ZÄHRINGEN SPEZIAL (Juli 2021)
„Veränderungen zulassen“: Der Architekt Bernd Götzinger erzählt im Interview, wie sich die Haltung bezüglich Nachverdichtungen in Städten und Gemeinden den neueren Erfordernissen angepasst hat. Auch in den Köpfen der Menschen habe ein Umdenken stattgefunden.
„Veränderungen zulassen“: Der Architekt Bernd Götzinger erzählt im Interview, wie sich die Haltung bezüglich Nachverdichtungen in Städten und Gemeinden den neueren Erfordernissen angepasst hat. Auch in den Köpfen der Menschen habe ein Umdenken stattgefunden.
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Bild: Christopher Kunz
ausgerichtet. Das führt dann zum Beispiel dazu,
dass man heute darauf achten muss, die Abwasserkanäle
bei Wetterereignissen wie Starkregen
nicht zu überlasten. Deshalb sind zum Beispiel
bei dem Neubau in Gundelfingen lauter Flachdächer
mit Begrünung entstanden. Man kann
sagen, die komplette überbaute Fläche ist mit
Gründächern ausgestattet worden. Das bringt
zum einen klimatisch Vorteile, da es unter diesen
Dächern automatisch nicht so heiß ist. Und
zweitens hat man bei der Regenwasserentsorgung
einen Vorteil. Das heißt, wenn es regnet,
läuft das Wasser nicht wie bei einem Ziegeldach
direkt und ungebremst in den Kanal. Sondern
durch die Begrünung entsteht Verzögerung, und
das führt dazu, dass die Kanäle dann auch bei
starken Wetterereignissen nicht sofort überlastet
werden.
Es heißt ja generell, dass man in den Städten
durch Begrünung der Gebäude viel gegen die
steigende Hitze ausrichten könnte. Wie sehen
Sie das?
Bernd Götzinger: Es ist einfach eine Fläche,
die abkühlt, durch die Feuchtigkeit, die darin
gespeichert ist. Klimatisch ist das wertvoll und
ein begrüntes Flachdach heizt sich nicht so auf
wie das klassische Ziegeldach, dass gerne mal 60
Grad heiß wird, wenn die Sonne drauf scheint.
Wie sieht denn die Situation aufgrund der
Preissteigerungen von Immobilien und Grundstücken
aus? Beschränkt das nicht die Möglichkeiten,
weiter zu bauen?
Bernd Götzinger: Ja, wir sind wie alle auf der
Suche nach geeigneten Grundstücken, damit wir
genug Möglichkeiten haben, das Geschäftsfeld
etwas auszudehnen.
Wie läuft so etwas? Wie kommt man denn an
Grundstücke?
Bernd Götzinger: Da gibt es den klassischen Weg
über die Makler. Aber man nutzt natürlich alle
Kanäle, von Vertriebsbüros, über Bekannte und
manchmal auch über reine Zufälle.
Gibt es denn überhaupt noch Grundstücke, wo
doch alles bereits bebaut scheint?
Bernd Götzinger: Das sind tatsächlich oft die
Abrissgrundstücke, die es noch gibt. Also das
sind solche mit einer Immobilie darauf, die
abgerissen werden soll. Es ist ein Trend, dass
die Grundstücke so teuer geworden sind, dass
daher auch die Bereitschaft wächst, ein Gebäude
abzureißen, das das Grundstück schlecht nutzt,
das aber eigentlich noch gut dasteht. Bei einer
besseren Ausnutzung der zur Verfügung stehenden
Fläche ist es oft wirtschaftlicher, dafür ein
bestehendes Gebäude abzureißen.
Während man früher gesagt hätte, dass der Wert
eines noch intakten Gebäudes höher sei als der
des Grundstückes, auf dem es steht?
Bernd Götzinger: Das stimmt. Als die Grundstückspreise
noch viel niedriger waren, hätte
man gesagt: Ich kann doch nicht den Wert des
Hauses vernichten! Damals hat man aber auch
ein Einfamilienhaus in eine Fläche von tausend
Quadratmetern gesetzt. Das wiederum ist heute
undenkbar. Da die Grundstücke teuer geworden
sind, muss man deren Fläche auch optimal
ausnutzen, um noch wirtschaftlich zu arbeiten.
Wie sieht es denn allgemein mit Verteuerung aus,
beispielsweise auch bei Materialien wie Holz?
Bernd Götzinger: Da müssen wir tatsächlich jetzt
schon Preisverschiebungen mitgehen, um den
Handwerksbetrieb nicht zu vergraulen – weil wir
ja miteinander schaffen! Zum Beispiel wenn sich
der Preis für das Holz seit Auftragsvergabe mehr
als verdoppelt hat.
Beeinträchtigt das dann nicht auch insgesamt
die Planungssicherheit?
Bernd Götzinger: Man muss völlig umdenken.
Es sind einerseits die Preise, die derzeit enorm
steigen, aber andererseits ist es vor allem so,
dass eine Rohstoffknappheit herrscht. Das heißt
aber auch, dass man viel früher bestellen muss.
Du musst heute für einen Bau ordern, der erst in
einigen Monaten beginnt.
Woher kommt die Rohstoffknappheit, wie etwa
beim Holz?
Bernd Götzinger: Die Holzknappheit, so vernimmt
man, hat damit zu tun, dass China und
die USA gerade einen solchen Boom erleben,
dass sie die Märkte leer kaufen. Offenbar kann
dort der Holzbedarf nicht mehr gedeckt werden,
selbst nicht aus Kanada. Und das führt dann
dazu, dass hier die Sägewerke direkt aus dem
Ausland Anfragen bekommen und diese auch
gerne annehmen, weil sie einen sehr guten Preis
geboten bekommen.
ZASMAGAZIN
Interview
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