Die Restrukturierung des Arbeitsmarktes im Übergang zur ...
Die Restrukturierung des Arbeitsmarktes im Übergang zur ... Die Restrukturierung des Arbeitsmarktes im Übergang zur ...
- 142 - der Makroebene wirkender „Megatrend“ beschrieben: „Individualisierung meint [...] die Auflösung vorgegebener sozialer Lebensformen – zum Beispiel das Brüchigwerden von lebensweltlichen Kategorien wie Klasse und Stand, Geschlechterrollen, Familie, Nachbarschaft usw.“ (BECK/BECK-GERNSHEIM 1994: 11). 43 Das Handeln orientiere sich nun an neuen, potentiell für jeden geltende Vorgaben, die an die Stelle der traditionellen sozialstrukturellen und handlungsbestimmenden Einflussfaktoren getreten seien: „In die traditionelle Gesellschaft und ihre Vorgaben wurde man hineingeboren (wie etwa Stand und Religion). Für die neuen Vorgaben dagegen muß man etwas tun, sich aktiv bemühen. Hier muß man erobern, in der Konkurrenz um begrenzte Ressourcen sich durchzusetzen verstehen – und dies nicht nur einmal, sondern tagtäglich“ (BECK/BECK-GERNSHEIM 1994: 12). Freilich heiße Individualisierung nicht die Abschaffung von lebensstrukturierenden Institutionen, sondern vielmehr eine Ablösung durch nun „indirekt“ wir- kende „hochkomplexe Kontrollmechanismen und Statuszuschreibungsprozesse [...], die mit den bislang soziale Integration und Identität verbürgenden Zugehö- rigkeiten zu Klasse, Schichten und sozialen Millieus und mit den traditionellen Familien- und Geschlechterrollen wenig zu tun haben [...]“ (BERGER 1996: 13). Im Zuge des Verblassens und der Ablösung überkommener sozialstruktureller Vorgaben stiegen, so die Annahme, Lebenschancen und -risiken gleichermaßen für alle – mit weitreichenden Folgen: „Die Normalbiographie wird damit zur ‚Wahlbiographie‘, zur ‚reflexiven Biographie‘, zur ‚Bastelbiografie‘. [...] Das muß nicht gewollt sein, und es muß nicht gelingen. Bastelbiographie ist immer zugleich ‚Risikobiographie‘, ja ‚Drahtseilbiographie‘, ein Zustand der (teils offenen, teils verdeckten) Dauergefährdung. [...] Die Bastelbiographie kann schnell zur Bruchbiographie werden“ (BECK/BECK-GERNSHEIM 1994: 13). Das Erwerbsleben als zentraler Bestandteil der Biographie sei von dieser Entwicklung besonders betroffen; prinzipiell müsse jeder mit häufiger werdenden Brüchen (bspw. in Form von Berufs- oder Betriebswechseln oder aber mehr oder weniger häufig auftretenden Wechseln zwischen Arbeitslosigkeit und Beschäftigung) rechnen (vgl. dazu insbesondere die Einleitung). Die „Demokratisierung von Individualisierungsprozessen“ sorge entsprechend für eine generell zunehmende Diskontinuität von Erwerbsverläufen. „Das historisch Neue besteht darin, daß das, was früher 43 Einen differenziert-kritischen Überblick über die Vielgestaltigkeit und widersprüchliche Verwendung des Individualisierungsbegriffs liefern JAGODZINSKI/KLEIN (1998).
- 143 - wenigen zugemutet wurde [...], nun mehr und mehr Menschen, im Grenzfall allen abverlangt wird“ (BECK/BECK-GERNSHEIM 1994: 21). 2.5 Wesentliche Veränderungen des Polit-Juristischen Regimes 2.5.1 Politische Globalisierung Wegen einer möglichst schnellen und kostengünstigen Informationsübermittlung sowie aufgrund verbesserter Kapitaltransfermöglichkeiten ist es im Laufe der Zeit möglich geworden, lohnintensive Produktionsbereiche in Ländern mit relativ niedrigen Personalkosten auszulagern und gleichzeitig die dortige Produktion gemäß der eigenen Bedarfe bestmöglich zu steuern bzw. zu überwachen. „Die Verbindung von Internationalisierung der Ökonomie und den Möglichkeiten der Kommunikations- und Informationstechnologien haben hier bewirkt, daß Teilarbeitsmärkte international über weite Räume geöffnet und daß so soziale Schließungsprozesse seitens nationaler Gewerkschaften unterlaufen werden können“ (HOFFMANN 1999: 7). Allerdings ist diese Strategie des „global sourcing“ im Wesentlichen eine Option für transnationale Konzerne; kleineren Unternehmen bietet sich diese Möglichkeit in wesentlich geringerem Umfang. Dennoch sind alle Betriebe der traditionell-industriegesellschaftlichen Nationalökonomien zu- mindest mittelbar von diesen Entwicklungen betroffen. Denn durch die Internationalisierung der Produktion und des verschärften Standortwettbewerbs geraten die „nationalen, auf die Erwerbsarbeit bezogenen tarif- und sozialpolitischen Regelwerke“ der alten Industriegesellschaften – so die These – insgesamt unter Anpas- sungsdruck, „da die von der Strategie des ‚global sourcing‘ besonders betroffenen kleinen und mittleren Betriebe der jeweiligen Region [...] oft sehr arbeits- respek- tive lohnintensiv produzieren. Sie tragen damit die Hauptlast der Lohnnebenkosten [...] und des Steueraufkommens [...]. Zugleich sind es diese Betriebe, die z. B. im deutschen System den größten Anteil an der Ausbildung von Facharbeitern haben“ (HOFFMANN 1999: 7). Durch die Bedrohung der Finanzierungsbasis der sozialen Sicherungssysteme bzw. des Staatshaushaltes, gerät die Politik unter Handlungsdruck, dem vor allem mit „Deregulierung“ der arbeits- und sozialrechtlichen Rahmenbedingungen begegnet wird. Dieser Deregulierungstrend ist gerade deshalb als eine Folge einer „politischen Globalisierung“ zu begreifen, da die einzelnen Nationalstaaten in diesem Prozess Gestaltungsmöglichkeiten einzubüßen scheinen und geradezu zwangsläufig mit Deregulierung und damit zusam-
- Seite 92 und 93: - 92 - Bedeutung einzelner Lohnelem
- Seite 94 und 95: - 94 - rie „Flexibler Einsatzort
- Seite 96 und 97: - 96 - entscheidung sowie Allokatio
- Seite 98 und 99: - 98 - ger Beschäftigungsverhältn
- Seite 100 und 101: - 100 - sungsfähigkeit des Arbeits
- Seite 102 und 103: - 102 - Familie renoviert werden (
- Seite 104 und 105: - 104 - 1.6.1 Der historische und r
- Seite 106 und 107: - 106 - Auf der Supraebene ist gera
- Seite 108 und 109: - 108 - Anreizwirkung staatlicher M
- Seite 110 und 111: - 110 - (b) Die drei zentralen Bere
- Seite 112 und 113: - 112 - änderlichkeit der vier Ebe
- Seite 114 und 115: - 114 - Die Nachfrage nach Arbeitsk
- Seite 116 und 117: - 116 - marktgeschehen als Abbild d
- Seite 118 und 119: - 118 - Des Weiteren sind zwei Kate
- Seite 120 und 121: - 120 -
- Seite 122 und 123: - 122 - „Megatrends“ vor. Im An
- Seite 124 und 125: - 124 - Abbildung 9: Relative Antei
- Seite 126 und 127: - 126 - dass mit der IAB-Beschäfti
- Seite 128 und 129: - 128 - ben, der unterschiedliche M
- Seite 130 und 131: - 130 - führende allgemeinbildende
- Seite 132 und 133: - 132 - rend sich die Fachhochschul
- Seite 134 und 135: - 134 - halte dargestellt wird (Abb
- Seite 136 und 137: - 136 - Abbildung 14: Absolute Zahl
- Seite 138 und 139: - 138 - (Abbildung 19) eine wesentl
- Seite 140 und 141: - 140 - 2.4 „Globalisierung“ un
- Seite 144 und 145: - 144 - menhängend mit einer inter
- Seite 146 und 147: - 146 - den handelt. 45 Durch die E
- Seite 148 und 149: - 148 - Tarifpolitik (SCHMIDT/TRINC
- Seite 150 und 151: - 150 - In Deutschland hat ein vorg
- Seite 152 und 153: - 152 - gangsvoraussetzungen für E
- Seite 154 und 155: - 154 - für industrielle Großorga
- Seite 156 und 157: - 156 - tisch müsste dies auch dan
- Seite 158 und 159: - 158 - 2.7 Wesentliche Veränderun
- Seite 160 und 161: - 160 - ligung und die dadurch verb
- Seite 162 und 163: - 162 - reverlauf von Frauen widers
- Seite 164 und 165: - 164 - Zahl der Auszubildenden hat
- Seite 166 und 167: - 166 - Nomaden“ der Dienstleistu
- Seite 168 und 169: - 168 - schaft tendenziell eher ste
- Seite 170 und 171: - 170 - bestehender Unternehmen [..
- Seite 172 und 173: - 172 - wicklung entscheidenden Ein
- Seite 174 und 175: - 174 - nehmer werden vor allem in
- Seite 176 und 177: - 176 -
- Seite 178 und 179: - 178 - jedoch einen Einblick, wie
- Seite 180 und 181: - 180 - Betriebe, die Stichprobenmi
- Seite 182 und 183: - 182 - tigt waren65 . Durch die Be
- Seite 184 und 185: - 184 - chertenkonto unmittelbar un
- Seite 186 und 187: - 186 - Abbildung 21: Schematische
- Seite 188 und 189: - 188 - bezugsmeldung der Arbeitslo
- Seite 190 und 191: - 190 - schaftlichen Untersuchungen
- 143 -<br />
wenigen zugemutet wurde [...], nun mehr und mehr Menschen, <strong>im</strong> Grenzfall allen<br />
abverlangt wird“ (BECK/BECK-GERNSHEIM 1994: 21).<br />
2.5 Wesentliche Veränderungen <strong>des</strong> Polit-Juristischen Reg<strong>im</strong>es<br />
2.5.1 Politische Globalisierung<br />
Wegen einer möglichst schnellen und kostengünstigen Informationsübermittlung<br />
sowie aufgrund verbesserter Kapitaltransfermöglichkeiten ist es <strong>im</strong> Laufe der Zeit<br />
möglich geworden, lohnintensive Produktionsbereiche in Ländern mit relativ<br />
niedrigen Personalkosten auszulagern und gleichzeitig die dortige Produktion<br />
gemäß der eigenen Bedarfe bestmöglich zu steuern bzw. zu überwachen. „<strong>Die</strong><br />
Verbindung von Internationalisierung der Ökonomie und den Möglichkeiten der<br />
Kommunikations- und Informationstechnologien haben hier bewirkt, daß Teilarbeitsmärkte<br />
international über weite Räume geöffnet und daß so soziale Schließungsprozesse<br />
seitens nationaler Gewerkschaften unterlaufen werden können“<br />
(HOFFMANN 1999: 7). Allerdings ist diese Strategie <strong>des</strong> „global sourcing“ <strong>im</strong><br />
Wesentlichen eine Option für transnationale Konzerne; kleineren Unternehmen<br />
bietet sich diese Möglichkeit in wesentlich geringerem Umfang. Dennoch sind<br />
alle Betriebe der traditionell-industriegesellschaftlichen Nationalökonomien zu-<br />
min<strong>des</strong>t mittelbar von diesen Entwicklungen betroffen. Denn durch die Internationalisierung<br />
der Produktion und <strong>des</strong> verschärften Standortwettbewerbs geraten die<br />
„nationalen, auf die Erwerbsarbeit bezogenen tarif- und sozialpolitischen Regelwerke“<br />
der alten Industriegesellschaften – so die These – insgesamt unter Anpas-<br />
sungsdruck, „da die von der Strategie <strong>des</strong> ‚global sourcing‘ besonders betroffenen<br />
kleinen und mittleren Betriebe der jeweiligen Region [...] oft sehr arbeits- respek-<br />
tive lohnintensiv produzieren. Sie tragen damit die Hauptlast der Lohnnebenkosten<br />
[...] und <strong>des</strong> Steueraufkommens [...]. Zugleich sind es diese Betriebe, die z. B.<br />
<strong>im</strong> deutschen System den größten Anteil an der Ausbildung von Facharbeitern<br />
haben“ (HOFFMANN 1999: 7). Durch die Bedrohung der Finanzierungsbasis der<br />
sozialen Sicherungssysteme bzw. <strong>des</strong> Staatshaushaltes, gerät die Politik unter<br />
Handlungsdruck, dem vor allem mit „Deregulierung“ der arbeits- und sozialrechtlichen<br />
Rahmenbedingungen begegnet wird. <strong>Die</strong>ser Deregulierungstrend ist gerade<br />
<strong>des</strong>halb als eine Folge einer „politischen Globalisierung“ zu begreifen, da die<br />
einzelnen Nationalstaaten in diesem Prozess Gestaltungsmöglichkeiten einzubüßen<br />
scheinen und geradezu zwangsläufig mit Deregulierung und damit zusam-