Die Restrukturierung des Arbeitsmarktes im Übergang zur ...

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- 146 - den handelt. 45 Durch die Erleichterung des Abschlusses befristeter Arbeitsverhältnisse hat faktisch eine Deregulierung des Kündigungsschutzes stattgefunden (vgl. HANAU/ADOMEIT 1988: 52). Zwar sind befristete Arbeitsverhältnisse, die länger als sechs Monate fortbestehen, während der Vertragslaufzeit nach wie vor durch das KSchG geschützt; gleichwohl besteht seit eh und je kein Kündigungsschutz bei regulärem Auslaufen des Vertrages. Somit ist durch einen erleichterten Abschluss befristeter Arbeitsverträge auch faktisch die Möglichkeiten zur stärkeren Nutzung schlechter geschützter Arbeitsverhältnisse vergrößert worden. Auch wenn die eigenständige, hemmende Arbeitsmarktwirkung strenger Kündigungsschutzbestimmung durchaus umstritten ist (vgl. BÜCHTEMANN 1990: 399f), versprach man sich durch die Deregulierung befristeter Beschäftigungsverhältnisse in Form des BSchFG eine „belebende“ Wirkung: Die Arbeitsmarktchancen von Arbeitslosen sollten verbessert werden, indem durch vereinfachte Kündigungsop- tionen das Einstellungsrisiko vermindert bzw. die Beschäftigungskosten reduziert und dadurch für die Arbeitgeber Anreize zur Einstellung insbesondere weniger produktiver Arbeitnehmer gesetzt werden sollten. Hätten diese verbesserten Flexibilisierungsmöglichkeiten von den Arbeitgebern tatsächlich zur Personalanpas- sung durch verstärkte Einstellungen und Entlassungen geführt, ist dann nach 1985 ein beschleunigtes Arbeitsmarktgeschehen mit steigender Fluktuation und sinken- der Beschäftigungsstabilität zu erwarten. 2.5.3 Erosion des Flächentarifvertrages Nach wie vor legen neben grundsätzlichen arbeitsrechtlichen Vorgaben im Wesentlichen die zwischen Gewerkschaften und Arbeitgebern ausgehandelten Flä- chentarifverträge Mindeststandards für die Entlohnung und die Arbeitsbedingungen innerhalb einer Branche fest. Allerdings ist dieses System der Kollektivverhandlungen verstärkt seit Ende der 1980er Jahre unter Druck geraten (SCHMIDT/TRINCZEK 1989). Im Zuge der seit dieser Zeit forciert geführten Globalisierungs- und Standortdebatte und weiter verstärkt durch die deutsche Vereinigung fordern insbesondere Arbeitgeberverbände eine Ablösung der Flächentarif- 45 Diese Regelungen gelten nur für Betriebe mit mindestens sechs Beschäftigten. Zusätzlich zu den vereinfachten Befristungsregelungen wurde gleichzeitig die Überlassungshöchstdauer für Leiharbeitnehmer von drei auf sechs Monate ausgeweitet, die Sozialplanbestimmungen des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG) gelockert sowie der Geltungsbereich des KSchG in Kleinbetrieben eingeschränkt (vgl. BÜCHTEMANN 1990: 400).

- 147 - verträge durch Betriebsvereinbarungen, um dadurch vor allem die Lohngestaltung zu flexibilisieren. Gleichzeitig wird die Position von Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden als kollektive Tarifvertragspartner durch rückläufige Mitgliederzahlen geschwächt (BISPINCK 1997: 551f). Hatten die Einzelgewerkschaften des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) ausgehend von den 1950er bis zum Beginn der 1980er Jahre noch wachsende Mitgliederzahlen verzeichnet, stagnierten die Werte im Verlauf der 1980er Jahre. Mit der deutschen Vereinigung erlebten die DGB- Gewerkschaften einen kräftigen Mitgliederzuwachs von gut acht (1990) auf knapp 12 Millionen (1991), jedoch sank im Anschluss daran die Zahl der Gewerkschaftsmitglieder bis 1999 auf etwa acht Millionen; gleichzeitig sank der Organisationsgrad im DGB von knapp 32 Prozent 1980 auf etwa 23 Prozent im Jahr 1999 (MÜLLER-JENTSCH/ITTERMANN 2000: 85). Demgegenüber ist der Organisationsgrad von Unternehmen „traditionell“ um ein vielfaches höher. Allerdings schwanken die Angaben über den Anteil der Beschäftigten, die Mitte der 1990er Jahre in verbandlich organisierten (westdeutschen) Unternehmen arbeiteten, je nach Methode und Datenbasis von zwei Dritteln (SCHNABEL/WAGNER 1996) über 83 Prozent (KOHAUT/BELLMANN 1997) bis zu 90 Prozent (BAHNMÜLLER/BISPINCK 1995), wobei von einem seit Mitte der 1980er Jahre rückläufigen Organisationsgrad deutscher Unternehmen ausgegangen wird (vgl. SCHROEDER/RUPPERT 1996; MÜLLER-JENTSCH/ITTERMANN 2000: 144). Offenbar nehmen die vergrößerten Möglichkeiten, auf betrieblicher Ebene und losgelöst von den Flächentarifverträgen in einem gewissen Rahmen eigenständige Regelungen zwischen Betriebsrat und Unternehmensleitung zu treffen, in der Realität zumeist die Form eines „Handels“ zwischen den beteiligten Parteien an: Die Beschäftigten billigen eine größere Lohnflexibilität und/oder betriebsinterne Flexibilität (bspw. durch temporäre Tarifabsenkungen oder aber flexible Arbeitszeitregelungen), während die Arbeitgeber ihre betriebsexterne Flexibilität beschränken, indem sie auf betriebsbedingte Kündigungen verzichten (BISPINCK 1997). Somit müsste von dieser Entwicklung insgesamt eher eine Stabilisierung des Arbeitsmarktgeschehens zu erwarten sein. Allerdings ist bezüglich des Untersuchungsbereichs der vorliegenden Arbeit mit einer eher geringen Wirkung der tarifpolitischen Änderungen für das westdeutsche Arbeitsmarktgeschehen zu rechnen. Zwar lassen sich erste Ansätze einer zunehmend „verbetrieblichten“

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den handelt. 45 Durch die Erleichterung <strong>des</strong> Abschlusses befristeter Arbeitsverhältnisse<br />

hat faktisch eine Deregulierung <strong>des</strong> Kündigungsschutzes stattgefunden (vgl.<br />

HANAU/ADOMEIT 1988: 52). Zwar sind befristete Arbeitsverhältnisse, die länger<br />

als sechs Monate fortbestehen, während der Vertragslaufzeit nach wie vor durch<br />

das KSchG geschützt; gleichwohl besteht seit eh und je kein Kündigungsschutz<br />

bei regulärem Auslaufen <strong>des</strong> Vertrages. Somit ist durch einen erleichterten Abschluss<br />

befristeter Arbeitsverträge auch faktisch die Möglichkeiten <strong>zur</strong> stärkeren<br />

Nutzung schlechter geschützter Arbeitsverhältnisse vergrößert worden.<br />

Auch wenn die eigenständige, hemmende Arbeitsmarktwirkung strenger Kündigungsschutzbest<strong>im</strong>mung<br />

durchaus umstritten ist (vgl. BÜCHTEMANN 1990: 399f),<br />

versprach man sich durch die Deregulierung befristeter Beschäftigungsverhältnisse<br />

in Form <strong>des</strong> BSchFG eine „belebende“ Wirkung: <strong>Die</strong> Arbeitsmarktchancen von<br />

Arbeitslosen sollten verbessert werden, indem durch vereinfachte Kündigungsop-<br />

tionen das Einstellungsrisiko vermindert bzw. die Beschäftigungskosten reduziert<br />

und dadurch für die Arbeitgeber Anreize <strong>zur</strong> Einstellung insbesondere weniger<br />

produktiver Arbeitnehmer gesetzt werden sollten. Hätten diese verbesserten Flexibilisierungsmöglichkeiten<br />

von den Arbeitgebern tatsächlich <strong>zur</strong> Personalanpas-<br />

sung durch verstärkte Einstellungen und Entlassungen geführt, ist dann nach 1985<br />

ein beschleunigtes Arbeitsmarktgeschehen mit steigender Fluktuation und sinken-<br />

der Beschäftigungsstabilität zu erwarten.<br />

2.5.3 Erosion <strong>des</strong> Flächentarifvertrages<br />

Nach wie vor legen neben grundsätzlichen arbeitsrechtlichen Vorgaben <strong>im</strong> Wesentlichen<br />

die zwischen Gewerkschaften und Arbeitgebern ausgehandelten Flä-<br />

chentarifverträge Min<strong>des</strong>tstandards für die Entlohnung und die Arbeitsbedingungen<br />

innerhalb einer Branche fest. Allerdings ist dieses System der Kollektivverhandlungen<br />

verstärkt seit Ende der 1980er Jahre unter Druck geraten<br />

(SCHMIDT/TRINCZEK 1989). Im Zuge der seit dieser Zeit forciert geführten Globalisierungs-<br />

und Standortdebatte und weiter verstärkt durch die deutsche Vereinigung<br />

fordern insbesondere Arbeitgeberverbände eine Ablösung der Flächentarif-<br />

45 <strong>Die</strong>se Regelungen gelten nur für Betriebe mit min<strong>des</strong>tens sechs Beschäftigten. Zusätzlich zu<br />

den vereinfachten Befristungsregelungen wurde gleichzeitig die Überlassungshöchstdauer für<br />

Leiharbeitnehmer von drei auf sechs Monate ausgeweitet, die Sozialplanbest<strong>im</strong>mungen <strong>des</strong><br />

Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG) gelockert sowie der Geltungsbereich <strong>des</strong> KSchG in<br />

Kleinbetrieben eingeschränkt (vgl. BÜCHTEMANN 1990: 400).

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