Die Restrukturierung des Arbeitsmarktes im Übergang zur ...

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- 28 - nen der betrieblichen Arbeitskräfteallokation davon betroffen sind (vgl. zur Diskussion des Flexibilitätsbegriffs Abschnitt 1.5 in Kapitel 1). Trotz dieser begrifflichen Unschärfe kristallisiert sich im Rahmen der Flexibilisierungsdebatte die Vorstellung einer seit längerer Zeit kontinuierlich zunehmenden Bedeutung der extern-numerischen Flexibilität im betrieblichen Allokationskalkül als zentraler Punkt im Diskurs um die „Zukunft der Erwerbsarbeit“ heraus. Im Hinblick auf den Arbeitsmarkt bedeutete dies insbesondere häufiger werdende Einstellungen und vor allem Entlassungen. Allumfassend wirksame „Megatrends“ werden ausgemacht, die für die Zunahme der extern-numerischen Flexibilität verantwortlich gemacht werden: Insbesondere „Globalisierung“ und „Individualisierung“ (BECK 1996; ROGOWSKI/SCHMID 1997) werden – so die These – in allen Industrieländern früher oder später bedeutsam und veränderten irgendwie („[D]er globale Kapitalismus [schafft] die Erwerbsarbeit ab“; BECK 1996: 81) Produktions- und Le- bensweise der Menschen gleichermaßen. Folge sei eine generell erhöhte Anzahl von Brüchen und eine Verkürzung von stabilen Phasen innerhalb der einzelnen Erwerbsverläufe. Dieses beschleunigte Arbeitsmarktgeschehen resultiere aus einer erhöhten Fluktuation, die sowohl auf vermehrt auftretende Betriebswechsel als auch auf einen wachsenden Anteil von Beschäftigten mit Arbeitslosigkeitserfahrungen zurückzuführen sei. Diese erhöhte Geschwindigkeit müsste nicht nur zu instabileren Beschäftigungsverhältnissen sondern darüber hinaus auch zu instabileren Arbeitslosigkeitsphasen führen: „Transitorische, sich wiederholende oder auch lang andauernde Diskontinuitätsphasen werden in postindustriellen Erwerbsverläufen zum Normalfall.“ (MUTZ et al. 1995: 296). Die angeblich abnehmende Bedeutung des „Berufes“ ist eine weitere Dimension in der Debatte um die Beschleunigung des Arbeitsmarktgeschehens. Im Zuge des Übergangs von der Industrie- zur Dienstleistungsgesellschaft ersetzten demnach multifunktional einsetzbare „symbolanalytische“ Fähigkeiten zunehmend spezialisierte Fachkenntnisse (BATHGE 1996: 112f). Da das Berufsprinzip jedoch ursprünglich genau darauf abzielte, spezifische Fachkenntnisse in standardisierter Form zu vermitteln und zu zertifizieren (DOSTAL/STOOß/TROLL 1998: 447), verlöre der Beruf bei der Arbeitskräfteallokation nach und nach an Bedeutung. Dieser Bedeutungsverlust spiele sich dabei sowohl auf der inhaltlichen als auch auf der formalen Ebene ab: Eine veränderte Produktionsorganisation (eingebettet in einen forcierten internationalen Wettbewerb) und beschleunigte Produktzyklen behin-

- 29 - derten zum einen die Funktionalität innerhalb der Betriebe, denn das Berufsprinzip „konstituiert Abgrenzungen von Kompetenz-Claims, verhindert dadurch die Effektivität der neuen Qualifikationspotentiale im Sinne der Reichweite von Integrationskonzepten und schneller Querfunktionalität, d. h. abteilungs- und fächerübergreifender Kooperation auf kurzem Weg (ohne Einschaltung der Hierarchie)“ (BATHGE 1996: 113; vgl. auch KERN/SABEL 1994). Neben diesem inhaltlichen Bedeutungsverlust nehme – so wird prognostiziert – zum zweiten auch die Signalfunktion beruflicher Ausbildungszertifikate ab. Als Gründe für diesen formalen Bedeutungsverlust des Berufes wird sowohl eine „Verringerung der Halbwertzeit von erworbenen Berufsqualifikationen“ als auch die Ausrichtung beruflicher Ausbildung auf einen mehr oder weniger regional bzw. national begrenzten Arbeitsmarkt identifiziert (BAETGHE 1996: 114). Das Hauptinteresse der Literatur, die die Erosion des Berufsprinzips meint fest- stellen zu können, gilt eindeutig der industriellen Produktion (vgl. bspw. KERN/SABEL 1994; GEIßLER 1991). Diese eingeengte Sichtweise überrascht gerade deshalb, weil die absolute und relative Bedeutung von Dienstleistungstätigkeiten kontinuierlich wächst (vgl. dazu später auch Abschnitt 3.3.5). Trotz dieser schrumpfenden Bedeutung industrieller Produktionstätigkeiten wird der Befund der „Entberuflichung“ dennoch als allumfassend für das gesamte Beschäftigungssystem verstanden und nach dem Motto verfahren: Was für die industrielle Produktion gilt, trifft auch auf die wachsenden Bereiche der Dienstleistungstätigkeiten zu (BAETHGE/BATRHGE-KINSKY 1998: 469). Somit wird angenommen, dass die „Beruflichkeit“ in Form langfristig festgeschriebener Tätigkeitsbereiche einzelner Arbeitnehmer in weiten Teilen des Arbeitsmarktes zunehmend in Bewe- gung gerate. Zusätzlich erodiere die Bedeutung von Beruflichkeit aufgrund gesellschaftlicher Veränderungen. Solche gesellschaftlichen Veränderungen sorgten im Zuge einer „Pluralisierung von Lebensformen“ für eine Ablösung des klassenoder auch berufsdominierten Selbstverständnisses durch ein individualisiertes Selbstverständnis der Individuen: Die „spezifische Verbindung von (Berufs-)Fachlichkeit, sozialer Integration im Betrieb und gesellschaftlichem Status, [...] löst sich immer mehr auf und unterminiert damit das Berufskonzept in seiner Gültigkeit“ (BAETHGE/BATRHGE-KINSKY 1998).

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nen der betrieblichen Arbeitskräfteallokation davon betroffen sind (vgl. <strong>zur</strong> Diskussion<br />

<strong>des</strong> Flexibilitätsbegriffs Abschnitt 1.5 in Kapitel 1). Trotz dieser begrifflichen<br />

Unschärfe kristallisiert sich <strong>im</strong> Rahmen der Flexibilisierungsdebatte die<br />

Vorstellung einer seit längerer Zeit kontinuierlich zunehmenden Bedeutung der<br />

extern-numerischen Flexibilität <strong>im</strong> betrieblichen Allokationskalkül als zentraler<br />

Punkt <strong>im</strong> Diskurs um die „Zukunft der Erwerbsarbeit“ heraus. Im Hinblick auf<br />

den Arbeitsmarkt bedeutete dies insbesondere häufiger werdende Einstellungen<br />

und vor allem Entlassungen. Allumfassend wirksame „Megatrends“ werden ausgemacht,<br />

die für die Zunahme der extern-numerischen Flexibilität verantwortlich<br />

gemacht werden: Insbesondere „Globalisierung“ und „Individualisierung“ (BECK<br />

1996; ROGOWSKI/SCHMID 1997) werden – so die These – in allen Industrieländern<br />

früher oder später bedeutsam und veränderten irgendwie („[D]er globale Kapitalismus<br />

[schafft] die Erwerbsarbeit ab“; BECK 1996: 81) Produktions- und Le-<br />

bensweise der Menschen gleichermaßen. Folge sei eine generell erhöhte Anzahl<br />

von Brüchen und eine Verkürzung von stabilen Phasen innerhalb der einzelnen<br />

Erwerbsverläufe. <strong>Die</strong>ses beschleunigte Arbeitsmarktgeschehen resultiere aus einer<br />

erhöhten Fluktuation, die sowohl auf vermehrt auftretende Betriebswechsel als<br />

auch auf einen wachsenden Anteil von Beschäftigten mit Arbeitslosigkeitserfahrungen<br />

<strong>zur</strong>ückzuführen sei. <strong>Die</strong>se erhöhte Geschwindigkeit müsste nicht nur zu<br />

instabileren Beschäftigungsverhältnissen sondern darüber hinaus auch zu instabileren<br />

Arbeitslosigkeitsphasen führen: „Transitorische, sich wiederholende oder<br />

auch lang andauernde Diskontinuitätsphasen werden in postindustriellen Erwerbsverläufen<br />

zum Normalfall.“ (MUTZ et al. 1995: 296).<br />

<strong>Die</strong> angeblich abnehmende Bedeutung <strong>des</strong> „Berufes“ ist eine weitere D<strong>im</strong>ension<br />

in der Debatte um die Beschleunigung <strong>des</strong> Arbeitsmarktgeschehens. Im Zuge <strong>des</strong><br />

<strong>Übergang</strong>s von der Industrie- <strong>zur</strong> <strong>Die</strong>nstleistungsgesellschaft ersetzten demnach<br />

multifunktional einsetzbare „symbolanalytische“ Fähigkeiten zunehmend spezialisierte<br />

Fachkenntnisse (BATHGE 1996: 112f). Da das Berufsprinzip jedoch ursprünglich<br />

genau darauf abzielte, spezifische Fachkenntnisse in standardisierter<br />

Form zu vermitteln und zu zertifizieren (DOSTAL/STOOß/TROLL 1998: 447), verlöre<br />

der Beruf bei der Arbeitskräfteallokation nach und nach an Bedeutung. <strong>Die</strong>ser<br />

Bedeutungsverlust spiele sich dabei sowohl auf der inhaltlichen als auch auf der<br />

formalen Ebene ab: Eine veränderte Produktionsorganisation (eingebettet in einen<br />

forcierten internationalen Wettbewerb) und beschleunigte Produktzyklen behin-

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