Die Restrukturierung des Arbeitsmarktes im Übergang zur ...

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- 220 - beitsmarkt deutlich unterschieden hätten. Demnach nutzten die Betriebe insbesondere weibliche Beschäftigte als „Flexibilitätspuffer“, was zusätzlich zum tradierten Rollenverständnis für die Diskontinuität der Erwerbsverläufe von Frauen verantwortlich gemacht wird. Im Zuge zunehmender Bildungs- und Erwerbsbeteiligung von Frauen seit den 1970er und 1980er Jahren könnte jedoch ein Wandel des geschlechtsspezifischen Arbeitsmarktgeschehens eingetreten sein, wobei prinzipiell offen ist, ob damit eine (weitere) Beschleunigung und Destabilisierung oder aber eine Stabilisierung weiblicher Erwerbsverläufe verbunden gewesen ist (vgl. Abschnitt 2.7). Abgesehen von unmittelbaren geschlechtsspezifischen Unterschieden (wie bspw. die unterschiedliche Rollenzuweisung) wird auch von mittelbaren Unterschieden zwischen männlichen und weiblichen Erwerbsverläufen ausgegangen, die ursächlich mit der jeweils geleisteten wöchentlichen Arbeitszeit zusammenhängen sollte. Da Teilzeitbeschäftigung traditionell eine weibliche Domäne gewesen ist und im Untersuchungszeitraum insbesondere für eine große Zahl von Frauen weiter an Bedeutung gewinnt, sollte eine geschlechtsspezifische Arbeitsmarktanalyse diesem Punkt besondere Aufmerksamkeit widmen. Generell sind für die meisten sozialversicherungspflichtig Beschäftigten grundsätzliche Regeln der Arbeitszeitlänge und Arbeitszeitlage in Tarifverträgen festge- schrieben. Die konkrete Ausgestaltung erfolgt durch Betriebsvereinbarungen und/oder durch den individuellen Arbeitsvertrag (LEHNDORFF 2000: 3ff). Flexible Arbeitszeitgestaltung kommt in vielfältiger Weise zur Anwendung; so gehören Jahresarbeitszeitkonten, innovative Schichtsysteme oder aber Vertrauensarbeitszeit zum schillernden Repertoire neuer Arbeitszeitgestaltung (LEHNDORFF 1999), die die ehemals dominierende Form starrer Arbeitszeitregelungen in weiten Teilen der Wirtschaft ablöst, ohne sie allerdings vollständig zu verdrängen (BOSCH 2000c). Zusätzlich werden die Betriebszeiten durch eine Ausdehnung von Nachtund Wochenendarbeit verlängert. Um die interne Flexibilität der Unternehmen zu erhöhen, ist der Einsatz unterschiedlicher Instrumente der Arbeitszeitflexibilisierung und damit die organisatorische Trennung einzelner Aufgabenbereiche notwendig. Diese differenzierte Arbeitsorganisation verändert die Quantität und die Qualität der Arbeitsnachfrage und hat damit mutmaßlich auch Auswirkungen auf das Arbeitsmarktgeschehen (vgl. dazu auch Abschnitt 1.5 sowie 2.6.3).

- 221 - Die einfachste Unterscheidung betriebsinterner Arbeitszeitflexibilität teilt die Beschäftigungsverhältnisse einerseits in Vollzeit- und andererseits in Teilzeitjobs ein: Bei „Vollzeitarbeit“ muss die arbeitsvertraglich und die tarifvertraglich fixierte maximale wöchentliche Arbeitszeit übereinstimmen; als „Teilzeitarbeit“ wird jedes Beschäftigungsverhältnis aufgefasst, für das eine individuelle wöchentliche Arbeitszeit unterhalb der tarifvertraglichen Wochenarbeitszeit vereinbart wird. Wenn im Folgenden von Vollzeit- und Teilzeitarbeit die Rede ist, sind immer sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse gemeint. Geringfügige Teilzeitbeschäftigung wird hier ausgeblendet. Als ein wichtiger Ausgangspunkt der Frage nach den Auswirkungen vermehrter Teilzeitbeschäftigung auf das Arbeitsmarktgeschehen kann zumindest für Deutschland die These von der „Erosion des Normalarbeitsverhältnisses“ identifiziert werden. Das „Normalarbeitsverhältnis“ sei auf Dauer und Kontinuität ange- legt: „Die Arbeits- und Sozialordnung konzentriert ihre schützenden und gewährenden Interventionen ins Erwerbsleben auf solche Arbeitsverhältnisse, die idea- liter dauerhaft und kontinuierlich [...] auf Vollzeitbasis erfolgen [...]. Entfallen einzelne dieser Kriterien, entfällt vor allem das Grundkriterium der Beschäftigungsdauer und -kontinuität“ (MÜCKENBERGER 1985: 429). Demnach wäre grundsätzlich mit einer geringeren Kontinuität und kürzeren Beschäftigungsdauer von „nicht-normalen“ Teilzeitbeschäftigungsverhältnissen zu rechnen. Handelte es sich bei der Beschreibung des „Normalarbeitsverhältnisses“ zunächst um eine theoretische Definition eines normativen Begriffs, der eine „herrschende Fiktion“ beschreibe (MÜCKENBERGER 1985: 422), so findet in den folgenden Jahren und Jahrzehnten die normativ inspirierte Normalarbeits-Debatte ihr prak- tisch-empirisches Pendant in der These einer zunehmenden „Prekarisierung“ von Arbeitsverhältnissen, die letztlich auch die nicht empirisch überprüfte These von der generellen Instabilität von Teilzeitbeschäftigungsverhältnissen kritiklos übernimmt. Unter formalen Kriterien ist die These von der Prekarität von sozialversicherungspflichtiger Teilzeitbeschäftigung – wie Abschnitt 2.1 zeigt – nicht haltbar. Allerdings tritt in der Prekaritätsdiskussion neben dieses formale Kriterium auch eine qualitative Komponente. Demnach böten Teilzeitjobs ein wesentlich engeres berufliches Spektrum und geringere Aufstiegschancen. Außerdem seien die Qualifikationsanforderungen und die Entlohnung geringer (BÄCKER/STOLZ- WILLIG 1993; FAGAN/O’REILLY/RUBERY 1999). Doch dabei ist zu fragen: gerin-

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<strong>Die</strong> einfachste Unterscheidung betriebsinterner Arbeitszeitflexibilität teilt die<br />

Beschäftigungsverhältnisse einerseits in Vollzeit- und andererseits in Teilzeitjobs<br />

ein: Bei „Vollzeitarbeit“ muss die arbeitsvertraglich und die tarifvertraglich fixierte<br />

max<strong>im</strong>ale wöchentliche Arbeitszeit übereinst<strong>im</strong>men; als „Teilzeitarbeit“<br />

wird je<strong>des</strong> Beschäftigungsverhältnis aufgefasst, für das eine individuelle wöchentliche<br />

Arbeitszeit unterhalb der tarifvertraglichen Wochenarbeitszeit vereinbart<br />

wird. Wenn <strong>im</strong> Folgenden von Vollzeit- und Teilzeitarbeit die Rede ist, sind<br />

<strong>im</strong>mer sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse gemeint. Geringfügige<br />

Teilzeitbeschäftigung wird hier ausgeblendet.<br />

Als ein wichtiger Ausgangspunkt der Frage nach den Auswirkungen vermehrter<br />

Teilzeitbeschäftigung auf das Arbeitsmarktgeschehen kann zumin<strong>des</strong>t für<br />

Deutschland die These von der „Erosion <strong>des</strong> Normalarbeitsverhältnisses“ identifiziert<br />

werden. Das „Normalarbeitsverhältnis“ sei auf Dauer und Kontinuität ange-<br />

legt: „<strong>Die</strong> Arbeits- und Sozialordnung konzentriert ihre schützenden und gewährenden<br />

Interventionen ins Erwerbsleben auf solche Arbeitsverhältnisse, die idea-<br />

liter dauerhaft und kontinuierlich [...] auf Vollzeitbasis erfolgen [...]. Entfallen<br />

einzelne dieser Kriterien, entfällt vor allem das Grundkriterium der Beschäftigungsdauer<br />

und -kontinuität“ (MÜCKENBERGER 1985: 429). Demnach wäre<br />

grundsätzlich mit einer geringeren Kontinuität und kürzeren Beschäftigungsdauer<br />

von „nicht-normalen“ Teilzeitbeschäftigungsverhältnissen zu rechnen.<br />

Handelte es sich bei der Beschreibung <strong>des</strong> „Normalarbeitsverhältnisses“ zunächst<br />

um eine theoretische Definition eines normativen Begriffs, der eine „herrschende<br />

Fiktion“ beschreibe (MÜCKENBERGER 1985: 422), so findet in den folgenden<br />

Jahren und Jahrzehnten die normativ inspirierte Normalarbeits-Debatte ihr prak-<br />

tisch-empirisches Pendant in der These einer zunehmenden „Prekarisierung“ von<br />

Arbeitsverhältnissen, die letztlich auch die nicht empirisch überprüfte These von<br />

der generellen Instabilität von Teilzeitbeschäftigungsverhältnissen kritiklos übern<strong>im</strong>mt.<br />

Unter formalen Kriterien ist die These von der Prekarität von sozialversicherungspflichtiger<br />

Teilzeitbeschäftigung – wie Abschnitt 2.1 zeigt – nicht haltbar.<br />

Allerdings tritt in der Prekaritätsdiskussion neben dieses formale Kriterium<br />

auch eine qualitative Komponente. Demnach böten Teilzeitjobs ein wesentlich<br />

engeres berufliches Spektrum und geringere Aufstiegschancen. Außerdem seien<br />

die Qualifikationsanforderungen und die Entlohnung geringer (BÄCKER/STOLZ-<br />

WILLIG 1993; FAGAN/O’REILLY/RUBERY 1999). Doch dabei ist zu fragen: gerin-

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