine negativen Mobilitätsanreize, da problemlos<br />

Ansprüche von einem Arbeitgeber zum nächsten mitgenommen werden können124 ,<br />

Einzahlungslücken kein zusätzliches finanzielles Risiko bergen und für den Beitragszahler<br />

eine relativ hohe Transparenz <strong>des</strong> Systems gewährleistet ist – auch<br />

wenn hier Verbesserungen möglich und nötig sind. Bei näherer Betrachtung of-<br />

fenbart somit das angeblich so „verstaubte“ deutsche Rentensystem aus Bismarckscher<br />

Zeit ein überraschen<strong>des</strong> Zukunftspotential. <strong>Die</strong>ses Zukunftspotential<br />

ist zumal dann deutlich zu betonen, wenn die private, kapitalgedeckte Altervorsorge<br />

zusätzlich zu mobilitätsbehindernden Aspekten mit den selben durch die<br />

demographische Entwicklung zu erwartenden Problemen zu kämpfen haben wird<br />

und hier nur scheinbare Vorteile gegenüber der Umlagefinanzierung bestehen:<br />

„Wenn sich [...] die zahlenmäßige Relation zwischen den älteren Menschen, die<br />

Vermögen auflösen, und den jüngeren, die sparen, deutlich verändert, so hat dies<br />

Konsequenzen für den Wert der Vermögen. Hier wird dann über den Marktprozess<br />

der Wert der Vermögenstitel gemildert, z. B. der Wert von Immobilien. Soll<br />

dies vermieden werden, so bietet sich ‚als Ausweg‘ eine Erhöhung der Sparquote<br />

der Jüngeren an – <strong>im</strong> Umlageverfahren entspricht dies der [...] Erhöhung von<br />

124 So kann auf dem Bauarbeitsmarkt beispielhaft verfolgt werden, welche wichtige Rolle die<br />

problemlose Übertragbarkeit von Sicherungsansprüchen bei der schwierigen Balance zwischen<br />

einer genügend hohen Arbeitskräftemobilität einerseits und einer gleichzeitig genügend hohen<br />

Beschäftigungsstabilität andererseits spielt (ERLINGHAGEN/ZÜHLKE-ROBINET 2001).

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