LERNEN MIT ZUKUNFT JUNI 2021
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LEBENSRAUM: MENSCH<br />
IMPULSMAGAZIN FÜR ERWACHSENE<br />
Juni <strong>2021</strong><br />
GENERATION CORONA<br />
Sechs Ideen für junge Menschen<br />
DANKE, ES GEHT UNS NICHT GUT<br />
Ehrliche Antwort erwünscht<br />
LOCKDOWN-PFUNDE<br />
Zurück zum Bauchgefühl<br />
r
inhalt & impressum<br />
inhalt<br />
bildung<br />
Werte und Wertevorstellungen<br />
Geht denn das?<br />
Ferien nach einem Jahr Corona<br />
entwicklung<br />
Wie Bücher die Welt verändern können<br />
Meine Ziege lebt in Burundi<br />
Lebensbegleiter*in | Videos<br />
Kindheitsträume vom werden wollen<br />
gesellschaft<br />
Nordamerika Regionalfinale West<br />
Vorsicht: E-Mails können bissig sein!<br />
Sehnsucht nach "normalem Leben"?!<br />
Warum das geschriebene Wort zählt<br />
Wie können wir neue Freunde finden<br />
Danke, es geht uns nicht gut<br />
Sichere Orte für Kinder und<br />
Jugendliche<br />
Falsch Gedacht!<br />
"Gamechanger Corona"<br />
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42<br />
impressum<br />
Medieninhaber, Herausgeber & Verleger <strong>LERNEN</strong><br />
<strong>MIT</strong> <strong>ZUKUNFT</strong>, 1220 Wien, Mühlwasserpromenade<br />
23/ Haus 13, e-mail: office@LmZukunft.at<br />
Herausgeber/Grafik: Karl H. Schrittwieser<br />
Redaktion (Bild/Text): Birgit Menke, Tina Cakara<br />
Titelseite - Foto: © 7089463 | pixabay.com<br />
Blattlinie:<br />
Mit unserer Themenvielfalt laden wir Erwachsene<br />
ein, sich für die Entwicklung unserer Lebenswelt<br />
und für künftige Generationen einzusetzen.<br />
Dazu geben wir Informationen, Gedankenimpulse<br />
und Anregungen.<br />
Die AutorInnen übernehmen selbst die<br />
Verantwortung für den Inhalt ihrer Artikel.<br />
Auflage: 4 mal im Jahr<br />
unterstützung durch<br />
umwelt<br />
Rote Nasen, laut und schrill<br />
gedanken<br />
Neuerscheinungen | Podcasts<br />
Wie geht das?<br />
vielfalt<br />
Kampf Rhetorik<br />
Buchtipp<br />
Sommer 1988<br />
38<br />
22<br />
34<br />
24<br />
27<br />
44<br />
www.improve.or.at<br />
www.2dudes.online<br />
2 | <strong>JUNI</strong> <strong>2021</strong>
editorial & information<br />
Nicht selbstverständlich:<br />
Wunder Natur<br />
VIELE MENSCHEN HABEN SIE WIEDER ENTDECKT<br />
Winterschlaf - Frühling - sattes Grün, es duftet und<br />
summt in den blühenden Obstbäumen, die Vögel geben<br />
schon um vier Uhr in der Früh ihr erstes Konzert<br />
und wir können uns nicht satt sehen an Klatschmohnfeldern<br />
und Kornblumen. Es ist magisch.<br />
Da kam mir der Gedanke, einen Vergleich zwischen Winterruhe<br />
und Pandemie ziehen. Auch in der Pandemie wurde alles<br />
zurückgefahren, aber so langsam erwacht die Stadt und blüht<br />
wieder auf. Noch ist es ungewohnt, die Wiener Kaffeehauskultur<br />
zu genießen oder wieder ein Museum zu besuchen. Haben wir uns je<br />
vorstellen können, dass sich so viele junge Menschen freuen, wieder die Schule<br />
besuchen zu dürfen? Dass sich so viele Menschen auf ihre Kollegen*innen freuen<br />
und auf einen persönlichen Austausch?<br />
Der Mensch ist ein Gewohnheitstier und im Gegensatz zur Natur, die bedingungslos<br />
ihrer Bestimmung folgt, besteht in der Wiedererwachens-Phase<br />
die Gefahr, mit viel Einsatz persönliche Gewohnheiten zu verteidigen, im<br />
schlimmsten Fall Aggressionen gegenüber Andersdenkende zu entwickeln,<br />
ganze Gruppen zu verunglimpfen, statt sich auf das Wohl der Gemeinschaft zu<br />
besinnen. Es ist nun mal so, dass in einer Gemeinschaft die Bürger als auch die<br />
Verwaltung (Politik) Rechte und Pflichten im Sinne des gemeinsamen friedvollen<br />
Zusammenlebens haben. Eine Ordnung, die für den Fortbestand des Lebewesens<br />
„Mensch“ unbedingt erforderlich ist. Hier liegt viel Verantwortung auch in<br />
unserer Hand. Unseren Mitmenschen und Institutionen mit Toleranz, Akzeptanz,<br />
Respekt oder auch mit wertschätzender Kritik zu begegnen, kann nicht verordnet<br />
werden, sondern sollte im zwischenmenschlichen Umgang normal sein.<br />
Da das die Politik derzeit nicht schafft, vielleicht wir Bürger als Solidargemeinschaft?<br />
Ich wünsche Ihnen alles Gute,<br />
Ihr<br />
Karl H. Schrittwieser<br />
Obmann und Herausgeber<br />
<strong>LERNEN</strong> <strong>MIT</strong> <strong>ZUKUNFT</strong><br />
Foto © kie-ker | pixabay.com<br />
3 | <strong>JUNI</strong> <strong>2021</strong>
information & bildung<br />
Ein zentraler Teil von Bildung:<br />
Werte und Wertvorstellungen<br />
„WERTE ENTSTEHEN IN DER BEGEGNUNG <strong>MIT</strong> MENSCHEN“<br />
Elisabeth Rechberger<br />
Unternehmensberaterin<br />
für pädag. Bildungseinrichtungen<br />
Business- und Personalcoach<br />
Elternbildnerin<br />
Elementarpädagogin<br />
www.zusammenwachsen.or.at<br />
Wie auch in vielen anderen<br />
Bereichen des Lebens geht es<br />
bei den Werten um Bedürfnisse.<br />
Jeder Mensch hat auch individuelle<br />
Bedürfnisse. Um die Individualität und<br />
die Bedürfnisse des einzelnen Menschen zu<br />
wahren und ein gutes Miteinander in der<br />
Gesellschaft zu leben, braucht es Regeln,<br />
Normen und Werte.<br />
Normen legen fest, wie wir uns in unterschiedlichen<br />
Situationen zu verhalten haben<br />
und Regeln sind die Vereinbarungen für eine<br />
bestimmt Gruppe.<br />
Werte sind Dinge, Ideen oder Vorstellungen,<br />
die Menschen oder Gruppen von Menschen<br />
für bedeutend und erstrebenswert halten. Es<br />
gibt keine allgemein geltenden Werte, die<br />
immer und überall gelten, da der Zeitwandel<br />
die gesellschaftlichen Prioritäten stetig<br />
ändert. Es gibt jedoch bestimmte Wertvorstellungen,<br />
die für ein soziales Zusammenleben<br />
in einer Gesellschaft unverzichtbar sind.<br />
Gängige gesellschaftliche Werte sind beispielsweise<br />
Achtung der Menschenwürde,<br />
Freundschaft, Gleichheit, Verantwortung,<br />
Ehrlichkeit, Zuverlässigkeit, Gerechtigkeit,<br />
Liebe, Herzlichkeit, und viele andere.<br />
Werte sind eine Voraussetzung für ein gutes<br />
Miteinander in der Gemeinschaft. Sie helfen,<br />
sich in der Welt zurechtzufinden, sich wohlzufühlen<br />
und zu wissen wohin die Reise<br />
geht. Wertebilder werden unter anderem<br />
durch Rituale, Traditionen und Gewohnheiten<br />
weitergegeben.<br />
Um Werte zu bilden, gibt es zwei Möglichkeiten.<br />
Auf der einen Seite implizite Wertebildung<br />
durch Vorleben, Vorbild zu sein<br />
und auf der anderen Seite, explizite<br />
Wertebildung, was bedeutet, über<br />
Werte zu sprechen.<br />
Implizierte Wertebildung passiert<br />
zumeist „nebenbei“. Persönliche<br />
Beziehungen und Bindungen sind für<br />
diese Entwicklung von Werten sehr<br />
entscheidend. Durch Vorleben entwickelt<br />
sich ein Wertebild, welches schon<br />
sehr früh durch das soziale Umfeld<br />
geprägt wird. Das geschieht zumeist<br />
durch die Familie, insbesondere durch<br />
Erziehung.<br />
Bei der expliziten Wertebildung geht<br />
es darum, über Werte ins Gespräch<br />
zu kommen, sich dessen bewusst zu<br />
sein, welche Werte es gibt und was<br />
dahintersteht. Es wird dadurch ein bewussterer<br />
Zugang zu wertorientiertem<br />
Handeln möglich. Zum Beispiel geht<br />
es darum, dass Regeln und Normen<br />
besser verstanden und eingehalten<br />
werden können, wenn man weiß welcher<br />
Wert dahintersteht.<br />
Die inneren Wertehaltungen eines<br />
Menschen zeigen sich im Verhalten<br />
und Handeln. Werte werden dabei vorgelebt<br />
und von anderen übernommen,<br />
ohne sich dessen bewusst zu sein. Sie<br />
zeigen sich in Regeln und Normen.<br />
Werte sind veränderbar und nicht in<br />
Stein gemeißelt. Die entwickelten<br />
Werte können sich durch, die Gesellschaft,<br />
den Freundeskreis, Erlebnisse,<br />
persönliche Erfahrungen und Weiterentwicklung<br />
ändern und neue können<br />
hinzukommen.<br />
4 | <strong>JUNI</strong> <strong>2021</strong>
Werte sind eine wertvolle Orientierungshilfe, um Entscheidungen im täglichen Alltag und im Leben zu treffen. Je<br />
klarer und bewusster man sich der eigenen Werte ist, umso besser kann es gelingen seine eigenen Ziele zu definieren<br />
und Entscheidungen zu treffen. Sie sind eine wichtige Stütze für die Gestaltung des eigenen Lebens und geben<br />
uns Halt und Stabilität. Daher ist es wichtig sich auch immer wieder mit den eigenen Werten und Wertvorstellungen<br />
auseinanderzusetzen.<br />
• Was ist mir im Leben wichtig?<br />
• Welche Werte sind mir wichtig?<br />
• Welche Werte lebe ich?<br />
• Welche Regeln und Normen gibt es in meinem Leben?<br />
Foto: © Gerd Altmann | pixabay.com<br />
5 | <strong>JUNI</strong> <strong>2021</strong>
information & bildung<br />
Lernen und Spaß:<br />
Geht denn das?<br />
DAS SCHULJAHR 2020/21 HAT SCHÜLER, ELTERN UND LEHRER<br />
GLEICHERMASSEN HERAUSGEFORDERT<br />
DI Roswitha Wurm<br />
Dipl. Lerndidaktikerin<br />
Lese- und Rechtschreibtrainerin,<br />
Kinderbuchautorin<br />
Interaktive Lesungen<br />
an Schulen buchbar unter:<br />
www.lesenmitkindern.at<br />
Eine freudvolle Erfahrung war<br />
Lernen für alle Beteiligten<br />
leider nicht immer. Dabei<br />
belegen Forschungsergebnisse:<br />
Lernen ist etwas Positives.<br />
Gehirnforscher machen den Neurotransmitter<br />
Dopamin<br />
für die Lernmotivation<br />
verantwortlich! Dieser<br />
als „Glückshormon“<br />
bekannte Botenstoff<br />
führt bei Freisetzung in<br />
bestimmten Gehirnregionen<br />
zu einer besseren<br />
Klarheit des Denkens und<br />
erzeugt ein Gefühl der<br />
Begeisterung und Freude. Dopamin<br />
wird auch ausgeschüttet, wenn der<br />
Mensch etwas Neues erfährt. Dies<br />
beweist, dass Lernen im Grunde eine<br />
freudvolle Erfahrung ist.<br />
Zu lernen, wie<br />
man wieder verlernt,<br />
ist schwerer zu lernen,<br />
als zu lernen,<br />
wie man lernt.<br />
(Friedrich Löchner)<br />
LEARNING BY DOING<br />
Welche Strategien verhelfen zu<br />
einem freudvollen Lernen? Grundsätzlich<br />
gilt: das bloße Abspeichern<br />
von Wissensinhalten langweilt<br />
Kinder und Erwachsene gleichermaßen.<br />
Weiß ein Schüler<br />
allerdings warum er etwas<br />
Bestimmtes lernt, etwa<br />
eine Fremdsprache oder für<br />
ein naturwissenschaftliches<br />
Schulfach, dann erhält das<br />
Wissen Sinn. Sprachen sind<br />
dazu da, um mit Menschen<br />
aus anderen Nationen<br />
Kontakt aufzunehmen.<br />
Brieffreundschaften, die von verschiedenen<br />
Organisationen vermittelt<br />
werden, wecken die Neugierde<br />
und Lernfreude. Filme und Serien in<br />
einer anderen Sprache erweitern den<br />
Foto: © OpenClipart | pixabay.com<br />
6 | <strong>JUNI</strong> <strong>2021</strong>
Wortschatz, stures Vokabel Auswendiglernen raubt hingegen der Fremdsprache<br />
die Attraktivität.<br />
Ebenso frischen kleine Experimente, die oft auch im Haushalt durchgeführt<br />
werden können, den Sachkundeunterricht auf. Glücklicherweise<br />
bedienen sich viele Lehrer bereits der „Learning by doing Methode“ in<br />
offenen Lerneinheiten, in denen die Kinder selbst Informationen zu einem<br />
bestimmten Thema einholen und mit verschiedenen praktischen Methoden<br />
ausprobieren. Interaktive Museen gibt es an vielen Orten, diese machen<br />
Lernen zu einem Kinderspiel.<br />
Eine weitere Voraussetzung für freudvolles Lernen ist das Anwenden von<br />
Lernmethoden, die dem bevorzugten Lerntypen des Kindes entsprechen:<br />
durch Hören, durch Sehen, durch (Be)greifen – oder besser noch: durch<br />
eine Kombination von allen dreien.<br />
GEMEINSAM <strong>LERNEN</strong><br />
Stundenlanges Brüten über dem Lernstoff ist eine unliebsame Vorstellung<br />
für viele Schüler. Leichter geht es in Gemeinschaft! Viele Kinder suchen<br />
sich in Eigeninitiative Schulkollegen zum gemeinsamen Üben der Mathematikbeispiele<br />
vor Schularbeiten und Tests oder dem Ausarbeiten von<br />
Referaten und Co. Andere brauchen ein wenig Ermutigung und Hilfe, um<br />
geeignete Lernpartner zu finden.<br />
Neben ausgewogener Ernährung und ausreichend Schlaf während der<br />
Schulzeit, hebt auch ein heller, freundlicher Arbeitsplatz die Lernfreude.<br />
Dies muss nicht unbedingt ein eigener Schreibtisch sein. Viele Kinder<br />
lernen gerne im Wohnzimmer. Am besten eignet sich ein Ort, an dem<br />
sich das Kind wohl fühlt und nicht zu stark<br />
abgelenkt ist. Das kann ebenso gut die Hängematte<br />
auf der Veranda oder die Sofaecke<br />
sein.<br />
KONZENTRATION GEZIELT FÖRDERN<br />
Mama, ich kann mich nicht konzentrieren.<br />
Diesen Satz hören Eltern sehr oft. Kindern<br />
und auch Erwachsenen fällt es zunehmend<br />
schwerer ihre Gedanken aufmerksam auf<br />
eine Tätigkeit zu richten und auch längere<br />
Zeit dabei zu verweilen. Die Ursachen sind<br />
vielfältig, etwa übermäßiger Medienkonsum,<br />
mangelnde Frühförderung oder aber auch<br />
angeborene Teilleistungsschwächen.<br />
Konzentration und aufmerksames Arbeiten<br />
kann man mit einfachen und abwechslungsreichen<br />
Übungen trainieren. Bessere<br />
Konzentration fördert die Merkfähigkeit.<br />
Der Lernstoff prägt sich besser und schneller<br />
ein. Dadurch verkürzt sich nach einiger Zeit<br />
sogar die Lernzeit! So macht das Lernen<br />
mehr Spaß!<br />
Auch wenn jetzt dann die wohlverdienten<br />
Ferien beginnen, freudvolles Lernen passiert<br />
an jedem Ort und zu jeder Zeit. Und im<br />
September geht es dann hoffentlich wieder<br />
ungetrübt in der Schule mit dem Lernen los!<br />
Foto: © Gerd Altmann | pixabay.com
information & gesellschaft<br />
Jugend debattiert:<br />
Nordamerika Regionalfinale West<br />
ENDE MAI FAND DIE VERANSTALTUNG ONLINE STATT<br />
Ursula Schoeneich<br />
Direktorin der German<br />
School Campus in Newport<br />
Beach, CA USA<br />
www.germanschoolcampus.<br />
com<br />
WIR GRATULIEREN<br />
Sinead Roche hat den 1.<br />
Platz in der Sprach- und<br />
Herkunftsgruppe A.<br />
gewonnen.<br />
Eigentlich sollte der „Jugend debattiert<br />
Wettbewerb“ schon in 2020<br />
stattfinden, doch die Pandemie<br />
hatte alles zum Erliegen gebracht.<br />
Die Schulen in Kalifornien können nur<br />
online unterrichten. Umso mehr wurde<br />
es zu einer großen Herausforderung, den<br />
Wettbewerb zu starten.<br />
In eigens dafür konzipierten Fortbildungen<br />
wurden Lehrerinnern und Lehrer<br />
nach Mountview in Nordkalifornien<br />
zu Projektlehrkräften ausgebildet. Sie<br />
lernten, das Debattieren im Unterricht<br />
einzuführen und methodisch vielfältig<br />
einsetzen zu können. Ende Februar <strong>2021</strong><br />
wurde auch mit einer 10-wöchigen AG<br />
von Sprachschülern begonnen.<br />
Gerade für Schulen mit Deutschbezug<br />
und einem Deutschprogramm in den<br />
USA ist das Debattieren eine super<br />
Methode, um die Sprache zu vermitteln.<br />
Jugend debattiert macht es sich stets zur<br />
Aufgabe, durch die Debatte die Demokratie<br />
zu stärken. Das ist etwas, was<br />
wir in den USA auch umsetzen können.<br />
Nordamerika Regionalfinale West, ging<br />
mit 37 Schüler und Schülerinnen an<br />
den Start und Ost mit 28 Schüler und<br />
Schülerinnen.<br />
Shayan Youssef, Schülerin der 9. Klasse,<br />
hat am ersten „Jugend debattiert Wettbewerb<br />
West“ mit jeweils drei anderen<br />
Schülern/Innen an Diskussionen und<br />
Debatten in Runde 1 zu Themen: "Soll<br />
der Verkauf zuckerhaltiger Getränke und<br />
von Schokoriegeln in der Schule grund-<br />
sätzlich verboten werden?" und<br />
Runde 2 "Sollen Plastiktüten verboten<br />
werden?" teilgenommen. Die<br />
Diskussionsrunden dauerten jeweils<br />
25 Minuten. Shayan hat einen tollen<br />
8. Platz gemacht und wir gratulieren<br />
herzlich.<br />
Ehemalige Finalisten, die auch schon<br />
am Bundesfinale in Berlin teilgenommen<br />
hatten, waren aus Deutschland<br />
zugeschaltet.<br />
Sie haben über ihre Erfahrungen berichtet,<br />
wie die Harmonie im Ablauf,<br />
Glücksmomente nach den Debatten,<br />
der Applaus der Zuschauer, die Anerkennung<br />
als schönes Erlebnis und vor<br />
allem dabei zu bleiben auch wenn es<br />
mal nicht so gut laufen sollte.<br />
Die SchülerInnen haben über zehn<br />
Wochen das Debattieren gelernt und<br />
geübt. Sie probieren selbst aus, wie<br />
eine Debatte auf einfachster Stufe<br />
abläuft.<br />
POSITION BEZIEHEN<br />
Sie lernen, aus einer Streitfrage einen<br />
konkreten Vorschlag zu entwickeln,<br />
ihn zu begründen und zu bewerten.<br />
AUFEINANDER EINGEHEN<br />
Sie lernen, die freie Aussprache einer<br />
Debatte so zu führen, dass jeder<br />
Beitrag den Gedanken eines Vorredners<br />
aufgreift. Sie lernen, Gemeinsamkeiten<br />
und Unterschiede zwischen<br />
den Positionen zu erkennen und<br />
widerstreitende Werte und Interessen<br />
abzuwägen.<br />
Fotos © germanschoolcampus<br />
8 | <strong>JUNI</strong> <strong>2021</strong>
SCHLÜSSE ZIEHEN<br />
Sie lernen, die Debatte in der<br />
Schlussrunde zusammenzufassen<br />
und den für sie wichtigsten<br />
Grund entschieden zu vertreten.<br />
VORAUSSETZUNGEN<br />
KLÄREN<br />
Sie lernen, sich auf Debatten<br />
vorzubereiten, indem sie<br />
herausfinden und darstellen,<br />
was der Streitfrage zugrunde<br />
liegt und worauf sich Positionen<br />
stützen können.<br />
DEBATTIEREN TRAINIEREN<br />
Sie lernen, eine vollständige<br />
Debatte nach Regeln von Jugend<br />
debattiert zu führen und<br />
auszuwerten.<br />
Bei den Debatten kommt es<br />
darauf an, dass jeder schon<br />
in den Schulen lernt, wie und<br />
wozu man debattiert und das<br />
auch regelmäßig übt.<br />
Es war eine tolle Erfahrung<br />
für die Schule und alle Schülerinnen<br />
und Schüler. Ganz<br />
sicher sind sie auch im kommenden<br />
Schuljahr wieder<br />
dabei und können auch ihre<br />
Mitschüler begeistern, am<br />
Wettbewerb teilzunehmen.<br />
Frau Maiss-Minkler (ZfA)<br />
und Ingo Matthias (ZfA)<br />
moderierten das Programm.<br />
Matthias (ZfA) hat<br />
Jugend debattiert in die<br />
USA geholt.<br />
9 | <strong>JUNI</strong> <strong>2021</strong>
information & gesellschaft<br />
Der Kommunikator - Teil 5:<br />
Vorsicht: E-Mails können bissig sein!<br />
DIE KOLUMNE FÜR ALLE, DIE ETWAS ZU SAGEN HABEN<br />
Mag. Markus Neumeyer<br />
Kreativ- und Kommunikationsagentur<br />
Two Dudes<br />
www.2dudes.online<br />
10 | <strong>JUNI</strong> <strong>2021</strong><br />
Fast alle von uns verschicken<br />
E-Mails. Das ist sowohl im Berufs-<br />
als auch im Privatleben nicht<br />
mehr wegzudenken und gehört<br />
quasi zum guten Ton. Aber Obacht: Die<br />
unverfänglichen elektronischen Nachrichten<br />
können ganz schnell für dicke<br />
Luft sorgen.<br />
Es ist nicht zu leugnen. E-Mails haben<br />
sehr viele Vorteile. Zuallererst helfen Sie<br />
uns dabei Nachrichten in Windeseile,<br />
eigentlich sogar schneller als der Wind,<br />
zu übermitteln. Sie sind auch in der<br />
Geschäftswelt absolut angesehen und<br />
können inzwischen sowohl vom Computer<br />
als auch von Mobilgeräten problemlos<br />
verschickt werden. Nahezu jeder, der<br />
einen Emailaccount hat, kann Mails fast<br />
überall versenden und empfangen. Auch<br />
der finanzielle Aufwand für den Versand<br />
von E-Mails ist mehr als überschaubar,<br />
denn man braucht in erster Linie nur ein<br />
Empfangsgerät und Internetempfang.<br />
Die meisten Emailaccounts sind kostenlos<br />
oder werden vom Arbeitgeber zur<br />
Verfügung gestellt.<br />
ALLESKÖNNER-E-MAIL<br />
In Sachen Umweltschutz ist die elektronische<br />
Post ebenfalls von Vorteil: Sie<br />
müssen nicht transportiert werden und<br />
verbrauchen im Normalfall kein Papier<br />
(lediglich der Stromverbrauch der Server<br />
könnte zum Problem werden). E-Mails<br />
ersparen uns eine Menge Zeit, da man<br />
meist keine langen Adressen schreiben<br />
muss und Nachrichten gleich an mehrere<br />
Empfänger schicken kann. Sie lassen sich<br />
planen, automatisch weiterleiten und<br />
sehr gut archivieren. Man kann mit ihnen<br />
Bilder, Filme, Bücher, Fotos digitaler<br />
Art übermitteln, Glückwünsche versenden<br />
und sieht bei Bedarf gleich, ob sie<br />
gelesen wurden oder nicht. Nicht zuletzt,<br />
können E-Mails mit digitaler Signatur im<br />
Rechtsverkehr eingesetzt werden. Alles<br />
total praktisch, oder?<br />
VOM LANDEN IM FALSCHEN HALS<br />
Wenn der Herbert der Ilse seine nie<br />
enden wollende Liebe in einer E-Mail<br />
gesteht, dann ist das eine sehr persönliche<br />
Nachricht. Könnte sein, die Ilse<br />
freut sich. Wenn Dr. Müller dem Geschäftsführer<br />
Herrn Meiser den aktuellen<br />
Geschäftsbericht schickt, wird es<br />
weniger Platz für Gefühle geben. Könnte<br />
sein, Herr Meiser ärgert sich. Man sieht<br />
hier schon, E-Mails können beides sein:<br />
Höchstprivat und hochoffiziell. Bei der<br />
E-Mail-Kommunikation sollte man aber<br />
auf jeden Fall einiges beachten, denn im<br />
Vergleich zu einem persönlichen Gespräch<br />
von Angesicht zu Angesicht, fehlt<br />
der elektronischen Post der gesamte<br />
Bereich, der durch unsere Mimik, Gestik<br />
und dem Klang unserer Stimmen mitschwingt.<br />
In dieser Hinsicht sind E-Mails<br />
unbedingt mit Vorsicht zu genießen.<br />
Sehr schnell werden sie von den Empfängern<br />
falsch verstanden.<br />
WAS MAN BEACHTEN SOLLTE<br />
Haben Sie in einer E-Mail schon einmal<br />
ganze Sätze in Großbuchstaben<br />
geschrieben und sich dann gewundert,<br />
dass Sie keine oder eine unfreundliche<br />
Antwort bekommen haben? Mich wundert<br />
das nicht im Geringsten, denn<br />
GROSS SCHREIBEN GILT IN DER<br />
ELEKTRONISCHEN KOMMUNI-<br />
KATION ALS SCHREIEN!!!!!
Wenn Sie dann noch die obligatorische<br />
Rufzeichen-Kette verwendet haben,<br />
würde ich Ihnen einen kurzen Anruf<br />
empfehlen, um die Sache aus der Welt<br />
zu räumen. Es gibt aber noch einige<br />
andere Fettnäpfchen, in die man beim<br />
E-Mail-Schreiben treten kann, und das<br />
passiert eigentlich immer unabsichtlich<br />
und solange unbemerkt, bis die Antwort<br />
kommt (oder es eben keine Antwort<br />
gibt). Ich habe Ihnen eine kleine Liste<br />
mit Dos and Don`ts zusammengestellt,<br />
die ich Ihnen sowohl privat als auch<br />
beruflich sehr ans Herz legen möchte:<br />
• Achten Sie auf Flüchtigkeitsfehler.<br />
Schreibt man den Namen falsch oder<br />
„Herr“ statt „Frau“, vermittelt eine<br />
E-Mail schnell den Anschein, der Empfänger<br />
sei dem Absender egal und verdiene<br />
die Mühe nicht, eine Mail nochmal<br />
zu korrigieren.<br />
• Schreiben Sie im Job nicht zu viele<br />
Abkürzungen, vor allem wenn es nicht<br />
ausgemacht ist. „MfG“, „LG“ oder<br />
„fyeo“ sparen oft nur dem Absender Zeit<br />
und wirken nicht seriös. Es gibt sogar<br />
Unternehmen, die ihren Mitarbeitern<br />
nur bestimmte Kürzel in der Kommunikation erlauben und diese in<br />
Handbüchern festschreiben.<br />
• Verfassen Sie klare Betreffzeilen: Den Betreff sieht man bereits,<br />
wenn man in den Posteingang schaut. Dieser ist eine wichtige<br />
Orientierungsmöglichkeit, um bestimmte Nachrichten wieder zu<br />
finden und oft sogar der Grund, weshalb eine Nachricht gelesen<br />
wird oder eben nicht. Bleiben Sie klar, beziehen Sie sich auf den<br />
Inhalt der Nachricht und vermeiden Sie kryptische Botschaften.<br />
• Finden Sie den passenden „Ton“. Sie wollen einen neuen Kunden<br />
an Land ziehen und verwenden hinter jedem Satz ein Emoji?<br />
Kann gut ankommen, muss es aber nicht. Sie waren mit dem<br />
Empfänger schon Bier trinken und schreiben „Sehr geehrter Herr<br />
…“ – ist zwar freundlich, passt aber auch nicht. Überlegen Sie<br />
sich immer, wem Sie schreiben und passen Sie Ihren Stil dementsprechend<br />
an.<br />
• Fassen Sie sich kurz. E-Mails sind prädestiniert für kurze, klare<br />
Ansagen, also vermeiden Sie es „Romane“ zu schreiben, außer sie<br />
wollen einen Bestseller landen.<br />
• Verschlüsseln Sie sensible Mails. Alle gängigen E-Mail-Programme<br />
verfügen über eine Möglichkeit Nachrichten für Außenstehende<br />
unleserlich zu machen. Wenn Sie nicht wissen wie das<br />
geht, fragen Sie Kollegen oder Dr. Google.<br />
• Vergessen Sie Ihre Signatur nicht. Am besten mit Telefonnummer,<br />
damit man in bestimmten Fällen zurückrufen kann. Manche<br />
Sachen klären sich im persönlichen Gespräch schneller.<br />
• Schicken Sie nur an die passenden Absender. Sammel E-Mails<br />
an ganze Gruppen sind einfach nur nervig.<br />
• Machen Sie nie unnötig Stress. Man kann mit E-Mails Dringlichkeit<br />
vermitteln, aber machen Sie das nie, wenn es nicht wirklich<br />
dringend ist, sonst werden Sie beim nächsten echten Problem<br />
ignoriert.<br />
Zu guter Letzt kann ich Ihnen nur empfehlen, immer nur das zu<br />
schreiben, was Sie selber gerne lesen würden. Bleiben Sie höflich,<br />
auch wenn Sie zornig sind. Lesen Sie ihre Mails vor dem Absenden<br />
noch einmal durch und überlegen Sie sich dabei, wie Ihre Nachricht<br />
auf den Empfänger wirken könnte und was zwischen den<br />
Zeilen steht. UND SCHREIBEN SIE UM HIMMELS WILLEN<br />
KLEIN!!!!!!!!!!!!<br />
Fotos © Gerd Altmann | pixabay.com<br />
11 | <strong>JUNI</strong> <strong>2021</strong>
information & entwicklung<br />
Books4Life Wien:<br />
Wie Bücher die Welt verändern können<br />
MEINE EHRENAMTLICHE ARBEIT IN EINEM SOZIALEN BUCHLADEN<br />
Tina Čakara<br />
Studentin<br />
Junge Redaktion<br />
Foto:<br />
Fotostudio primephoto<br />
Als ich vor einem halben Jahr das<br />
erste Mal den Buchladen Books-<br />
4Life Wien betrete, mit dem<br />
Wunsch ehrenamtlich tätig zu<br />
werden, weiß ich noch nicht, was mich<br />
alles erwarten wird. So viele herzliche<br />
Menschen, die begeistert mit anpacken<br />
und mithilfe von Literatur die Welt ein<br />
kleines Stück besser machen. Menschen,<br />
die nicht müde werden, ihre Liebe zu<br />
Büchern zu teilen. Die im Shop stehen<br />
und sich von Kundinnen und Kunden in<br />
anregende Gespräche über das geschriebene<br />
Wort verwickeln lassen. Die<br />
Lesungen organisieren und Bücherabos<br />
verpacken. Die mit Menschen in Kontakt<br />
treten, die Unterstützung brauchen. Eine<br />
Gemeinschaft, zu der ich passe, wie ein<br />
Lesezeichen zwischen zwei Buchseiten.<br />
DAS KONZEPT<br />
Der Ort, an dem ich mich befinde, ist auf<br />
den ersten Blick ein ganz gewöhnlicher<br />
Buchladen und doch so viel mehr. Er<br />
wird von Books4Life Wien betrieben,<br />
einem Verein, der ausschließlich aus<br />
dem Engagement von Freiwilligen getragen<br />
wird. Sie haben sich vier Leitgedanken<br />
verschrieben:<br />
1) BOOKS4LIFE WIEN SCHONT DIE<br />
UMWELT<br />
Alle Bücher, die von Books4Life Wien<br />
verkauft werden, sind gebraucht. Jedes<br />
einzelne der Bücher ist schon einmal von<br />
neugierigen Fingern geöffnet worden<br />
oder in einem Zuhause auf dem Nachtkasten<br />
gelegen. Jetzt sind diese Bücher<br />
als liebevolle Spende bei Books4Life<br />
Wien gelandet. Sie werden nicht weggeschmissen,<br />
sondern wiedergelesen, was<br />
die Umwelt schützt und Ressourcen spart.<br />
2) BOOKS4LIFE WIEN FÖRDERT BILDUNG<br />
Die gespendeten Bücher werden sehr günstig<br />
weiterverkauft. Alle Menschen sollen sich<br />
Literatur leisten können und die Möglichkeit<br />
haben, ihr eigenes Bücherregal zu füllen. Bildung<br />
ist ein Menschenrecht und darf keinem<br />
verwehrt bleiben.<br />
3) BOOKS4LIFE WIEN HILFT ARMUT ZU<br />
BEKÄMPFEN<br />
90% des Erlöses werden an soziale Organisationen<br />
und Projekte gespendet, 10% gehen in<br />
die Verwaltung. Fixe Spendenempfänger von<br />
Books4Life Wien sind Amnesty International,<br />
die sich weltweit für Menschenrechte einsetzen<br />
und Die Gruft, die obdachlose Menschen<br />
in Österreich unterstützt. Die anderen<br />
zwei Spendenempfänger werden jedes Jahr<br />
innerhalb des Vereins neu gewählt. Im letzten<br />
Vereinsjahr waren es Footprint, die Betroffene<br />
von Frauenhandel unterstützen und der<br />
Verein der Wiener Frauenhäuser, die misshandelten<br />
Frauen und Kindern Schutz und Hilfe<br />
bieten.<br />
4) BOOKS4LIFE WIEN VERBINDET<br />
MENSCHEN<br />
Der Books4Life Wien Shop verbindet literaturbegeisterte<br />
Menschen und bietet ihnen einen<br />
Ort zum Austausch, zur Zusammenarbeit und<br />
für Veranstaltungen. Mit einem gemeinsamen<br />
Ziel und ehrenamtlichen Engagement werden<br />
Ideen zu konkreten Handlungen.<br />
WIE ALLES BEGANN…<br />
Die Geschichte von Books4Life beginnt in den<br />
Niederlanden. Dort gründeten 2004 zwei Studenten<br />
den ersten Books4Life-Verein an der<br />
12 | <strong>JUNI</strong> <strong>2021</strong>
Universität Tilburg, der schon im ersten Jahr sehr erfolgreich<br />
war und mit dem Verkauf gebrauchter Bücher eine Spende<br />
von 4.000 EURO erwirtschaften konnte. Die Idee fand großen<br />
Anklang und führte in den Folgejahren zu weiteren 5 Books-<br />
4Life-Vereinen in den Niederlanden. Der erste Verein außerhalb<br />
des Landes wurde 2010 in Graz eröffnet. 2012 folgte<br />
Books4Life Wien, zunächst noch ohne eigenem Ladenlokal.<br />
Die Gründerinnen haben gespendete Bücher anfangs noch in<br />
ihren eigenen Wohnzimmern gelagert und auf Flohmärkten<br />
und Straßenfesten weiterverkauft. Drei Umzüge später fühlt<br />
sich das Team heute in der Schlösselgasse 8 wie Zuhause.<br />
Das sind die ersten Kapitel der Geschichte dieses besonderen<br />
Buchladens. Wohin die Reise wohl noch gehen wird, bleibt<br />
offen. Wie bei jeder Geschichte entscheiden auch hier die<br />
Charaktere. Das sind die Menschen, die kommen und Bücher<br />
kaufen: im Shop vor Ort, im Onlineshop oder durch ein<br />
Überraschungs-Bücherabo, das nach Hause geschickt wird.<br />
Hoffentlich wird die Geschichte dieses Buchladens nie zu<br />
Ende gehen.<br />
Fotos © Books4LifeWien<br />
Foto © AnnaliseArt | pixabay.com<br />
13 | <strong>JUNI</strong> <strong>2021</strong>
information & gedanken<br />
Verrückt sein ist wunderbar kreativ:<br />
Sehnsucht nach „normalem Leben“?!<br />
„WAS WIR BRAUCHEN, SIND EIN PAAR VERRÜCKTE LEUTE; SEHT EUCH AN,<br />
WOHIN UNS DIE NORMALEN GEBRACHT HABEN.“ (George Bernard Shaw)<br />
Dr. Manfred Greisinger<br />
Autor, Trainer<br />
Buch-Projekt-Begleiter<br />
Vortragender<br />
Selfness-Coach<br />
ICH-Marke-Pionier<br />
26 Bücher bisher,<br />
aktuell:<br />
„Wolfs-Würde“<br />
www.stoareich.at<br />
Foto: © Gernot Blieberger<br />
Das „normale Leben“ also, das<br />
würde es – nach den Corona<br />
Dramen – bald wieder geben,<br />
tönen die Medien. Und die<br />
Bevölkerung applaudiert. Ja, wir treffen<br />
uns wieder bei Stelzen und Bier. Erzählen<br />
uns seichte Witze und schimpfen<br />
auf die Politiker. Weil’s so klass normal<br />
ist. Wir treiben unsere Kinder zu schulischen<br />
Bestleistungen an – schön brav<br />
sein! – und drohen mit Liebesentzug,<br />
wenn der Nachwuchs nicht spuren will.<br />
Normal ist Trumpf. Alles im und mit<br />
System! Wir sind Montag früh wieder<br />
leibhaftig am Arbeitsplatz – und freuen<br />
uns sogleich auf das Wochenende. Und<br />
auf die Pension. Weil das die meisten<br />
machen – und somit ist´s normal. Die<br />
Krankenstände nehmen wieder zu. Die<br />
Fernreise-Buchungen auch. Wer hält’s<br />
denn auch wirklich Tag für Tag der Norm<br />
entsprechend, vorschriftsmäßig, aus?!<br />
„Der Puls ist normal“, stellt man zufrieden<br />
fest … Der Benzinverbrauch des<br />
Autos ist auch im Normbereich. Hier wie<br />
dort gibt´s keine Ausreißer. Normal ist<br />
das In-der-Schlange-Stehen. Bitte diszipliniert<br />
sein. Einer nach dem anderen.<br />
Ruhe bewahren, meine Herrschaften!<br />
Normal ist so beschaffen, geartet,<br />
gestrickt, wie es die allgemeine Meinung<br />
als das Übliche, Richtige, Bewährte sieht<br />
– und belohnt.<br />
„Frag nicht so blöd!“, empört sich die<br />
Norm. Wenn das jede/r macht, wo kommen<br />
wir da hin?! Hände auf den Tisch,<br />
gerade sitzen – aufrechter Oberkörper,<br />
nicht lümmeln!<br />
BUNTE BLUMEN GEGEN DEN<br />
GRAUEN ALLTAG<br />
Nur nichts außerhalb der Norm, bitte<br />
… DAS wollen wir? DANACH sehnen<br />
wir uns tatsächlich? - Die Künstler-Seele<br />
lebt und gedeiht nicht in/an/mit der<br />
Norm des Durchschnitts; sie braucht und<br />
fördert die Abnormalität. Sie sehnt die<br />
Unkonventionalität herbei und genießt<br />
die Grenzüberschreitung. Deshalb ist sie<br />
ja auch ein Ventil für die graue Normalität.<br />
– Der „teuerste Künstler“ aller<br />
Zeiten, Vincent van Gogh, der leider zu<br />
seiner Zeit völlig verkannt wurde, weil er<br />
nicht in die Norm passte, meinte: „Die<br />
Normalität ist eine gepflasterte Straße;<br />
man kann gut darauf gehen - doch es<br />
wachsen keine Blumen auf ihr.“<br />
Foto: © PublicDomainPictures | pixabay.com<br />
14 | <strong>JUNI</strong> <strong>2021</strong>
Sie wissen<br />
selbst am<br />
besten,<br />
womit Sie<br />
Ihr Wissen<br />
ergänzen<br />
wollen!<br />
IMPROVE-Bildung mit Zukunft<br />
www.improve.or.at<br />
Fotos © faculty, student, girl | pixabay.com
information & entwicklung<br />
Eine Ziege als Starthilfe:<br />
Meine Ziege lebt in Burundi<br />
EIN KREISLAUF, DER KINDERN <strong>ZUKUNFT</strong> UND GEBORGENHEIT BRINGT<br />
Brigitte Kroutil-Krenn<br />
Caritas Steiermark<br />
Auslandshilfe<br />
Mai <strong>2021</strong><br />
Foto: Jork Weismann<br />
Fotos: © Caritas Auslandshilfe<br />
16 | <strong>JUNI</strong> <strong>2021</strong><br />
Burundi ist ein wunderschönes<br />
Land – aufgrund seiner Berglandschaft<br />
wird es auch oft die<br />
„Schweiz Afrikas“ genannt, aber<br />
anders als die Schweiz ist Burundi eines<br />
der ärmsten Länder der Welt. Von den<br />
elf Millionen EinwohnerInnen leben drei<br />
Viertel unter der Armutsgrenze und fast<br />
die Hälfte der Bevölkerung ist unter 15<br />
Jahre alt.<br />
EINE GESCHICHTE <strong>MIT</strong> FOLGEN<br />
Wie das Nachbarland Ruanda hat auch<br />
Burundi eine leidvolle Geschichte erlebt.<br />
Seit der Unabhängigkeit 1962 stehen<br />
sich die Volksgruppen der Hutu und Tutsi<br />
feindselig gegenüber und bekämpfen einander.<br />
Bis zum Ende des Bürgerkrieges<br />
wurden mehr als 300.000 Menschen<br />
getötet, hunderttausende Kinder blieben<br />
ohne Eltern oder nur mit einem Elternteil<br />
zurück.<br />
Immer wieder kommt es zu geschlechtsspezifischer<br />
Gewalt, vor allem in ländlichen<br />
Regionen ist Gewalt gegen Frauen<br />
und Kinder weit verbreitet. Steigende<br />
Inflation, fehlende Arbeitsplätze, keine<br />
Zukunftsperspektiven tragen zur Frustration<br />
der Bevölkerung bei und führen<br />
zum Aufleben der bekannten ethnischen<br />
Trennlinien und zu einem erneuten Aufflammen<br />
von Gewalt.<br />
WIE EINE ZIEGE DAS LEBEN<br />
VIELER FRAUEN UND KINDER BESSER<br />
MACHT<br />
Alleinerziehende sowie finanziell und<br />
sozial benachteiligte Frauen erhalten<br />
nach einer umfassenden Schulung über<br />
Haltung und Fütterung - eine Ziege. Die<br />
Ziegen werden vorbeugend geimpft und<br />
im ersten Jahr tierärztlich betreut. Die Frauen<br />
sind in Gruppen organisiert und treffen sich regelmäßig<br />
um sich gegenseitig zu unterstützen.<br />
Als Beitrag zur Völkerverständigung wird das<br />
erste weibliche Kitz an eine Frau einer anderen<br />
Ethnie – Hutu oder Tutsi – weitergegeben.<br />
So vervielfachen sich die Begünstigten des<br />
Projektes und die Versöhnung zwischen den<br />
verfeindeten Volksgruppen wird gefördert.<br />
TASK FORCE "ZIEGENVERTEILUNG“<br />
Die Verteilung der Ziegen muss gut geplant<br />
und vorbereitet sein - und ist ein Fest für alle<br />
Beteiligten.<br />
Auch Marie Rose Ntibarirana hat eine Ziege<br />
bekommen. Sie ist Witwe und sorgt für vier<br />
Kinder, zwei eigene Kinder und zwei Pflegekinder.<br />
Während des letzten Bürgerkrieges war<br />
sie zusammen mit ihrem Mann nach Tansania<br />
geflüchtet. Nach ihrer Rückkehr lebte sie mit<br />
ihren Kindern in einem Flüchtlingslager. Ihre<br />
Felder waren inzwischen von anderen Familienmitgliedern<br />
übernommen worden, ihr Mann<br />
starb bald nach der Rückkehr. Mit ihren Kindern<br />
lebte sie in einem kleinen Verschlag am Stadtrand<br />
von Gitega.<br />
Der Bürgerkrieg hat viele Witwen und Waisenkinder<br />
zurückgelassen – der Orden Neues Leben<br />
für die Versöhnung von Sr. Godelive kümmert<br />
sich um Waisenkinder. Die Kinder sollten aber<br />
nicht nur im Waisenheim aufwachsen, sondern<br />
auch das Leben in einer Familie kennen lernen.<br />
Witwen nehmen Waisenkinder auf und bekommen<br />
eine Ziege als Unterstützung. Als die Ziege<br />
zwei Zicklein zur Welt bringt, gibt sie eines an<br />
Matilde Minani weiter.
17 | <strong>JUNI</strong> <strong>2021</strong>
information & gesellschaft<br />
Zurück zu den Anfängen?!<br />
Warum das geschriebene Wort zählt<br />
BEOBACHTEN WIR GERADE EINE ENTWICKLUNG IN DIE GEGENRICHTUNG, ZURÜCK<br />
ZU DEN ANFÄNGEN IN FORM EINER BILDSYMBOLSPRACHE?<br />
Thomas Kolbe<br />
Fachwissenschaftler<br />
für Versuchstierkunde,<br />
Ao. Prof. für die<br />
Service-Plattform<br />
Biomodels Austria<br />
Veterinärmedizinische<br />
Universität Wien<br />
mehr infos<br />
https://de.wikipedia.org/wiki/<br />
Diskos_von_Phaistos<br />
https://de.wikipedia.org/wiki/<br />
Linearschrift_B<br />
https://www.dtv.de/_files_<br />
media/title_pdf/leseprobe-13995.pdf<br />
Vor Jahrtausenden hat der Mensch<br />
begonnen Aufzeichnungen<br />
anzufertigen: Über Lagerbestände<br />
von Nahrungsmitteln,<br />
Tributzahlungen, Erntemengen, Tierbestände.<br />
Dazu wurde eine vereinfachte<br />
Abbildung des Objektes mit einer Zahl<br />
versehen und in Ton eingedrückt und<br />
getrocknet (Assyrien, Babylonien) oder<br />
auf Papyrus aufgemalt (Ägypten). Als<br />
die Städte größer und die Verwaltung<br />
aufwendiger wurde, sind aus den<br />
Symbolen Lautsilben geworden, die in<br />
neuer Reihenfolge auch andere Dinge<br />
ausdrücken konnten (Mykene). In China<br />
gibt es heute noch einen Vorläufer der<br />
Silbenschrift. Daher ist die Kenntnis von<br />
mehreren Tausend Schriftzeichen für<br />
flüssiges Lesen notwendig, wer komplexer<br />
schreiben will muss Zehntausende<br />
von Schriftzeichen kennen. In Europa<br />
gingen die Phönizier den ursprünglichen<br />
Weg weiter, zerlegten Wörter in Laute<br />
und ordneten diese Lautzeichen zu,<br />
den Buchstaben. Diesen 22 Buchstaben<br />
fügten die Griechen später noch die<br />
Vokale bei. Damit konnte man alles<br />
schriftlich festhalten, was man sagen<br />
konnte. Über die Jahrtausende wurden<br />
abstrakte Gedanken über den Sinn des<br />
Lebens, den Sitz der Seele, das Leben<br />
nach dem Tod und vieles andere mehr<br />
niedergeschrieben und für die Nachwelt<br />
festgehalten. Das niedergeschriebene<br />
Wort kann nicht nur Informationen an den<br />
Leser weitergeben, sondern auch Gefühle<br />
und Stimmungen vermitteln, ganze<br />
Szenerien, andere Zeiten und Welten im<br />
Kopf des Lesers entstehen lassen. Es regt<br />
Phantasie und Nachdenken an. Z.B. der<br />
allererste Satz in Tolstois großem Werk,<br />
Anna Karenina, brennt sich in der Erinnerung<br />
ein und regt zum Nachdenken und<br />
Grübeln an. Anspruchsvolle Bücher sind<br />
also nicht nur Material zum Ablesen, sondern<br />
eine Herausforderung für das Gehirn,<br />
die Intention des Schriftstellers zu erfassen.<br />
Was er mit der geschilderten Szene<br />
für das Gesamtwerk bezweckt, warum er<br />
es gerade so formuliert hat, ob es einen<br />
Sinn hinter dem Sinn gibt, ob die Szene<br />
auf heutige Verhältnisse übertragbar<br />
wäre, usw. Shakespeare hat mit seinem<br />
Hamlet nicht deshalb Erfolg, weil er über<br />
einen imaginären Prinzen von Dänemark<br />
Jahrhunderte vor unserer Zeit berichtet,<br />
sondern wegen der Gedanken hinter den<br />
Figuren und der Handlung.<br />
Seitdem Handys Internet-Zugang haben,<br />
aber nur eine kleine umständliche Tastatur<br />
zum Schreiben von Texten, versuchen<br />
die Nutzer so viele Abkürzungen (lol,<br />
GLG) wie möglich zu verwenden und<br />
kleine Bildsymbole zum Ausdrücken ihrer<br />
Gefühle einzufügen. Alleine schon die<br />
schnelle Antwort als email oder Tweet<br />
verhindern ein allzu sorgfältiges Nachden-<br />
18 | <strong>JUNI</strong> <strong>2021</strong>
ken über den geschriebenen Text (was<br />
manche dann schnell bereuen). Kunstvoll<br />
formulierte Sätze mit ausgefallenen Wörtern<br />
wird man da vergeblich suchen. Genauso<br />
wie Erklärungen für einen Smiley:<br />
Warum ist jemand jetzt glücklich? Oder<br />
warum freut er oder sie sich? Worüber<br />
denn eigentlich?<br />
Der ORF möchte Nachrichten in Zukunft<br />
nur noch in einfachen Worten veröffentlichen.<br />
Im Sinne der Inklusion gehandicapter<br />
Personen eine löbliche Initiative.<br />
Für alle anderen ein Niveauverlust, der<br />
dem Gehirn zuerst die Auseinandersetzung<br />
mit komplexeren Sätzen erspart,<br />
später dann unmöglich macht. Studierende<br />
in den Naturwissenschaften haben<br />
jetzt schon Probleme, grammatikalisch<br />
korrekte Sätze zu Papier zu bringen (was<br />
bei Multiple-Choice-Tests kein Problem<br />
darstellt). Sind Erwachsene bald nur<br />
noch in der Lage, Comics zu lesen?<br />
Das Gehirn ist in vielerlei Hinsicht wie<br />
ein Muskel: Um umfassend<br />
einsatzfähig zu<br />
sein, muss es trainiert<br />
werden. Auch<br />
mit anspruchsvollen<br />
Aufgaben.<br />
Versuchen wir<br />
also unseren<br />
Kindern auch<br />
schwierige<br />
Texte zuzumuten.<br />
Sie werden<br />
es später<br />
(hoffentlich)<br />
einmal zu<br />
schätzen wissen.<br />
Foto: © OpenClipart-Vectors | pixabay.com<br />
19 | <strong>JUNI</strong> <strong>2021</strong>
information & gesellschaft<br />
„Generation Corona:“<br />
Wie können wir neue Freude finden?<br />
SECHS IDEEN FÜR JUNGE MENSCHEN<br />
Dominika Letko<br />
Studentin<br />
Generation Corona – ein einschlägiger<br />
Name für uns junge<br />
Menschen, die in dieser pandemischen<br />
Zeit mit ihren eigenen<br />
Problemen ringen müssen. Nicht selten<br />
werden wir auch als „verlorene“ oder<br />
„hoffnungslose“ Generation bezeichnet,<br />
da wir gerade in der Zeit des Wachstums<br />
mit den größten Verlusten und<br />
Versäumnissen konfrontiert werden.<br />
Diese plötzlichen Veränderungen, an<br />
die wir uns adaptieren müssen, können<br />
überfordernd sein und „positiv bleiben“<br />
ist dabei leichter gesagt als getan. Doch<br />
was können wir dagegen tun? Wie können<br />
wir trotz dieser Umstände Mut und<br />
Freude finden? Der folgende Leitfaden<br />
kann Abhilfe schaffen.<br />
DAS LICHT AM ENDE DES TUNNELS<br />
SEHEN<br />
Auch wenn wir nun schon seit über<br />
einem Jahr auf vieles verzichten müssen,<br />
das das Leben für uns ausmacht, ist es<br />
wichtig sich in Erinnerung zu rufen, dass<br />
diese schwierige Phase nur das ist – eine<br />
Phase. Auch sie wird irgendwann enden<br />
und es bleibt der Lichtblick, dass, sobald<br />
es so weit ist, wir in Genüge das nachholen<br />
können, was wir in all der Zeit<br />
verabsäumt haben. Umso mehr schätzen<br />
wir dann diese Dinge auf eine neue Art<br />
und Weise und sind uns mehr denn je<br />
bewusst, dass nichts selbstverständlich<br />
ist.<br />
SICH SELBST ANERKENNUNG<br />
SCHENKEN<br />
Auch wenn alles zurzeit fordernd ist,<br />
haben wir vieles bereits gemeistert und<br />
überstanden. Wenn wir an all die<br />
unverhofften körperlichen, mentalen<br />
und emotionalen Anstrengungen denken,<br />
die wir im letzten Jahr durchgemacht<br />
haben, und wie wir diese trotz<br />
allem in Angriff genommen haben,<br />
dürfen wir durchaus stolz auf uns<br />
sein. Auch das hat Anerkennung verdient<br />
und das können wir uns selbst<br />
auch so zugestehen.<br />
SICH NEU ENTDECKEN<br />
Gerade weil wir momentan auf so<br />
vieles verzichten müssen, sind viele<br />
von uns mit all dieser überschüssigen<br />
Zeit konfrontiert, mit der vermeintlich<br />
nichts anzufangen ist. Aber genau<br />
diese Zeit lässt sich ausgiebig nutzen,<br />
um uns neu zu entdecken und<br />
weiterzuentwickeln. Das könnte<br />
sein: eine neue Sprache lernen, die<br />
Kochkenntnisse erweitern oder Do-It-<br />
Yourself-Projekte angehen. Wenn wir<br />
aus dieser Situation etwas gewinnen<br />
können, dann die Chance, sich uns<br />
selbst zu widmen und in dieser Hinsicht<br />
etwas Neues zu wagen.<br />
DANKBAR SEIN<br />
Das Leben mag in diesen Zeiten für<br />
viele von uns freudlos erscheinen,<br />
dennoch gibt es viele Dinge, für die<br />
wir dankbar sein können. Empfehlenswert<br />
ist, sich täglich diejenigen<br />
Punkte zu notieren bzw. bewusst in<br />
Gedanken zu rufen, für die wir dankbar<br />
sind. Dabei ist es wichtig, sowohl<br />
Dinge von großer als auch kleiner<br />
20 | <strong>JUNI</strong> <strong>2021</strong>
Bedeutung aufzuzählen. Das können<br />
enorme Faktoren sein wie das eigene<br />
Zuhause, die Familie und Gesundheit,<br />
aber auch kleine Freuden wie die Tasse<br />
Kaffee am Morgen, das Lieblingslied im<br />
Radio oder das schöne Wetter.<br />
SICH BEWEGEN<br />
Da aufgrund der Situation viele Aktivitäten<br />
des täglichen Lebens wegfallen,<br />
befinden sich viele von uns nun die<br />
meiste Zeit zuhause und so fällt nun mal<br />
viel Bewegung weg. Allerdings ist es<br />
gerade in dieser Zeit wichtig, regelmäßig<br />
Sport zu betreiben. Abgesehen von den<br />
physischen Vorteilen, setzen Sport und<br />
Bewegung Endorphine frei, wodurch<br />
Glücksgefühle ausgelöst werden. Außerdem<br />
können wir so Stress abbauen,<br />
der besonders in dieser Zeit für viele ein<br />
täglicher Begleiter ist. Dank YouTube<br />
und Co. braucht es nicht einmal mehr<br />
an großartigem Sport-Equipment, um zu<br />
trainieren. Wenn es keine Home-Workouts<br />
sein sollen, können auch Spaziergänge<br />
oder Laufrunden an der frischen<br />
Luft Wunder wirken.<br />
SOZIALE KONTAKTE BEWAHREN<br />
Auch wenn wir Social Distancing betreiben<br />
und aufgrund von Sicherheitsbeschränkungen<br />
auf viele nahe Kontakte<br />
verzichten müssen, ist es wichtig, dass<br />
wir weiterhin sozialisieren und mit anderen<br />
in Verbindung bleiben. Dank des<br />
Internets und der zahlreichen Telefonieund<br />
Videochat-Möglichkeiten fällt uns<br />
das nicht allzu schwer, daher sollten wir<br />
darauf schauen, miteinander im Austausch<br />
zu bleiben und uns auch bei Menschen<br />
zu melden, von denen wir länger<br />
nichts mehr gehört haben. Erinnern wir<br />
uns: Wir sitzen alle im selben Boot!<br />
Durch den digitalen Kontakt können wir<br />
uns dennoch gegenseitig aufbauen und<br />
trotz allem füreinander da sein.<br />
Foto: © Hannah Ollinger | unsplash.com<br />
21 | <strong>JUNI</strong> <strong>2021</strong>
information & gedanken<br />
Foto: © Mykola Velychko - Fotolia.com<br />
Professor Abakus<br />
Professor Abakus:<br />
Verständlich und einfach erklärt<br />
Prof. Abakus ist ein aufgeweckter Junge. Er erzählt von Erlebnissen und Beobachtungen<br />
aus seiner kleinen Welt und bezieht das Verhalten Erwachsener mit ein.<br />
Mit kritischen Augen betrachtet er, was er anders machen würde. Vorschläge, die<br />
zum Nachdenken anregen.<br />
• Diesmal widmet er sich dem Thema "Jeder Mensch ist sein eigener Maskenbildner",<br />
Titel des Audiogramms „Fastnachtsgesichter"<br />
• Der zweite Titel „Schnurrende und wedelnde Tierkugeln" beschäftigt sich mit dem<br />
Thema „Solidarität in der Gesellschaft"<br />
Zu finden sind alle HÖR|IMPULSE auf unserer Homepage: http://magazin.LmZukunft.at/<br />
podcasts.html<br />
Aber auch auf Youtube und SoundCloud finden Sie Professor Abakus, geben Sie einfach<br />
„Professor Abakus“ ein.<br />
22 | <strong>JUNI</strong> <strong>2021</strong>
Schenken<br />
Sie doch heuer<br />
eine Ziege.<br />
Schenken mit Sinn macht mehrfach Freude<br />
Einerseits unterstützen Sie damit Projekte, die notleidenden Menschen<br />
im In- und Ausland helfen. Andererseits kann diese Unterstützung in Form<br />
eines Billets als Geschenk an eine liebe Person weitergegeben werden.<br />
schenkenmitsinn.at<br />
T-SHIRT<br />
DAZU SCHENKEN<br />
© iStockphoto (Antagain)
information & vielfalt<br />
Neues Buch von Thomas W. Albrecht:<br />
Kampf Rhetorik<br />
SO WERDEN WIR GEGEN UNSEREN WILLEN BEEINFLUSST<br />
Dipl.Ing. Alexander Ristic<br />
Associated Press Austria<br />
Haben Sie in den letzten Monaten<br />
Zeitung gelesen oder Nachrichten<br />
im Fernsehen verfolgt? Wir<br />
können die Zunahme eines rauen<br />
Tones zwischen den Zeilen oder Worten<br />
feststellen.<br />
Ob im privaten Umfeld, im Berufsleben<br />
oder in sozialen Medien: Zunehmende<br />
aggressive Rhetorik paart sich mit einem<br />
rauen Ton und gezielter sprachlicher Manipulation.<br />
Viele Menschen fühlen sich<br />
Angesicht dieser nicht wertschätzenden<br />
Kommunikation wehrlos, getäuscht und<br />
erkennen die perfiden Muster der<br />
manipulativen Informationspolitik<br />
und Berichterstattung nicht. Es<br />
entsteht eine unterbewusste<br />
Unzufriedenheit und Frustration<br />
über „wie wir miteinander<br />
kommunizieren“ und eine<br />
wehrlose Haltung.<br />
Herr Thomas W. Albrecht ist<br />
ein ausgezeichneter Kenner der<br />
zwischenmenschlichen Kommunikation<br />
und hat einen speziellen<br />
Blick auf die Kunst der Rede als<br />
Ausdruck unserer Kultur und Werte.<br />
In unseren alltäglichen „sympathischen“<br />
Gesprächen und Vorträgen werden<br />
oft Fakten weggelassen, es wird generalisiert<br />
und kognitiv verzerrt. Die<br />
Gesprächspartner und Zuhörer werden<br />
zu Gedanken und Handlungen verleitet,<br />
die für sie nachteilig sind oder sie sogar<br />
manipulativ instrumentalisieren.<br />
Sie sich effizient dagegen zu Wehr setzen<br />
können und wie Sie solche manipulativen<br />
Suggestionen abblocken können.<br />
Es ist wichtig sich eine unbeeinflusste<br />
Meinung zu bilden.<br />
Dieses Buch ist besonders wertvoll,<br />
da der Autor ausgewählte Reden und<br />
Interviews transkribiert hat und diese<br />
detailliert analysiert und kommentiert.<br />
An den Beispielen von Donald Trump,<br />
Angela Merkel, sowie der Interviewtechnik<br />
von Armin Wolf kann man rhetorisch<br />
sehr viel lernen.<br />
Es ist ein außergewöhnliches Sachbuch,<br />
das von der jahrzehntelangen Erfahrung<br />
seines Autors profitiert. Mit großer Expertise<br />
erklärt Thomas W. Albrecht wie<br />
wir miteinander besser und wertschätzender<br />
kommunizieren können! Nur so<br />
kann ein neues und harmonisches Miteinander<br />
nach der Pandemie entstehen.<br />
Dieses lehrreiche Buch kann jedem Leser<br />
empfohlen werden.<br />
Fotos: © Hans Braxmeier | pixabay.com<br />
24 | <strong>JUNI</strong> <strong>2021</strong><br />
In diesem Buch finden Sie konkrete<br />
Beispiele mit welchen Instrumenten Sie<br />
beeinflusst und manipuliert werden, wie
INFO<br />
Books4Life ist ein Netzwerk<br />
karitativer Second-Hand-Buchläden,<br />
die sich dem Verkauf und<br />
der Aufwertung von Büchern<br />
verschrieben haben.<br />
Unsere Vision ist<br />
• Armut zu bekämpfen<br />
• Bildung zu fördern<br />
• Umwelt zu schonen und<br />
• literaturbegeisterte<br />
Menschen zu vernetzen<br />
Unser Verein besteht ausschließlich<br />
aus Freiwilligen.<br />
Somit ist es uns möglich, 90%<br />
des Umsatzes unkompliziert<br />
und direkt an unsere Spendenpartner<br />
weiterzugeben.<br />
DER SOZIALE<br />
BUCHLADEN IN WIEN<br />
BÜCHER KAUFEN<br />
& SPENDEN<br />
Die einfachste Möglichkeit, uns zu<br />
unterstützen, ist mit einem Bücherkauf!<br />
Shop: Schlösselgasse 8 / 1080 Wien<br />
Online-Shop: http://shop.b4l-wien.at<br />
Bücherspenden nehmen wir auch<br />
gern - bitte nur nach Absprache über<br />
info@b4l-wien.at!<br />
Du willst uns unterstützen? So geht‘s:<br />
EVENTS BESUCHEN<br />
Wir basteln mit bedruckten Blättern,<br />
feilen mit euch am Poetryslam und<br />
bieten Schreiberlingen eine Bühne.<br />
Zwei der Spendenempfänger<br />
werden jährlich neu gewählt.<br />
Unsere beiden fixen Partner sind:<br />
Als aktives Mitglied engagierst<br />
du dich im Shop, im Marketing,<br />
bei Events, in der IT oder Verwaltung.<br />
Es gibt genug zu tun!<br />
<strong>MIT</strong>GLIED WERDEN<br />
Als unterstützendes Mitglied<br />
hilfst du uns, die Miete zu<br />
stemmen und bekommst dafür<br />
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Neugierig geworden?<br />
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26 | <strong>JUNI</strong> <strong>2021</strong>
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KAMPF RHETORIK<br />
von Thomas Wilhelm<br />
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ISBN: 978-3-99060-182-2<br />
270 Seiten, Goldegg Verlag<br />
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FALSCH GEDACHT!<br />
von Dr. Marcus Täuber<br />
Beschreibung - siehe Seite<br />
36<br />
ISBN: 978-3-99060-208-9<br />
180 Seiten, Goldegg<br />
Verlag<br />
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Ein FAS(D) perfektes Schulkind<br />
Reinhold Feldmann / Anke Noppenberger<br />
Ein Bilderbuch zum FAS(D) - Fetales Alkoholsyndrom bzw. Fetale<br />
Alkoholspektrumstörung, Mit Informationen für Lehrkräfte und Eltern<br />
1. Auflage 2020. 56 Seiten. Innenteil farbig<br />
(978-3-497-02989-1) gebunden, Reinhardt-Verlag, München<br />
Mo ist ein Kind mit FAS(D), Fetaler Alkoholspektrum-Störung. Deshalb versteht Mo<br />
schulische Regeln und soziale Situationen oft nicht altersgerecht, kann sich nicht<br />
gut konzentrieren oder Dinge merken. Die Mitschüler bemerken schnell, dass Mo<br />
sich von ihnen unterscheidet. Auch die Lehrkräfte stehen oft ratlos vor dem Kind mit<br />
FAS(D) in ihrem Klassenraum und auf dem Pausenhof. Das Bilderbuch holt Kinder mit<br />
FAS(D) einfühlsam bei ihren oft unangenehmen Schulerlebnissen ab. Mo zeigt ihnen,<br />
was sie brauchen, damit es ihnen in der Schule gut geht. Wie er durch den schulischen<br />
Alltag geht, ist spannend zu sehen. Dank der verständnisvollen Erwachsenen,<br />
die ihn in der Schule und zuhause umgeben, wird Mo ein selbstbewusster, fröhlicher<br />
Junge – ein Vorbild für andere Kinder mit FAS(D).<br />
27 | <strong>JUNI</strong> <strong>2021</strong>
information & entwicklung<br />
Theater spielen:<br />
Kindheitsträume vom werden wollen<br />
WIE ICH MEINEN TRAUM ENTDECKTE<br />
Lena Knapp<br />
Studentin und<br />
freie Schauspielerin<br />
Foto: © Robert Krenker<br />
Erinnern Sie sich noch daran, was<br />
Sie in Ihrer Kindheit werden<br />
wollten, wenn sie mal groß sind?<br />
Fußballerin? Pilot? Lehrer? Tiefseetaucherin?<br />
Prinzessin? Krankenpfleger?<br />
Forscher? Polizistin? Was war Ihr Traumberuf<br />
als Kind?<br />
WIE ALLES ANFING<br />
Bei mir war es schon früh sehr klar:<br />
Neben drei weiteren täglich wechselnden<br />
Berufen wollte ich, wie viele andere<br />
Kinder wahrscheinlich auch, immer<br />
Schauspielerin werden. Und wie bei den<br />
meisten anderen Kindern auch, begann<br />
meine Karriere auf der ,großen‘ Bühne<br />
des Kindergartens mit einem Publikum<br />
voller stolzer Eltern, die ihre Tränen kaum<br />
zurückhalten können, weil ihr Kind einen<br />
Baum oder eine sprechende Karotte<br />
verkörpert.<br />
Als ich kurz darauf bei einer Vorstellung<br />
des Kinderbuchklassikers ‚Das kleine Ich<br />
bin ich‘ meine Augen nicht von der fesselnden<br />
Geschichte rund um das kleine<br />
bunte Tier auf der Suche nach seiner<br />
Identität lassen konnte, während einige<br />
meiner Freund*innen aus Angst vor dem<br />
dunklen Raum im Schoß der Erzieherin<br />
lagen oder vor Langeweile schliefen,<br />
ließ sich auch hier meine tatsächliche<br />
Begeisterung für das Theater und der<br />
damit zusammenhängende Berufswunsch<br />
stark erahnen.<br />
DAS WILL ICH AUCH!<br />
Dreizehn Jahre später, während der<br />
Schulabschlussfahrt nach Wien sowie<br />
etliche Male dazwischen, ereignete sich<br />
immer noch dasselbe Phänomen. Während<br />
einige meiner Schulkolleg*innen<br />
vor Langeweile oben in der Galerie des<br />
Burgtheaters schliefen oder mit ihren<br />
Handys beschäftigt waren, ließ ich<br />
meine Augen nicht von der Antigone<br />
auf der Bühne, die so schön flüstern<br />
konnte, dass ich Gänsehaut bekam<br />
und mir „Das will ich auch können!“<br />
dachte.<br />
In den Jahren zwischen diesen beiden<br />
Theaterbesuchen ist natürlich viel passiert.<br />
Ich nahm so gut wie jede Möglichkeit<br />
wahr, um Theater zu spielen<br />
und entdeckte die Welt der Bühne immer<br />
mehr für mich. Ich entschied mich<br />
nur für meine weiterführende Schule,<br />
weil sie bekannt für ihre Theater- und<br />
Musicalgruppe sowie ein Unterrichtsfach<br />
mit Theaterschwerpunkt war.<br />
Ich war mir sicher, dass genau dieser<br />
Weg zu meinem Berufswunsch aus der<br />
Kindheit führen würde.<br />
ALLE WEGE FÜHREN ZUM THEATER<br />
Heute, wieder einige Jahre und einen<br />
thematisch komplett anderen Bildungsweg<br />
später, ist mir bewusst, dass dies<br />
nicht der einzige Weg sein muss, den<br />
jede Person geht, die professionell<br />
Theater spielt oder spielen möchte.<br />
Zwischen Schultheater und den ‚erwachseneren‘<br />
Bühnen liegen natürlich<br />
Welten. Was für mich allerdings hinter<br />
beidem steckt, ist im Grunde dasselbe:<br />
meine Motivation auf der Bühne zu<br />
stehen.<br />
Das Gefühl zu spüren, Teil einer Gruppe<br />
zu sein und mit ihr Geschichten zu<br />
erzählen, mitzugestalten und zum<br />
28 | <strong>JUNI</strong> <strong>2021</strong>
Leben erwecken zu können, ganz egal<br />
welcher Stoff erzählt wird, ob es nun<br />
‚Das kleine Ich bin ich‘ oder ‚Antigone‘<br />
ist. Eine Spannung im Raum zwischen<br />
Spielenden und Zusehenden zu schaffen,<br />
bei der alle in einen gemeinsamen<br />
Diskurs eintauchen, sich mit bestimmten<br />
Thematiken beschäftigen oder die<br />
alltäglichen Sorgen vergessen können.<br />
Theaterluft zu schnuppern, vor und hinter<br />
der Bühne. Den Moment zu genießen, in<br />
dem Alles oder Nichts passieren kann.<br />
Genau aus diesen Gründen weiß und<br />
wusste ich schon immer, dass ich meinen<br />
Traumberuf als Kind auch als Erwachsene<br />
ausüben möchte. Egal in welcher Form<br />
und über welchen Weg, ob in der freien<br />
Theaterszene oder vielleicht irgendwann<br />
einmal auf einer den ganz großen<br />
Bühnen.<br />
Aber warum erzähle ich Ihnen das alles?<br />
Wen interessiert schon der Kindheitstraum<br />
irgendeiner Person, die Sie überhaupt<br />
nicht kennen? Welcher Beruf ist<br />
Ihnen denn bei meiner Frage zu Beginn<br />
eingefallen? Manchmal ist es doch auch<br />
schön, an seine eigenen kleinen Anfänge<br />
zurückzudenken. Die eigene Entwicklung,<br />
die persönlichen Ziele und die<br />
Motivation, die hinter der aktuellen oder<br />
auch damaligen Berufs- und Lebenswahl<br />
stecken, zu reflektieren. Was wollte ich<br />
werden? Was bin ich geworden? Was<br />
will ich noch werden? Denn eines habe<br />
ich durch dieses Zurückdenken gelernt:<br />
Das werden wollen, wenn ich mal groß<br />
bin, hört nie auf. Werden ist ein stetiger<br />
Prozess und es ist nie zu früh oder zu<br />
spät damit anzufangen oder weiterzumachen<br />
– ganz egal was das für jede und<br />
jeden persönlich bedeutet.<br />
Foto: Sophie Mashraki / Lena Knapp<br />
Jürg Mäder<br />
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Foto © Gerhard G. | pixabay.com<br />
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29 | <strong>JUNI</strong> <strong>2021</strong><br />
on in dieser Isola<br />
rend zwölf Tagen
information & gesellschaft<br />
Ehrliche Antwort erwünscht:<br />
Danke, es geht uns nicht gut<br />
SS WIE EIN TRAUM DAZU BEI, DIE <strong>ZUKUNFT</strong> ZU<br />
WIR SIND MÜDE, WIR SIND ERSCHÖPFT, DER SCHOCK STECKT TIEF IN UNSEREN<br />
KNOCHEN UND DIE WUNDEN ZEIGEN SICH OFTMALS ERST JETZT<br />
Mag. Reinhard Patricia Winter Weiner<br />
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Wie geht es Dir? Wie geht es<br />
euch? - fragt eine bekannte<br />
Stimme aus sicherer Distanz.<br />
Da sind sie wieder… Diese häufig gestellten<br />
Fragen, nach dem Wohlergehen<br />
des Gegenübers oder seiner Familie,<br />
als Floskeln in unser gesellschaftliches<br />
Leben integriert, zumeist auch ehrlich<br />
gemeint, aber in den seltensten Fällen<br />
ehrlich beantwortet.<br />
„Danke, geht eh,“ kommt als Antwort<br />
von der anderen Seite. Dazu ein müdes<br />
Lächeln. Da ist er wieder: dieser Kloß<br />
im Hals, der verlangt schnell weiter in<br />
Beschwichtigungen abzudriften oder ihn<br />
einfach gleich mit der Gegenfrage „Und<br />
euch?“ wegzudrücken.<br />
Eine alltägliche Szene. Und doch so<br />
zeichnend für das was gerade da ist, wir<br />
aber mit einem kurzen „Ja eh…“ oder<br />
„Geht eh…“ oder „Danke, eh…“ oder<br />
„Weißt eh…“ wieder in den Untergrund<br />
des Alltags schieben. Weils eben nicht<br />
geht. Weil wir funktionieren (müssen).<br />
Weil oft kein Platz ist für das individuelle<br />
Wohlergehen, für Sorgen, für ein<br />
Innehalten.<br />
Da stehen wir also… Nach einem Jahr<br />
Ausnahmesituation - einem Jahr kollektiver<br />
Krise – über einem Jahr Pandemie.<br />
Und obwohl es sich gerade, sehr<br />
vorsichtig gedacht, nach einem vorläufigen<br />
Ende, einer Entspannung anfühlt,<br />
geht es vielen von uns nicht so richtig<br />
gut. Sollten wir nicht den langsam zurückkommenden<br />
Normalzustand bejubeln? Wir<br />
haben ihn uns so lange herbeigesehnt und<br />
darüber visioniert. Und über diese Entwicklung,<br />
freuen wir uns „eh“. Also kollektiv<br />
betrachtet: Geht’s uns „eh“ gut.<br />
„eh“: Zwei Buchstaben, die einen Unterschied<br />
machen. Aber was für einen? Was<br />
bedeutet dieses „eh“? Ich wollte es genauer<br />
wissen: Google informiert mich darüber,<br />
dass das Wort „eh“ als Adverb für „sowieso,<br />
ohnehin (schon)“ und als Konjunktion<br />
für „bevor, früher“ steht. Also geht es uns<br />
sowieso gut, oder es ging uns früher gut.<br />
Aha…., ja, eh.<br />
Foto: © Gerd Altmann | pixabay.com<br />
30 | <strong>JUNI</strong> <strong>2021</strong>
WARUM GEHT’S UNS NICHT EIN-<br />
FACH NUR GUT?<br />
Wir stehen immer noch hier… Nach<br />
einem Jahr Ausnahmesituation – einem<br />
Jahr kollektiver Krise – über einem Jahr<br />
Pandemie. Wo es hingeht, wissen wir<br />
nicht. Was noch kommt, wissen wir<br />
nicht. Die Konsequenzen, sind noch<br />
immer da oder beginnen sich gerade erst<br />
richtig zu zeigen. Die Insel der Seligen,<br />
von der wir geholt wurden, ist in weiter<br />
Ferne. Es ist nicht mehr das, was es<br />
zuvor war. Wir sind einiger Erfahrungen<br />
reicher. Wir haben einige Erkenntnisse<br />
„dazugewonnen“. Wir sind verwundbar.<br />
Verletzlich. Ausgeliefert. Die Probleme<br />
des Systems und jeder Einzelnen/jedes<br />
Einzelnen haben sich an die Oberfläche<br />
gearbeitet. Wir haben funktioniert, und<br />
tun das immer noch.<br />
Der Junge, dessen ersehnter Schulstart,<br />
so ganz anders gelaufen ist, wie erzählt<br />
und der jetzt gar keine Lust mehr auf<br />
Schule hat.<br />
Die Jugendliche, die<br />
10 Stunden am Tag<br />
lernend vor dem PC<br />
verbracht hat, und<br />
das Gefühl hat, die<br />
vielen geforderten<br />
Aufgaben nicht<br />
mehr stemmen zu<br />
können.<br />
Die Frau, die sich<br />
zwischen Homeoffice,<br />
Homeschooling<br />
und Kinderentertainment,<br />
zerreißt.<br />
Der Mann, den<br />
existenzielle Sorgen<br />
plagen, weswegen<br />
er sich in die Arbeit<br />
vertieft, und von Schulgefühlen geplagt wird, seine Frau<br />
nicht mehr zu entlasten.<br />
Das Ehepaar, dessen Probleme, sich nicht mehr länger<br />
im Trubel des Alltags verstecken lassen.<br />
Sie alle können nicht mehr, sie alle funktionieren weiter.<br />
Ihnen allen geht es nicht gut.<br />
Aber jetzt wird es doch eh wieder normaler… werden<br />
Sie sich vielleicht denken. Ja, eh! Und dennoch geht es<br />
vielen unter uns nicht so wirklich gut. Es wird besser, ja<br />
eh. Und doch… Warum ist das so?<br />
Wir haben darüber gelesen, dass viele Menschen unter<br />
dem letzten Jahr und seinen Geschehnissen gelitten<br />
haben. Wir haben Statistiken gesehen, wie viele psychische<br />
Erkrankungen sich zeigen. Wie schlecht es vielen<br />
geht. Also hatten diejenigen doch Glück, bei denen<br />
sich keine psychische Störung bemerkbar gemacht hat,<br />
oder? Sei also dankbar, und mach weiter. Oder?<br />
In meine Praxis kommen derzeit viele Menschen, die<br />
das aber nicht können. Sie sind erschöpft nach einem<br />
Jahr Durchhalten. Sie haben Sorgen, Gedanken, Ängste,<br />
Emotionen und eigene Bedürfnisse verdrängt, weil<br />
sie funktionieren mussten. Sie hatten das Gefühl die<br />
Kontrolle zu verlieren, keine erprobten Bewältigungsstrategien<br />
für die bestehende Situation zu haben, nicht<br />
Entkommen zu können. Sie haben ihr Bestes gegeben,<br />
und hatten doch das Gefühl immer nur dahin zu straucheln.<br />
Die Luft wurde angehalten, um jetzt erleichtert<br />
auszuatmen und neue Luft zu schnappen. Aber die<br />
Erleichterung tritt nicht ein.<br />
Es ist Zeit für eine Bestandsaufnahme, es ist Zeit für ein<br />
Innehalten. Nein, wir müssen nicht weitermachen, als<br />
wäre nichts gewesen. Denn die meisten von uns haben<br />
quasi Unmögliches möglich gemacht. Wir dürfen unsere<br />
Wunden lecken, uns verletzlich zeigen, Revue passieren<br />
lassen, was wir geleistet haben, Verdrängtes verarbeiten<br />
und uns neu aufstellen. Wir dürfen uns zugestehen,<br />
dass wir (teilweise schwer) gebeutelt sind, und Innehalten,<br />
um auf uns zu schauen. Denn es darf uns gut<br />
gehen. Der erste Schritt dazu ist vielleicht ganz einfach,<br />
vielleicht liegt er „eh“ schon auf der Hand… Wir dürfen<br />
in uns hineinspüren und (uns) eine ehrliche Antwort<br />
geben: „Danke, es geht uns nicht gut.“<br />
Foto: © Engin Akyurt | pixabay.com<br />
31 | <strong>JUNI</strong> <strong>2021</strong>
information & gesellschaft<br />
Kinderschutz institutionalisieren:<br />
Sichere Orte für Kinder und Jugendliche<br />
KINDER HABEN DAS RECHT AUF SCHUTZ<br />
Mag. a Sandra Geisler MA<br />
Leiterin der<br />
Erziehungsberatung &<br />
Entwicklungsbegleitung<br />
und der Familienberatung<br />
der Wiener Kinderfreunde<br />
Foto: © Frank Jödicke<br />
Um Kinder und Jugendliche überall<br />
dort, wo sie ihre Zeit verbringen,<br />
wo sie lernen, spielen und<br />
sich ausprobieren, vor Gewalt,<br />
Ausbeutung, sexuellem Missbrauch,<br />
Machtmissbrauch, und anderen Kindeswohlbeeinträchtigungen<br />
zu schützen,<br />
bedarf es institutionell eines entsprechenden<br />
Kinderschutzkonzeptes. Mit<br />
diesem setzt eine Institution ein klares<br />
Zeichen und ein Signal dafür, dass eine<br />
Betreuungseinrichtung oder -situation<br />
ein sicherer Ort für Kinder und Jugendliche<br />
ist und dass diese Haltung unabdingbar<br />
für die pädagogische – auch freizeitpädagogische<br />
- Arbeit mit Kindern<br />
und Jugendlichen ist. Das Konzept hat<br />
zum Ziel, diese Haltung der Erwachsenen<br />
nicht zufälligerweise bei einzelnen<br />
Mitarbeiter*innen implementiert zu<br />
wissen und bei anderen nicht, sondern<br />
als Selbstverpflichtung der Organisation<br />
und aller ihrer Mitarbeiter*innen festzuschreiben.<br />
INTERNATIONALES QUALITÄTS-<br />
MERKMAL<br />
Ein Kinderschutzkonzept gilt international<br />
bereits seit vielen Jahren als zentrales<br />
Qualitätsmerkmal für Organisationen. In<br />
Österreich zeigt sich laut Ergebnis eines<br />
vom EU-Projekt „Safe Places“ durchgeführten<br />
Mappings, ein zersplittertes Bild<br />
in Hinblick auf Bewusstsein, Wissen und<br />
Verbreitung von Kinderschutzkonzepten.<br />
Expert*innen aus dem Kinderschutzbereich<br />
vom Verein ECPAT Österreich<br />
(Arbeitsgemeinschaft zum Schutz der<br />
Rechte der Kinder vor sexueller Ausbeu-<br />
tung) fordern dringend die Implementierung<br />
umfassender Kinderschutzkonzepte<br />
als österreichweiten Standard für<br />
Organisationen.<br />
INHALTE UND ZIELE<br />
Mit einem gut implementieren Kinderschutzkonzept<br />
erhöht die Institution die<br />
Chancen, dass Mitarbeiter*innen unter<br />
anderem auf eine angemessene Nähe<br />
und Distanz zu den Kindern und Jugendlichen<br />
achten, dass auf die Intimsphäre<br />
geachtet wird, dass Grenzverletzungen<br />
erkannt und angesprochen<br />
werden, dass jede*r Mitarbeiter*in im<br />
Falle einer Gefährdung über die entsprechenden<br />
Handlungspläne Bescheid<br />
weiß, dass Kinder und Jugendliche<br />
in ihrer Selbständigkeit, ihrer Selbstachtung<br />
und in der Vertretung ihrer<br />
Interessen und Bedürfnisse gestärkt<br />
werden. Kinder und Jugendliche haben<br />
das Recht auf Sicherheit, Privatsphäre,<br />
Partizipation und achtungsvollen<br />
Umgang.<br />
SENSIBILISIERUNG UND<br />
PRÄVENTION<br />
Im Zuge der Arbeit am Kinderschutzkonzept<br />
der Wiener Kinderfreunde habe<br />
ich die Erfahrung gemacht, dass die zu<br />
Beginn durchgeführte Risikoanalyse,<br />
die dazu dient, Gefährdungen zu erkennen,<br />
in den einzelnen Betreuungseinrichtungen<br />
bereits zu einem bewussten<br />
Schritt Richtung Sensibilisierung aller<br />
Mitarbeiter*innen geführt hat. Wobei<br />
Illustration: © Wiener Kinderfreunde-Karin Blum<br />
32 | <strong>JUNI</strong> <strong>2021</strong>
vorauszuschicken ist, dass die Kinderfreunde<br />
seit mehr als 110 Jahren stets<br />
Vorreiter im Kampf für Kinderrechte und<br />
eine Pädagogik, in deren Mittelpunkt die<br />
Bedürfnisse des Kindes stehen, sind.<br />
Um für das Wohl der Kinder zu sorgen,<br />
müssen die alltäglichen Abläufe, Vorgehensweisen<br />
und Handlungen betrachtet<br />
werden. Dazu gehört es auch, den pädagogischen<br />
Alltag stets zu reflektieren.<br />
Sich bewusst damit auseinanderzusetzen,<br />
welche Bereiche sensibel sind, ist<br />
ein wesentlicher Garant für Prävention.<br />
Diese beginnt etwa beim Auswahlverfahren<br />
für Mitarbeiter*innen und ehrenamtlich<br />
Tätige, geht beispielsweise weiter<br />
beim Umgang mit Nähe und Distanz im<br />
pädagogischen Alltag bis hin zur Thematik<br />
Macht bzw. Machtmissbrauch, z.B.<br />
in Essenssituationen. Darüber hinaus ist<br />
die Auseinandersetzung mit der Frage,<br />
welche Wege Kindern und Jugendlichen<br />
offenstehen, um Hilfe durch Erwachsene<br />
zu bekommen ebenso wichtig wie das<br />
Verfassen eines Verhaltenskodex´ sowie<br />
einer Selbstverpflichtungserklärung für<br />
alle Mitarbeiter*innen.<br />
Die Sensibilisierung aber auch dieser Nutzen<br />
des Konzeptes für die Mitarbeiter*innen sind<br />
auch wesentliche Inhalte der begleitenden<br />
Fortbildungsmaßnahmen.<br />
LINKS:<br />
HANDLUNGSPLÄNE FÜR<br />
<strong>MIT</strong>ARBEITER*INNEN<br />
Die Erstellung eines Beschwerdeverfahrens<br />
und klarer, strukturierter, transparenter<br />
Handlungspläne ermöglicht<br />
es jede*r Mitarbeiter*in, im Falle einer<br />
(vermuteten) Gefährdung eines Kindes<br />
und/oder Jugendlichen, weitere notwendige<br />
Schritte einzuleiten. Damit werden<br />
entsprechende Beobachtungen rationaler<br />
betrachtbar und die entsprechenden<br />
Schritte zu festgelegten Folgehandlungen.<br />
https://www.schutzkonzepte.at/safeplaces/<br />
https://www.ots.at/<br />
presseaussendung/<br />
OTS_20201113_<br />
OTS0130/kinderschutzkonzepte-jetztumsetzen<br />
33 | <strong>JUNI</strong> <strong>2021</strong>
information & gedanken<br />
Weiterentwicklung:<br />
Wie geht das?<br />
„SO LASST MICH SCHEINEN, BIS ICH WERDE.“ (Goethe)<br />
Roswitha Maderthaner<br />
Kindergartenleiterin<br />
Montessoriepädagogin<br />
Akademische Trainerin<br />
Dipl.Biografiearbeiterin<br />
zur Zeit Studium der<br />
Elementarpädagogik<br />
Neulich beim Frisör. Zwischen<br />
mir und der Friseurin entstand<br />
ein anregendes Gespräch über<br />
Probleme, die im Laufe des<br />
Lebens eines Menschen auftauchen.<br />
Dabei stellten wir fest, dass es manchen<br />
gelingt, aus und mit diesen Problemen<br />
zu wachsen und andere darin stecken<br />
bleiben, sich wie im Kreis darum drehen.<br />
Gutes Zureden und sämtliche Hilfsangebote<br />
verlaufen bei dieser Gruppe im<br />
Sand, und es scheint so, als würden sie<br />
das Problem irgendwie gar nicht hergeben<br />
wollen. Wachsen, so waren wir beide<br />
uns einig, kann man nur an der Bewältigung<br />
der Probleme. Was aber veranlasst<br />
uns dazu, Probleme zu meistern, und uns<br />
dadurch weiterzuentwickeln?<br />
Eine mögliche Antwort darauf könnte die<br />
Persönlichkeitstheorie nach Julius Kuhl<br />
liefern. Sie besagt, dass das Verhalten<br />
eines Menschen von einem Wechselspiel<br />
verschiedener psychischer Systeme, die<br />
in uns aktiv sind, abhängt. Diese Systeme<br />
steuern demnach, ob wir unsere<br />
Vorsätze umsetzen können und aus<br />
Fehlern lernen können oder eben nicht.<br />
Außerdem bestimmen sie darüber, wie<br />
wir die Welt wahrnehmen. Je nachdem<br />
wie wir die Systeme einsetzen, so gut<br />
kommen wir in der Welt zurecht. Stehe<br />
ich also vor einem Problem und möchte<br />
es mir genauer ansehen, dann wird in<br />
mir im besten Fall eine Art Fehlerzoom<br />
aktiviert, der es mir erlaubt, das Problem<br />
auseinander zu nehmen. Dann wird der<br />
Bereich aktiviert, der dafür zuständig<br />
ist, dass ich mir die einzelnen Teile<br />
ansehe und bewältigen kann. Das heißt,<br />
in mein selbst integriert wird. Damit<br />
ich aber mein neu errungenes Wissen,<br />
das nun Bestandteil meiner selbst ist,<br />
auch zeigen kann, muss wiederrum ein<br />
Bereich in mir aktiviert werden, der mich<br />
zum Handeln bringt. Das alles läuft mehr<br />
oder weniger unbewusst ab. Wichtig dabei<br />
ist aber, wie die Steuerung und das<br />
Umschalten zu den einzelnen Systemen<br />
erfolgt. Kann nämlich der passende Bereich<br />
nicht im richtigen Moment aktiviert<br />
werden, so stagniert alles, und eine<br />
Problemlösung kann nicht stattfinden.<br />
Und wer steuert diese Systeme?<br />
34 | <strong>JUNI</strong> <strong>2021</strong>
Unsere Gefühle, oder Affekte. Je nachdem,<br />
welches Gefühl aktiviert werden<br />
kann, werden Systeme aktiviert oder<br />
lahmgelegt. Der selbständigen Steuerung<br />
dieser Gefühle kommt dabei eine<br />
wichtige Rolle zu, und sollte in der<br />
Kindheit erlernt werden. Diese werden<br />
dann erlernt, wenn sich das Kind ernst<br />
genommen und verstanden fühlt und<br />
gleichzeitig eine positive Rückmeldung<br />
auf seine Selbstäußerung bekommt. Zum<br />
Beispiel bekommt zwar ein Kind eine<br />
positive Rückmeldung, wenn es lobende<br />
Worte für eine gelungene Aktion<br />
bekommt, nimmt aber der Erwachsene<br />
das Kind dabei nicht für vollwertig wahr,<br />
weil er es zu ungeschickt, ungenau oder<br />
der gleichen hält, so kann die positive<br />
Reaktion des Erwachsenen nicht mit<br />
dem Selbst des Kindes verknüpft werden.<br />
Kinder brauchen also wahrhafte Bezugspersonen,<br />
die sie in ihrem Sein ohne<br />
Vorbehalte annehmen und gleichzeitig<br />
positiv auf ihre Äußerungen reagieren.<br />
Deshalb spielt die Haltung der Erwachsenen<br />
gegenüber Kindern, so sie ihnen<br />
eine entwicklungsfördernde Umgebung<br />
schaffen wollen, eine enorme Rolle.<br />
Aber es besteht Hoffnung für diejenigen,<br />
die in ihrer Kindheit keine Gefühlssteuerung<br />
erlernen konnten, und somit<br />
die Systeme nicht gut genug steuern<br />
können. In schwierigen Situationen, so<br />
besagt es diese Verhaltenstheorie, hilft<br />
eine feinfühlige, trostgebende, wertschätzende<br />
und beruhigende Person,<br />
die das Gegenüber wirklich versteht und<br />
ernst nimmt. Sie könnte Gefühle bei den<br />
Hilfesuchenden auslösen, die dazu führen,<br />
dass er/sie das Problem bewältigen<br />
kann. Also kein Rat gebender, analysierender<br />
Mitmensch, sondern einer der<br />
positiven Gefühle aus einem Vertrauen<br />
heraus, durch echte Wertschätzung<br />
auslösen kann.<br />
Schön, wenn man so jemanden in seiner<br />
Nähe hat, oder wenn man so jemand<br />
sein darf, denn so könnten wir uns gegenseitig<br />
helfen, um weiter zu wachsen.<br />
Foto: © Gerd Altmann | pixabay.com<br />
35 | <strong>JUNI</strong> <strong>2021</strong>
information & gesellschaft<br />
Neues Buch von Dr. Marcus Täuber:<br />
Falsch Gedacht!<br />
WIE SIE IHRE MENTALE INTELLIGENZ SCHULEN KÖNNEN<br />
Dipl.Ing. Alexander Ristic<br />
Associated Press Austria<br />
Unser Gehirn ist ein leistungsfähiges<br />
Organ und die Basis all<br />
unseres Seins. Mehr als 650<br />
Millionen Jahre brauchte die<br />
Evolution, um die anfangs sehr simplen<br />
Nervensysteme in der Tierwelt zum<br />
menschlichen Gehirn weiterzuentwickeln.<br />
Die wichtigsten Grundfunktionen unserer<br />
Denkweise wurden in der Steinzeit<br />
gelegt. Unser Gehirn denkt egozentrisch,<br />
liebt die Vergangenheit und die „alten<br />
Denkmustern“ und neigt sich in sinnlosen<br />
Gedankenkreisläufen zu verlieren.<br />
Das Wissen darüber, wie unser Denken<br />
funktioniert und welche Auswirkungen<br />
es auf uns hat, kann alles verändern: von<br />
Gesundheit und Beziehung bis zu Karriere,<br />
Zufriedenheit und Glück. Doch um<br />
die Funktionsweisen des menschlichen<br />
Gehirns kreisen immer noch viel falsche<br />
Mythen.<br />
Als ersten Mythos entlarvt der Autor<br />
unsere Tendenz, uns sehr wichtig zu<br />
nehmen: Der übermäßige Einsatz von<br />
Lob, ob in der Erziehung oder Führung,<br />
führt nicht zu besserer Leistung, sondern<br />
zu Ego-Problemen des Gelobten. Auch<br />
der oft strapazierte Begriff der Selbstliebe<br />
gießt häufig Öl ins Feuer und führt<br />
zu Ängsten, Depressionen und Perfektionismus.<br />
Deshalb plädiert er für ein<br />
realistisches Selbstbild und einen differenzierten<br />
Umgang mit Lob.<br />
Einen weiteren Mythos sieht er in der Überschätzung<br />
unserer Intuition: Nur der gleichberechtigte<br />
Dialog zwischen Kopf und Bauch lässt<br />
uns die richtigen Entscheidungen treffen.<br />
Auch die Idee, dass nur der Wille zum Erfolg<br />
führt, wenn es um Veränderungen geht,<br />
enttarnt der Autor als Mythos. Die Willensanstrengung<br />
ist für den kurzfristigen Veränderungsschritt<br />
unabdingbar, muss aber für<br />
den nachhaltigen Erfolg durch Gewohnheiten<br />
ersetzt werden, die über Routinen etabliert<br />
werden. Diese geistige Adaption und Umsetzung<br />
vollziehen nur wenige, weshalb Veränderungen<br />
meist scheitern. „Erfolg beginnt im Kopf<br />
und bleibt leider oft auch dort“, resümiert Dr.<br />
Täuber die Problematik gängiger Motivationsansätze.<br />
In diesem ausgezeichneten Sachbuch finden Sie<br />
viele einfache Beispiele und Experimente zum<br />
Ausprobieren. Mit mentaler Intelligenz können<br />
wir Irrtümer im Kopf aufspüren, sie in förderliche<br />
Gedanken wandeln und unser Gehirn neu<br />
aufstellen.<br />
Wenn wir diese neuen Erkenntnisse und unser<br />
Potenzial entfalten und Gedanken richtig nutzen,<br />
können wir über uns selbst hinauswachsen<br />
und uns unser Wunsch-Gehirn basteln.<br />
Ein kurzweiliges Sachbuch, das uns zum neuen<br />
Denken anleitet und uns zu unseren wahren<br />
Stärken führt.<br />
Foto: © Gerd Altmann | pixabay.com<br />
36 | <strong>JUNI</strong> <strong>2021</strong>
information & umwelt<br />
Zwei neue Tiere:<br />
Rote Nase, laut und schrill<br />
NEIN - KEIN BETRUNKENER, SONDERN OSTAFRIKANISCHE KRONEN-TOKOS<br />
Direktor Dr. Michael Mitic<br />
Geschäftsführung<br />
Haus des Meeres/Wien<br />
AQUA TERRA ZOO<br />
www.haus-des-meeres.at<br />
Nachdem das Haus des Meeres<br />
nun endlich wieder geöffnet hat,<br />
werden Besuchern, die unser<br />
Tropenhaus gut kennen, plötzlich<br />
laute und schrille Pfeiflaute auffallen,<br />
die für sie völlig unbekannt klingen<br />
werden. Noch überraschender wird für<br />
sie dann sein, wer sie verursacht. Es sind<br />
nämlich keine kleinen Singvögel und<br />
auch nicht unsere Äffchen sondern stattliche<br />
schwarz-weiß gefärbte Vögel mit<br />
großem, gebogenem rotem Schnabel, der<br />
noch dazu direkt darüber einen zweiten<br />
zu besitzen scheint.<br />
Es handelt sich um ostafrikanische<br />
Kronen-Tokos, die zur Familie der Hornvögel<br />
gehören. Diese deutliche Verdickung<br />
des Oberschnabels, die Krone, ist<br />
namensgebend für diese Vogelart. Das<br />
Fortpflanzungsverhalten ist wirklich besonders:<br />
Typischerweise verschließt das<br />
Weibchen während der Brut ihre Nisthöhle<br />
mit einem Gemisch aus Fäkalien,<br />
Schlamm und klebrigen Nahrungsresten,<br />
wodurch die Jungen und es selbst vor<br />
möglichen Räubern gut geschützt ist.<br />
Ihr Partner versorgt seine Familie in<br />
der Folge mit Nahrung, erst wenn die<br />
Jungvögel flügge geworden sind, wird<br />
die Nisthöhle wieder geöffnet.<br />
Das Haus des Meeres erhielt dieses Paar<br />
kürzlich im Zuge eines Austauschprogramms<br />
mit dem Tiergarten Wels, der<br />
dafür unser Weibchen des östlichen<br />
Gelbschnabel-Tokos erhielt. Auf sie<br />
wartete in Wels bereits ein männlicher<br />
Partner – Zoos quasi als Hochzeitsplaner<br />
im Wonnemonat Mai…<br />
Fotos: © Archiv "Haus des Meeres"<br />
38 | <strong>JUNI</strong> <strong>2021</strong>
Foto © Free-Photos | pixabay.com<br />
39 |<strong>JUNI</strong> <strong>2021</strong>
information & bildung<br />
Genug von Einschränkungen:<br />
Ferien nach einem Jahr Corona<br />
WIE KANN MAN SICH AM BESTEN IN DEN FERIEN AUF DIE SCHULE<br />
VORBEREITEN?<br />
Susanne Zeiler<br />
Lerne.Lieber.Leichter!<br />
Legasthenietherapie &<br />
Dyskalkulietraining<br />
Lerncoaching<br />
Workshops<br />
Familienberatung<br />
Pandemie – Lockdown – Homeschooling…<br />
Natürlich geben<br />
alle Beteiligte ihr Bestes, Lernen<br />
zwischen Küchentisch und Wohnzimmercouch<br />
irgendwie hinzubekommen:<br />
Eltern, Lehrkräfte und die Kinder zeigen<br />
seit mehr als einem Jahr Improvisationstalent,<br />
Durchhaltevermögen und Frustrationstoleranz,<br />
um im Pandemiealltag<br />
irgendwie zu bestehen.<br />
Technische Infrastruktur wurde in unglaublichem<br />
Tempo aufgestellt. Die Zeit<br />
des digitalen Lernens ist angekommen,<br />
ein großer Fortschritt in Richtung modernes<br />
Lernen.<br />
Doch kann digitales Lernen und Homeschooling<br />
einen „normalen“ Schulbetrieb<br />
ersetzen? Besonders bei jungen Schülerinnen<br />
und Schülern ist Lernen sehr<br />
vielschichtig. ExpertInnen sind sich einig:<br />
Der Verlust des Präsenzunterrichts ist<br />
besonders für sie bedeutsam.<br />
Für viele Kinder war es im letzten Jahr<br />
schwierig, den neuen Lernstoff gut<br />
im Gedächtnis zu verankern, weil die<br />
Möglichkeiten trotz aller Kreativität<br />
eingeschränkt waren. Hinzu kommt, dass<br />
es eine emotionale Herausforderung war,<br />
die junge Kinder beim Lernen stark beeinflusst<br />
hat. Kinder haben ihre Freunde<br />
vermisst und den direkten Kontakt zur<br />
Lehrerin, zum Lehrer. Diese zählen im<br />
Grundschulalter nach den Eltern zu den<br />
wichtigsten Bezugspersonen, Lernen<br />
passiert viel über Beziehung. Lernen in<br />
Gemeinschaft, über Bewegung, Spaß,<br />
Neugier, die Rückmeldung der Lehrkraft,…<br />
all das sind für VolksschülerInnen<br />
wichtige Skills und können durch<br />
Digitalisierung nicht ersetzt werden.<br />
Neun Wochen Ferien sind lange und<br />
selbst unter anderen Umständen gerät<br />
ohne Üben einiges in Vergessenheit.<br />
Nach einem Jahr Pandemie, in dem das<br />
Automatisieren schwer möglich war,<br />
noch eher als sonst. Doch sollten dabei<br />
einige wenige Regeln eingehalten werden.<br />
Das Feriengefühl darf nicht beeinträchtigt<br />
werden.<br />
RECHTZEITIG <strong>MIT</strong> DEM <strong>LERNEN</strong><br />
AUFHÖREN!<br />
Klingt seltsam, ist aber so. Es ist wichtig,<br />
kurze, überschaubare Lerneinheiten<br />
mit dem Kind zu vereinbaren. Und auch<br />
wenn es gerade gut geht, und das Kind<br />
motiviert wäre - nach der vereinbarten<br />
Zeit abschließen. Der positive Effekt<br />
wirkt bestimmt nach!<br />
Das kann z.B so aussehen:<br />
•gleich nach dem Frühstück für zehn<br />
Minuten das Einmaleins wiederholen,<br />
täglich eine Reihe.<br />
• abends vor dem Einschlafen täglich 15<br />
Minuten lesen<br />
• ab August wird täglich ein Satz ins<br />
Ferientagebuch geschrieben<br />
Foto © jplenio | pixabay.com<br />
40 | <strong>JUNI</strong> <strong>2021</strong>
Besonders in den Ferien hat der Spaß<br />
beim Lernen einen hohen Stellenwert,<br />
ein guter Zeitpunkt für Lernspiele. Das<br />
1x1 kann z.B hüpfend am Trampolin<br />
oder tanzend zu cooler Musik trainiert<br />
werden. Klassische Spiele wie Schnitzeljagd<br />
eignen sich hervorragend, um<br />
Sätze zu schreiben. Der Kreativität sind<br />
keine Grenzen gesetzt. Comics sind in<br />
den Ferien ein willkommener Lesestoff.<br />
Eine Zeit, in der Eltern den Kindern „ihre<br />
Comic-Helden von damals“ vorstellen<br />
können.<br />
41 | <strong>JUNI</strong> <strong>2021</strong>
information & gesellschaft<br />
Lockdown-Pfunde:<br />
„Gamechanger Corona“<br />
WIE DIE PANDEMIE UNSEREN ESS-STIL ÄNDERT<br />
Mag.a Julia<br />
Geißler-Katzmann<br />
selbstständige Ernährungswissenschafterin<br />
Outdoorpädagogin &<br />
Kinesiologin nach<br />
Dr. med. Klinghardt<br />
www.julika.at<br />
Alle von uns wissen es: seit März<br />
2020 hat ein kleiner Virus uns<br />
ordentlich aus der Komfortzone<br />
gerüttelt und uns in vielen Belangen<br />
zum Umdenken, Umorganisieren und<br />
oft an Rand der nervlichen Belastbarkeitsgrenze<br />
geführt.<br />
Für die meisten von uns hieß es Homeoffice<br />
und Homeschooling, neben Essenszubereitung<br />
und Verpflegung der Familie,<br />
zu schupfen.<br />
Es waren nicht nur die Geschirrberge in<br />
der Küche hoch und die Wäscheberge im<br />
Badezimmer, sondern der Kühlschrank<br />
auf sonderbare Weise auch ständig zum<br />
Nachfüllen bereit!<br />
Wir alle haben die ersten Wochen des<br />
Lockdowns die Hefe in den Supermärkten<br />
vergeblich gesucht, während auf sozialen<br />
Netzwerken fleißig geteilt wurde, wer<br />
welche Sauerteigbrote bäckt, wie man<br />
Hefe selbst herstellen kann etc.<br />
Es wurde also mehr gekocht, laut Umfragen<br />
stieg auch das Interesse an der<br />
Herkunft der Lebensmittel, die wir zu uns<br />
nehmen. Die Kehrseite war, dass viele<br />
durch die psychisch belastende Situation<br />
auch dazu neigten mehr zu essen. Gerade<br />
das Essen aus Frust und Langeweile<br />
hat zugenommen. Dies zeichnete sich<br />
auch in meiner Beratungspraxis ab, viele<br />
Kinder, die durch Bewegungsmangel und<br />
steigenden Süßigkeitenkonsum in die<br />
Gewichtszunahmefalle tappten und den<br />
Weg zu mir fanden. Auch bei mir zuhause<br />
zeichnete sich ab, dass meine Kinder aus<br />
Langeweile öfters nach Süßem fragten.<br />
Vielleicht war das bei Ihnen ähnlich?<br />
Das so genannte „Soul Food“ stand also<br />
hoch im Kurs. Essen, welches uns ein<br />
gutes Gefühl beschert und Geborgenheit<br />
vermittelt.<br />
Da griffen also viele Personen verstärkt<br />
zu (einfachen) Kohlenhydraten, um<br />
sich wohlzufühlen. Umfragen in der<br />
D-A-CH Region (Deutschland-Österreich-Schweiz)<br />
zeigten, dass innerhalb<br />
weniger Wochen bereits 24 % der<br />
Befragten zugenommen haben. Davon<br />
hat mehr als jede/r Zweite zwischen 1-3<br />
Kilogramm und jede/r Fünfte sogar 3-5<br />
Kilogramm zugelegt.<br />
ZURÜCK ZUM GUTEN BAUCH-<br />
GEFÜHL<br />
Wunderbar, wenn jemand gerne isst und<br />
sein Essen auch genießt!<br />
Nahrung, welche zum wahren Genuss<br />
werden darf, und zwar mit allen Sinnen,<br />
ist ein Schlüssel zu einem guten Lebensstil.<br />
Um die Gewichtszunahme dabei<br />
links liegen zu lassen, kann es zunächst<br />
hilfreich sein, sich ganz bewusst zu überlegen,<br />
wie und was Sie essen. Nehmen<br />
Sie ihr Essen während dem Gehen, am<br />
Computer, neben der Zubereitung der<br />
Kinder-Mahlzeiten zu sich? Wie viel Zeit<br />
darf das Essen beanspruchen? Klingelt<br />
nebenbei schon das Handy, weil noch<br />
ein dringender Termin bevorsteht?<br />
Gibt es Momente der Ruhe, um das<br />
Essen wirklich genießen zu können und<br />
zuletzt: wie oft kauen Sie ihren Bissen?<br />
Foto © SK | pixabay.com<br />
42 | <strong>JUNI</strong> <strong>2021</strong>
Wie gut tut das Essen ihrer Körpermitte?<br />
Wie fühlt sich der Bauch nach den<br />
Mahlzeiten an?<br />
Nehmen Sie sich doch mal diese Woche<br />
vor, sich ganz auf das Kauen ihrer Nahrung<br />
zu konzentrieren. Versuchen Sie<br />
jeden Bissen 25-30mal zu kauen. Lauschen<br />
Sie in sich hinein was es bewirkt.<br />
Was sagt ihr Bauch dazu?<br />
Wie schmeckt der erste Bissen im Vergleich<br />
zum letzten und welche Zutaten<br />
(Kräuter, Gewürze) können Sie herausfinden?<br />
Lassen Sie sich drauf ein. Geben Sie<br />
jedem Bissen die Achtsamkeit, die er<br />
verdient!<br />
GOOD FOOD – GOOD MOOD<br />
Was uns allen in Zeiten der Pandemie<br />
helfen kann, sind tatsächlich Lebensmittel,<br />
die unsere Stimmung positiv beeinflussen,<br />
jedoch nicht die Kilos in die Höhe treiben. Es lohnt sich<br />
also das eigene Essen genauer unter die Lupe zu nehmen. Mit<br />
Vitaminen aus der B-Gruppe und Omega-3-Fettsäuren können<br />
wir unser Nervensystem gut unterstützen.<br />
Diese finden sich in Vollkorngetreideprodukten, Walnüssen,<br />
Maroni, Fisch, Leinsamen, Hanfsamen oder Rapsöl. Auch Hülsenfrüchte,<br />
wie Linsen, Bohnen und Kichererbsen machen das<br />
Nervenkostüm stabiler und bringen hochwertiges Eiweiß auf<br />
den Teller.<br />
Aufstriche, die als Basis diese stärkehaltigen Sattmacher beinhalten,<br />
sind schnell zubereitet und schmecken am Brot genauso<br />
gut wie zu gekochten Kartoffeln!<br />
Julika-Tipp: Wird noch ein Teelöffel Lein- oder Hanföl dazu<br />
gefügt, bekommt man gleich eine gute Portion Omega-3-Fettsäuren<br />
dazu. Diese Fettsäuren sind wichtig für unser Gehirn und<br />
können ebenso die Entzündungswerte im Blut senken.<br />
Meine Überzeugung ist: wer sich durch nährstoffreiches Essen<br />
fit hält, der hat auch eine gewisse mentale Stabilität, die aus<br />
dem Inneren kommt!<br />
43 | <strong>JUNI</strong> <strong>2021</strong>
information & vielfalt<br />
Elisabeth Dörffel:<br />
Sommer 1988<br />
EINE FEUCHTE RÜCKFAHRT<br />
1988 fuhren mein Mann und ich<br />
wieder einmal mit unserem Trabi<br />
nach Ungarn, wo wir auf einem<br />
Campingplatz am Balaton vierzehn<br />
wunderschöne Tage bei herrlichem<br />
Sonnenwetter verlebten. Danach begaben<br />
wir uns frohgelaunt auf die Heimreise.<br />
Flott ging es auf der Autobahn<br />
vorwärts. In strahlendem Sonnenschein<br />
fuhren wir dahin, als wir auf einem<br />
Schild lasen: „Noch 80 Kilometer bis zum<br />
Grenzkontrollpunkt.“<br />
Plötzlich gab es einen Knall – und unsere<br />
Frontscheibe hatte ein Loch und zersplitterte<br />
sofort in tausend Stücke!<br />
Im Konsum gibts Bananen<br />
1946–1989<br />
Alltagsgeschichten aus der DDR<br />
320 Seiten mit vielen Abbildungen,<br />
Ortsregister, Klappenbroschur<br />
Reihe Zeitgut Band 31,<br />
Zeitgut Verlag, Berlin.<br />
ISBN: 978-3-86614-264-0<br />
Ein Stein war von einem vor uns<br />
fahrenden LKW versehentlich hochgeschleudert<br />
worden und hatte ausgerechnet<br />
unsere Scheibe getroffen. Da<br />
wir nun nichts mehr sehen konnten,<br />
schoben wir den Wagen auf den<br />
Standstreifen. Hier entfernten wir den<br />
Rest der Scheibe zunächst gewissenhaft<br />
und fegten dann die vielen kleinen<br />
Glassplitter aus dem Inneren unseres<br />
Trabis. Als das getan war, erhob sich<br />
die bange Frage: Was nun?<br />
Wir mußten ja weiter.<br />
Wir beschlossen, von der Autobahn herunterzufahren,<br />
und tuckerten, der Not<br />
gehorchend, in unserem lädierten Auto<br />
durch die Landschaft. Zu allem Unglück<br />
setzte nun auch noch Nieselregen ein.<br />
Tapfer fuhren wir weiter Richtung<br />
ungarisch-tschechische Grenze. Endlich<br />
dort angekommen, mußten wir unsere<br />
Pässe vorzeigen, die wir gleich durch<br />
die nicht mehr vorhandene Frontscheibe<br />
reichten. Die Grenzer sahen sich<br />
verdattert an, riefen sich irgendwelche<br />
Scherzworte zu und brachen dann in<br />
schallendes Gelächter aus.<br />
Uns war nicht nach Lachen zumute.<br />
Verbissen, verärgert und entnervt<br />
saßen wir im Auto. Nachdem wir<br />
unsere Ausweise zurückerhalten hatten<br />
und weiter konnten, verfolgte uns das<br />
Gelächter noch bis zum tschechischen<br />
Grenzübergang. Hier wiederholte sich<br />
Foto: Zeitgut Verlag/Privatbesitz der Autorin<br />
44 | <strong>JUNI</strong> <strong>2021</strong>
die gleiche Prozedur: Die Grenzer und<br />
Zöllner lachten, klopften sich auf die<br />
Schenkel und winkten uns schließlich<br />
grinsend durch.<br />
Zum Ärger hatten wir nicht nur den<br />
Spott, es sollte noch schlimmer kommen.<br />
Weil unser Treibstoff zur Neige ging,<br />
fuhren wir an die nächste Tankstelle.<br />
Während der Tankwart das Benzin einfüllte,<br />
kam ein junger Mann mit Lappen<br />
und Eimer auf unser Auto zugerannt, und<br />
ehe wir wußten, wie uns geschah, hatten<br />
wir einen nassen Lappen an der Backe!<br />
Der junge Mann hatte unsere Frontscheibe<br />
putzen wollen und zu spät bemerkt,<br />
daß da gar keine war!<br />
Wieder schallendes Gelächter, diesmal<br />
auf beiden Seiten, denn wir waren ja<br />
ohnehin naß vom ständigen Nieselregen.<br />
Frontscheibe zu kaufen. Leicht war das nicht. Es<br />
bedurfte großer Überredungskünste und einer sehr<br />
reichlich bemessenen Bezahlung, bis uns endlich<br />
eine Werkstatt eine Scheibe überließ. Zurück auf<br />
dem Parkplatz, zogen wir dann gemeinsam mit<br />
Hilfe einer Wäscheleine die neue Frontscheibe ein.<br />
Am nächsten Tag fuhren wir glücklich nach Hause<br />
und freuten uns, daß wir am DDR-Grenzkontrollpunkt<br />
Bad Schandau unsere Pässe wieder durch<br />
die Seitenscheibe reichen konnten.<br />
Übrigens, die Scheibe hielt bis 1990, und unsere<br />
„Rennpappe“ (scherzhafte Bezeichnung für den<br />
Trabant) hat uns noch viele treue Dienste geleistet.<br />
Weiter ging es, aber weil der Regen<br />
immer stärker wurde, steuerten wir den<br />
nächsten Parkplatz an. Es goß nun wie<br />
aus Eimern. Um uns und das Innere<br />
unseres Trabis zu schützen, legten wir<br />
unsere Luftmatratze vor den Rahmen der<br />
nicht mehr vorhandenen Frontscheibe.<br />
Wie waren wir glücklich, als ein Ehepaar<br />
mit seinem Wohnwagen vorbeikam, anhielt<br />
und fragte, ob wir Hilfe brauchten!<br />
Sie luden uns in ihren Wohnwagen ein,<br />
wo wir uns erst einmal trockene Sachen<br />
anziehen konnten. Dann koppelte der<br />
junge Mann sein Auto vom Wohnanhänger<br />
ab und fuhr mit meinem Mann<br />
in die nächstliegende Stadt, um eine<br />
Unser „Trabant“ ist bereit für die Weiterfahrt nach<br />
Hause: Die neue Frontscheibe ist eingesetzt und unser<br />
Gepäck wieder eingepackt.<br />
45 | <strong>JUNI</strong> <strong>2021</strong>
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