Die Restrukturierung des Arbeitsmarktes im Übergang zur ...

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- 320 - das Arbeitslosigkeitsrisiko von Ungelernten sowie von Beschäftigten mit zurückliegenden Langzeit- und/oder Mehrfacharbeitslosigkeitserfahrungen. Zusätzlich deutet sich eine interne zweite Polarisierung innerhalb der ohnehin benachteiligten Gruppen an. Die Ergebnisse legen bspw. nahe, dass sich die Beschäftigungsrisiken von Ungelernten nicht generell verschlechtern, sondern, dass sich innerhalb dieser Gruppe im Zeitverlauf eine Spaltung vollzieht. Ein (kleiner?) Teil der insgesamt deutlich schrumpfenden Gruppe der Ungelernten bleibt auch in der Dienstleistungsgesellschaft „marktfähig“ während ein (großer?) Teil der Ungelernten sich mit wachsenden Arbeitslosigkeitsrisiken und vor allem mit enorm vergrößerten Schwierigkeiten des Wiedereintritts in Beschäftigung konfrontiert sieht. Bemerkenswert ist, dass Arbeitnehmer mit (insbesondere mehrfacher) Arbeitslosigkeitserfahrung auch nach mehreren Jahren der Beschäftigung ein deutlicher erhöhtes Arbeitslosigkeitsrisiko im Vergleich zu Beschäftigten ohne Ar- beitslosigkeitserfahrung aufweisen. Mit anderen Worten: Selbst wenn Arbeitslose die erste Hürde einer Einladung zu einem Vorstellungsgespräch genommen ha- ben, dann sogar die zweite Hürde überwinden und sich im Auswahlverfahren gegen andere engere Bewerber durchsetzen, die vakante Stelle erhalten und schließlich sogar die dritte Hürde einer mehrmonatigen Probezeit bewältigen, haben sie dennoch auch nach mehrjähriger Beschäftigung weiterhin ein deutlich erhöhtes Risiko, erneut arbeitslos zu werden. Dieser Langzeiteffekt gewinnt im Zeitverlauf insbesondere für die Gruppe der Mehrfach- bzw. Langzeitarbeitslosen an Bedeutung. Ein solcher Befund könnte einerseits darauf zurückzuführen sein, dass verstärkt „weiche“ Kriterien für den Arbeitsmarkterfolg wichtig geworden sind, die sich durch Schlagwörter wie „individuelle Beschäftigungsfähigkeit“ oder „Employability“ zusammenfassend charakterisieren lassen. Ebenso denkbar ist die Verschärfung einer arbeitgeberseitigen Selektion, die benachteiligte Arbeitnehmer von vornherein weniger dauerhaften Arbeitsplätzen zuordnet. Beide Phänomene können gleichzeitig auftreten und sich gegenseitig verstärken. Neben der aus sozialpolitischer Sicht problematischen „Ausgliederung“ älterer Arbeitnehmer über eine Phase der „Vorruhestandsarbeitslosigkeit“ liegt hier jenseits der allgemeinen konjunkturellen Schwierigkeiten offenbar das fundamentale Hauptproblem des deutschen Arbeitsmarktes. Demgegenüber ist die deutliche Zunahme der Erwerbsbeteiligung von Frauen mit einer Nivellierung geschlechtsspezifischer Unterschiede bezüglich Beschäfti-

- 321 - gungschancen und -risiken verbunden, ohne dass diese Unterschiede allerdings bis Mitte der 1990er Jahre vollständig verschwunden wären. Die geschlechtsspezifischen Ergebnisse sind vor dem Hintergrund einer gestiegenen Erwerbsbeteiligung von Frauen und den damit einhergehenden Veränderungen der Arbeitsteilung im privaten Haushalt zu verstehen. Die Annäherungstendenzen sind als Zeichen einer im Zeitverlauf fortschreitenden Gleichberechtigung der Geschlechter zu interpretieren, wobei die nach wie vor eindeutig nachweisbaren Unterschiede allerdings auf auch am Ende des Untersuchungszeitraums weiter existierende Rollenunterschiede verweisen. So ist insbesondere die auf längere Sicht bestehende größere Instabilität von weiblichen Beschäftigungsverhältnissen sicherlich ein Effekt der nach wie vor hauptsächlich durch Frauen übernommenen und häufig mit (zeitweiligem) Rückzug aus (sozialversicherungspflichtiger) Beschäftigung verbundenen Kinderbetreuung. Hier können sowohl weitere getrennte Schätzungen für Männer und Frauen als auch Analysen von Daten, die Auskunft über den Haushaltskontext von Beschäftigten geben, in Zukunft weitere wesentliche Erkenntnis- se bringen. Zudem zeigen sowohl die deskriptiven als auch die multivariaten Befunde, dass Beschäftigungsverhältnisse in kleineren Betrieben im Zeitverlauf stabiler geworden sind und die in diesem Zusammenhang früher eindeutig nachweisbaren be- triebsgrößenspezifischen Unterschiede sich zunehmend aufgelöst haben. So lässt sich bspw. das Ausbleiben einer allgemeinen Destabilisierung bei einer gleichzeitigen Bedeutungszunahme kleinbetrieblicher Beschäftigung erklären. Darüber hinaus konnte eindeutig nachgewiesen werden, dass die Betriebsbindungen von Beschäftigten mit Dienstleistungstätigkeiten sowohl in den 1980er als auch in den 1990er Jahren prinzipiell beständiger sind als von Beschäftigten in produzierenden Berufen. Daher wirkt die wachsende Bedeutung von Dienstleistungen allein schon aufgrund dieses Zusammenhangs einer wachsenden Destabilisierung entgegen. Zusätzlich nimmt die Erklärungskraft der bei der multivariaten Analyse einbezogenen unabhängigen Variablen im Zeitverlauf nicht ab. Letztendlich widerlegen die vorgelegten Ergebnisse jedoch nicht nur die These vom „entstrukturierten Turbo-Arbeitsmarkt“; auch ist Skepsis gegenüber der gegensätzlichen These eines zunehmend sklerotischen Arbeitsmarktes angebracht (vgl. bspw. SOLTWEDEL et al. 1990; BERTHOLD 2001a), obwohl die nachgewiesene stagnierende Fluktuationsrate, die zunehmende Beschäftigungsstabilität sowie

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gungschancen und -risiken verbunden, ohne dass diese Unterschiede allerdings bis<br />

Mitte der 1990er Jahre vollständig verschwunden wären. <strong>Die</strong> geschlechtsspezifischen<br />

Ergebnisse sind vor dem Hintergrund einer gestiegenen Erwerbsbeteiligung<br />

von Frauen und den damit einhergehenden Veränderungen der Arbeitsteilung <strong>im</strong><br />

privaten Haushalt zu verstehen. <strong>Die</strong> Annäherungstendenzen sind als Zeichen einer<br />

<strong>im</strong> Zeitverlauf fortschreitenden Gleichberechtigung der Geschlechter zu interpretieren,<br />

wobei die nach wie vor eindeutig nachweisbaren Unterschiede allerdings<br />

auf auch am Ende <strong>des</strong> Untersuchungszeitraums weiter existierende Rollenunterschiede<br />

verweisen. So ist insbesondere die auf längere Sicht bestehende größere<br />

Instabilität von weiblichen Beschäftigungsverhältnissen sicherlich ein Effekt der<br />

nach wie vor hauptsächlich durch Frauen übernommenen und häufig mit (zeitweiligem)<br />

Rückzug aus (sozialversicherungspflichtiger) Beschäftigung verbundenen<br />

Kinderbetreuung. Hier können sowohl weitere getrennte Schätzungen für<br />

Männer und Frauen als auch Analysen von Daten, die Auskunft über den Haushaltskontext<br />

von Beschäftigten geben, in Zukunft weitere wesentliche Erkenntnis-<br />

se bringen.<br />

Zudem zeigen sowohl die <strong>des</strong>kriptiven als auch die multivariaten Befunde, dass<br />

Beschäftigungsverhältnisse in kleineren Betrieben <strong>im</strong> Zeitverlauf stabiler geworden<br />

sind und die in diesem Zusammenhang früher eindeutig nachweisbaren be-<br />

triebsgrößenspezifischen Unterschiede sich zunehmend aufgelöst haben. So lässt<br />

sich bspw. das Ausbleiben einer allgemeinen Destabilisierung bei einer gleichzeitigen<br />

Bedeutungszunahme kleinbetrieblicher Beschäftigung erklären. Darüber<br />

hinaus konnte eindeutig nachgewiesen werden, dass die Betriebsbindungen von<br />

Beschäftigten mit <strong>Die</strong>nstleistungstätigkeiten sowohl in den 1980er als auch in den<br />

1990er Jahren prinzipiell beständiger sind als von Beschäftigten in produzierenden<br />

Berufen. Daher wirkt die wachsende Bedeutung von <strong>Die</strong>nstleistungen allein<br />

schon aufgrund dieses Zusammenhangs einer wachsenden Destabilisierung entgegen.<br />

Zusätzlich n<strong>im</strong>mt die Erklärungskraft der bei der multivariaten Analyse<br />

einbezogenen unabhängigen Variablen <strong>im</strong> Zeitverlauf nicht ab.<br />

Letztendlich widerlegen die vorgelegten Ergebnisse jedoch nicht nur die These<br />

vom „entstrukturierten Turbo-Arbeitsmarkt“; auch ist Skepsis gegenüber der<br />

gegensätzlichen These eines zunehmend sklerotischen <strong>Arbeitsmarktes</strong> angebracht<br />

(vgl. bspw. SOLTWEDEL et al. 1990; BERTHOLD 2001a), obwohl die nachgewiesene<br />

stagnierende Fluktuationsrate, die zunehmende Beschäftigungsstabilität sowie

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