Die Restrukturierung des Arbeitsmarktes im Übergang zur ...

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- 154 - für industrielle Großorganisationen seine Gültigkeit beansprucht, scheint es insgesamt bedroht, wenn die Bedeutung von Industrie und Großbetrieb abnimmt. Der Trend zur Beschäftigung in kleineren Betrieben (nicht notwendiger Weise kleineren Unternehmen) ist auch mit einer zunehmenden Tertiarisierung verknüpft (SCHMIDT 1995). Denn wenn Dienstleistungstätigkeiten an Bedeutung gewinnen, die nur im direkten Kontakt mit den Kunden (Individuen, Haushalte, Unternehmen) erstellt werden können, ist eine dezentrale Produktion in kleineren Betriebseinheiten erforderlich. Kennzeichnend für solche Dienstleistungstätigkeiten ist des weiteren, dass sie nicht lagerfähig sind. Somit ist der Arbeitskräfteeinsatz wesentlich stärker als bei der industriellen Massenproduktion von der (regionalen) Nachfrage abhängig, die in konjunkturellen, saisonalen, wöchentlichen und täglichen Rhythmen auftreten kann (LEHNDORFF 2000). Dabei bleibt diese „tertiäre“ Logik der an spezielle Kundenwünsche und -bedürfnisse angepassten bzw. anzupassen- den Produktion nicht auf Dienstleistungstätigkeiten beschränkt. Auch für Beschäftigte in der industriellen Produktion ist eine wachsende Bedeutung dieser Art von „Kundenorientierung“ einhergehend mit einer vergrößerten Handlungsautonomie festzustellen (ESPING-ANDERSEN 1993; BRÖDNER/PEKRUHL 1991; KALKOWSKI et al. 1995). Folge ist eine zunehmend verwissenschaftlichte, projektförmig organisierte und durch immer kürzere Produktzyklen gekennzeichnete Produktion. Damit sei die „Rückkopplung abhängiger Arbeit an Marktrisiken“ verbunden, so dass die wachsende Bedeutung der „postfordistischen“ Produkti- onsorganisation „in gewissem Sinne den Abschied von der Sozialfigur des Arbeitnehmers bedeutet“ (DÖRRE 2001: 99f; vgl. auch BAETHGE 1999: 41ff). Diese Übertragung eines Teils des unternehmerischen Risikos auf die Arbeitskräfte müsste zu zunehmender extern-numerischer Flexibilität beitragen. Auch soweit der industrielle Großbetrieb weiterhin existiert, funktioniert er in der „Dienstleistungsgesellschaft“ anders. Eine erhöhte extern-numerische Flexibilität des Arbeitskräfteeinsatzes scheint somit nicht nur für kleine Dienstleistungsbetriebe sondern ebenso für größere Industriebetriebe überlebenswichtig zu sein. Allerdings ist eine Beschleunigung des Arbeitsmarktgeschehens auch hierbei keine zwangsläufige Entwicklung. Bspw. resultieren aus den unmittelbaren Kundenkontakten und der verstärkten Marktkonfrontation der Arbeitnehmer u. U. neuartige Kontrollprobleme insbesondere für den Arbeitgeber. Ein wesentliches Element, mit diesen wachsenden Informationsasymmetrien umzugehen, ist der Auf-

- 155 - und Ausbau von Vertrauen zwischen Beschäftigten und den Betrieben (BREEN 1997). Um solche verlässlichen Beziehungen schaffen zu können, ist Zeit notwendig. Durch die Investition sowohl der Arbeitnehmer als auch der Arbeitgeber in gegenseitiges Vertrauen als – wenn man so will – betriebsspezifisches Sozialkapital wird ein Austausch von Arbeitskräften erschwert. Folglich ist daher ebenfalls denkbar, dass nicht trotz, sondern gerade wegen der zunehmenden Etablierung einer „tertiären Logik“ in weiten Teilen der Produktion von Gütern und Diensten eine Stabilisierung von Betriebsbindungen zu erwarten ist. 2.6.2 Netzwerk-Globalisierung: Zerlegung und Virtualisierung von Unternehmen Insbesondere eine mutmaßlich zunehmende „Netzwerk-Globalisierung“ wirkt unmittelbar in Richtung eines umfassenden Wandels des Produktionsregimes und damit einhergehend der betrieblichen Strategie der Arbeitsallokation. Die Be- schleunigung des internationalen Informationsaustauschs führe – so die Annahme – nicht nur zu tendenziell wachsender internationaler Konkurrenz, sondern auch zu einer schnelleren Diffusion von Wissen, neuen Technologien sowie Produktinnovationen, wodurch der Flexibilisierungsdruck auf die einzelnen Betriebe wach- se (CASTELLS 1996). Um die steigenden Flexibilitätsanforderungen bewältigen zu können, würde daher das ehemals vertikal integrierte Großunternehmen zerlegt. Durch Outsourcing und Ausgründung entstünden Netzwerke von rechtlich (mehr oder weniger) selbständigen Betrieben (SYDOW 1991), die im Zusammenwirken Leistungen erbringen, die früher – so jedenfalls die idealtypische Vorstellung – von einem einzigen Unternehmen erbracht wurden. An die Stelle des vertikal integrierten Großunternehmens trete das „virtuelle“ (DAVIDOW/MALONE 1992), das „fraktale“ (WARNECKE 1993) oder „grenzenlose“ Unternehmen (PICOT et al. 1998). Neue Technologien und sinkende Kommunikationskosten sind folglich sowohl Resultat als auch Ursache einer vorangetriebenen „Netzwerk- Globalisierung“, die das Produktionsregime innerhalb der sich auflösenden (industrialisierten) Volkswirtschaften fundamental verändert. Dieses soeben skizzierte Szenario könnte für die betriebliche Arbeitskräfteallokation eine sinkende Bedeutung interner Arbeitsmärkte bedeuten. Im Gegenzug müssten bei einer solchen Entwicklung Betriebswechsel von Arbeitskräften gleichzeitig an Bedeutung gewinnen und dadurch die Bewegung auf dem Arbeitsmarkt zu- und die Dauerhaftigkeit von Betriebsbindungen abnehmen. Statis-

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und Ausbau von Vertrauen zwischen Beschäftigten und den Betrieben (BREEN<br />

1997). Um solche verlässlichen Beziehungen schaffen zu können, ist Zeit notwendig.<br />

Durch die Investition sowohl der Arbeitnehmer als auch der Arbeitgeber<br />

in gegenseitiges Vertrauen als – wenn man so will – betriebsspezifisches Sozialkapital<br />

wird ein Austausch von Arbeitskräften erschwert. Folglich ist daher ebenfalls<br />

denkbar, dass nicht trotz, sondern gerade wegen der zunehmenden Etablierung<br />

einer „tertiären Logik“ in weiten Teilen der Produktion von Gütern und<br />

<strong>Die</strong>nsten eine Stabilisierung von Betriebsbindungen zu erwarten ist.<br />

2.6.2 Netzwerk-Globalisierung: Zerlegung und Virtualisierung von Unternehmen<br />

Insbesondere eine mutmaßlich zunehmende „Netzwerk-Globalisierung“ wirkt<br />

unmittelbar in Richtung eines umfassenden Wandels <strong>des</strong> Produktionsreg<strong>im</strong>es und<br />

damit einhergehend der betrieblichen Strategie der Arbeitsallokation. <strong>Die</strong> Be-<br />

schleunigung <strong>des</strong> internationalen Informationsaustauschs führe – so die Annahme<br />

– nicht nur zu tendenziell wachsender internationaler Konkurrenz, sondern auch<br />

zu einer schnelleren Diffusion von Wissen, neuen Technologien sowie Produktinnovationen,<br />

wodurch der Flexibilisierungsdruck auf die einzelnen Betriebe wach-<br />

se (CASTELLS 1996). Um die steigenden Flexibilitätsanforderungen bewältigen zu<br />

können, würde daher das ehemals vertikal integrierte Großunternehmen zerlegt.<br />

Durch Outsourcing und Ausgründung entstünden Netzwerke von rechtlich (mehr<br />

oder weniger) selbständigen Betrieben (SYDOW 1991), die <strong>im</strong> Zusammenwirken<br />

Leistungen erbringen, die früher – so jedenfalls die idealtypische Vorstellung –<br />

von einem einzigen Unternehmen erbracht wurden. An die Stelle <strong>des</strong> vertikal<br />

integrierten Großunternehmens trete das „virtuelle“ (DAVIDOW/MALONE 1992),<br />

das „fraktale“ (WARNECKE 1993) oder „grenzenlose“ Unternehmen (PICOT et al.<br />

1998). Neue Technologien und sinkende Kommunikationskosten sind folglich<br />

sowohl Resultat als auch Ursache einer vorangetriebenen „Netzwerk-<br />

Globalisierung“, die das Produktionsreg<strong>im</strong>e innerhalb der sich auflösenden (industrialisierten)<br />

Volkswirtschaften fundamental verändert.<br />

<strong>Die</strong>ses soeben skizzierte Szenario könnte für die betriebliche Arbeitskräfteallokation<br />

eine sinkende Bedeutung interner Arbeitsmärkte bedeuten. Im Gegenzug<br />

müssten bei einer solchen Entwicklung Betriebswechsel von Arbeitskräften<br />

gleichzeitig an Bedeutung gewinnen und dadurch die Bewegung auf dem Arbeitsmarkt<br />

zu- und die Dauerhaftigkeit von Betriebsbindungen abnehmen. Statis-

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