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Unter der Staleke 222, Sommer 2021

Heimatzeitung für die Gemeinde Hagen im Bremischen – Die STALEKE erscheint vier Mal im Jahr und wird kostenlos an alle Haushalte der Gemeinde Hagen im Bremischen verteilt.

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Es hat sich aus dem Jahr 1806<br />

ein Circular erhalten, in dem die<br />

Verpflichtungen <strong>der</strong> Einwohner<br />

Dammhagens für die französischen<br />

Truppen genau aufgelistet<br />

sind. Gefor<strong>der</strong>t waren Roggen,<br />

Hafer, Heu und Stroh. Da<br />

es aber nicht nur Bauern in Hagen<br />

gab, son<strong>der</strong>n auch Beamte,<br />

Kaufleute und Gewerbetreibende,<br />

wurden die abzugebenden<br />

Rationen in Geld umgerechnet.<br />

So sollte Dammhagen zunächst<br />

107 Rationen à 39 gute Groschen,<br />

insgesamt in Caßen_Geld<br />

40 Reichstaler zusammenbringen.<br />

Dorfhagen 24 Rthlr, Finna<br />

13 Rthlr, Harrendorf 25 Rthlr und<br />

Wohlthöfen 10 Rthlr.<br />

Das war eine schwere Belastung<br />

für die Einwohner, und<br />

es gelang einer „Bremen und<br />

Verdenschen Abordnung“ ein<br />

Viertel davon in Hannover herunterzuhandeln.<br />

Der damalige Bauermeister<br />

Kleenen musste diese Verordnung<br />

den Einwohnern bekannt<br />

machen, und was noch schlimmer<br />

war, er sollte auch das Geld<br />

einsammeln.<br />

„Die Bauermeister haben dieses<br />

for<strong>der</strong>samst öffentlich bekannt<br />

zu machen, ¾ dieser Gel<strong>der</strong> ohne<br />

einigen Anstand einzufor<strong>der</strong>n,<br />

nöthigen falls durch Execution<br />

(Bestrafung) und auspfandung<br />

(Pfändung), wozu sie hiemit ausdrücklich<br />

authoriesiret werden,<br />

beizutreiben und spätestens am<br />

27ten d. M. (Januar) bey mir, dem<br />

Amtsverwalter, abzuliefern, unter<br />

<strong>der</strong> Verwarnung, daß nach vergeblichen<br />

ablaufe dieser Frist, die Gel<strong>der</strong><br />

von ihnen selbst durch Execution<br />

beigetrieben werden sollen.<br />

Hagen, den 13ten Jan 1806<br />

Kürfürstliches Amt<br />

Wiese<br />

Reinbold“<br />

Das ist leicht gesagt, aber<br />

schwer zu verwirklichen. Schon<br />

am 4. März 1806 mahnt <strong>der</strong><br />

Amtmann Wiese die Gel<strong>der</strong><br />

an.<br />

„Der Bauermeister Kleene, welcher<br />

mehrmahls an die Berichtigung<br />

dieser Gel<strong>der</strong> erinnert<br />

worden, hat vor ein paar Wochen<br />

versichert, erst etwa 4 Pistolen<br />

(das sind ca. 20 Rthlr) darauf<br />

gehoben zu haben. Heute ist<br />

<strong>der</strong>selbe vorgefor<strong>der</strong>t, und ihm<br />

mündlich aufgegeben, die bereits<br />

gehobenen Gel<strong>der</strong> zur heutigen<br />

Einsendung abzuliefern, welches<br />

er auch zu thun versprach. Nach<br />

Verlauf einer Stunde erschien <strong>der</strong>selbe<br />

aber an<strong>der</strong>weit und erklärte,<br />

daß er nichts abliefern wolle,<br />

weil mehrere Eingesessenen, mit<br />

denen er darüber gesprochen,<br />

ihm solches untersaget hätten.<br />

Dem Amtsvoigt Baesmann wird<br />

daher hiemit aufgetragen, den<br />

Bauermeister Kleene, welchem<br />

eine Abschrift dieses zuzustellen<br />

ist, auf ¾ von 72 Rationen zur<br />

10ten Quote, mithin auf<br />

29 rthlr 54 grt 1 ß Cassen Geld<br />

sofort nach Empfang dieses<br />

gegen eine tägliche Executions<br />

Gebühr von 30 grt (Grote) zu exequiren<br />

1 .<br />

Hagen d 4ten Mart. 1806<br />

Königl. Churfl. Amt“<br />

Der Bauermeister Kleenen ist<br />

nicht zu beneiden. Doch es<br />

kommt noch schlimmer für die<br />

Eingesessenen. Inzwischen haben<br />

für kurze Zeit preußische<br />

Truppen unser Gebiet erobert,<br />

und es ergeht am 28. April 1806<br />

folgende Verordnung:<br />

„Nach dem Rescript <strong>der</strong> hochlöblichen<br />

bremen- und verdischen<br />

Regierung vom 2ten d.M. ist nun<br />

befohlen worden, daß die samtlichen<br />

Rückstände, durch Königl.<br />

Preußische militärische execution<br />

beygetrieben werden sollen.“<br />

Das bedeutete, zu den zu zahlenden<br />

Gel<strong>der</strong>n auch noch Einquartierung<br />

und Verpflegung<br />

<strong>der</strong> preußischen Offiziere und<br />

ihrer Pferde bestreiten zu müssen.<br />

Doch<br />

„Welcher für diesen ankommenden<br />

Sonnabendt diese gel<strong>der</strong><br />

bezahlt, als grundt Steuer, Kopf<br />

Steuer, hof Steuer und Rationsgeldt<br />

samt Pferdegeldt bleibt von<br />

execution frey.“<br />

Vollends schwierig wurde es<br />

für das Amt Hagen, als 1810<br />

1) exequieren = beizubringen<br />

Dieses Gebäude stand ungefähr dort, wo heute die Martin-Luther-Kirche steht.<br />

das Königreich Westphalen<br />

ausgerufen wurde, und wir<br />

dem Bru<strong>der</strong> Napoleons, Jerome,<br />

genannt „König Lustig“,<br />

huldigen mussten. <strong>Unter</strong> ihm<br />

wurde Christoph Schrö<strong>der</strong> mit<br />

einer Urkunde in französischer<br />

Sprache am 11. November 1810<br />

zum „Maire“ in Hagen ernannt.<br />

(Siehe auch den Artikel „Franzosenzeit“<br />

in <strong>der</strong> <strong>Staleke</strong> Nr. 166).<br />

Das Königreich Westfalen existierte<br />

nur kurze Zeit (1810-1813).<br />

Danach war Napleon durch seine<br />

Nie<strong>der</strong>lagen in Moskau und<br />

Waterloo besiegt. Christoph<br />

Schrö<strong>der</strong> überstand die französische<br />

Zeit – nun wie<strong>der</strong> als<br />

Amtsvogt – und diente in Hagen<br />

noch bis 1852.<br />

Auch Amtmann Johann Friedrich<br />

Wiese überstand die Franzosenzeit<br />

und wirkte noch<br />

bis 1824, als seine Amtszeit in<br />

Hagen ein unrühmliches Ende<br />

nahm. Darüber wird noch zu<br />

berichten sein.<br />

Sein Geburtsort ist London,<br />

denn sein Vater war Kanzlist<br />

bei <strong>der</strong> Deutschen Kanzlei in<br />

London in Zeiten <strong>der</strong> Personalunion<br />

zwischen England und<br />

Hannover. J. F. Wiese war verheiratet,<br />

hatte vier Töchter und<br />

zwei Söhne. Die Familie wohnte<br />

im Alten Amtshaus, was dem<br />

Ersten Beamten zustand.<br />

1814 erhielt er als Verstärkung<br />

den Amtsassessor Eduard August<br />

Reinbold. Dieser war ein<br />

Halbbru<strong>der</strong> des oben genannten<br />

Theodor Chr. W. Reinbold,<br />

und wurde 1829 auch Amtmann<br />

in Hagen. Die zahlreiche<br />

Familie des Zweiten Beamten<br />

wohnte in <strong>der</strong> Burg. Acht Töchter<br />

wurden zwischen 1814 und<br />

1827 in Hagen geboren.<br />

Königreich Hannover<br />

Wie<strong>der</strong> einmal haben sich die<br />

Zeiten geän<strong>der</strong>t. Nach dem napoleonischen<br />

Desaster wurde<br />

auf dem Wiener Kongress 1814<br />

aus dem ehemaligen Kurfürstentum<br />

Braunschweig-Lüneburg<br />

das Königreich Hannover.<br />

Die Personalunion mit England<br />

bestand noch bis zum Tod König<br />

Wilhelms IV. 1837.<br />

In dem neuen Königreich gab<br />

es für die Doppelspitze aus Erstem<br />

und Zweitem Beamten in<br />

Hagen vielfältige Amtsgeschäfte<br />

zu erledigen.<br />

Gerichtsbarkeit und Verwaltung<br />

waren noch in einer Hand<br />

und zahlreiche Schriftstücke<br />

aus jener Zeit sind von beiden<br />

Herren gemeinsam unterschrieben.<br />

Ihr Arbeitsplatz war die kleine<br />

Amtsstube, die ein unbekannter<br />

Zeichner einmal festgehalten<br />

hat. Wer und wann das war,<br />

lässt sich nicht mehr feststellen.<br />

Ein Inventarium<br />

schil<strong>der</strong>t die Ausstattung im<br />

Innern. Das Haus hatte vier<br />

UNTER DER STALEKE SOMMER <strong>2021</strong> | 27

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