Die Restrukturierung des Arbeitsmarktes im Übergang zur ...

Die Restrukturierung des Arbeitsmarktes im Übergang zur ... Die Restrukturierung des Arbeitsmarktes im Übergang zur ...

duepublico.uni.duisburg.essen.de
von duepublico.uni.duisburg.essen.de Mehr von diesem Publisher
23.12.2012 Aufrufe

- 170 - bestehender Unternehmen [...], [so] daß also keine Arbeitsplätze exportiert werden“ (HOFFMANN 1999: 5; vgl. zu dieser Argumentation auch HASSEL et al. 2000: 501). Ein nachhaltiger Einfluss auf die Beschleunigung des Arbeitsmarktgeschehens wird auch durch fundamentale Veränderungen auf den internationalen Finanzund Aktienmärkten angenommen. Zwei wesentliche Ursachen für die Ausweitung der internationalen Finanzmärkte sind die seit den 1970er Jahren stetig gestiegene Staatsverschuldung sowie die Flexibilisierung der internationalen Wechselkurse; damit zusammenhängend ist es letztendlich dann auch zu einer weitgehenden Entkopplung von Anlagerenditen einerseits und Produktionsentwicklung andererseits gekommen. Dies „hatte relativ hohe und gegenüber dem Produktionsprozeß relativ autonome Renditen (schnelle Gewinnaussichten, aber auch entsprechende Verluste) im Bereich der Finanzinvestitionen und damit einen Ausbau der Fi- nanzinvestitionen zuungunsten der produktiven Investitionen zur Folge“ (HOFFMANN 1999: 6). Für den Arbeitsmarkt bedeutet eine solche Investitions- schwäche zunächst eine Schwächung der Arbeitsnachfrage. Um dennoch Kapital für Produktionsinvestitionen zu bekommen, versuchen die Unternehmen in zu- nehmendem Maße Kapital weniger über Kredite, sondern vielmehr über den Aktienmarkt zu beschaffen. Mit einer stärker börsenorientierten Kapitalbeschaf- fung ist die jeweilige Unternehmensstrategie im Wesentlichen an den Interessen der Anteilseigener – sprich: an der positiven Entwicklung des Aktienkurses – ausgerichtet. 59 Mit diesem „Shareholder-Value-Konzept“ ist einer Einschränkung der Managementautonomie verbunden, da die Lenkung des Unternehmens anhand fester, scheinbar „objektiver“ Kenngrößen erfolgt; von Aktivitäten, deren Nutzen sich nicht eindeutig ermitteln lässt, wird Abstand genommen. Gleichzeitig findet eine Konzentration auf das Kerngeschäft statt, so dass nicht dazugehörige Unternehmensbereiche verkauft oder geschlossen werden und es zu einer sowohl vertikalen als auch horizontalen Des-Integration kommt (HIRSCH-KREINSEN 1999). Ähnlich den Auslagerungsprozessen und verknüpft mit dem Bedeutungszuwachs kleinerer Betriebe (vgl. dazu Abschnitt 2.6) ist im Zuge dieses Prozesses mit einer 59 Dies trifft in ganz besonderem Maße dann zu, wenn „die früheren atomisierten Eigentümerstrukturen einer großen Zahl von Kleinaktionären und einzelnen Familien, die ihre Eigentumstitel nicht in faktische Unternehmenskontrolle umzusetzen in der Lage waren, ersetzt [werden] durch große Privatanleger, vor allem aber durch institutionelle Anleger wie Investmentfonds, Pensionskassen, Versicherungen und Banken“ (HIRSCH-KREINSEN 1999: 327).

- 171 - erhöhten Arbeitsmarktdynamik in Folge einer sinkenden Beschäftigungsstabilität zu rechnen. Die eher kurzfristige Orientierung60 auf eine Maximierung des „shareholder value“ macht darüber hinaus die öffentliche Ankündigung von Restrukturierung und Personalabbau zu einem eigenständigen Handlungsparameter der Aktienkurspflege, denn „Personalkosten bestimmen die Höhe der gesamten Betriebskosten [...] und damit den Shareholder Value“ (HIRSCH-KREINSEN 1999: 326). Auch wenn klar sein sollte, dass im Laufe der 1990er Jahre deutsche Unternehmen beginnen, „sich anglo-amerikanischen Gepflogenheiten anzupassen“ (HASSEL et al. 2000: 507) ist umstritten, wie weit die Einführung des „Shareholder-Value-Konzeptes“ bereits zu Veränderungen in Deutschland geführt hat. Während HOFFMANN (1999: 7) von „dramatischen Veränderungen der Unternehmenskultur“ ausgeht, beurteilt HIRSCH-KREINSEN (1999: 328) die Umsetzung des „Shareholder-Value-Konzeptes“ in Deutschland noch nicht als sehr weit fortgeschritten. Bezüglich der Beschränkung unseres Analysezeitraums bis zum Jahr 1995 kann jedoch eher von einer gerade erst begonnenen Entwicklung ausgegangen werden. 2.8.2 Demographische Entwicklung Die Altersstruktur einer Gesellschaft hat ebenfalls einen Einfluss auf das beob- achtbare Arbeitsmarkgeschehen im Allgemeinen und auf Mobilität und Beschäftigungsstabilität im Besonderen. Der erste Grund für diesen Zusammenhang liegt in der anhand gesellschaftlich konstruierter Altersgrenzen vorgenommenen Definition von „erwerbsfähigen“ Personen. Manifestiert durch sozialrechtliche Regelungen zur allgemeinen Schulpflicht einerseits und des Übergangs in den Ruhestand andererseits hat in Deutschland historisch eine „Institutionalisierung des Lebenslaufs“ (KOHLI 1994) stattgefunden, der die „Erwerbsfähigkeit“ zwischen dem 15. und dem 65. Lebensjahr festschreibt. Nur wer „erwerbsfähig“ ist kann definitionsgemäß dann auch als „Arbeitsmarktteilnehmer“ auftreten, wobei insbesondere der Übergang aus dem Schulsystem in das Erwerbsleben bzw. der Übergang aus dem Erwerbsleben in den Ruhestand von Bedeutung für die Arbeitsmarktdynamik ist (vgl. dazu die Abschnitte 2.5.4 und 2.7.3). Somit hat die demographische Ent- 60 Zwar sind Anleger (auch) an langfristigen Renditen interessiert, jedoch befördern die international deregulierten Finanzmärkte die Kapitalmobilität, wodurch die Unternehmen faktisch doch unter einem ständigen Anpassungsdruck stehen und Strategien zur kurzfristigen Renditemaximierung letztendlich bevorzugen (HIRSCH-KREINSEN 1999: 329).

- 170 -<br />

bestehender Unternehmen [...], [so] daß also keine Arbeitsplätze exportiert werden“<br />

(HOFFMANN 1999: 5; vgl. zu dieser Argumentation auch HASSEL et al. 2000:<br />

501).<br />

Ein nachhaltiger Einfluss auf die Beschleunigung <strong>des</strong> Arbeitsmarktgeschehens<br />

wird auch durch fundamentale Veränderungen auf den internationalen Finanzund<br />

Aktienmärkten angenommen. Zwei wesentliche Ursachen für die Ausweitung<br />

der internationalen Finanzmärkte sind die seit den 1970er Jahren stetig gestiegene<br />

Staatsverschuldung sowie die Flexibilisierung der internationalen Wechselkurse;<br />

damit zusammenhängend ist es letztendlich dann auch zu einer weitgehenden<br />

Entkopplung von Anlagerenditen einerseits und Produktionsentwicklung andererseits<br />

gekommen. <strong>Die</strong>s „hatte relativ hohe und gegenüber dem Produktionsprozeß<br />

relativ autonome Renditen (schnelle Gewinnaussichten, aber auch entsprechende<br />

Verluste) <strong>im</strong> Bereich der Finanzinvestitionen und damit einen Ausbau der Fi-<br />

nanzinvestitionen zuungunsten der produktiven Investitionen <strong>zur</strong> Folge“<br />

(HOFFMANN 1999: 6). Für den Arbeitsmarkt bedeutet eine solche Investitions-<br />

schwäche zunächst eine Schwächung der Arbeitsnachfrage. Um dennoch Kapital<br />

für Produktionsinvestitionen zu bekommen, versuchen die Unternehmen in zu-<br />

nehmendem Maße Kapital weniger über Kredite, sondern vielmehr über den<br />

Aktienmarkt zu beschaffen. Mit einer stärker börsenorientierten Kapitalbeschaf-<br />

fung ist die jeweilige Unternehmensstrategie <strong>im</strong> Wesentlichen an den Interessen<br />

der Anteilseigener – sprich: an der positiven Entwicklung <strong>des</strong> Aktienkurses –<br />

ausgerichtet. 59 Mit diesem „Shareholder-Value-Konzept“ ist einer Einschränkung<br />

der Managementautonomie verbunden, da die Lenkung <strong>des</strong> Unternehmens anhand<br />

fester, scheinbar „objektiver“ Kenngrößen erfolgt; von Aktivitäten, deren Nutzen<br />

sich nicht eindeutig ermitteln lässt, wird Abstand genommen. Gleichzeitig findet<br />

eine Konzentration auf das Kerngeschäft statt, so dass nicht dazugehörige Unternehmensbereiche<br />

verkauft oder geschlossen werden und es zu einer sowohl vertikalen<br />

als auch horizontalen Des-Integration kommt (HIRSCH-KREINSEN 1999).<br />

Ähnlich den Auslagerungsprozessen und verknüpft mit dem Bedeutungszuwachs<br />

kleinerer Betriebe (vgl. dazu Abschnitt 2.6) ist <strong>im</strong> Zuge dieses Prozesses mit einer<br />

59 <strong>Die</strong>s trifft in ganz besonderem Maße dann zu, wenn „die früheren atomisierten Eigentümerstrukturen<br />

einer großen Zahl von Kleinaktionären und einzelnen Familien, die ihre Eigentumstitel<br />

nicht in faktische Unternehmenskontrolle umzusetzen in der Lage waren, ersetzt [werden]<br />

durch große Privatanleger, vor allem aber durch institutionelle Anleger wie Investmentfonds,<br />

Pensionskassen, Versicherungen und Banken“ (HIRSCH-KREINSEN 1999: 327).

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!