Die Restrukturierung des Arbeitsmarktes im Übergang zur ...

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- 316 - als Resultat dieser fundamentalen Transformationen die Etablierung eines „entstrukturierten Turbo-Arbeitsmarktes“ erwartet (Abschnitt 5.1.1). Hauptanliegen der vorliegenden Arbeit war es, diese Annahmen sowohl theoretisch zu hinterfragen als auch empirisch zu überprüfen. Abschnitt 5.1.2 fasst die dementsprechenden Ergebnisse zusammen, die insgesamt weder eine generelle Beschleunigung noch eine Entstrukturierung des Arbeitsmarktgeschehens nachweisen und vielmehr auf einen heterogenen Restrukturierungsprozess mit „Gewinnern“ und „Verlieren“ verweisen. Unter Hinzunahme der wesentlichen theoretischen Ergebnisse bietet Abschnitt 5.1.3 anschließend erste Ansätze einer Erklärung dieses Restrukturierungsprozesses. Nach dieser Bestandsaufnahme schließt sich die Frage an, wie sich auf Basis dieser Ergebnisse insbesondere die Stabilität von Beschäftigungsverhältnissen in Zukunft entwickeln wird. Abschnitt 5.2 beschäftigt sich mit diesem Problem, indem der Zusammenhang mit der zu erwartenden demographischen Entwicklung, der zukünftigen Bedeutung von „Wissen“ und „Qualifikation“ sowie mit dem sich wandelnden Geschlechterverhältnis näher betrachtet wird. Aus diesen absehbaren Veränderungen werden Prognosen abgeleitet, wie sich die Beschäfti- gungsstabilität in den nächsten zwei bis drei Jahrzehnten verändern und mit welchen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Folgen dabei zu rechnen sein wird. Diese auf Basis der theoretischen und empirischen Erkenntnisse der Arbeit fußenden Prognosen machen deutlich, dass auch in Zukunft auf eine intelligente staatli- che Regulierung des Arbeitsmarktgeschehens nicht verzichtet werden kann bzw. werden sollte. Abschnitt 5.3 formuliert aus diesem Grund drei politische Kernforderungen, wie ein ausreichend hohes Maß an Beschäftigungsstabilität bei gleich- zeitig genügend hoher Arbeitsmarktmobilität erreicht werden kann und dadurch sowohl die internationale Wettbewerbsfähigkeit, der gesamtgesellschaftliche Wohlstand aber auch soziale Gerechtigkeit gemeinsam gesichert werden können. Abschnitt 5.4 macht abschließend deutlich, dass ein Erreichen dieser Ziele nur möglich ist, wenn Arbeitsmarkt- und Beschäftigungspolitik wirkungsvoll miteinander verzahnt werden.

- 317 - 5.1 Der westdeutsche Arbeitsmarkt zwischen öffentlicher Wahrnehmung und empirischer Realität 5.1.1 Mythos „entstrukturierter Turbo-Arbeitsmarkt“ In den vergangenen 20 Jahren ist die soziologische Arbeitsmarktforschung in Deutschland vor allem durch zwei Annahmen geprägt gewesen. Zum einen wird beim Übergang von der „alten“ Industriegesellschaft in die „neue“ Dienstleistungsgesellschaft mit einer generellen Beschleunigung des Arbeitsmarktgeschehens gerechnet („Beschleunigungs-These“). In Folge dessen müsse die Stabilität von Beschäftigungsverhältnissen sinken, die Mobilität der Beschäftigten auf dem Arbeitsmarkt müsse zunehmen und das Risiko der Arbeitslosigkeit werde verallgemeinert („Turbo-Arbeitsmarkt“). Neben dieser generellen Beschleunigung wird im Zuge einer fortschreitenden Individualisierung und damit verknüpfter „reflexiver Modernisierung“ von einer wachsenden „Entstrukturierung“ des Arbeitsmarktes ausgegangen („Entstrukturierungs-These“). Beschäftigungschancen und - risiken, die in der überkommenen Industriegesellschaft noch eindeutig nach bestimmten sozio-ökonomischen Merkmalen ungleich zwischen den Individuen verteilt gewesen sind, würden im Zuge des Übergangs zur Dienstleistungsgesellschaft ihre Bedeutung als Bestimmungsfaktoren für das Arbeitsmarktgeschehen einbüßen. Dieser Nivellierungsprozess führe dazu, dass Faktoren, die früher bspw. die Beschäftigungsstabilität eindeutig bestimmt hätten, zusehends an Erklärungskraft verlören (vgl. bspw. BECK 1986, 1997b; MUTZ et al. 1995; BONß 1999; CASTELLS 1996; RIFKIN 1996; BAUMAN 1998; GORZ 1998; SENNETT 1998). In der Tat gibt es Argumente, die die Existenz eines „entstrukturierten Turbo- Arbeitsmarktes“ durchaus plausibel erscheinen lassen. So ist eine veränderte Nachfrage nach Arbeit durch einen Wandel der Betriebsstruktur, eine wachsende Tertiarisierung sowie eine Zerlegung und Virtualisierung von Unternehmen zu erwarten. Im Zusammenhang mit dem gleichzeitig wachsenden internationalen Wettbewerbsdruck scheint es durchaus denkbar, dass zunehmende Flexibilitätsanforderungen mit vermehrten Einstellungen und Entlassungen begegnet werden könnte. Dies ist insbesondere dann zu erwarten, wenn ähnlichen Veränderungstendenzen auf der Arbeitsangebotsseite in die selbe Richtung weisen. So scheint durch die zunehmende „Pluralisierung von Lebensformen“ das Arbeitsmarktgeschehen zusätzlich zu den Veränderungen auf der Nachfrageseite auch aus Rich-

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als Resultat dieser fundamentalen Transformationen die Etablierung eines „entstrukturierten<br />

Turbo-<strong>Arbeitsmarktes</strong>“ erwartet (Abschnitt 5.1.1). Hauptanliegen<br />

der vorliegenden Arbeit war es, diese Annahmen sowohl theoretisch zu hinterfragen<br />

als auch empirisch zu überprüfen. Abschnitt 5.1.2 fasst die dementsprechenden<br />

Ergebnisse zusammen, die insgesamt weder eine generelle Beschleunigung<br />

noch eine Entstrukturierung <strong>des</strong> Arbeitsmarktgeschehens nachweisen und vielmehr<br />

auf einen heterogenen <strong>Restrukturierung</strong>sprozess mit „Gewinnern“ und<br />

„Verlieren“ verweisen. Unter Hinzunahme der wesentlichen theoretischen Ergebnisse<br />

bietet Abschnitt 5.1.3 anschließend erste Ansätze einer Erklärung dieses<br />

<strong>Restrukturierung</strong>sprozesses.<br />

Nach dieser Bestandsaufnahme schließt sich die Frage an, wie sich auf Basis<br />

dieser Ergebnisse insbesondere die Stabilität von Beschäftigungsverhältnissen in<br />

Zukunft entwickeln wird. Abschnitt 5.2 beschäftigt sich mit diesem Problem,<br />

indem der Zusammenhang mit der zu erwartenden demographischen Entwicklung,<br />

der zukünftigen Bedeutung von „Wissen“ und „Qualifikation“ sowie mit<br />

dem sich wandelnden Geschlechterverhältnis näher betrachtet wird. Aus diesen<br />

absehbaren Veränderungen werden Prognosen abgeleitet, wie sich die Beschäfti-<br />

gungsstabilität in den nächsten zwei bis drei Jahrzehnten verändern und mit welchen<br />

gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Folgen dabei zu rechnen sein wird.<br />

<strong>Die</strong>se auf Basis der theoretischen und empirischen Erkenntnisse der Arbeit fußenden<br />

Prognosen machen deutlich, dass auch in Zukunft auf eine intelligente staatli-<br />

che Regulierung <strong>des</strong> Arbeitsmarktgeschehens nicht verzichtet werden kann bzw.<br />

werden sollte. Abschnitt 5.3 formuliert aus diesem Grund drei politische Kernforderungen,<br />

wie ein ausreichend hohes Maß an Beschäftigungsstabilität bei gleich-<br />

zeitig genügend hoher Arbeitsmarktmobilität erreicht werden kann und dadurch<br />

sowohl die internationale Wettbewerbsfähigkeit, der gesamtgesellschaftliche<br />

Wohlstand aber auch soziale Gerechtigkeit gemeinsam gesichert werden können.<br />

Abschnitt 5.4 macht abschließend deutlich, dass ein Erreichen dieser Ziele nur<br />

möglich ist, wenn Arbeitsmarkt- und Beschäftigungspolitik wirkungsvoll miteinander<br />

verzahnt werden.

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