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Sachsen strebt neuen Welterbe-Titel an - Grünes Licht für

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Dienstag, 3. J<strong>an</strong>uar 2012<br />

Kleinezeitung.at<br />

Tschechien übergab Ergebnisse von AKW-Stresstests<br />

Foto © APA<br />

Tschechien hat der EU-Kommission einen Bericht über die<br />

Ergebnisse seiner AKW-Stresstests übergeben. Aus dem von der<br />

nationalen Atombehörde (SUJB) erstellten Dokument geht hervor,<br />

dass in den Kernkraftwerken Temelin und Dukov<strong>an</strong>y keine<br />

Sicherheitsmängel festgestellt worden seien, die eine<br />

unverzügliche Lösung erforderten, wie ein Sprecher des<br />

Tschechischen Energiekonzerns (CEZ) sagte.<br />

Die Stresstests wurden in verg<strong>an</strong>genen sechs Monaten<br />

durchgeführt. Experten des CEZ, der SUJB sowie des Atomforschungsinstituts in Rez bei Prag<br />

beteiligten sich dar<strong>an</strong>. Die Experten prüften beispielsweise, wie die Atomkraftwerke mit l<strong>an</strong>gen<br />

Perioden von Hitze oder extremem Frost bis zu minus 46 Grad fertig würden. Außerdem wurde die<br />

Beständigkeit der Anlagen im Fall von Erdbeben, extremem Regen oder Überschwemmungen<br />

getestet. Dabei kamen die Experten zum Schluss, dass Temelin einen Bruch der südböhmischen<br />

Talsperre Lipno aushalten würde.<br />

"Die beiden Kraftwerke sind sehr robust und haben Spielraum, diesen extremen Einwirkungen der<br />

Natur zu widerstehen", sagte das CEZ-Vorst<strong>an</strong>dsmitglied Vladimir Hlavinka. Die Stresstests<br />

förderten laut Hlavinka aber auch "Möglichkeiten zu einer weiteren Verstärkung der St<strong>an</strong>dfestigkeit<br />

der Kraftwerke gegenüber extrem unwahrscheinlichen Szenarien" zutage. Deswegen würden<br />

Temelin und Dukov<strong>an</strong>y ihre Sicherheitsvorkehrungen weiter verstärken.<br />

So soll in Temelin beispielsweise eine weitere Reserve-Energiequelle in Form von mobilen<br />

Dieselgeneratoren eingesetzt werden. In beiden Kraftwerken werde das System zur Beseitigung<br />

des Wasserstoffes in der Schutzhülle der Reaktoren verstärkt werden, hieß es.<br />

Im September 2011 hatte eine Gruppe von Bürgern aus Tschechien, Österreich, Deutschl<strong>an</strong>d und<br />

Polen Temelin besucht. In einer Resolution, welche die deutschen Grünen-Politikerin Brigitte<br />

Artm<strong>an</strong>n <strong>an</strong> die Medien weiterleitete, wird beklagt, dass die Stresstests "durch Profit verzerrt"<br />

seien, und gefordert, dass eine "echte und umfassende Risiko<strong>an</strong>alyse" Temelins und Dukov<strong>an</strong>ys<br />

durchgeführt werde. Die beiden Kraftwerke seien "nach unseren Erfahrungen nicht ausreichend<br />

durch die SUJB überwacht", heißt es in der Resolution.<br />

Quelle: APA<br />

Mal kalt, mal warm<br />

H<strong>an</strong>fmessen in Tschechien - vom C<strong>an</strong>nafest zur C<strong>an</strong>nabizz<br />

Autor: Aus der Tschechischen Republik von mze<br />

1<br />

Dienstag, 3. J<strong>an</strong>uar 2012<br />

H<strong>an</strong>fjournal.de<br />

Bild: Foto: C<strong>an</strong>nabizz 2010, © 2011 H<strong>an</strong>f Journal<br />

Die Tschechische Republik mausert sich mit ihrer liberalen Drogenpolitik zum heimlichen Favoriten<br />

aller europäischen H<strong>an</strong>fliebhaber. Samenh<strong>an</strong>del ist offiziell erlaubt, der Anbau von bis zu drei<br />

H<strong>an</strong>fpfl<strong>an</strong>zen ist bloß ein mit Bußgeld versehenes Vergehen und der Konsum der Pfl<strong>an</strong>zenwirkstoffe<br />

wird einfach weitestgehend ignoriert.<br />

Es gibt schließlich Wichtigeres zu tun, als dem legalen, boomenden Gartenh<strong>an</strong>del, den sich<br />

selbstversorgenden H<strong>an</strong>fliebhabern, die ihr Geld nicht mehr länger dem Schwarzmarkt zur<br />

Verfügung stellen sowie der vertretenen H<strong>an</strong>findustrie mit Verschwendung von Steuergeldern auf<br />

die Finger zu klopfen. Stattdessen profitiert die Tschechische Republik, allem vor<strong>an</strong> die beliebte<br />

Touristenmetropole Prag, von der entst<strong>an</strong>denen, offenherzigen H<strong>an</strong>fkultur.<br />

So haben sich gleich zwei H<strong>an</strong>ffachmessen in der Hauptstadt etabliert, von der die erste, die<br />

C<strong>an</strong>nabizz, sich nach einem Jahr kreativer Pause im nächsten Jahr vom vierten bis sechsten Mai im<br />

Kongresszentrum Prags zurückmelden wird, um alle Besucher und Teilnehmer inmitten<br />

spektakulären 60er Jahre Flairs feinster Ostblockästhetik (Baujahr´81) und einem famosen<br />

P<strong>an</strong>oramablick, der über die Grenzen der Stadt hinaus reicht, zu bezaubern. Alle namhaften<br />

Hersteller, Fachleute und Produzenten der m<strong>an</strong>nigfaltigen Produkte rund um die H<strong>an</strong>fproduktion,


sich nur wünscht.<br />

den H<strong>an</strong>fkonsum, die H<strong>an</strong>fmedizin und H<strong>an</strong>fpolitik werden sich<br />

auf dieser wunderbaren C<strong>an</strong>nabisfachmesse wie zuhause fühlen.<br />

Schon vorbei ist dagegen die zweite H<strong>an</strong>fmesse Prags, die<br />

C<strong>an</strong>nafest, die sich im alten Messegelände der Hauptstadt<br />

einf<strong>an</strong>d und zwischen dem 25. und 27. November Einlass zu<br />

frostigen Temperaturen boten. Hersteller wie Besucher wurden<br />

zumindest am Samstag warm, als viele Besucher die teilweise<br />

mit Zelten ausgebauten Hallen durchströmten und durch Reibung<br />

Hitze erzeugten.<br />

Ein Rahmenprogramm auf der Hauptbühne, ein Kino und ein<br />

Fachkongress im hinteren Bereich bot neben vielen Austellern<br />

alternatives Geschehen. Die C<strong>an</strong>nafest Messe gewährte auch den<br />

Berliner Aktivisten rund um die H<strong>an</strong>fparade einen Unterschlupf,<br />

den die <strong>an</strong>wesenden Agentur Sowjet Mitarbeiter bestens als Asyl<br />

zu nutzen wussten.<br />

Hier<strong>für</strong> gilt nochmal unser besonderer D<strong>an</strong>k <strong>an</strong> das Team von<br />

Carlos und Marija, das wir auf der kommenden C<strong>an</strong>nabizz 2012<br />

entsprechend zu würdigen wissen werden.<br />

Es lohnt sich daher wieder auch <strong>für</strong> alle deutschsprachigen Leser<br />

und H<strong>an</strong>finteressierte, der Stadt Prag zum ersten<br />

Maiwochenende des <strong>neuen</strong> Jahres einen Besuch abzustatten, da<br />

auf der C<strong>an</strong>nabizz 2012 alles geboten wird, was der H<strong>an</strong>ffreund<br />

Mittwoch, 4. J<strong>an</strong>uar 2012<br />

Focus online<br />

Vaclav Havels Asche<br />

Urne des ehemaligen tschechischen Präsidenten im<br />

Familiengrab beigesetzt<br />

Am Mittwoch wurde der ehemalige tschechische Präsident Vaclav Havel im Familiengrab beigesetzt.<br />

Die Urne mit der Asche Havels wurde von Havels Witwe selbst in die Gruft auf einem Prager<br />

Friedhof gebracht, die sich einen „privateren Abschied“ gewünscht habe.<br />

Eine Urne mit der Asche des früheren tschechischen Präsidenten Vaclav Havel ist am Mittwoch im<br />

Familiengrab in Prag beigesetzt worden. Die Zeremonie auf dem Friedhof des zentralen Prager<br />

Stadtteils Vinohrady f<strong>an</strong>d im engsten Familienkreis auf die Stunde genau 15 Jahre nach Havels<br />

Hochzeit mit seiner zweiten Frau Dagmar Veskrnova statt, sagte Havels Sekretärin Sabina<br />

T<strong>an</strong>cevova am Mittwoch der Nachrichtenagentur AFP.<br />

Die Urne sei von Havels Witwe selbst in die Gruft gelegt worden, sagte T<strong>an</strong>cevova. Nach der<br />

offiziellen Trauerfeier im Dezember, die von Hunderttausenden Menschen verfolgt wurde, habe sie<br />

„einen privateren Abschied“ gewünscht. In dem Grab auf dem im Zentrum Prags gelegenen<br />

Friedhof neben der St.-Wenzelskirche, der die letzte Ruhestätte vieler prominenter Tschechen aus<br />

Politik, Kultur und Sport ist, liegen bereits Havels 1995 verstorbene erste Frau Olga sowie seine<br />

Eltern und Großeltern.<br />

Mittwoch, 4. J<strong>an</strong>uar 2012<br />

Dradio.de<br />

Wurst in Tschechien ist oft mehr Fett als Fleisch (Bild: AP Archiv)<br />

Teurer, aber von schlechter Qualität<br />

Tschechien erhöht Mehrwertsteuer <strong>für</strong> Lebensmittel<br />

Von Stef<strong>an</strong> Heinlein<br />

2


Die Krise hat auch vor dem Tschechien nicht haltgemacht. Das L<strong>an</strong>d braucht Geld. Mit<br />

Jahresbeginn wurde der Mehrwertsteuersatz <strong>an</strong>gehoben, von zehn auf 14 Prozent. Das<br />

betrifft zum Beispiel die Kosten <strong>für</strong>s Wohnen, <strong>für</strong> den öffentlichen Nahverkehr und auch<br />

<strong>für</strong> - minderwertige - Lebensmittel.<br />

Ein Supermarkt in Prag. Katerina ist sauer. Der Wochenendeinkauf <strong>für</strong> ihre kleine Familie macht ihr<br />

nur wenig Freude.<br />

"Ich bin sehr unzufrieden mit den Lebensmitteln hier. Die Produkte sind qualitativ deutlich<br />

schlechter als in <strong>an</strong>deren Ländern, obwohl die Preise m<strong>an</strong>chmal sogar höher sind."<br />

Schlechte Qualität zu hohen Preisen. Viele m<strong>an</strong>gelhafte Ostprodukte halten sich hartnäckig in den<br />

Regalen. Vaclav Benes durchforscht <strong>für</strong> die Zeitschrift D-Test regelmäßig das Sortiment heimischer<br />

Supermarktketten. Ketchup mit nur elf Prozent Tomaten - nur gut 30 Prozent Früchte in der<br />

Erdbeermarmelade - Wurst mit mehr Fett als Fleisch - Vaclav Benes kennt viele Beispiele <strong>für</strong> den<br />

Nepp in den Regalen:<br />

"Wir haben zum Beispiel Fischstäbchen getestet. In Deutschl<strong>an</strong>d gibt es eine Vorschrift, die einen<br />

Fisch<strong>an</strong>teil von mindestens 65 Prozent vorschreibt. Die tschechischen Fischstäbchen haben aber<br />

meist nur 20 Prozent."<br />

Viele Tschechen sparen jedoch gerne beim Lebensmitteleinkauf. Für sie ist der Preis noch immer<br />

wichtiger als die Qualität. Auch viele internationale Supermarktketten verkaufen deshalb in<br />

Tschechien minderwertigere Produkte als im Ausl<strong>an</strong>d.<br />

"Der Preisdruck in Tschechien ist ziemlich hoch. Die Verbraucher sind aber sehr toler<strong>an</strong>t gegenüber<br />

einer niedrigeren Qualität. Tschechische Kunden kaufen Produkte, die ein deutscher Verbraucher<br />

nicht kaufen würde."<br />

Doch trotz der oft miesen Qualität sind die Preise auch in Tschechien in den letzten Jahren deutlich<br />

geklettert. Spätestens seit der vierprozentigen Erhöhung der Mehrwertsteuer zum Jahres<strong>an</strong>f<strong>an</strong>g ist<br />

die Geduld der Verbraucher jedoch am Ende. An den Wochenenden stürmen sie regelmäßig die<br />

Discounter in <strong>Sachsen</strong> und Bayern. Auch Alenka geht gerne in Deutschl<strong>an</strong>d auf Einkaufstour:<br />

"Die Sachen bei uns sind teurer und schmecken oft trotzdem nicht, vor allem wenn m<strong>an</strong> sie mit<br />

den Produkten in <strong>an</strong>deren Ländern vergleicht. Vor allem die Billigprodukte sind tausendmal<br />

schlechter."<br />

Die Vorhersagen sind deshalb eindeutig. Das sich ändernde Verbraucherverhalten zwingt l<strong>an</strong>gfristig<br />

die tschechischen Supermarktketten zum Umdenken, meint der Journalist Vaclav Benes:<br />

"Es ändert sich l<strong>an</strong>gsam, und auch die Tschechen achten immer mehr auf Qualität. Die Händler<br />

sind überall gleich. Sie verkaufen den Kunden die Sachen, die sie wünschen."<br />

Noch jedoch gibt es genügend Kunden, die gerne ihre gewohnten Billigprodukte aus sozialistischen<br />

Zeiten genießen. Die Qualität in tschechischen Supermarktregalen wird sich deshalb nur l<strong>an</strong>gsam<br />

verbessern.<br />

"Ich esse seit 60 Jahren tschechisches Essen. Das ist vielleicht nicht besonders gesund - aber mir<br />

schmeckt es immer noch am besten."<br />

Blumen <strong>für</strong> Vaclav Havel auf der Elbe<br />

3<br />

Donnerstag, 5. J<strong>an</strong>uar 2012<br />

(Sächsische Zeitung)<br />

Decin. M<strong>an</strong>ch „Str<strong>an</strong>dgut“, das aus Tschechien über die Elbe geflossen kam, hat in <strong>Sachsen</strong> schon<br />

<strong>für</strong> Aufregung gesorgt. Die Blumen, die am Dienstag über die Grenze trieben, dürften dagegen<br />

Verständnis auslösen. Bei ihnen h<strong>an</strong>delt es sich nämlich um die Trauerkränze und Blumen, die <strong>für</strong><br />

den verstorbenen Dichterpräsidenten Vaclav Havel seit seinem Tod in Kirchen und zur Trauerfeier<br />

abgegeben wurden.<br />

Einer Idee des Aktionskünstlers David Cerny und des Musikers Michal Kocab folgend, waren die<br />

Blumen auf einen Ponton installiert worden, der am Samstag von Prag aufgebrochen war. Die Reise


des Pontons, die <strong>an</strong> L<strong>an</strong>d von Tausenden Menschen verfolgt wurde, endete unterhalb von Schloss<br />

Decin (Tetschen). Dort warfen Weggefährten Havels wie Kocab, sein K<strong>an</strong>zleichef als Präsident Ivo<br />

Mathe oder die Boromäerschwester Angelika, die sich bis zuletzt um den Altpräsidenten gekümmert<br />

hatte, die Blumen als letzte Ehre in die Elbe. Übrigens, nicht ohne zuvor Blumenbänder und Drähte<br />

entfernt zu haben. (stn)<br />

Dominik Duka wird Kardinal<br />

Benedikt XVI. ern<strong>an</strong>nte Prager Ezbischof am Freitag in Rom<br />

Prag/Rom - Papst Benedikt XVI. hat am (heutigen) Freitag in Rom 22<br />

neue Kardinäle ern<strong>an</strong>nt, darunter auch den Prager Erzbischof Dominik<br />

Duka (Foto).<br />

Der 68-jährige Geistliche ist der insgesamt 22. tschechische Kardinal, wie<br />

4<br />

Donnerstag, 5. J<strong>an</strong>uar 2012<br />

Prager Zeitung<br />

Freitag, 6. J<strong>an</strong>uar 2012<br />

Tschechien online


der Tschechische Rundfunk (Prag) berichtete.<br />

Duka wird Mitte Februar nach Rom reisen und die Ernennung persönlich entgegennehmen.<br />

In einem Grußwort beglückwünschte Staatspräsident Václav Klaus ihn: "Ich bin froh, dass Benedikt<br />

XVI. durch diese Ernennung klar zum Ausdruck gebracht hat, wen er sich in dieser schweren Zeit<br />

einer so wiedersprüchlichen Welt in der obersten kirchlichen Hierarchie <strong>an</strong> seiner Seite wünscht."<br />

Als Kardinal wird Domimnik Duka auch <strong>an</strong> der Wahl des nächsten Papstes teilnehmen. Davon ist<br />

Miroslav Vlk, obwohl auch er Kardinal, aus Altersgründen ausgeschlossen. Der frühere Prager<br />

Erzbischof wird im Mai 80 Jahre und überschreitet damit das Höchstalter der zur Papstwahl<br />

zugelassenen Würdenträger. (gp)<br />

Tschechien Online, 6.1.2010. Foto: Wikimediqa Commons<br />

Freitag, 6. J<strong>an</strong>uar 2012<br />

Süddeutsche online<br />

Prozesse - Tschechien: Timoschenko-Ehem<strong>an</strong>n erhält in<br />

Prag politisches Asyl<br />

Anhänger der inhaftierten Timoschenko vor einem<br />

Gerichtsgebäude in Kiew. Foto: Sergey Dolzhenko/Archiv (©dpa<br />

- Deutsche Presse-Agentur GmbH)<br />

Prag/Kiew (dpa) - Tschechien hat dem Ehem<strong>an</strong>n der inhaftierten<br />

ukrainischen Ex-Regierungschefin Julia Timoschenko politisches<br />

Asyl gewährt. Die Regierung in Prag nimmt dabei bewusst auch<br />

eine Eiszeit im Verhältnis zur Ukraine in Kauf.<br />

Alex<strong>an</strong>der Timoschenko habe das Gesuch bereits vor mehreren Monaten eingereicht, bestätigte<br />

Tschechiens Innenminister J<strong>an</strong> Kubice am Freitag nach Angaben der Agentur CTK.<br />

Der 51 Jahre alte Geschäftsm<strong>an</strong>n habe «fliehen» müssen, damit die Führung in Kiew nicht mit<br />

Ermittlungen gegen ihn «weiteren Druck» auf die zu sieben Jahren Haft verurteilte<br />

Oppositionsführerin ausübe, teilte Julia Timoschenkos Partei in Kiew mit.<br />

Die ukrainische Regierung wies dies zurück. «Kein ukrainischer Staatsbürger muss Schutz im<br />

Ausl<strong>an</strong>d suchen. Die Ukraine achtet die Menschenrechte», teilte das Außenministerium in Kiew am<br />

Abend mit. Ein Sprecher der Partei der Regionen von Präsident Viktor J<strong>an</strong>ukowitsch kritisierte,<br />

Alex<strong>an</strong>der Timoschenko wolle offenbar «Geld ins Ausl<strong>an</strong>d schaffen». Gegner werfen Staatschef<br />

J<strong>an</strong>ukowitsch vor, er schraube seit Amts<strong>an</strong>tritt vor zwei Jahren mit einem autoritären Stil die<br />

demokratischen Errungenschaften der Or<strong>an</strong>genen Revolution von 2004 in der früheren<br />

Sowjetrepublik wieder zurück.<br />

Das EU- und Nato-Mitglied Tschechien rechnet nach der Asylentscheidung mit einer<br />

Verschlechterung seiner ohnehin gesp<strong>an</strong>nten Beziehungen zur Ukraine. «Eine Abkühlung des<br />

Verhältnisses ist g<strong>an</strong>z klar möglich, aber das hängt vor allem von der Ukraine ab», sagte<br />

Außenminister Karel Schwarzenberg im öffentlich-rechtlichen Prager Rundfunk. «M<strong>an</strong>che Regime<br />

reagieren so.» Regierungschef Petr Necas begründete die Entscheidung des Innenministeriums mit<br />

einer «politisch motivierten Verfolgung (von Alex<strong>an</strong>der Timoschenko).»<br />

Tschechien hatte bereits vor einem Jahr dem ukrainischen Ex-Wirtschaftsminister Bogd<strong>an</strong><br />

D<strong>an</strong>ilischin Asyl gewährt, obwohl Kiew ihn wegen Veruntreuung zur Fahndung ausgeschrieben<br />

hatte. Die Ukraine hatte daraufhin zwei tschechische Diplomaten wegen <strong>an</strong>geblicher Spionage<br />

ausgewiesen.<br />

Julia Timoschenko sitzt ihre Strafe wegen <strong>an</strong>geblichen Amtsmissbrauchs in einem Gefängnis in<br />

Charkow rund 450 Kilometer östlich von Kiew ab. Ihre Tochter Jewgenija protestierte nach einem<br />

Besuch gegen «unwürdige Haftbedingungen». Die Anstaltsleitung wies dies mit den Worten zurück,<br />

die Zelle der 51-Jährigen entspreche «europäischem St<strong>an</strong>dard». Vor dem Gefängnis protestierten<br />

am Abend Medien zufolge Hunderte Timoschenko-Anhänger gegen die Inhaftierung.<br />

In Prager Medien wurde mit Hinweis auf Stimmen aus Timoschenkos Partei spekuliert, dass auch<br />

Tochter Jewgenija ihrem Vater nach Tschechien folgen könnte. «Sollte sich der Druck erhöhen,<br />

werden wir reagieren», sagte dazu ihr Anwalt Sergej Wlassenko. Alex<strong>an</strong>der Timoschenko st<strong>an</strong>d<br />

während der politischen Karriere seiner Frau weniger im Rampenlicht.<br />

Julia Timoschenko forderte unterdessen unabhängige Experten aus K<strong>an</strong>ada <strong>für</strong> die Untersuchung<br />

ihres schweren Rückenleidens. Einheimischen Ärzten traue sie nicht, sagte ein Anwalt.<br />

5


Timoschenko soll beim Abschluss von Gasverträgen mit Russl<strong>an</strong>d ihrem L<strong>an</strong>d schweren Schaden<br />

zugefügt haben. Präsident J<strong>an</strong>ukowitsch, Timoschenkos schärfster Rivale, weist aber Vorwürfe<br />

zurück, der international kritisierte Prozess sei politisch gesteuert.<br />

Fotos der <strong>an</strong>geblichen Zelle<br />

ZINNWALD<br />

Grüne Liga lädt zu Skitour ein<br />

6<br />

Samstag, 7. J<strong>an</strong>uar 2012<br />

(Sächsische Zeitung)<br />

Die Grüne Liga Osterzgebirge will mit seinen tschechischen Freunden vom Teplitzer Umweltverein<br />

Stovik am Sonntag, 9Uhr, in Zinnwald am Buswendeplatz zu einer naturkundlichen Skitour<br />

aufbrechen. Wie Jens Weber vom Verein informiert, soll die W<strong>an</strong>derung diesmal zum<br />

Mückentürmchen nach Tschechien führen. (SZ/ks)<br />

POSSENDORF<br />

Samstag, 7. J<strong>an</strong>uar 2012<br />

(Sächsische Zeitung)<br />

Gäste aus der Partnerstadt gestalten Possendorfer<br />

Schulhaus<br />

Von Verena Weiß<br />

B<strong>an</strong>newitz bekam Besuch aus Tschechien. Die Schüler hatten eine Burg im<br />

Gepäck.<br />

Die Possendorfer Grundschüler Emma Paust (v.l.) und Max Henschke<br />

treffen Katerina Dbala aus dem tschechischen Dubi nicht zum ersten Mal.<br />

Bei gemeinsamen Projekten haben sich die Schüler kennengelernt.<br />

Gestern waren Jungen und Mädchen aus Dubi in B<strong>an</strong>newitz zu Gast.Foto:<br />

Robert Gommlich<br />

Alt ist diese Freundschaft nicht, da<strong>für</strong> soll sie ewig halten. Seit Mai<br />

2011 hat die Gemeinde B<strong>an</strong>newitz ihre Partnerschaft mit der<br />

tschechischen Stadt Dubi besiegelt. Gestern waren Jungen und Mädchen aus Tschechien in der<br />

Possendorfer Grundschule zu Besuch. Im Gepäck hatten sie farbenfrohe Überraschungen. Die<br />

schönsten Bilder, die sie im Kunstunterricht gemalt haben, zieren nun die Wände des Possendorfer<br />

Schulhauses. Darunter auch ein bunter Lebensbaum, der Projekte der Freunde in Tschechien verrät<br />

und eine herrschaftliche Burg aus Pappkarton, die ein Schüler selbst gebaut hat.<br />

„Wir freuen uns über die Partnerschaft mit B<strong>an</strong>newitz“, sagt die stellvertretende Schulleiterin in<br />

Dubi, H<strong>an</strong>na Duben, die zusammen mit ihren Kollegen und Bürgermeister Georg Schiller die<br />

Ausstellung eröffnete. Auch der B<strong>an</strong>newitzer Bürgermeister Christoph Fröse (parteilos) will die<br />

deutsch-tschechische Freundschaft in Zukunft vertiefen: „Im September wird es wieder einen<br />

gemeinsamen Sporttag geben“, sagt er. Auch gegenseitige Besuche sind <strong>für</strong> dieses Jahr gepl<strong>an</strong>t. –<br />

Bis Ende J<strong>an</strong>uar haben alle B<strong>an</strong>newitzer die Gelegenheit, die Ausstellung zu besuchen<br />

Sonntag, 8. J<strong>an</strong>ur 2012<br />

Wirtschaftsblatt.at<br />

Prag greift nach E.ON-Anteil am lokalen Gasversorger<br />

In Tschechien nimmt die Stadt Prag einem Magazinbericht zufolge den E.ON-Anteil <strong>an</strong> dem lokalen<br />

Gasversorger ins Visier. Mit dem Paket des deutschen Energieriesen von 49,35 Prozent könnte sich<br />

die Hauptstadt den Versorger Prazska Plynarenska fast komplett einverleiben. Die Stadt, die bereits


50 Prozent hält, wolle ein Angebot vorlegen, berichtete das Wochenmagazin "Euro" am Montag<br />

unter Berufung auf Rathauskreise. Die Tr<strong>an</strong>saktion könne sich auf ein Volumen von umgerechnet<br />

230 bis 270 Mio. Euro belaufen. Die Stadt, E.ON und das Gasunternehmen lehnten einen<br />

Kommentar ab.<br />

E.ON will bis Ende 2013 Beteiligungen im Volumen von mehreren Milliarden Euro abstoßen. Damit<br />

will der größte deutsche Versorger seinen Schuldenberg abbauen und Mittel <strong>für</strong> Investitionen in<br />

Wachstumsmärkte erhalten. Der Konzern steht wegen des Atomausstiegs und des schwächelnden<br />

Gasgeschäfts unter Druck. Für das abgelaufene Geschäftsjahr hatte Vorst<strong>an</strong>dschef Joh<strong>an</strong>nes<br />

Teyssen einen Nettoverlust in Aussicht gestellt.<br />

(APA/Reuters)<br />

Schwarzenberg drängt Berlin zu Bescheidenheit<br />

7<br />

Sonntag, 8. J<strong>an</strong>uar 2012<br />

AFP online<br />

Hamburg — Tschechiens Außenminister Karel Schwarzenberg hat die deutsche Regierung zu einem<br />

bescheideneren Auftreten in Europa gedrängt. Deutschl<strong>an</strong>d sollte sich nicht zum Vorbild <strong>für</strong> die<br />

<strong>an</strong>deren EU-Staaten erklären, sagte Schwarzenberg dem "Spiegel". "Der reiche Onkel, der einem<br />

geholfen hat und das demonstrativ zur Schau trägt, geht einem auf die Nerven."<br />

Gerade die kleinen Staaten seien empfindlich, "wenn sich Frau Merkel und Herr Sarkozy<br />

zusammensetzen und die Politik unterein<strong>an</strong>der ausmachen und den Übrigen d<strong>an</strong>n die Ergebnisse<br />

bloß mitteilen", sagte Schwarzenberg, der 2013 <strong>für</strong> das tschechische Präsidentenamt k<strong>an</strong>didieren<br />

will. Die Bundesk<strong>an</strong>zlerin sei eine "beinharte Politikerin", die zu warten wisse, "bis sich der Gegner<br />

von selbst erledigt". Ob sie auch eine Vision von Europa habe, wisse er jedoch nicht. "Mir<br />

persönlich ist diese aber unbek<strong>an</strong>nt."<br />

Schwarzenberg kritisierte einen M<strong>an</strong>gel <strong>an</strong> Weitsicht in Europa. "Wir müssen weg vom Europa der<br />

Kleingeister. Wir brauchen eine gemeinsame Außenpolitik, eine gemeinsame Sicherheitspolitik, eine<br />

gemeinsame Energiepolitik. Eine gemeinsame Käsepolitik brauchen wir nicht." Der Euro sei ein<br />

wichtiges Projekt, aber er sei nur ein Instrument. "Die Europäische Union ist als politisches Projekt<br />

begründet worden und würde auch ohne den Euro überleben", sagte der Minister.<br />

Montag, 9. J<strong>an</strong>uar 2012<br />

H<strong>an</strong>delsblatt online<br />

Griechen sollten ohne Hilfen aus Euro-Zone austreten<br />

Griechenl<strong>an</strong>d kämpft verzweifelt gegen die Staatspleite. Nach Meinung des tschechischen<br />

Zentralb<strong>an</strong>k-Gouverneur Miroslav Singer, sollte Griechenl<strong>an</strong>d den Euro-Raum verlassen.<br />

Soll Griechenl<strong>an</strong>d den Euro-Raum verlassen? Quelle: dapd<br />

PragGriechenl<strong>an</strong>d sollte nach Ansicht des tschechischen Zentralb<strong>an</strong>k-<br />

Gouverneurs Miroslav Singer nicht nur den Euro-Raum verlassen, sondern<br />

es sollte von Europa auch keine umf<strong>an</strong>greichen Fin<strong>an</strong>zhilfen erhalten.<br />

„Wenn der Wille nicht da ist, Griechenl<strong>an</strong>d eine riesige Summe Geld aus<br />

europäischen Strukturfonds zu geben, sehe ich keine <strong>an</strong>dere Lösung, als<br />

dass es aus der Euro-Zone austritt und die neue griechische Währung<br />

stark abgewertet wird“, sagte Singer der Zeitung „Hospodarske Noviny“ (Montagausgabe) einem<br />

Vorabbericht zufolge.<br />

Zudem sollten sich die Europäer auf Hilfen <strong>für</strong> B<strong>an</strong>ken konzentrieren statt sich über Jahre hinweg<br />

mit Griechenl<strong>an</strong>d zu beschäftigen, das nur zwei Prozent der europäischen Wirtschaft ausmache. Mit<br />

den bisherigen Krediten sei hauptsächlich Zeit gewonnen worden und die Reichen Griechen hätten<br />

ihr Geld außer L<strong>an</strong>des schaffen können. Singer sagte zudem, die europäischen Politiker müssten<br />

eingestehen, dass es möglicherweise notwendig sei, den B<strong>an</strong>ken neues Kapitel zu geben. „Wir<br />

müssen aufhören so zu tun, als ob wir nie wieder B<strong>an</strong>ken rekapitalisieren.“<br />

Wegen der Krise in Griechenl<strong>an</strong>d könnte es notwendig werden, selbst recht großen Instituten<br />

frisches Geld zu geben. M<strong>an</strong> müsse sich sofort mit den Problemen der B<strong>an</strong>ken befassen. In den<br />

großen europäischen Staaten stoße dies allerdings auf Hindernisse, sagte er. „Es gibt Politiker, die


starke Worte benutzen - „niemals, niemals, niemals'.“ Tschechien ist Mitglied der Europäischen<br />

Union, jedoch nicht der Euro-Zone.<br />

rtr<br />

8<br />

Montag, 9. J<strong>an</strong>uar 2012<br />

Tschechien online<br />

Schlechte Aussichten <strong>für</strong> Tschechiens Bauwirtschaft<br />

Euroconstruct prognostiziert der Br<strong>an</strong>che zwei Jahre Rezession<br />

Prag - Der tschechische Bausektor steht nach Schätzungen des<br />

Forschutznetzwerks Euroconstruct vor schweren Zeiten. D<strong>an</strong>ach werde<br />

die Br<strong>an</strong>che in diesem Jahr um 4,1 Prozent schrumpfen und<br />

übernehme damit von Ungarn das Schlusslicht in Ostmitteleuropa.<br />

Anders die Aussichten <strong>für</strong> Polen, dessen Bauwirtschaft im nächsten<br />

Jahr um rund vier Prozent wachsen wird.<br />

Auch <strong>für</strong> 2013 bestehen <strong>für</strong> Tschechien laut Euroconstruct keine<br />

rosigen Aussichten. Prognostiziert werden der Br<strong>an</strong>che -0,3 Prozent, bevor es 2014 wieder leicht<br />

aufwärts gehen könnte (1,8 Prozent). Als Spitzenreiter unter den Vysegrad-Staaten sieht die<br />

Analyse in den Jahren 2013 und 2014 die Slowakei.<br />

Die Schätzungen bestätigen den Trend, den das Prager Statistikamts im verg<strong>an</strong>genen Jahr<br />

verzeichnete. Im Oktober war die tschechische Bauwirtschaft im Jahresvergleich um acht Prozent<br />

eingebrochen, im November um 2,3 Prozent.<br />

Euroconstruct ist ein 1975 gegründetes Forschungs- und Beratungsnetzwerk, das den Bausektor in<br />

19 west- und ostmitteleuropäischen Ländern <strong>an</strong>alysiert. (gp)<br />

Foto: Wikimedia Commons<br />

Dienstag, 10. J<strong>an</strong>uar 2012<br />

Focus.de<br />

Reuters Über Tschechien<br />

fließt Ökostrom aus Nord-<br />

nach Süddeutschl<strong>an</strong>d<br />

Ökostrom in Deutschl<strong>an</strong>d boomt. Das<br />

Nachbarl<strong>an</strong>d Tschechien ist darüber gar nicht<br />

glücklich. Die schw<strong>an</strong>kende Strommenge bringt<br />

das Netz <strong>an</strong> die Belastungsgrenze. Das könnte<br />

<strong>für</strong> die Tschechen nun teuer werden.<br />

Der deutsche Atomausstieg bringt die Stromautobahnen im Nachbarl<strong>an</strong>d Tschechien nach<br />

Betreiber<strong>an</strong>gaben <strong>an</strong> die Belastungsgrenze. „Über unser Netz wälzt sich Energie aus erneuerbaren<br />

Quellen in Deutschl<strong>an</strong>d“, sagte der Chef des Netzbetreibers CEPS, Vladimir Tosovsky, am Dienstag<br />

tschechischen Medien. Wenn eine große Strommenge unpl<strong>an</strong>mäßig zufließe, drohe in Tschechien<br />

nach Ansicht des Experten sogar ein Blackout, also ein plötzlicher Stromausfall.<br />

Als letzten Schritt erwägt die tschechische Seite daher nun, sogen<strong>an</strong>nte Phasenschieber <strong>an</strong> der<br />

Grenze zu installieren. Die riesigen Maschinen, die den Stromfluss regulieren können, würden rund<br />

80 Millionen Euro kosten. Für die Kosten müssten die tschechischen Verbraucher über eine erhöhte<br />

Netzgebühr aufkommen.


9<br />

Dienstag, 10. J<strong>an</strong>uar 2012<br />

(Sächsische Zeitung)<br />

Umgebindel<strong>an</strong>d bewirbt sich als <strong>Welterbe</strong><br />

Von Thomas Mielke<br />

Der Freistaat fällt im Sommer die Entscheidung, ob er die historische<br />

Volksbauweise im Dreiländereck auf die deutsche K<strong>an</strong>didaten-Liste setzt. Dabei<br />

hat er die Qual der Wahl.<br />

Ein Blick auf das Umgebindehaus-Ensemble auf dem Dorfplatz in Gröditz.<br />

Foto: SZ/Uwe Soeder<br />

Die L<strong>an</strong>dkreise Bautzen und Görlitz werden sich mit dem<br />

„Umgebindel<strong>an</strong>d“ und seiner einzigartigen Volksbauweise bis 31.<br />

J<strong>an</strong>uar beim Freistaat um die Aufnahme auf die sächsische<br />

K<strong>an</strong>didatenliste <strong>für</strong> das Weltkulturerbe bewerben. „Die Stiftung<br />

Umgebindehaus und ein Pl<strong>an</strong>ungsbüro arbeiten derzeit die<br />

Antragsunterlagen aus“, sagte Umgebindehaus-Beauftragter Arnd Matthes der SZ.<br />

Bisher hatten die L<strong>an</strong>dräte Michael Harig (CDU) und Bernd L<strong>an</strong>ge (CDU) dem Freistaat im Sommer<br />

2011 lediglich einen entsprechenden Vorschlag unterbreitet.<br />

Wie Matthes sagte, werden im Antrag vorerst wahrscheinlich nur die Umgebindehäuser in den<br />

beiden Nachbarkreisen vorgeschlagen. Sollte sich der Freistaat entscheiden, das Umgebindel<strong>an</strong>d<br />

auszuwählen und <strong>für</strong> die deutsche Vorschlagsliste <strong>an</strong>zumelden, sollen auch die Umgebindehäuser in<br />

der Sächsischen Schweiz, in Polen und Tschechien einbezogen werden. Das würde die Ch<strong>an</strong>ce auf<br />

der internationalen Ebene erhöhen.<br />

Der Freistaat will sich im Sommer 2012 entscheiden. Er k<strong>an</strong>n zwei Vorschläge <strong>an</strong> den Bund melden<br />

und hat dabei aller Voraussicht nach mehrere K<strong>an</strong>didaten zur Auswahl. Das sächsische<br />

Innenministerium geht von bis zu acht Bewerbern aus. Bisher haben sich neben dem<br />

Umgebindel<strong>an</strong>d fünf aus der Deckung gewagt.<br />

Der Bund will die deutsche Vorschlagsliste 2013 aufstellen und bei der Unesco, der Org<strong>an</strong>isation<br />

der Vereinten Nationen <strong>für</strong> Bildung, Wissenschaft und Kultur, einreichen. Voraussichtlich ab 2016<br />

beginnt die Prüfung der K<strong>an</strong>didaten. Erst d<strong>an</strong>ach wird der Unesco-<strong>Titel</strong> „Weltkulturerbe“ zuerk<strong>an</strong>nt<br />

oder der Antrag abgelehnt.<br />

Die Kreise Bautzen und Görlitz hatten ihren Vorschlag im Sommer gut begründet. „Nirgendwo<br />

sonst in der Welt blieb eine Volksbauweise in solcher Dichte und M<strong>an</strong>nigfaltigkeit erhalten“, hatte<br />

Je<strong>an</strong>nette Gosteli, Geschäftsführerin der Geschäftsstelle Umgebindel<strong>an</strong>d in Zittau, geschrieben.<br />

„Diese Umgebindehäuser stiften zudem grenzübergreifende ldentität in diesem historisch<br />

gewachsenen Kulturraum.“<br />

Allerdings sieht sie auch Probleme: Polen und Tschechien haben sich noch nicht zu einer<br />

Bewerbung geäußert. Es ist auch nicht bek<strong>an</strong>nt, wie viele Häuser es genau sind. Die Zählungen<br />

da<strong>für</strong> laufennoch. Darüber hinaus ist fraglich, ob das g<strong>an</strong>ze Umgebindel<strong>an</strong>d oder einzelne Gebäude<br />

beziehungsweise Orte gemeldet werden sollten: Es gibt inzwischen viele heruntergekommene<br />

Umgebinde-Häuser, die unmöglich Weltkulturerbe sein können.<br />

Mittwoch, 11. J<strong>an</strong>uar 2012<br />

Pirnaer Anzeiger


Mit C<strong>an</strong>nabis im Rucksack <strong>an</strong> der A 17 erwischt<br />

10<br />

Mittwoch, 11. J<strong>an</strong>uar 2012<br />

(Sächsische Zeitung)<br />

Selbst die erfahrenen Bundespolizisten waren von dem Fund überrascht.<br />

Verwunderung bei den Beamten der Bundespolizei frühmorgens <strong>an</strong> der A 17 bei Breitenau: Aus<br />

Richtung Tschechien kam ein M<strong>an</strong>n auf dem St<strong>an</strong>dstreifen gelaufen. Da er damit sich und <strong>an</strong>dere<br />

gefährdete, sprachen ihn die Bundespolizisten <strong>an</strong> und kontrollierten ihn. Der M<strong>an</strong>n war ihnen<br />

verdächtig vorgekommen, denn so zeitig am Morgen neben der Autobahn zu laufen, das sei schon<br />

ungewöhnlich. So durchsuchten sie noch seinen Rucksack. Und tatsächlich wurden sie fündig: 29<br />

Gramm C<strong>an</strong>nabisblüten waren darin verstaut.<br />

Die Drogen wurden beschlagnahmt. Der 48-jährige Deutsche wurde nach der Aufnahme des<br />

Sachverhalts wieder auf freien Fuß gesetzt, so die Bundespolizei. Nun befasst sich der Zoll wegen<br />

Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz mit dem Vorg<strong>an</strong>g.<br />

Übrigens: C<strong>an</strong>nabis ist pur (Marihu<strong>an</strong>a) oder verarbeitet (Haschisch) die in Deutschl<strong>an</strong>d am<br />

häufigsten konsumierte illegale Droge. (SZ)<br />

Mittwoch, 11. J<strong>an</strong>uar 2012<br />

Freie Presse online<br />

Prager Regierung will Opfer von kommunistischem<br />

Regime entschädigen


Koalitionspartei lehnte milliardenschweres Vorhaben wegen europäischer Wirtschaftskrise zunächst<br />

ab<br />

Prag (dapd). Die tschechische Koalitionsregierung hat am Mittwoch einem milliardenschweren<br />

Vorhaben zugestimmt, religiöse Org<strong>an</strong>isationen <strong>für</strong> Beschlagnahmungen während des früheren<br />

kommunistischen Regimes zu entschädigen. D<strong>an</strong>ach würden tschechische Kirchen 56 Prozent ihres<br />

früheren Eigentums zurückerstattet bekommen, das sich derzeit im Besitz des Staats befindet. Der<br />

Wert dieses Eigentums beläuft sich nach Schätzungen auf 75 Milliarden tschechische Kronen (2,9<br />

Milliarden Euro).<br />

Das Vorhaben sieht auch eine fin<strong>an</strong>zielle Entschädigung <strong>für</strong> die Kirchen in Höhe von insgesamt 59<br />

Milliarden Kronen (2,3 Milliarden Euro) vor, die über einen Zeitraum von 30 Jahren gezahlt werden<br />

soll. Im Rahmen dieses Abkommens mit den 17 Kirchen des L<strong>an</strong>des, darunter sowohl katholische<br />

als auch protest<strong>an</strong>tische, wird der Staat allmählich damit aufhören, die Ausgaben der<br />

Org<strong>an</strong>isationen zu decken, darunter auch die Gehälter von Priestern.<br />

Das kommunistische Regime hatte nach seiner Machtübernahme 1948 in der damaligen<br />

Tschechoslowakei den gesamten Besitz von Kirchen beschlagnahmt und zahlreiche Priester<br />

verfolgt. Kirchen durften ihre Funktion nur unter der strikten Überwachung des Staats ausführen.<br />

Zwar wurden nach der sogen<strong>an</strong>nten Samtenen Revolution 1989, die von dem jüngst verstorbenen<br />

Expräsidenten Václav Havel <strong>an</strong>geführt wurde, einige Kirchen und Kloster zurückgegeben. Allerdings<br />

versuchten die Kirchen <strong>an</strong>dere Vermögenswerte wie Agrarl<strong>an</strong>d, Waldstücke und verschiedene<br />

Gebäude zurückzuerhalten.<br />

Vor der Entscheidung am Mittwoch hatte eine der Koalitionsparteien ihre Ablehnung des Vorhabens<br />

aufgegeben. Die Partei Öffentliche Angelegenheiten war zunächst gegen den Pl<strong>an</strong> und begründete<br />

das damit, dass der Staat wegen der europäischen Wirtschaftskrise derzeit nicht zu den<br />

Entschädigungen in der Lage sei.<br />

Ohne die Unterstützung der Partei Öffentliche Angelegenheiten hätten die beiden <strong>an</strong>deren<br />

Koalitionsparteien nicht die nötigen Stimmen im Parlament gehabt, um das Vorhaben zu<br />

verabschieden. Der tschechische Ministerpräsident Petr Necas hatte damit gedroht, die Minister der<br />

Partei aus dem Amt zu drängen, sollten sie den Vorschlag blockieren. Ein derartiger Schritt hätte<br />

das Ende der Koalitionsregierung bedeutet, die nach der Wahl 2010 <strong>an</strong> die Macht kam.<br />

© 2012 AP. All rights reserved<br />

11<br />

Mittwoch, 11. J<strong>an</strong>uar 2011<br />

Pirnaer Wochenkurier


13<br />

Mittwoch, 11. J<strong>an</strong>uar 2012<br />

Pirnaer Rundschau<br />

Donnerstag, 12. J<strong>an</strong>uar 2012<br />

Zeit online<br />

Europäische Union Tschechiens Präsident Klaus will<br />

Fiskalpakt nicht unterzeichnen<br />

Die EU-Staaten schienen sich schnell auf eine Haushaltsunion zu einigen, doch nun mehrt sich<br />

Kritik. Tschechiens Präsident hat <strong>an</strong>gekündigt, dem Vertrag nicht zuzustimmen.<br />

© Greg Wood/AFP/Getty Images<br />

Der tschechische Präsident Václav Klaus<br />

Die Verh<strong>an</strong>dlungen zu dem neu gepl<strong>an</strong>ten Fiskalpakt der Europäischen Union<br />

gestalten sich schwieriger als in der verg<strong>an</strong>genen Woche <strong>an</strong>genommen. Nun<br />

hat Tschechiens Präsident Václav Klaus <strong>an</strong>gekündigt, den Fiskalpakt nicht unterzeichnen zu wollen.<br />

Einen Vertrag über eine Haushaltsunion werde er auf keinen Fall unterschreiben, sagte Klaus laut<br />

tschechischen Medien in einem Schreiben <strong>an</strong> Ministerpräsident Petr Nečas.<br />

Der Fiskalpakt soll die Teilnehmerstaaten strenger zur Einhaltung von Defizit- und<br />

Schuldenobergrenzen verpflichten. Aktuell beraten Vertreter der 27 EU-Regierungen über den<br />

Vertrag. Der Vertrag soll im März unterzeichnet werden und <strong>für</strong> Vertrauen der Fin<strong>an</strong>zmärkte<br />

sorgen.<br />

Der konservative Regierungschef Nečas hat sich bisher nicht eindeutig festgelegt, in welcher Form<br />

sein L<strong>an</strong>d <strong>an</strong> dem gepl<strong>an</strong>ten Pakt teilnehmen will. "Ich beobachte mit hochgezogenen Augenbrauen<br />

sowohl diejenigen, die automatisch Nein sagen, als auch diejenigen, die beitreten wollen, obwohl<br />

nicht mehr als ein unbeschriebenes Blatt Papier auf dem Tisch liegt", sagte Nečas nach der<br />

gestrigen Kabinettssitzung.<br />

Außenminister Karel Schwarzenberg drohte indes bereits mit seinem Rücktritt, falls sich Tschechien<br />

nicht <strong>an</strong> den verschärften Haushaltsregeln beteiligen sollte. "Ich werde nicht in einer Regierung<br />

sitzen, die die Tschechische Republik aus dem Hauptstrom der europäischen Integration<br />

hinausführt." Es liege im grundlegenden Interesse Tschechiens, mit am Tisch zu sitzen und sich <strong>an</strong><br />

wesentlichen Entscheidungen beteiligen zu können, sagte Schwarzenberg.<br />

Der aktuelle Vertragsentwurf sei "nicht hinnehmbar"<br />

Auch aus der EU kommen Be<strong>für</strong>chtungen, dass der Fiskalpakt die Union spalten könnte. EU-<br />

Kommissionspräsident José M<strong>an</strong>uel Barroso hat vor einer solchen Entwicklung gewarnt: "Das wäre<br />

sehr schädlich <strong>für</strong> unser gemeinsames Ziel." Barroso sagte: "Wir brauchen mehr Koordinierung in


der Eurozone. Aber wir können das tun, ohne die grundlegenden Prinzipien von Einheit und<br />

Solidarität aller Mitgliedstaaten zu untergraben."<br />

Der Europaabgeordnete Elmar Brok (CDU) kritisierte im Deutschl<strong>an</strong>dfunk den aktuellen<br />

Vertragsentwurf als ein Rückfall gegenüber der in der Vorwoche diskutierten Version. Der<br />

derzeitige Vertragsentwurf sei "nicht hinnehmbar". Klare Zusagen <strong>für</strong> eine Beteiligung des<br />

Europaparlaments und der nationalen Parlamente seien nicht mehr vorh<strong>an</strong>den. Brook habe den<br />

Eindruck, "dass hier eine Grundsatzausein<strong>an</strong>dersetzung stattfindet", bei der es um die Frage geht,<br />

ob sich ein Teil der EU-Regierungen außerhalb der EU zusammenschließt. "M<strong>an</strong> muss da<strong>für</strong> Sorge<br />

tragen: Dies darf kein paralleler Vertrag werden, dies darf nur eine vorübergehende Angelegenheit<br />

sein."<br />

Da Großbrit<strong>an</strong>nien zwar <strong>an</strong> den Verh<strong>an</strong>dlungen teilnimmt, den Vertrag aber nicht unterzeichnen<br />

wird, wird der Fiskalpakt außerhalb der EU geschlossen. Er soll von allen Euro-Staaten und den<br />

allermeisten Nicht-Euro-Staaten unterschrieben werden. Sozialdemokraten und Grüne im<br />

Europaparlament haben den Vertragsentwurf ebenfalls kritisiert.<br />

14<br />

Donnerstag, 12. J<strong>an</strong>uar 2012<br />

DNN online<br />

Deutsche und tschechische Drogenfahnder ziehen 1,6<br />

Kilo Crystal Speed aus dem Verkehr<br />

dpa<br />

Foto: dpa<br />

Ein Zollbeamter präsentiert am Donnerstag<br />

(12.01.2012) im Hauptzollamt in Nürnberg<br />

(Mittelfr<strong>an</strong>ken) eine Cremedose die als<br />

Drogenschmuggel-Versteck diente. Es befindet sich<br />

eine Droge in Creme-Form darin.<br />

Nürnberg/Dresden. Seit zwei Jahren taucht im Grenzgebiet zu<br />

Tschechien verstärkt die Droge Crystal Speed auf - nun haben<br />

deutsche und tschechische Drogenfahnder in einer gemeinsamen Kontrollaktion 1,6 Kilogramm des<br />

verheerenden Methamphetamins sowie 4 Kilogramm Marihu<strong>an</strong>a aus dem Verkehr gezogen.<br />

„Allein die sichergestellte Crystal-Menge hätte ausgereicht, den illegalen Markt mit etwa 64.000<br />

Konsumeinheiten mit einem Straßenverkaufswert von bis zu 225.000 Euro zu versorgen“, sagte der<br />

parlamentarische Staatssekretär im Bundesfin<strong>an</strong>zministerium, Hartmut Koschyk (CSU), am<br />

Donnerstag in Nürnberg.<br />

Innerhalb von zwei Monaten hatten die Beamten aus Tschechien, Bayern und <strong>Sachsen</strong> 3300<br />

Menschen gezielt kontrolliert - und dabei neben den Drogen noch 6000 illegale Feuerwerkskörper<br />

sowie mehrere Kleinwaffen gefunden. 21 mutmaßliche Täter wurden festgenommen, 16 davon<br />

sitzen in Untersuchungshaft.<br />

Die synthetische Modedroge Crystal ist im Grenzgebiet vor allem bei Jugendlichen und jungen<br />

Erwachsenen zunehmend beliebt - und sucht sich inzwischen von Nordostbayern und <strong>Sachsen</strong> ihren<br />

Weg in die Großstädte. „Die Herstellung des Rauschgifts ist ziemlich einfach“, erläuterte Pavel<br />

Hoffm<strong>an</strong> von der tschechischen Zollverwaltung. Letztlich genüge ein Backofen, um aus frei<br />

erhältlichen Medikamenten die Drogenstoffe zu extrahieren. Die Herstellung liege in Tschechien<br />

überwiegend in den Händen von B<strong>an</strong>den, die aufgegriffenen Schmuggler hätten zumeist nur<br />

Mengen <strong>für</strong> den Eigengebrauch bei sich gehabt.<br />

Crystal, auch Meth oder Ice gen<strong>an</strong>nt, ist ein schnell abhängig machendes Stimul<strong>an</strong>tium und<br />

Nervengift. Es k<strong>an</strong>n nicht nur Depressionen, Gedächtnisstörungen und Par<strong>an</strong>oia auslösen, sondern<br />

greift auch den Körper extrem <strong>an</strong>. Zahnausfall, Hautausschläge und Org<strong>an</strong>schäden sind einige der<br />

Folgen.


Zoo Decin feiert Rekord<br />

15<br />

Freitag, 13. J<strong>an</strong>uar 2012<br />

(Sächsische Zeitung)<br />

Decin. Im letzten Jahr verzeichnete der Zoo Decin (Tetschen) so viele Besucher wie noch nie zuvor.<br />

Mit 93080 Zoogästen wurde der 39 Jahre alte Rekord gebrochen. Das Terrarium „Rajske ostrovy“<br />

im Stadtzentrum zählte fast 23000 Besucher. Als Grund <strong>für</strong> den gestiegenen Zuspruch führt der<br />

Zoo seine vielen Sonderaktionen <strong>an</strong>. Allein zu Halloween bevölkerten 1200 Menschen den Bergzoo.<br />

Hauptattraktion waren aber naturgemäß die Tiere. Allein 2011 wurden 64 Tiere geboren, davon<br />

allein vier Zwerglori. Aus <strong>an</strong>deren Zoos kamen neue Tiere hinzu, wie der Takin, das Visayas-<br />

Pustelschwein (das einzige in Tschechien), der Dreifarben-Gl<strong>an</strong>zstar oder der Löffelreiher. (stn)<br />

Der Zoo in Decin hat bis Ende Februar verkürzte Öffnungszeiten, täglich von 8 bis 16 Uhr.<br />

Freitag, 13. J<strong>an</strong>uar 2012<br />

(Sächsische Zeitung)<br />

Caspar oder Balthasar? Hauptsache König!<br />

Von Steffen Neum<strong>an</strong>n<br />

Die Sternsinger haben es im kirchenfernen Nordböhmen nicht leicht. Aber die<br />

Begeisterung der Kinder ist groß.<br />

Richard Trefny, Lucie Rybackova und Jozef Pompa sammeln als<br />

Balthasar, Melchior und Caspar in den Straßen von Most (Brüx) auch ein<br />

bisschen <strong>für</strong> sich selbst. Der Erlös fließt in soziale Projekte wie den<br />

Kinderladen, in dem die drei ihre Nachmittage verbringen.Foto: Steffen<br />

Neum<strong>an</strong>n<br />

Pepa, du stehst schon wieder <strong>an</strong> meinem Platz“, weist Richard<br />

Trefny seinen Kumpel aus dem Kinderladen „Sovicka“ der<br />

katholischen Hilfsorg<strong>an</strong>isation Charita zurecht. So geht das den<br />

g<strong>an</strong>zen Nachmittag hin und her. Während die elfjährige Lucie Rybackova in der Mitte eindeutig<br />

Melchior mit dem Weihrauch darstellt, wechseln die beiden Jungs immer die Plätze. Am Ende ist<br />

Jozef (Pepa) Pompa, obwohl von Natur aus mit dunklem Teint, doch Caspar mit dem Gold und<br />

Richard spielt den dunkelhäutigen Balthasar mit der Myrrhe.<br />

Schon seit Anf<strong>an</strong>g des Jahres ziehen sie als heilige drei Könige durch die Straßen von Most (Brüx).<br />

Ihre Kostüme wurden in der benachbarten Charita-Behindertenwerkstatt genäht. „Zum<br />

Dreikönigsfest am Freitag haben richtig viele Leute gespendet“, sagt Martina Jachymova, die als<br />

eine von zwei Betreuerinnen die Kinder begleitet.<br />

Begeisterung steckt <strong>an</strong><br />

Nachdem die Tradition der Sternsinger während des Sozialismus unterdrückt wurde, lebte sie nach<br />

der samtenen Revolution 1989 wieder auf. Die Charita, das Pend<strong>an</strong>t zur deutschen Caritas, hat<br />

dar<strong>an</strong> einen nicht unerheblichen Anteil. Denn seit 2001 org<strong>an</strong>isiert sie das Sternsingen und hat es<br />

zugleich zur größten Spendenaktion Tschechiens gemacht. Das Geld kommt ihrer Arbeit im In- und<br />

Ausl<strong>an</strong>d zugute.<br />

Im eher kirchenfernen Nordböhmen ist die Ausbeute zwar noch bescheiden, aber die Begeisterung<br />

der Kinder steckt <strong>an</strong>. Das Geld in den Sammelbüchsen, die Jozef und Richard um den Hals hängen,<br />

kommt nicht nur von Gläubigen, die in Städten wie Most keine zehn Prozent der Bevölkerung<br />

stellen. Ob im Bus, im Einkaufszentrum oder auf dem Weg zu einem Spendentermin, überall wo die<br />

drei kleinen Könige auftauchen, klingelt es in ihrer Büchse. Auch Institutionen und Firmen spenden,<br />

wie die Hotelfachschule in Most, die in diesem Jahr erstmals von Königssängern besucht wird.<br />

„In Most ist die Arbeitslosigkeit besonders hoch, da haben die Leute kein Geld zu spenden“, erklärt<br />

Sozialpädagogin Martina Jachymova die Situation vor Ort. Die schwierige wirtschaftliche und<br />

soziale Lage ist auch mit ein Grund, warum die Charita-Zweigstelle in Most zu den größten im<br />

Bistum Litomerice (Leitmeritz) zählt. „Wir bieten außer Drogenhilfe eigentlich die gesamte<br />

B<strong>an</strong>dbreite von Sozialarbeit“, sagt Rom<strong>an</strong> Koutny, Org<strong>an</strong>isator der Spendenaktion in Most und den<br />

Nachbarstädten. Die Arbeit reicht von der Unterstützung sozial schwacher Familien über


Behindertenarbeit bis zu solchen Kinderläden, wie der von Jozef, Richard und Lucie in Most. Viele<br />

der Familien im Einzugsgebiet der Moster Charita gehören zudem der Roma-Minderheit <strong>an</strong>, die<br />

überproportional stark von Armut betroffen ist.<br />

Bescheidene Wünsche<br />

„Mit dem Geld aus der diesjährigen Sammlung soll ein Spielplatz <strong>für</strong> das Zentrum ‚Familie in Not‘ in<br />

Osek (Ossegg) gebaut, Mittagessen <strong>für</strong> bedürftige Schüler der Hilfsschule in Litvinov<br />

(Oberleutensdorf) fin<strong>an</strong>ziert und die Freiwilligenarbeit allgemein unterstützt werden“, nennt Koutny<br />

den Verwendungszweck. Der ist zwingend vorher festgelegt und wird aus 65 Prozent der<br />

eingesammelten Summe fin<strong>an</strong>ziert. Im Vergleich mit Bistümern in Mähren, wo traditionell mehr<br />

gesammelt wird, sind die Wünsche der Charita in Most bescheiden.<br />

Doch die Begeisterung der Kinder ist nicht geringer, als <strong>an</strong>derswo. „Jeder will König sein, aber es<br />

gibt eben nur drei“, bestätigt Martina Jachymova und ergänzt: „Meist gehen die <strong>an</strong>deren Kinder<br />

einfach nur mit, um zu singen und dabei zu sein.“<br />

Für Richard und Josef steht fest, dass sie bis zum Ende der Spendenaktion noch durch die Straßen<br />

ziehen, auch wenn das Interesse der Pass<strong>an</strong>ten l<strong>an</strong>gsam abflaut. Ob d<strong>an</strong>n als Balthasar oder<br />

Kaspar ist nicht so wichtig. Hauptsache König!<br />

16<br />

Sonntag, 15. J<strong>an</strong>uar 2012<br />

Greenpeace-magazin.de<br />

Polen und Tschechen kämpfen mit deutscher Ökostrom-<br />

Welle<br />

Von Georg Ismar, dpa Berlin (dpa) - Wenn die Nachbarn die Tür zumachen, hat Deutschl<strong>an</strong>d ein<br />

großes Problem. D<strong>an</strong>n könnten deutsche Wind- und Solarparks <strong>an</strong> einigen Tagen zw<strong>an</strong>gsweise<br />

abgeschaltet werden - die Entschädigungen hätten die Verbraucher über den Strompreis zu zahlen.<br />

Geld <strong>für</strong> nichts also. Aber sowohl aus Polen als auch Tschechien kommen Klagen, der <strong>an</strong> den<br />

zuletzt sehr windstarken Tagen in ihr Netz schwappende Ökostrom aus Deutschl<strong>an</strong>d verschärfe die<br />

Gefahr eines Blackouts <strong>für</strong> das eigene Netz.<br />

«Über unser Netz wälzt sich Energie aus erneuerbaren Quellen in Deutschl<strong>an</strong>d», klagt der Chef des<br />

tschechischen Netzbetreibers CEPS, Vladimir Tosovsky. CEPS erwägt wie der polnische<br />

Netzbetreiber PSE <strong>an</strong> der Grenze Stromsperren zu errichten. Sogen<strong>an</strong>nte Phasenschieber muss<br />

m<strong>an</strong> sich wie eine Tür vorstellen, sagt Volker Kamm vom ostdeutschen Übertragungsnetzbetreiber<br />

50Hertz. Er betont, m<strong>an</strong> sei mit den polnischen Kollegen im Gespräch über eine bessere<br />

Steuerung.<br />

Während die Tür derzeit offen steht und sich der Strom den Weg sucht, wo Platz im Netz ist, würde<br />

die Tür mit Phasenschiebern bis auf einen Spalt geschlossen. Da das deutsche Netz den hier d<strong>an</strong>n<br />

zw<strong>an</strong>gsweise verbleibenden Ökostrom bei viel Wind und Sonne womöglich nicht verkraften könnte,<br />

würden zw<strong>an</strong>gsweise Abschaltungen zunehmen. Einer Studie zufolge gingen aus diesem Grund<br />

allein 2010 bereits bis zu 150 000 Millionen Kilowattstunden <strong>an</strong> Windstrom verloren.<br />

Wegen der schw<strong>an</strong>kenden deutschen Ökostromerzeugung, die noch vor Atomkraft und Steinkohle<br />

mit 20 Prozent auf Platz zwei bei der Stromversorgung geklettert ist, geht es in Europas Netzen<br />

derzeit hin und her. Allein am Freitag zwischen 10 und 11 Uhr gingen 7640 Megawatt nach<br />

Tschechien und Polen - das entspricht der Leistung von rund fünf Atomkraftwerken. Trotz der<br />

Abschaltung von acht Meilern exportierte Deutschl<strong>an</strong>d 2011 noch fünf Milliarden Kilowattstunden<br />

Strom. Die Erzeugung war weiterhin höher als der Verbrauch. Die Energiewende läuft also recht<br />

gut, wäre da nicht die «Netzfalle».<br />

Der Geschäftsführer der Deutschen Energie-Agentur (dena), Steph<strong>an</strong> Kohler, fordert eine stärkere<br />

Synchronisierung zwischen Ökoenergie- und Netzausbau. «Es k<strong>an</strong>n nicht sein, dass wir<br />

Photovoltaik und Windenergie zubauen, die m<strong>an</strong> gar nicht mehr ins Netz integrieren k<strong>an</strong>n», sagt<br />

Kohler und beschreibt ein paradoxes Phänomen durch fehlende Stromautobahnen zwischen Nord-<br />

und Süddeutschl<strong>an</strong>d. Gerade im Dezember, der mit rund 8,5 Millionen Kilowattstunden Windstrom<br />

der stärkste Windstrommonat aller Zeiten war, suchte sich der Strom den Weg über die


Nachbarnetze, weil die Mitte Deutschl<strong>an</strong>ds oft zu war.<br />

So gebe es große Stromflüsse von Nord- und Ostdeutschl<strong>an</strong>d, wo viele Wind<strong>an</strong>lagen zugebaut<br />

worden sind, in das Ausl<strong>an</strong>d, erläutert Kohler. Wegen fehlender Stromautobahnen von Nord nach<br />

Süd werde dieser über Polen, Tschechien und Österreich wieder im Süden Deutschl<strong>an</strong>ds eingespeist<br />

oder aber nach Italien weitergeleitet. «Es ist dringend notwendig, dass wir Vereinbarungen treffen,<br />

damit solche Lastzuflüsse auch in Zukunft möglich sind», betont Kohler.<br />

In Polen wird be<strong>für</strong>chtet, dass die Kohlekraftwerke und die Netze dem ständigen Hoch- und<br />

Herunterfahren wegen des hereinschwappenden Ökostroms aus dem Nachbarl<strong>an</strong>d nicht gewachsen<br />

sein könnten. In Tschechien werden die Kosten zur stärkeren Regulierung des Stromflusses auf 80<br />

Millionen Euro geschätzt. Phasenschieber sind nichts Ungewöhnliches, auch Länder wie Belgien<br />

oder Italien setzen darauf. Damit k<strong>an</strong>n die Menge und die Richtung des Stroms zwischen<br />

Stromnetzen gesteuert werden. Sie können aber theoretisch auch ein Mittel sein, um<br />

preisdämpfenden deutschen Ökostrom fernzuhalten und so das Preisniveau <strong>für</strong> eigenen<br />

Kraftwerksstrom hoch zu halten.<br />

Die Stromumwege haben auch dazu beigetragen, dass am 8. und 9. Dezember österreichische<br />

Kraftwerke erstmals <strong>an</strong>gefahren werden mussten, um das süddeutsche Netz des Betreibers Tennet<br />

zu stützen. Neben alten deutschen Kohle- und Gaskraftwerken gehören auch österreichische<br />

Kraftwerke zu der sogen<strong>an</strong>nten Kaltreserve, die im Bedarfsfall zur Überbrückung von Engpässen<br />

dienen soll. Ein Teil des <strong>an</strong> jenen extrem windstarken Tagen im Norden reichlich vorh<strong>an</strong>denen<br />

Stroms strömte über die Nachbarländer nach Italien und Österreich. Zugleich aber forderte Tennet<br />

Stromhilfe aus Österreich <strong>an</strong>, da im Süden laut Tennet Strom fehlte, um das Netz stabil zu halten.<br />

Die Deutsche Umwelthilfe spricht von «Stimmungsmache gegen die Energiewende» und der<br />

«Österreich-Legende». Der Strom sei gar nicht nötig gewesen. Nicht Knappheit sei der Grund<br />

gewesen, sondern Betriebswirtschaft. So hätte auch Strom aus deutschen Kraftwerken abgerufen<br />

werden können. Das mag stimmen, aber zugleich war die Reserve aus Österreich von Anf<strong>an</strong>g <strong>an</strong><br />

Teil des Kaltreserve-Konzepts, wie die Bundesnetzagentur betont. Aus Sicht von Tennet war dies<br />

<strong>an</strong> jenen Tagen wohl die einfachste Möglichkeit, um die Lastflüsse stabil zu halten. Einig ist m<strong>an</strong><br />

sich nur in einem Punkt: Die Lage ist fragil. Ohne den raschen Neubau von Stromtrassen dürfte<br />

daher der Druck derer zunehmen, die die g<strong>an</strong>ze Energiewende <strong>für</strong> Harakiri halten.<br />

17<br />

Sonntag, 15. J<strong>an</strong>uar 2012<br />

Katholische Presseagentur Österreich online<br />

Restitution: Tschechischer Präsident lässt Skepsis<br />

durchblicken<br />

Vaclav Klaus will Fortschritte nicht aufhalten - Er selbst hatte sich in den 1990er-Jahren<br />

gegen weitere Rückgaben <strong>an</strong> Kirchen gewehrt, weshalb jahrel<strong>an</strong>ge Verh<strong>an</strong>dlungen<br />

erfolglos blieben<br />

Prag, 15.01.2012 (KAP) Der tschechische Staatspräsident Vaclav Klaus will die am Mittwoch in Prag<br />

erzielte Regierungsübereinkunft zum Restitutionsgesetz nicht aufhalten. Allerdings ließ Klaus in<br />

einer Antwort auf Journalistenfragen Skepsis durchblicken.<br />

Vor seiner Abreise nach Österreich, wo er am Wochenende seinen Amtskollegen Heinz Fischer traf<br />

und auf einer Konferenz in Laxenburg sprach, sagte Klaus, er persönlich würde sich "wünschen,<br />

dass die Einigung den Kirchen hilft, tatsächlich zum <strong>an</strong>ge<strong>strebt</strong>en Ergebnis zu kommen". Klaus<br />

bedauerte, dass das Thema des Vermögensausgleichs "in den letzten Tagen und Stunden mit so<br />

viel medialem und politischem Ballast beladen" worden sei.<br />

Die Rückgabe von nach 1948 beschlagnahmten Kirchenbesitz <strong>an</strong> ihre früheren Eigentümer, vor<br />

allem <strong>an</strong> die katholische Kirche, war bereits in den Jahren 1990-97, als Klaus noch<br />

Ministerpräsident war, eines der meistdiskutierten Probleme der Tschechischen Republik. Den<br />

Kirchen waren nach 1989 auf der Grundlage zweier Gesetze 170 von insgesamt 2.300<br />

be<strong>an</strong>spruchten Objekten zurückgegeben worden. Klaus hatte sich damals gegen weitere Rückgaben<br />

gewehrt, und jahrel<strong>an</strong>ge Verh<strong>an</strong>dlungen blieben erfolglos.


Die jetzige Einigung der drei Koalitionsparteien über den Vermögensausgleich und das zukünftige<br />

Verhältnis zwischen dem Staat und den Kirchen und Religionsgemeinschaften f<strong>an</strong>d naturgemäß in<br />

der tschechischen Öffentlichkeit große Aufmerksamkeit. Der Prager Erzbischof Dominik Duka und<br />

der L<strong>an</strong>deshauptm<strong>an</strong>n von Südmähren-Brünn, Michal Hasek, erklärten im Anschluss <strong>an</strong> eine<br />

Sitzung der Assoziation der Kreise der Tschechischen Republik, die kirchlichen Restitutionen<br />

würden d<strong>an</strong>k Aufhebung der Blockade beträchtlicher Immobilien, die derzeit dem Markt entzogen<br />

seien, der Entwicklung der Städte und Gemeinden dienlich sein. Allerdings habe die aktuell<br />

beschlossene Verpflichtung zur Restitution nur der Staat übernommen; enteignetes Eigentum, das<br />

derzeit von den Kreisen kontrolliert werde, werde somit auch in Zukunft nicht den Kirchen<br />

übergeben werden, so der Prager Erzbischof und Hauptverh<strong>an</strong>dlungsführer kirchlicherseits.<br />

Nach Auffassung der größten Oppositionspartei, der Tschechischen Sozialdemokratischen Partei<br />

(CSSD), der auch L<strong>an</strong>deshauptm<strong>an</strong>n Hasek <strong>an</strong>gehört, ist der Regierungsbeschluss jedoch<br />

"unglücklich" und droht "die Restitutionsgrenze des 25. Februar 1948 zu durchbrechen".<br />

Zurückgegeben werden laut Gesetz Immobilien und Grundstücke, die nach der Machtübernahme<br />

durch die Kommunisten <strong>an</strong> diesem Tag enteignet wurden.<br />

Die CSSD krisitisiert weiter, dass dem jetzigen Gesetzesentwurf die Unterstützung durch die<br />

Öffentlichkeit fehle. Diese könnenur durch ein Referendum oder einen Aufschub bis nach den<br />

nächsten Wahlen herbeigeführt werden könne, so der Vorsitzende der sozialdemokratischen<br />

Abgeordneten Jeronym Tejc. Er und der Stellvertretende Parteivorsitzende, Jiri Dienstbier d. J.,<br />

erklärten, die CSSD lehne den Gesetzes<strong>an</strong>trag grundsätzlich ab und werde ihn in beiden<br />

Parlamentskammern ablehnen.<br />

18<br />

Monatg, 16. J<strong>an</strong>uar 2012<br />

Aktiencheck.de<br />

CEE Inflationszahlen aus Tschechien und Kroatien auf<br />

der Agenda<br />

Wien (aktiencheck.de AG) - Die heute <strong>an</strong>stehenden Inflationszahlen in Tschechien und<br />

Kroatien sollten keinen marktbewegenden Einfluss haben, so die Analysten der<br />

Raiffeisen B<strong>an</strong>k International AG (RBI).<br />

In Tschechien erwarte m<strong>an</strong> einen leichten Rückg<strong>an</strong>g der Inflationsdynamik bei den<br />

Produzentenpreisen (von 5,6% gg. Vorjahr auf 4,8% gg. Vorjahr), in Kroatien eine Stabilisierung<br />

der Konsumentenpreisinflation auf relativ hohen Niveaus - <strong>an</strong>gesichts der konjunkturellen<br />

Schwäche dort - um 2,8% gg. Vorjahr. Bis dato würden Polnischer Zloty (PLN) und Ungarischer<br />

Forint (HUF) trotz der jüngsten Euro-Schwäche (noch) relativ fest notieren (EUR/PLN bei 4,41,<br />

EUR/HUF bei 311). Insofern bestünden hier kurzfristig gewisse Abwärtsrisiken.<br />

Angesichts der erneuten Verunsicherung in Bezug auf die Eurozonen-Staatschuldenkrise werde<br />

auch von Interesse sein, ob in den kommenden Tagen bzw. Wochen weiterhin Sovereign<br />

Eurobonds aus CEE (wie letzte Woche Polen und Slowakei) platziert werden könnten. Derzeit habe<br />

nur Litauen eine Emission <strong>an</strong>gekündigt. (16.01.2012/ac/a/m)<br />

Politik<br />

SPARIDEE AUS TSCHECHIEN<br />

Pillen einzeln auf Rezept<br />

Montag, 16. J<strong>an</strong>uar 2012<br />

Deutsche Apotheker Zeitung online<br />

Prag - Medikamente im Wert von rund 160 Millionen Euro l<strong>an</strong>den<br />

allein in Tschechien nach Schätzungen jährlich auf der Müllhalde.<br />

Gesundheitsminister Leos Heger sieht darin ein beachtliches<br />

Sparpotenzial. Der konservative Politiker hat nun den Vorschlag<br />

zur Diskussion gestellt, Tabletten in Zukunft einzeln abgezählt <strong>an</strong>


die Patienten abzugeben. Bei der Apothekervereinigung des EU-Staats stieß der Vorstoß am<br />

Montag auf klare Ablehnung.<br />

„Mit einem solchen System würde die gesetzliche Kr<strong>an</strong>kenversicherung überhaupt kein Geld<br />

einsparen“, sagte Marek Hampel von der Vereinigung der Apothekenbesitzer in Prag der<br />

Nachrichtenagentur dpa. Zwar könnten Apotheken theoretisch Pillen aus 1000er-Packungen<br />

abzählen, doch um gefährliche Verwechslungen von Medikament und Dosierung zu verhindern,<br />

müssten kostspielige Kontrollverfahren eingehalten werden. Hampel schob den Ärzten den<br />

Schwarzen Peter zu. Sie sollten doch weniger verschreiben.<br />

Belling: EU-Vertrag erhebt Regierung auf<br />

supr<strong>an</strong>ationales Level<br />

19<br />

Montag, 16. J<strong>an</strong>uar 2012<br />

Prager Zeitung online<br />

Der tschechische EU-Staatssekretär Vojtěch Belling hat am Sonntag, 15. J<strong>an</strong>uar, in<br />

einer TV-Debatte die Bedeutung des gepl<strong>an</strong>ten EU-Vertrags <strong>für</strong> Tschechien erläutert.<br />

Der EU-Vertrag über mehr Haushaltsdisziplin und automatische S<strong>an</strong>ktionen tr<strong>an</strong>sferiere die<br />

Entscheidungskraft der tschechischen Regierung auf ein übernationales Niveau, gab der EU-<br />

Staatssekretär gegenüber dem Moderator Václav Moravec <strong>an</strong>. Es sei jedoch unklar, in welche<br />

Institutionen die erweiterte Mitsprache genau gelenkt würde, so Belling im Tschechischen<br />

Fernsehen. Er unterstützte die Meinung führender ODS-Politiker, die ein Referendum der<br />

Koalitionsparteien ODS, TOP 09 und VV über die Unterzeichnung des Vertrages fordern. Laut<br />

Belling müsse jedoch noch über fünf wichtige Aspekte des gepl<strong>an</strong>ten EU-Paktes, die sich vor<br />

allem auf Fin<strong>an</strong>zminister und Regierungschefs der betreffenden Länder beziehen, abgestimmt<br />

werden. Dies soll bei einem weiteren EU-Gipfel Ende J<strong>an</strong>uar geschehen. Belling gab <strong>an</strong>, er<br />

rechne jedoch vor März nicht mit einer Verabschiedung des Vertrages.<br />

Ostbayern werben <strong>für</strong> bessere Anbindung nach<br />

Tschechien<br />

von Stef<strong>an</strong> Rammer<br />

Montag, 16. J<strong>an</strong>uar 2012<br />

Passauer Neue Presse online<br />

Die bei Železná Ruda beginnende tschechische Straße 27 müsste dringend ertüchtigt<br />

werden. Sie führt durch den Nationalpark Šumava und verbindet den niederbayerischen<br />

Grenzraum über Klattau mit Pilsen. − Foto: Rammer<br />

Die bei Železná Ruda beginnende tschechische Straße 27 müsste dringend ertüchtigt<br />

werden. Sie führt durch den Nationalpark Šumava und verbindet den niederbayerischen<br />

Grenzraum über Klattau mit Pilsen. − Foto: Rammer<br />

Bild herunterladen<br />

Erst Anf<strong>an</strong>g letzter Woche hat Kaspar Sammer mitgeteilt bekommen, dass der tschechische<br />

Verkehrsminister Pavel Dobes nach Klattau (Klatovny) kommen wird. Darauf hatte der<br />

Geschäftsführer der Euregio Bayerischer Wald − Böhmerwald − Unterer Inn schon l<strong>an</strong>ge gewartet.<br />

Denn die Verkehrsinfrastruktur im Grenzraum zwischen Bayerischem Wald und Böhmerwald lässt<br />

sehr zu wünschen übrig. Die Straßen sind vor allem auf tschechischer Seite schlecht ausgebaut.<br />

Das ist zumindest den Klattauer Bürgermeistern Rudolf Salvetr und Vaclav Chroust mehr als<br />

bewusst. Sie streben genauso wie die Vertreter des Bezirkes Pilsen, Hauptm<strong>an</strong>n Mil<strong>an</strong> Chov<strong>an</strong>ec<br />

und sein Stellvertreter Jaroslav Bauer, einen engen Informationsaustausch und eine enge<br />

Zusammenarbeit mit den bayerischen Kommunen <strong>an</strong>. Die Klattauer informierten deshalb die<br />

bayerischen Kollegen vom Ministerbesuch und luden sie dazu ein.<br />

"Unverzichtbar <strong>für</strong> Donau-Moldau-Region"Am Freitag hat sich Sammer, der auch den<br />

erkr<strong>an</strong>kten L<strong>an</strong>drat von Freyung-Grafenau, Ludwig L<strong>an</strong>kl, vertrat, zusammen mit einer kleinen


Delegation auf den Weg in die Grenzstadt Klattau gemacht. Begleitet wurde er von den<br />

stellvertretenden L<strong>an</strong>dräten aus Deggendorf und Regen, Josef Färber und Willi Killinger, sowie vom<br />

Zwiesler Bürgermeister Fr<strong>an</strong>z Xaver Steininger. Zusammen mit den Bürgermeistern der<br />

tschechischen Grenzl<strong>an</strong>dgemeinden trafen die Kommunalpolitiker im Klattauer Rathaus auf den<br />

Verkehrsminister.<br />

Trafen sich zum Informationsaustausch: Mil<strong>an</strong> Chov<strong>an</strong>ec (v.l.), Kaspar Sammer,<br />

Verkehrsminister Pavel Dobes, Rudolf Salvetr, Fr<strong>an</strong>z Xaver Steininger, Willi Killinger,<br />

Jaroslav Bauer und Josef Färber.<br />

Trafen sich zum Informationsaustausch: Mil<strong>an</strong> Chov<strong>an</strong>ec (v.l.), Kaspar Sammer,<br />

Verkehrsminister Pavel Dobes, Rudolf Salvetr, Fr<strong>an</strong>z Xaver Steininger, Willi Killinger,<br />

Jaroslav Bauer und Josef Färber.<br />

Bild herunterladen<br />

"Ostbayern hat allergrößtes Interesse <strong>an</strong> den grenzüberschreitenden Verbindungen", betonte<br />

Kaspar Sammer. "Es ist von enormer Wichtigkeit, dass die Bundesstraßen 12 bei Haidmühle und 11<br />

bei Bayerisch Eisenstein auf tschechischer Seite ähnlich gut ausgebaute Straßen folgen. Das sind<br />

<strong>für</strong> das Grenzgebiet bedeutende Verkehrsachsen." Wie Sammer betonte, habe m<strong>an</strong> sich auf<br />

bayerischer Seite sehr bemüht, die Straßen zu ertüchtigen und dritte Spuren zu bauen, um so eine<br />

optimale Anbindung <strong>an</strong> die A 3 und A 94 herzustellen. Josef Färber unterstrich die Ausführungen<br />

Sammers. "Die Region ist wieder in die Mitte Europas gerückt. Die Verkehrswege brauchen wir,<br />

damit die Menschen zusammenfinden."<br />

Verkehrsminister Pavel Dobes, erst seit wenigen Monaten im Amt, hörte aufmerksam zu und war<br />

sichtlich beeindruckt vom Engagement der Nachbarn. "Die Interaktion auf beiden Seiten freut mich<br />

sehr. Das zeigt, wie gut die Länder zusammenarbeiten. Ich bed<strong>an</strong>ke mich <strong>für</strong> die Informationen<br />

aus Bayern." Allerdings sei zumindest ein rascher Ausbau der gesamten Straße 27/1 bis zur Grenze<br />

nicht realisierbar. Es fehle das Geld. "Aber, es ist wichtig, das Thema zu diskutieren." Dennoch<br />

hatte der Minister gute Nachrichten im Gepäck. Denn die Mittel (etwa 2 Mrd. Kronen) <strong>für</strong> eine<br />

Umgehung Klattaus und einen Kreisverkehr seien vorh<strong>an</strong>den. Ebenso wird <strong>für</strong> rund 17 Mio. Kronen<br />

die <strong>für</strong> die Ausbauvorbereitung der Straße 27/1 wichtige Dokumentation 2012 in Angriff<br />

genommen.<br />

20<br />

Dienstag, 17. J<strong>an</strong>uar 2012<br />

SZ online<br />

Polizei stellt über drei Kilogramm Marihu<strong>an</strong>a sicher<br />

Klingenthal. Beamte des L<strong>an</strong>deskriminalamtes <strong>Sachsen</strong> haben nahe der deutsch-tschechischen<br />

Grenze in Klingenthal (Vogtl<strong>an</strong>d) mehr als drei Kilogramm Marihu<strong>an</strong>a sichergestellt. Vier Männer<br />

und eine Frau im Alter zwischen 21 und 31 Jahren wurden festgenommen, gab die Behörde am<br />

Dienstag bek<strong>an</strong>nt. Zwei von ihnen befinden sich unterdessen in Haft. Der Zugriff erfolgte bereits in<br />

der Vorwoche, das Rauschgift wurde in einem Auto gefunden.<br />

Gegen den mutmaßlichen Haupttäter, einen 25 Jahre alten M<strong>an</strong>n aus Schleiz (Thüringen), hatte die<br />

Polizei nach eigenem Bekunden schon seit Juli 2011 ein Ermittlungsverfahren geführt. Er wird<br />

beschuldigt, Drogen aus Tschechien eingeführt und mit ihnen geh<strong>an</strong>delt zu haben. (dpa)<br />

Tschechien nimmt <strong>an</strong> OGP-Projekt teil<br />

Prag befragt Bürger zu Korruptionsbekämpfung und tr<strong>an</strong>sparentem<br />

Staat<br />

Prag - Offenheit, Tr<strong>an</strong>sparenz und Korruptionsbekämpfung sind die<br />

Kernziele des internationalen Projekts Open Government Partnership<br />

(OGP), das von der US-Regierung unter Präsident Barrack Obama<br />

<strong>an</strong>geregt wurde.<br />

Dienstag, 17. J<strong>an</strong>uar 2012<br />

Tschechien online


Dem Netzwerk haben sich 55 Staaten weltweit <strong>an</strong>geschlossen, darunter auch die Tschechische<br />

Republik.<br />

Im Rahmen des Projekts sammelt Prag nun Anregungen zu dem Themenkomplex aus der<br />

Öffentlichkeit. Die Bürger können ihre Vorschläge bis Ende J<strong>an</strong>uar über die Website der Regierung<br />

(vlada.cz) eingeben.<br />

Anschließend werden sie unter Federführung von Karolina Peake (Foto), als stellvertretende<br />

Ministerpräsidentin <strong>für</strong> die Bekämpfung der Korruption ver<strong>an</strong>twortlich, ausgewertet und in einen<br />

Aktionspl<strong>an</strong> eingearbeitet. Dieser wird den einzelnen Ministerien vorgelegt.<br />

Mit der Initiative will die Regierung die Öffentlichkeit zu mehr Engagement in zentralen Fragen von<br />

Politik und Verwaltung ermutigen. Die Korruptionsbekämpfung sei ein Haupt<strong>an</strong>liegen des Kabinetts,<br />

unterstrich Karolina Peake am Dienstag vor Journalisten in Prag.<br />

Auf der Website steht unter <strong>an</strong>derem die Priorität von elf Themenbereichen zur Abstimmung,<br />

darunter die Reformen von Justiz und öffentlicher Verwaltung, das Gesetz über Interessenkonflikte<br />

sowie die Parteienfin<strong>an</strong>zierung. (gp)<br />

Foto: Homepage Karolina Peake<br />

Und sie dreht sich trotzdem<br />

Die astronomische Uhr in Prag wird restauriert - und bleibt in Betrieb<br />

21<br />

Dienstag, 17. J<strong>an</strong>uar 2012<br />

Tschechien online<br />

Prag - Die astronomische Uhr, eine der größten Touristenattraktionen<br />

Prags, wird restauriert. Am verg<strong>an</strong>genen Freitag wurden die allegorischen<br />

Figuren des "Orloj" abmontiert und sollen binnen zwei Monaten einen<br />

<strong>neuen</strong> Anstrich erhalten.<br />

Es ist die erste Wartung des aus dem Jahr 1410 stammenden Werks seit<br />

2005.<br />

Es h<strong>an</strong>delt sich hierbei um eine pl<strong>an</strong>mäßige Restaurierung, um die<br />

Figuren vor l<strong>an</strong>gfristigen Schäden zu schützen.<br />

Für die Besucher Prags besteht kein Grund zur Sorge, denn die Uhr wird trotzdem in Betrieb<br />

bleiben, lässt der Uhrwächter Petr Skála verlauten.<br />

Ein Anhalten der Uhr käme auch gar nicht Frage. Denn wenn m<strong>an</strong> der Legende Glauben schenkt,<br />

wird die Stadt <strong>an</strong>sonsten von einer Katastrophe heimgesucht. So werden auch weiterhin zu jeder<br />

vollen Stunde die Touristenmassen von den übriggeblieben Aposteln der Uhr begrüßt.<br />

Unter den ersten entfernten Figuren befindet sich unter <strong>an</strong>derem auch die Figur des Todes,<br />

verkörpert durch das berühmte Skelett. (ce/gp)<br />

Foto: Wikimedia Commons


22<br />

Mittwoch, 18. J<strong>an</strong>uar 2012<br />

Dippolds Bote


Mittwoch, 18. J<strong>an</strong>uar 2012<br />

(Sächsische Zeitung)<br />

Freistaat sieht Ch<strong>an</strong>ce <strong>für</strong> Umgebindel<strong>an</strong>d<br />

Von Thomas Mielke<br />

Eine erste Prüfung <strong>für</strong> die Aufnahme auf die Liste <strong>für</strong> <strong>Welterbe</strong>k<strong>an</strong>didaten ist<br />

positiv verlaufen.<br />

Das sächsische Innenministerium sieht durchaus Ch<strong>an</strong>cen <strong>für</strong> das Oberlausitzer Umgebindel<strong>an</strong>d,<br />

auf die Liste <strong>für</strong> die <strong>Welterbe</strong>k<strong>an</strong>didaten zu kommen. Nachdem die L<strong>an</strong>dräte der Kreise Bautzen<br />

und Görlitz 2011 mit dem ersten Vorschlag vorgefühlt haben, „ist die erste Einschätzung positiv<br />

verlaufen“, teilte Ministeriumssprecher Fr<strong>an</strong>k Wend auf SZ-Anfrage mit. Allerdings sieht auch er die<br />

Ch<strong>an</strong>cen noch weiter steigen, wenn sich nicht nur die deutsche Seite bewirbt, sondern sich Polen<br />

und Tschechen beteiligen.<br />

Diese erste Einschätzung hat dazu geführt, dass die L<strong>an</strong>dkreise gemeinsam mit der<br />

Umgebindehaus-Stiftung bis 31. J<strong>an</strong>uar eine offizielle Bewerbung <strong>für</strong> die Aufnahme der historischen<br />

Oberlausitzer Volksbauweise auf die sächsische Liste der K<strong>an</strong>didaten abgeben. Der Freistaat<br />

rechnet mit bis zu neun Bewerbungen. Im Sommer will er sich mit Hilfe einer Expertenkomission<br />

<strong>für</strong> zwei entscheiden.<br />

Diese beiden Vorschläge reicht <strong>Sachsen</strong> <strong>an</strong> den Bund weiter. Voraussichtlich 2013 entscheidet<br />

dieser, welche deutschen K<strong>an</strong>didaten er der Unesco, der Kulturorg<strong>an</strong>isation der Vereinten Nationen,<br />

<strong>für</strong> die Aufnahme als Weltkulturerbe empfiehlt. Dort fällt die Entscheidung frühestens 2016.<br />

Umgebindehauspreis ausgelobt<br />

Gleichzeitig hat die in Bautzen <strong>an</strong>sässige Umgebindestiftung erneut einen Preis ausgelobt. Bis zum<br />

15. März können sich alle Eigentümer da<strong>für</strong> bewerben, die mit Fleiß und Mühe ihr Umgebindehaus<br />

denkmalgerecht s<strong>an</strong>iert haben. Aber auch Personen und Vereine, die sich besonders um den Erhalt<br />

der Umgebindehäuser verdient gemacht haben, können vorgeschlagen werden. Auch<br />

Umgebindehausbesitzer aus Polen und Tschechien können sich beteiligen. Die Bewerbungskriterien<br />

sind im Internet einsehbar.<br />

stiftung.umgebindehaus@lra-bautzen.de<br />

PIRNA/LOVOSICE<br />

Klaus Fiedler doch Erster am Lovos<br />

Klaus Fiedler Archivfoto: D<strong>an</strong>iel Förster<br />

Nun ist es offiziell – der Pirnaer Klaus Fiedler war bei der traditionellen<br />

Neujahrsw<strong>an</strong>derung auf den 570 Meter hohen Lovos bei Lovosice in Tschechien<br />

tatsächlich Erster auf dem Berg. Vertreter des örtlichen Touristenklubs hatten<br />

ihm seinerzeit aber nur die Nummer „8“ zugest<strong>an</strong>den. Und das, obwohl<br />

niem<strong>an</strong>d vor Fiedler war (SZ berichtete).<br />

24<br />

Mittwoch, 18. J<strong>an</strong>uar 2012<br />

(Sächsische Zeitung)<br />

Jetzt hat sich der Touristenklub bei Fiedler, der Koordinator der SPD-AG Euroregion Elbe-Labe ist,<br />

offiziell entschuldigt. Die ersten sieben Plätze waren, wie von Fiedler bereits vermutet, schon<br />

vorher vergeben worden. Die Nummern hätten nur zur Abschätzung der Teilnehmerzahl gedient.<br />

„Symbolisch sind Sie Tourist Nummer 1“, erklärt Fr<strong>an</strong>tisek St<strong>an</strong>e vom Touristenklub.<br />

Klaus Fiedler hat die Entschuldigung <strong>an</strong>genommen. Er will sich im Frühjahr mit dem Touristenklub<br />

treffen und zur W<strong>an</strong>derung <strong>für</strong> das Weltnaturerbe einladen. (SZ/alm)<br />

Mittwoch, 18. J<strong>an</strong>uar 2012<br />

(Sächsische Zeitung)


Polizisten lernen nicht mehr Polnisch oder Tschechisch<br />

Von Thilo Alexe<br />

Die Auswahl <strong>an</strong> Sprachunterricht <strong>für</strong> <strong>an</strong>gehende Beamte wird<br />

reduziert.Darunter könnte die Verbrechensbekämpfung leiden.<br />

Die Verfolgung von Verdächtigen in den Grenzregionen dürfte künftig komplizierter werden:<br />

Angehende Polizeibeamte in <strong>Sachsen</strong> erhalten während ihrer Ausbildung keinen Unterricht mehr in<br />

Russisch, Polnisch oder Tschechisch. Die osteuropäischen Sprachen werden nur noch im Rahmen<br />

von Fortbildungskursen gelehrt, geht aus der Antwort des Innenministeriums auf eine Anfrage der<br />

SPD-Abgeordneten Sabine Friedel hervor. Das könnte die Zusammenarbeit mit Polizisten aus den<br />

Nachbarländern erschweren.<br />

Bisl<strong>an</strong>g konnten die <strong>an</strong>gehenden Polizeibeamten aus <strong>Sachsen</strong> wählen, ob sie <strong>an</strong> der<br />

Fachhochschule Rothenburg ihre Sprachausbildung in den Fächern Englisch, Russisch, Tschechisch<br />

oder Polnisch absolvieren. Erfahrungsgemäß entschied sich die Hälfte der etwa 150 Studierenden<br />

pro Jahrg<strong>an</strong>g <strong>für</strong> Englisch. Die <strong>an</strong>deren wählten eine der slawischen Sprachen, wie Friedel sagt.<br />

Gemeinsamer Englischkurs<br />

Nun wird „die Sprachausbildung ausschließlich in Englisch durchgeführt“, wie es in dem von<br />

Minister Markus Ulbig (CDU) unterzeichneten Papier heißt. Zur Begründung verweist der<br />

Innenressortchef darauf, dass sich Englisch als „Verbindungssprache“ zwischen Ländern etabliert<br />

habe. „So kommt dem Erlernen von Englisch als der domin<strong>an</strong>ten Arbeitssprache der Europäischen<br />

Union maßgebliche Bedeutung zu.“ Zudem seien <strong>für</strong> internationale Polizeimissionen<br />

Englischkenntnisse von Beamten „zwingend erforderlich.“<br />

Doch fehlende Kenntnisse der Sprachen der Nachbarländer sind in Grenzgegenden womöglich ein<br />

Nachteil. Friedel be<strong>für</strong>chtet, dass es dem Freistaat künftig immer schwerer fällt, polnisch oder<br />

tschechisch sprechende Polizisten in gemeinsame Arbeitsgruppen zu schicken. Sie hebt dabei die<br />

deutsch-polnische Fahndungsgruppe Neiße und eine gemeinsame Arbeitsgruppe <strong>für</strong> sogen<strong>an</strong>nte<br />

operative Maßnahmen hervor. „Das alles steht im krassen Widerspruch zu den schönen Reden, die<br />

vom Ministerpräsidenten und dem Innenminister immer wieder über die Zusammenarbeit mit Polen<br />

und Tschechien gehalten werden“, sagt die SPD-Innenexpertin. Im Übrigen sei eine<br />

Sprachfortbildung über zwei Wochen längst nicht so intensiv wie ein regelmäßiger Unterricht über<br />

drei Jahre.<br />

<strong>Sachsen</strong>s Innenministerium weist die Vorwürfe und Be<strong>für</strong>chtungen zurück. „Die Zusammenarbeit<br />

mit den Kollegen aus Polen und Tschechien wird sich nicht verschlechtern, sondern verbessern“,<br />

sagt Ministeriumssprecher Fr<strong>an</strong>k Wendt. Denn Englisch habe sich mittlerweile zur Verständigung<br />

durchgesetzt. So lernten Polizisten aus Dippoldiswalde auf eigenen Wunsch gemeinsam mit<br />

tschechischen Kollegen die Weltsprache. Austausch und gemeinsame Einsatzgruppen werde es<br />

auch weiterhin geben. Allerdings ist die Kriminalität in der Grenzregion vergleichsweise hoch. Im<br />

ersten Halbjahr 2011 – jüngere Daten liegen nicht vor – registrierte die Polizei in den 51<br />

Grenzgemeinden <strong>Sachsen</strong>s knapp 10000 Straftaten. Damit verharrte die Deliktzahl auf dem hohen<br />

Vorjahresniveau. Die Zahl der Autodiebstähle und -aufbrüche s<strong>an</strong>k allerdings deutlich.<br />

SPD-Frau Friedel bleibt bei ihrer Kritik. Es sei <strong>für</strong> Polizisten vorteilhaft, wenn sie etwa bei<br />

Fahrzeugkontrollen im Grenzgebiet Tschechisch oder Polnisch beherrschten. Das schaffe generell<br />

ein besseres Klima. Zudem erleichtere es die gemeinsame Polizeiarbeit.<br />

Kaum Risiko, wenig Rendite<br />

25<br />

Mittwoch, 18. J<strong>an</strong>uar 2012<br />

Prager Zeitung online<br />

Auch in diesem Jahr können Bürger Staats<strong>an</strong>leihen<br />

erwerben


um ersten Mal in der Geschichte der Tschechischen Republik konnten Bürger im Oktober<br />

2011 Staats<strong>an</strong>leihen zeichnen. Das Interesse war riesig. Bereits zwei Tage nach Beginn<br />

der Zeichnungsfrist waren sämtliche Wertpapiere im Wert von über 20,2 Milliarden<br />

Kronen (800 Millionen Euro) vergriffen.<br />

Auch in diesem Jahr sollen die Bürger wieder die Gelegenheit bekommen, sich <strong>für</strong> diese<br />

als sicher geltende Anlageform zu entscheiden. Insgesamt wird der tschechische Staat<br />

Schuldverschreibungen in Höhe von 243,4 Milliarden Kronen (etwa 9,4 Milliarden Euro)<br />

herausgeben, Anleihen im Wert von insgesamt 40 Milliarden Kronen (1,5 Milliarden Euro)<br />

sind 2012 <strong>für</strong> die Privat<strong>an</strong>leger vorgesehen. Im Vergleich zum Oktober des verg<strong>an</strong>genen<br />

Jahres bedeutet dies eine Erhöhung von 22 Prozent. Die durchschnittliche Rendite erhöht<br />

sich nach Angaben der Tschechischen Nationalb<strong>an</strong>k (ČNB) gegenüber der verg<strong>an</strong>genen<br />

Emission im Oktober von 1,6 auf 1,95 Prozent. Bürger können im Juni und Dezember ihre<br />

Papiere zeichnen.<br />

Nach Ansicht des Analysten der Komerční b<strong>an</strong>ka, Miroslav Frayer, sei der Grund <strong>für</strong> die<br />

höhere Rendite auf den Märkten zu suchen, die wirtschaftliche Situation mit Tschechien<br />

habe damit nichts zu tun. „M<strong>an</strong> nicht k<strong>an</strong>n sagen, dass diese Situation etwas Besonderes<br />

oder gar Gefährliches wäre“, erklärt Frayer. Wichtig sei seiner Meinung nach, dass die<br />

Nachfrage im Herbst sehr hoch gewesen sei. Das Fin<strong>an</strong>zministerium hätte die Möglichkeit<br />

besessen, die maximale Anzahl der Emissionen zu verkaufen. „Tschechische<br />

Staats<strong>an</strong>leihen stellen zudem eine Alternative <strong>für</strong> Investoren dar und bergen nicht so ein<br />

hohes Risiko wie Anleihen <strong>an</strong>derer Länder“, betont der Fin<strong>an</strong>zexperte.<br />

Die Rendite der Staats<strong>an</strong>leihen, die im verg<strong>an</strong>genen Jahr herausgegeben worden war,<br />

betrug bei einer Laufzeit von einem Jahr 2,0 Prozent, bei fünfjährigen<br />

Schuldverschreibungen zahlte der Staat seinen Bürgern mehr als 3,0 Prozent Zinsen. (br)<br />

LOHMEN<br />

Polizei schnappt vier Ladendiebe in Lohmen<br />

26<br />

Donnerstag, 19. J<strong>an</strong>uar 2012<br />

(Sächsische Zeitung)<br />

Das tschechische Quartett hatte offenbar schon früher in Geschäften gestohlen.<br />

Und da<strong>für</strong> Einkaufstüten mit Alufolie präpariert.<br />

Vier Ladendieben aus Tschechien legte die Polizei am Dienstagnachmittag das H<strong>an</strong>dwerk. Das<br />

Quartett hatte im Netto-Markt in Lohmen Kosmetik gestohlen. Mitarbeiter riefen die Polizei. Wenig<br />

später entdeckten Beamte das gesuchte Auto – einen Daewoo – auf dem Kaufl<strong>an</strong>dparkplatz Copitz.<br />

Nach einer Weile kamen die vier zu ihrem Pkw, einer von ihnen wollte flüchten, als er die Polizei<br />

sah. Er wurde jedoch festgenommen.<br />

Bei der Durchsuchung der zwei Frauen und zwei Männer aus Tschechien sowie des Autos f<strong>an</strong>den<br />

die Beamten Kosmetik, Schuhe und Kleidung, teilt die Polizei mit. Die vier wurden festgenommen.<br />

Sie trugen Schuhe, die sie am Vortag bei Deichm<strong>an</strong>n im Kaufl<strong>an</strong>d gestohlen hatten. Gegen die<br />

beiden Frauen best<strong>an</strong>d wegen früherer Straftaten Haftbefehl. Sie hatten ihre Strafen nicht bezahlt.<br />

Im Verlauf der Ermittlungen stellte sich heraus, dass die Tatverdächtigen gefüllte Beutel mit<br />

gestohlener Kosmetik im Netto-Markt zurücklassen mussten. Gestohlen hatten sie auch aus einem<br />

Geschäft von Ernstings family in Pirna. Dass die Taten sorgfältig gepl<strong>an</strong>t waren, so die Polizei,<br />

beweisen mehrere Beutel, die mit Alufolie ausgekleidet waren. So hätten sich die vier mit Beute <strong>an</strong><br />

den Sensoren vorbeigemogelt. (SZ)<br />

PIRNA/HEIDENAU<br />

15 Kilogramm Marihu<strong>an</strong>a im Kofferraum<br />

Donnerstag, 19. J<strong>an</strong>uar 2012


Nahe dem Harthe-Tunnel <strong>an</strong> der A17 kontrollierte die Polizei<br />

Dienstagnachmittag einen Opel Vectra aus Berlin. Und wurde fündig.<br />

Drei Fünf-Kilo-Packungen Rauschgift f<strong>an</strong>den Polizisten am Dienstagnachmittag in einem Opel<br />

Vectra <strong>an</strong> der A17. Die gemeinsame Fahndungsgruppe der Polizeidirektion Oberes Elbtal-<br />

Osterzgebirge und der Bundespolizei hatte gegen 17.30 Uhr den Opel mit Berliner Kennzeichen auf<br />

einem Parkplatz nahe dem Harthe-Tunnel kontrolliert. Im Kofferraum f<strong>an</strong>den die Beamten eine<br />

Tasche mit drei luftdicht verschlossenen Päckchen. Als sie eins davon geöffnet hatten, bestätigte<br />

sich der Verdacht: Es war Rauschgift darin. Der 38-jährige Fahrer wurde vorläufig festgenommen.<br />

Die weitere Bearbeitung der Straftat übernahm die gemeinsame Ermittlungsgruppe von Zoll und<br />

Polizei beim L<strong>an</strong>deskriminalamt.<br />

Der deutsche Tatverdächtige vietnamesischer Abstammung wurde gestern dem Haftrichter<br />

vorgeführt. Bei der ersten Untersuchung des Rauschgiftes stellte sich heraus, so die Polizei, dass es<br />

sich um 15 Kilogramm Marihu<strong>an</strong>a h<strong>an</strong>delt, das illegal von Tschechien nach Deutschl<strong>an</strong>d eingeführt<br />

wurde. (SZ)<br />

27<br />

Donnerstag, 19. J<strong>an</strong>uar 2012<br />

dradio.de<br />

Porträt des Komponisten Wolfg<strong>an</strong>g Amadeus Mozart um 1803. (Bild: AP / Mozarthaus Wien)<br />

Prag im Mozart-Fieber<br />

Vor 225 Jahren wurde die D-Dur-Sinfonie uraufgeführt<br />

Von Sabine Fringes<br />

Sie gilt als ein Meilenstein der Musikgeschichte: Wolfg<strong>an</strong>g Amadeus<br />

Mozarts D-Dur-Sinfonie KV 504, auch bek<strong>an</strong>nt unter ihrem Beinamen "Prager Sinfonie".<br />

Fünf Jahre vor seinem Tod komponiert, leitet sie Mozarts sinfonisches Spätwerk ein.<br />

Am frühen Morgen des 8. J<strong>an</strong>uar 1787 bricht Mozart zusammen mit seiner Frau Konst<strong>an</strong>ze - und<br />

einer Schar von Musikerkollegen - nach Prag auf. Vier Tage dauert die Fahrt, die ihn immer mehr<br />

entfernt von Wien, wo ihn Geldnöte plagen und der Umzug aus seiner stattlichen Wohnung hinter<br />

dem Steph<strong>an</strong>sdom in ein billigeres Quartier bevorsteht. Böhmische Adlige haben ihn zu der Reise<br />

eingeladen und im Palais des Grafen Thun - seinem Gönner von früher Kindheit <strong>an</strong> - erhalten sie<br />

Logis.<br />

Noch am selben Abend besucht Mozart einen Ball. Wie er später <strong>an</strong> seinen Freund Gottfried von<br />

Jacquin schreibt, war er nach der l<strong>an</strong>gen Reise zwar zu müde, um selbst am Karnevalstreiben<br />

teilzunehmen ...<br />

"Ich sah aber mit g<strong>an</strong>zem Vergnügen zu, wie alle diese Leute auf die Musik meines Figaro, in lauter<br />

Contretänze und Teutsche verw<strong>an</strong>delt, so innig vergnügt herumspr<strong>an</strong>gen; - denn hier wird von<br />

nichts gesprochen als vom - Figaro; nichts gespielt, geblasen, gesungen und gepfiffen als - Figaro.<br />

Keine Opera besucht als - Figaro und ewig Figaro; gewiss große Ehre <strong>für</strong> mich."<br />

G<strong>an</strong>z Prag taumelte im Figaro-Fieber und gesp<strong>an</strong>nt erwartete m<strong>an</strong> nicht nur sein Dirigat seiner<br />

Oper, sondern auch das Konzert, das Mozart am 19. J<strong>an</strong>uar 1787 im Nationaltheater gab. Neben<br />

drei Klavierf<strong>an</strong>tasien, erkl<strong>an</strong>g - nebst einer weiteren Sinfonia - zum ersten Mal seine Sinfonie in D-<br />

Dur.<br />

"Wir wussten in der That nicht, was wir mehr bewundern sollten, ob die außerordentliche<br />

Komposition oder das außerordentliche Spiel. Beydes zusammen bewirkte einen Totaleindruck auf<br />

unsere Seelen, welche einer süßen Bezauberung glich!"<br />

So der Musikkritiker und Mozart-Biograf Fr<strong>an</strong>z Xaver Niemetschek. Die Aufführung war ein<br />

überwältigender Erfolg, die Sinfonie entwickelte sich - neben dem Figaro - zu einem weiteren<br />

Lieblingsstück in der böhmischen Metropole und erhielt wegen des Ortes ihrer Uraufführung den<br />

Beinamen "Prager". Ob Mozart sie aber tatsächlich <strong>für</strong> Prag geschrieben hatte, bleibt ungewiss. Als<br />

er Anf<strong>an</strong>g Februar die Stadt wieder verließ, hatte er jedenfalls - neben 1000 Gulden - auch einen<br />

Vertrag <strong>für</strong> die Komposition einer <strong>neuen</strong> Oper in der Tasche: "Don Giov<strong>an</strong>ni". In seiner Sinfonie<br />

klingen bereits einige Motive daraus <strong>an</strong> - ebenso wie auch aus "Figaros Hochzeit". Und so ist die


"Prager" eine Synthese der dämonischen Sphäre des Don Giov<strong>an</strong>ni mit der prickelnden<br />

Lebensfreude des Figaro.<br />

1794 gab m<strong>an</strong> ein Gedenkkonzert zu Ehren des bereits seit drei Jahren verstorbenen Komponisten.<br />

Und den Abschluss machte seine D-Dur-Sinfonie.<br />

Die "Prager Neue Zeitung" schrieb über dieses Ereignis:<br />

"Der Akademiesaal war stark beleuchtet. Im Hintergrund desselben über dem Orchester flammte<br />

Mozarts Name in einer Art von Tempel, zu dessen beiden Seiten zwei Pyramiden mit den<br />

Inschriften "D<strong>an</strong>kbarkeit und Vergnügen" tr<strong>an</strong>sparent illuminiert st<strong>an</strong>den. Von m<strong>an</strong>chem edlen<br />

Auge floss eine stille Thräne um den geliebten M<strong>an</strong>n! Mozart scheint <strong>für</strong> Böhmen geschrieben zu<br />

haben, nirgends verst<strong>an</strong>d und exequirte m<strong>an</strong> besser seine Musik als in Prag, und selbst auf dem<br />

L<strong>an</strong>de ist sie allgemein beliebt."<br />

Bierkrieg geht weiter<br />

28<br />

Donnerstag, 19. J<strong>an</strong>uar 2012<br />

Prager Zeitung online<br />

Anheuser-Busch erwirbt Bezeichnung „Budweiser<br />

Bier“ – Budvar <strong>für</strong>chtet keine Nachteile<br />

Der mehr als 100 Jahre <strong>an</strong>dauernde Kampf um den Namen<br />

„Budweiser“ zwischen dem US-amerik<strong>an</strong>ischen Biergig<strong>an</strong>ten<br />

Anheuser-Busch und der tschechischen Brauerei Budějovický<br />

Budvar (Budweiser) geht in eine weitere Runde. Allerdings wird<br />

die Schlacht in diesem Fall nicht mehr direkt in<br />

Gerichtsverh<strong>an</strong>dlungen ausgetragen, sondern über Umwege. Nun haben die Amerik<strong>an</strong>er den<br />

begehrten Namen „Budweiser Bier“ über den Aufkauf der zweiten in České Budějovice (Budweis)<br />

<strong>an</strong>sässigen Brauerei, Budějovický měšť<strong>an</strong>ský pivovar (Budweiser Bürgerbräu), ergattert.<br />

Budweiser Bürgerbräu gehörte vor dem Verkauf der Gesellschaft Harvestor. Deren Hauptaktionär<br />

ist Fr<strong>an</strong>tišek Savov, ein Unternehmer, der nach Angaben der Tageszeitung „Hospodářské noviny“ in<br />

Verg<strong>an</strong>genheit bereits öfter durch dubiose Geschäfte aufgefallen sei. Beispiel ist der Verkauf des<br />

Buchverlags „Mladá fronta“, bei dem weder Details der Tr<strong>an</strong>saktion noch Preise bek<strong>an</strong>nt wurden.<br />

Auch im Fall des Brauerei-Verkaufs hat der Investor <strong>an</strong>scheinend wieder tief in seine Trickkiste<br />

gegriffen. Der Geschäftsm<strong>an</strong>n zerschlug Budweiser Bürgerbräu in zwei unabhängige Firmen. Unter<br />

dem Namen „Samson“ wird die eigentliche Brauerei samt Technologie, Gebäude Mitarbeiter und<br />

Schulden geführt. „Budweiser Bürgerbräu“ besteht nur noch aus dem Namen und einigen kleinen<br />

Grundstücken inklusive Wasserquellen.<br />

Rote Zahlen<br />

Weder die Pressesprecherin von Budweiser Bürgerbräu, noch die von ihr beauftragte<br />

Kommunikationsagentur DBM wollte Angaben zum Verkaufspreis machen. DBM-Mitarbeiter Michal<br />

Donath stellte jedoch klar, dass auch in Zukunft Bier gebraut werde. „Das Unternehmen wird<br />

weiterhin seine Marken beibehalten und auch unter <strong>an</strong>derem Bier unter dem Label Budweiser<br />

Bürgerbräu verkaufen“, so Donath. Es sei sogar eine Erweiterung der Produktionspalette gepl<strong>an</strong>t.<br />

Die Absicht von Anheuser-Busch ist <strong>für</strong> den Pressesprecher von Budweiser Budvar, Petr Samec,<br />

klar. Seiner Ansicht nach gehe es den Amerik<strong>an</strong>ern nur um den Erwerb der globalen Rechte <strong>für</strong> die<br />

Marke Budweiser. Bisher k<strong>an</strong>n Anheuser-Busch auf dem amerik<strong>an</strong>ischen Kontinent, in wenigen<br />

europäischen und asiatischen Staaten sowie in Australien sein Bier unter den Bezeichnungen<br />

„Budweiser“ und „Bud“ vermarkten. In wichtigen Absatzmärkten wie Deutschl<strong>an</strong>d, Österreich,<br />

Russl<strong>an</strong>d und Polen ist dies nicht gestattet.<br />

Mit dem Deal haben sowohl Anheuser-Busch als auch Budweiser Bürgerbräu gewonnen. Die<br />

Amerik<strong>an</strong>er erhalten die Rechte auf den Namen „Budweiser Bier“ und das Unternehmen Budweiser<br />

Bürgerbräu k<strong>an</strong>n seine wirtschaftliche Situation, die nach Ansicht von Samec sehr schlecht sein<br />

soll, verbessern. „Die Brauerei schreibt seit l<strong>an</strong>gem große Verluste und steht sogar kurz vor dem<br />

Konkurs“, meint der Pressesprecher des Konkurrenten von Budweiser Budvar.<br />

Ungewisse Zukunft<br />

Dass die Amerik<strong>an</strong>er den Namen „Budweiser Bier“ überhaupt erwerben konnten, hat historische<br />

Gründe. Deutsche hatten Budweiser Bürgerbräu bereits im Jahre 1795 gegründet. Nach dem<br />

Zweiten Weltkrieg wurde das Unternehmen verstaatlicht und in die Českobudějovický pivovar


integriert. Zwischen 1960 und 2001 trug die Brauerei den Namen Samson. Erst seit 2010 heißt sie<br />

wieder Budějovický měšť<strong>an</strong>ský pivovar, zu Deutsch: Budweiser Bürgerbräu. Beide Bezeichnungen<br />

sind im H<strong>an</strong>delsregister aufgeführt.<br />

Bei Budějovický Budvar sieht m<strong>an</strong> der g<strong>an</strong>zen Angelegenheit gelassen entgegen. „Wir werden<br />

unser Bier auch weiterhin unter der Marke Budweiser Budvar verkaufen. Auf unser Geschäft wird<br />

der Bürgerbräu-Verkauf <strong>an</strong> Anheuser-Busch keinen Einfluss haben. Welches Bier diese Brauerei nun<br />

verkaufen möchte, wissen wir nicht, die haben ja keine Produktionsstätten mehr“, erklärt<br />

Pressesprecher Samec.<br />

Anders ausgedrückt: Budweiser Bürgerbräu besitzt außer seinem Namen nur einige Grundstücke.<br />

Bier wird dort wohl nie gebraut werden. Zwar wolle m<strong>an</strong> laut DBM die Produktion bei Samson<br />

ausbauen, mit Zitronen- und Or<strong>an</strong>genbier neue Kundenkreise erschließen, doch ob das<br />

Restunternehmen noch eine Zukunft hat, ist eher ungewiss. Nach Angaben des Internetportals<br />

„pivovaryinfo.cz“ schrieb das Unternehmen bereits seit dem Jahr 2000 nur Verluste, insgesamt<br />

wechselte der Besitzer innerhalb der letzten 20 Jahre fünf Mal.<br />

Ob die Amerik<strong>an</strong>er diesbezüglich etwas ändern können oder wollen, bleibt daher fraglich. Nach<br />

Ansicht von Samec hätte Anheuser-Busch nun ein Problem beseitigt, um die weltweiten<br />

Exklusivrechte zu erhalten. Nun müssten sie noch eine letzte Hürde überspringen. Seiner Aussage<br />

zufolge hofft der Biergig<strong>an</strong>t auf die Privatisierung des derzeit noch in Staatsbesitz befindlichen<br />

Unternehmens Budějovický Budvar. „Allerdings muss das Unternehmen in eine Aktiengesellschaft<br />

umgew<strong>an</strong>delt werden. Erst d<strong>an</strong>n k<strong>an</strong>n die Regierung entscheiden, ob, w<strong>an</strong>n und unter welchen<br />

Bedingungen der Verkauf des Staatsunternehmens stattfinden k<strong>an</strong>n“, so Samec.<br />

Von Bernd Rudolf<br />

29<br />

Donnerstag, 19. J<strong>an</strong>uar 2012<br />

Prager Zeitung online<br />

„Die europäischen Stromnetze müssen ausgebaut<br />

werden“<br />

Ein Gespräch mit der Wirtschaftswissenschaftlerin Claudia Kemfert<br />

Deutschl<strong>an</strong>d verabschiedet sich von der Atomenergie. Tschechien will sie weiter<br />

ausbauen. Europa hat bisl<strong>an</strong>g noch kein einheitliches Energiekonzept gefunden. Was der<br />

Ausstieg der Atomenergie bedeutet, welche Probleme entstehen und was Ökostrom<br />

kostet, erklärt Professor Claudia Kemfert vom Deutschen Institut <strong>für</strong><br />

Wirtschaftsforschung in Berlin.<br />

In Tschechien könnte es einen Blackout geben, weil in Deutschl<strong>an</strong>d zu viel Öko-Strom<br />

produziert wird. Glauben Sie, dass diese Be<strong>für</strong>chtungen wahr werden können?<br />

Kemfert: Die Netzstabilität ist sicherlich unter stärkerer Beobachtung, insbesondere<br />

durch die Zunahme von erneuerbaren Energien. Die Netzbetreiber haben die Situation<br />

aber gut unter Kontrolle, eine spezielle Gefahr <strong>für</strong> Blackouts sehe ich derzeit nicht.<br />

Wie reagieren die Kraftwerksbetreiber, wenn zu viel Strom produziert wird?<br />

Kemfert: Es werden vor allem die Wind<strong>an</strong>lagen abgeschaltet, da dies preiswerter ist als<br />

beispielsweise Atom- oder Kohlekraftwerke vom Netz zu nehmen.<br />

Was muss passieren, damit es zu einem großen Blackout kommt, der weite Teile Europas<br />

betrifft?<br />

Kemfert: Dies k<strong>an</strong>n immer passieren, wenn unvorhersehbare Ereignisse wie Naturkatastrophen<br />

oder ähnliches eintreten. Die Netzstabilität ist in Gefahr, wenn es zu erheblichen<br />

Schw<strong>an</strong>kungen kommen sollte, die nicht aufgef<strong>an</strong>gen werden können.<br />

Welche Regionen sind besonders gefährdet?<br />

Kemfert: Heute sehe ich keine Regionen besonders gefährdet. Das k<strong>an</strong>n sich aber<br />

ändern, je mehr Großkraftwerke, beispielsweise AKWs, in Deutschl<strong>an</strong>d vom Netz gehen,<br />

und je mehr Schw<strong>an</strong>kungen bei den erneuerbaren Energien auftreten.<br />

Während Deutschl<strong>an</strong>d auf regenerative Energiequellen setzt, baut m<strong>an</strong> in Tschechien auf<br />

Atomkraft. Glauben Sie, dass die Lücke, die durch das Abschalten der Atomkraftwerke<br />

entsteht, geschlossen werden k<strong>an</strong>n, oder wird d<strong>an</strong>n doch auf Atomstrom aus Fr<strong>an</strong>kreich<br />

oder Tschechien zurückgegriffen?


Kemfert: Die Lücke der Atomkraft wird sicherlich in Deutschl<strong>an</strong>d geschlossen, denn<br />

hierzul<strong>an</strong>de gehen in den kommenden fünf Jahren Kohlekraftwerke mit einer Kapazität<br />

von über 20 Gigawatt <strong>an</strong>s Netz, zudem hat der Anteil der erneuerbaren Energien heute<br />

schon 20 Prozent erreicht. Deutschl<strong>an</strong>d muss seinen Bedarf im L<strong>an</strong>d selbst decken<br />

können. Die Einfuhr von Strom k<strong>an</strong>n aber helfen, die Strompreissteigerungen<br />

abzumildern. Importe werden auch aus Fr<strong>an</strong>kreich und Tschechien kommen.<br />

Glauben Sie, dass der Atomausstieg Deutschl<strong>an</strong>ds <strong>an</strong>dere europäische Länder dazu<br />

bewegen wird, in Zukunft ebenfalls auf Kernenergie zu verzichten?<br />

Kemfert: Die Atomkraft ist eine Technik der Verg<strong>an</strong>genheit, nicht der Zukunft. Zudem<br />

ist sie teuer und produziert Abfälle und Risiken. Sicherlich werden einige EU-Länder auch<br />

neue Atomkraftwerke bauen, das l<strong>an</strong>gfristige Energieproblem werden Atomkraftwerke<br />

aber nicht lösen. Daher ist es wichtig, wie die EU-Roadmap vorsieht, verstärkt auf das<br />

Energiesparen und auf erneuerbare Energien zu setzen.<br />

Die Atomlobby argumentiert immer damit, dass Atomstrom billig sei. Was kostet<br />

Atomstrom wirklich, wie teuer ist die Herstellung von Ökostrom?<br />

Kemfert: Mit abgeschriebenen Atomkraftwerken k<strong>an</strong>n m<strong>an</strong> in der Tat billig Strom<br />

produzieren, die Installationskosten und die Kosten zur Einlagerung des Atommülls sind<br />

hoch. Zum Vergleich: die Herstellung einer Kilowattstunde Strom aus Atom kostet 2<br />

Cent, wenn m<strong>an</strong> weitere Kosten (Müll etc.) mit einrechnet, beziffern unterschiedliche<br />

Studien die Kosten von bis zu 7 Cent; zum Vergleich: Onshore Wind 10 Cent, Offshore 15<br />

Cent, Biomasse 15 Cent, PV 20 Cent.<br />

Die Lücke, die durch das Abschalten der AKW entsteht, soll in Deutschl<strong>an</strong>d auch mit<br />

Kohlekraftwerken geschlossen werden. Das widerspricht doch der Verpflichtung<br />

Deutschl<strong>an</strong>ds, die CO2-Emissionen zu senken.<br />

Kemfert: Ja, leider. Daher werden nicht nur die CO2-Emissionen, sondern auch die CO2-<br />

Preise steigen. Besser geeignet wären übrigens Gaskraftwerke, sie produzieren weniger<br />

Treibhausgase und sind flexibler hoch- und runterzufahren. Allerdings sind sie teurer als<br />

Kohlekraftwerke.<br />

Scheint die Sonne oder weht der Wind, erzeugt dies viel Ökostrom, wenn nicht, d<strong>an</strong>n<br />

wird kein oder nur wenig Strom produziert. Welche Möglichkeiten gibt es bisher den<br />

Ökostrom zu speichern?<br />

Kemfert: Pumpspeicherkraftwerke sind geeignet und wirtschaftlich. Allerdings sind die<br />

Kapazitäten in Deutschl<strong>an</strong>d sehr begrenzt, sodass Deutschl<strong>an</strong>d auf Länder der<br />

Alpenregion und Sk<strong>an</strong>dinavien <strong>an</strong>gewiesen ist. Auch da<strong>für</strong> benötigen wir den Ausbau der<br />

Leitungen. Weitere Speichermöglichkeiten, unter <strong>an</strong>derem alternative Antriebsstoffe wie<br />

Wasserstoff-Batterien oder Meth<strong>an</strong>, sind noch in der Erforschungsphase und<br />

vergleichsweise teuer.<br />

Von Bernd Rudolf<br />

Prag auf Umwegen<br />

30<br />

Donnerstag, 19. J<strong>an</strong>uar 2012<br />

Prager Zeitung online<br />

Die Situation <strong>für</strong> Rollstuhlfahrer hat sich verbessert<br />

– Barrierefreiheit bleibt aber ein L<strong>an</strong>gzeitziel<br />

Die tschechische Hauptstadt wächst stetig und lockt<br />

immer mehr Touristen <strong>an</strong>. Doch längst nicht <strong>für</strong> alle<br />

Besucher und Einwohner der Stadt gestaltet sich der<br />

Einkaufsbummel, Museumsbesuch oder auch der alltägliche Weg zur Arbeit problemlos.<br />

Barrierefreie Mobilität ist <strong>für</strong> körperlich behinderte Menschen oft nicht gewährleistet.<br />

Eine steigende Anzahl von Rollstuhlfahrern, wie Milada Burčíková, Mitarbeiterin der<br />

Prager Org<strong>an</strong>isation <strong>für</strong> Rollstuhlfahrer (Pražská org<strong>an</strong>izace vozíčkářů) vermutet, leidet<br />

unter den Versäumnissen von Betreibern öffentlicher Gebäude und Verkehrsmitteln,


diese behindertengerecht zu gestalten. Bereits 2008 startete ein Redakteur der Prager<br />

Zeitung den Selbstversuch: Im Rollstuhl machte sich Iv<strong>an</strong> Dramlitsch gemeinsam mit<br />

einem Rollstuhlfahrer und zwei Begleitern einen halben Tag l<strong>an</strong>g auf den Weg durch die<br />

Hauptstadt. Das frappierende Ergebnis: Vom Hauptsitz der nahe des Vyšehrad liegenden<br />

Org<strong>an</strong>isation „Asistence“, die sich um die Bel<strong>an</strong>ge von Behinderten kümmert, bis zur<br />

ehemaligen Redaktion der „Prager Zeitung“ in der Orlická-Straße im Stadtteil Vinohrady<br />

dauerte die Fahrt mit 65 Minuten mehr als doppelt so l<strong>an</strong>g wie ohne Rollstuhl.<br />

Tr<strong>an</strong>sport mit Hindernissen<br />

Grund da<strong>für</strong> sind meistens die fehlenden Fahrstühle in den U-Bahn-Stationen und die<br />

Straßenbahnen ohne ebenerdige Einstiegsmöglichkeiten. Während vor vier Jahren nur 32<br />

der insgesamt 57 Prager Metro-Stationen barrierefrei zugänglich waren, hat sich die Zahl<br />

mittlerweile auf 36 erhöht. Von den 936 Prager Straßenbahnen sind allerdings bisher nur<br />

144 mit dem Rollstuhl befahrbar, bei den 1180 Bussen mit 582 knapp die Hälfte aller<br />

Fahrzeuge. „Der Anteil der Niederflurbusse und -trams wird in Zukunft noch steigen“,<br />

äußert sich die Pressesprecherin der Prager Verkehrsbetriebe (DPP), Aneta Řeková,<br />

zuversichtlich.<br />

Allerdings scheinen die Hinweise der Verkehrsbetreiber oft makaber: So gelten<br />

beispielsweise die Metro-Stationen „Nádraží Holešovice“ und „Háje“ als barrierefrei, da<br />

Rollstuhlfahrer dort den Frachtaufzug nutzen können. Hier<strong>für</strong> bedarf es nicht nur einer<br />

Begleitperson, sondern auch eines Bedienungsausweises <strong>für</strong> Frachtaufzüge, den diese<br />

Person erl<strong>an</strong>gen und d<strong>an</strong>n dem Stationsvorsteher vorlegen muss. Daraufhin erhält die<br />

Begleitperson den Schlüssel <strong>für</strong> den Frachtaufzug, nach erfolgter Beförderung händigt der<br />

Stationsvorsteher erst gegen Schlüsselrückgabe den Berechtigungsausweis wieder aus.<br />

„Mit Hilfe gezielter Kampagnen und Verh<strong>an</strong>dlungen mit dem Prager Nahverkehr haben<br />

sich die Bedingungen jedoch bereits erheblich verbessert“, meint Burčíková. Das Anliegen<br />

des Projektes „Přes bariery“ („Über Barrieren hinweg“, www.presbariery.cz), das sie bei<br />

der Org<strong>an</strong>isation <strong>für</strong> Rollstuhlfahrer betreut, beschränkt sich aber nicht nur auf die<br />

Mobilität von Behinderten. Mit dem „Zentrum <strong>für</strong> selbstständiges Leben“ („Centrum<br />

samostatného života“) eröffnet die Org<strong>an</strong>isation Rollstuhlfahrern auch die Möglichkeit,<br />

soziale Kontakte auszubauen und sich professionell beraten zu lassen. Eigens <strong>für</strong> Prag-<br />

Besucher mit Rollstuhl hat das Team um Burčíková zweisprachige Reiseführer<br />

(Tschechisch und Englisch) <strong>für</strong> die Prager Altstadt und die schönsten Parks der<br />

Moldaumetropole herausgebracht.<br />

Zeit und Nerven<br />

Neben der Pl<strong>an</strong>ung, die das Zurücklegen einer Strecke mithilfe des öffentlichen<br />

Nahverkehrs voraussetzt, verl<strong>an</strong>gt es den Rollstuhlfahrern enorme Flexibilität ab. Auch<br />

Andi Weil<strong>an</strong>d, Pressesprecher des Projektes „Wheelmap“, weiß, dass allein ein einziger<br />

defekter Aufzug „Umwege nötig macht, was viel Zeit und auch Nerven kostet.“ Lakonisch<br />

kommentiert Weil<strong>an</strong>d die tägliche Unsicherheit im urb<strong>an</strong>en Nahverkehr: „Stellen Sie sich<br />

vor, es fällt ein Aufzug aus und sie müssen mit der S-Bahn eine Station weiter fahren,<br />

um d<strong>an</strong>n mit einen Bus zurückzufahren. Das wäre doch sehr ärgerlich.“<br />

Einmal am Ziel <strong>an</strong>gel<strong>an</strong>gt, müssen sich Rollstuhlfahrer oft auf Überraschungen gefasst<br />

machen. „Schon eine einzelne Stufe am Eing<strong>an</strong>g k<strong>an</strong>n ein unüberwindbares Hindernis<br />

darstellen“, wissen die Macher des innovativen Projektes „Wheelmap“. Per Mausklick<br />

können Nutzer hier einen virtuellen Stadtpl<strong>an</strong> auf ihrem Computer oder Smartphone<br />

öffnen, auf dem rollstuhlgerechte oder -unpassende Orte markiert sind. Dabei gibt es<br />

jedoch noch viele weiße Flecke auf der L<strong>an</strong>dkarte, besonders in Tschechien. „In den<br />

meisten Ländern, in denen wir bek<strong>an</strong>nt und auch Orte markiert sind, hat dies mit der<br />

medialen Berichterstattung zu tun“, erläutert Weil<strong>an</strong>d. Darum ist es wichtig, das Projekt<br />

in Tschechien bek<strong>an</strong>nter zu machen. „Wir würden uns sehr freuen, wenn tschechische<br />

Vereine mit uns Kontakt aufnehmen würden“, so der Sprecher der Initiative.<br />

Inzwischen nehmen jedoch Betreiber öffentlicher Lokale die Problematik zunehmend<br />

ernst. So wird beispielsweise das im Prager Stadtteil Žižkov gelegene Kino Aero im Zuge<br />

der dort beginnenden Renovierung vollständig barrierefrei. Bisher ermöglicht zwar ein<br />

Fahrstuhl Rollstuhlfahrern den Zug<strong>an</strong>g zu Foyer und Vorführsaal, demnächst sollen<br />

zudem aber auch behindertengerechte Toiletten geschaffen sowie die Nutzung der Bar<br />

31


ermöglicht werden. Multiplex- und <strong>an</strong>dere Programmkinos wie das Bio Oko in Holešovice<br />

sind dieser Notwendigkeit bereits vor Jahren nachgekommen, während prominente und<br />

repräsentative Kultureinrichtungen wie die „Artb<strong>an</strong>ka“ <strong>an</strong> der Karlsbrücke noch immer<br />

„nicht <strong>für</strong> Rollstuhlfahrer zugänglich“ sind.<br />

Ein Trend ist in Prag aber doch erkennbar: PZ-Reporter Iv<strong>an</strong> Dramlitsch musste damals<br />

noch das letzte Stück der Strecke von der Metrostation „Muzeum“ bis zur Redaktion in<br />

der Orlická ohne öffentliche Verkehrsmittel, bergauf entl<strong>an</strong>g der Vinohradská zurücklegen<br />

– auf der Linie 11 verkehrten damals nur ältere Straßenbahnen mit Einstiegsstufen.<br />

Heute werden dort auch Niederflurbahnen eingesetzt.<br />

Von Ina Volkhardt und Lisa Böttinger<br />

32<br />

Donnerstag, 19. J<strong>an</strong>uar 2012<br />

Prager Zeitung


Quo vadis, Tschechien?<br />

34<br />

Samstag, 21. J<strong>an</strong>uar 2012<br />

Prager Zeitung online<br />

Haushaltspakt löst Streit um künftige Position in<br />

der EU aus<br />

Das nennt m<strong>an</strong> wohl schlechte Zeitpl<strong>an</strong>ung: Ausgerechnet<br />

<strong>an</strong> dem Tag, <strong>an</strong> dem die Regierung über den Beitritt zum<br />

Euro-Fiskalpakt entschieden hat, bef<strong>an</strong>d sich<br />

Außenminister Karel Schwarzenberg auf Dienstreise. Doch selbst seine Anwesenheit in<br />

der Kabinettssitzung hätte <strong>an</strong> den Mehrheitsverhältnissen nichts geändert.<br />

Schwarzenbergs konservative TOP 09 musste sich der Demokratischen Bürgerpartei ODS<br />

von Premier Petr Nečas und der populistischen Partei „Öffentliche Angelegenheiten“ (VV)<br />

geschlagen geben. Die beiden Partner setzten durch, dass über die Mitgliedschaft<br />

Tschechiens in der Fiskalunion in einem Referendum entschieden werden soll. Ein herber<br />

Rückschlag <strong>für</strong> die europafreundliche TOP 09 und Schwarzenberg selbst, der davor<br />

gewarnt hatte, dass sich Tschechien ohne ein klares Ja zum Europakt in Richtung<br />

Isolation verabschiede.<br />

Nach der Kabinettssitzung in dieser Woche mäßigte sich die TOP 09. Fin<strong>an</strong>zminister<br />

Miroslav Kalousek kündigte aber <strong>an</strong>, dass die Partei die Ausschreibung eines<br />

Referendums weder im Abgeordnetenhaus noch im Senat unterstützen werde. Von einem<br />

Ende der Regierung aber sprach er nicht mehr.<br />

Abstimmung erst mit Euro<br />

Premier Nečas argumentierte, dass ein Referendum unumgänglich sei, müsste Prag doch<br />

in einer Fiskalunion erhebliche Befugnisse in Haushaltsfragen <strong>an</strong> Brüssel abtreten.<br />

Außerdem könne m<strong>an</strong> sich ohnehin Zeit lassen, werde das alles doch erst d<strong>an</strong>n akut,<br />

wenn Tschechien tatsächlich der Eurozone beitreten wolle.<br />

Um das Volk befragen zu können, braucht es außerdem eine Verfassungsänderung.<br />

Referenden sind im tschechischen Grundgesetz nicht vorgesehen. Die oppositionellen<br />

Sozialdemokraten und die Kommunisten sind <strong>für</strong> Referenden generell, die ODS möchte<br />

nur eines über die Fiskalunion abhalten. Hier liegt Sprengstoff.<br />

Andererseits hätte ein Referendum irgendw<strong>an</strong>n auch einen gewichtigen Vorteil: Sollten<br />

die Tschechen mit Ja stimmen, könnte Klaus das nicht mit seinem Veto aufhalten. Seine<br />

Amtszeit endet im April 2013. Derzeit lehnt Umfragen zufolge die Mehrheit der Tschechen<br />

nicht nur die Fiskalunion, sondern auch den Beitritt zur Eurozone ab. Insofern muss m<strong>an</strong><br />

der konservativen „Lidové noviny“ zustimmen, die die Entscheidung der Regierung in<br />

einem Kommentar als einen „Punktesieg <strong>für</strong> die Anhänger der tschechischen Krone“<br />

feierte. Andere Kommentatoren warfen Premier Nečas Ende verg<strong>an</strong>gener Woche Feigheit<br />

vor. Er drücke sich vor einer Entscheidung und überweise sie <strong>an</strong> das Volk. Dabei sei es<br />

immer Politik der ODS (und auch von Klaus) gewesen, so wenig wie möglich Schulden zu<br />

machen und Haushaltsdisziplin zu bewahren. Das Lavieren von Nečas sei deshalb<br />

„irrational“, wie die „Hospodářské noviny“ kritisierte.<br />

Dass Präsident Klaus zwar Schulden bremsen wolle, aber dagegen sei, wenn die EU das<br />

fordere, ist <strong>für</strong> den Vizepräsidenten des Senats, Petr Pithart (KDU-ČSL), ein besonderes<br />

Phänomen. Klaus und „der erstarkenden nationalistischen Rechten“ gehe es in Wahrheit<br />

nicht um Schulden oder Nichtschulden, sondern um die grundsätzliche Ablehnung eines<br />

Europa der sozialen Marktwirtschaft.<br />

Von H<strong>an</strong>s-Jörg Schmidt


V<strong>an</strong>essa kam zu früh zur Welt, kriegt<br />

keine Geburtsurkunde<br />

Im Paragrafendickicht gef<strong>an</strong>gen: V<strong>an</strong>essa kam am 5.<br />

Dezember zur Welt. Seitdem hängt das Mädchen<br />

zwischen den Mühlsteinen der Bürokratie fest, hat bis<br />

heute keine Geburtsurkunde und wächst in einem<br />

fremden L<strong>an</strong>d her<strong>an</strong>. Klingt irre? Ist irre!<br />

V<strong>an</strong>essa wurde in Chemnitz geboren, bekommt aber keine Geburtsurkunde.<br />

Mutter J<strong>an</strong>a Pohlodkova aus Tschechien ist l<strong>an</strong>gsam verzweifelt. Foto: Uwe<br />

Meinhold<br />

35<br />

Samstag, 21. J<strong>an</strong>uar 2012<br />

(Chemnitzer Morgenpost)<br />

V<strong>an</strong>essas Eltern, J<strong>an</strong>a Pohlodkova (20) und Marek Madle (35), sind<br />

tschechische Staatsbürger. Die Geburt war <strong>für</strong> Ende Dezember<br />

errechnet worden. Am 4. Dezember besuchten sie Freunde in<br />

Chemnitz. D<strong>an</strong>n ging alles sehr schnell. „Am 5. Dezember platzte<br />

die Fruchtblase. 19.04 Uhr waren wir in der Klinik. Zehn Minuten<br />

später wurde V<strong>an</strong>essa geboren“, erinnert sich Stef<strong>an</strong>ie Schök (31), bei der die jungen Eltern mit<br />

ihrem Baby untergekommen sind.<br />

Die Eltern gingen ins Rathaus, wollten die Geburtsurkunde abholen und nach Hause fahren. Daraus<br />

wurde nichts. „Wir benötigen Geburtsurkunden von Mutter und Vater im Original - und davon die<br />

deutsche Übersetzung eines vereidigten Übersetzers“, heißt es aus dem St<strong>an</strong>desamt. Zusätzlich<br />

müssen die Dokumente noch mit einer so gen<strong>an</strong>nten Apostille beglaubigt werden.<br />

Problem: Die Dokumente sind in Tschechien. „Wir sind schon mehrfach hin- und hergefahren,<br />

kommen aber l<strong>an</strong>gsam <strong>an</strong> unsere fin<strong>an</strong>ziellen Grenzen“, sagt Stef<strong>an</strong>ie Schök. Mehr als 500 Euro <strong>für</strong><br />

Benzin und <strong>an</strong> Gebühren habe die Aktion bisl<strong>an</strong>g gekostet. Die Behörden bleiben hart: Gesetz ist<br />

Gesetz - heißt es auch aus dem Bundesinnenministerium. „Die Eintragung ins Geburtenregister<br />

k<strong>an</strong>n zurückgestellt werden, wenn Angaben oder Nachweise <strong>für</strong> die Beurkundung fehlen.“ Es wird<br />

also noch dauern, bis V<strong>an</strong>essa das erste Mal ihre Heimat zu Gesicht bekommt ... (tor)<br />

Sonntag, 22. J<strong>an</strong>uar 2012<br />

DNN online<br />

Folgen der Schlecker-Insolvenz <strong>für</strong> Ausl<strong>an</strong>d<br />

unklar<br />

Ehingen (dpa) - Die Auswirkungen der <strong>an</strong>gekündigten Schlecker-Insolvenz auf die rund 3000<br />

Filialen im Ausl<strong>an</strong>d sind noch völlig unklar. Das sei noch nicht abschließend besprochen, sagte ein<br />

Unternehmenssprecher der Nachrichtenagentur dpa. Er machte keine Angaben, w<strong>an</strong>n eine<br />

Entscheidung dazu fallen soll. Schlecker hat Filialen in Österreich, Sp<strong>an</strong>ien, Fr<strong>an</strong>kreich, Italien,<br />

Tschechien, Polen und Portugal. Dort arbeiten rund 17 000 Beschäftigte. In Deutschl<strong>an</strong>d gibt es bei<br />

der Drogeriekette über 30 000 Mitarbeiter.<br />

Die Droge, die alles möglich macht<br />

Von Thomas Christm<strong>an</strong>n<br />

Montag, 23. J<strong>an</strong>uar 2012<br />

(Sächsische Zeitung)


Crystal macht wach, selbstbewusst – und kr<strong>an</strong>k. Von Tschechien gel<strong>an</strong>gt das<br />

Rauschgift nach <strong>Sachsen</strong>. Hier gibt es das inzwischen überall, wie ein<br />

ehemaliger Konsument aus Dresden berichtet.<br />

Proben der synthetische Droge Crystal liegen in Dresden im<br />

L<strong>an</strong>deskriminalamt <strong>Sachsen</strong>. Das Rauschgift gilt als eine der<br />

gefährlichsten Drogen überhaupt. Foto: dpa<br />

Mit 13 Jahren beginnt Paul* mit Kiffen, ein Jahr später folgen<br />

Koks und Heroin. Erst ab und zu, d<strong>an</strong>n täglich. Um alles zu<br />

vergessen, wie er heute sagt. Sein Vater ist Alkoholiker, stirbt<br />

später dar<strong>an</strong>. Die Mutter lernt einen <strong>neuen</strong> M<strong>an</strong>n kennen. Sie<br />

ziehen zu ihm, wohnen in einer Leipziger Plattenbausiedlung.<br />

Doch der verprügelt beide. Paul haut von Zuhause ab, schläft<br />

bei Freunden oder in leerstehenden Häusern. Er vernachlässigt die Schule, muss von der Real- in<br />

die Hauptschulklasse.<br />

Für den täglichen Rausch fängt er <strong>an</strong> zu stehlen, überfällt Pass<strong>an</strong>ten auf der Straße. Mit 14 Jahren<br />

sitzt Paul erstmals im Gefängnis, wegen Körperverletzung und Raub. Es folgen die erste Entgiftung<br />

und der Rückfall. Die Sucht ist zu stark. „Du kommst raus, und nichts macht mehr Spaß, alles ist<br />

leer“, sagt er. So geht das bis 2007. Zu dem Zeitpunkt hat Paul insgesamt fünfeinhalb Jahre im<br />

Gefängnis und über 15 Entgiftungen hinter sich.<br />

Er zieht nach Dresden, will einen Neu<strong>an</strong>f<strong>an</strong>g. Der 28-Jährige macht eine Therapie, baut sich einen<br />

<strong>neuen</strong> Freundeskreis auf. Er beginnt eine Ausbildung zum Sozialassistenten und org<strong>an</strong>isiert<br />

Musikprojekte. Dreimal die Woche geht er ins Fitnessstudio und zum Kampfsport. Er lernt seine<br />

Freundin kennen, wird Vater. Um die Familie zu ernähren, muss Paul nebenher arbeiten. „Ich hatte<br />

keine Kraft mehr“, erzählt er.<br />

Drei Jahre ist Paul sauber, als ihm ein Kollege Anf<strong>an</strong>g 2011 Crystal <strong>an</strong>bietet. „Die perfekte<br />

Arbeiterdroge, niem<strong>an</strong>d k<strong>an</strong>n dir mehr was“, sagt er. Plötzlich geht wieder alles, auch wenn der 28-<br />

Jährige ab sofort kaum noch schläft, isst und trinkt. Familie und Freunde sind stolz auf ihn, wie er<br />

das alles meistert – und Paul, wie er sein Drogenleben verstecken k<strong>an</strong>n. Täglich schnupft er nun<br />

Crystal, gibt im Monat über 900 Euro aus, verkauft da<strong>für</strong> alles Mögliche.<br />

Im Nachbarl<strong>an</strong>d legal<br />

Dabei gilt das Rauschgift als eine der gefährlichsten Drogen überhaupt. Aber eben auch als eine,<br />

die günstig und leicht verfügbar ist. Die Grundstoffe Ephedrin und Pseudoephedrin sind<br />

Subst<strong>an</strong>zen, die sich in vielen frei verkäuflichen Erkältungsmitteln finden. Meist stammt das Zeug<br />

aus Tschechien und wird in <strong>Sachsen</strong> nur weiterverkauft. Rund 30 Euro kostet das Gramm, genug<br />

<strong>für</strong> mehrere Tage. Hinter dem Drogenh<strong>an</strong>del stecken nach Angaben des Zolls und<br />

L<strong>an</strong>deskriminalamtes vor allem Vietnamesen, die Crystal in kleinen Hinterl<strong>an</strong>d-Laboren herstellen.<br />

Anlaufpunkt sind die Märkte entl<strong>an</strong>g der tschechischen Grenze. An den Bretterbuden, die sonst<br />

Gartenzwerge, Einkaufskörbe und <strong>an</strong>deren Ramsch <strong>an</strong>bieten, gelten Deutsche im Alter von 18 bis<br />

35 Jahren als potenzielle Crystal-Kunden. „Die wissen schon, wie sie sich bemerkbar machen“, sagt<br />

Heike Wilsdorf vom Hauptzollamt in Dresden.<br />

Bis Ende November 2011 registrierten die Beamten 74 Fälle und stellten dabei 2,9 Kilo Crystal<br />

sicher. Zum Vergleich: Im g<strong>an</strong>zen Jahr 2010 haben sie nur 36 Rauschgiftdelikte erfasst. Ähnlich die<br />

Situation beim L<strong>an</strong>deskriminalamt: 2010 lagen hier 2062 Verstöße mit<br />

Methamphetaminen/Amphethaminen vor. Fast 90 Prozent hatten mit Crystal zu tun, bestätigt<br />

Harald Schwab von der Gemeinsamen Ermittlungsgruppe Rauschgift. Für 2011 rechnet er mit einer<br />

weitaus größeren Steigerung. Diese Einschätzung teilen auch die Strafverfolger. Crystal habe einen<br />

großen Anteil bei den Verfahren, sagt der Dresdner Staats<strong>an</strong>walt Lorenz Haase. Besonders<br />

alarmierend sei die neue Qualität der Droge. Der Wirkstoffgehalt liege bei über 80 Prozent –<br />

Schwab nennt Crystal den Porsche unter den Rauschgiften.<br />

Für den Markt in <strong>Sachsen</strong> spielen aber nicht nur Herstellung, Verfügbarkeit und Preis eine Rolle.<br />

Grund ist auch die Legalisierung der Droge in Tschechien seit 2010. So sind bis zwei Gramm zum<br />

Eigengebrauch erlaubt, bis sechs Gramm begeht der Besitzer nur eine Ordnungswidrigkeit. „Wir<br />

sind bei den Kontrollen sensibilisiert“, sagt Heike Wilsdorf <strong>an</strong>lässlich der gestiegenen Crystal-<br />

Aufgriffe. Auch Tschechiens Polizei und Zoll wollen demnächst alle Märkte entl<strong>an</strong>g der Grenze<br />

36


überprüfen.<br />

Immer mehr suchen Hilfe<br />

Paul haben sie noch nie erwischt. Er braucht auch gar nicht bis zur Grenze zu fahren. Gerade in<br />

den Großstädten mache sich die Droge unaufhörlich breit. „Dresden ist Crystal-verseucht“,<br />

berichtet er. Hier gäbe es keine Straße, wo nicht irgendjem<strong>an</strong>d das Zeug habe. Und es betreffe alle<br />

Schichten. Irgendw<strong>an</strong>n leidet Paul <strong>an</strong> Par<strong>an</strong>oia. Er redet sich ein, Freunde wollen ihm Böses, sucht<br />

monatel<strong>an</strong>g nach einem Troj<strong>an</strong>er auf seinem Computer, gibt <strong>an</strong>deren die Schuld da<strong>für</strong>.<br />

Wer einen Ausweg aus dem allmählichen körperlichen und geistigen Verfall sucht, kommt in eine<br />

der 46Suchtberatungsstellen im Freistaat. Nach dem Bericht der ambul<strong>an</strong>ten Suchtkr<strong>an</strong>kenhilfe von<br />

2010 haben sich 5625 Personen wegen illegaler Drogen helfen lassen. Das ist bereits jeder fünfte<br />

Klient. Erstmals zählen Stimul<strong>an</strong>tien wie Crystal zu den häufigsten Subst<strong>an</strong>zen. Auch das<br />

Einstiegsalter sinkt. Bei den Stimul<strong>an</strong>tien liegt es zwischen 17 und 18Jahren.<br />

Gerade Klienten mit Crystal seien schwierig zu therapieren, weil ihre Persönlichkeit durch die Droge<br />

stark beeinflusst ist, erklärt Olaf Rilke, Geschäftsstellenleiter der sächsischen Beratungsstelle.<br />

Obwohl Wartezeiten von bis zu drei Wochen gering erscheinen, müsse schnell geh<strong>an</strong>delt werden.<br />

Schließlich springen viele Crystal-Konsumenten ab, weil sie den Termin einfach vergessen haben.<br />

Die Beratungsstellen werden meist von den Kommunen fin<strong>an</strong>ziert, und die müssen sparen.<br />

Auch Paul will weg von Crystal. Ein Besuch bei der Mutter ist seine Ch<strong>an</strong>ce. Die ersten Tage bleibt<br />

er fast nur liegen, bekommt Albträume. D<strong>an</strong>ach macht der 28-Jährige eine Entgiftung, spricht sich<br />

mit Familie und Freunden aus. „Plötzlich hast du wieder Spaß <strong>an</strong> den kleinen Sachen“, berichtet er.<br />

Seit Dezember absolviert Paul in der Heilerziehungspflege seinen Bundesfreiwilligendienst, will<br />

2012 sein Fachabitur nachholen, d<strong>an</strong>n Sozialpädagogik studieren und als Streetworker arbeiten –<br />

um <strong>an</strong>deren zu helfen. „Ich fühle mich gut“, sagt er.<br />

*Name von der Redaktion geändert<br />

37<br />

Dienstag, 24. J<strong>an</strong>uar 2012<br />

(Chemnitzer Morgenpost)<br />

<strong>Sachsen</strong>-Premiere: Schwarzenberg umwirbt Mieter aus<br />

Tschechien<br />

Die Wohnungsgenossenschaft Schwarzenberg ist die erste in <strong>Sachsen</strong>, die<br />

Mieter aus Tschechien ins Grenzgebiet lockt. Die Reaktionen auf einen<br />

Zeitungsartikel im Nachbarl<strong>an</strong>d waren<br />

überwältigend.<br />

Vitamé vás - herzlich willkommen! Hier gibt es attraktive Wohnungen <strong>für</strong><br />

die tschechischen Nachbarn - etwa in diesem s<strong>an</strong>ierten Sechsgeschosser<br />

<strong>an</strong> der <strong>Sachsen</strong>felder Straße von Schwarzenberg. Foto: Uwe Meinhold<br />

Schwarzenberg/Joh<strong>an</strong>ngeorgenstadt. „Wir hatten innerhalb<br />

weniger Tage 20 Anfragen. Das hätten wir gar nicht gedacht“, so<br />

Angela Fr<strong>an</strong>k (50) von der Wohnungsgenossenschaft. Etwa 6 bis<br />

8 Prozent der s<strong>an</strong>ierten 1888 Plattenbauwohnungen in Schwarzenberg (1.684) und<br />

Joh<strong>an</strong>ngeorgenstadt (204) stehen leer.<br />

Da sollte etwas geschehen. Auf Vermittlung schrieb die Tageszeitung „Pravo“ einen Artikel. Den las<br />

auch der Hotelm<strong>an</strong>ager Jaroslav S. (51) aus Chomutov im Internet. Für ihn und seine Frau Marcela<br />

(39) ist das eine günstige Gelegenheit, aus Chomutov wegzugehen. „Wir fühlen uns schon l<strong>an</strong>ge<br />

nicht mehr wohl hier im tschechischen Grenzgebiet.“ Er ist sich sicher, schnell einen Job zu finden.<br />

Ein Arbeitsnachweis ist auch bei der Wohnungsgesellschaft Pflicht. „Wir brauchen einen Nachweis,<br />

dass die Leute ihre Miete auch zahlen können.“ Diese beträgt <strong>für</strong> eine Wohnung von 3,07 Euro bis<br />

3,30 Euro pro Quadratmeter.<br />

Zusätzlich müssen Genossenschafts<strong>an</strong>teile erworben werden. Bei einer 65- Quadratmeter-Wohnung


wird da<strong>für</strong> eine Einmalzahlung von 460 Euro fällig. Der Joh<strong>an</strong>ngeorgenstädter Bürgermeister Holger<br />

Haschek hätte nichts gegen den Zuzug von Tschechen: „Es ist Sache des Vermieters. Ziel aber<br />

sollte es sein, Leute aus dem Arbeitsleben oder Senioren, die es sich leisten können,<br />

<strong>an</strong>zusprechen.“<br />

Am 3. März ver<strong>an</strong>staltet die Genossenschaft gemeinsam mit der Arbeitsagentur Annaberg-Buchholz<br />

ein Info-Treffen, um das „Job- und Wohnpaket“ vorzustellen. (am)<br />

38<br />

Dienstag, 24. J<strong>an</strong>uar 2012<br />

(Sächsische Zeitung)<br />

Rentner wegen Entführung verurteilt<br />

Von Steph<strong>an</strong> Klingbeil<br />

Mit einer tschechischen Prostituierten fuhr er von Dubi nach Altenberg. Dort<br />

konnte sie fliehen. Der M<strong>an</strong>n leugnete – bis gestern.<br />

Die Last der Indizien wog schwer. Dennoch beteuerte der 69-jährige Gerhard R. vor dem<br />

Amtsgericht Dippoldiswalde immer wieder seine Unschuld. Er sei nicht derjenige gewesen, der am<br />

6. August 2010 die junge Prostituierte B. aus Tschechien entführt hat. „Ich weiß von nichts“, hatte<br />

der Rentner aus Ottendorf-Okrilla stets wiederholt.<br />

Gestern bes<strong>an</strong>n er sich eines Besseren. Am vierten und letzten Verh<strong>an</strong>dlungstag entschloss sich<br />

Gerhard R., ein Geständnis abzulegen. Über seinen Anwalt, den er inzwischen engagiert hatte. An<br />

den <strong>an</strong>dere Prozesstagen hatte der bereits wegen kleinerer Delikte verurteilte R. auf einen<br />

Verteidiger verzichtet.<br />

Viel zu sagen hatte der 69-Jährige trotzdem nicht zu dem Vorfall auf der B170. Ein kurzes Nicken.<br />

Das war’s. Ja, er habe sich der Freiheitsberaubung schuldig gemacht, die ihm laut Anklage<br />

vorgeworfen wurde. Die Sache sei damals in seinem Auto aus dem Ruder gelaufen.<br />

Er traf die heute 22-jährige Tschechin am Vormittag des 6. August in der Grenzstadt Dubi.<br />

Zunächst sei sie freiwillig in seinen silbergrauen VW Lupo eingestiegen. Das hatte auch die junge<br />

Frau bei der späteren Polizeibefragung ausgesagt. D<strong>an</strong>n seien die beiden in die Pension Bolero<br />

gefahren. Dort könne m<strong>an</strong> sich stundenweise einquartieren. Jedoch wurde daraus nichts.<br />

Sprung aus dem fahrenden Auto<br />

Die Frau, die laut tschechischen Polizisten Sexdienste <strong>an</strong>biete, stieg d<strong>an</strong>n erneut in den VW. Doch<br />

statt zur nächsten Pension sei der Angeklagte in Richtung deutscher Grenze gedüst. Das habe die<br />

22-Jährige aber nicht gewollt. Sie wollte unbedingt aussteigen. Denn sie hätte keine Papiere dabei<br />

gehabt, um sich auszuweisen. Der M<strong>an</strong>n soll sie aber mit Gewalt gezwungen haben, im VW zu<br />

bleiben. Mit einer Auto<strong>an</strong>tenne habe er auf sein Opfer eingeschlagen. Deshalb musste sich R. auch<br />

wegen Körperverletzung ver<strong>an</strong>tworten.<br />

Vielleicht hätte die Frau noch mehr erleiden müssen, wenn sie nicht in der Rathausstraße in<br />

Altenberg aus dem VW gesprungen wäre. In einer Kurve sei der Rentner l<strong>an</strong>gsam gefahren. Dort<br />

sei sie aus dem Auto gehechtet. Der Lupo düste davon. Bundespolizisten nahmen die verängstigte<br />

B. auf. Kurz zuvor hätte sie sich ihnen mit Winkzeichen mitgeteilt. Daher seien sie dem VW<br />

hinterhergefahren.<br />

Noch am selben Tag übergaben sie die Frau Beamten der Stadtpolizei Dubi. Dort hatte eine<br />

Überwachungskamera <strong>an</strong> jenem Tag einen Lupo gefilmt. Doch Kennzeichen und Insassen des Autos<br />

waren nicht zu erkennen, nur die weiße Tasche der Frau im VW. Dem gestern als Zeugen<br />

geladenen Polizisten zufolge hatten sie damals nur die Information, dass ein silbergrauer Lupo mit<br />

Bautzner Kfz-Kennzeichen gesucht werde.<br />

Noch am Nachmittag des 6. August stellte die Polizei zufällig einen solchen VW Lupo. Der kam aus<br />

Zinnwald, und darin saß Gerhard R. Der Rentner, der in Dubi bereits wegen zu schnellen Fahrens<br />

aufgefallen war, musste mit zur Wache kommen. Womöglich, so hieß es gestern, hat ihn die<br />

Prostituierte über eine Überwachungskamera der Wache erk<strong>an</strong>nt.


Trotz der erdrückenden Indizien, fehlte jedoch die Aussage der jungen Tschechin vor Gericht. Ihre<br />

Glaubwürdigkeit hätte geprüft werden müssen. So nahm das Gericht das kurzfristige Geständnis<br />

von R. d<strong>an</strong>kend <strong>an</strong>. Auf den Vorwurf der Körperverletzung verzichtete die Staats<strong>an</strong>waltschaft im<br />

Gegenzug. Wie die Verteidigung forderte sie eine fünfmonatige Haftstrafe – auf Bewährung. Das<br />

Gericht folgte den Anträgen. Der Angeklagte muss außerdem die Prozesskosten tragen.<br />

39<br />

Dienstag, 24. J<strong>an</strong>uar 2012<br />

Freie Presse online<br />

<strong>Sachsen</strong> will <strong>Welterbe</strong>titel bei der<br />

Unesco erst 2014 be<strong>an</strong>tragen<br />

L<strong>an</strong>desregierung respektiert Begeisterung - Bewerbung<br />

verschiebt sich allerdings um ein Jahr<br />

Die Bewerbung der Mont<strong>an</strong>region Erzgebirge um den <strong>Titel</strong> UNESCO-Weltkulturerbe soll von <strong>Sachsen</strong> und<br />

Tschechien gemeinsam vor<strong>an</strong>gebracht werden.<br />

Dresden. Die sächsische L<strong>an</strong>desregierung hat sich am Dienstag erstmals verbindlich <strong>für</strong> einen<br />

gemeinsamen Antrag des Freistaats mit Tschechien ausgesprochen, mit dem sich die Mont<strong>an</strong>region<br />

Erzgebirge dies- und jenseits der Grenze um den <strong>Welterbe</strong>titel der Unesco bewirbt. Mit der<br />

Einladung <strong>an</strong> das Nachbarl<strong>an</strong>d hat das Kabinett in Dresden jedoch auch eine Verschiebung der<br />

Bewerbung um ein Jahr "<strong>für</strong> frühestens 2014" beschlossen. Innenminister Markus Ulbig (CDU)<br />

wertete die Entscheidung dennoch als Durchbruch, die der Begeisterung der Erzgebirger <strong>für</strong> ihre<br />

Region und dem Engagement in Tschechien gerecht werde.<br />

Die Mont<strong>an</strong>region Erzgebirge steht bereits seit 1998 auf der <strong>Welterbe</strong>-Warteliste. Die Vielzahl der<br />

Zeitzeugen <strong>für</strong> die jahrhundertel<strong>an</strong>ge Bergbautradition sowie der Abgleich des Vorhabens mit den<br />

Kommunen haben den Aufw<strong>an</strong>d in die Höhe getrieben. Hinter dem Projekt stehen in <strong>Sachsen</strong> alle<br />

drei Erzgebirgskreise und bisl<strong>an</strong>g 34 Kommunen, die sich vor allem eine Belebung des Tourismus<br />

erhoffen. Über 40 Einzelobjekte und historische Ensembles sollen die Einzigartigkeit des<br />

Erzgebirges repräsentieren. "Dabei wird keineswegs eine Käseglocke über die Region gestülpt",<br />

erklärte Ulbig. Es entstehe vielmehr ein intelligentes Netzwerk einzelner Erbe-Stätten, das Raum zu<br />

wirtschaftlicher Entwicklung gebe.<br />

Auslöser <strong>für</strong> die Terminverschiebung war das Prager Kulturministerium. Die Fertigstellung der<br />

eigenen Bewerbungsunterlagen bis Frühjahr 2012 gilt dort als "nicht realistisch", war zu erfahren.<br />

Dem hat <strong>Sachsen</strong> nachgegeben und die Bewerbung um ein Jahr geschoben. Volker Uhlig, L<strong>an</strong>drat<br />

von Mittelsachsen und Sprecher des <strong>Welterbe</strong>-Konvents <strong>für</strong> die Mont<strong>an</strong>region, zeigte sich<br />

erleichtert. "Ich bin froh, dass sich die Argumente des Erzgebirges durchgesetzt haben", sagte er.<br />

Er zeigte Verständnis <strong>für</strong> die "l<strong>an</strong>ge Entscheidungsphase" der Regierung, die er mit den Nachwehen<br />

der Aberkennung des <strong>Welterbe</strong>titels <strong>für</strong> das Dresdner Elbtal von 2009 erklärte.<br />

Projektkoordinator Helmuth Albrecht von der TU Bergakademie Freiberg hätte lieber 2013 den <strong>Titel</strong><br />

be<strong>an</strong>tragt. "Unsere tschechischen Partner haben ihr Vorhaben fristgerecht der Unesco in Paris<br />

gemeldet", argumentiert er. Ähnlich reagierte Frieder Stimpel (CDU), Bürgermeister von<br />

Schneeberg. Wenn es sich wirklich nur um ein Jahr h<strong>an</strong>delt, "könnte m<strong>an</strong> damit leben." Allerdings<br />

mache ihn argwöhnisch, dass von "frühestens 2014" die Rede ist. (Von Gabi Thieme und Uwe<br />

Kuhr)<br />

<strong>Grünes</strong> <strong>Licht</strong> <strong>für</strong> <strong>Welterbe</strong><strong>an</strong>trag<br />

„Mont<strong>an</strong>region Erzgebirge“<br />

<strong>Sachsen</strong> <strong>strebt</strong> einen <strong>neuen</strong> <strong>Welterbe</strong>titel <strong>an</strong>. 2009<br />

hatte Dresden mit dem Elbtal den begehrten Unesco-<br />

Dienstag, 24. J<strong>an</strong>uar 2012


<strong>Titel</strong> wegen einer umstrittenen Brücke verspielt. Nun soll es das „steinreiche“<br />

Erzgebirge richten.<br />

Unterwegs in der Unterwelt von Dippoldiswalde: Stef<strong>an</strong> Schum<strong>an</strong>n , Mitarbeiter der Bergsicherung Freital,<br />

arbeitet sich in einem Altbergbaustollen zwischen der Altenberger Straße und der Herrengasse Stück <strong>für</strong> Stück<br />

vor<strong>an</strong>. Bis Ende des 17. Jahrhunderts wurde im Stadtgebiet Bergbau betrieben. Gesucht wurde nach<br />

Bleigl<strong>an</strong>zadern, die auch Silber enthielten. Die Mont<strong>an</strong>region Erzgebirge mit seiner jahrhundertealten<br />

Bergbautradition bewirbt sich mit seinem sächsischen und dem tschechischen Teil um den Unesco-<strong>Welterbe</strong>titel.<br />

Foto: Egbert Kamprath<br />

In sz-online<br />

Hintergrund:<br />

Die Mont<strong>an</strong>region Erzgebirge<br />

Fotogalerien<br />

<strong>Sachsen</strong>s Bewerber <strong>für</strong> die <strong>Welterbe</strong>-Vorschlagliste<br />

Die deutschen <strong>Welterbe</strong>stätten<br />

Dresden. Das Erzgebirge mit seiner jahrhundertel<strong>an</strong>gen Bergbautradition soll nach dem Willen der<br />

sächsischen Regierung Weltkulturerbe werden. Am Dienstag gab das Kabinett in Dresden grünes<br />

<strong>Licht</strong> <strong>für</strong> einen gemeinsamen Antrag mit Tschechien. Er k<strong>an</strong>n frühestens 2014 bei der zuständigen<br />

Unesco-Kommission eingereicht werden. Dabei soll die „Mont<strong>an</strong>region Erzgebirge“ - so der offizielle<br />

<strong>Titel</strong> <strong>für</strong> die Bewerbung - nicht flächendeckend als Erbe ausgewiesen werden.<br />

Nach derzeitigem St<strong>an</strong>d sind auf deutscher Seite 40 Stätten beteiligt, darunter die Altstädte<br />

mehrerer Kommunen. In Tschechien haben die Regionen Usti nad Labem und Karlovy Vary<br />

Interesse bekundet.<br />

Auswirkung des <strong>Titel</strong>s auf Wirtschaft geprüft<br />

<strong>Sachsen</strong>s Innenminister Markus Ulbig (CDU) geht nicht davon aus, dass der 2009 aberk<strong>an</strong>nte<br />

<strong>Welterbe</strong>titel <strong>für</strong> Dresdens Elbtal negative Auswirkungen auf die Bewerbung des Erzgebirges haben<br />

könnte. Dresden hatte den <strong>Titel</strong> wegen der umstrittenen Waldschlößchenbrücke verloren. Nach<br />

Ansicht der <strong>Welterbe</strong>kommission störte das Bauwerk Sichtachsen im l<strong>an</strong>dschaftlich reizvollen Elbtal.<br />

Ulbig zufolge wurde im Erzgebirge geprüft, ob wirtschaftliche Aktivitäten dem <strong>Welterbe</strong>-Projekt<br />

entgegenstehen. „Wer könnte besser wissen, wie schön und geschichtsträchtig das Erzgebirge ist,<br />

als die Menschen in der Region.“ Schönheit sei <strong>für</strong> sie aber nur d<strong>an</strong>n eine echte Bereicherung,<br />

wenn sich das Gebiet wirtschaftlich weiterentwickeln könne.<br />

Derweil gibt es bereits Interesse <strong>für</strong> weitere <strong>Welterbe</strong>titel. Das betrifft zum Beispiel die Görlitzer<br />

Altstadt, die Umgebindehäuser in der Oberlausitz, die Gartenstadt Hellerau in Dresden und die<br />

Schlosskapelle Schloss Hartenfels Torgau. Laut Innenministerium können Interessenten noch bis<br />

31. J<strong>an</strong>uar ihre Unterlagen einreichen. Eine Expertenkommission untersucht d<strong>an</strong>n, welche<br />

K<strong>an</strong>didaten auf die neue Warteliste kommen. Mitte des Jahres soll das Kabinett entscheiden. Die<br />

„Mont<strong>an</strong>region Erzgebirge“ steht schon seit längerem auf der sogen<strong>an</strong>nten Tentativliste und<br />

konkurriert somit nicht mit den <strong>neuen</strong> Vorschlägen.<br />

Seit 2004 ist der Fürst-Pückler-Park Bad Muskau als gemeinsames deutsch-polnisches Kulturgut<br />

<strong>Welterbe</strong>. (dpa)<br />

40<br />

Dienstag, 24. J<strong>an</strong>uar 2012<br />

DNN online<br />

<strong>Sachsen</strong> <strong>strebt</strong> <strong>neuen</strong> <strong>Welterbe</strong>-<strong>Titel</strong> <strong>an</strong> - <strong>Grünes</strong><br />

<strong>Licht</strong> <strong>für</strong> „Mont<strong>an</strong>region Erzgebirge"<br />

dpa<br />

Foto: dpa<br />

Die "Mont<strong>an</strong>region Erzgebirge" soll Unesco-<br />

Weltkulturerbe werden.


Dresden. Das Erzgebirge mit seiner jahrhundertel<strong>an</strong>gen Bergbautradition soll nach dem Willen der<br />

sächsischen Regierung Weltkulturerbe werden. Am Dienstag gab das Kabinett in Dresden grünes<br />

<strong>Licht</strong> <strong>für</strong> einen gemeinsamen Antrag mit Tschechien. Er k<strong>an</strong>n frühestens 2014 bei der zuständigen<br />

Unesco-Kommission eingereicht werden. Dabei soll die „Mont<strong>an</strong>region Erzgebirge" - so der offizielle<br />

<strong>Titel</strong> <strong>für</strong> die Bewerbung - nicht flächendeckend als Erbe ausgewiesen werden. Nach derzeitigem<br />

St<strong>an</strong>d sind auf deutscher Seite 40 Stätten beteiligt, darunter die Altstädte mehrerer Kommunen. In<br />

Tschechien haben die Regionen Usti nad Labem und Karlovy Vary Interesse bekundet.<br />

<strong>Sachsen</strong>s Innenminister Markus Ulbig (CDU) geht nicht davon aus, dass der 2009 aberk<strong>an</strong>nte<br />

<strong>Welterbe</strong>titel <strong>für</strong> Dresdens Elbtal negative Auswirkungen auf die Bewerbung des Erzgebirges haben<br />

könnte. Dresden hatte den <strong>Titel</strong> wegen der umstrittenen Waldschlößchenbrücke verloren. Nach<br />

Ansicht der <strong>Welterbe</strong>kommission störte das Bauwerk Sichtachsen im l<strong>an</strong>dschaftlich reizvollen Elbtal.<br />

Ulbig zufolge wurde im Erzgebirge geprüft, ob wirtschaftliche Aktivitäten dem <strong>Welterbe</strong>-Projekt<br />

entgegenstehen. „Wer könnte besser wissen, wie schön und geschichtsträchtig das Erzgebirge ist,<br />

als die Menschen in der Region." Schönheit sei <strong>für</strong> sie aber nur d<strong>an</strong>n eine echte Bereicherung,<br />

wenn sich das Gebiet wirtschaftlich weiterentwickeln könne.<br />

Die Opposition reagierte positiv, verl<strong>an</strong>gte aber weiteren Rückhalt <strong>für</strong> die Bewerbung. Linke-<br />

Kulturpolitiker Volker Külow erinnerte dar<strong>an</strong>, dass die Regierung in punkto <strong>Welterbe</strong> jahrel<strong>an</strong>g auf<br />

der Bremse gest<strong>an</strong>den und wirtschaftliche Hemmnisse geltend gemacht hatte. Schließlich habe sich<br />

das Engagement in der Region aber durchgesetzt. „Die Bedenkenträger und Bremser in der<br />

Staatsregierung müssen jetzt durchstarten", verl<strong>an</strong>gte er. „Ich hoffe sehr, dass die heutige<br />

Entscheidung aber nicht eines der unzähligen Lippenbekenntnisse der Staatsregierung bleibt",<br />

erklärte die frühere SPD-Kunstministerin Eva-Maria St<strong>an</strong>ge. Die Grünen im Kreisverb<strong>an</strong>d<br />

Erzgebirge freuten sich, dass die Regierung nach „Jahren des Zauderns und Zögerns" nun endlich<br />

die Ch<strong>an</strong>cen eines <strong>Welterbe</strong>titels <strong>für</strong> das Erzgebirge erk<strong>an</strong>nt habe.<br />

Derweil gibt es bereits Interesse <strong>für</strong> weitere <strong>Welterbe</strong>titel. Das betrifft zum Beispiel die Görlitzer<br />

Altstadt, die Umgebindehäuser in der Oberlausitz, die Gartenstadt Hellerau in Dresden und die<br />

Schlosskapelle Schloss Hartenfels Torgau. Laut Innenministerium können Interessenten noch bis<br />

31. J<strong>an</strong>uar ihre Unterlagen einreichen. Eine Expertenkommission untersucht d<strong>an</strong>n, welche<br />

K<strong>an</strong>didaten auf die neue Warteliste kommen. Mitte des Jahres soll das Kabinett entscheiden. Die<br />

„Mont<strong>an</strong>region Erzgebirge" steht schon seit längerem auf der sogen<strong>an</strong>nten Tentativliste und<br />

konkurriert somit nicht mit den <strong>neuen</strong> Vorschlägen. Seit 2004 ist der Fürst-Pückler-Park Bad<br />

Muskau als gemeinsames deutsch-polnisches Kulturgut <strong>Welterbe</strong>.<br />

41<br />

Mittwoch, 25. J<strong>an</strong>uar 2012<br />

Prager Zeitung online<br />

Klare Worte <strong>für</strong> eine gemeinsame<br />

Zukunft<br />

Die Unterzeichnung der Deutsch-Tschechischen<br />

Erklärung jährt sich zum 15. Mal<br />

In der „Deutsch-Tschechischen Erklärung“ vom 21. J<strong>an</strong>uar<br />

1997 brachten die Regierungen Deutschl<strong>an</strong>ds und Tschechiens unter <strong>an</strong>derem zum<br />

Ausdruck, dass „der gemeinsame Weg in die Zukunft ein klares Wort zur Verg<strong>an</strong>genheit<br />

erfordert“. Bis heute stellt diese Erklärung – zusammen mit dem 1992 geschlossenen<br />

„Vertrag über gute Nachbarschaft und freundliche Zusammenarbeit“ – die politische<br />

Grundlage <strong>für</strong> ihre Beziehung dar. Auf der Grundlage der 15 Jahre alten Erklärung<br />

entst<strong>an</strong>d zudem der Deutsch-Tschechische Zukunftsfonds, der sich die Versöhnung der<br />

beiden Nationen zum Ziel gesetzt hat.<br />

Die damaligen Regierungschefs Helmut Kohl und Václav Klaus unterzeichneten das<br />

Dokument in Prag. Dieses wird als entscheidender Schritt zur Überwindung der<br />

traumatischen Ereignisse in der deutsch-tschechischen Verg<strong>an</strong>genheit bewertert. Vor<br />

allem die nationalsozialistische Okkupation Böhmens und Mährens sowie die Vertreibung


der Sudetendeutschen nach dem Zweiten Weltkrieg schlugen tiefe Gräben zwischen die<br />

Nachbarländer.<br />

Als Erfolg der tschechischen Diplomatie bei der Aush<strong>an</strong>dlung der Erklärung wird bis heute<br />

der Entschluss beider Seiten gewertet, dass „ihre Beziehungen nicht mit aus der<br />

Verg<strong>an</strong>genheit herrührenden politischen und rechtlichen Fragen belasten werden.“<br />

Gleichzeitig sprach Tschechien sein Bedauern über Leid und Unrecht aus, dass durch<br />

gezwungene Aussiedlung und kollektive Schuldzuweisung vielen Unschuldigen <strong>an</strong>get<strong>an</strong><br />

wurde. Deutschl<strong>an</strong>d übernimmt im Text wiederum die Ver<strong>an</strong>twortung <strong>für</strong><br />

nationalialsozialstische Gräueltaten und bedauert das Leid, dass den Tschechen dadurch<br />

widerfahren ist.<br />

„Wichtig <strong>an</strong> der Erklärung ist vor allem ein Ged<strong>an</strong>ke: Die Verg<strong>an</strong>genheit soll den<br />

unterschiedlichen St<strong>an</strong>dpunkten der einzelnen Länder überlassen werden und nicht ihre<br />

gegenwärtigen Beziehungen belasten“, bewertet die tschechische Historikerin Eva<br />

Hahnová die Erklärung.<br />

Neuer Maßstab<br />

Hahnovás Ansicht bestätigte sich unter <strong>an</strong>derem beim zweiten Besuch des bayerischen<br />

Ministerpräsidenten Horst Seehofer (CSU) im verg<strong>an</strong>genen November. Als die Rede auf<br />

den heutigen Umg<strong>an</strong>g mit den Beneš-Dekreten – der Grundlage <strong>für</strong> die Vertreibung der<br />

Sudetendeutschen aus der damaligen Tschechoslowakei – kam, berief sich Premier Petr<br />

Nečas (ODS) in seinem Plädoyer <strong>für</strong> eine nach vorne gew<strong>an</strong>dte Politik auf die Deutsch-<br />

Tschechische Erklärung.<br />

Laut dem Experten <strong>für</strong> internationale Beziehungen Vladimír H<strong>an</strong>dl übernehme das<br />

Vertragswerk gar Vorbildcharakter <strong>für</strong> <strong>an</strong>dere Staaten: „Die Erklärung setzte einen <strong>neuen</strong><br />

Maßstab <strong>für</strong> die Überwindung der Verg<strong>an</strong>genheit. Heute wird klar, dass so etwas<br />

beispielsweise in den deutsch-polnischen Beziehungen fehlt“, so H<strong>an</strong>dl. Für das<br />

Alltagsgeschäft zwischen Berlin und Prag sei heute essentiell, dass m<strong>an</strong> sich verg<strong>an</strong>gener<br />

Konflikte entledigen konnte. Die Debatte darüber falle auf der gesellschaftlichen und<br />

akademischen Ebene auf fruchtbareren Boden, darüber scheinen sich Politiker und<br />

Experten einig.<br />

Dass die Erklärung vor dem EU-Beitritt der Tschechischen Republik unterzeichnet wurde,<br />

sei ebenso wichtig <strong>für</strong> die gute Nachbarschaft. Beispielsweise während der um das Jahr<br />

2000 erneut aufschäumenden Streitigkeiten um die Beneš-Dekrete sei laut Hahnová die<br />

Erklärung eine feste Stütze <strong>für</strong> all diejenigen gewesen, die sich <strong>für</strong> eine sachliche Lösung<br />

des Konfliktes eingesetzt haben.<br />

Ausdauernde Diplomatie<br />

Als ged<strong>an</strong>klicher Vater der Deutsch-Tschechischen Erklärung gilt der ehemalige<br />

tschechische Außenminister Josef Zieleniec, der ein solches Dokument bereits im März<br />

1995 vorschlug. Im Sommer desselben Jahres beg<strong>an</strong>nen d<strong>an</strong>n die diplomatischen<br />

Verh<strong>an</strong>dlungen zwischen den beiden Ländern. Während nach der Unterzeichnung von<br />

1997 der Deutsche Bundestag die Erklärung wenige Wochen später bewilligte, stieß sie<br />

im tschechischen Parlament auf Gegenwind durch die populistische Republik<strong>an</strong>ische<br />

Partei Miroslav Sládeks. Nach tagel<strong>an</strong>gen Streitigkeiten im Parlament wurde die<br />

Erklärung d<strong>an</strong>n am 14. Februar auch auf tschechischer Seite rechtskräftig.<br />

Laut Einschätzung des tschechischen Außenministeriums bildet die Deutsch-Tschechische<br />

Erklärung bis heute die Grundlage der einw<strong>an</strong>dfreien Nachbarschaftsbeziehung zwischen<br />

den beiden EU-Mitgliedsstaaten.<br />

42<br />

Mittwoch, 25. J<strong>an</strong>uar 2012<br />

Prager Zeitung online<br />

Auf dem Olymp der Zirkuswelt


Deutsch-tschechische Liebesgeschichte begründet Erfolg der Artistenfamilie<br />

Štipka – Einladung zum Internationalen Zirkusfestival in Monte Carlo<br />

Im Dezember gastierten sie wieder mal zu Hause in Prag, beim Nikolauszirkus auf einem<br />

Gelände in Hagibor. Jetzt sind die Štipkas erneut auf Achse. Diesmal <strong>an</strong> einem Ort, der<br />

<strong>für</strong> Zirkusleute den „Olymp“ darstellt: D<strong>an</strong>y und Denisa Štipka wurden von Fürst Albert<br />

und Prinzessin Steph<strong>an</strong>ie zum Internationalen Festival nach Monte Carlo eingeladen.<br />

Fachleute bezeichnen diese Ver<strong>an</strong>staltung als Weltmeisterschaft der Artisten oder „Mutter<br />

aller Zirkusfestivals“. Denn dort treten nur die besten Künstler weltweit auf. Und sie<br />

wetteifern in Monaco um die wichtigsten Auszeichnungen ihrer Br<strong>an</strong>che: die goldenen,<br />

silbernen und bronzenen Clowns.<br />

Für die Štipkas stellt das einen Höhepunkt in der l<strong>an</strong>gen Zirkusgeschichte ihrer Familie<br />

dar. Trotzdem machen sie kein großes Aufheben darum. „Schön, dort einmal dabei zu<br />

sein“, sagt Monika Štipka knapp und bescheiden. Sie ist mittlerweile 67 Jahre alt und trat<br />

früher selbst als sogen<strong>an</strong>nte Jockeyreiterin in der M<strong>an</strong>ege auf. „Sol<strong>an</strong>ge ich dort<br />

<strong>an</strong>sehnlich war“, erklärt sie lächelnd. Jetzt ist die kleine zierliche Frau gleichsam die<br />

Seniorchefin der Truppe. Schon mit zwölf Jahren besuchte sie eine Ballett- und<br />

Artistenschule ihrer Heimatstadt Berlin. D<strong>an</strong>ach erhielt sie ein Engagement als<br />

Trampolinspringerin im DDR-Staatszirkus. Er gab im Jahr 1966 Artisten <strong>für</strong> ein<br />

gemischtes Programm mit tschechoslowakischen Künstlern ab. Dabei lernte sie den<br />

Kunstreiter Harald Štipka kennen und lieben. Im tschechischen Schicksalsjahr 1968<br />

heirateten sie, und Monika zog zu ihm nach Prag.<br />

Die Štipkas sind eine tschechische Zirkusfamilie mit großer Tradition. In ihrem<br />

Wohnwagen bewahrt Monika Štipka alte Schwarz-Weiß-Fotos auf, einige schon<br />

zerknittert, <strong>an</strong>dere etwas vergilbt. Eines reicht bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts<br />

zurück und zeigt sechs zum Teil blutjunge Familienmitglieder, alle in Artistenkostümen<br />

und der Größe nach seitwärts aufgereiht. „Schon die Großmutter von Harald und deren<br />

Geschwister traten in der M<strong>an</strong>ege auf“, erklärt sie dazu, „und der Großvater war als<br />

Komödi<strong>an</strong>t im In- und Ausl<strong>an</strong>d unterwegs.“<br />

Frühzeitig begeisterten die Štipkas das Zirkuspublikum mit waghalsigen Pferdenummern.<br />

In der Familie ihres M<strong>an</strong>nes sattelte Monika um und erlernte Kunststücke der<br />

Jockeyreiterei – Flickflack, Salto und Kopftrapez.<br />

Gemeinsam mit ihrem M<strong>an</strong>n Harald, Schwager und Schwägerin sowie zwei Partnern aus<br />

einer Moskauer Artistenschule bildete Monika Štipka eine Formation, die unter dem<br />

Pseudonym „Haraldos“ über Jahre eine circensische Attraktion war. Der „Prager Frühling“<br />

eröffnete ihnen Tourneereisen durch das westliche Ausl<strong>an</strong>d. Mit seiner Niederschlagung<br />

endete der rege Kulturaustausch. „Ab d<strong>an</strong>n nur noch Bulgarien statt Fr<strong>an</strong>kreich“,<br />

kommentiert die ehemalige Reiterin nüchtern.So wurden die „Haraldos“ notgedrungen zu<br />

einem Zugpferd im Programm des tschechoslowakischen Staatszirkus „Humberto“, der<br />

sich Anf<strong>an</strong>g der fünfziger Jahre nach einem Rom<strong>an</strong> des Prager Schriftstellers Eduard Bass<br />

ben<strong>an</strong>nte. Der Stoff diente Ende der Achtziger als Vorlage <strong>für</strong> eine äußerst populäre<br />

Fernsehserie, die auch in Deutschl<strong>an</strong>d zu sehen war und <strong>an</strong> der die Štipkas mitwirkten.<br />

„Zwei Winter l<strong>an</strong>g haben wir da<strong>für</strong> vor der Kamera gest<strong>an</strong>den“, blickt Monika zurück.<br />

Als die Revolution in der ČSSR im November 1989 ihren Höhepunkt erreichte, gastierte<br />

der „Zirkus Humberto“ mit den Štipkas ausgerechnet auf dem Prager Letná-Plateau,<br />

einem Sammelpunkt <strong>für</strong> die großen Herbst-Demonstrationen. Revolutionäre wollten sich<br />

das Zirkuszelt <strong>für</strong> politische Massenkundgebungen ausleihen. „Das war doch etwas zu viel<br />

verl<strong>an</strong>gt“, urteilt Monika Štipka, „obwohl wir sehr da<strong>für</strong> waren, endlich den Mund<br />

aufmachen zu können und keine Angst mehr vor Denunzi<strong>an</strong>ten haben zu müssen.“<br />

Mit dem politischen Umsturz veränderte sich auch die Zirkusl<strong>an</strong>dschaft in der<br />

Tschechoslowakei. Für Unternehmen wie „Humberto“, das 1993 in Privatbesitz kam und<br />

seitdem wieder durch tschechische und slowakische Dörfer und Städte tourt. Und <strong>für</strong><br />

Artisten wie die Familie Štipka.Ein Jahr l<strong>an</strong>g blieben sie in Prag und bereiteten sich gezielt<br />

43


auf die <strong>neuen</strong> Anforderungen vor. „Wir kratzten unser Geld zusammen, kauften Pferde,<br />

liehen Tr<strong>an</strong>sporter, ich nähte neue Kostüme, mein M<strong>an</strong>n verschickte massenweise<br />

Videomaterial über uns“, erläutert Monika. Andere tschechische und auch ostdeutsche<br />

Artisten, die sich nicht selbst um ihre Zukunft kümmerten, blieben auf der Strecke. Die<br />

Štipkas erfüllten jedoch die große Neugier westlicher Zirkusunternehmen auf<br />

osteuropäische Artisten nach der Wende.<br />

„Dort hat ein Agent nach dem <strong>an</strong>deren gesessen“, zeigt Monika auf eine Couch in ihrem<br />

Wohnwagen. Die Familie konnte sich aussuchen, wohin sie gehen wollte und was ihnen<br />

solch ein Engagement einbringen sollte. Seitdem leben Monika, ihre Kinder und Enkel<br />

bestenfalls noch einen Monat im Jahr in Prag, wo die Familie eine große Sechs-Zimmer-<br />

Wohnung nahe am Pulverturm besitzt.<br />

Die l<strong>an</strong>ge Tradition der Štipkas setzen nun Monikas Kinder D<strong>an</strong>iel und Denisa fort. Auf<br />

dem Rücken von zwei schweren holländischen Friesenhengsten führen sie ein „Pas de<br />

deux“ in der M<strong>an</strong>ege vor. Uralte Zirkuskunst, von ihnen weiter verbessert. Zudem haben<br />

sie die klassische „Hohe Schule“ im Repertoire. Doch in Monte Carlo wird nur das „Pas de<br />

deux“ zu Pferd gewünscht, das kaum noch Artisten auf der Welt präsentieren.<br />

Dazu hat sich D<strong>an</strong>y eine Variation einfallen lassen. Die Nummer wird durch einen<br />

Luftpropeller in der Mitte der M<strong>an</strong>ege ergänzt, der eine Scheibe mit weißen und<br />

schwarzen Tüchern in der Mitte umherwirbelt. Ein Blickf<strong>an</strong>g, der nach Meinung von<br />

Kritikern allerdings zu sehr von den großartigen Pferde-Darbietungen ablenke. „Routine<br />

wäre tödlich“, unterstützt Mutter Monika dagegen die Idee ihres Sohnes, „m<strong>an</strong> muss ab<br />

und zu was Neues bieten.“<br />

Nach Monte Carlo wird es <strong>für</strong> die Štipkas im gewohnt ungewöhnlichen Rhythmus<br />

weitergehen. Jede Woche eine <strong>an</strong>dere Stadt. Irgendwo in West- und Nordeuropa. Wie<br />

seit Jahrzehnten.<br />

Weiß sie unter diesen Umständen überhaupt noch, wo sie gerade ist? „Das ist mir im<br />

Prinzip egal“, winkt Monika Štipka ab, „wichtig ist vor allem, wo der nächste Supermarkt<br />

liegt.“ Denn sie hält ihren Kindern den Rücken frei, damit sie sich g<strong>an</strong>z auf ihre Auftritte<br />

konzentrieren können. „D<strong>an</strong>ach muss was Gutes auf dem Tisch stehen“, erläutert sie nur<br />

eine ihrer Aufgaben, zu denen auch die Betreuung der beiden Enkelinnen zählt. Wo<br />

genau es demnächst hingeht, will D<strong>an</strong>y Štipka noch nicht verraten: „Wir haben<br />

verschiedene Angebote“, sagt der 41-Jährige. M<strong>an</strong> munkelt jedoch, dass die Štipkas im<br />

Februar zunächst vom berühmten deutschen Zirkus Krone engagiert werden. Wie <strong>an</strong>dere<br />

Preisträger des Zirkusfestivals von Monte Carlo in den letzten Jahren.<br />

Denn Insider sind überzeugt, dass D<strong>an</strong>y und Denisa Štipka von dort keinesfalls ohne<br />

Auszeichnung zurückkehren werden.<br />

Ausführlich wird das Leben der Zirkusfamilie Štipka – neben vielen <strong>an</strong>deren interess<strong>an</strong>ten<br />

Lebensgeschichten – in einem <strong>neuen</strong> Buch beschrieben:<br />

Echt Prag. Als Reporter bei Menschen, W<strong>an</strong>del, Schicksalstagen. Von Klaus<br />

H<strong>an</strong>isch. Wiesenburg-Verlag, 301 Seiten, gebunden mit Schutzumschlag, mit<br />

s/w-Fotos. ISBN 978-3-942063-72-2, 19.80 Euro (D), 20,40 Euro (A), Oktober<br />

2011 - - - zum Bestellen hier klicken!<br />

Von Klaus H<strong>an</strong>isch<br />

Fliegende Melonen<br />

44<br />

Mittwoch, 25. J<strong>an</strong>uar 2012<br />

Prager Zeitung online<br />

Streit zwischen Hochschulen und<br />

Bildungsministerium spitzt sich zu – Universitäten<br />

warnen vor Verlust wissenschaftlicher Freiheit


Fruchtfleisch, hellrote Spritzer, Melonenschalen. Dem Pass<strong>an</strong>ten bot sich vor der<br />

Juristischen Fakultät der Prager Karlsuniverstität am verg<strong>an</strong>genen Donnerstag ein<br />

verheerendes Bild. Genau 90 Wassermelonen flogen aus Protest gegen die vom<br />

Bildungsministerium vorgeschlagene Hochschulreform in hohem Bogen vor das<br />

klassizistische Gebäude am Moldauufer.<br />

„Meloun“, das tschechische Wort <strong>für</strong> Melone, steht umg<strong>an</strong>gssprachlich <strong>für</strong> Million. 90<br />

Millionen Kronen (umgerechnet 3,5 Millionen Euro) kostete der aktuelle Gesetzesentwurf<br />

die Staatskasse. Diesen könne m<strong>an</strong> – zumindest wenn es nach den protestierenden<br />

Studenten und einem Großteil der tschechischen Akademiker geht – gleich wieder in den<br />

Papierkorb werfen. Nachdem die Studenteninitiative „Für freie Hochschulen“ („Za<br />

svobodné vysoké školy“) plakativ auf diese „Verschwendung“ hingewiesen hatte,<br />

marschierten sie geschlossen vor den Sitz der Regierung.<br />

Wenn es <strong>an</strong>s Eingemachte geht…<br />

Über eine Reform der Universitäten und Hochschulen diskutiert m<strong>an</strong> in Tschechien bereits<br />

seit mehr als fünf Jahren. Mehr Qualität in der akademischen Ausbildung, Verbesserung<br />

der fin<strong>an</strong>ziellen Situation, Absolventen, die den w<strong>an</strong>delnden Anforderungen des<br />

Arbeitsmarktes gewachsen sind – so lauten die Ziele eines reformierten<br />

Hochschulwesens. Glaubt m<strong>an</strong> jedoch den Studien und Analysen, so werden effektive<br />

politische Maßnahmen vor allem dadurch verhindert, dass es kaum systematische Daten<br />

gibt, die eine objektive Einschätzung der Situation <strong>an</strong> den tschechischen Universitäten<br />

erlauben.<br />

Dennoch sieht die Regierung Nečas im Hinblick auf eine drohende Rezession dringenden<br />

H<strong>an</strong>dlungsbedarf. Der Stein des Anstoßes auf Seiten der Kritiker sind gar nicht so sehr<br />

die gen<strong>an</strong>nten Ziele – sondern vielmehr die Mittel, mit denen diese erreicht werden<br />

sollen. „Unserer Meinung nach ist es am sinnvollsten, wenn die Hochschulen auf der<br />

höchsten Ebene durch Leute gelenkt werden, die nicht persönlich <strong>an</strong> den Verhältnissen<br />

<strong>an</strong> der Hochschule interessiert sind“, erklärt der vormalige Leiter der Abteilung <strong>für</strong><br />

Hochschulwesen am Bildungsministerium Jiří N<strong>an</strong>tl gegenüber der Zeitschrift „Respekt“.<br />

„Wenn es <strong>an</strong>s Eingemachte geht, d<strong>an</strong>n k<strong>an</strong>n ein solches Org<strong>an</strong> besser entscheiden als<br />

Leute, die dadurch persönlich und materiell betroffen wären“, so N<strong>an</strong>tl weiter.<br />

Im Entwurf des Ministeriums ist daher von der Ablösung der akademischen Senate durch<br />

neue Hochschulräte <strong>an</strong> der Spitze der Universitäten die Rede – diese sollen unter<br />

Ausschluss von Dozenten, Akademikern und Studenten arbeiten. Ein Drittel der Räte soll<br />

vom akademischen Senat, ein Drittel vom Rektor und ein weiteres von der Regierung<br />

ern<strong>an</strong>nt werden. Hier schlagen Studenten und Akademiker Alarm: „Die Hochschulen<br />

sollen unter die direkte Aufsicht des Staates gezwängt werden“, erklärt der Sprecher der<br />

Studenteninitiative „Für freie Hochschulen“ Adam Felix im Interview mit der „Prager<br />

Zeitung“. Sollte das Ministerium nicht einlenken, d<strong>an</strong>n war der Melonen-Wurf von<br />

verg<strong>an</strong>gener Woche nur der Anf<strong>an</strong>g. Laut Felix sind die Studenten bereit <strong>für</strong> weitere<br />

Proteste.<br />

Streichungen und Einflussnahme<br />

Der Unterstützung der Rektoren und Dozenten können sie sich jedenfalls sicher sein. 22<br />

der 26 tschechischen Hochschulen haben sich gegen die Reform ausgesprochen. „Ich<br />

persönlich bin davon überzeugt, dass es sich um einen Versuch von Seiten der Politik<br />

h<strong>an</strong>delt, die Hochschulen steuern zu können“, kommentierte der Rektor der Technischen<br />

Universität Prag („České vysoké učení technické“) Petr Konvalinka den Gesetzesentwurf.<br />

Kurzfristige Streichungen <strong>an</strong>scheinend wirtschaftlich unrentabler Fächer <strong>für</strong>chten die<br />

Geisteswissenschaftler, die Einflussnahme aus der Industrie die Naturwissenschaftler.<br />

Auch der vorgelegte Entwurf <strong>für</strong> die Einführung von Studiengebühren stößt <strong>an</strong> den<br />

Universitäten auf Abwehr: „Das vorgeschlagene Modell tendiert eindeutig zu einer<br />

Kürzung der staatlichen Zuschüsse. Diese sollen durch Studiengebühren lediglich<br />

kompensiert werden. Den Universitäten bringt das keinen Mehrwert“, so der Aktivist<br />

Felix. Auch die Professoren be<strong>für</strong>chten, dass Studiengebühren eher zu weiteren<br />

Kürzungen <strong>an</strong>statt zu besseren Lehrbedingungen führen.<br />

45


Soziale Unruhen<br />

Ebenso entschlossen wie die Universitäten gibt sich auch das Bildungsministerium. Dort<br />

heißt es, m<strong>an</strong> wolle keinesfalls den Einfluss der Politik stärken, sondern gesellschaftlich<br />

relev<strong>an</strong>te Gruppen <strong>an</strong> der Entwicklung des tschechischen Hochschulwesens beteiligen.<br />

Ein Treffen zwischen Bildungsminister Josef Dobeš (VV) und Vertretern der akademischen<br />

Senate endete am Montag ohne Ergebnis. „Wir sind hierher gekommen, um vom<br />

Bildungsminister zu hören, dass er die Entwürfe des Hochschulgesetzes und des Gesetzes<br />

zu den Studiengebühren zurückzieht“, so Konvalinka nach den Verh<strong>an</strong>dlungen. „Eine<br />

solche Information konnte uns Herr Dobeš leider nicht mitteilen.“<br />

Der Minister hatte die Hochschulrektoren bereits vorher bezichtigt, sie würden „zu<br />

sozialen Unruhen <strong>an</strong>stiften“. Den Rektor der Prager Karlsuniversität Václav Hampl lud er<br />

deshalb zum persönlichen Gespräch ins Ministerium. Der akademische Senat verglich das<br />

Vorgehen Dobeš’s mit „totalitären Praktiken“.<br />

Der Streit um die Hochschulreform scheint also noch l<strong>an</strong>ge <strong>an</strong>zudauern. Das<br />

Bildungsministerium steht dabei bereits seit Monaten in der Kritik: wegen der verpatzten<br />

Einführung des Staatsabiturs, wegen des aufgrund seiner rechtsextremistischen<br />

Aussagen kritisierten ehemaligen Spitzenbeamten Ladislav Bátora, wegen der drohenden<br />

Streichung von EU-Geldern. Dass die gepl<strong>an</strong>te Hochschulreform noch weiteres<br />

Streitpotential bietet, deutet auch der Rücktritt von Jiří N<strong>an</strong>tl <strong>an</strong>, der als Leiter der<br />

Abteilung <strong>für</strong> Hochschulwesen die strittigen Gesetze entscheidend mitgestaltet hat.<br />

Von Martin Nejezchleba<br />

Die Kerzen strahlen weiter<br />

46<br />

Mittwoch, 25. J<strong>an</strong>uar 2012<br />

Prager Zeitung online<br />

In einem Prager Atelier entsteht ein Wachsherz<br />

zum Gedenken <strong>an</strong> Václav Havel<br />

Tapeziertische, auf denen sich bergeweise Grabkerzen<br />

häufen, Dutzende dick eingemummte Freiwillige, die mit<br />

Hämmern auf die Kerzen einschlagen – dieses<br />

ungewöhnliche Bild bietet sich einem in diesen Tagen in<br />

der kalten Werkstatthalle des Prager Kunstzentrums<br />

Trafačka. Hier entsteht <strong>für</strong> den im Dezember verstorbenen Lieblingspräsidenten der<br />

Tschechen, Václav Havel, ein etwas <strong>an</strong>deres Denkmal: ein riesiges Herz aus dem Wachs<br />

der tausenden Kerzen, die unzählige Bürger nach dessen Tod am Wenzelsplatz und<br />

<strong>an</strong>derswo entzündeten. Die fertige Skulptur soll vom 9. Februar bis zum 10. April auf der<br />

Piazzetta des Nationaltheaters zu sehen sein.<br />

Hinter dem Projekt stehen der Künstler Lukáš Gavlovský und sein Freund Rom<strong>an</strong> Švejda.<br />

Die zwei Männer kennen sich schon seit Kindertagen. Der Einfall, sich aktiv am Gedenken<br />

<strong>an</strong> den ehemaligen Präsidenten zu beteiligen, kam Lukáš Gavlovský spont<strong>an</strong>. „In der<br />

Woche nach Havels Tod bin ich oft am Wenzelsplatz vorbeigeg<strong>an</strong>gen“, so Gavlovský. „Da<br />

war dieser riesige Kerzenteppich vor der Reiterstatue und plötzlich fiel mir ein, dass die<br />

Kerzen nach der ersten Euphoriewelle sicherlich einfach entsorgt werden.“ Das hätte er<br />

schade gefunden, und so kam ihm die zündende Idee, aus dem Wachs dieser Kerzen ein<br />

außergewöhnliches Denkmal zu schaffen. Sein Freund Rom<strong>an</strong> erk<strong>an</strong>nte gleich das<br />

Potenzial einer solchen Geste. „Dieses Wachs ist ein sehr schönes Material“, so Švejda.<br />

„Ein edelmütiges Material, denn diese Kerzen wurden ja mit einem bestimmten Ged<strong>an</strong>ken<br />

niedergelegt und entzündet.“<br />

„Ein Herz <strong>für</strong> Havel“<br />

Die Herzform lag nahe – schließlich hat Havel seiner Unterschrift oft auch ein Herz<br />

beigefügt, und in den Tagen nach seinem Tod sah m<strong>an</strong> <strong>an</strong> den spont<strong>an</strong> entst<strong>an</strong>denen


Gedenkstätten <strong>für</strong> Havel viele gemalte Herzen, Herzen aus Ton, sogar herzförmige<br />

Luftballons.<br />

Gavlovský und Švejda waren überrascht, wie schnell die Idee, <strong>für</strong> den verstorbenen<br />

Volkshelden ein Herz aus Wachs zu gießen, begeisterten Zuspruch f<strong>an</strong>d. „Eigentlich<br />

wollten wir erst nur die Kerzen vom Wenzelsplatz verwenden“, sagt Gavlovský. „Aber<br />

d<strong>an</strong>n kam uns der Ged<strong>an</strong>ke, Kerzen aus dem g<strong>an</strong>zen L<strong>an</strong>d zu sammeln. Havels Tod hat<br />

ja das g<strong>an</strong>ze L<strong>an</strong>d erschüttert.“ Die „Ein Herz <strong>für</strong> Havel“-Aktion kam nach einigen<br />

Anfragen bei Gemeindeämtern außerhalb der Hauptstadt rasch ins Rollen. „Die<br />

Bürgermeisterin von Prostějov hat nicht nur auf eigene Faust eine Kerzensammelaktion<br />

org<strong>an</strong>isiert, sondern die Kerzen auch bei sich zuhause im Flur gelagert“, meint Švejda.<br />

„Das f<strong>an</strong>d ich unglaublich berührend.“<br />

Immer noch werden Säcke voller Kerzen in die Lagerhalle der Trafačka gebracht. Zehn<br />

Kubikmeter sind es schon, 16 sollen es werden. Das sind <strong>an</strong> die 4 bis 5 Tonnen<br />

Rohmaterial. An die zw<strong>an</strong>zig Freiwillige, unter ihnen Studenten, Rentnerinnen und sogar<br />

Schulkinder, befreien jetzt mit Hämmern und Schraubenziehern in mühevoller Kleinarbeit<br />

Grabkerzen und Teelichter von ihren Umhüllungen. „Ich habe im Radio von der Idee<br />

gehört und f<strong>an</strong>d sie toll“, sagt Helfer Juraj Kováč, der am Samstag extra aus dem 100<br />

Kilometer entfernten Most <strong>an</strong>gereist ist, um mitzumachen. „Ich hab einfach meinen<br />

Hammer eingepackt und bin hergefahren.“ Die 11-jährige Sabina Dabičljevičová ist mit<br />

ihrer Mutter und ihrer Zwillingsschwester da. „Herr Havel hat viel <strong>für</strong> uns get<strong>an</strong> und wenn<br />

er nicht gewesen wäre, d<strong>an</strong>n würden wir vielleicht noch im Kommunismus leben und das<br />

wäre g<strong>an</strong>z schlimm“, erklärt das Mädchen ihren Einsatz.<br />

Offen und öffentlich<br />

Das Wachs, das die Freiwilligen isolieren, wird in Schichten nach und nach in einer 2,40<br />

mal 2,40 Meter großen Herzform geschmolzen – dabei bleiben m<strong>an</strong>che Kerzen noch<br />

erkennbar. Die Skulptur soll <strong>an</strong> die zwei Meter hoch werden, und wird durch eine Öffnung<br />

begehbar sein. Die einzelnen Wachsbausteine entstehen in der Trafačka,<br />

zusammenmontiert werden sie – um Schaden zu vermeiden – aber erst vor dem<br />

Nationaltheater. Dort k<strong>an</strong>n das Herz nur bis April stehen – bei höheren Temperaturen<br />

würde es schmelzen. Was d<strong>an</strong>ach mit dem ungewöhnlichen Denkmal geschieht, ist noch<br />

unklar.<br />

„Das Element der Offenheit war uns sehr wichtig“, so Gavlovský. „Nach Havels Tod hat<br />

sich auch mir wieder das Herz geöffnet. Ich fühlte mich <strong>an</strong> meine Studentenzeit erinnert,<br />

<strong>an</strong> die Ideale <strong>für</strong> die Havel st<strong>an</strong>d, den Kampf <strong>für</strong> Liebe und Wahrheit. Und die Studenten,<br />

die bei uns mithelfen, erinnern mich sehr <strong>an</strong> mich selbst, damals, zur Zeit der Samtenen<br />

Revolution.“ Dieses Projekt sei nicht etwa ein eigenbrötlerisches Schaffen<br />

weltentfremdeter Künstler, sondern eine öffentliche Angelegenheit. Es ginge darum, sich<br />

zusammenzutun, sagt Švejda. „Wir schaffen eine Form, die das Gefühl verkörpern soll,<br />

das Havel zu vermitteln wusste. Und hoffentlich spüren das die Leute auch, wenn sie die<br />

Herzskulptur betreten.“<br />

Debatte um Gedenken<br />

Seit dem Tod Havels am 18. Dezember letzten Jahres wird in der Tschechischen Republik<br />

hitzig darüber debattiert, welche Form das Gedenken <strong>an</strong> den ehemaligen Staatsm<strong>an</strong>n<br />

haben soll. An die 80.000 Menschen haben im Internet einen Aufruf des Regisseurs Fero<br />

Fenič unterzeichnet, den Prager Flughafen Ruzyně in „Václav-Havel-Flughafen“<br />

umzubenennen. Bei m<strong>an</strong>chen stößt diese Idee allerdings auf empörte Kritik. Und wie<br />

genau ein offizielles Denkmal <strong>für</strong> den allseits geschätzten Ex-Präsidenten aussehen soll –<br />

darüber gehen die Meinungen von Politikern, Künstlern und Menschen aus Havels<br />

engstem Umfeld im Moment noch weit ausein<strong>an</strong>der. „Das ist eine unglaublich schwierige<br />

Frage“, so Gavlovský. „Eine, mit der wir uns bestimmt noch fünf bis zehn Jahre<br />

beschäftigen werden. Mit dem Herz wollten wir nur einen kleinen, inoffiziellen Beitrag<br />

dazu leisten, Herrn Havel zu ehren.“<br />

Die Pragerin Rad<strong>an</strong>a Svátek, die von der „Ein Herz <strong>für</strong> Havel“-Aktion im Fernsehen gehört<br />

hatte und seit einigen Stunden eifrig Wachs aus den Kerzenbehältern hämmert, plagen<br />

keine solchen Zweifel. Sie ist sich g<strong>an</strong>z sicher: „Die Idee mit dem Herz hätte unserem<br />

Herrn Präsidenten sicherlich sehr gefallen.“<br />

47


Von Sarah Borufka<br />

Erzgebirge auf dem Weg zum <strong>Welterbe</strong><br />

48<br />

Mittwoch, 25. J<strong>an</strong>uar 2012<br />

(Chemnitzer Morgenpost)<br />

Dresden. Das Erzgebirge mit seiner jahrhundertel<strong>an</strong>gen Bergbautradition soll nach dem Willen der<br />

Staatsregierung Weltkulturerbe werden. Nach l<strong>an</strong>gem Hin und Her hat sich das Kabinett hinter<br />

einen gemeinsamen Antrag mit Tschechien gestellt. An der „Mont<strong>an</strong>region Erzgebirge“ sind derzeit<br />

40 Stätten in <strong>Sachsen</strong> beteiligt. In Tschechien sind die Regionen Usti nad Labem und Karlovy Vary<br />

interessiert.<br />

Weil Tschechien eine Bewerbung frühestens 2014 vorschlägt, gerät der Zeitpl<strong>an</strong> allerdings in<br />

Verzug. Denn bisl<strong>an</strong>g wurde immer 2013 <strong>an</strong>gepeilt. Laut Innenminister Markus Ulbig (CDU) wird es<br />

mit einem <strong>Titel</strong> keine Nachteile <strong>für</strong> die wirtschaftliche Entwicklung im Erzgebirge geben. Das<br />

Erzgebirge steht bereits seit 1998 auf der Vorschlagsliste.<br />

Derweil wird schon um einen Platz auf der <strong>neuen</strong> Vorschlagsliste <strong>für</strong> die UNESCO gekämpft. Zehn<br />

K<strong>an</strong>didaten haben Interesse bekundet (Morgenpost berichtete). Bis 31. J<strong>an</strong>uar ist noch Zeit.<br />

Bisl<strong>an</strong>g liegen nur die Bewerbungen der Gartenstadt Hellerau sowie der Topasvorkommen<br />

Schneckenstein vor. (mor)<br />

Mittwoch, 25. J<strong>an</strong>uar 2012<br />

(Sächsische Zeitung)<br />

Tschechen bewerben sich nicht mit Umgebindehäusern<br />

<strong>für</strong> Unesco<br />

Das Denkmalamt in Prag sieht sich nicht in der Lage, neue Projekte zu betreuen.<br />

Region. Tschechien sieht es im Moment nicht als Priorität <strong>an</strong>, mit seinen Umgebindehäusern ins<br />

Unesco-Weltkulturerbe aufgenommen zu werden. Das teilte Tereza Konvalinková vom Liberecer<br />

Denkmalamt der SZ auf Anfrage mit. Deswegen sei bisher noch keine detailierte<br />

Best<strong>an</strong>dsuntersuchung oder ein M<strong>an</strong>agementpl<strong>an</strong> erstellt worden. Somit fehle gleichfalls die<br />

Grundlage da<strong>für</strong>, diese Art von Häusern <strong>für</strong> die Bewerbung vorzuschlagen, wie es der L<strong>an</strong>dkreis<br />

Görlitz in <strong>Sachsen</strong> tun wird (SZ berichtete).<br />

Die Umgebindehäuser in Böhmen seien in unterschiedlichem Erhaltungszust<strong>an</strong>d und schwer zu<br />

erfassen, so Konvalinková. Vera Kucova vom Nationalen Denkmalamt in Prag stellt gegenüber der<br />

SZ fest: „Wir haben keinen Zweifel <strong>an</strong> der Bedeutung der Umgebindehäuser, eine Reihe von ihnen<br />

ist als Kulturdenkmal geschützt.“<br />

M<strong>an</strong> sei aber gerade dabei, dem sächsischen Projekt „Mont<strong>an</strong>region Erzgebirge“ beizutreten. Die<br />

Unterlagen dazu müssten – wie die Vorschläge zur Aufnahme ins Weltkulturerbe <strong>an</strong> die sächsische<br />

L<strong>an</strong>desregierung – bis Ende J<strong>an</strong>uar im tschechischen Kulturministerium abgegeben werden.<br />

Wegen dieser Arbeit und den vielen <strong>an</strong>deren, schon viele Jahre dauernden Beispielen von<br />

Zusammenarbeit mit Städten, Bezirken und <strong>an</strong>deren Partnern auf nationaler Ebene sei es <strong>für</strong> das<br />

Denkmalamt nicht möglich, ein weiteres Projekt <strong>an</strong>zuschieben. (kaz)<br />

BREITENAU<br />

Von der Autobahn ins Gefängnis<br />

Mittwoch, 25. J<strong>an</strong>uar 2012


Im Gefängnis endete die Fahrt eines 40-Jährigen am Dienstagmorgen. Er war auf der A17 von der<br />

Bundespolizei kontrolliert worden. Es stellte sich heraus, dass der Deutsche mit Wohnsitz in<br />

Tschechien vom Amtsgericht in Würzburg wegen Unterschlagung zu einer Strafe von insgesamt<br />

2640 Euro verurteilt worden war. Weil er bisher nur einen Tagessatz seiner Strafe gezahlt hatte,<br />

und auch jetzt den Betrag nicht aufbringen konnte, muss er, so die Bundespolizei, die restlichen 44<br />

Tage in Haft verbringen. (SZ)<br />

GERICHTSBERICHT<br />

Bewährung <strong>für</strong> tschechischen Autoschieber<br />

Von Christi<strong>an</strong> Eissner<br />

49<br />

Mittwoch, 25. J<strong>an</strong>uar 2012<br />

(Sächsische Zeitung)<br />

Er sollte einen gestohlenen Skoda über die Grenze bringen – auf der A17 wurde<br />

Martin S. erwischt.<br />

Selten sieht m<strong>an</strong> einen Verurteilten vor Gericht so erleichtert wie MartinS. Denn die Verh<strong>an</strong>dlung<br />

am Pirnaer Amtsgericht brachte ihm die Freiheit – auf Bewährung. Der durchtrainierte M<strong>an</strong>n aus<br />

Usti (Aussig) hatte fast zwei Monate in Untersuchungshaft gesessen.<br />

Am 30. November vorigen Jahres war S. mit einem Skoda Octavia auf der Autobahn von Dresden<br />

Richtung Grenze unterwegs. Ein Polizeifahrzeug setzte sich vor den Skoda, um ihn am Parkplatz<br />

Nöthnitzgrund routinemäßig zu kontrollieren. Statt der Streife zu folgen, gab der Automech<strong>an</strong>iker<br />

Gas.<br />

Was trieb Martin S. <strong>an</strong>?<br />

Die Polizei kam ihm sehr ungelegen, denn er hatte den Skoda – geknackt und mit laufendem Motor<br />

– in Gornau im Erzgebirge übernommen, um ihn nach Tschechien zu bringen. Nach kurzer<br />

Verfolgung stoppte ihn die Polizei <strong>an</strong> der Autobahnabfahrt Heidenau. Arbeitete Martin S. als Kurier<br />

<strong>für</strong> die tschechische Automafia? Mit großer Sicherheit, so das Gericht.<br />

War ihm das bewusst? Die zwielichtigen Umstände der Auto-Übergabe legen es nahe. Zudem sollte<br />

er <strong>für</strong> seine Fahrt bezahlt werden. Unternahm er solche Kurierfahrten regelmäßig? Das konnte m<strong>an</strong><br />

ihm nicht nachweisen.<br />

Da es den Begriff des Autoschmuggels im Strafgesetzbuch nicht gibt, st<strong>an</strong>d der Familienvater<br />

wegen Hehlerei vor dem Schöffengericht. Er gest<strong>an</strong>d die Tat, betonte aber, es sei ein Einzelfall<br />

gewesen.<br />

Die Staats<strong>an</strong>waltschaft forderte zehn Monate Haft auf Bewährung, sein Verteidiger sechs Monate.<br />

Das Schöffengericht um Strafrichter Andreas Beeskow verurteilte den 43-Jährigen schließlich zu<br />

acht Monaten Haft – ausgesetzt zur Bewährung, wobei ihm sein Geständnis half, ebenso die<br />

Tatsache, dass er Familie und einen Arbeitsplatz hat. Auch schienen ihn die Wochen in der U-Haft<br />

beeindruckt zu haben.<br />

Bleibt die Frage, was einen offenbar mit beiden Beinen im Leben stehenden M<strong>an</strong>n treibt, als Kurier<br />

<strong>für</strong> die Automafia zu arbeiten. 2000 Kronen (78 Euro) hätte er nach eigenen Angaben <strong>für</strong> die<br />

„Überführung“ des Skoda bekommen sollen.<br />

Mittwoch, 25. J<strong>an</strong>uar 2012<br />

Greenpeace Magazine online<br />

Atomenergie: Tschechien erschließt Ur<strong>an</strong>vorkommen<br />

Prag (dpa) - In Tschechien sind Ur<strong>an</strong>vorkommen entdeckt worden, die den Abbau des radioaktiven<br />

Rohstoffs der Atomindustrie <strong>für</strong> mindestens weitere fünf Jahre sicherstellen. Probebohrungen nach<br />

der Eröffnung der 23. Sohle im Bergwerk Dolni Rozinka ließen auf Vorkommen mit einem Wert von


is zu 100 Millionen Euro schließen, teilte der Chef der staatlichen Fördergesellschaft Diamo am<br />

Mittwoch mit.<br />

«Mit der Erschließung neuer Lagerstätten könnte den Bedarf der tschechischen Atomkraftwerke<br />

g<strong>an</strong>z aus eigenen Quellen gedeckt werden», sagte Diamo-Chef Jiri Jez der Nachrichtenagentur dpa.<br />

Das Bergwerk in der Region Vysocina ist nach Betreiber<strong>an</strong>gaben die einzige Ur<strong>an</strong>grube in West-<br />

und Mitteleuropa, in der im Tiefbau gefördert wird. Ursprünglich ging m<strong>an</strong> davon aus, dass sich das<br />

Ur<strong>an</strong> dort nur noch zwei Jahre wirtschaftlich abbauen ließe.<br />

Vor der Wende von 1989 gehörte Tschechien zu den größten Ur<strong>an</strong>produzenten der Welt. Die<br />

S<strong>an</strong>ierung der ökologischen Altlasten in der Umgebung der Förderzentrums Straz pod Ralskem wird<br />

noch bis 2042 <strong>an</strong>dauern. #<br />

50<br />

Mittwoch, 25. J<strong>an</strong>uar 2012<br />

Pirnaer Anzeiger


Tschechien: DNA-Proben erhärten Verdacht auf<br />

Vertreibungsverbrechen<br />

51<br />

Donnerstag, 26. J<strong>an</strong>uar 2012<br />

europeonline-magazine.eu<br />

Prag (dpa) - Verbrechen der Nachkriegszeit aufgeklärt: DNA- Untersuchungen haben bestätigt,<br />

dass es sich bei den auf einer Wiese im tschechischen Dobronin (Dobrenz) verscharrten Toten um<br />

Deutsche h<strong>an</strong>delt. Das berichtete die Zeitung «Jihlavsky Denik» am Donnerstag unter Berufung auf<br />

Ermittlerkreise.<br />

Durch den Abgleich mit DNA-Proben von Verw<strong>an</strong>dten seien acht vermutliche Opfer eines<br />

Verbrechens aus der Zeit der Vertreibungen nach Ende des Zweiten Weltkriegs identifiziert worden.<br />

Sie stammten aus Dobronin, Kamenna (Bergersdorf) und <strong>an</strong>deren benachbarten Orten in der<br />

einstigen deutschen Iglauer Sprachinsel.<br />

Der Sprecher der Hinterbliebenen, Joh<strong>an</strong>n Niebler, bestätigte am Donnerstag, dass die Polizei<br />

bereits die Nachkommen von zwei der Toten benachrichtigt habe. «Für mich ist es eine<br />

Genugtuung, dass die Ermittlungen zum Ziel geführt haben», sagte Niebler der Nachrichtenagentur<br />

dpa. Die Hinterbliebenen wollten die sterblichen Überreste nun auf einem Friedhof in Jihlava (Iglau)<br />

beisetzen.<br />

Ermittler der Mordkommission hatten das Massengrab aus der Zeit der «wilden Vertreibungen»<br />

nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs im August 2010 entdeckt. Die Polizisten waren Berichten<br />

von Augenzeugen nachgeg<strong>an</strong>gen. Sie gaben <strong>an</strong>, dass tschechische Rotgardisten im Mai 1945 eine<br />

Gruppe von bis zu 15 Deutschen mit Hacken und Schaufeln erschlagen hätten.<br />

Nach dem Zweiten Weltkrieg waren rund drei Millionen Sudetendeutsche aus der Tschechoslowakei<br />

vertrieben worden. Nach Angaben der Deutsch-Tschechischen Historikerkommission kamen 23 000<br />

bis breiteimal 40 000 bei der Vertreibung ums Leben.<br />

Bayern profitiert von Top-St<strong>an</strong>dort Tschechien<br />

von Ari<strong>an</strong>e P. Freier<br />

Donnerstag, 26. J<strong>an</strong>uar 2012<br />

Passauer Neue Presse online<br />

Zum sechsten Mal in Folge ist Tschechien von 1000 Unternehmen zum Top-St<strong>an</strong>dort in 16 mittel-<br />

und osteuropäischen Ländern gekürt worden − vor Polen, Slowenien und der Slowakei. Das belegt<br />

eine Umfrage der deutschen Außenh<strong>an</strong>delskammern. Und davon profitiert auch (Nieder-)Bayern.<br />

"Viele Unternehmen haben sich in Tschechien ein zweites St<strong>an</strong>dbein und damit<br />

Wettbewerbsvorteile verschafft, ohne erhebliche Teile ihrer Produktion zu verlagern", sagt Peter<br />

Sonnleitner, Geschäftsführer International der IHK Passau. Die IHK geht von 500<br />

niederbayerischen Unternehmen aller Br<strong>an</strong>chen aus, von denen viele <strong>für</strong> den Weltmarkt<br />

produzierten. Nach PNP-Infos sind etwa Haas Falkenberg (Fertighaus), Rohde & Schwarz in<br />

München/ Teisnach (Messtechnik) sowie KMP Printtechnik Eggenfelden hüben wie drüben<br />

erfolgreich.<br />

Bayerische Zahlen untermauern dies: 2002 lagen die Exporte von Bayern nach Tschechien bei 2,8<br />

Mrd. Euro. Die Einfuhr von Tschechien nach Bayern beziffert Sonnleitner mit 4,6 Mrd. Euro. 2010<br />

stieg der Export nach Tschechien auf 4,6 Mrd. Euro, der Import nach Bayern auf 9,1 Mrd. Euro.<br />

Letzteres sei vor allem auf Autoimporte (Skoda) zurückzuführen, aber auch auf viele in Tschechien<br />

veredelte Produkte bayerischer Firmen.<br />

Die IHK und die Wirtschaftskammer Budweis wollen diesen Erfolg auf den Bausektor ausweiten und<br />

bringen Kooperationspartner seit 2011 über das Interreg-Förderprojekt "Energieeffizientes Bauen"<br />

zusammen.


Glasaugen retten Traditionsh<strong>an</strong>dwerk<br />

Von Petra Laurinova<br />

Böhmisches Glas ist im Niederg<strong>an</strong>g. Doch<br />

Augenprothesen aus dem harten Material sind<br />

gefragt. Ein Jablonecer ist fast der letzte Tscheche,<br />

der sie noch fertigen k<strong>an</strong>n.<br />

Petr Adamovský stellt Glasaugen her. Foto: P. Laurinova<br />

52<br />

Donnerstag, 26. J<strong>an</strong>uar 2012<br />

(Sächsische Zeitung)<br />

Eigentlich wollte Petr Adamovský Töpfer werden. Doch m<strong>an</strong>chmal<br />

kommt es eben <strong>an</strong>ders. Und der M<strong>an</strong>n aus Jablonec nad Nisou (Gablonz <strong>an</strong> der Neisse) lernte<br />

jedoch das Glasmacherh<strong>an</strong>dwerk, ein absoluter Traditionsberuf in Böhmen. Nach der Lehrzeit <strong>an</strong><br />

der Glasschule in Železný Brod (Eisen Brod) glaubte er d<strong>an</strong>n, dass unter seinen Händen<br />

traditionelle Gablonzer Glasfiguren entstehen würden – schließlich prägt das die Gegend seit<br />

Jahrhunderten. Doch die Glasindustrie ist im Niederg<strong>an</strong>g. Die typischen Vasen und Figuren finden<br />

längst nicht mehr reißend Absatz. Billigimporte aus China verdrängen die Kultur. Außerdem ist Glas<br />

aus dem Nachbarl<strong>an</strong>d nicht mehr so in wie vor der Wende.<br />

Petr Adamovský stellt darum seit mehr als 20 Jahren g<strong>an</strong>z <strong>an</strong>dere zerbrechliche Güter her –<br />

Augenprothesen aus Glas. Ein Produkt, das vielen Menschen wieder neue Lebensfreude und<br />

Lebenssinn zurückgibt. Adamovský ist fast der letzte in Tschechien, der das ungewöhnliche<br />

H<strong>an</strong>dwerk mit l<strong>an</strong>ger Geschichte beherrscht.<br />

„Es hat Tradition in unsere Region. Die hiesigen Glasmacher haben ihre Erfahrungen von<br />

Generation zu Generation weitergegeben“, erzählt der 41-jährige Fachm<strong>an</strong>n Adamovský. Sein<br />

Lehrer war Bøetislav Pivrnec. Die beiden Glasmacher begegneten sich erstmals vor 20 Jahren. Petr<br />

Adamovský hatte gerade erst die Schule verlassen. Neben Pivrnec gab es noch einen<br />

sudetendeutschen H<strong>an</strong>dwerksmeister, den das Glasaugen-H<strong>an</strong>dwerk vor der Vertreibung bewahrt<br />

hatte. 2005 sind die beiden Meister in Rente geg<strong>an</strong>gen, und seitdem ist Adamovský nun so ziemlich<br />

allein im Geschäft. Zunächst arbeitete er beim Staatsunternehmen Augenoptik Prag. Heute ist er<br />

selbstständig. Leistet die filigr<strong>an</strong>e Arbeit, die viel Fingerspitzengefühl benötigt.<br />

Glasaugen-Herstellung ist keine Erfindung des Isergebirges und Böhmens, auch wenn dort Glas<br />

eine l<strong>an</strong>ge Geschichte hat. Die ersten Produzenten stammten wahrscheinlich aus Venedig. Mitte<br />

des 17. Jahrhunderts wurde Paris zu einem Zentrum <strong>für</strong> künstliche Menschenaugen aus Glas. 1835<br />

entwickelt der Lauschaer Ludwig Müller-Uri das erste deutsche Kunstauge aus Glas. Um 1870<br />

wurde <strong>für</strong> die Kunstaugenherstellung das sogen<strong>an</strong>nte Kryolith-Glas, das noch heute im Gebrauch<br />

ist, erfunden. Von der Lauschaer Glashütte werden noch heute die Glasst<strong>an</strong>gen und <strong>an</strong>dere Teile<br />

geliefert. Nicht nur nach Tschechien, sondern in die g<strong>an</strong>ze Welt.<br />

Ein geschickter Glasmacher braucht mindestens dreieinhalb Jahre, bis er das H<strong>an</strong>dwerk mit allen<br />

Finessen beherrscht. An einer Augenprothese arbeitet er etwa eine Stunde. Zuerst wird aus der<br />

Glasröhre eine Knolle geblasen. In die werden d<strong>an</strong>n die farbigen Glasfäden eingelegt. Sie bilden die<br />

winzige Zeichnung, die <strong>für</strong> jedes Auge charakteristisch ist. Vom gesunden Auge darf die Prothese<br />

nicht zu unterscheiden zu sein. Jedes Stück ist ein Original. „Am einfachsten sind dunkelbraune<br />

Augen, hellblaue oder graugrüne sind <strong>für</strong> mich am kompliziertesten. Dort wird jeder kleine Fehler<br />

sofort sichtbar“, verrät der Glasmacher.<br />

Heute wird auch Kunststoff <strong>für</strong> die Herstellung genutzt, diese Prothesen sind natürlich billiger, aber<br />

nicht besser, meint der Fachm<strong>an</strong>n. Die Glasprothesen sind zwar zerbrechlich, haben aber eine<br />

harte und glatte Oberfläche, die dem Auge den Gl<strong>an</strong>z verleihen. Und sie sind gut verträglich. D<strong>an</strong>k<br />

des sehr widerst<strong>an</strong>dsfähigen Materials können die künstlichen Augen aus Glas relativ l<strong>an</strong>g getragen<br />

werden – durchschnittlich ein bis zwei Jahre, d<strong>an</strong>n wird die Oberfläche vom Tränenfilm beschädigt.<br />

Rund 2000 Menschen in Tschechien tragen Augenprothesen aus Glas, von Kindern bis Senioren.<br />

Die Kr<strong>an</strong>kenkasse zahlt zwei Stück pro Jahr. Über Arbeitsm<strong>an</strong>gel k<strong>an</strong>n Petr Adamovský also nicht<br />

klagen. Er hofft, dass er seine Kenntnisse einmal <strong>an</strong> seinen Sohn weitergeben k<strong>an</strong>n. Der ist aber<br />

erst zwölf Jahre alt und hat moment<strong>an</strong> noch g<strong>an</strong>z <strong>an</strong>dere Interessen. (mit ihg)


Chabarovice verbietet das Rauchen<br />

Von Steffen Neum<strong>an</strong>n<br />

53<br />

Donnerstag, 26. J<strong>an</strong>uar 2012<br />

(Sächsische Zeitung)<br />

Die Stadt nahe Usti ist rigoros. Sie will so Kinder und Jugendliche schützen.<br />

Chabarovice. Tschechien ist eine Insel <strong>für</strong> Raucher. Während in vielen europäischen Ländern<br />

restriktive Bestimmungen das Rauchen einschränken, ist es in Tschechien nahezu unbegrenzt<br />

möglich, sich eine Zigarette <strong>an</strong>zuzünden. Das Städtchen Chabarovice (Karbitz) bei Usti nad Labem<br />

(Aussig) hat nun Rauchen <strong>an</strong> bestimmten Orten verboten. Wie die Tageszeitung „Mlada fronta<br />

Dnes“ berichtet, geht es vor allem um Orte, <strong>an</strong> denen sich Kinder und Jugendliche aufhalten, wie<br />

Spielplätze, Sportplätze sowie entsprechende Ver<strong>an</strong>staltungen. „Wir machen das auch wegen dem<br />

Müll. Überall liegen Zigarettenstummel, auch auf Spielplätzen rauchen Mütter gern mal eine und<br />

werfen die Zigarette d<strong>an</strong>n achtlos weg“, begründet Bürgermeister Josef Kusebauch den <strong>neuen</strong><br />

Erlass.<br />

Wer sich künftig beim Rauchen erwischen lässt, riskiert eine Strafe von mehreren Hundert Kronen<br />

(100 Kronen = 4 Euro). Zu den <strong>neuen</strong> rauchfreien Zonen zählt übrigens auch das Kulturhaus, nicht<br />

um die Jugend zu schützen, sondern wegen des Br<strong>an</strong>dschutzes. „Dort ist alles mit Holz getäfelt.<br />

Aber seit einiger Zeit haben wir dort sowieso nur noch Nichtraucherbälle“, sagt Kusebauch.<br />

Donnerstag, 26. J<strong>an</strong>uar 2012<br />

(Sächsische Zeitung)<br />

Tschechen bewerben sich nicht mit Umgebindehäusern<br />

<strong>für</strong> Unesco<br />

Region. Tschechien sieht es im Moment nicht als Priorität <strong>an</strong>, mit seinen Umgebindehäusern ins<br />

Unesco-Weltkulturerbe aufgenommen zu werden. Das teilte Tereza Konvalinková vom Liberecer<br />

Denkmalamt der SZ mit. Deswegen sei noch keine detaillierte Best<strong>an</strong>dsuntersuchung erstellt<br />

worden. Somit fehle die Grundlage da<strong>für</strong>, diese Art von Häusern <strong>für</strong> die Bewerbung vorzuschlagen,<br />

wie es der Kreis Görlitz tun wird. Die Umgebindehäuser in Böhmen seien in unterschiedlichem<br />

Erhaltungszust<strong>an</strong>d und schwer zu erfassen, so Konvalinková. Vera Kucova vom Nationalen<br />

Denkmalamt in Prag: „Wir haben keinen Zweifel <strong>an</strong> der Bedeutung der Umgebindehäuser, eine<br />

Reihe von ihnen ist als Kulturdenkmal geschützt.“ M<strong>an</strong> sei aber dabei, dem sächsischen Projekt<br />

„Mont<strong>an</strong>region Erzgebirge“ beizutreten. Die Unterlagen dazu müssten – wie die Vorschläge zur<br />

Aufnahme ins Weltkulturerbe <strong>an</strong> die sächsische L<strong>an</strong>desregierung – bis Ende J<strong>an</strong>uar im<br />

tschechischen Kulturministerium abgegeben werden. Es sei daher nicht möglich, ein weiteres<br />

Projekt <strong>an</strong>zuschieben. (kaz)<br />

Nationalb<strong>an</strong>k in Prag bewilligt IWF-Kredit<br />

Tschechien stellt 1,5 Milliarden Euro <strong>für</strong> IWF-<br />

Hilfen bereit<br />

Prag - Die Nationalb<strong>an</strong>k (ČNB) in Prag hat dem tschechischen Beitrag zu den<br />

IWF-Hilfen <strong>für</strong> europäische Schuldenstaaten grünes <strong>Licht</strong> gegeben. Am<br />

Vormittag stimmte ČNB dem Regierungspl<strong>an</strong> zu, einen Kredit von 1,5<br />

Milliarden bereitzustellen, meldete die Nachrichtenagentur ČTK.<br />

D<strong>an</strong>ach werde die Summe aus den Devisenreserven der Zentralb<strong>an</strong>k freigestellt.<br />

Donnerstag, 26. J<strong>an</strong>uar 2012<br />

Tschechien online<br />

Das Vorhaben bedarf noch der Zustimmung des Parlaments, die allerdings als gesichert gilt. Dort<br />

werden die Pläne der Regierung auch von den Sozialdemokraten (ČSSD), der größten


Oppositionspartei, unterstützt.<br />

Fin<strong>an</strong>zminister Mirslav Kalousek (Foto) begrüßte die Entscheidung des Zentralb<strong>an</strong>krats, <strong>an</strong> dessen<br />

Sitzung er teilgenommen hatte. Tschechien zeige mit der Beteiligung <strong>an</strong> den Hilfsmaßnahmen, dass<br />

es innerhalb der EU zu den "ökonomisch gesunden Staaten" gehöre, so der Minister.<br />

Der <strong>an</strong>visierte Kredit liegt weit unter dem ursprünglich beim Krisengipfel in Brüssel geforderten<br />

Beitrag von 3,5 Milliarden Euro. Eine Hilfe in dieser Höhe hatte Prag von vornherein abgelehnt.<br />

ČNB-Gouverneur Miroslav Singer hatte die tschechische Beteiligung <strong>an</strong> dem Vorhaben in einem<br />

Zeitungsgespräch als "absurd" bezeichnet. Staatspräsident Václav Klaus lehnt den Kredit rundweg<br />

ab. (gp)<br />

Foto: Wikimedia Commons<br />

54<br />

Donnerstag, 26. J<strong>an</strong>uar 2012<br />

DNN online<br />

Dieb bleibt in Oberwiesenthal<br />

mit Auto im Schnee stecken und<br />

wird von Polizei gefasst<br />

Foto: dpa<br />

Ein riesiger Haufen Schnee hat in Oberwiesenthal<br />

einen gesuchten Dieb gestoppt, der noch einiges<br />

<strong>an</strong>dere auf dem Kerbholz hatte. (Symbolbild)<br />

Oberwiesenthal. Ein riesiger Haufen Schnee hat in Oberwiesenthal einen gesuchten Dieb gestoppt,<br />

der noch einiges <strong>an</strong>dere auf dem Kerbholz hatte. Der M<strong>an</strong>n aus Tschechien blieb mit seinem Wagen<br />

im Schnee stecken und wurde kurz d<strong>an</strong>ach von der Bundespolizei kontrolliert, wie diese am<br />

Donnerstag mitteilte.<br />

Der 35-Jährige wies sich mit einem fremden Reisepass aus, hatte keinen Führerschein dabei -<br />

da<strong>für</strong> aber Drogen. Bei den weiteren Recherchen stellte sich heraus: Der Führerschein ist in<br />

Tschechien im amtlichen Gewahrsam, der M<strong>an</strong>n hatte zudem eine Einreisesperre <strong>für</strong> Deutschl<strong>an</strong>d -<br />

und muss nun im Zwickauer Gefängnis noch eine Restfreiheitsstrafe von 181 Tagen absitzen wegen<br />

eines besonders schweren Diebstahls.<br />

26-Jährige mit 20 Gramm Crystal erwischt<br />

Freitag, 27. J<strong>an</strong>uar 2012<br />

(Sächsische Zeitung)<br />

Joh<strong>an</strong>ngeorgenstadt/Erfurt. Eine 26-jährige Autofahrerin aus dem L<strong>an</strong>dkreis Zwickau ist bei<br />

einer Zollkontrolle im erzgebirgischen Joh<strong>an</strong>ngeorgenstadt mit etwa 20 Gramm Crystal erwischt<br />

worden. Sie gab <strong>an</strong>, die drei Cliptütchen in ihren Hosentaschen <strong>für</strong> 30 Euro pro Gramm in<br />

Tschechien gekauft zu haben - um es später im Großraum Leipzig/Halle <strong>für</strong> 100 Euro pro Gramm<br />

zu verticken, wie das Hauptzollamt Erfurt am Freitag mitteilte. Damit hätte sie mehr als 1000 Euro<br />

Profit gemacht. Die Frau, die den Fahndern am späten Donnerstagabend ins Netz ging, sitzt nun in<br />

Untersuchungshaft. Der mutmaßlichen Dealerin wird die unerlaubte Einfuhr von Betäubungsmitteln<br />

vorgeworfen. (dpa)


55<br />

Freitag, 27. J<strong>an</strong>uar 2012<br />

radio.cz<br />

Israelischer Botschafter Levy: Tschechien ist unser<br />

engster Verbündeter in der EU<br />

Martina Schneibergová<br />

Der 27. J<strong>an</strong>uar gilt auch in Tschechien als Tag des Gedenkens <strong>an</strong> die Holocaust-<br />

Opfer. Jedes Jahr findet <strong>an</strong> diesem Tag im Senat des tschechischen Parlaments<br />

eine Versammlung zum Gedenken <strong>an</strong> die Opfer der Shoah statt.<br />

Gedenkver<strong>an</strong>staltungen gibt es aber auch <strong>an</strong> <strong>an</strong>deren Orten Tschechiens. So f<strong>an</strong>d<br />

am verg<strong>an</strong>genen Sonntag eine Podiumsdiskussion in Brünn statt.<br />

Mit einem hebräischen Lied wurde das Treffen unter dem Motto „Israel und wir“ eröffnet.<br />

Der israelische Botschafter Jaakov Levy würdigte die Initiative der Ver<strong>an</strong>stalter, die<br />

sowohl von jüdischen, als auch von christlichen Org<strong>an</strong>isationen ausging, und machte<br />

darauf aufmerksam, was Tschechien mit Israel verbindet.<br />

„Israel und die Tschechische Republik teilen viele gemeinsame Werte: den Glauben <strong>an</strong><br />

Demokratie, Pluralismus und Toler<strong>an</strong>z. Wir halten Tschechien <strong>für</strong> unseren engsten<br />

Verbündeten in der Europäischen Union. Wir schätzen die Unterstützung sehr, die die<br />

tschechische Regierung Israel bei verschiedenen internationalen Foren gewährt.“<br />

Foto: ICEJ Wie der Botschafter während der Debatte später <strong>an</strong>merkte, konnte er sich<br />

mittlerweile davon überzeugen, dass die Unterstützung<br />

<strong>für</strong> sein L<strong>an</strong>d nicht nur von den offiziellen Vertretern<br />

Tschechiens artikuliert wird.<br />

„Ich besuche Hochschulen sowie Gymnasien in der<br />

g<strong>an</strong>zen Tschechischen Republik. Nie habe ich ein Zeichen<br />

der Feindseligkeit erlebt, wie es meinen Kollegen öfter<br />

passiert, die in Westeuropa tätig sind. Sie haben häufig<br />

gar keinen Zug<strong>an</strong>g zu den Hochschulen und es wird ihnen<br />

nicht ermöglicht, sich frei zu äußern. Denn der Diskurs<br />

wird dort von Leuten kontrolliert, die grundsätzlich Israel-feindlich sind.“<br />

Israel (Quelle: Microsoft Corp.) Der Politikwissenschaftler Petr<br />

Suchý von der Masaryk-Universität in Brünn bestätigte<br />

gegenüber Radio Prag, dass die Unterstützung Israels in<br />

Tschechien außerordentlich stark ist. Im Unterschied zu<br />

<strong>an</strong>deren Themen ist sie allen politischen Parteien, mit<br />

Ausnahme der Kommunisten, gemein.<br />

„In der tschechischen Politik gegenüber Israel wird die<br />

Kontinuität aufrechterhalten, egal ob rechts- oder<br />

linksorientierte Parteien <strong>an</strong> der Regierung sind. Die Gründe<br />

<strong>für</strong> die Israel-Freundlichkeit Tschechiens sind teilweise<br />

historisch. Zudem ist es auch die Tendenz, einem ähnlich kleinen Staat zu helfen, der<br />

ähnlichen Bedrohungen ausgesetzt ist, wie es die Tschechen aus ihrer eigenen<br />

Geschichte kennen. Nicht zuletzt sehe ich dahinter die Bemühung, den einzigen<br />

demokratischen Staat im Nahen Osten zu stärken.“<br />

Foto: ICEJ Während des Treffens war auch über konkrete<br />

Hilfe <strong>für</strong> Israel die Rede. Die Org<strong>an</strong>isatoren der<br />

Internationalen Christlichen Botschaft Jerusalem (ICEJ)<br />

und der Jüdischen Gemeinde Brünn wollten auch einen<br />

konkreten Beitrag leiste und eröffneten eine<br />

Spendensammlung <strong>für</strong> Yad Vashem. Der Leiter der<br />

tschechischen ICEJ-Zweigstelle, Mojmír Kallus, dazu:


„Die Spendensammlung ist spezielle <strong>für</strong> eine Abteilung von Yad Vashem – <strong>für</strong> die so<br />

gen<strong>an</strong>nten ´Christlichen Freunde von Yad Vashem´ vorgesehen. Das ist eine Initiative,<br />

die in Zusammenarbeit mit der ICEJ in Jerusalem mit dem Ziel entst<strong>an</strong>den ist, vor allem<br />

christlichen Gemeinden bei der Ausein<strong>an</strong>dersetzung nicht nur mit dem Thema Holocaust,<br />

sondern auch mit Vorurteilen im Allgemeinen.“<br />

Rom<strong>an</strong> Onderka Auf der Versammlung wurde zudem eine<br />

Petition gegen Rassenhass und religiöse Intoler<strong>an</strong>z vorgestellt,<br />

die zuvor schon einige bek<strong>an</strong>nte Persönlichkeiten einschließlich<br />

des Brünner Oberbürgermeisters Rom<strong>an</strong> Onderka unterstützt<br />

hatten. Die Initiatoren reagierten auf Erklärungen eines<br />

moslemischen Predigers, der in der Brünner Moschee über das<br />

Töten von Juden durch Moslems sprach. Mojmír Kallus:<br />

„Die Petition soll unsere Empörung darüber zum Ausdruck<br />

bringen, dass so Hass erfüllte Proklamationen heutzutage in<br />

dieser Stadt öffentlich erklingen. Das finden wir unakzeptabel<br />

und fordern Polizeiermittlungen in dieser Sache.“<br />

56<br />

Freitag, 27. J<strong>an</strong>aur 2012<br />

Freie Presse online<br />

Prag wird Hauptsitz <strong>für</strong> Satellitennavigationssystem<br />

Galileo<br />

Konkurrenz zu GPS <strong>an</strong>ge<strong>strebt</strong><br />

Prag (dapd). Prag ist am Freitag offiziell zum Hauptsitz <strong>für</strong> das neue europäische<br />

Satellitennavigationssystem Galileo erklärt worden. Einen entsprechenden Vertrag unterzeichneten<br />

in der tschechischen Hauptstadt Verkehrsminister Pavel Dobes und der Direktor der Europäischen<br />

Aufsichtsbehörde <strong>für</strong> Satellitennavigation (GSA), Carlo des Dorides.<br />

Mit Galileo will die EU vor allem dem amerik<strong>an</strong>ischen Global Positioning System (GPS) Konkurrenz<br />

machen. Bis 2014 soll da<strong>für</strong> ein Netzwerk von 30 Satelliten in Betrieb sein.<br />

© 2012 AP. All rights reserved<br />

Freitag, 27. J<strong>an</strong>uar 2012<br />

Termin <strong>für</strong> <strong>Welterbe</strong>-Antrag <strong>für</strong>s Erzgebirge unklar<br />

Von Tino Moritz<br />

Die Beteiligung Tschechiens nahm <strong>Sachsen</strong> bisl<strong>an</strong>g zum Vorw<strong>an</strong>d da<strong>für</strong>, dass<br />

das Erzgebirge sich erst ab 2014 <strong>für</strong> das Unesco-<strong>Welterbe</strong> bewerben k<strong>an</strong>n. Die<br />

dadurch mögliche Kollision mit dem Naumburger Dom fällt aber womöglich aus:<br />

Prag will sich nämlich beeilen.<br />

Besucher des Markus-Röhling-Stollen in Annaberg-Buchholz informieren<br />

sich unter Tage über das <strong>Welterbe</strong>-Projekt «Mont<strong>an</strong>region Erzgebirge».<br />

Foto: dpa<br />

Fotogalerien<br />

Die deutschen <strong>Welterbe</strong>stätten<br />

Die <strong>neuen</strong> <strong>Welterbe</strong>stätten der Unesco<br />

Dresden/Prag. Tschechien glaubt <strong>an</strong> 2013, <strong>Sachsen</strong> redet von<br />

frühestens 2014, und wegen des Nachbars <strong>Sachsen</strong>-Anhalt wird es womöglich erst 2015: W<strong>an</strong>n<br />

sich das Erzgebirge <strong>für</strong> den Unesco-<strong>Welterbe</strong>titel bewirbt, ist bisl<strong>an</strong>g unklar. Nachdem <strong>Sachsen</strong> am<br />

Freitag das Ziel 2013 wegen der kürzlich beschlossenen Beteiligung Tschechiens am Antrag als<br />

unerreichbar darstellte, folgte prompt der Widerspruch aus Prag: Vize-Kulturministerin Anna<br />

Matouschkowa erklärte dem dortigen ARD-Studio, dass Tschechien am ursprünglichen Zeitpl<strong>an</strong>


festhalte. Und der sah eine Bewerbung 2013 vor.<br />

Bis Ende Februar - also in den nächsten viereinhalb Wochen - werde m<strong>an</strong> <strong>Sachsen</strong> alle<br />

tschechischen Bewerbungsorte übermitteln, sagte Matouschkowa. Dies sei so vereinbart, damit sich<br />

das Erzgebirge 2013 bewerben und 2014 in die <strong>Welterbe</strong>liste aufgenommen werden k<strong>an</strong>n. Diesen<br />

Fahrpl<strong>an</strong> hatten bisl<strong>an</strong>g auch die Projektver<strong>an</strong>twortlichen <strong>für</strong> das <strong>Welterbe</strong> <strong>für</strong> die „Mont<strong>an</strong>region<br />

Erzgebirge“ um Professor Helmuth Albrecht von der TU Bergakademie Freiberg im Blick.<br />

<strong>Sachsen</strong>s Kabinett wiederum bek<strong>an</strong>nte sich zwar auf seiner Sitzung am Dienstag zu einer<br />

gemeinsamen Bewerbung mit Tschechien - aber „frühestens 2014“, wie es <strong>an</strong>schließend hieß. „Für<br />

uns war immer klar, dass wir mit der Aufnahme unserer tschechischen Partner 2013 nicht mehr<br />

schaffen“, bekräftigte Innenministeriumssprecher Lothar Hofner am Freitag in Dresden. Prag habe<br />

signalisiert, frühestens 2014 soweit zu sein.<br />

Damit tat sich jedoch ein neues Problem auf: Deutschl<strong>an</strong>d darf pro Jahr nur noch eine<br />

Kulturl<strong>an</strong>dschaft <strong>für</strong>s Unesco-Erbe vorschlagen. Ursprünglich war das Erzgebirge bereits <strong>für</strong> 2013<br />

vorgemerkt, <strong>für</strong> 2014 steht bisl<strong>an</strong>g der Naumburger Dom auf der Liste. „Wir sind sicher, das wir<br />

mit <strong>Sachsen</strong>-Anhalt eine Lösung finden, <strong>an</strong>sonsten würde sich die Antragstellung um zwölf Monate<br />

verschieben“, betonte Hofner. Dass m<strong>an</strong> sich mit <strong>Sachsen</strong>-Anhalt über die Warteliste abstimmen<br />

müsse, sei im Übrigen auch „immer klar“ gewesen. Es gehe darum, in welcher Reihenfolge<br />

Deutschl<strong>an</strong>d 2014 und 2015 die „Mont<strong>an</strong>region Erzgebirge“ und den Naumburger Dom ins Rennen<br />

um den Unesco-<strong>Titel</strong> schickt.<br />

Die Chemnitzer „Freie Presse“ (Freitagausgabe) hatte die Bewerbung ernsthaft in Gefahr gesehen,<br />

weil der Termintausch mit <strong>Sachsen</strong>-Anhalt nicht realisierbar sei. „Von 2013 war vielleicht <strong>an</strong>f<strong>an</strong>gs<br />

mal die Rede, aber jetzt geht es um 2014 oder 2015“, sagte Hofner daraufhin - bevor sich die<br />

tschechische Vize-Kulturministerin plötzlich zu Wort meldete. Behält <strong>Sachsen</strong>s Regierung Recht,<br />

würde das Erzgebirge frühestens 2015 eine <strong>Titel</strong>-Ch<strong>an</strong>ce erhalten. Die Entscheidung fällt immer im<br />

Sommer des Jahres nach der Antragstellung.<br />

Die „Mont<strong>an</strong>region Erzgebirge“ bewirbt sich nicht um einen flächendeckenden <strong>Titel</strong> als Erbe. Nach<br />

derzeitigem St<strong>an</strong>d sind auf deutscher Seite 40 Stätten beteiligt, darunter die Altstädte mehrerer<br />

Kommunen. In Tschechien haben die Regionen Usti nad Labem und Karlovy Vary Interesse<br />

bekundet. Hinter der Bewerbung stehen auf sächsischer Seite mittlerweile mehr als 30 Kommunen<br />

und drei L<strong>an</strong>dkreise. (dpa)<br />

57<br />

Samstag, 28. J<strong>an</strong>uar 2012<br />

(Sächsische Zeitung)<br />

Tschechien nennt im Februar Orte <strong>für</strong> die Mont<strong>an</strong>region<br />

Dresden/Prag. Tschechien glaubt <strong>an</strong> 2013, <strong>Sachsen</strong> redet von frühestens 2014, und wegen des<br />

Nachbarn <strong>Sachsen</strong>-Anhalt wird es womöglich erst 2015: W<strong>an</strong>n sich das Erzgebirge <strong>für</strong> den Unesco-<br />

<strong>Welterbe</strong>titel bewirbt, ist bisl<strong>an</strong>g unklar. Nachdem <strong>Sachsen</strong> am Freitag das Ziel 2013 wegen der<br />

kürzlich beschlossenen Beteiligung Tschechiens am Antrag als unerreichbar darstellte, folgte<br />

prompt der Widerspruch aus Prag: Vize-Kulturministerin Anna Matouskova erklärte dem dortigen<br />

ARD-Studio, Tschechien halte am ursprünglichen Zeitpl<strong>an</strong> fest. Und der sieht eine Bewerbung 2013<br />

vor.<br />

Bis Ende Februar werde m<strong>an</strong> <strong>Sachsen</strong> alle tschechischen Bewerbungsorte übermitteln, sagte<br />

Matouskova. Dies sei so vereinbart, damit sich das Erzgebirge 2013 bewerben und 2014 d<strong>an</strong>n in<br />

die <strong>Welterbe</strong>liste aufgenommen werden könne. (dpa)<br />

Güterkahn kollidiert mit Elbbrücke<br />

Montag, 30. J<strong>an</strong>uar 2012<br />

(Sächsische Zeitung)


Dresden. Kurze Ausfahrt aus dem Dresdner Alberthafen: Ein Güterkahn aus Tschechien ist am<br />

Sonnabend auf der Elbe mit dem Betonfundament eines Brückenpfeilers kollidiert. Menschen<br />

wurden nicht verletzt.<br />

Über die Schäden <strong>an</strong> Schiff und Brücke gibt es noch keine Angaben. Der Güterkahn wurde nach<br />

dem unfreiwilligen Stopp mithilfe eines Schleppers in den nahen Alberthafen zurückbugsiert. (dpa)<br />

Gluck-Festspiele rücken Prag in den Blickpunkt<br />

58<br />

Montag, 30. J<strong>an</strong>uar 2012<br />

Fokus.de<br />

Die Nürnberger Gluck-Opern-Festspiele stellen in diesem Jahr die tschechische Hauptstadt Prag in<br />

den Mittelpunkt. „Prag ist eine wichtige Musikstadt – das war sie schon im 18. Jahrhundert“, sagte<br />

Staatsintend<strong>an</strong>t Peter Theiler am Montag in Nürnberg.<br />

Das Festival vom 20. bis 28. Juli findet zu Ehren des Komponisten Christoph Willibald Gluck (1714-<br />

1787) statt. Der Opernreformer wurde in Erasbach bei Nürnberg geboren.<br />

Unter dem Motto „Gluck, Prag und die Antike“ beteiligen sich zahlreiche tschechische Musiker <strong>an</strong><br />

den vierten Gluck-Festspielen. Einen Querschnitt durch die böhmische Musik stellt zum Auftakt das<br />

Konzert des Prager Barockorchesters Collegium 1704 dar, wie Theiler <strong>an</strong>kündigte. Eine thematische<br />

Brücke schlägt auch das Melodram „Medea in Prag“ mit Schauspielerin Martina Gedeck („Das Leben<br />

der Anderen“).<br />

Das Thema „Antike“ bildet den zweiten Festival-Schwerpunkt. Die Oper „Elektra“ von Richard<br />

Strauss soll dazu <strong>an</strong>regen, sich mit Mythen dieser Epoche ausein<strong>an</strong>derzusetzen, „wie es auch schon<br />

Gluck und seine Zeitgenossen gemacht haben“, sagte Theiler. Entsprechend wird Glucks Frühwerk<br />

„Ezio“ (1750) auch im Nürnberger Jugendstil-Volksbad inszeniert, das die Besucher <strong>an</strong> eine<br />

römische Therme erinnern soll.<br />

dpa<br />

Svoboda neuer ODS-Chef in Prag<br />

Delegierte wählen den Oberbürgermeister mit großer<br />

Mehrheit<br />

Prag - Der Prager Oberbürgermeister Bohuslav Svoboda (rechts)<br />

ist neuer Vorsitzender der Demokratischen Bürgerpartei (ODS) in<br />

der tschechischen Hauptstadt.<br />

Beim ODS-Kongress in Prag stimmten am Montag 68 von 95<br />

Delegierten <strong>für</strong> den OB, wie der Tschechische Rundfunk<br />

berichtete.<br />

Montag, 30. J<strong>an</strong>uar 2012<br />

Tschechien online<br />

Sein einziger Gegenk<strong>an</strong>didat, der frühere Stadtrat Jiří J<strong>an</strong>eček, erhielt nur zehn Stimmen. Bei<br />

der Wahl gab es 13 Enthaltungen, vier Stimmzettel waren ungültig.<br />

Erster Vizevorsitzender wurde erwartungsgemäß der stellvertretende Fin<strong>an</strong>zminister Zdeněk<br />

Zajíček, der bei der Wahl keinen Gegenk<strong>an</strong>didaten hatte.<br />

Bohuslav Svoboda rief die Delegierten dazu auf, sich <strong>für</strong> die "Erneuerung der domin<strong>an</strong>ten<br />

Stellung" der ODS in Prag einzusetzten und das Vertrauen der Wähler zurück zu gewinnen.<br />

"Dies geht nicht durch die bloße Wiederholung der St<strong>an</strong>dpunkte und Methoden, wegen derer<br />

wir das Vertrauen verloren hatten", so der OB.<br />

Der überragende Sieg Svobodas markiert den Wechsel <strong>an</strong> der Spitze der Prager ODS, der sich


ereits seit Monaten <strong>an</strong>gebahnt hatte. Ein wichtiger Schritt war zuletzt die Kündigung der<br />

großen Koalition mit der sozialdemokratischen ČSSD zugunsten der Zusammenarbeit mit der<br />

konservativen TOP09.<br />

Nach der Wahl der <strong>neuen</strong> Führung erklärte der bisherige Prager ODS-Chef Boris Šťastný<br />

unmittelbar seinen Rücktritt. Seinem Beispiel folgten die Vizevorsitzenden Josef Nosek, Pavel<br />

Klega, Tomáš Chalupa und Rudolf Blažek. (gp)<br />

Foto: Tschechisches Fernsehen<br />

59<br />

Montag, 30. J<strong>an</strong>uar 2012<br />

(Sächsische Zeitung)<br />

Akademie macht DDR-Untergrund-Kunst zum Thema<br />

Dresden. Die Sächsische Akademie der Künste will die l<strong>an</strong>ge überfällige Aufarbeitung des Themas<br />

der staatsfernen Kunst in der DDR <strong>an</strong>stoßen. „Das ist im Bereich der Bildenden Kunst immer noch<br />

virulent, <strong>für</strong> betroffene Künstler ein Lebensthema“, sagte Präsident Peter Gülke am Montag in<br />

Dresden. Innerhalb der Akademie gebe es mehr als 20 Jahre nach der Wende noch immer<br />

Diskussionen über das schwierige Verhältnis zwischen denen, die zu DDR-Zeiten dem Staat<br />

ästhetisch zugearbeitet hätten, und denen, die ausgeschlossen gewesen seien. In einer internen<br />

Werkstatt sollen sich daher Experten mit der Einordnung und Bewertung von Werken jenseits der<br />

Staatskultur der DDR beschäftigen.<br />

War Auftragskunst von vornherein Korrumpiert?<br />

„Auslöser war die gepl<strong>an</strong>te Ausstellung der DDR-Kunstsammlung der Wismut GmbH“, sagte Gülke.<br />

Es gehe darum, Gerechtigkeit herzustellen, auch wenn eine Dokumentation dieses Schaffens „im<br />

Untergrund“ schwerer als die der offiziellen Kunst sei. Dabei gehe es auch um die Frage, ob<br />

Auftrags- und Staatskunst von vornherein korrumpiert seien und die <strong>an</strong>dere die wahre Kunst sei.<br />

„Wir werden die Reihe so l<strong>an</strong>ge fortführen, bis Aufarbeitung und Dokumentation der einst<br />

subversiven Kunst den gleichen Grad erreicht hat wie die der offiziellen Kunst.“<br />

Die DDR-Kunstsammlung der bundeseigenen Wismut GmbH soll im künftigen Haus der Archäologie<br />

in Chemnitz dauerhaft zu sehen sein. Die rund 4000 Kunstwerke aus dem Besitz des Unternehmens<br />

stammen aus den Jahren 1959 bis 1989 und waren zu einem großen Teil Auftragsarbeiten.<br />

Die Akademie der Künste insgesamt will künftig mehr Impulsgeber als Ver<strong>an</strong>staltungsort sein. „Wir<br />

sind nicht Gralshüter der Kunst von gestern, sondern müssen als Beobachter die kulturelle<br />

Entwicklungen verstehen, sie vorausschauend erkennen, begleiten und kommentieren“, sagte<br />

Gülke. Dabei könne eine interne Vernetzung der Klassen helfen. Gepl<strong>an</strong>t sei zudem in einer Art<br />

Brückenschlag die Wiederbelebung alter Verbindungen zu Kollegen in Polen und Tschechien. (dpa)<br />

Besucherrekord bei den Schmalfilmtagen<br />

Montag, 30. J<strong>an</strong>uar 2012<br />

(Sächsische Zeitung)<br />

Dresden. Die 13. Dresdner Schmalfilmtage vermelden einen Besucherrekord: Fast 1000 Besucher<br />

sahen <strong>an</strong> drei Festivaltagen Neubearbeitungen sowie internationale Neuproduktionen auf Super8<br />

und 16mm. Trotz geringerer Förderung und der Insolvenz des Sponsors Kodak waren Filmemacher<br />

aus Großbrit<strong>an</strong>nien, Sp<strong>an</strong>ien, Italien, Schweiz, Kolumbien, Tschechien und Deutschl<strong>an</strong>d zu Gast.<br />

Der Jurypreis ging <strong>an</strong> Flori<strong>an</strong> Rau <strong>für</strong> seinen Film „Brainmodulator“. Der Publikumspreis ging <strong>an</strong> den<br />

Schweizer David Pfluger <strong>für</strong> „Essenz“.(SZ)<br />

Montag, 30. J<strong>an</strong>uar 2012<br />

orf.at


Tschechien: Auto des Verkehrsministers verw<strong>an</strong>zt<br />

Eine Abhör<strong>an</strong>lage haben Techniker bei einer Wartung im Dienstauto des tschechischen<br />

Verkehrsministers Pavel Dobes entdeckt. Das berichtete die Prager Zeitung „Dnes“ heute unter<br />

Berufung auf Regierungskreise. Unklar war zunächst, warum das Ministerium den Fund der<br />

Abhörw<strong>an</strong>zen im Herbst 2011 nicht der Polizei gemeldet hatte.<br />

Tschechische Medien vermuten, dass der Spitzelverdacht auf die Partei des Ministers zurückfallen<br />

könnte. Im April 2011 hatte ein früherer Verkehrsminister der mitregierenden Partei <strong>für</strong> Öffentliche<br />

Angelegenheiten (VV) wegen einer Korruptions- und Spitzelaffäre das Amt räumen müssen.<br />

Nach einem Überg<strong>an</strong>gsminister übernahm d<strong>an</strong>n sein erst 30 Jahre alter Parteikollege Dobes das<br />

Verkehrsministerium, das über millionenschwere Bauprojekte entscheidet.<br />

PIRNA<br />

60<br />

Montag, 30. J<strong>an</strong>uar 2012<br />

(Sächsische Zeitung)<br />

Gericht verurteilt Autoschmuggler zu Haftstrafen<br />

Von Christi<strong>an</strong> Eissner<br />

Bis zu 25 Monate müssen drei Tschechen wegen Hehlerei ins Gefängnis.<br />

Trotzdem verließen sie das Gericht ohne<br />

H<strong>an</strong>dschellen.<br />

Ein Kriminaltechniker untersucht am 9. September 2011 einen der<br />

gestohlenen Skoda Octavia. Der T<strong>an</strong>kdeckel ist aufgeschnitten. Im<br />

Hintergrund der zweite Skoda und der weiße VW-Bus. Foto:<br />

brennpunktfoto<br />

Es war ein Autobahn-Krimi mit glücklichem Ausg<strong>an</strong>g : In der<br />

Nacht zum 8. September vorigen Jahres nahmen L<strong>an</strong>des- und<br />

Bundespolizei auf der A17 drei Autoschieber fest, die einen VW-<br />

Bus und zwei Skoda Octavia, alle in Erfurt gestohlen, nach Tschechien schmuggeln wollten. Kurz<br />

vor dem Autobahn-Grenzüberg<strong>an</strong>g Bahratal war die Fahrt der Tschechen unfreiwillig – und filmreif<br />

– zu Ende.<br />

Nach viereinhalb Monaten Untersuchungshaft st<strong>an</strong>den die 34 und 35 Jahre alten Männer kürzlich in<br />

Pirna vor Gericht. Auf Empfehlung ihrer Verteidiger räumten sie den Autoschmuggel ein. Sie<br />

erzählten, dass sie die Autos jeweils auf einem Parkplatz nahe Erfurt in Empf<strong>an</strong>g genommen hatten<br />

– aufgebrochen und kurzgeschlossen – mit dem Auftrag, sie nach Tschechien zu fahren. Für diesen<br />

Dienst sollten sie zwischen 10000 und 20000 Kronen (rund 400 bzw. 800 Euro) erhalten, von<br />

Hintermännern, über die sie vor Gericht schwiegen.<br />

Was die drei nicht wussten: Die Polizei hatte in jener Nacht auf der A17 zwischen Dresden und<br />

tschechischer Grenze eine intensive Kontrolle vorbereitet. Tatsächlich fielen der Besatzung eines<br />

zivilen Einsatzwagens in den frühen Morgenstunden drei Autos mit Erfurter bzw. Nordhäuser<br />

Kennzeichen auf: ein roter und ein silberner Skoda Octavia Kombi und ein VW T5. Kurz nach der<br />

Abfahrt Dresden-Südvorstadt wollten die Beamten den grauen Octavia stoppen, der Fahrer, Karel<br />

B., gab jedoch Gas. Er kam bis kurz vor die Grenze, wo drei nebenein<strong>an</strong>der fahrende<br />

Streifenwagen der Bundespolizei die Autobahn blockierten.<br />

Nach Angaben der am Einsatz beteiligten Polizisten versuchte Karel B. noch, einen Streifenwagen<br />

zu rammen, um sich vorbeizudrängeln, wurde aber erfolgreich ausgebremst. Er ließ sich<br />

widerst<strong>an</strong>dslos festnehmen.<br />

Den zweiten Autoschmuggler, Lubos K. im weißen VW-Bus, erwischten die Polizisten im sich<br />

bildenden Stau. Der dritte, Petr P., ließ den roten Octavia auf der Überholspur stehen und flüchtete<br />

zu Fuß über Böschung und Wildzaun auf ein Feld, wo ihn schließlich die Besatzung eines<br />

Polizeihubschraubers entdeckte. Von einem „empfindlichen Schlag“ gegen die Automafia sprach<br />

damals der leitende Polizeidirektor Joachim Klar. Der Aufw<strong>an</strong>d hatte sich gelohnt.<br />

Stattliches Vorstrafenregister


Das Pirnaer Schöffengericht um Amtsrichter Andreas Beeskow bef<strong>an</strong>d alle drei Angeklagten der<br />

Hehlerei <strong>für</strong> schuldig, wobei das Gericht ihnen ein b<strong>an</strong>denmäßiges Agieren nicht nachweisen<br />

konnte. Lubos K. wurde zu einem Jahr und sechs Monaten Haft verurteilt, ausgesetzt <strong>für</strong> vier Jahre<br />

zur Bewährung. Petr P. bekam ein Jahr und elf Monate Haft – ohne Bewährung. Ausschlaggebend<br />

<strong>für</strong> das Gericht war dabei, dass P. in Tschechien ein stattliches Vorstrafenregister hat und sich zum<br />

Tatzeitpunkt unter Bewährung bef<strong>an</strong>d. Die höchste Strafe erhielt Karel B., der nicht nur wegen<br />

Hehlerei, sondern auch wegen vorsätzlichen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr und<br />

Nötigung verurteilt wurde. Er muss <strong>für</strong> zwei Jahre und einen Monat in Haft.<br />

Trotz des Urteils verließen alle drei Männer ohne H<strong>an</strong>dschellen das Gericht. Karel B. und Petr P.<br />

bekommen ihre Ladung zum Haft<strong>an</strong>tritt per Post nach Tschechien zugestellt. Von einer sofortigen<br />

Vollstreckung des Urteils habe das Gericht abgesehen, erklärte Richter Beeskow, da Flucht- und<br />

Verdunklungsgefahr nicht in ausreichendem Maße gegeben sei. Alle Verurteilten konnten einen<br />

festen Wohnsitz nachweisen. Beeskow: „Hier muss das Gericht dieselben Regeln <strong>an</strong>legen, die auch<br />

<strong>für</strong> Angeklagte aus Deutschl<strong>an</strong>d gelten.“<br />

Sparpakt und ESM-Fonds beschlossen<br />

61<br />

Dienstag, 31. J<strong>an</strong>uar 2012<br />

DNN online<br />

Brüssel (dpa) - Harte Zeiten <strong>für</strong> Defizitsünder in Europa: Der EU-Gipfel in Brüssel hat sich auf einen<br />

beispiellosen Sparpakt <strong>für</strong> mehr Haushaltsdisziplin geeinigt. 25 Staaten ziehen mit, Großbrit<strong>an</strong>nien<br />

und Tschechien wollen nicht. K<strong>an</strong>zlerin Angela Merkel spricht von einer wirklichen Meisterleistung.<br />

Sie konnte zentrale Forderungen wie automatische Strafen <strong>für</strong> Schuldensünder und<br />

Schuldenbremsen nach deutschem Vorbild durchsetzen. Der Pakt soll im März unterzeichnet<br />

werden. Beschlossen wurde beim Sondergipfel in Brüssel auch der Krisenfonds <strong>für</strong> schwächelnde<br />

Euro-Länder ESM.<br />

EU-Gipfel beschließt Sparkurs<br />

Dienstag, 31. J<strong>an</strong>uar 2012<br />

(Sächsische Zeitung)<br />

Berlin hat sich durchgesetzt: Die EU-Staaten verpflichten sich in Brüssel zum<br />

Sparen und akzeptieren strengere S<strong>an</strong>ktionen. Völlig allein steht Deutschl<strong>an</strong>d<br />

auf dem Gipfel dagegen mit der Idee eines EU-Aufsehers <strong>für</strong> Athen.<br />

Bundesk<strong>an</strong>zlerin Merkel hat sich auf dem EU-Gipfel in Brüssel mit ihren<br />

Sparvorschlägen weitgehend durchgesetzt. Foto: dapd<br />

In sz-online<br />

Video:<br />

EU-Gipfel: Fiskalunion ohne London und Prag<br />

Hintergrund:<br />

Die Kernpunkte des <strong>neuen</strong> Sparpakts<br />

Brüssel. Mit einem historischen Pakt schwenken die EU-Staaten<br />

auf einen strikten Sparkurs ein - doch Großbrit<strong>an</strong>nien und<br />

überraschend auch Tschechien ziehen nicht mit. Auf dem EU-Sondergipfel vereinbarten lediglich 25<br />

Staaten den Pakt <strong>für</strong> mehr Haushaltsdisziplin, der in der Euro-Krise die nervösen Fin<strong>an</strong>zmärkte<br />

beruhigen soll. Bundesk<strong>an</strong>zlerin Angela Merkel (CDU) setzte sich dabei mit ihren Kernforderungen<br />

durch und sprach nach siebenstündiger Beratung von „einer wirklichen Meisterleistung“.<br />

Deutschl<strong>an</strong>d hofft, dass der Pakt künftig verhindert, dass kriselnde Euro-Staaten gig<strong>an</strong>tische<br />

Haushaltsdefizite <strong>an</strong>häufen und vor der Pleite stehen - wie derzeit Griechenl<strong>an</strong>d.<br />

Heftige Kritik musste Merkel dagegen wegen der Forderung aus Deutschl<strong>an</strong>d nach einem


„Sparkommissar“ <strong>für</strong> Griechenl<strong>an</strong>d einstecken. Im Kreis der EU-Partner hatte die Idee keine<br />

Ch<strong>an</strong>ce. Selbst Merkels enger Verbündeter, Fr<strong>an</strong>kreichs Präsident Nicolas Sarkozy, sagte: „M<strong>an</strong><br />

k<strong>an</strong>n kein L<strong>an</strong>d, egal welches es ist, unter Vormundschaft stellen.“<br />

"Frustration" über Entwicklung in Griechenl<strong>an</strong>d<br />

Die K<strong>an</strong>zlerin blieb aber dabei, dass mehr Kontrolle der griechischen Maßnahmen zur Überwindung<br />

der Schuldenkrise nötig seien. Es gebe eine „gewisse Frustration“ über die Entwicklung in<br />

Griechenl<strong>an</strong>d. „Die Frage stellt sich, ob etwas verbessert werden k<strong>an</strong>n“, sagte die K<strong>an</strong>zlerin nach<br />

Gipfel-Ende. Der Vorsitzende der Euro-Gruppe, Luxemburgs Premier Je<strong>an</strong>-Claude Juncker, dagegen<br />

erklärte das Thema <strong>für</strong> erledigt. Es sei beim Gipfel nicht zur Sprache gebracht worden. „Mein<br />

Eindruck ist, dass diese Frage vom Tisch ist.“<br />

Bei der Rettung Griechenl<strong>an</strong>ds vor der Staatspleite macht EU-Gipfelchef Herm<strong>an</strong> V<strong>an</strong> Rompuy<br />

Druck. Die europäischen Fin<strong>an</strong>zminister müssten bis Ende der Woche das bereits im Oktober<br />

beschlossene zweite Griechenl<strong>an</strong>d-Hilfspaket von 130 Milliarden Euro endgültig unter Dach und<br />

Fach bringen, sagte der Belgier.<br />

Nach Abschluss des EU-Gipfels in Brüssel gab es noch Beratungen zur griechischen Schuldenkrise<br />

im kleinen Kreis. Dabei ging es um den St<strong>an</strong>d der Verh<strong>an</strong>dlungen zwischen Athen und den privaten<br />

Gläubigern wie B<strong>an</strong>ken und Versicherungen um den gepl<strong>an</strong>ten Schuldenerlass. „Das ist ein völlig<br />

undramatischer Informationsaustausch“, erklärte Juncker. Er hoffe, dass es in den nächsten Tagen<br />

eine Einigung gebe.<br />

Schuldenbremse <strong>für</strong> 25 EU-Staaten<br />

Im zwischenstaatlichen Fiskalvertrag verpflichten sich die 25 Länder zum Sparen und zur<br />

Einführung einer Schuldenbremse nach deutschem Vorbild. Sie akzeptieren eine schärfere<br />

Haushaltskontrolle der EU sowie härtere Strafen gegen Schuldensünder. Der Vertrag soll nach<br />

bisherigem Zeitpl<strong>an</strong> im März unterschrieben werden und muss d<strong>an</strong>n noch in den Mitgliedstaaten<br />

gebilligt (ratifiziert) werden. Er soll spätestens Anf<strong>an</strong>g 2013 in Kraft treten.<br />

Der Präsident der Europäischen Zentralb<strong>an</strong>k, Mario Draghi, lobte den Fiskalpakt als ersten Schritt<br />

in Richtung einer gemeinsamen Fin<strong>an</strong>z- und Haushaltspolitik. In den USA stießen die<br />

Entscheidungen des EU-Gipfels im Kampf gegen die Schuldenkrisen dagegen auf Skepsis. „Europa<br />

bleibt eine Sorge“, sagte der Sprecher des Weißen Hauses, Jay Carney, in Washington. „Es gibt<br />

positive Entwicklungen, aber es muss noch mehr Arbeit get<strong>an</strong> werden.“<br />

Die Staatenlenker legten beim Fiskalpakt nach längeren Debatten einen Streit mit Polen und<br />

<strong>an</strong>deren Nicht-Euro-Ländern über die Teilnahme <strong>an</strong> Gipfeltreffen der Euro-Gruppe bei. Diese<br />

Staaten sollen <strong>an</strong> allen Beratungen teilnehmen dürfen, bei denen es um drei Themen geht: die<br />

Wettbewerbsfähigkeit, Veränderungen in der globalen Strategie der Euro-Währung und künftige<br />

Reformen der Grundregeln <strong>für</strong> die Gemeinschaftswährung.<br />

Die „Chefs“ billigten auch den dauerhaften Krisenfonds <strong>für</strong> schwächelnde Euro-Länder ESM. Dieser<br />

soll am 1. Juli starten und einen Umf<strong>an</strong>g von 500 Milliarden Euro haben. Er soll Kredite am<br />

Kapitalmarkt aufnehmen und dieses Geld <strong>an</strong> pleitebedrohte Euro-Staaten weiterreichen. Ob das<br />

Volumen <strong>für</strong> Notkredite ausreicht, soll der nächste EU-Gipfel im März überprüfen.<br />

Aktionen <strong>für</strong> mehr Wirtschaftswachstum<br />

Der Gipfel beschloss auch, mehr <strong>für</strong> das Wirtschaftswachstum und vor allem <strong>für</strong> Arbeitsplätze<br />

junger Menschen zu machen. Schweden zieht dabei als einziges L<strong>an</strong>d vorerst aber nicht mit. Unter<br />

<strong>an</strong>derem sollen vorh<strong>an</strong>dene Mittel aus den Brüsseler EU-Töpfen rascher und besser eingesetzt<br />

werden. Derzeit sind in den Strukturfonds noch 82 Milliarden Euro vorh<strong>an</strong>den, die bisher nicht<br />

konkret verpl<strong>an</strong>t sind.<br />

Sorge macht auch das hochverschuldete Portugal, das wieder ins Visier der Anleger geraten ist. Die<br />

Renditen <strong>für</strong> Staats<strong>an</strong>leihen kletterten auf die höchsten Stände seit Einführung des Euro. Der Fast-<br />

Pleitestaat erhält bereits 78 Milliarden Euro Nothilfen aus dem derzeitigen Rettungsfonds EFSF.<br />

Das <strong>an</strong>dere Sorgenkind der Euro-Zone, Italien, benötigt nach eigenen Angaben kein Geld aus dem<br />

Euro-Krisenfonds EFSF. Italiens Ministerpräsident Mario Monti sagte: „Wir schauen nicht auf die<br />

62


europäischen Krisenfonds mit dem Auge desjenigen, der denkt, Geld aus diesen Fonds zu<br />

benötigen.“ (dpa)<br />

Tschechen beenden ihr Praktikum<br />

Von Peter Noack<br />

Vier tschechische Studenten lernten fünf Monate<br />

l<strong>an</strong>g in Riesa Sprache, L<strong>an</strong>d und Leute besser<br />

kennen.<br />

Die vier tschechischen Studenten am Arbeitsplatz. Foto: Peter Noack<br />

63<br />

Dienstag, 31. J<strong>an</strong>uar 2012<br />

(Sächsische Zeitung)<br />

David Matoušek, Nadija Macnva, Lukáš Bounek und Tomáš<br />

Ležik reisen zurück nach Tschechien. Hinter ihnen liegen fünf aufregende Monate. „Ich spreche<br />

jetzt mehr deutsch als vorher und verstehe auch mehr von Marketing“, lacht David Matoušek. Der<br />

Student der Fachhochschule in Rychnov führte im Riesaer Autohaus Gute Fahrt eine aufwändige<br />

Kundenstruktur<strong>an</strong>alyse durch. Er ist einer von vier Studenten der tschechischen Hochschulen in<br />

Rychnov und Kostelec, die durch das Austauschprogramm der Europäischen Union Leonardo da<br />

Vinci nach Riesa kamen, um hier ein Praktikum zu absolvieren. Ihre Praktikumsergebnisse müssen<br />

sie nun noch in einer deutschsprachigen Präsentation vor den Dozenten der Riesaer<br />

Berufsakademie verteidigen. Die Resultate fließen in die Forschungsarbeit der Hochschulen ein.<br />

Neben Fortschritten in der deutschen Sprache, lernten die Studenten auch das L<strong>an</strong>d besser<br />

kennen. Besuche in Meißen, Dresden und Wolfsburg gehörten genauso zum Programm, wie die<br />

Erkundung Riesas. „Riesa ist eine Sportstadt, da ist immer was los“, sagt Tomáš Ležik.<br />

Dienstag, 31. J<strong>an</strong>uar 2012<br />

DMM.travel<br />

Ausbau der Schiene zwischen Tschechien und Bayern<br />

Bayern und Tschechien wollen ihre Schienenverbindung ausbauen. Dazu soll eine<br />

Absichtserklärung unterzeichnet werden. Im Geschäftsreiseverkehr spielen die<br />

moment<strong>an</strong>en Bahnverbindungen so gut wie keine Rolle.<br />

Die Bahnstrecken zwischen Bayern und Tschechien sollen ausgebaut werden.<br />

Eine entsprechende Absichtserklärung soll im Frühjahr unterzeichnet werden.<br />

Es gab Zeiten, da fuhren Luxuszüge vom Westen und Südwesten<br />

Deutschl<strong>an</strong>ds über Nürnberg nach Böhmen bis Prag. Nach dem<br />

zweiten Weltkrieg war damit Schluss. Und seit den 1960er Jahren<br />

dümpeln einige wenige Fernverkehrsverbindungen mehr oder weniger vor sich hin. Und während<br />

auf tsechischer Seite die Hauptbahnen in Schuss gebracht und elektrifiziert werden, hat sich auf<br />

bundesdeutscher Seite vergleichsweise wenig bis nichts get<strong>an</strong>. Nun aber schmieden der Freistaat<br />

Bayern und Tschechien <strong>an</strong> einem Bündnis <strong>für</strong> bessere Bahnverbindungen, schreibt das Bayerische<br />

Staatsministerium <strong>für</strong> Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie.<br />

Wie Bayerns Verkehrsminister Martin Zeil bei den 150-Jahr-Feierlichkeiten zur Aufnahme des<br />

Zugverkehrs zwischen Bayern und Böhmen in Furth i. Wald verkündete, will er in Kürze mit dem<br />

tschechischen Verkehrsminister Pavel Dobeš ein Memor<strong>an</strong>dum zum Ausbau des Schienenverkehrs<br />

zwischen beiden Ländern unterzeichnen. Nach Zeils Worten ist zwar der frühere eiserne Vorh<strong>an</strong>g<br />

seit fast einem Vierteljahrhundert verschwunden, aber bei der Schiene wirkt die unzureichende<br />

Infrastruktur immer noch fast wie ein Schlagbaum. Alle Beteiligten sollten bereit sein, ein größeres<br />

Rad als bisher bei diesem Thema zu drehen. Von ausgebauten Bahntrassen könnten das bayerischtschechische<br />

Mitein<strong>an</strong>der, die gemeinsamen Wirtschaftsbeziehungen und die Umwelt diesseits und<br />

jenseits der Grenze profitieren.


Zeil und Dobeš wollen in ihrer Vereinbarung festhalten, „wohin der Zug sowohl bei der Infrastruktur<br />

als auch beim Betrieb gehen soll“. So soll u.a. ein Pflichtenheft festgelegt werden, in der u.a. die<br />

Wiedereröffnung einer vierten bayerisch-tschechischen Zugstrecke zwischen Selb und Aš enthalten<br />

sein wird. Zeil begrüßt in diesem Zusammenh<strong>an</strong>g zudem die am Montag <strong>an</strong><br />

Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer und dem stv.<br />

tschechischen Verkehrsminister Ivo Vykydal übergebene gemeinsame Deklaration der Bezirke<br />

Pilsen und Oberpfalz zum Ausbau der Schienenverbindung von München über Regensburg, Furth i.<br />

Wald und Pilsen nach Prag.<br />

Martin Zeil und Ivo Vykydal trafen sich am Montag bei der bayerisch-böhmischen<br />

Festver<strong>an</strong>staltung. Neben ihnen beiden würdigten auch weitere Persönlichkeiten vor Ort die<br />

Fertigstellung und Inbetriebnahme der ersten bayerisch-böhmischen Zugverbindung zwischen<br />

Schw<strong>an</strong>dorf und Pilsen vor 150 Jahren: Am 15. Oktober 1861 verb<strong>an</strong>den in Furth i. Wald die<br />

Bayerische Ostbahn und die Böhmische Westbahn ihre Streckennetze und schufen die erste<br />

durchgehende Zugverbindung von Prag nach Nürnberg, Regensburg und München. Ein paar Jahre<br />

später folgten d<strong>an</strong>n die Verbindungen über die Grenzen bei Schirnding und Bayerisch-Eisenstein.<br />

Heute verkehren einige Alex-Züge (Bahnbetreiber Netinera) von Nürnberg nach Prag. In den<br />

Jahren von 1970 bis 2000 f<strong>an</strong>d ein mehr oder weniger regelmäßiger D-Zug-Verkehr über Furth im<br />

Wald bzw. über Schirnding-Cheb (Eger). Av 1993 <strong>an</strong> verkehrte sogar ein EuroCity-Zug (EC Albert<br />

Einstein) von Interlaken bzw. Bern über Zürich und München bis Prag und von Nürnberg bis 1995<br />

der InterCity Fr<strong>an</strong>z Krafka, der d<strong>an</strong>n zum Interregio ab München „umgeklappt“ wurde. 2001 war es<br />

d<strong>an</strong>n vorbei mit komfortablen Fernzügen über die bayerischen Grenzen nach Tschechien.<br />

64<br />

Dienstag, 31. J<strong>an</strong>uar 2012<br />

Wirtschaftsblatt.at<br />

von Simone Brunner<br />

Der Wind <strong>für</strong> Ökostrom-Betreiber wird rauer<br />

Tschechien. Nach dem Ökostrom-Boom brechen mit einer Gesetzesnovelle neue Zeiten<br />

<strong>an</strong>: Der gesetzlich gar<strong>an</strong>tierte Mindestpreis fällt.<br />

Prag/Wien. Tschechien galt l<strong>an</strong>ge als Eldorado <strong>für</strong> erneuerbare Energie. Mit einer<br />

Gesetzesnovelle, die gestern das tschechische Parlament passiert hat, bricht <strong>für</strong> Ökostrombetreiber<br />

indes eine neue Ära <strong>an</strong>: Förderungen und Investitionszuckerln werden zurückgeschraubt, die fix<br />

festgelegte Einspeisevergütung fällt.<br />

Harsche Kritik kommt naturgemäß aus der Br<strong>an</strong>che selbst. Von einem „Bruch mit dem Rechtsstaat“<br />

ist gar in der Presseaussendung der Plattform <strong>für</strong> erneuerbare Energien die Rede. „Das Gesetz gilt<br />

flächendeckend und hebt bestehende Förderverträge zwischen Stromerzeugern und Netzbetreibern<br />

auf“, so Neela Winkelm<strong>an</strong>n-Heyrovska, Koordinatorin der Plattform. Das sei ein beispielloses<br />

Eingreifen in privatrechtliche Verträge, die mit fünfzehn- bis zw<strong>an</strong>zigjährigen Gar<strong>an</strong>tien<br />

abgeschlossen worden waren, so die Kritik. „Beim Erreichen zwischenjährlicher Ziele k<strong>an</strong>n die<br />

Förderung zudem plötzlich auf null gesetzt werden“, so Winkelm<strong>an</strong>n-Heyrovska.<br />

Nein zum Mindestpreis ...<br />

Vor allem das Ende der fixen Einspeisevergütung <strong>für</strong> Anlagen über 100 Kilowattstunden stößt den<br />

Stromerzeugern sauer auf. Mit Ende des Jahres fällt <strong>für</strong> Ökostrombetreiber der gesetzlich<br />

festgelegte Mindestpreis, gefördert wird nur noch über stündliche „grüne“ Boni.<br />

Durch die Bindung <strong>an</strong> den Spotpreis wird das Kräfteverhältnis zugunsten der Netzbetreiber<br />

verschoben: Bei kurzzeitig großem Angebot <strong>an</strong> Strom könne es somit leicht sein, dass „der<br />

Produzent <strong>für</strong> seinen Strom nur 70 Prozent des Marktpreises erhält“, so Martin Bursik, Berater der<br />

Vereinigung <strong>für</strong> erneuerbare Energie und ehemaliger Umweltminister Tschechiens, zur<br />

tschechischen Tageszeitung „Hospodarske Noviny“.<br />

... Ja zur Solarabgabe<br />

Im Kreuzfeuer der Kritik steht zudem die Solarabgabe, die Gewinne aus Sonnenstrom mit 26<br />

Prozent besteuert. Eine derartige Steuer war bereits 2011 eingeführt worden und wird derzeit vom<br />

Verfassungsgericht geprüft (das WirtschaftsBlatt berichtete). Die Abgabe ist aber wiederum im<br />

<strong>neuen</strong> Gesetz festgeschrieben – ein notwendiger Schritt, um eine drohende Photovoltaik-Blase<br />

abzuwenden, so die Be<strong>für</strong>worter. Ohne die Abgabe wären die Strompreise 2011 um bis zu 18<br />

Prozent gestiegen, so ein Sprecher des Ministeriums <strong>für</strong> Industrie und H<strong>an</strong>del.<br />

Überlastung


Dass Tschechien in puncto Ökostrom auf die Bremse steigt, können Beobachter indes durchaus<br />

nachvollziehen. „Das alte Fördergesetz hat den Return on Investment <strong>für</strong> grüne Energie dramatisch<br />

verkürzt – von 16 Jahren auf rund sieben Jahre“, so Nikolaus Seiwald, österreichischer<br />

Wirtschaftsdelegierter in Prag. Da Strom aus Sonne und Wind immer schubweise ins Netz gerät,<br />

laufe das Stromnetz Gefahr, überlastet zu werden. Seiwald: „Das lässt sich natürlich technisch<br />

lösen – kostet aber auch wieder Geld.“<br />

Energiekonzerne wie E.ON und CEZ hatten die <strong>neuen</strong> Regeln be<strong>für</strong>wortet, da sie als<br />

Stromversorger bei steigenden Energiepreisen wohl auch selbst zur Kasse gebeten worden wären.<br />

Der tschechische Energieriese CEZ, zu 70 Prozent im Staatsbesitz, schraubt indes seine Ökostrom-<br />

Aktivitäten in Tschechien zurück. Der Konzern will Anteile seines heimischen Unternehmensfelds<br />

„Erneuerbare Energie“ verkaufen, wird ein CEZ-M<strong>an</strong>ager dieser Tage von tschechischen Medien<br />

zitiert. Da<strong>für</strong> sollen bis zu 3000 Megawatt <strong>an</strong> Ökostrom-Kapazitäten installiert werden – freilich<br />

nicht in Tschechien, sondern in Polen und Deutschl<strong>an</strong>d.<br />

Nein zur Fiskalunion<br />

65<br />

Dienstag, 31. J<strong>an</strong>uar 2012<br />

Prager Zeitung online<br />

Beim EU-Sondergipfel am Montag, 31. J<strong>an</strong>uar, hat Tschechien erklärt, einer EU-Fiskalunion<br />

nicht beizutreten. Es ist damit neben Großbrit<strong>an</strong>nien das einzige europäische L<strong>an</strong>d, das sich<br />

den strengeren Haushaltsauflagen in der EU nicht <strong>an</strong>schließen möchte.<br />

Alle <strong>an</strong>deren 25 Staaten haben sich bereit erklärt, die im Rahmen des Fiskalpakts<br />

beschlossenen Maßnahmen zu ergreifen. Dazu gehören eine möglichst in der Verfassung jedes<br />

L<strong>an</strong>des festgeschriebene Schuldenbremse und strengere S<strong>an</strong>ktionen beim Verstoß gegen die<br />

festgelegte Maximalhöhe der Staatsverschuldung. Diese dürfe nach dem <strong>neuen</strong> Vertrag 0,5<br />

Prozent des Bruttoinl<strong>an</strong>dsproduktes nicht überschreiten. Außerdem verpflichten sich die<br />

Länder, eine gemeinsame Wirtschaftspolitik aufzubauen.<br />

Tschechien wolle sich dem Fiskalpakt vor allem aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht<br />

<strong>an</strong>schließen, so Premier Petr Nečas am Montag in Brüssel. Er wies darauf hin, dass zu einer<br />

Ratifizierung des EU-Paktes die Unterschrift von Staatspräsident Václav Klaus notwendig sei.<br />

Dieser hatte sich aber bereits mehrmals gegen eine Unterzeichnung des Vertrages<br />

ausgesprochen und eine solche als „g<strong>an</strong>z klar unvernünftig“ bezeichnet. Der deutsche<br />

Bundesaußenminister Guido Westerwelle sagte gegenüber der Nachrichtenagentur dpa, m<strong>an</strong><br />

wolle sich um die Zustimmung der beiden fehlenden EU-Staaten mit aller Kraft bemühen. Der<br />

Vertrag soll im März von allen Teilnehmern unterzeichnet werden.

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