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27<br />

Zeelemannskath<br />

Das alte Peerenboomshaus Rheinberg/Millingen Ecke Alpener-Ackerstraße wur<strong>de</strong> nach öfterem Umbau, 1988 abgebrochen.<br />

06 49 100 099 0X<br />

Gertrud Peerenboom<br />

geborene Pötters<br />

geb./getauft: 23.02.1781<br />

zu St. Peter Rheinberg<br />

verst. am<br />

zu<br />

Johann Raskopp geb. 18.08.1936<br />

erstellt 05.1997, geän<strong>de</strong>rt 12.2006<br />

St. Hochzeit 04.10.1811<br />

06 50 098 097 0X<br />

Heinrich Peerenboom<br />

geb./getauft 07.10.1778<br />

zu Pfarre Alpen/Huck<br />

verst. 30.08.1855<br />

zu Huck<br />

SterbUrk. Alpen Nr. 48/1855<br />

05 26 050 049 02<br />

Johann Theodor Peerenboom<br />

(Jean Theodor Perenbom)<br />

geb. am 13.08.1814<br />

zu Huck bei Alpen


05 00 050 049 01<br />

Catherine Pehrenbohm<br />

geb. am 21.09.1812<br />

zu Huck<br />

Amt Alpen Nr. 29/1812<br />

verst. 02.03.1825<br />

zu Huck<br />

Amt Alpen Nr. 8/1825<br />

05 00 050 049 02<br />

Johann Theodor Pehrenbohm<br />

(Jean Theodor Pehrenbohm)<br />

geb. am 13.08.1814<br />

zu Alpen<br />

Amt Alpen Nr. 19/1814<br />

05 00 050 049 03<br />

Magdalene Peerenbooms<br />

geb. am 13.08.1816<br />

zu Huck bei Alpen<br />

Amt Alpen Nr. 30/1816<br />

05 25 050 049 04<br />

Johanna Peerenboom<br />

geb. am 01.09.1818<br />

auf Zelemannskath in Huck<br />

Amt Alpen Nr. 34/1818<br />

05 00 050 049 05<br />

Anna Mecht. Perenboom<br />

get. am 23.02.1821<br />

zu Pfarre Alpen<br />

Liste Mormonen<br />

Kirchenbuch Pfarre Alpen<br />

Taufen von 1750-1875<br />

Anmerkung:<br />

Siehe Geburtsurkun<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Jean Theodor<br />

Pehrenbohm, Alpen Nr.19/1814.<br />

Vater Heinrich Peerenboom<br />

1814 - 34 Jahre - somit um 1780 geboren.<br />

Johann Raskopp geb. 18.08.1936<br />

erstellt 05.1997, geän<strong>de</strong>rt 12.2006<br />

27a


Heirats-Urkun<strong>de</strong> <strong>de</strong>r MAIRIE <strong>de</strong>, Alpen, CANTON <strong>de</strong>, Rheinberg, Nr.: 10, vom 04.10.1811<br />

<strong>de</strong>s Henrij <strong>Pehrenbaum</strong> aus Millingen, 32 Jahre, ca. 1871 geboren, von Beruf Dienstbote,<br />

Sohn <strong>de</strong>s Jean <strong>Pehrenbaum</strong> und <strong>de</strong>r Catherine Paßmanns aus Millingen<br />

und <strong>de</strong>r Anne Gertrud Elisabeth <strong>Poetters</strong>, 30 Jahre, ca. 1781 geboren, aus Winterswick/Rheinberg,<br />

Tochter <strong>de</strong>s Arnend <strong>Poetters</strong> und Catherine Tabben aus Winterswick/Rheinberg.<br />

Johann Raskopp geb. 18.08.1936<br />

erstellt 05.1997, geän<strong>de</strong>rt 12.2006<br />

27b


05 00 050 049 01<br />

Geburts-Urkun<strong>de</strong>, Amt Alpen Nr. 29/1812, <strong>de</strong>r Catherine Pehrenbohm, geb. 21.09.1812.<br />

Eltern Henry Pehrenbohm und Gertru<strong>de</strong> geborene <strong>Poetters</strong>.<br />

Johann Raskopp geb. 18.08.1936<br />

erstellt 05.1997, geän<strong>de</strong>rt 12.2006<br />

27c


05 00 050 049 02<br />

Geburts-Urkun<strong>de</strong>, Amt Alpen Nr. 19/1814, <strong>de</strong>s Jean Theodor Pehrenbohm vom13.08.1814,<br />

Eltern Henry Pehrenbohm und Gertrud geborene Pötters.<br />

Johann Raskopp geb. 18.08.1936<br />

erstellt 05.1997, geän<strong>de</strong>rt 12.2006<br />

27d


Übersetzung <strong>de</strong>r Geburtsurkun<strong>de</strong> Nr. 19/1814, Amt Alpen,<br />

<strong>de</strong>s Johann Theodor Pehrenbohm, geboren am 13.08.1814.<br />

Vater Heinrich Pehrenbohm, Mutter Getrud geborene Pötters.<br />

Nr. 19 Geburtsurkun<strong>de</strong><br />

Im Jahre 1814 am 14.08. um 10 Uhr vormittags<br />

erschien vor mir, Jean Köhter, Bürgermeister von Alpen<br />

und Stan<strong>de</strong>sbeamter, Henry Pehrenbohm, 34 Jahre alt,<br />

von Beruf Ackerer, wohnhaft in Alpen.<br />

Derselbe hat uns ein Kind männlichen Geschlechtes<br />

„präsentiert“, geboren am 13.08.1814 um 3 Uhr,<br />

stammend von Henry Perenbohm und von Gertrud<br />

Pötters, seiner Ehefrau, von Beruf Tagelöhnerin,<br />

wohnhaft in Alpen im Hause nro.<br />

gelegen in <strong>de</strong>r Straße .<br />

Henry Perenbohm hat erklärt, <strong>de</strong>m Kind <strong>de</strong>n Vornamen<br />

Jean Theodor (Johann Theodor) geben zu wollen.<br />

Die genannte Erklärung und „ Präsentation“ wur<strong>de</strong>n<br />

gemacht in Gegenwart <strong>de</strong>r Herrn Franz Pötters,<br />

27 Jahre alt, Tagelöhner, wohnhaft in Alpen, und<br />

Wilhelm Robertz, 28 Jahre alt, Tagelöhner, wohnhaft<br />

in Alpen.<br />

Erklären<strong>de</strong>r und Zeugen müssen mit uns <strong>de</strong>n vorliegen<strong>de</strong>n<br />

Akt unterschreiben, nach<strong>de</strong>m sie ihn zur Kenntnis<br />

genommen haben.<br />

Der Vater Henry Perenbohm und die zwei Zeugen<br />

erklärten, sie könnten nicht schreiben.<br />

gez. Köther<br />

Nach einer Übersetzung <strong>de</strong>r Geburtsurkun<strong>de</strong> Nr. 19/1814, Amt Alpen.<br />

Johann Raskopp geb. 18.08.1936<br />

erstellt 05.1997, geän<strong>de</strong>rt 12.2006<br />

27e


05 050 049 03<br />

Geburts-Urkun<strong>de</strong>, Amt Alpen Nr. 30/1816, <strong>de</strong>r Magdalene Perenbooms, geb. 13.08.1816<br />

zu Huck bei Alpen .<br />

Eltern Johann Heinrich Perenbooms, genannt Zeelemann und Gertrud geborene Pötters.<br />

Johann Raskopp geb. 18.08.1936<br />

erstellt 05.1997, geän<strong>de</strong>rt 12.2006<br />

27f


05 25 050 049 04<br />

Geburts-Urkun<strong>de</strong>, Amt Alpen Nr. 34/1818, <strong>de</strong>r Johanna Peerenboom, geb. 01.09.1818,<br />

zu Huck bei Alpen.<br />

Eltern Johann Heinrich Peerenboom und Gertrudis geborene Pötters.<br />

Johann Raskopp geb. 18.08.1936<br />

erstellt 05.1997, geän<strong>de</strong>rt 12.2006<br />

27g


Millingen und unsere Ahnen<br />

Einleitung<br />

Von <strong>de</strong>n Orten, Dörfern und Wohnplätzen, die zur neuen Stadt Rheinberg gehören, sind bis<br />

heute nur die Stadtteile Annaberg und Millingen ohne entwicklungsgeschichtliche Darstellung<br />

geblieben.<br />

Beim Annaberg, <strong>de</strong>r mit seinen wenigen Höfen und Anwesen bis vor etwa 60 Jahren zusammen<br />

mit <strong>de</strong>m größten Teil <strong>de</strong>s heutigen Millingen, die Rheinberger II. Bauerschaft bil<strong>de</strong>te, ist<br />

dies verständlich, <strong>de</strong>nn seine Entwicklung setzte erst nach <strong>de</strong>m 2. Weltkrieg ein und gibt für<br />

die Geschichtsschreibung noch nichts her; es sei <strong>de</strong>nn, man wolle über die Anna-Kapelle, Haus<br />

Gelin<strong>de</strong>, <strong>de</strong>m Berkevoortshof, <strong>de</strong>n Friedhof o<strong>de</strong>r das Kriegs-gefangenenlager schreiben.<br />

An<strong>de</strong>rs ist es bei Millingen, o<strong>de</strong>r richtiger: <strong>de</strong>r II. Bauerschaft, <strong>de</strong>ren wesentliche Geschichte<br />

aus <strong>de</strong>n interessanten Vorgängen um die Erschließung und Besie<strong>de</strong>lung <strong>de</strong>r Rheinberger und<br />

Millinger Hei<strong>de</strong> im achtzehnten und neunzehnten Jahrhun<strong>de</strong>rt besteht. Davon soll hier im<br />

Zusammenhang mit <strong>de</strong>r übrigen Ortsgeschichte berichtet wer<strong>de</strong>n.<br />

Lage, Größe und Beschreibung <strong>de</strong>r Hei<strong>de</strong><br />

Nach <strong>de</strong>m Rheinberger Hauptlagerbuch von 1787 lag die Rheinberger Hei<strong>de</strong>, wie wir sie <strong>de</strong>r<br />

Einfachheit halber nennen wollen, im Nordwesten <strong>de</strong>r alten Festung Rheinberg; begrenzt<br />

im Sü<strong>de</strong>n von <strong>de</strong>r heutigen Alpsrayerstraße (hier lag früher die Rheinberger Landwehr), im<br />

Westen von <strong>de</strong>r Hey<strong>de</strong>cker- und Alpschen-Ley, beziehungsweise <strong>de</strong>m Rheinberger und Alpschen<br />

Bruch, sowie im Nor<strong>de</strong>n und Osten von <strong>de</strong>r Keltenstraße und <strong>de</strong>r Römerstraße, <strong>de</strong>r alten<br />

„Hohen Straße“.<br />

Nach diesem Lagerbuch hatte sie einschließlich <strong>de</strong>s damals schon urbar gemachten Lan<strong>de</strong>s und<br />

<strong>de</strong>r vorhan<strong>de</strong>nen Katstellen eine Größe von 1.604 preußischen Morgen und 100 Ruthen. Die<br />

reine Hei<strong>de</strong>fl äche betrug im Jahre 1775 1.535 Morgen, das Gesamtgebiet einschließlich <strong>de</strong>s<br />

Bruchs rund 2.290 Morgen.<br />

Landschaftlich stellte sie sich vom Annaberg bis vor Alpen als eine große, freie, fast ebene<br />

und vorwiegend mit niedriger Besenhei<strong>de</strong> bewachsene Fläche dar, nur an einigen Stellen<br />

von lichtem Buschwerk aus kleinen Birken und verkrüppelten Eichen belebt. Unterbrochen<br />

wur<strong>de</strong> die Ebene durch einzelne niedrige Flugsanddünen, von <strong>de</strong>nen sich <strong>de</strong>r Loisberg und <strong>de</strong>r<br />

Vittenberg, <strong>de</strong>r immerhin die stattliche Höhe von 36,3m über NN - die Stadt Rheinberg liegt<br />

etwa 26m über NN - erreichte, <strong>de</strong>utlich aus <strong>de</strong>r eintönigen Fläche abhoben. Beim Vittenberg<br />

war die typische Dünenform - zur Hauptwindrichtung Südwest sanft und nach Nordost steil<br />

abfallend - gut zu erkennen. Den Vittenberg gibt es nicht mehr, er wur<strong>de</strong> zu Kalksandsteinen.<br />

Das Vorhan<strong>de</strong>nsein dieser Dünen <strong>de</strong>utet auf die Bo<strong>de</strong>nbeschaffenheit hin; es war Sand,<br />

teilweise „fl iegen<strong>de</strong>r Sand“, <strong>de</strong>r in früherer Zeit natürlich nicht dazu reizte, das Gelän<strong>de</strong> zu<br />

kultivieren. Das geschah erst, als <strong>de</strong>r Grund und Bo<strong>de</strong>n für die wachsen<strong>de</strong> Bevölkerung knapp<br />

wur<strong>de</strong>. Einige Teile <strong>de</strong>r Hei<strong>de</strong> mit beson<strong>de</strong>rs armen Bö<strong>de</strong>n (zum Beispiel am Vittenberg) blieben<br />

sogar bis weit in unser Jahrhun<strong>de</strong>rt hinein Ödland o<strong>de</strong>r Hei<strong>de</strong>, willkommene Wei<strong>de</strong> <strong>de</strong>r<br />

Bienen <strong>de</strong>s Bienenvaters Theodor Göd<strong>de</strong>n. Doch davon später mehr.<br />

Durch die Hei<strong>de</strong> führten nur zwei Wege, <strong>de</strong>r von Rheinberg nach Issum, heute die Hey<strong>de</strong>ckerstraße,<br />

und <strong>de</strong>r von Ossenberg (vom Zollbaum o<strong>de</strong>r Alperbaum) ebenfalls nach Issum, heute<br />

die Saalhofferstraße. Bei<strong>de</strong> Straßen vereinigten sich bei Haus Hey<strong>de</strong>ck zu einer, die durch die<br />

Leucht weiterführte.<br />

In dieser Hei<strong>de</strong> stand in alten Zeiten mit Ausnahme <strong>de</strong>s „Kurthurmes“, <strong>de</strong>r auf einer niedrigen<br />

Düne in <strong>de</strong>r Hey<strong>de</strong>ckerstraße in <strong>de</strong>r Nähe <strong>de</strong>s jetzigen Hofes Rangen errichtet war, nicht ein<br />

Heinz Janssen<br />

27h


einziges Bauwerk. Der viereckige, etwa 12m hohe und 3,50m breite Turm war aus Steinen<br />

gemauert, die nach „Ueltjesforth“ auf römische, nach „Mastiaux“ auf mittelalterliche Arbeit<br />

hin<strong>de</strong>uten. Der Eingang lag erhöht und konnte nur durch Stufen o<strong>de</strong>r mittels Leitern erreicht<br />

wer<strong>de</strong>n. Nach <strong>de</strong>m Namen „Kurthurm“ (mittelnie<strong>de</strong>r<strong>de</strong>utsch kuren = spähend ausschauen)<br />

muß es ein Wachturm o<strong>de</strong>r Ausguck gewesen sein.<br />

Seine ursprüngliche Bestimmung bleibt aber zweifelhaft. Entwe<strong>de</strong>r war es ein römischer<br />

Signalturm, <strong>de</strong>r wegen seiner weiten Sichtbarkeit an dieser Stelle lag und von <strong>de</strong>m mit Feuern<br />

Nachrichten für die Posten und Stationen an <strong>de</strong>r unfern liegen<strong>de</strong>n Heerstraße (Römerstraße)<br />

weitergegeben wur<strong>de</strong>n (vielleicht <strong>de</strong>shalb die ungewöhnliche Ausführung in Stein) o<strong>de</strong>r<br />

war er im Mittelalter – eben wegen dieser Fernsicht – Wachtturm im Vorfeld <strong>de</strong>r Festung<br />

Rheinberg, unmittelbar vor <strong>de</strong>r Rheinberger Landwehr. Auf verschie<strong>de</strong>nen Karten <strong>de</strong>s 17.<br />

und 18. Jahrhun<strong>de</strong>rts ist er eingezeichnet und hat mit Sicherheit als Ruine noch Anfang <strong>de</strong>s<br />

19. Jahrhun<strong>de</strong>rts gestan<strong>de</strong>n. Ebenso sicher dürfte sein, daß <strong>de</strong>r Turm neben o<strong>de</strong>r nach seiner<br />

Benutzung als Wachtturm <strong>de</strong>n Hirten o<strong>de</strong>r Schäfern <strong>de</strong>r Stadt Rheinberg als Unterkunft<br />

bei schlechtem Wetter und zur Überwachung <strong>de</strong>r verstreuten Her<strong>de</strong>n gedient hat. Auch mag<br />

<strong>de</strong>r kurfürstliche o<strong>de</strong>r städtische Jäger dort gelegentlich Unterkunft o<strong>de</strong>r Zufl ucht gefun<strong>de</strong>n<br />

haben.<br />

Als <strong>de</strong>r Turm verfi el o<strong>de</strong>r zum ständigen Aufenthalt <strong>de</strong>s Schäfers nicht mehr ausreichte,<br />

entstand in unmittelbarer Nähe mit <strong>de</strong>r „Kurkampskate“ – heute <strong>de</strong>r Hof Rangen – im 16.<br />

o<strong>de</strong>r Anfang <strong>de</strong>s 17. Jahrhun<strong>de</strong>rts die erste Ansiedlung in <strong>de</strong>r Hei<strong>de</strong>. Ursprünglich wohl nur<br />

eine Schäferhütte wuchs sie bald nach Kultivierung <strong>de</strong>s umgeben<strong>de</strong>n Lan<strong>de</strong>s zu einem kleinen<br />

landwirtschaftlichen Anwesen an. Nach <strong>de</strong>n Unterlagen bekam einige Zeit später auch <strong>de</strong>r<br />

Jäger eine Dauerunterkunft in <strong>de</strong>r Hei<strong>de</strong>, das sogenannte „Jägerhäuschen“. Es lag ebenfalls<br />

nahe beim Kurturm an <strong>de</strong>r Hey<strong>de</strong>ckerstraße und entwickelte sich gleichermaßen im Laufe <strong>de</strong>r<br />

Zeit zu einer landwirtschaftlichen Katstelle.<br />

Nebenstehen<strong>de</strong> Karte von<br />

1758, zeigt auch das heutige<br />

Millingen, damals zum Teil<br />

noch Ödland.<br />

Heinz Janssen<br />

27i


Kommunale Zugehörigkeit<br />

Wie alle Wild- und Ödlän<strong>de</strong>reien gehörte auch die Rheinberger Hei<strong>de</strong> ursprünglich <strong>de</strong>m<br />

König o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>m Lan<strong>de</strong>sherrn, in diesem <strong>Fa</strong>lle also <strong>de</strong>m Kurfürsten von Köln. Der Kurfürst<br />

übte seine Besitzrechte, mit Ausnahme <strong>de</strong>s Jagdrechtes nie aus, son<strong>de</strong>rn überließ das Land<br />

<strong>de</strong>n Anwohnern zur Nutzung. Seinen Besitz-anspruch gab er allerdings in <strong>de</strong>r Regel nicht<br />

auf, um bei einer eventuellen Kultivierung einen Zehnten, <strong>de</strong>n Novalzehnten erheben zu<br />

können. Die Rheinberger Hei<strong>de</strong> gehörte seit <strong>de</strong>m Mittelalter zum Amt Rheinberg und hier<br />

zum Bereich <strong>de</strong>r Stadt Rheinberg. Sie galt als Allmen<strong>de</strong>, in <strong>de</strong>r die Bürger <strong>de</strong>r Stadt sowie <strong>de</strong>r<br />

umliegen<strong>de</strong>n Dörfer und Quartiere bestimmte Nutzungsrechte ausüben durften.<br />

Die Stadt Rheinberg hatte für ihren Bereich außerhalb <strong>de</strong>r Mauern zwei Bauernschaften gebil<strong>de</strong>t.<br />

Zur I. Bauerschaft gehörte das heutige Winterswick, zur II. Bauerschaft <strong>de</strong>r gesamte<br />

übrige ländliche Bereich mit seinen weit verstreuten Häusern, Höfen und Katstellen von<br />

Haus Cassel im Südosten bis zur Kallekath im Nordwesten vor <strong>de</strong>n Toren <strong>de</strong>r Stadt Alpen.<br />

Als nun En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s 18. Jahrhun<strong>de</strong>rts die französischen Besatzer ihren <strong>de</strong>utschen Herrschaftsbereich<br />

kommunal ordneten, bekam wohl die I. Bauerschaft <strong>de</strong>n Status einer Landgemein<strong>de</strong>,<br />

nicht aber die II. Bauerschaft. Dies wohl <strong>de</strong>shalb nicht, weil sich aus <strong>de</strong>n wenigen, über ein<br />

weites Gebiet verteilten Anwesen mit <strong>de</strong>m besten Willen kein Gemeinwesen herstellen ließ.<br />

In einer Beschreibung <strong>de</strong>s Amtes Rheinberg <strong>de</strong>s kurfürstlichen Kellners Erlenwein aus <strong>de</strong>m<br />

Jahre 1780 zählte die Stadt Rheinberg „extra muros“ (außerhalb <strong>de</strong>r Mauern) nur 12 Häuser<br />

mit 72 Bewohnern.<br />

Zur Situation <strong>de</strong>r II. Bauerschaft fand sich wohl in einer Akte <strong>de</strong>s frühen 19. Jahrhun<strong>de</strong>rts<br />

<strong>de</strong>r Hinweis, daß diese gewisse Korporationsrechte gehabt haben soll, jedoch war näheres<br />

nicht zu ermitteln. Es müssen wohl Gewohnheitsrechte gewesen sein, die nicht schriftlich<br />

fi xiert waren.<br />

Erst nach 1850, als die Hei<strong>de</strong> endgültig parzelliert und verkauft wur<strong>de</strong>, entstand eine, wenn<br />

auch weit gestreute dörfl iche Siedlung mit wachsen<strong>de</strong>r Einwohnerzahl, die 1869/70 sogar<br />

<strong>de</strong>n Bau einer Schule möglich wer<strong>de</strong>n ließ. Obwohl <strong>de</strong>r Grund und Bo<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>r Hei<strong>de</strong> zum<br />

großen Teil in <strong>de</strong>n Besitz <strong>de</strong>r Gemein<strong>de</strong> Huck und Millingen übergegangen war, blieb das<br />

Gesamtgebiet kommunal bei <strong>de</strong>r Stadt Rheinberg und hieß bis in die neueste Zeit hinein II.<br />

Bauerschaft.<br />

Der Sinn dieser Ortsbezeichnung wur<strong>de</strong> jedoch durch die Anlegung von Straßen, die Nummerierung<br />

<strong>de</strong>r Häuser getrennt nach <strong>de</strong>n Straßen und die Herausnahne großer Teile <strong>de</strong>s Gebietes<br />

wie Minkeldonk und Annaberg aus <strong>de</strong>r II. Bauerschaft immer mehr ausgehöhlt. Als nun<br />

beim Bau <strong>de</strong>r Eisenbahnstrecke Duisburg - Kleve in <strong>de</strong>n ersten Jahren unseres Jahrhun<strong>de</strong>rts<br />

<strong>de</strong>r in <strong>de</strong>r II. Bauerschaft liegen<strong>de</strong> Haltepunkt <strong>de</strong>n Namen „Millingen“ erhielt, bürgerte<br />

sich dieser Name auch für <strong>de</strong>n Rheinberger Bereich immer mehr ein. Um 1960 zog <strong>de</strong>r Rat<br />

<strong>de</strong>r Stadt Rheinberg die Konsequenz aus dieser Entwicklung und übernahm auch offi ziell<br />

für <strong>de</strong>n nördlichen Teil <strong>de</strong>r früheren Hei<strong>de</strong> <strong>de</strong>n Namen „Millingen“. Daraus ergab sich nun<br />

zwangsläufi g das Kuriosum, daß jetzt nebeneinan<strong>de</strong>r zwei Wohnplätze gleichen Namens<br />

lagen, Millingen in Alpen und Millingen in Rheinberg. Das richtige, ursprüngliche Millingen<br />

erstreckte sich im Anschluß an Drüpt, <strong>de</strong>m römischen „Trepitia“, entlang <strong>de</strong>r Römerstraße,<br />

also außerhalb <strong>de</strong>r Hei<strong>de</strong>. Es gehörte zur Herrlichkeit Alpen, die anfangs im Besitz <strong>de</strong>r Herren<br />

von Alpen und später <strong>de</strong>r Herren von Neuenahr sowie <strong>de</strong>r Fürsten von Bentheim-Steinfurth<br />

war. Eine beson<strong>de</strong>re Geschichte hat dies Millingen nicht. Soweit festzustellen, wird<br />

es erstmals 1241 als „Minlingen juxta Alpheym“ erwähnt. Frühere Nennungen <strong>de</strong>s Namens<br />

beziehen sich auf Millingen bei Rees. Der Ortsname Millingen kommt übrigens im näheren<br />

Umkreis mehrfach vor. Außer <strong>de</strong>n bei<strong>de</strong>n genannten gibt es noch Millingen bei Arnheim und<br />

Millingen bei Werl. Beim letzteren macht <strong>de</strong>r Rheinberger Reisen<strong>de</strong>, wenn er die Straße<br />

Heinz Janssen<br />

27j


von Werl nach Neheim-Hüsten befährt, eine kuriose Feststellung. Dort fi n<strong>de</strong>t er zuerst links<br />

einen Wegweiser „ 1 km nach Millingen“ und nur wenig später rechts einen Wegweiser<br />

„ 2 km nach Budberg“.<br />

Eine zuverlässige Deutung <strong>de</strong>s Ortsnamens Millingen war nicht zu fi n<strong>de</strong>n. Am ehesten<br />

scheint noch eine Ableitung aus <strong>de</strong>m lateinischen „Milliacum“ <strong>de</strong>nkbar, was die Lage an einem<br />

Fluß hin<strong>de</strong>utet. Der „Fluß“ wäre hier die Drüptsche Ley, <strong>de</strong>r frühere Bachlauf <strong>de</strong>r Löth (<strong>de</strong>s<br />

Moersbaches), die vor vielen Jahrhun<strong>de</strong>rten ein stattliches Flüßchen war. Die Senke <strong>de</strong>r Drüpschen<br />

Ley läßt noch heute die frühere Breite erkennen. Unser Millingen wird dann wie<strong>de</strong>r im<br />

17. Jahrhun<strong>de</strong>rt als „Millinger Quartier“ erwähnt. Es war also um diese Zeit genau wie Huck<br />

eine kleine Dorfschaft. En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s 18. Jahrhun<strong>de</strong>rts bekam es ebenso wie Huck <strong>de</strong>n Status einer<br />

Gemein<strong>de</strong> im Amt Alpen, <strong>de</strong>n es erst am 31.03.1939 durch Eingemeindung nach Alpen wie<strong>de</strong>r<br />

verlor. Im Gegensatz zur II. Bauerschaft, nahm Millingen keine Aufwärtsentwicklung<br />

son<strong>de</strong>rn blieb so klein, wie es seit Jahrhun<strong>de</strong>rten war. Das führte – wie schon gesagt – dazu,<br />

daß die Kin<strong>de</strong>r aus <strong>de</strong>r Gemein<strong>de</strong> Millingen die Schule in <strong>de</strong>r Millingerhei<strong>de</strong> als Gastschüler<br />

besuchen mußten. Zu erwähnen bleibt noch, daß die Grenzziehung zwischen Rheinberg und<br />

Alpen recht kurios war. Rheinberg reichte mit <strong>de</strong>r Millingerhei<strong>de</strong> bis vor Alpen, während<br />

Alpens Ortsteil Millingen sich entlang <strong>de</strong>r Römerstraße bis zur Saalhofferstraße und bis zur<br />

Zollstraße vorschob. Die bei<strong>de</strong>n Ortsteile lagen wie die bei<strong>de</strong>n Hälften eines Brötchens zueinan<strong>de</strong>r.<br />

Dieser unpraktische Zustand wur<strong>de</strong> erst am 01.01.1975 geän<strong>de</strong>rt.<br />

Erst seit diesem Zeitpunkt bil<strong>de</strong>t Millingen mit <strong>de</strong>r Millingerhei<strong>de</strong> auch kommunal eine<br />

Einheit.<br />

Eigentümer, Anlieger, Nutzung<br />

Wie schon gesagt, war die Rheinberger Hei<strong>de</strong> Allmen<strong>de</strong>, das heißt gemeinschaftlicher Nutzungsbesitz.<br />

Die Frage <strong>de</strong>s Eigentums stellte sich erst, als die Hei<strong>de</strong> erschlossen wer<strong>de</strong>n sollte,<br />

weil dadurch in die Rechte <strong>de</strong>r Benutzer eingegriffen wer<strong>de</strong>n mußte. Nach langen, hin und her<br />

wogen<strong>de</strong>n Auseinan<strong>de</strong>rsetzungen und Prozessen erhielten schließlich die beteiligten Gemein<strong>de</strong>n<br />

durch höchstrichterliches Urteil das Eigentum zugebilligt. Diese über 2 Jahrhun<strong>de</strong>rte<br />

andauern<strong>de</strong>n Streitigkeiten bil<strong>de</strong>n <strong>de</strong>n Hauptteil unserer Geschichte und sollen in <strong>de</strong>n folgen<strong>de</strong>n<br />

Kapiteln behan<strong>de</strong>lt wer<strong>de</strong>n. Eigentümer <strong>de</strong>r Hei<strong>de</strong> waren also letztendlich die Stadt<br />

Rheinberg sowie die Gemein<strong>de</strong> Huck und Millingen. Wäre die II. Bauerschaft En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s 18.<br />

Jahrhun<strong>de</strong>rts Gemein<strong>de</strong> gewor<strong>de</strong>n, so hätte zweifellos ihr an Stelle <strong>de</strong>r Stadt Rheinberg das<br />

Eigentum zuerkannt wer<strong>de</strong>n müssen. Anlieger im engeren Sinne waren seit jeher die Besitzer<br />

(Beerbten o<strong>de</strong>r Geerbten) <strong>de</strong>r an die Hei<strong>de</strong> angrenzen<strong>de</strong>n Güter, Höfe und Katstellen. Aus <strong>de</strong>r<br />

Rheinberger II. Bauerschaft zählten dazu <strong>de</strong>r Bekevoortshof, das kurfürstliche Dominium<br />

Tichelershof, <strong>de</strong>n nach <strong>de</strong>r Säkularisierung die Gebrü<strong>de</strong>r Lüps aus Orsoy erwarben, <strong>de</strong>r Vittenhof<br />

und <strong>de</strong>r Son<strong>de</strong>rfeldshof, <strong>de</strong>n im 17. Jahrhun<strong>de</strong>rt ein Fräulein von Langen, später die<br />

<strong>Fa</strong>milien Son<strong>de</strong>rfeld und Königs besaßen. Die im Zuge <strong>de</strong>r ersten Kolonisierung <strong>de</strong>r Hei<strong>de</strong><br />

entstan<strong>de</strong>nen Katstellen an <strong>de</strong>r Hey<strong>de</strong>ckerstraße, <strong>de</strong>r Alpsrayerstraße, am Bruckmannshofweg,<br />

an <strong>de</strong>r Saalhofferstraße und an <strong>de</strong>r Römerstraße sowie das Gut Hei<strong>de</strong>berg spielen in <strong>de</strong>n<br />

Prozeßgeschichten nur eine Nebenrolle. Eine Hauptrolle maßten sich aber die verschie<strong>de</strong>nen<br />

Besitzer <strong>de</strong>s Rittergutes „Haus Hei<strong>de</strong>ck“, <strong>de</strong>s alten „Eyll in <strong>de</strong>r Hei<strong>de</strong>n“ an.<br />

Weiterer Anlieger war westlich <strong>de</strong>r Hei<strong>de</strong> die Unterherrlichkeit „Bentheim-Steinfurt“. Da dieser<br />

Teil aber nur aus unbesie<strong>de</strong>ltem Gelän<strong>de</strong> (Wald) bestand, taucht <strong>de</strong>r Fürst von Bentheim-<br />

Steinfurt in <strong>de</strong>n Prozeßakten nicht auf. Mit <strong>de</strong>n Beerbten und Eingesessenen von Huck und<br />

Millingen run<strong>de</strong>t sich <strong>de</strong>r Kreis <strong>de</strong>r Anlieger.<br />

Heinz Janssen<br />

27k


Die Hei<strong>de</strong> wur<strong>de</strong> von <strong>de</strong>nen, die dazu berechtigt und daran interessiert waren, auf vielfältige<br />

Art genutzt. Da war zuerst mal das Jagdrecht. Es stand ursprünglich ausschließlich <strong>de</strong>m<br />

Lan<strong>de</strong>sherrn zu, <strong>de</strong>r es in <strong>de</strong>r Regel durch seinen Amtmann zu Rheinberg ausüben ließ. Im 18.<br />

Jahrhun<strong>de</strong>rt scheint dieses Jagdrecht o<strong>de</strong>r nur die Jagdausübung, ob durch Gewährung o<strong>de</strong>r<br />

auf an<strong>de</strong>re Art, ein Recht <strong>de</strong>r Stadt Rheinberg gewor<strong>de</strong>n zu sein, genaueres konnte hierzu<br />

nicht ermittelt wer<strong>de</strong>n. Das Jagdrecht war im übrigen das einzige Recht, das von <strong>de</strong>n übrigen<br />

Beteiligten nie beansprucht o<strong>de</strong>r in Zweifel gezogen wur<strong>de</strong>.<br />

Die wichtigeren Nutzungen waren <strong>de</strong>r Wei<strong>de</strong>gang (Hu<strong>de</strong>), <strong>de</strong>r Plaggenhieb, <strong>de</strong>r Hei<strong>de</strong>hieb<br />

sowie die Sand- und Lehmausbeute. In <strong>de</strong>m sandigen Bo<strong>de</strong>n muß es Einschlüsse von gutem<br />

Lehm o<strong>de</strong>r Ton gegeben haben, <strong>de</strong>nn die Stadt Rheinberg unterhielt in <strong>de</strong>r Nähe <strong>de</strong>s Kurturms<br />

eine städtische Lehmgrube. Sand in guter Qualität gab es überall in <strong>de</strong>r Hei<strong>de</strong>, beson<strong>de</strong>rs im<br />

Bereich <strong>de</strong>r früheren Flugsanddünen. Plaggen wur<strong>de</strong>n bis zum 19. Jahrhun<strong>de</strong>rt noch zum<br />

Bau von Unterkünften für Mensch und Tier gebraucht. Ich erinnere daran, daß zum Beispiel<br />

auf <strong>de</strong>r Bönninghardt noch bis weit in das vorige Jahrhun<strong>de</strong>rt hinein <strong>Fa</strong>milien in solchen<br />

Plaggenhütten hausten. Aus <strong>de</strong>m Hei<strong>de</strong>kraut schließlich band man Besen, die früher in je<strong>de</strong>m<br />

Haushalt zu fi n<strong>de</strong>n waren.<br />

Die wichtigste Nutzung aber war <strong>de</strong>r Wei<strong>de</strong>gang, vorwiegend mit Schafen. Aber auch Kühe<br />

und Pfer<strong>de</strong> ließ man in <strong>de</strong>r Hei<strong>de</strong> und im angrenzen<strong>de</strong>n Bruch wei<strong>de</strong>n. Eine wesentliche<br />

Ursache <strong>de</strong>r Streitigkeiten, von <strong>de</strong>n zu berichten sein wird, lag darin, daß <strong>de</strong>r Wei<strong>de</strong>gang als<br />

einzige tägliche und regelmäßige Nutzung wegen <strong>de</strong>r Abgelegenheit <strong>de</strong>r Hei<strong>de</strong> und weil die<br />

meisten Bewohner <strong>de</strong>r Stadt Rheinberg <strong>de</strong>ssen ohnehin nicht bedurften, nur von <strong>de</strong>n wenigen<br />

Anliegern <strong>de</strong>r II. Bauerschaft und von <strong>de</strong>n Bauern aus Huck und Millingen, sowie von<br />

Haus Hei<strong>de</strong>ck ausgeübt wur<strong>de</strong>. Diese Jahrzehnte, ja wohl Jahrhun<strong>de</strong>rte dauern<strong>de</strong> alleinige<br />

Nutzung, in <strong>de</strong>r Hauptsache führte bei <strong>de</strong>n Benutzern zu einem Besitzempfi n<strong>de</strong>n, das sich<br />

schließlich in <strong>de</strong>n langen, bis zur obersten Instanz durchgeführten Prozesse nie<strong>de</strong>rschlug.<br />

Verhandlungen und Streitigkeiten bis 1815<br />

Im 17. Jahrhun<strong>de</strong>rt beginnt unsere eigentliche Geschichte damit, daß die Stadt Rheinberg<br />

anfängt, die Hei<strong>de</strong> von <strong>de</strong>n Rän<strong>de</strong>rn her durch Kultivierung mit nachfolgen<strong>de</strong>r Verpachtung<br />

von Flächen sowie durch Bildung von Katstellen, die in Erbpacht vergeben wur<strong>de</strong>n, anzuknabbern.<br />

Die Grün<strong>de</strong> dafür sind einleuchtend; die Stadt braucht zur Behebung <strong>de</strong>r bei <strong>de</strong>n vielen<br />

Belagerungen und Eroberungen zwischen 1589 und 1633 entstan<strong>de</strong>nen Schä<strong>de</strong>n und Zahlung <strong>de</strong>r<br />

drücken<strong>de</strong>n Besatzungslasten (Rheinberg hatte während <strong>de</strong>s gesamten 17. Jahrhun<strong>de</strong>rts ständig<br />

eine frem<strong>de</strong> Besatzung: Spanier, Nie<strong>de</strong>rlän<strong>de</strong>r, Franzosen) Geld, viel Geld. Die Verpachtung<br />

von Hei<strong>de</strong>fl ächen rief natürlich die Benutzer <strong>de</strong>r Hei<strong>de</strong> auf <strong>de</strong>n Plan, die sich in ihren Rechten<br />

beeinträchtigt fühlten. Die erste Auseinan<strong>de</strong>rsetzung gab es mit <strong>de</strong>m Besitzer <strong>de</strong>s Rittergutes<br />

„Eyll in <strong>de</strong>r Hei<strong>de</strong>n“, Degenhard von Eyll, wegen <strong>de</strong>r Hei<strong>de</strong>fl ächen westlich <strong>de</strong>s Rheinberger<br />

Bruchs, links und rechts <strong>de</strong>r Saalhofferstraße, wo die Stadt einige Katstellen vergeben hatte.<br />

1640 einigte sich die Stadt mit Degenhardt von Eyll so, daß sie ihm als Ausgleich und zur<br />

Ablösung seiner Nutzungsrechte an <strong>de</strong>r Hei<strong>de</strong> einige Grundstücke in <strong>de</strong>r Hei<strong>de</strong> und im angrenzen<strong>de</strong>n<br />

Bruch zu Eigentum gab. Spätere Besitzer von Haus Hei<strong>de</strong>ck bestreiten, daß dieser<br />

Vertrag je vollzogen wor<strong>de</strong>n sei und behaupten, daß das Haus Hei<strong>de</strong>ck weiterhin Rechte an<br />

<strong>de</strong>r Hei<strong>de</strong> besitze. Aufgescheucht durch die Kolonisationsbestrebungen, die gleichzeitig auch<br />

in <strong>de</strong>r Bönninghardter Hei<strong>de</strong> – am Helterdick – einsetzten, prozessierten ab 1644 auch die<br />

Quartiere Huck und Millingen sowie Fräulein von Langen vom Son<strong>de</strong>rfeldshof mit <strong>de</strong>r Stadt<br />

wegen Anerkennung ihrer Wei<strong>de</strong>rechte und Ablösung <strong>de</strong>r Servitute durch Land.<br />

In <strong>de</strong>m Jahrzehnte dauern<strong>de</strong>n Prozess weisen die Kläger zwar durch Zeugenaussagen und<br />

Heinz Janssen<br />

27l


Listen das Gewohnheitsrecht <strong>de</strong>s Wei<strong>de</strong>ganges nach; das Eigentumsrecht <strong>de</strong>r Stadt wird<br />

jedoch nicht bestritten. Um sich ein Bild von <strong>de</strong>r Dauer <strong>de</strong>r Prozesse zu jener Zeit zu machen,<br />

sei erwähnt, daß in diesem, im Jahre 1644 angestrengten Prozeß , die Zeugen erst im Jahr<br />

1677 einvernommen wur<strong>de</strong>n.<br />

Am 08.03.1649 verpachtete <strong>de</strong>r Rat <strong>de</strong>r Stadt Hei<strong>de</strong>fl ächen am Annaberg. Man kann unterstellen,<br />

daß in Folge dieser Verpachtungen die ersten Katstellen an <strong>de</strong>r Alpsrayerstraße<br />

(Tecken-Kath, heute Westermann/van <strong>de</strong> Vorle) und am Bruckmannshofweg (Speckskath - später<br />

abgerissen) entstan<strong>de</strong>n sind.<br />

1712 spricht eine Akte von „angelegten o<strong>de</strong>r anzulegen<strong>de</strong>n Kolonien“ und in einer an<strong>de</strong>ren<br />

wird gesagt, daß die Stadt „einen Teil <strong>de</strong>r Hei<strong>de</strong> urbar gemacht hat“.<br />

Am 05.03.1747 überträgt sie „drei Morgen in <strong>de</strong>r gemeinen Hei<strong>de</strong>“ und 1747 erhält ein in<br />

<strong>de</strong>r Akte unlesbarer Käufer „3 Morgen in <strong>de</strong>r Millinger Hei<strong>de</strong> mit Rosendahls Häuschens“<br />

mit <strong>de</strong>r Verpfl ichtung, „die Wittib Rosendahl zu erhalten“. Wo diese Katstelle gelegen hat,<br />

ist nicht bekannt, wahrscheinlich aber zwischen Millingen und Drüpt, wo die Hei<strong>de</strong> früher<br />

bis an die Römerstraße heranreichte. Schließlich und endlich dürften zu dieser Zeit auch die<br />

alten Katstellen an <strong>de</strong>r Römer- und Keltenstraße, als da sind Thonekath (heute Berkels),<br />

Fröhlingskath (etwa gegenüber <strong>de</strong>r Molkerei), Stoffelskath (heute Laakmann?), Kuhnekath,<br />

Futen (Ravens) - Kath und Kallekath (alle an <strong>de</strong>r Keltenstraße) sowie weitere Katstellen<br />

am Bruckmannshofweg (am Rheinberger Bruch - Kremer, Dicks u.a.) von <strong>de</strong>r Stadt mit <strong>de</strong>m<br />

Recht <strong>de</strong>r Hu<strong>de</strong> in <strong>de</strong>r Hei<strong>de</strong> in Erbpacht vergeben wor<strong>de</strong>n sein. Der Grund für die Landverkäufe<br />

und Erpachtvergaben durch die Stadt Rheinberg um das Jahr 1720 herum war genau<br />

<strong>de</strong>r gleiche wie 1640, nämlich <strong>de</strong>r dringen<strong>de</strong> Geldbedarf <strong>de</strong>r Stadt. Wenige Jahre vorher, im<br />

Jahre 1702 hatten die Preußen die Stadt belagert und erobert und bei <strong>de</strong>r Beschießung große<br />

Schä<strong>de</strong>n angerichtet. Damit nicht genug, schleiften sie 1710 bis 1714 die Festungswerke<br />

und brachten <strong>de</strong>n unmittelbaren vor <strong>de</strong>n Mauern <strong>de</strong>r Stadt vorbeifl ießen<strong>de</strong>n Rheinarm durch<br />

Versenkung von Schuten und an<strong>de</strong>re Maßnahmen zum Verlan<strong>de</strong>n. Damit war Rheinberg von<br />

seiner Lebensa<strong>de</strong>r abgeschnitten. Die Stadt war zerstört, bettelarm und hatte ihre wichtigsten<br />

Einkünfte aus Rheinzoll und Rheinhan<strong>de</strong>l verloren. Es mußten also an<strong>de</strong>re Einnahmequellen<br />

erschlossen wer<strong>de</strong>n.<br />

Nach Abschluß dieser zweiten Kolonisierungswelle waren die Rän<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Hei<strong>de</strong> durchgängig<br />

mit Neubauernsiedlungen besetzt, soweit sie nicht seit alter Zeit von <strong>de</strong>n historischen Höfen<br />

(Ticheler, Fitten, Son<strong>de</strong>rfeld), also von Annaberg bis zur Saalhofferstraße blockiert waren.<br />

Frei blieb nur die Strecke entlang <strong>de</strong>s Alpschen Bruchs von <strong>de</strong>r Saalhofferstraße bis Huck.<br />

Dies wohl <strong>de</strong>shalb, weil die Hei<strong>de</strong> dort am unwirtlichsten war und seitab ohne je<strong>de</strong> Zuwegung<br />

lag.<br />

Auch diese Kolonisierungswelle ging natürlich nicht ohne <strong>de</strong>n massiven Protest <strong>de</strong>r alteingesessenen<br />

Anlieger vonstatten, <strong>de</strong>nen mit <strong>de</strong>r Vergabe <strong>de</strong>r Katstellen viele hofnahe Hei<strong>de</strong>fl<br />

ächen für ihre eigene Viehtrift verloren gingen. Zu<strong>de</strong>m mußten sie nun die Hei<strong>de</strong> mit sehr<br />

viel Berechtigten teilen. Am 07.08.1725 beschwerten sich die Beerbten <strong>de</strong>r II. Bauerschaft<br />

(Tiggeler, Fitten, Son<strong>de</strong>rfeld u.a.) beim Kurfürsten, daß „die Stadt Rheinberg ab 1712 viele<br />

Morgen aus <strong>de</strong>r gemeinen Hei<strong>de</strong> verkauft o<strong>de</strong>r in Leibgewinn o<strong>de</strong>r Pachtung gegeben habe, die<br />

seit unendlichen Jahren in ihrem ungestörten Besitz gewesen seien“. Zur gleichen Zeit tragen<br />

Jan Berkerforth und Johann vom Laerskamp o<strong>de</strong>r Laershof (jenseits <strong>de</strong>s Rheinberger Bruchs in<br />

Alpsray) die gleiche Beschwer<strong>de</strong> vor: „ … die Stadt ließe die Hei<strong>de</strong> ro<strong>de</strong>n und zu Bauland<br />

machen, das störe sie in ihrem Recht auf Viehtrift und Wei<strong>de</strong>gang.“ (Ob <strong>de</strong>r im 18. Jahrhun<strong>de</strong>rt<br />

als Pfarrer in Alpen leben<strong>de</strong> Johann Laers, <strong>de</strong>r sich um Alpsray verdient gemacht<br />

hatte und nach <strong>de</strong>m die Alpsrayer Hauptstraße benannt ist, von diesem Hof stammte, müßte<br />

noch nachgeprüft wer<strong>de</strong>n).<br />

Diesen Beschwer<strong>de</strong>n folgten entsprechen<strong>de</strong> Klagen, <strong>de</strong>nen sich auch das Hucker und<br />

Heinz Janssen<br />

27m


das Millinger Quartier anschloß. Sie en<strong>de</strong>ten mit einem Urteil vom 07.10.1752 bzw.<br />

<strong>de</strong>m Revisionsurteil vom 09.07.1771, in <strong>de</strong>nen zwar das Wei<strong>de</strong>recht <strong>de</strong>r Kläger bestätigt,<br />

aber die die Grundtatsachen <strong>de</strong>s Eigentums <strong>de</strong>r Stadt nicht bestritten wur<strong>de</strong>. Zu<br />

bemerken ist noch, daß das Hucker und das Millinger Quartier an diesem Prozeß als<br />

„Gemeinheit“ und nicht als „Mehrzahl von Beerbten“ teilnahm. Dies wird später noch wichtig<br />

sein.<br />

Bevor die nächste Run<strong>de</strong> im Wirtschafskampf um die Hei<strong>de</strong> eingeläutet wird, eine allgemeine<br />

Bemerkung. Es ist außeror<strong>de</strong>ntlich schwer, das sich in <strong>de</strong>r Folge noch steigern<strong>de</strong> Knäuel<br />

von Verhandlungen, Einigungen, Beschwer<strong>de</strong>n, Einsprüche, Verordnungen und Prozessen<br />

einigermaßen systematisch und verständlich darzulegen. Wie wohl immer, wenn es sich um<br />

Geld o<strong>de</strong>r Besitz han<strong>de</strong>lt, war es ein Kampf Je<strong>de</strong>r gegen Je<strong>de</strong>n, in <strong>de</strong>m es letztlich darum<br />

ging, wem die Verfügungsgewalt über die Hei<strong>de</strong> zustand und wer, wo, was und wieviel von<br />

<strong>de</strong>m Kuchen mitbekommen sollte. Da fechten wacker und dauerhaft gegeneinan<strong>de</strong>r die Beerbten<br />

<strong>de</strong>r II. Bauerschaft und von Haus Hei<strong>de</strong>ck mit <strong>de</strong>r Stadt Rheinberg, die gleichen auch mit<br />

Huck und Millingen, die Quartiere Huck und Millingen contra Stadt Rheinberg, die Beerbten<br />

von Huck und Millingen ebenso, aber auch gegen die eigenen Dorfschaften, alle zusammen<br />

gegen die Stadt Rheinberg und gegen Außenseiter, und schließlich kochen auch noch <strong>de</strong>r Kreis<br />

Gel<strong>de</strong>rn und die Regierung in Aachen und Düsseldorf ihr eigenes Süppchen darauf. Es ist ein<br />

kaum entwirrbarer Wust von Hin und Her, von Kreuz und Quer. Ich wer<strong>de</strong> mich mühen, die<br />

Ereignisse einigermaßen chronologisch und verständlich zu berichten, soweit mir das möglich<br />

ist. Das vorerwähnte Revisionsurteil vom 09.07.1771 zwang die Beteiligten an <strong>de</strong>n Verhandlungstisch,<br />

wollte man auf eine Kultivierung <strong>de</strong>r Hei<strong>de</strong> überhaupt verzichten und alles beim<br />

alten lassen. Als ersten Vorschlag fi n<strong>de</strong>n wir 1773 einen Generalverteilungsplan, nach <strong>de</strong>m die<br />

Hei<strong>de</strong> vom Vermögen <strong>de</strong>r Stadt Rheinberg abgeson<strong>de</strong>rt und als Alleinbesitz vierzehn Grun<strong>de</strong>igentümern<br />

<strong>de</strong>r II. Bauerschaft zugeteilt wer<strong>de</strong>n soll. Wer immer diesen Plan ausgearbeitet<br />

haben mag, er hatte keine Ahnung von <strong>de</strong>n lokalen Verhältnissen, o<strong>de</strong>r er war ein Sachwalter<br />

<strong>de</strong>r Beerbten <strong>de</strong>r II. Bauerschaft. Dieser „Generalverteilungsplan“, <strong>de</strong>r im übrigen auch die<br />

Rechte <strong>de</strong>r Hucker und Millinger unberücksichtigt ließ, verschwand nach Einspruch <strong>de</strong>r Stadt<br />

sang- und klanglos in <strong>de</strong>n Akten.<br />

Am 11.09.1773 kam es zu einem ersten Vergleich, <strong>de</strong>r am 16.10.1773 durch <strong>de</strong>n Kölner<br />

Kurfürsten bestätigt wur<strong>de</strong>. Danach sollten <strong>de</strong>r Stadt zwei Drittel und <strong>de</strong>n Beerbten <strong>de</strong>r<br />

II. Bauerschaft ein Drittel <strong>de</strong>r Hei<strong>de</strong> zufallen. Zuvor hatte es allerdings noch eine Auseinan<strong>de</strong>rsetzung<br />

zwischen <strong>de</strong>m kurfürstlichen Kellner Erlenwein und <strong>de</strong>m Eigentümer <strong>de</strong>s<br />

Berkevoortshofes über <strong>de</strong>ssen Rechte an <strong>de</strong>r Hei<strong>de</strong> gegeben. Dieser erste, sicherlich zu einfache<br />

Vergleich scheiterte am Einspruch <strong>de</strong>s Hucker und Millinger Quartiers, brachte aber die<br />

Dinge in Bewegung. Im Auftrage <strong>de</strong>r Stadt legte <strong>de</strong>r Geometer Willems am 22.02.1774 einen<br />

Vermessungs- und Aufteilungsplan für die Hei<strong>de</strong> vor, <strong>de</strong>r eine Parzellierung in je 30 Morgen<br />

große Stellen vorsah. Da die Partner mit <strong>de</strong>n Verhandlungen nicht vorankamen, zog <strong>de</strong>r Kurfürst<br />

die Entscheidung an sich. Die nach seinem Kompromissanspruch <strong>de</strong>r Bonner Hofkammer<br />

erlassene kurfürstliche Verordnung vom 10.03.1775 bestimmte, daß die Wei<strong>de</strong>rechte in <strong>de</strong>r<br />

Hei<strong>de</strong>, <strong>de</strong>ren Größe erstmals mit 1.535 Morgen festgestellt wur<strong>de</strong>, durch Eigentumsübertragung<br />

abgegolten wer<strong>de</strong>n sollte.<br />

Die Kammer machte folgen<strong>de</strong>n Aufteilungsvorschlag:<br />

Stadt Rheinberg ca. 350 Morgen<br />

II. Bauerschaft einschl. <strong>de</strong>s<br />

kurfürstl. Dominiums Tichelershof 475 Morgen<br />

Dorfschaften Millingen u. Huck 300 Morgen<br />

Berkevoortshof 25 Morgen<br />

Erb- und Baurichter Holthof 30 Morgen<br />

(entspricht 1180 Morgen)<br />

Heinz Janssen<br />

27n


Da die festgestellte Größe <strong>de</strong>r Hei<strong>de</strong> in <strong>de</strong>m Vorschlag weit unterschritten ist, entfällt <strong>de</strong>r<br />

Rest offensichtlich auf die bereitsvergebenen Katstellen. Dieser Aufteilungsvorschlag gefi el<br />

we<strong>de</strong>r <strong>de</strong>n Huckern und <strong>de</strong>n Millingern, noch <strong>de</strong>m Besitzer <strong>de</strong>s Berkevoortshofes, noch <strong>de</strong>m<br />

Freiherrn von Bongardt, <strong>de</strong>r inzwischen das Haus Hei<strong>de</strong>ck übernommen hatte. Sie legten<br />

Einspruch ein. Da <strong>de</strong>r Streit durch das Eintreten <strong>de</strong>r Bonner Hofkammer kostspielig gewor<strong>de</strong>n<br />

war, nahmen einzelne Beerbte aus Huck und Millingen bei <strong>de</strong>r Borther Kirche (Pastor<br />

Witthof) 100 Taler Darlehn zur Deckung <strong>de</strong>r Prozeßkosten auf. Die Verzinsung und<br />

Tilgung dieser Schuld übernahmen die Gemeinschaften und später Gemein<strong>de</strong>n Huck und<br />

Millingen. Das Darlehen ist noch im gemeindlichen Schul<strong>de</strong>nverzeichnis vom 18.07.1821<br />

verzeichnet. Später wird gera<strong>de</strong> diese Schuldaufnahme Beweis dafür sein, daß Millingen und<br />

Huck stets als Gemeinschaften o<strong>de</strong>r Gemein<strong>de</strong>n und nicht als Mehrzahl von Eigentümern<br />

im Streit um die Hei<strong>de</strong> gehan<strong>de</strong>lt haben o<strong>de</strong>r, besser gesagt, daß die Rechte an <strong>de</strong>r Hei<strong>de</strong> stets<br />

Gemeinschaftsrechte und nicht Einzelrechte waren. Am 10.01.1780 über-mittelte Huck und<br />

Millingen <strong>de</strong>r Bonner Hofkammer ihre Auffassung zur Aufteilung <strong>de</strong>r Hei<strong>de</strong> in einer Denkschrift.<br />

Die Stadt Rheinberg aber betrieb auch nach diesem Aufteilungsvorschlag ihre Politik <strong>de</strong>r Erschließung<br />

<strong>de</strong>r Hei<strong>de</strong> weiter. Am 16.04.1775 übertrug sie ein Stück Hei<strong>de</strong>land an Johann Laers<br />

und räumte damit <strong>de</strong>ssen Einspruch (siehe oben) aus. Im gleichen Jahr, am <strong>27.</strong>09.1775,<br />

trifft <strong>de</strong>r Rat die erste größere Verfügung über die Hei<strong>de</strong> und vergibt 225 Morgen zwischen<br />

Alpsrayer- und Römerstraße zur Kolonisation an <strong>de</strong>n Freiherrn von Seida in Erbpacht.<br />

Von Seida war kurkölnischer Hauptmann, tat in Rheinberg als Kommandant <strong>de</strong>r<br />

kleinen Garnison Dienst und wohnte <strong>de</strong>rzeit im Hause Brauer auf <strong>de</strong>r Rheinstraße. Er stammte<br />

aus Augsburg, war verheiratet (seine Frau war eine Komteß von Bersword von Rudolfshöhe)<br />

und wollte sich nach Ausschei<strong>de</strong>n aus <strong>de</strong>m Dienst eine stan<strong>de</strong>sgemäße Existenz aufbauen. Viel<br />

Geld hatte er offensichtlich nicht, <strong>de</strong>shalb versuchte er es mit <strong>de</strong>m Aufbau eines Rittergutes im<br />

Neuland. Der Versuch litt von Anfang an unter fi nanziellen Schwierigkeiten, doch schaffte er es<br />

bis 1790, 100 Morgen urbar zu machen und das Ackergut „Hei<strong>de</strong>berg“ zu begrün<strong>de</strong>n. Schon zu<br />

Beginn klappte es mit <strong>de</strong>r Pachtzahlung nicht und er hatte Auseinan<strong>de</strong>rsetzungen mit <strong>de</strong>m Rat,<br />

die zwischen 1780 und 1790 zur Pfändung <strong>de</strong>s Viehs und zu Prozessen führten. Am En<strong>de</strong> wur<strong>de</strong><br />

ihm wegen seiner schlechten wirtschaftlichen Lage eine 20 jährige Zehntfreiheit eingeräumt.<br />

1786 fi n<strong>de</strong>t sich nochmals eine Bestätigung, daß die „gemeine Hei<strong>de</strong>“ in städtischer Verwaltung<br />

ist, 1790 schlägt <strong>de</strong>r Rat Fröhlings-Kath, die anscheinend vakant gewor<strong>de</strong>n war, einem Johann<br />

Hambloch zu und anläßlich einer erneuten Vermessung wer<strong>de</strong>n am 15.08.1791 10 Morgen<br />

<strong>de</strong>r Hei<strong>de</strong> zu je 1/2 Anteil Fröhlings-Kath und Kuhne-Kath zugeteilt. Im Jahre 1789 fi n<strong>de</strong>t<br />

eine Versammlung aller Beerbten <strong>de</strong>r II. Bauerschaft statt, um über <strong>de</strong>n Streit mit <strong>de</strong>r Stadt zu<br />

beraten. Nach <strong>de</strong>r Vermessung von 1791 wird, soweit zu ersehen ist, erstmals eine Bestimmung <strong>de</strong>r<br />

Hei<strong>de</strong> insofern getroffen, als <strong>de</strong>r nordwestlich einer Linie vom Son<strong>de</strong>rfeldshof zum Derkshof (am<br />

Rheinberger Bruch) gelegene Teil zur Rheinberger Hei<strong>de</strong>. Es ist gewiß nicht so, daß diese etwas<br />

nüchterne Aufzählung von Daten und <strong>Fa</strong>kten das ganze Geschehen wie<strong>de</strong>rgibt. Die Hei<strong>de</strong><br />

war zu dieser Zeit schon mehr als 100 Jahre Dauerthema in <strong>de</strong>r Hofkanzlei, die <strong>de</strong>n Räten, in<br />

<strong>de</strong>n Versammlungen und bei Berechtigten, Anliegern und Interessierten. Wie viele Vorschläge,<br />

Überlegungen und Standpunkte diskutiert wur<strong>de</strong>n, läßt sich nicht einmal erahnen. Endlich, am<br />

06.11.1792 einigen sich Millingen und Huck mit Rheinberg in einem neuen Vergleich, <strong>de</strong>r am<br />

03.01.1794 auch die Bestätigung <strong>de</strong>s Kurfürsten fi n<strong>de</strong>t. Nach diesem Vergleich sollten Millingen<br />

und Huck zusätzlich zu <strong>de</strong>n 300 Morgen aus <strong>de</strong>m Vorschlag vom 10.03.1775 weiter 150 Morgen<br />

zu alleinigen Nutzung erhalten, allerdings nur gegen eine laufen<strong>de</strong> Zahlung – man wür<strong>de</strong><br />

so etwas heute als Anerkennungsgebühr bezeichnen – von 5 Stübern jährlich an die Stadt<br />

Rheinberg. Aber auch dieser Vergleich bekommt keine Gültigkeit, weil die Rheinlan<strong>de</strong> von <strong>de</strong>n<br />

französischen Revolutionsarmeen besetzt wur<strong>de</strong>n und bis 1815 unter <strong>de</strong>r Fremdherrschaft<br />

verblieben. Die Franzosen ließen sich hier häuslich nie<strong>de</strong>r und führten ihr Recht (Co<strong>de</strong><br />

Heinz Janssen<br />

27o


Napoleon) und ihre kommunale Organisation ein. So kam Rheinberg zum Roer-Departement<br />

mit <strong>de</strong>m Sitz in Aachen, gehörte zum Arrondissement Krefeld und wur<strong>de</strong> Kantonshauptstadt.<br />

Die „Sectiones“ Alpisray, Druypt, Huck und Millingen erhielten, wie schon berichtet, <strong>de</strong>n<br />

Status von Gemein<strong>de</strong>n, die vom Amt Alpen verwaltet wur<strong>de</strong>n. Nun verschwand das Thema<br />

„Rheinberg Hei<strong>de</strong>“ für einige Jahrzehnte in <strong>de</strong>n Akten und aus <strong>de</strong>n Mün<strong>de</strong>rn. Doch es ruhte<br />

nur, um, wie wir sehen wer<strong>de</strong>n, nach 1815 umso fröhlichere Urständ zu feiern.<br />

Nach <strong>de</strong>m französischen Recht, das allerdings zum Teil nur für die Zeit <strong>de</strong>r Besatzung gegolten<br />

hat, wäre <strong>de</strong>r Streit um die Hei<strong>de</strong> nicht möglich gewesen, weil die Gesetze vom 10.06.1793<br />

und vom 9. Ventose XII (09.02.1803) bestimmten, daß alle Oedlän<strong>de</strong>reien, also auch die Hei<strong>de</strong><br />

Eigentum <strong>de</strong>r Gemein<strong>de</strong> seien. Kurz vor En<strong>de</strong> <strong>de</strong>r französischen Herrschaft verkaufte die Präfektur<br />

Aachen zur Deckung <strong>de</strong>r Kriegs- und Staats-schul<strong>de</strong>n am 24.07. und am 11.08.1813<br />

noch Teile <strong>de</strong>r Rheinberger Hei<strong>de</strong> und <strong>de</strong>s Alpschen Bruchs. Was damals wem verkauft wur<strong>de</strong>,<br />

ist nicht bekannt, jedoch sind Preisangaben überliefert; für 3 Hektar im Alpschen Bruch<br />

erzielte man 485 Franken. Die Enteignung <strong>de</strong>s geistlichen Besitzes in <strong>de</strong>r Säkularisation im<br />

Jahre 1802 wirkte sich im Gegensatz zur I. Bauerschaft, wo <strong>de</strong>r größte Teil <strong>de</strong>s Grund und<br />

Bo<strong>de</strong>ns Klöstern o<strong>de</strong>r geistlichen Herrschaften gehörte (Kloster Kamp, St. Maria im Kapitol<br />

zu Köln, Kloster St. Barbaragarten in Rheinberg, Deutsch-Or<strong>de</strong>ns-Kommen<strong>de</strong> zu Rheinberg,<br />

Pfarre St. Peter), in <strong>de</strong>r II. Bauerschaft und Millingen kaum aus, weil es außer <strong>de</strong>m Tichelershof<br />

keinen geistlichen Besitz gab. Dieses kurfürstliche Dominium erwarben die Gebrü<strong>de</strong>r<br />

Lüps aus Orsoy, die seinerseits zu <strong>de</strong>n größten Grundbesitzern am Nie<strong>de</strong>rrhein gehörten.<br />

Xanten<br />

Gemein<strong>de</strong><br />

Millingen<br />

Heinz Janssen<br />

27p<br />

Chausse Rheinberg - Xanten, heutige B 57<br />

Millingerhei<strong>de</strong><br />

Bereich Römer-<br />

Saalhofferstraße<br />

Rheinberg<br />

Vierquartieren<br />

Gemein<strong>de</strong><br />

Repelen<br />

Figuration <strong>de</strong>r 2 ten Bauerschaft


Einigungen, Prozesse und Teilungen bis 1850.<br />

Als Napoleon endlich besiegt und auf St. Helena sicher aufbewahrt wor<strong>de</strong>n war, hinterließ er<br />

ein durch die jahrzehntelangen Kriege ausgeblutetes Europa. Die Kriege waren zwar been<strong>de</strong>t,<br />

doch die Kriegslasten und Staatsschul<strong>de</strong>n blieben. Staat, Gemein<strong>de</strong>n und Bürger mußten damit<br />

neu beginnen, die Wun<strong>de</strong>n zu heilen und die immensen Lasten abzutragen. Für Rheinberg<br />

war es fast die gleiche Ausgangslage, wie es schon 1640 und 1720 dazu zwang, nach neuen<br />

Einnahmequellen auszuschauen und sich <strong>de</strong>r bisher nicht ausgeschöpften zu erinnern. Diesmal<br />

wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>n Städten und Gemein<strong>de</strong>n diese (Kriegs) Schul<strong>de</strong>ntilgung sogar durch Gesetze<br />

zur Pfl icht gemacht. § 15 <strong>de</strong>s Gesetzes vom 07.03.1822 bestimmte, daß sie alles disponible<br />

Vermögen zur Ab<strong>de</strong>ckung <strong>de</strong>r Schul<strong>de</strong>n verwerten müßten. Damit wur<strong>de</strong> auch <strong>de</strong>r Verkauf<br />

<strong>de</strong>r Rheinberger Hei<strong>de</strong> wie<strong>de</strong>r aktuell. Allerdings waren, wie schon früher, die Rechte an <strong>de</strong>r<br />

Hei<strong>de</strong> immer noch nicht endgültig geklärt, nämlich<br />

a) die Klärung <strong>de</strong>r Anteile zwischen <strong>de</strong>n Kommunen,<br />

b) die Frage <strong>de</strong>r eventuellen Abgeltung von Wei<strong>de</strong>rechten etc. und<br />

c) die Klärung <strong>de</strong>s Eigentums überhaupt.<br />

Wie wir sehen wer<strong>de</strong>n, spielte die Frage zu b) bei <strong>de</strong>m nun folgen<strong>de</strong>n langen und steinigen<br />

Weg <strong>de</strong>r Auseinan<strong>de</strong>rsetzung kaum eine Rolle mehr, während das Eigentum zur Zentralfrage<br />

wur<strong>de</strong>.<br />

Doch bevor die Streitigkeiten, Einigungen und Prozesse geschil<strong>de</strong>rt wer<strong>de</strong>n, wollen wir uns<br />

ansehen, wie es zwischen 1820 und 1840 in <strong>de</strong>r II. Bauerschaft, in Huck und in Millingen<br />

aussah. Hilfreich sind dabei mehrere Pläne und Listen; ein Plan „Figuration <strong>de</strong>r II. Bauerschaft-Stadtarchiv<br />

Nr. 22 a –“ von 1827, <strong>de</strong>r Hausnummernplan von 1835 -Stadtarchiv Nr.<br />

12 I – und verschie<strong>de</strong>ne Listen. In <strong>de</strong>m Plan „Figuration“ ist die Alpenerstraße noch nicht<br />

dargestellt und die Saalhofferstraße hat nur von Ossenberg bis zur Römerstraße einen straßenänlichen<br />

Ausbau. (Siehe Karte Seite 27o)<br />

Als Eigentümer o<strong>de</strong>r Erbpächter sind verzeichnet (die Straßennamen sind nach <strong>de</strong>m heutigen<br />

Stand zur Ver<strong>de</strong>utlichung zugefügt):<br />

Alpsrayerstraße: Maaßen (Teckekath), Westermann (Spandickskath), Albrecht<br />

(Stepp), Albrecht/von Seida (Hei<strong>de</strong>berg), Rotzen, Baumann.<br />

Hey<strong>de</strong>ckerstraße: Dewey (Kurkampskath), Fuhr, Voor (Jägerhäuschen), Albrecht.<br />

Bruckmannshofweg: Baumann (Derkskath), Gerhard Dewey, Laakmann, Kremer,<br />

Heinen, Telmes o<strong>de</strong>r Tellemanns.<br />

Saalhofferstraße: Th. Laakmann, Telmes/Tellemanns, Esch.<br />

Römer und Gebr. Lüps (Tichelershof), Peters (Kleine Ticheler), Awater<br />

Keltenstraße: (Vittenhof), J. H. Königs (Son<strong>de</strong>rfeldshof), Biesemann (Thonekath),<br />

Scholten (Scholtenkath o<strong>de</strong>r Fröhlingskath?), J. H. Laakmann,<br />

Th. Emmerichs (Billekath), Spettmann, Stapelmann, Kall (Kallekath).<br />

Vom 21.09.1829 liegen Listen <strong>de</strong>r Geerbten <strong>de</strong>r II. Bauerschaft Millingen und Huck vor.<br />

Darin sind folgen<strong>de</strong> Namen aufgeführt:<br />

II. Bauerschaft: von Reichmeister (Haus Hei<strong>de</strong>ck), Gebr. Lüps, Wolter Königs (1823 wird<br />

noch W. Fitten als Besitzer <strong>de</strong>s Fittenhofs genannt), J. H. Königs<br />

(1823 ist noch Peter Son<strong>de</strong>rfeld Besitzer <strong>de</strong>s gleichnamigen Hofes), Kath.<br />

Derks (Derkskath?) von Niepsch/von Nispen/von Espen Berkevoortshof),<br />

Hermanns. Als Kötter: Gerh. Tellemanns, Joh. Heinen, G. Keels,<br />

Th. Laakmann, P. J. Stennmanns und Gerh. Dewey.<br />

Heinz Janssen<br />

27q


Millingen: J. H. Paßmann, Joh. Emmerichs, Theod. Dröttboom, Joh. Laakmann,<br />

Bernh. Verweyen, J. H. Schneimann, alle Ackersleute, Gerh. Herrmanns,<br />

Tagelöhner, sowie J. H. Gesthuisen aus Rheinberg und Franz Kreutz,<br />

Schenkwirt aus Alpen.<br />

Huck: Rüttger Paßmann, Nic. Specht, Pet. Meilert, Heinr. Dellmann,<br />

Joh. Peerenbaum, Th. Overfeld, Tilmann Hecks, Th. Ohlmann, alle<br />

Ackersleute.<br />

Im Hausnummernplan von 1835 ist erstmals die heutige Hauptstraße Millingens, die Alpenerstraße<br />

an<strong>de</strong>utungsweise dargestellt. Die Straße ist mit Sicherheit also erst nach <strong>de</strong>r<br />

Vermessung und ersten Versteigerung, die 1830 abgeschlossen waren, angelegt wor<strong>de</strong>n. Der<br />

Plan zeigt innerhalb <strong>de</strong>r Hei<strong>de</strong>, abgesehen von Gut Hei<strong>de</strong>berg, <strong>de</strong>r Kurkampskate und <strong>de</strong>m<br />

Jägerhäuschen noch keinerlei Bebauung. Da keine Namen vermerkt sind, kann nur die Zahl<br />

<strong>de</strong>r Anwesen genannt wer<strong>de</strong>n. Es sind an <strong>de</strong>r Hey<strong>de</strong>cker- und Alpsrayerstraße 5 Katen, am<br />

Bruckmannshofweg ? Katen, an <strong>de</strong>r Saalhofferstraße 4 Katen, an <strong>de</strong>r Römerstraße Tichelershof<br />

I und II (<strong>de</strong>r kleine Tichelershof -heute Hausmann- ist eine Neugründung), Fittenhof,<br />

Son<strong>de</strong>rfeldshof sowie 6 Katen nördlich dieses Hofes an <strong>de</strong>r Römer- und Keltenstraße.<br />

Der Zustand <strong>de</strong>s Gebietes hat sich also, soweit er das Innere betrifft, seit alter Zeit kaum verän<strong>de</strong>rt;<br />

es ist immer noch die alte unbesie<strong>de</strong>lte Hei<strong>de</strong>, auf <strong>de</strong>r die Her<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Anlieger wei<strong>de</strong>n<br />

und in <strong>de</strong>r sich Fuchs und Hase „gute Nacht“ sagen.<br />

Zur Nutzung <strong>de</strong>r Hei<strong>de</strong> gibt es aus dieser Zeit eine Vielzahl von Aufstellungen. Als Beispiel<br />

soll hier die Wei<strong>de</strong>geldliste vom 20.07.1827 aufgeführt wer<strong>de</strong>n:<br />

Heinz Janssen<br />

27r<br />

Benutzer Pfer<strong>de</strong> Kühe Schafe Wei<strong>de</strong>geld<br />

Tlr. Sgr.<br />

Meilert Huck - - 60 4 -<br />

Hüsch Huck - - 59 3 28<br />

Specht Huck 3 - 33 3 25<br />

Dellmann Huck 3 4 40 5 15<br />

Laakmann Huck - 1 - - 10<br />

P. Cloten Huck - 1 - - 10<br />

R. Paßmann Huck - - 75 5 -<br />

W. Ohlmann Huck - - 36 2 12<br />

H. Laakmann Millingen - 3 - 1 -<br />

G. Heymann Millingen - 3 - 1 -<br />

Chr. Bongers Millingen - 3 - 1 -<br />

J. Königs Millingen - - 58 3 26<br />

W. Verweyen Millingen 1 5 - 2 5<br />

B. Scholten Millingen - 5 - 1 26<br />

G. Hermsen Millingen - 1 - - 10<br />

G. Emmerichs Millingen - 3 - 1 -<br />

H. van Treek Millingen - - 94 6 8<br />

J. Weyhofen Millingen - 2 - - 20<br />

H. Paßmann Millingen - 5 - 1 20<br />

Th. Len<strong>de</strong>rs Millingen 2 - - 1 -<br />

Wwe. Bongers Millingen - 1 - - 10<br />

J. Laakmann Millingen - - 45 3 -<br />

H. Königs II. Bauersch. - - 110 7 10<br />

von Reichsmeister II. Bauersch. - 11 200 17 -<br />

Die Liste wur<strong>de</strong> von <strong>de</strong>m Rheinberger Bürgermeister Scheffer und <strong>de</strong>n Deputierten Meilert,<br />

Schmitz, Kreutz und Königs festgestellt. Interessant ist, daß hier und auch bei an<strong>de</strong>ren Verhandlungen,<br />

die gemeindliches Eigentum voraussetzen, Geerbte als Deputierte mitwirkten, die<br />

zur gleichen Zeit gemeindliches Eigentum an <strong>de</strong>r Hei<strong>de</strong> negierten und Privateigentum


ehaupteten. Aus <strong>de</strong>n Listen ist nicht zu ersehen, ob das Wei<strong>de</strong>geld auch von allen bezahlt<br />

wur<strong>de</strong>. Mit <strong>de</strong>r Zahlung <strong>de</strong>s Wei<strong>de</strong>gel<strong>de</strong>s haben o<strong>de</strong>r hätten die Wei<strong>de</strong>gänger <strong>de</strong> jure ebenfalls<br />

das Eigentum <strong>de</strong>r Stadt bzw. <strong>de</strong>r Gemein<strong>de</strong> anerkannt. Über die an<strong>de</strong>rweitige Nutzung, wie<br />

Plaggen- und Hei<strong>de</strong>hieb, Sand und Lehmausbeute, fi n<strong>de</strong>n wir eine Reihe von Zeugenaussagen,<br />

nach <strong>de</strong>nen diese Nutzungen, die natürlich je nach auftreten<strong>de</strong>n Bedarf unregelmäßig stattfan<strong>de</strong>n,<br />

auch von an<strong>de</strong>ren Bürgern aus Rheinberg ausgeübt wur<strong>de</strong>n. Beim Wei<strong>de</strong>gang wehrten<br />

sich die Geerbten, wenn neue Interessenten hinzukamen. So beschwerte sich Herr von Reichmeister,<br />

daß die Stadt <strong>de</strong>m Kolonisten von Seida (Haus Hei<strong>de</strong>berg) erlaube, auf ihrem Eigentum<br />

– „Alleinbesitz als ungeteilte Zubehörung“ so nannte er die Hei<strong>de</strong>schafe zu hüten. Überhaupt<br />

dieser Herr von Reichmeister! Er war zu <strong>de</strong>r Zeit Herr auf Winnenthal und gleichzeitig<br />

Besitzer <strong>de</strong>s Hauses Hei<strong>de</strong>ck. Ungeachtet <strong>de</strong>ssen, daß <strong>de</strong>m Haus Hei<strong>de</strong>ck nach <strong>de</strong>m Ablösevertrag<br />

von 1640 keinerlei Rechte, auch keine Nutzungsrechte mehr zustan<strong>de</strong>n, behauptete<br />

er weiterhin sein Miteigentum an <strong>de</strong>r Hei<strong>de</strong> mit <strong>de</strong>r Begründung, <strong>de</strong>r Vertrag von 1640 sei<br />

garnicht erfüllt wor<strong>de</strong>n. Dem stand entgegen, daß vom Hause Hei<strong>de</strong>ck seit langer Zeit 80<br />

bis 90 Morgen <strong>de</strong>r Hei<strong>de</strong> im Bruch in Erbpacht bewirtschaftet wur<strong>de</strong>n, und daß Herrn von<br />

Reichmeister auch zwei Katen in <strong>de</strong>m westlichen <strong>de</strong>r Hey<strong>de</strong>cker Ley gelegenen Hei<strong>de</strong>zipfel<br />

gehörten. Daß er bei dieser Sachlage nicht nur seine angeblichen Interessen vertrat, son<strong>de</strong>rn<br />

sich sogar zum Wortführer <strong>de</strong>r Geerbten <strong>de</strong>r II. Bauerschaft machte und mit sehr scharfer<br />

Klinge für <strong>de</strong>n eigenen Geldbeutel focht, charakterisierte ihn. Eine Episo<strong>de</strong> aus <strong>de</strong>m Jahre<br />

1828 wirft ein Schlaglicht auf die Härte <strong>de</strong>s Streits. In einem Schreiben warf von Reichmeister<br />

<strong>de</strong>m Bürgermeister Scheffer von Rheinberg vor, er habe sich „unanständige Äußerungen“<br />

über die Beschwer<strong>de</strong>führung erlaubt, und spricht in <strong>de</strong>nselben Schreiben „von <strong>de</strong>r Anmaßung<br />

<strong>de</strong>r Stadt, von einem Attentat auf das Eigentum“ und davon, daß die Stadt mit <strong>de</strong>m „Unfug“<br />

(Vermessung) aufhören solle. Heute klingt das ganz normal; in jenem höfl ichen Zeitalter war<br />

es jedoch starker Tobak. Es wäre fast zu einer gerichtlichen Beleidigungsklage gekommen.<br />

Einige Anwohner aus Millingen und <strong>de</strong>r II. Bauerschaft waren während dieser Jahre <strong>de</strong>r<br />

Ungewißheit beson<strong>de</strong>rs rührig. So ersteigerte Th. Emmerichs für 1750 Taler <strong>de</strong>n Abelshof und<br />

kaufte zusammen mit Gerhard Emmerichs einen Acker im Nie<strong>de</strong>rfeld, einen Morgen im Helmt<br />

und das Grundstück „<strong>de</strong> Schlagkamp“ für 660 Taler. 1833 kauften sie weitere 22 Morgen<br />

Hei<strong>de</strong> für 816 Taler, offensichtlich ein Stück, das nicht direkt in <strong>de</strong>r Hei<strong>de</strong> lag. Frau Witwe<br />

Laakmann von <strong>de</strong>r Katstelle an <strong>de</strong>r Keltenstraße wollte sich 1836 gar dadurch auf <strong>de</strong>n nach<br />

<strong>de</strong>m Verkauf <strong>de</strong>r Hei<strong>de</strong> zu erwarten<strong>de</strong>n Bauboom, daß sie beantragte, in <strong>de</strong>r Hei<strong>de</strong> einen Ziegelofen<br />

errichten zu dürfen. Doch dies nur nebenbei.<br />

Zurück zum wesentlichen! Als erste beschäftigten sich natürlich die Gemein<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>nen ihre<br />

Schul<strong>de</strong>n auf <strong>de</strong>n Nägeln brannten, mit <strong>de</strong>m Thema Rheinberger Hei<strong>de</strong>. Die Stadt Rheinberg<br />

knüpfte in ihren Verhandlungen mit <strong>de</strong>n Gemein<strong>de</strong>n Huck und Millingen an <strong>de</strong>n Vergleich<br />

von 1792 an. Die Partner setzten dabei, durch die inzwischen erlassenen Gesetze bestärkt,<br />

natürlich Kommunaleigentum voraus. Der erste Vergleich kam schon am 04.06.1818 zustan<strong>de</strong>.<br />

Es wur<strong>de</strong> vereinbart, daß die Gemein<strong>de</strong>n Huck und Millingen auf <strong>de</strong>r Basis <strong>de</strong>r Vermessungen<br />

von 1794 außer <strong>de</strong>n 1792 beschlossenen 300 Morgen zu Eigentum, etwa 600 weiteren<br />

Morgen einschließlich <strong>de</strong>r in diesem Gebiet früher vergebenen Katstellen gegen einen jährlichen<br />

Zins von 29 Talern 4 Silbergroschen und 16 Pfennigen in Erbpacht bekommen sollen. Diese<br />

Erbpacht sollte gegen Zahlung <strong>de</strong>s zwanzigfachen Zinses abgelöst wer<strong>de</strong>n können. Rheinberg<br />

behielt sich für das Gesamtgebiet das Obereigentum, d.h. wohl die kommunale Zuständigkeit<br />

vor. Damit sollte die gesamte, zwischen <strong>de</strong>n Gemein<strong>de</strong>grenzen von Huck und Millingen, <strong>de</strong>m<br />

Alpschen Bruch und <strong>de</strong>r Saalhofferstraße liegen<strong>de</strong>n Hei<strong>de</strong> in die Verfügung <strong>de</strong>r obengenannten<br />

Gemein<strong>de</strong>n übergehen. Die von Huck und Millingen seit 1794 geschul<strong>de</strong>ten gemeindlichen<br />

Abgaben sollten nach einem Beschluß <strong>de</strong>s Rheinberger Rates zur Deckung <strong>de</strong>r Reparaturkosten<br />

<strong>de</strong>r städtischen Mühle verwandt wer<strong>de</strong>n. Diesem Vergleich war ebenso<br />

Heinz Janssen<br />

27s


wie früheren Vergleichen kein langes Leben beschie<strong>de</strong>n. Auf Einspruch <strong>de</strong>s Son<strong>de</strong>rfeldshof<br />

vom 18.03.1820, in <strong>de</strong>m Peter Son<strong>de</strong>rfeld seine Ansprüche in die Hei<strong>de</strong> darlegte, nahm die<br />

Regierung in Cleve die schon erteilte Genehmigung am 18.05.1820 zurück.<br />

Nun ruhte die Sache wie<strong>de</strong>r für einige Jahre, in <strong>de</strong>nen man zwar re<strong>de</strong>te aber nichts bewegte,<br />

wenn auch das Gesetz vom 07.03.1822 eine größere Dringlichkeit brachte. Die Einführung<br />

<strong>de</strong>s Katasters im Jahre 1842 bewirkte außer<strong>de</strong>m, daß die Vermessung von 1794 nicht mehr zugrun<strong>de</strong>gelegt<br />

wer<strong>de</strong>n konnte. Die Stadt Rheinberg beauftragte <strong>de</strong>shalb <strong>de</strong>n Geometer Leenen<br />

mit <strong>de</strong>r Neuvermessung <strong>de</strong>r Hei<strong>de</strong>. Leenen legte am 25.07.1827 Katasteranlagen und einen<br />

neuen Einteilungsvorschlag vor. Zu dieser Zeit waren auch neue Verhandlungen zwischen<br />

Rheinberg, Huck und Millingen angelaufen, die am <strong>27.</strong>03.1827 zum zweiten und entgültigen<br />

Vergleich zwischen <strong>de</strong>n Gemein<strong>de</strong>n führten. Dieser Vergleich fand am 06.10.1827 und am<br />

02.08.1828 die Billigung und Genehmigung <strong>de</strong>r Aufsichtsbehör<strong>de</strong>n. Inhaltlich entsprach er<br />

etwa <strong>de</strong>m von 1818; die Gemein<strong>de</strong>n Huck und Millingen erhielten aus <strong>de</strong>r Hei<strong>de</strong> 300 Morgen<br />

als Eigentum und 450 Morgen zuzüglich <strong>de</strong>r bestehen<strong>de</strong>n Katstellen in Erbpacht, sodaß <strong>de</strong>r<br />

Huck/Millinger Anteil 922 Morgen 87 Ruthen und <strong>de</strong>r Rheinberger Anteil 377 Morgen 111<br />

Ruthen betrug. Huck und Millingen wur<strong>de</strong>n verpfl ichtet, die südliche Grenze ihres Anteils<br />

durch einen Graben darzustellen. Ein Vorschlag aus Alpen vom 20.09.1827, <strong>de</strong>n Millinger/<br />

Hucker Anteil auch kommunal <strong>de</strong>r Alpener Verwaltung zuzuschlagen, verfi el <strong>de</strong>r Ablehnung.<br />

Als am 10.02.1828 aus <strong>de</strong>m Hucker Bereich Zweifel an <strong>de</strong>r ordnungsmäßigen Vermessung<br />

und <strong>de</strong>r Einteilung geäußert wur<strong>de</strong>n, mußte <strong>de</strong>r Feldmesser Leenen seine Arbeit überprüfen.<br />

Er legte <strong>de</strong>r Stadt Rheinberg am 02.04.1830 die entgültigen Unterlagen, bestehend aus 2<br />

Reinkarten, Handrissen, Berechnungsheften Einzeilungsnachweisen vor. Die im Stadtarchiv<br />

befi ndliche Karte Nr. Z 22 zeigt diese Einteilung. Natürlich war die Gegenseite , nämlich die<br />

Geerbten und die Benutzer <strong>de</strong>r Hei<strong>de</strong> nicht tatenlos. Davon soll aber später berichtet wer<strong>de</strong>n.<br />

Zur Klärung <strong>de</strong>r Fronten diente z.B., daß <strong>de</strong>r zu <strong>de</strong>n Geerbten zählen<strong>de</strong> Rutger Paßmann am<br />

18.05.1829 von seinem Amt als Deputierter <strong>de</strong>r Gemein<strong>de</strong> Huck abberufen wur<strong>de</strong>. Vorerst<br />

ging aber trotz <strong>de</strong>r Einsprüche, Beschwer<strong>de</strong>n und Gegenvorstellungen noch alles seinen behördlichen<br />

Gang. Am 13.02.1828 entschied <strong>de</strong>r Gel<strong>de</strong>ner Landrat, daß die Vorbereitungen für<br />

<strong>de</strong>n Verkauf nicht auszusetzen seien, und genehmigte am 08.03.1828 die Verkaufsbedingungen.<br />

Im folgen<strong>de</strong>n Jahr kündigte er im Gel<strong>de</strong>rner Wochenblatt die Versteigerung <strong>de</strong>r Millinger<br />

Hei<strong>de</strong>, also <strong>de</strong>s Hucker und Millinger Anteils an.<br />

Die Versteigerung fand auch tatsächlich am 29./30.09.1829 mit folgen<strong>de</strong>m Ergebnis statt.<br />

Käufer Wohnort Kaufpreis, ca. Taler<br />

Bösken für Specht Huck 780<br />

G. u. H. Hüsch Huck 270<br />

H. Laucken Huck 280<br />

J. u. Th. Hebbering u.a. Huck 430<br />

J. H. Perenbom Huck 130<br />

Chr. Len<strong>de</strong>rs Huck 105<br />

Weihofen, Bongers u.a. Millingen 170<br />

H. u. G. Emmerichs Millingen 170<br />

A. Dröttboom Millingen 100<br />

Scholten, Verweyen u.a. Millingen 1500<br />

Schmitz, Nuhnen u.a. Millingen 500<br />

Heinz Janssen<br />

27t


G. Laakmann Millingen 120<br />

Müller, Flecken Alpen 210<br />

Stadt Alpen Alpen 650<br />

G. Wessels Alpen 190<br />

H. Hocks Alpen 220<br />

G. u. Th. Ohlmann Drüpt 170<br />

Verspecken, Polm u.a. Rheinberg 1360<br />

J. Willick u.a. Rheinberg 250<br />

H. Giesen Ossenberg 230<br />

Verschie<strong>de</strong>ne 330<br />

Die Versteigerung erbrachte mithin etwa 8.300 Taler. Aus <strong>de</strong>m Protokoll ist zu schließen,<br />

daß <strong>de</strong>r größte Teil <strong>de</strong>r Hei<strong>de</strong> von <strong>de</strong>n umwohnen<strong>de</strong>n Bauern entwe<strong>de</strong>r für die eigene Landwirtschaft<br />

o<strong>de</strong>r für ihre nachgeborenen Kin<strong>de</strong>r erworben wur<strong>de</strong>. Ein Teil ist aber zweifellos<br />

auch als Geldanlage o<strong>de</strong>r Spekulationsobjekt gekauft wor<strong>de</strong>n. Obwohl es aus <strong>de</strong>n Akten nicht<br />

zweifelsfrei zu erkennen ist, muß diese Versteigerung durch <strong>de</strong>n nachfolgen<strong>de</strong>n Prozeß suspendiert<br />

wor<strong>de</strong>n sein, <strong>de</strong>nn in <strong>de</strong>r Hei<strong>de</strong> tut sich auch weiterhin nichts und 1850 fi n<strong>de</strong>n wir<br />

ein neues Verkaufsprotokoll, das zwar in <strong>de</strong>r Endsumme <strong>de</strong>m vorstehen<strong>de</strong>n gleicht, aber in <strong>de</strong>r<br />

Verteilung einige Än<strong>de</strong>rungen zeigt. Es scheint also so zu sein, daß 1850 das Versteigerungsergebnis<br />

von 1829 mit gewissen, in <strong>de</strong>r Zwischenzeit eingetretenen Verän<strong>de</strong>rungen vollzogen<br />

wur<strong>de</strong>. Davon später mehr.<br />

Die vorstehend geschil<strong>de</strong>rte Prozedur lief natürlich unter <strong>de</strong>m erbitterten Wi<strong>de</strong>rstand <strong>de</strong>r<br />

Gemein<strong>de</strong>gegner ab. Schon unmittelbar nach <strong>de</strong>m ersten Vergleich monierten von Reichmeister<br />

und Son<strong>de</strong>rfeld, daß er ohne sie geschlossen wor<strong>de</strong>n sei. Sie verlangen Beteiligung und behaupten<br />

zu<strong>de</strong>m, daß die Gerechtsame <strong>de</strong>r Stadt durch Nichtgebrauch verjährt seien. Wenig später<br />

for<strong>de</strong>rt, behauptet Peter Son<strong>de</strong>rfeld – wie schon zugesagt – Eigentum von <strong>de</strong>r Hei<strong>de</strong>, ebenso<br />

von Reichmeister und die Gebrü<strong>de</strong>r Lüps. Am 02.09.1823 wirft von Reich-meister <strong>de</strong>r Stadt<br />

vor, sie habe frühere Gemeinheitsrechte zu Lasten <strong>de</strong>r Geerbten ausge<strong>de</strong>hnt und leitete am<br />

21./23.09.1823 zusammen mit Lüps und zehn Ackersleuten aus <strong>de</strong>r II. Bauerschaft ein Beschwer<strong>de</strong>-<br />

o<strong>de</strong>r Klageverfahren ein. Später ergänzt von Reichmeister in eigener Sache, daß die<br />

Berechtigung von Haus Hei<strong>de</strong>ck nicht durch <strong>de</strong>n Vertrag von 1640 erloschen sei, weil Degenhardt<br />

von Eyll nicht angenommen habe. Dem Haus Hei<strong>de</strong>ck stehe nach wie vor ein Miteigentum<br />

zu. Dieses Miteigentum sei auch durch das französische Besatzungsrecht nicht aufgelöst<br />

wor<strong>de</strong>n, weil dieses Recht seit 1815 nicht mehr gelte. Auch beschwerte sich von Reichmeister<br />

über eine unbefugte Besteuerung durch die Stadt Rheinberg und meinte damit das Wei<strong>de</strong>geld.<br />

Die Stadt wies ihm nach, daß das Wei<strong>de</strong>geld keine Steuer sei, son<strong>de</strong>rn eine Entschädigung<br />

für die Nutzung städtischen Eigentums. Am 17.02.1828 beschwerten sich die Geerbten <strong>de</strong>r<br />

II. Bauerschaft nochmals, daß die Stadt ihr Eigentum verkaufe; sie verwiesen dabei auf das<br />

Protokoll vom 24.09.1723 und verlangten ihre Einbeziehung in die Auseinan<strong>de</strong>rsetzungen.<br />

Durch die Geerbten von Millingen und Huck wollten sie nicht vertreten sein. Nach <strong>de</strong>r ersten<br />

öffentlichen Versteigerung <strong>de</strong>r Hei<strong>de</strong> am 29./30. 09.1829 erhoben sie erneut Einspruch mit <strong>de</strong>r<br />

gleichen Behauptung, nicht die Stadt son<strong>de</strong>rn sie seien Eigentümer. Am 10.03.1829 verbieten<br />

sie schließlich die gera<strong>de</strong> wie<strong>de</strong>r laufen<strong>de</strong> Vermessung mit <strong>de</strong>m Hinweis auf <strong>de</strong>n Auseinan<strong>de</strong>rsetzungsvorschlag<br />

vom 10.03.1775. Auch die Geerbten von Huck und Millingen schalten sich<br />

1829 verstärkt in <strong>de</strong>n Streit ein. Am 21.09.1829, also kurz vor <strong>de</strong>r Versteigerung wen<strong>de</strong>n sie<br />

sich sowohl gegen überzogene Ansprüche <strong>de</strong>r Geerbten aus <strong>de</strong>r II. Bauerschaft als auch gegen<br />

die Gemein<strong>de</strong>n Huck und Millingen. Gegen von Reichmeister und Konsorten <strong>de</strong>shalb, weil<br />

diese ihr alleiniges Eigentum an <strong>de</strong>r Hei<strong>de</strong> behauptet hätten, gegen die bei<strong>de</strong>n Gemein<strong>de</strong>n,<br />

weil diese ihren Privatbesitz als Gemein<strong>de</strong>eigentum betrachteten und<br />

Heinz Janssen<br />

27u


als Störer aufträten. Nebenbei wehrten sie sich auch, wie eine Gemeinschaftsbeschwer<strong>de</strong> <strong>de</strong>s<br />

Johann Laakmann u.a. zeigt, dagegen, daß an<strong>de</strong>re angrenzen<strong>de</strong> Bauern in <strong>de</strong>r Hei<strong>de</strong> wei<strong>de</strong>ten,<br />

ohne zur Hu<strong>de</strong> berechtigt zu sein. Wie schon ange-<strong>de</strong>utet, waren bei <strong>de</strong>n Vergleichen<br />

zwischen Rheinberg und Huck/Millingen einige Geerbte als Deputierte (Ratsmitglie<strong>de</strong>r)<br />

beteiligt (z.B. Rutger Paßmann und J. H. Königs), die kurze Zeit später in eigener Sache das<br />

Verfügungsrecht <strong>de</strong>r Gemein<strong>de</strong>n bestritten, als <strong>de</strong> facto gegensätzliche Standpunkte mitvertraten.<br />

Der hin und her wogen<strong>de</strong> Streit, <strong>de</strong>r in all seinen Äußerungen garnicht geschil<strong>de</strong>rt wer<strong>de</strong>n<br />

kann, steuerte anfangs <strong>de</strong>r Dreißiger Jahre unausweichlich auf <strong>de</strong>n großen Prozeß zu. Zwar<br />

wer<strong>de</strong>n noch einige Argumente und Vorschläge ausgetauscht o<strong>de</strong>r an die Aufsichtsbehör<strong>de</strong>n<br />

gerichtet, doch sind sie nur Plänkeleien. So bezogen sich von Reichmeister und Konsorten am<br />

21.01.1831 nochmals auf <strong>de</strong>n Generalverteilungsvorschlag von 1773, in <strong>de</strong>m die Hei<strong>de</strong> als ein<br />

vom Stadtvermögen abgeson<strong>de</strong>rtes Eigentum <strong>de</strong>r II. Bauerschaft, also <strong>de</strong>r vierzehn Grun<strong>de</strong>igentümer<br />

angesehen wur<strong>de</strong>. Die Stadt lehnte natürlich mit <strong>de</strong>m Hinweis auf das Komunal-eigentum<br />

und auf die fehlen<strong>de</strong> Rechtsfähigkeit <strong>de</strong>r II. Bauerschaft als Teil <strong>de</strong>r Stadt Rheinberg<br />

ab. Von Reichmeister schlug daraufhin am 25.01.1832 vor, die Stadt solle die II. Bauerschaft<br />

wie eine selbständige Landgemein<strong>de</strong> behan<strong>de</strong>ln und soviel Hei<strong>de</strong> verkaufen, wie zur Deckung<br />

<strong>de</strong>s Schul<strong>de</strong>nanteils <strong>de</strong>r II. Bauerschaft notwendig sei. Die verbleiben<strong>de</strong> Hei<strong>de</strong> sollte <strong>de</strong>n<br />

Geerbten gehören. Dann solle die Stadt je<strong>de</strong> Verbindung mit <strong>de</strong>r II. Bauerschaft abbrechen.<br />

Es ist wohl keine Frage, daß die Stadt auf diesen absur<strong>de</strong>n und rechtlich möglichen Vorschlag<br />

nicht einging. Die Interessenten aus Huck und Millingen empfahlen am 17.01.1832, <strong>de</strong>n<br />

Streit dadurch zu been<strong>de</strong>n, daß je ein Drittel <strong>de</strong>r Hei<strong>de</strong> <strong>de</strong>n Geerbten aus Huck, Millingen<br />

und <strong>de</strong>r II. Bauerschaft zugeteilt wer<strong>de</strong>. Unter <strong>de</strong>m 16.05.1831 ist a) ein Verzeichnis <strong>de</strong>r<br />

Personen zu fi n<strong>de</strong>n, die gegen <strong>de</strong>n Verkauf <strong>de</strong>r Hei<strong>de</strong> gerichtlich aufgetreten sind, und b)<br />

eines <strong>de</strong>r Einwohner, die keinen Einspruch eingelegt haben.<br />

Es sind:<br />

a) II. Bauerschaft: Von Reichmeister, J. H. Königs, Wolter Königs,<br />

J. Lüps, Corn. Zacharias, Paßen, Telmes, Th. u. P.<br />

Laakmann, J. Heinen, G. Dewey.<br />

Millingen: Fr. Kreutz, F. Schneimann, J. Laakmann, Gerh.<br />

Emmerichs, Th. Dröttbomm, H. Paßmann,<br />

Gerh. Heymann.<br />

Huck: R. Paßmann, Th. Overfeld, P. Meilert, H. Dellmann,<br />

T. Hüsch, J. Th. Ohlmann, H. Peerenboom,<br />

Nic. Specht.<br />

b) II. Bauerschaft: H. Laakmann, T. Holtmann, H. van Treeck, Chr.<br />

Bongers, W. Roosen, J. von Seida, G. Maaßen,<br />

G. Voor, B. Hagemeyer, von Nispen, J. Baumann.<br />

Millingen: J. Weihofen, J. Emmerichs, H. Nuhnen, P. Schmitz,<br />

B. Scholten, W. Verweyen, J. Königs.<br />

Huck: J. Wessels, J. Bruns, T. Waters, Th. Len<strong>de</strong>rs,<br />

W. Spandick, Chr. Vossler, Th. Elch, J. Emmerichs,<br />

Th. Schnei<strong>de</strong>r, Th Schmitz, J. Dormann.<br />

1832 kamen die Aufsichtsbehör<strong>de</strong>n zu <strong>de</strong>m Schluß, daß eine außergerichtliche Einigung nicht<br />

mehr zu erwarten sei, und empfahlen <strong>de</strong>r Stadt Rheinberg, die Frage <strong>de</strong>s Eigentums an <strong>de</strong>r<br />

Hei<strong>de</strong> gerichtlich klären zu lassen. Diese reichte am 16.12.1832 eine entsprechen<strong>de</strong> Feststellungsklage<br />

ein.<br />

Heinz Janssen<br />

27v


Die Unterlagen zu diesem Prozeß, an <strong>de</strong>m parallel auch die Gemein<strong>de</strong>n Huck und Millingen<br />

beteiligt sind, könnten wegen <strong>de</strong>s Umfanges <strong>de</strong>tailliert nur in einer beson<strong>de</strong>ren Arbeit untersucht<br />

wer<strong>de</strong>n. Eine solche <strong>de</strong>taillierte Beschreibung ist hier auch nicht erfor<strong>de</strong>rlich, weil im<br />

wesentlichen außer <strong>de</strong>r nochmaligen Aufzählung und Wertung aller die Hei<strong>de</strong> betreffen<strong>de</strong>n<br />

Vorgänge seit 1640 viele juristische Argumentationen enthalten, die im Zusammenhang weniger<br />

interessieren. Neben <strong>de</strong>r Klärung <strong>de</strong>s Eigentums überhaupt fl ießen auch die Anspruchsklagen<br />

<strong>de</strong>r Geerbten mit ein, und in <strong>de</strong>r Entscheidung geht es, wohl stellvertretend für <strong>de</strong>n<br />

Gesamtkomplex darum, wer über <strong>de</strong>n Huck/Millingen-Anteil an <strong>de</strong>r Hei<strong>de</strong> zu verfügen hat.<br />

Die Gemein<strong>de</strong>n Huck und Millingen waren also offensichtlich an <strong>de</strong>m Prozeß beteiligt. In <strong>de</strong>r<br />

Feststellungsklage wur<strong>de</strong> 1838 ein erstes Urteil zugunsten <strong>de</strong>r Stadt Rheinberg gefällt, das<br />

aber 1840 mit <strong>de</strong>r Begründung aufgehoben wur<strong>de</strong>, daß die Gesetze aus <strong>de</strong>r Zeit <strong>de</strong>r französischen<br />

Besatzung nicht mehr gültig seien, und daß die Stadt als Kläger ihr Eigentum beweisen<br />

müsse. Sie müsse nachweisen, daß die Hei<strong>de</strong> während einer dreißigjährigen Frist von 1797<br />

bis 1827 von allen Einwohnern in irgen<strong>de</strong>iner Weise genutzt wor<strong>de</strong>n sei. Die Stadt bot eine<br />

Reihe von Zeugen hierfür auf, u.a. Joseph von Seida, ohne Gewerbe (von Seida hatte also um<br />

1840 sein Gut Hei<strong>de</strong>berg verkauft), <strong>de</strong>n Schäfer Johann Frantzen und <strong>de</strong>n Tagelöhner Billen<br />

aus Huck. Das Landgericht Cleve hielt die Beweise nicht für ausreichend und wies die Klage<br />

vom 06.07.1843 und 20.05.1846 (Berufung) ab. Damit schien die Sache zugunsten <strong>de</strong>r Geerbten<br />

auszugehen. Dem war aber nicht so. Auf die erneute, am 30.12.1848 erfolgte Berufung an<br />

<strong>de</strong>n Appellationsgerichtshof zu Köln folgte am 18.06.1849 mit <strong>de</strong>ssen Urteil <strong>de</strong>r Schlußstrich<br />

unter <strong>de</strong>n zweihun<strong>de</strong>rtjährigen Streit. Der Gerichtshof machte sich die Argumentation <strong>de</strong>r<br />

Gemein<strong>de</strong>n zu eigen und entschied, daß <strong>de</strong>n Beklagten (Geerbten) kein Privateigentum an <strong>de</strong>r<br />

Hei<strong>de</strong> zustehe, son<strong>de</strong>rn daß sie die Nutzungsrechte stets als Gemein<strong>de</strong>mitglie<strong>de</strong>r ausgeübt<br />

hätten. Die Stadt Rheinberg sei also mehr als 200 Jahren Eigentümerin o<strong>de</strong>r „eigentümliche<br />

Besitzerin“. Der Gerichtshof <strong>de</strong>hnte die Wirkung <strong>de</strong>s Urteils auch auf <strong>de</strong>n in <strong>de</strong>r Bürgermeisterei<br />

Alpen gelegenen Bruch aus.<br />

Heinz Janssen<br />

27w


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06 50 098 097 0X<br />

Kopie <strong>de</strong>r Sterbeurkun<strong>de</strong> Alpen Nr. 48/1855<br />

Heinrich Peerenboom, geb./get. 07 10 1778 Pfarre Alpen, verst. 30.08.1855, zu Huck<br />

Wittwer von Gertrud geborene Pötters.<br />

Johann Raskopp geb. 18.08.1936<br />

erstellt 02.2007


06 50 098 097 0X<br />

Abschrift <strong>de</strong>r Sterbeurkun<strong>de</strong> Alpen Nr. 48/1855<br />

Heinrich Peerenboom, geb./get. 07 10 1778 Pfarre Alpen, verst. 30.08.1855, zu Huck<br />

Wittwer von Gertrud geborene Pötters.<br />

48 Sterbe-Urkun<strong>de</strong>.<br />

Bürgermeisterei Alpen Kreis Gel<strong>de</strong>rn Regierungs-Departement Düsseldorf<br />

Im Jahre tausend achthun<strong>de</strong>rt fünf und fünfzig <strong>de</strong>n zweiten<br />

September (02.09.1855), vormittags neun Uhr, erschienen<br />

vor mir Julius Hasbach<br />

Bürgermeister von Alpen, als Beamter <strong>de</strong>s Personenstan<strong>de</strong>s,<br />

<strong>de</strong>r Hermann Emmerichs neun und vierzig (49) Jahre alt,<br />

Stan<strong>de</strong>s Ackerer wohnhaft zu Huck, welcher ein Nachbar<br />

<strong>de</strong>s Verstorbenen zu sein angab, und <strong>de</strong>r Theodor Rosendahl<br />

neun und dreißig (39) Jahre alt, Stan<strong>de</strong>s Tagelöhner, wohnhaft zu Huck<br />

welcher ein Nachbar <strong>de</strong>s Verstorbenen zu sein angab, und haben<br />

diese bei<strong>de</strong>n mir erklärt, daß am dreißigsten August <strong>de</strong>s Jahres<br />

tausend achthun<strong>de</strong>rt fünf und fünfzig (30.08.1855) Nachmittags<br />

zwei Uhr, verstorbem ist:<br />

Heinrich Peerenboom, Wittwer von Gertrud Pötters<br />

gebürtig zu Huck, Regierungs-Departement Düsseldorf<br />

neun und siebzig (79) Jahre alt, Stan<strong>de</strong>s Ackerer<br />

wohnhaft zu Huck, Regierungs-Departement Düsseldorf.<br />

Sohn von Johann Peerenboom und von Anna Catharina Paßmann<br />

Ehe- und Ackersleute zu Huck verstorben.<br />

Nach geschehener Vorlesung haben bei<strong>de</strong> Comparenten<br />

mit mir Bürgermeister unterschrieben.<br />

gez. H Emmericks gez. T Rosendahl<br />

gez. Hasbach<br />

Johann Raskopp geb. 18.08.1936<br />

erstellt 02.2007<br />

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27z<br />

Auszug aus <strong>de</strong>r Liste <strong>de</strong>r Mormonen.<br />

Grundlage: Kirchenbuch <strong>de</strong>r Taufen Pfarre Alpen, Rheinland; Preußen, von 1750 - 1875<br />

05 00 050 049 05 Anna Mecht. Perenboom getauft am 23.02.1821, zu Pfarre Alpen<br />

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Husband<br />

Henrici Perenboom Pedigree<br />

Birth:<br />

Christening:<br />

Marriage:<br />

Death:<br />

Burial:<br />

Wife<br />

Gertrudis <strong>Poetters</strong> Pedigree<br />

Birth:<br />

Christening:<br />

Marriage:<br />

Death:<br />

Burial:<br />

Children<br />

1. Anna Mechtildis Pedigree<br />

Female<br />

Birth:<br />

Christening: 23 FEB 1821 Roemisch-Katholische, Alpen, Rheinland, Preussen<br />

Death:<br />

Burial:<br />

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