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procontra Ausgabe 03-2021

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Zukunft der bAV | Berenberg im Interview | BRIC bröckelt | Riester-Ende naht | Allgefahrendeckung | Gamification | Risikowahrnehmung | AVAD-Kritik | Maklerrente | Wohneigentum<br />

FINANZEN<br />

Das freie Finanzmagazin<br />

Gelingt mit dem ersten<br />

SPM nun der Durchbruch?<br />

IM GESPRÄCH<br />

Thema<br />

GEWERBE<br />

#<strong>03</strong> | <strong>2021</strong><br />

Juni/Juli <strong>2021</strong><br />

Alles abgesichert?<br />

Warum All-Risk-Policen Rundum-<br />

Schutz suggerieren und im Schadensfall<br />

überraschen können<br />

Alles entschieden?<br />

Die Entscheidung über Dauerpatient<br />

Riester naht und ist im<br />

Grunde schon gefallen<br />

GEWERBE-<br />

KUNDEN<br />

Hilfreiche Tipps<br />

und passende<br />

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EDITORIAL<br />

»Durchbruch in der bAV«<br />

pro Der 1. Juli <strong>2021</strong> wird in die Geschichte der betrieblichen Altersversorgung eingehen.<br />

Dann startet das erste Sozialpartnermodell, das ver.di und das Konsortium „Die Deutsche<br />

Betriebsrente“ (Talanx, Zurich) verhandelt haben. Die reine Beitragszusage wird als<br />

Blaupause dienen, um weitere Arbeitgeberverbände und Gewerkschaften für das gewählte<br />

Zielrentenkonzept zu begeistern. Mit dem ersten SPM beweist die Branche zudem gegenüber<br />

der Politik: Wir können das gewünschte Ziel, die bAV-Verbreitung spürbar zu erhöhen,<br />

erreichen – auch ohne ein Obligatorium.<br />

Zusätzlich gewinnt die alte bAV-Welt weiter an Bedeutung, in der ab 2022 ein weiterer<br />

Impuls des Betriebsrentenstärkungsgesetzes (BRSG) zündet. Dann sind auch Bestandsverträge<br />

in der Entgeltumwandlung mit einem Arbeitgeberzuschuss auszustatten. Beide bAV-<br />

Welten werden ihre Kraft entfalten und dafür sorgen, dass bei einer Evaluierung des BRSG<br />

im Jahr 2023 von einem Obligatorium keine Rede sein wird.<br />

contra Das erste Sozialpartnermodell wird nicht der Heilsbringer sein und auch<br />

nicht dafür sorgen, dass der dünne Faden, an dem das Damoklesschwert eines Obligatoriums<br />

über der Branche schwebt, stärker wird. Es ist ein politisches Signal und auch ein Erfolg,<br />

keine Frage. Doch die Tarifbindung hemmt die Verbreitung, die unklare Vergütungsund<br />

Beratungfrage schreckt bAV-Vermittler ab beziehungsweise lässt sie gleich ganz außen<br />

vor. So wird der Effekt gering und Versorgungslücken groß bleiben.<br />

Die bAV kann dennoch zünden und ein Obligatorium abwenden. Das hängt jedoch an<br />

anderen Faktoren als am ersten SPM: der Haltung der neuen Regierung zur bAV und ob<br />

spätestens sie die 100-Prozent-Beitragsgarantie in der BZML abmildert. Gepaart mit engagierten<br />

Beratern, die die guten Rahmenbedingungen durch das BRSG in der alten bAV-Welt<br />

weiter an Arbeitgeber und Arbeitnehmer vermitteln.<br />

LIEBE MAKLER, LIEBE LESER,<br />

die <strong>procontra</strong>-Redaktion wünscht Ihnen<br />

eine aufschlussreiche <strong>Ausgabe</strong>.<br />

facebook.com/<strong>procontra</strong><br />

@<strong>procontra</strong>online<br />

chefredakteur@<strong>procontra</strong>-online.de<br />

Matthias Hundt<br />

Chefredakteur<br />

<strong>procontra</strong> <strong>03</strong>|21 3


<strong>procontra</strong> Inhaltsverzeichnis<br />

INHALT<br />

16<br />

Durchbruch oder Pflicht<br />

Zündet mit dem ersten SPM nun<br />

die bAV-Rakete oder schafft es<br />

nur neue Probleme?<br />

36<br />

Einmal BRIC<br />

und zurück<br />

Wie der einstige<br />

Investment-Hype<br />

seinem Ende entgegenbröckelt.<br />

All-Risk — no Fun?!<br />

Warum eine Allgefahrendeckung<br />

keinesfalls so komfortabel ist, wie<br />

ihr Name vermuten lässt.<br />

48<br />

54<br />

Riester-Rettung ungewollt<br />

Warum die Entscheidung über<br />

den Dauerpatienten Riester-<br />

Rente naht und im Grunde<br />

schon feststeht.<br />

4 <strong>procontra</strong> <strong>03</strong>|21


Inhaltsverzeichnis <strong>procontra</strong><br />

PANORAMA<br />

11 Negativzinsen — keine Panik<br />

Hans-Jörg Naumer in seiner Kolumne<br />

über den Weckruf, die eigene<br />

Kapitalanlage zu hinterfragen<br />

INVESTMENTFONDS<br />

24 Buschfunk<br />

26 »Umfeld für Aktien sparen nicht<br />

förderlich« Klaus Naeve und<br />

Matthias Born vom Berenberg<br />

Wealth & Asset Management über<br />

nachhaltige Strategien, den Aktiv-<br />

Passiv-Vergleich und die deutsche<br />

Aktienkultur<br />

VERSICHERUNGEN<br />

44 Buschfunk<br />

46 »Biometrie ist komplexer als<br />

Altersvorsorge« Nürnberger-LV-<br />

Vorstand Harald Rosenberger über<br />

ambitionierte Pläne und aktuelle<br />

Courtageanpassungen<br />

30 Absolut(e) überzeugt? Unabhängig<br />

von der Marktlage positive<br />

Renditen – das versprechen<br />

Absolute-Return-Fonds. Die Realität<br />

sah zuletzt anders aus.<br />

12 Panorama Fakten für Vertrieb<br />

und Stammtisch<br />

14 Leserbriefe<br />

TITEL<br />

16 Durchbruch oder Pflicht Die an<br />

das erste Sozial partnermodell<br />

geknüpften Hoffnungen sind hoch<br />

gesteckt: der Politik zeigen, dass<br />

es definitiv kein bAV-Obligatorium<br />

braucht, um die Verbreitung in die<br />

Fläche zu bringen. Doch der Effekt<br />

ist ungewiss, die Rolle der Vermittler<br />

dabei weiter unklar.<br />

»Ein SPM ist nicht<br />

auf den klassischen<br />

Vertrieb von<br />

Finanzdienstleistungen<br />

ausgerichtet.«<br />

MICHAEL HOPPSTÄDTER<br />

Longial<br />

32 Stabil im Krisenmodus Corona<br />

belastet die Segmente Hotel, Büro<br />

und Einzelhandel. Wie offene Immobilienfonds<br />

damit umgehen<br />

36 Einmal BRIC und zurück Der Hype<br />

um eine Anlageklasse war selten<br />

stärker als bei BRIC-Fonds. Heute<br />

bröckelt das Segment dahin und<br />

scheint überholt.<br />

48 All-Risk — no Fun?! Allgefahrendeckungen<br />

suggerieren stets<br />

Rundum-Schutz, sind aber weder<br />

für Kunden noch für Vermittler so<br />

komfortabel wie gedacht.<br />

52 Zocken für den Abschluss Was<br />

bringt der Gamification-Ansatz wirklich<br />

bei der Kundengewinnung?<br />

54 Riester-Rettung ungewollt Über<br />

die Zukunft des Dauerpatienten<br />

Ries ter ist noch nicht entschieden.<br />

So richtig gern hat ihn aber<br />

niemand mehr.<br />

58 Selbstbestimmung bei Selbstbehalten<br />

Eine Eigenbeteiligung am<br />

Schaden schont die Prämie. Doch<br />

welche Höhe passt in welchen<br />

Bereichen und wie können Überraschungen<br />

im Schadensfall vermieden<br />

werden?<br />

<strong>procontra</strong> <strong>03</strong>|21<br />

5


<strong>procontra</strong> Inhaltsverzeichnis<br />

BERATER<br />

62 Buschfunk<br />

64 So ist’s Recht Urteile und Rechtsprechungen,<br />

die Makler kennen<br />

sollten<br />

66 »Krisen beeinflussen das Risikoverhalten«<br />

Licht am Ende des Corona-Tunnels,<br />

doch eine veränderte<br />

Risikowahrnehmung wird bleiben,<br />

meint Prof. Dr. Petra Steinorth.<br />

SACHWERTE<br />

72 Buschfunk<br />

74 »Industriemetalle bieten keinen<br />

Inflationsschutz« Rohstoffexperte<br />

Raphael Scherer von Philoro<br />

Edelmetalle über die feinen Unterschiede<br />

zwischen Anlagen in Edel-<br />

und Industriemetalle.<br />

RUBRIKEN<br />

3 Editorial<br />

7 Firmen- und<br />

Personenverzeichnis<br />

7 Impressum<br />

82 Privat gefragt<br />

Steckbrief von Timo Heitmann,<br />

Versicherungsdetektiv und Teamleiter<br />

Schadenaußendienst, Gothaer<br />

68 AVAD: Fair oder reformbedürftig?<br />

Oftmals sehen sich Vermittler zu<br />

Unrecht in der Vermittlerkartei am<br />

Pranger.<br />

76 Ohne Starthilfe kein Eigentum<br />

Die Freude über historisch niedrige<br />

Zinsen wird durch Rekordkaufpreise<br />

getrübt. Wie der Traum vom Wohneigentum<br />

dennoch wahr werden kann<br />

»Als Kanzler bekäme<br />

ich gar nichts<br />

gebacken.«<br />

TIMO HEITMANN<br />

Versicherungsdetektiv, Gothaer<br />

70 Die (Makler)Rente ist sicher Was<br />

tun, wenn kurz vor dem Ruhestand<br />

der aufgebaute Bestand als Alterseinkommen<br />

veredelt werden soll?<br />

IM GESPRÄCH<br />

80 Verkäuferstreik am Immobilienmarkt<br />

Trotz der Aussicht auf<br />

Rekorderlöse sind Bestandsbesitzer<br />

kaum bereit zu verkaufen.<br />

Gewerbe Experten von Zurich,<br />

Thinksurance, Alte Leipziger und<br />

andsafe am digitalen runden Tisch<br />

über die Gewinnung und Beratung<br />

von Gewerbekunden<br />

6 <strong>procontra</strong> <strong>03</strong>|21


Firmen- und Personenverzeichnis SERVICE<br />

FIRMENVERZEICHNIS<br />

A<br />

Aareal Bank.......................................................................45<br />

Adam Riese........................................................................45<br />

Allianz............................................. 11, 17, 21 f., 25, 31, 49<br />

Amundi..................................................................................25<br />

andsafe................................................................................50<br />

Aon....................................................................................... 55 f.<br />

Assekurata.........................................................10, 44, 57<br />

Athora.............................................................................10, 45<br />

Aures...................................................................................... 22<br />

Axa.....................................................................................17, 49<br />

B<br />

Basler.....................................................................................45<br />

Bayerische......................................................................... 49<br />

Berenberg............................................................................26<br />

blau direkt.................................................................... 63, 71<br />

Bloomberg...........................................................................37<br />

BVT............................................................................................73<br />

C<br />

Candriam.............................................................................25<br />

Check24............................................................................... 62<br />

Cherrisk................................................................................53<br />

Commerz Real.................................................................33<br />

C<br />

DAI............................................................................................20<br />

DAK..........................................................................................53<br />

Deka........................................................................................34<br />

Deloitte.....................................................................................17<br />

DWS.................................................................................33, 73<br />

E<br />

Europace......................................................................... 80 f.<br />

Exporo....................................................................................73<br />

F<br />

Fairfekt................................................................................... 49<br />

Fidelity...................................................................................25<br />

Finanz Zirkel.........................................................................71<br />

Flaschenpost....................................................................73<br />

Fonds Finanz.................................................................62 f.<br />

FondsConsult...................................................................33<br />

Förster & Cisch................................................................20<br />

Franklin Templeton........................................................37<br />

Funk.....................................................................................59 f.<br />

FV Frankfurter Vermögen ......................................25<br />

G<br />

Getsurance........................................................................46<br />

Goldman Sachs...............................................................37<br />

Gothaer.................................................................................82<br />

Götte-Gruppe...................................................................59<br />

H<br />

Hausinvest.........................................................................34<br />

HDI............................................................................................ 49<br />

Helvetia................................................................................. 49<br />

Hiscox...........................................................................48, 53<br />

Hoesch & Partner......................................................... 49<br />

Hoffmann ........................................................................... 22<br />

Homeday...............................................................................81<br />

HSBC.......................................................................................38<br />

I, J<br />

Ideal.........................................................................................45<br />

ifa........................................................................................... 55 f.<br />

ImmoScout24...................................................................72<br />

ING............................................................................................ 63<br />

Inter.........................................................................................59<br />

Interhyp.................................................................................77<br />

JLL.............................................................................................73<br />

K, L<br />

Kantar......................................................................................81<br />

KPMG......................................................................................44<br />

Longial..................................................................... 19, 21, 57<br />

M<br />

Maiestas..............................................................................25<br />

Maxpool....................................................................63, 70 f.<br />

Metzler....................................................................................18<br />

Michaelis Rechtsanwälte........................................ 69<br />

Morgen & Morgen...........................................................14<br />

N<br />

Netfonds..............................................................................25<br />

Nornickel...............................................................................75<br />

Nürnberger.....................................................................46 f.<br />

P, R<br />

Paribus...................................................................................73<br />

Philoro Edelmetalle........................................................74<br />

Policen Direkt......................................................................71<br />

Postbank........................................................................12, 81<br />

Provinzial.............................................................................50<br />

Resultate Institut..............................................................71<br />

S<br />

Schroder..............................................................................38<br />

Scope...................................................24, 30 f., 33, 37 f.<br />

Signa........................................................................................73<br />

Signal Iduna.........................................................................17<br />

Sotheby’s..............................................................................12<br />

Squarelife............................................................................46<br />

Statista...................................................................................77<br />

Stuttgarter..........................................................................20<br />

Swiss Life....................................................................34, 78<br />

INDEX<br />

T<br />

Talanx.......................................................................17 f., 21 ff.<br />

Tangany................................................................................73<br />

Tesla............................................................................................11<br />

U<br />

Union Investment.........................................................33<br />

Uniqua...................................................................................53<br />

V<br />

V.E.R.S. Leipzig...........................................................17, 44<br />

Versicherungsforen Leipzig............................53, 71<br />

VHV..........................................................................................59<br />

Vodafone.............................................................................45<br />

W<br />

Watchmaster......................................................................12<br />

Whitebox..............................................................................25<br />

Wilhelm Rechtsanwälte............................................ 49<br />

Worksurance.................................................................46 f.<br />

WWK........................................................................................45<br />

X, Y<br />

Xempus............................................................................... 21 f.<br />

YouGov............................................................................12, 78<br />

Z<br />

Zeus........................................................................................45<br />

Zurich...........................................................................17 f., 45<br />

PERSONENVERZEICHNIS<br />

A<br />

Ahrens, Petra...................................................................25<br />

Archangeli, Gerald........................................................ 69<br />

B<br />

Bader, Guido.................................................... 20, 57, 63<br />

Banksy....................................................................................12<br />

Becker, Ralf........................................................................60<br />

Beenken, Matthias..........................................................71<br />

Beeple.....................................................................................72<br />

Billinger, Franz.....................................................................17<br />

Binding, Lothar.........................................................14, 44<br />

Bockelmann, Martin......................................................21<br />

Born, Matthias............................................................26 ff.<br />

Bortenlänger, Christine.............................................20<br />

Boudewijns, Jan............................................................25<br />

Bürse-Hanning, Andreas......................................... 22<br />

Buschkotte, Christian................................................50<br />

C<br />

Cisch, Theodor................................................................20<br />

Czeremuga, Cäsar.....................................................49 f.<br />

D<br />

de Lope Fend, Esteban..............................................34<br />

Dulgeroff, Shane.............................................................72<br />

E<br />

Eilers, Uwe..........................................................................25<br />

Engelmann, Cathrin....................................................53<br />

F<br />

Feltes, Martin.....................................................................73<br />

Floetemeyer, Robert.................................................49 f.<br />

Friedrich, Klaus..................................................................17<br />

G<br />

Gin, Cigdem.........................................................................70<br />

Golatka, Lars........................................................................17<br />

Götte, Carl Michael..................................................59 ff.<br />

Grimm, Andreas.................................................................71<br />

Grundler, Martina....................................................18, 22<br />

H<br />

Heil, Hubertus....................................................................21<br />

Heitmann, Timo...............................................................82<br />

Hirt, Gregor.........................................................................25<br />

Höfer, Konrad.................................................................... 63<br />

Hoffmann, Sven..........................................................22 f.<br />

Hoppstädter, Michael..............................................19 ff.<br />

Hornung, Philipp............................................................. 24<br />

Hunold, Claus................................................................... 49<br />

J, K<br />

Jenssen, Hans-Georg............................................... 69<br />

Käfer-Rohrbach, Anja................................................45<br />

Kanschik, Philipp..............................................................71<br />

Kerschbaumer, Judith.................................................19<br />

Kleinlein, Axel.....................................................................14<br />

Knorr, Sonja.......................................................................33<br />

Köchling, Andreas.....................................................37 f.<br />

Kuehl, Stefan.....................................................................78<br />

Kukies, Jörg........................................................................14<br />

Kurtisz, Krisztián............................................................53<br />

L<br />

Lindner, Helen...................................................................73<br />

Locker, Nico....................................................................59 f.<br />

M<br />

Meissner, Henriette...................................................20 f.<br />

Michaelis, Stephan...................................................... 63<br />

Musk, Elon..............................................................................11<br />

N<br />

Naeve, Klaus................................................................26 ff.<br />

Naumer, Hans-Jörg.........................................................11<br />

Netzer, Günter....................................................................31<br />

O, P<br />

O’Neill, Terence James...............................................37<br />

Ochsenknecht, Natascha..........................................11<br />

Ochsenknecht, Uwe.......................................................11<br />

Peters, Hans-Walter.....................................................27<br />

R<br />

Raffelhüschen, Bernd.................................................10<br />

Remke, Christian..............................................................18<br />

Rohde, Gerrit.....................................................................53<br />

Rosenberger, Harald................................................46 f.<br />

Ruß, Jochen.................................................................. 55 f.<br />

S<br />

Salazar, Paulo..................................................................25<br />

Sälzle, Rüdiger.................................................................33<br />

Scherer, Raphael........................................................ 74 f.<br />

Schminke, Kerstin...........................................................19<br />

Schmitt, Ralf.....................................................................45<br />

Schneidemann, Herbert.................................45, 63<br />

Scholz, Olaf.................................................................14, 55<br />

Schüttauf, Mario............................................................34<br />

Schwark, Peter...............................................................55<br />

Schwarz, Stefan............................................................. 69<br />

Simon, Ruven...................................................................45<br />

Skorna, Alexander........................................................59<br />

Steinberger, Daniel....................................................... 49<br />

Steinhart, Bernd.............................................................45<br />

Steinmetz, Ulrich...........................................................33<br />

Steinmeyer, Martin.......................................................25<br />

Stumpf, Katharina..........................................................73<br />

Sun, Manqing............................................................... 30 f.<br />

T, U<br />

Tacke, Karsten............................................................... 18 f.<br />

Teichmann, Thorsten.................................................56<br />

Thimann, Christian................................................10, 45<br />

Thurnes, Georg............................................................20 f.<br />

Timmermann, Oliver.................................................68 f.<br />

Utrecht, Jörg.....................................................................77<br />

V, W<br />

Voigtländer, Michael................................................. 77 f.<br />

von Löbbecke, Fabian....................................17 f., 21 f.<br />

Wolff-Marting, Vincent..............................................53<br />

VERLAG UND REDAKTION<br />

Alsterspree Verlag GmbH<br />

Firmensitz: Großer Burstah 50-52, 20457 Hamburg<br />

Postanschrift: Kurfürstendamm 173 / 174, 10707 Berlin<br />

Telefon: +49 (0 30) 232 56 27 00<br />

Fax: +49 (0)30 232 56 27 49<br />

Web: www.<strong>procontra</strong>-online.de<br />

HERAUSGEBER<br />

Philipp B. Siebert<br />

CHEFREDAKTEUR<br />

Matthias Hundt<br />

ART DIRECTOR<br />

Niels Flender<br />

LAYOUT UND INFOGRAFIK<br />

Sabine Müller<br />

BILDREDAKTION<br />

Roman Kulon, Eleonora Mavromati, Jakob Bettin<br />

LEKTORAT<br />

TextSchleiferei.de<br />

TEXTBEITRÄGE<br />

Mailin Bartknecht, Florian Burghardt, Carla Fritz, Heike<br />

Gorres, Matthias Hundt, Mariam Misakian, Christopher<br />

Nachtweh, Dr. Hans-Jörg Naumer, Nina Müller-Peltzer,<br />

Marilena Piesker, Detlef Pohl, Stefan Terliesner, Martin<br />

Thaler, Jan F. Wagner, Anne Mareile Walter<br />

ANZEIGENBERATUNG<br />

Nadin Prüwer<br />

n.pruewer@alsterspree.de<br />

+49 (0)40 6 07 71 29 24<br />

ANZEIGENDISPOSITION<br />

Marcel Berno<br />

m.berno@alsterspree.de<br />

Verlagsgeschäftsführer: Philipp B. Siebert,<br />

Tilman J. Freyenhagen<br />

Verantwortlich für diese <strong>Ausgabe</strong> i. S. d. P.:<br />

Matthias Hundt<br />

IMPRESSUM<br />

DRUCKEREI<br />

Möller Druck und Verlag GmbH<br />

Zeppelinstraße 6<br />

16356 Ahrensfelde OT Blumberg<br />

www.moellerdruck.de<br />

LESERSERVICE<br />

leserbetreuung@<strong>procontra</strong>-online.de<br />

ABONNEMENT<br />

abo@<strong>procontra</strong>-online.de<br />

Heftpreis: 4,80 Euro<br />

Jahresabonnement: 20 Euro<br />

für sechs <strong>Ausgabe</strong>n inkl. Versandkosten, inkl. USt.<br />

© 2020 für alle Beiträge: <strong>procontra</strong>, <strong>procontra</strong> Spezial,<br />

<strong>procontra</strong>Thema, <strong>procontra</strong>-Sonderteile, <strong>procontra</strong>-<br />

Sonderdrucke (im Heft, Beileger, Beihefter). Alle Rechte<br />

vorbehalten. Nachdruck, Aufnahme in Online-Dienste,<br />

Internet und Vervielfältigung auf Datenträger oder<br />

durch andere Verfahren (auch auszugsweise) nur mit<br />

schriftlicher Genehmigung des Verlags.<br />

Hinweis: Den Artikeln, Empfehlungen, Charts, Tabellen<br />

und Diagrammen liegen Informationen zugrunde, die<br />

die Redaktion für verlässlich hält. Trotz sorgfältiger<br />

Auswahl der Quellen kann für die Richtigkeit des Inhalts<br />

keine Haftung übernommen werden. Die in <strong>procontra</strong><br />

gemachten Angaben dienen der Unterrichtung und<br />

sind keine Aufforderung zum Kauf oder Verkauf von<br />

Wertpapieren.<br />

Für Mitglieder der nachfolgend aufgeführten Verbände<br />

ist der Bezugspreis im Mitgliedsbeitrag enthalten:<br />

AfW Bundesverband Finanzdienstleistungen e. V.<br />

Votum Verband Unabhängiger Finanzdienstleistungsunternehmen<br />

in Europa e. V.<br />

Unser Druck ist zu 100 % klimaneutral.<br />

<strong>procontra</strong> <strong>03</strong>|21<br />

7


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Absicherung im Tarif Exklusiv (inklusive AU, Dread-Disease-<br />

Komponente und RLV­Anwartschaft).<br />

Gut zu wissen: Bereits der Basis­Tarif enthält eine Umorganisationshilfe<br />

für Selbstständige mit insgesamt bis zu 12.000 Euro.<br />

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PANORAMA Notiert<br />

PANORAMA<br />

RUN-OFF: ERTRAG HUI,<br />

BETEILIGUNG PFUI<br />

Vor einem Jahr sprachen wir mit Christian Thimann, Chef<br />

des Run-off-Anbieters Athora, über Image und Herausforderungen<br />

der Aufkäufer. In der Zwischenzeit ist viel passiert<br />

– Thimann räumt zum 30. Juni <strong>2021</strong> auf eigenen Wunsch<br />

seinen Posten. Zum anderen kam Assekurata in einer Studie<br />

zur Erkenntnis, Run-offs machten „einiges richtig“, vor allem<br />

auf Ertragsseite. Die Rohüberschussquote liegt mit 33,6 Prozent<br />

deutlich über dem restlichen Markt (12 Prozent). Leider<br />

wurden Versicherte 2019 nur mit 63 Prozent daran beteiligt<br />

(2014: 81 Prozent). Zugleich stiegen die Verwaltungskostenquoten,<br />

da Bestände mangels neuer Zukäufe schrumpfen,<br />

Kostenstrukturen aber gleich bleiben. Hier wächst der Druck<br />

auf die Run-offs, neue Bestände zu übernehmen, um Skaleneffekte<br />

zu erzielen.<br />

»Einer vertritt die<br />

Regierung, der andere<br />

die Opposition – aber<br />

man merkt es nicht.«<br />

Bei der Jahrestagung<br />

der Deutschen Aktuarvereinigung<br />

(DAV) fiel<br />

es Professor Dr. Bernd<br />

Raffelhüschen schwer,<br />

Unterschiede zwischen<br />

den vertretenen Fachpolitikern<br />

von CDU und<br />

Grünen auszumachen.<br />

Das Thema: die Zukunft<br />

des Rentensystems.<br />

SUEZKANAL-<br />

HAVARIE: HOHE<br />

ÖLPREISE UND<br />

EIN STREIT<br />

VOR GERICHT<br />

Sechs Tage lang hing das auf Grund gelaufene Containerschiff<br />

„Ever Given“ im Suezkanal fest und blockierte die Schifffahrtsstraße<br />

zwischen Asien und Europa. Zahlreiche Frachter steckten wegen des<br />

Tankers im Stau – und die Ölpreise zogen an, der WTI-Preis stieg um<br />

2,6 Prozent. Auch an anderer Stelle hinterließ die Havarie Spuren:<br />

Nach Angaben der Betreibergesellschaft verlor Ägypten mit jedem<br />

Tag, an dem die Wasserstraße gesperrt war, 12 bis 15 Millionen US-<br />

Dollar an Einnahmen. Aktuell befasst sich ein Gericht mit dem Fall.<br />

Ägypten fordert vom Eigentümer des Schiffs 900 Millionen Dollar<br />

Schadensersatz.<br />

10 <strong>procontra</strong> <strong>03</strong>|21


Notiert PANORAMA<br />

Negativzinsen –<br />

keine Panik<br />

DR. HANS-JÖRG NAUMER<br />

leitet Global Capital Markets & Thematic Research<br />

von Allianz Global Investors<br />

MEDIA-PRÄSENZ SCHÜTZT<br />

NICHT VOR ALTERSARMUT<br />

Schrille Auftritte auf roten Teppichen und eine unverblümte,<br />

direkte Art: Seit Jahren plaudert sich Natascha Ochsenknecht<br />

durch diverse TV-Formate und hält mit grellen Social-Media-<br />

Postings ihre Follower auf dem Laufenden. Bei so viel Präsenz<br />

möchte man meinen, dass bei der Exfrau von Schauspieler<br />

Uwe Ochsenknecht ein steter Geldfluss gesichert sei.<br />

Zukunftssorgen scheinen die 56-Jährige tatsächlich kaum<br />

umzutreiben. Zumindest nicht in Bezug auf ihre zukünftige<br />

Rente. In einem Interview danach gefragt, ob sie genug Geld<br />

für die Rente habe, antwortete Ochsenknecht wie aus der<br />

Pistole geschossen: „Nein, habe ich nicht.“ Da wäre eine unabhängige<br />

Beratung mal angebracht. Könnte sie ja als Story auf<br />

Insta begleiten. ;-)<br />

28 %<br />

Die Negativzinsen, die von immer mehr Banken und Sparkassen<br />

auf Guthaben erhoben werden, mögen ärgerlich<br />

sein, verhaltensökonomisch sind sie ein Weckruf, über die<br />

Kapitalanlage nachzudenken. Denn während Negativzinsen<br />

bekanntlich vom Guthaben abgezogen werden (also<br />

einen Geldabfluss auslösen), wirkt im Hintergrund eine viel<br />

größere Gefahr für den Geldwert: die Inflation.<br />

Folgende Berechnung verdeutlicht dies: Angenommen,<br />

jemand hat 100 Euro auf dem Konto. Bei einem unterstellten<br />

Negativzins von 0,5 Prozent (ohne Berücksichtigung<br />

eines Freibetrags) werden daraus nach 10 Jahren 95 Euro,<br />

nach 20 Jahren 90 und nach 30 Jahren 86. Die Inflation,<br />

also der Kaufkraftverlust, wirkt dagegen deutlich stärker.<br />

Unterstellt, die Inflation liegt im Durchschnitt der nächsten<br />

Jahrzehnte bei 2 Prozent, also dem Zielwert der EZB,<br />

dann schrumpft die Kaufkraft der 100 Euro nach 10 Jahren<br />

auf knapp 82 Euro, nach 20 Jahren auf 67 Euro und nach<br />

30 Jahren unter 55 Euro. Der verhaltensökonomische<br />

Nachteil ist nur: Man sieht dies nicht, denn auf dem Bankkonto<br />

stehen ja immer noch nominal 100 Euro. Da kein Geld<br />

abfließt, tut dieser Wertverlust nicht weh.<br />

Anders der Negativzins, obwohl er nur ein Viertel der hier<br />

unterstellten – durchaus plausiblen – Inflationsrate beträgt.<br />

So betrachtet ist der um sich greifende Negativzins<br />

kein Grund zur Panik. Im Gegenteil. Er ist fast schon ein<br />

willkommener (Pardon, aber ich denke eben verhaltensökonomisch)<br />

Strafzins. Er treibt dazu an, sich mit seinem<br />

Kapital zu beschäftigen, um einen viel größeren Wertverlust<br />

aus anderer Quelle zu vermeiden. Also: Vorsicht ja,<br />

Panik nein. Der Schmerz, den wir durch den Negativzins<br />

empfinden, ist ein schlechter Ratgeber. Nicht überstürzt<br />

handeln. Der Kaufkrafterhalt sollte bei allen Überlegungen<br />

zur Geldanlage die erste Verteidigungslinie sein.<br />

… Verlust machten die Aktien der Kryptowährung<br />

Dogecoin an einem Tag, nachdem Tesla-<br />

Chef Elon Musk in der US-Comedy-Show<br />

„Saturday Night Live“ über die digitale Zahlungsmethode<br />

Witze gemacht hatte. Mittlerweile<br />

hat sich der Dogecoin-Kurs wieder erholt.<br />

<strong>procontra</strong> <strong>03</strong>|21<br />

11


PANORAMA Fakten für Vertrieb und Stammtisch<br />

48 Arbeitsstunden<br />

und mehr<br />

Smartphone statt Computer<br />

Der Chat mit den Kollegen, das Onlinemeeting mit den Freunden,<br />

stundenlanges Zocken auf dem Handy: Durch die Pandemie ist die<br />

Internetnutzung der Deutschen gestiegen. Laut einer „Digitalstudie“<br />

der Postbank verbrachten die Bundesbürger 2020 ungefähr<br />

65 Stunden pro Woche im Netz, rund 15 Prozent mehr als im Vor-<br />

Corona-Jahr 2019. Vor allem junge Menschen suchten im Netz nach<br />

Austausch, Unterhaltung oder Schnäppchen. Und: Das Smartphone<br />

wird dabei immer beliebter und ersetzt zunehmend den klassischen<br />

Desktop-PC.<br />

Jeder zweite Selbstständige investiert mehr als 48 Stunden<br />

pro Woche in seinen Job. Dabei ist auch der Einsatz am Wochenende<br />

keine Ausnahme: Nach aktuellen Zahlen des Statistischen<br />

Bundesamts sind 54,2 Prozent der Selbstständigen<br />

auch samstags im Einsatz, jeder vierte (26,4 Prozent) sonntags.<br />

Und: Für knapp 40 Prozent der Selbstständigen mit Angestellten<br />

endet der Arbeitstag spät, sie machen erst zwischen<br />

18 und 23 Uhr Feierabend. Insgesamt betrachtet, scheint die<br />

Arbeitssituation hierzulande jedoch entspannt zu sein: Nur<br />

knapp jeder zehnte Deutsche arbeitet länger als 48 Stunden in<br />

der Woche.<br />

LUXUSUHREN TAUGEN SELTEN<br />

ALS WERTANLAGE<br />

BITCOINS FÜR<br />

BANKSY-WERK<br />

Premiere im Auktionssaal: Sotheby’s versteigerte in New York ein<br />

Werk des Künstlers Banksy und nahm dafür Bitcoins und Ether als<br />

Zahlungsmittel entgegen. Damit konnte erstmals ein physisches<br />

Leinwandgemälde gegen Zahlung von Kryptowährungen den Besitzer<br />

wechseln. Das Bild „Love is in the Air“ zeigt einen Mann mit Blumenstrauß<br />

in der Hand, der mit der anderen Hand zum Wurf ansetzt.<br />

Spaß und Faszination – diese zwei Beweggründe<br />

treiben die meisten Sammler<br />

dazu, in gebrauchte Luxusuhren zu<br />

investieren. Nach einer Umfrage des<br />

Gebrauchtuhrenhändlers Watchmaster<br />

sind für knapp 90 Prozent der Befragten<br />

diese Aspekte ausschlaggebend bei der<br />

Kaufentscheidung, 38 Prozent hingegen<br />

betrachten das Anlagepotenzial einer<br />

Uhr als den wichtigsten. Dabei sind die<br />

Käufer in zwei Lager gespalten: Der eine<br />

Teil erhofft sich eine Preisersparnis<br />

gegenüber dem Erwerb einer neuen Uhr,<br />

der andere sucht gezielt nach älteren<br />

Modellen, die nicht mehr produziert werden<br />

– und gibt dafür gern mehr als den<br />

ursprünglichen Verkaufspreis aus.<br />

Grünes Investment liegt im Trend:<br />

Nach einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts<br />

YouGov ist<br />

Nachhaltigkeit bei der Altersvorsorge<br />

mittlerweile für jeden Dritten<br />

genauso wichtig wie die Rendite. So<br />

waren 34 Prozent der Befragten dieser<br />

Ansicht, 11 Prozent empfanden<br />

die nachhaltigen Aspekte bei der<br />

Altersvorsorge sogar als vorrangig.<br />

Der Aufklärungsbedarf ist trotzdem<br />

groß: Die Hälfte der Umfrageteilnehmer<br />

gab an, keine nachhaltigen<br />

Altersvorsorgemöglichkeiten zu<br />

kennen. Nur 6 Prozent waren<br />

beispielsweise Fondsrentenversicherungen<br />

ein Begriff, die nachhaltige<br />

Kriterien bei der Kapitalanlage<br />

berücksichtigen.<br />

Nachhaltigkeit<br />

genauso wichtig<br />

wie Rendite<br />

12 <strong>procontra</strong> <strong>03</strong>|21


Immobilieninvestments<br />

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PANORAMA Leserbriefe<br />

KOMMENTIERT<br />

»Täglich grüßt der Provisionsdeckel«<br />

Nach langem Zittern konnten viele Vermittler<br />

vor Kurzem endlich aufatmen: Der Provisionsdeckel<br />

kommt nun ausschließlich für<br />

die Restschuldversicherung. Noch während<br />

der Beschlussdebatte im Bundestag hatte<br />

der finanzpolitische Sprecher der SPD-<br />

Fraktion, Lothar Binding, aber erneut eine<br />

Vergütungsobergrenze für die gesamte<br />

Lebensversicherung als Ziel der Sozialdemokraten<br />

genannt. Auch wenn das Projekt<br />

erst einmal abgeschmettert wurde, wird<br />

man bei der SPD nicht müde, den Provisionsdeckel<br />

zu fordern. Das hatte jüngst auf<br />

einer BaFin-Veranstaltung auch Jörg Kukies,<br />

Staatssekretär im Bundesfinanzministerium,<br />

getan, und SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz<br />

wetterte kürzlich öffentlich gegen zu hohe<br />

Vermittlerprovisionen. Unter den <strong>procontra</strong>-<br />

Lesern finden sich aber offenbar unterschiedliche<br />

Sichtweisen auf den Deckel.<br />

Besser wär’s, wenn jeder Politiker eine<br />

Vermögensschadenversicherung abschließen<br />

müsste, um Schaden vom Steuerzahler zu<br />

nehmen. Wenn man so auf Deckel steht,<br />

dann am besten mit einem Deckel für die<br />

Versicherungssumme, damit der Betreffende<br />

auch noch privat haftet.<br />

ROLAND GRIMM<br />

via Facebook<br />

Wohl dem, der einen großen Sach-Bestand<br />

hat. Je weniger Vermittler auf hohe Abschlusscourtagen<br />

angewiesen sind, desto<br />

besser für den Kunden. Denn nichts ist<br />

schlimmer als ein hungriger Versicherungsverkäufer,<br />

nicht mal Gebrauchtwagenhändler.<br />

Ich bin zwar gegen solche Eingriffe<br />

seitens der Politik, aber dieser würde mich<br />

nicht schmerzen.<br />

CHRISTOPH KÖRNER<br />

via Facebook<br />

»Unsinnige Mikro-BU?«<br />

Laut einer Auswertung der Ratingagentur<br />

Morgen & Morgen haben 41 Prozent der Inhaber<br />

einer Berufsunfähigkeitsversicherung<br />

eine monatliche BU-Rente zwischen 501 und<br />

1.000 Euro abgesichert. Aber wie kommen so<br />

kleine BU-Renten zustande, und machen sie<br />

überhaupt Sinn?<br />

Ich treffe auch immer wieder auf Kunden,<br />

1<br />

2<br />

3<br />

4<br />

5<br />

TOP 5 DER AUSGABE<br />

+++KLICKVERDÄCHTIG+++<br />

Die beliebtesten Artikel auf <strong>procontra</strong>-online<br />

BÜRGERVERSICHERUNG<br />

Grüne wollen KV-System verändern<br />

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GKV<br />

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LEBENSVERSICHERUNG<br />

Die Anbieter mit den höchsten Solvenzquoten<br />

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HAFTPFLICHTVERSICHERUNG<br />

Diese 14 Anbieter überzeugen die Kunden<br />

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HÖCHSTRECHNUNGSZINS<br />

0,25 Prozent sind nun offiziell<br />

www.<strong>procontra</strong>-online.de/hrz<br />

STECKER ZIEHEN ODER FRISCHZELLENKUR?<br />

Entscheidung um Dauerpatienten Riester naht.<br />

die eine Mikro-BU in einer betrieblichen<br />

Altersvorsorge haben. Dann stocke ich zum<br />

Beispiel nur auf. Das ist hier mit Sicherheit<br />

nicht berücksichtigt.<br />

TIM WOLFF<br />

via Facebook<br />

»Verbraucherschützer vs. Riester-Rente«<br />

Mitte Mai forderten verschiedene Verbraucherschutzorganisationen<br />

die endgültige<br />

Abschaffung der Riester-Rente. BdV-Sprecher<br />

Axel Kleinlein nannte diese im <strong>procontra</strong>-Interview<br />

kostenintensiv, intransparent<br />

und ineffizient. Wie die Deutschen alternativ<br />

vorsorgen sollten, dafür nannte er viele<br />

Optionen, etwa ETFs, Immobilien oder einen<br />

Sparplan. Einig sind sich die verschiedenen<br />

Verbraucherschützer dabei aber noch nicht.<br />

Halten wir mal fest: Herr Kleinlein führt<br />

einen persönlichen Krieg gegen die Riester-<br />

Rente. Er hat keine konkrete Idee, was<br />

er genau besser machen will, da ja jeder<br />

individuell ist. Er will offenbar ganz vielen<br />

Menschen eine hervorragende Möglichkeit,<br />

Vorsorge zu betreiben, nehmen.<br />

FLORIAN REX<br />

via Facebook<br />

14 <strong>procontra</strong> <strong>03</strong>|21


Leserbriefe PANORAMA<br />

»Auch in 2022 noch Riester vermitteln«<br />

Durch die Absenkung des Höchstrechnungszinses<br />

per 1. Januar 2022 steht die Riester-<br />

Rente tatsächlich noch vor einer ungewissen<br />

Zukunft. Durch die Abschaffung der<br />

gesetzlich vorgeschriebenen vollständigen<br />

Garantie der eingezahlten Beiträge wäre ein<br />

wichtiger Schritt getan. Doch hier zeigt sich<br />

die Bundesregierung bislang unbeweglich.<br />

Steht das Ende der Riester-Rente bevor?<br />

Nein, das wird nicht das Ende der Rentenversicherung,<br />

nicht einmal das Ende der Riester-Rente<br />

sein. Selbst wenn die seit Langem<br />

erwartete Reform noch auf sich warten lässt,<br />

gibt es Mittel und Möglichkeiten, auch in<br />

2022 Riester-Renten vermitteln zu können.<br />

JOACHIM HAID<br />

via Facebook<br />

»Brauchen wir über 100 Krankenkassen?«<br />

Bündnis 90/Die Grünen liegen derzeit in<br />

der Wählergunst ganz vorne. Im Falle einer<br />

Regierungsbeteiligung will die Partei ihre<br />

Vorstellung einer Bürgerversicherung voran-<br />

bringen: Alle Menschen, also auch Beamte<br />

und Selbstständige, sollen einkommensabhängig<br />

in einen solidarischen Gesundheitsfonds<br />

einzahlen, aus dem wiederum jeder<br />

eine gleich hohe Pauschale für seinen<br />

individuellen GKV-Beitrag erhält. Wer will,<br />

kann dann zusätzlich noch in die PKV.<br />

»Wer Sicherheit sucht,<br />

verzichtet freiwillig<br />

auf Chancen.«<br />

KROS SO, VIA FACEBOOK<br />

Für junge und gesunde Menschen ist die<br />

PKV durchaus die bessere Wahl – aber was<br />

ist mit alten, kranken? Wieso gibt es eine<br />

Zweiklassenmedizin? Warum brauchen wir<br />

über 100 gesetzliche Krankenkassen? Haben<br />

Sie mal geguckt, was die jeweiligen Vorstände<br />

verdienen? Ich denke, andere europäische<br />

Länder machen es vor: Eine Grundversorgung<br />

und jeder kann private Zusatzversicherungen<br />

abschließen.<br />

MELANIE-CONSTANZE GEHNICH<br />

via Facebook<br />

Wem soll das irgendwas bringen? Dem<br />

Gesundheitssystem würden enorme Beträge<br />

fehlen. Mit der Folge, dass Reiche ihre<br />

Behandlungen einfach so zahlen und manche<br />

Ärzte nur noch so abrechnen. Statt „privat<br />

und alle Kassen“. Auf ihren Termin warten<br />

dann alle Mitglieder der neuen Einheitskasse<br />

mal länger. Für niemanden bringt das<br />

irgendeinen Vorteil!<br />

SABINE BEEKER<br />

via Facebook<br />

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15


TITEL bAV<br />

16 Illustration: Roman Kulon


AV TITEL<br />

DURCHBRUCH ODER PFLICHT<br />

Das erste Sozialpartnermodell steht. Doch ist das wirklich der gewünschte Verbreitungsturbo<br />

oder drohen neue Gefahren für die bAV? Für Makler scheint die Balance<br />

zwischen Beratung und Vergütung noch nicht zu stimmen.<br />

– TEXT: DETLEF POHL, MATTHIAS HUNDT –<br />

Das Betriebsrenten-Stärkungsgesetz<br />

(BRSG) offenbart seinen Charme erst auf<br />

den zweiten Blick. Knapp zweieinhalb<br />

Jahre nach dem Start sehen Arbeitgeber,<br />

Berater und Produktgeber sich insbesondere<br />

in zwei Punkten herausgefordert, für<br />

die das Gesetz die Richtung vorgibt: Zum<br />

einen werden Geringverdiener besser in<br />

der betrieblichen Altersversorgung (bAV)<br />

staatlich gefördert und Arbeitgeber geben<br />

generell einen verpflichtenden Zuschuss<br />

für Entgeltumwandlungsvereinbarungen<br />

dazu – für neue Vereinbarungen bereits seit<br />

2019, für alle älteren Entgeltverträge ab<br />

2022. Zum anderen ist der lange angekündigte<br />

erste Abschluss des tariflich zu organisierenden<br />

Sozialpartnermodells (SPM) fertig.<br />

Das Modell einer reinen Beitragszusage<br />

(rBZ), das auf Garantien für Arbeitnehmer<br />

und Haftung des Arbeitgebers für die Zusage<br />

zugunsten einer höheren Zielrente verzichtet,<br />

soll am 1. Juli im Vertrieb starten.<br />

„Mit dieser Blaupause wird es leichter,<br />

weitere Arbeitgeberverbände und Gewerkschaften<br />

vom Zielrentenkonzept zu<br />

überzeugen“, hofft Lars Golatka, Bereichsvorstand<br />

bAV bei Zurich und zugleich verantwortlich<br />

für „Die Deutsche Betriebsrente“.<br />

Das gemeinsame SPM-Konsortium von<br />

Zurich und Talanx setzt die Zielrenten-Lösung<br />

von Talanx und der Dienstleistungsgewerkschaft<br />

ver.di auf Grundlage eines<br />

kapitalmarktbasierten Pensionsfonds um.<br />

„Gegenüber klassischen bAV-Garantierenten<br />

gibt es eine etwa doppelt so hohe Zielrente<br />

für jeden Beschäftigten“, verspricht<br />

Fabian von Löbbecke, bei Talanx Vorstand<br />

für bAV und zugleich mitverantwortlich für<br />

„Die Deutsche Betriebsrente“. Es zeige sich<br />

bei Simulationen, dass die Zielrenten planmäßig<br />

erreicht wurden. Die Simulationen<br />

erfolgten auf Basis realer Investments, denn<br />

Talanx hat bereits 100 Millionen Euro in<br />

den Pensionsfonds eingespeist. „Der Mix<br />

aus je 50 Prozent Aktien und Renten brachte<br />

in zweieinhalb Jahren 20 Prozent Rendite“,<br />

so von Löbbecke.<br />

»Ein SPM ist nicht<br />

auf den klassischen<br />

Vertrieb von Finanzdienstleistungen<br />

ausgerichtet.«<br />

MICHAEL HOPPSTÄDTER, LONGIAL<br />

WELCHEN EFFEKT ENTFALTET DAS ERSTE SPM?<br />

Dieser Schritt impliziert die Grundfrage: Ist<br />

das SPM nun der Durchbruch für die bAV?<br />

Oder zumindest die Zündung der zweiten<br />

Stufe für die neue bAV, die tendenziell<br />

immer mehr auf Garantien verzichtet und<br />

stattdessen mit rentierlicherer Kapitalanlage<br />

nachhaltige Betriebsrenten produziert?<br />

Die Antwort kann für Berater schmerzhaft<br />

sein, wenn die Fallstricke bei der Garantie<br />

nicht politisch entwirrt und zudem die<br />

Vergütung bei der rBZ nicht geklärt wird.<br />

Im Moment ist die Zurückhaltung aller<br />

Akteure greifbar. In der Versicherungsbranche<br />

sehen lediglich 29 Prozent der LV-Vorstände<br />

und bAV-Verantwortlichen große<br />

Marktbedeutung für das SPM in den nächsten<br />

fünf Jahren. Wie aus einer bAV-Studie<br />

der Unternehmensberatung Deloitte und<br />

von V.E.R.S. Leipzig weiter hervorgeht, sehen<br />

87 Prozent der Befragten für die „alte<br />

bAV“ unveränderte oder gar steigende<br />

Relevanz. Beide bAV-Welten würden auf<br />

absehbare Zeit parallel bestehen bleiben.<br />

„Viele Anbieter sind trotz der noch gerin-<br />

gen Marktbedeutung des SPM überzeugt,<br />

dass auf die erste Vereinbarung weitere folgen<br />

werden – nicht zuletzt auch wegen der<br />

Finanzierbarkeit langjähriger Garantien“,<br />

sagt Klaus Friedrich, Mitglied der Deloitte<br />

Pension Experts.<br />

Dennoch haben sich mehrere Anbieter,<br />

einzeln oder als Konsortien, für Sozialpartnermodelle<br />

aufgestellt (siehe Tabelle).<br />

Dabei werden Pensionsfonds als Favoriten<br />

gehandelt, aber auch spezielle Direktversicherungen<br />

sind dabei. Fragt man nach der<br />

Zahl der Abschlüsse, wird es jedoch auch<br />

im Mai <strong>2021</strong> noch ganz ruhig. Im „Rentenwerk“<br />

gibt es noch keine Abschlüsse für<br />

die fondsgebundene Direktversicherung,<br />

ebenso beim Genossenschaftsverbund, der<br />

Sparkassen-Finanzgruppe, der „Initiative<br />

Vorsorge“ und der Signal Iduna Gruppe,<br />

die schon seit Mitte 2018 eine Direktversicherung<br />

ohne Garantien parat hält.<br />

Wie weit man konkret vom Abschluss entfernt<br />

ist und woran es hakt, wollte <strong>procontra</strong><br />

von den Anbietern wissen. Die meisten<br />

hielten sich bedeckt. Marktführer Allianz<br />

verweist auf die Tarifvertragsparteien, die<br />

„wir auf Wunsch sehr gerne mit einem Angebot<br />

unterstützen“, so Sprecher Franz Billinger.<br />

Für den nachhaltigen Erfolg müssten<br />

die „Besonderheiten der jeweiligen Branche<br />

und die Ausrichtung sowie Schwerpunkte<br />

der jeweiligen Sozialpartner nicht nur zu<br />

Beginn, sondern insbesondere auch bei<br />

Weiterentwicklungen über Jahrzehnte umfassend<br />

reflektiert werden“, führt Billinger<br />

aus. Eher zwischen den Zeilen klingt durch,<br />

dass die Allianz so kleinteiliges Geschäft für<br />

eine eher gering verdienende Klientel nicht<br />

in großem Stil anfassen will und damit ganz<br />

weit weg von einem SPM-Abschluss ist. Die<br />

langjährige Mitarbeit in bAV-Konsortien<br />

wie Metall- und KlinikRente wirft offenbar<br />

auch so genug Geschäft ab. Axa gibt unumwunden<br />

zu, sich aktuell auf die „alte“<br />

<strong>procontra</strong> <strong>03</strong>|21<br />

17


TITEL bAV<br />

bAV zu konzentrieren, aber den Markt<br />

zum SPM „regelmäßig zu evaluieren“, wie<br />

eine Sprecherin betont.<br />

Einzig beim Bankhaus Metzler, das 2018<br />

eigens den Metzler Sozialpartner Pensionsfonds<br />

aufgelegt und nicht-versicherungsförmig<br />

ausgestaltet hat, scheint sich etwas<br />

zu bewegen. „Wir stehen mit einem Unternehmen<br />

in fortgeschrittenen, noch vertraulichen<br />

Gesprächen“, berichtet Christian<br />

Remke, Geschäftsführer der Metzler<br />

Pension Management. „Abschlüsse zum<br />

SPM ziehen sich auch deswegen hin, weil<br />

sich mehrere Parteien mit zum Teil gegenläufigen<br />

Interessen auf ein gemeinsames<br />

Vertrags- und Regelwerk einigen müssen“,<br />

erläutert Remke.<br />

ZIELRENTE ALS LÖSUNG?!<br />

Kein Wunder: Arbeitnehmern wird statt<br />

einer garantierten Beitragszusage mit<br />

Mindestleistung (BZML) lediglich eine<br />

Zielrente zugesagt. Im Gegenzug werden<br />

Arbeitgeber von der Mithaftung für die<br />

Garantie befreit („pay and forget“). Solche<br />

Zielrentensysteme („defined ambition“)<br />

gab es hierzulande noch nicht. Mit der Zielrente<br />

gehen Rechte und Pflichten des Arbeitgebers<br />

auf den Versorgungsträger über,<br />

an dessen Steuerung sich die Tarifpartner<br />

beteiligen müssen. Damit tun sich vor allem<br />

die Gewerkschaften schwer, die lange vor<br />

dem Reputationsrisiko zurückschreckten<br />

und negatives Echo bei ihren Mitgliedern<br />

fürchten, wenn die Zielrenten nicht erreicht<br />

werden. Mit Blick auf den gemeinsamen<br />

SPM-Haustarif hat Talanx diese Vorbehalte<br />

bei ver.di ausgeräumt. Durchführung<br />

und Steuerung seien von ver.di intensiv<br />

geprüft worden. „Es gibt keine Ablösung<br />

oder Verschlechterung bereits bestehender<br />

Zusagen für Talanx-Mitarbeiter durch das<br />

neue SPM“, erklärt ver.di-Expertin Martina<br />

Grundler (siehe Interview). Das SPM<br />

werde jedoch nur für die Entgeltumwandlung<br />

genutzt.<br />

Doch wie sieht es mit dem SPM in aktuellen<br />

Tarifverhandlungen aus? „Die Metallindustrie<br />

ist beim SPM zurückhaltend, da<br />

unsere Tarifverhandlungen auf Zukunftssicherung<br />

und Beschäftigung in der Pandemie-Krise<br />

zielen“, erklärte Karsten Tacke,<br />

»Minimale Abschlusskosten vorgesehen«<br />

FABIAN VON LÖBBECKE, Talanx-Vorstand für bAV und mitverantwortlich für „Die Deutsche Betriebsrente“, die gemeinsame bAV-Marke von Zurich und Talanx<br />

<strong>procontra</strong>: Sie betonen, dass das Sozialpartnermodell<br />

nicht ohne Beratung auskommt, aber<br />

mit sehr niedrigen Kosten. Sollen Berater gratis<br />

arbeiten?<br />

Fabian von Löbbecke: Sie sollen angemessen<br />

bezahlt werden. Provision und genaue Leistung<br />

sind im Rahmen der Tarifvertragsverhandlungen<br />

frei verhandelbar. Sicherlich werden dort hohe<br />

Kollektivstufen zum Einsatz kommen. Durch die<br />

großenteils digitale Informationsbeschaffung<br />

und Abwicklung erwarte ich einen deutlich<br />

geringeren Aufwand für den Makler, zumindest<br />

im Durchschnitt über das Kollektiv.<br />

<strong>procontra</strong>: Prozessgesteuerte Software für das<br />

Kundengespräch und digitale Abwicklung vom<br />

Antrag zur Unterschrift ersetzen Berater nicht?<br />

von Löbbecke: Nein, wir geben Talanx-Mitarbeitern<br />

auch die Möglichkeit, sich an verschiedenen<br />

Stellen zu informieren und persönlich<br />

beraten zu lassen. Dabei nutzen wir die Expertise<br />

im Haus, beteiligen uns dadurch direkt an<br />

den Beratungskosten. Die tarifären Kosten für<br />

Arbeitnehmer haben wir deshalb minimalistisch<br />

angesetzt.<br />

<strong>procontra</strong>: Die eingeschränkte Vergütung bei der<br />

alten bAV wird ja durch Masse und Folgegeschäft<br />

beim Arbeitgeber kompensiert. Soll das<br />

beim SPM auch so laufen?<br />

von Löbbecke: Ja, auch im SPM kann im besten<br />

Fall über einen oder gleich mehrere Arbeitgeber<br />

eine gleichgerichtete Versorgung beraten werden.<br />

Mitarbeiter können sich auch gegen das<br />

SPM und für die alte bAV entscheiden. Crossund<br />

Upselling bleiben vom SPM völlig unberührt.<br />

<strong>procontra</strong>: Wie sind Beratung und Vergütung<br />

konkret beim Tarifabschluss von Talanx mit<br />

ver.di geregelt worden?<br />

von Löbbecke: Vereinbart ist eine E-Beratung<br />

durch Live-Webinare. Zudem erlaubt ein Arbeitnehmerportal<br />

individuelle Berechnungen. Fragen<br />

an ein Postfach werden von einem Expertenteam<br />

persönlich beantwortet. Die Tarife sehen<br />

minimale Abschlusskosten vor, als Prozentsatz<br />

des Zahlbeitrages, aber ohne interne/externe<br />

Provision.<br />

<strong>procontra</strong>: Die reine Beitragszusage ist angesichts<br />

unhaltbarer Garantien bei der BZML<br />

alternativlos. Verstehen Sie, warum das BMF<br />

keine Lockerung anschiebt?<br />

von Löbbecke: Im Zuge der Rechnungszinssenkung<br />

ab 2022 wäre eine 80-Prozent-Garantie<br />

folgerichtig gewesen. Die Branche wird deshalb<br />

beitragsorientierte Leistungszusagen vor dem<br />

Kontext historisch niedriger Zinsen neu interpretieren<br />

und sicherlich ausweiten.<br />

<strong>procontra</strong>: Warum hat es im ersten SPM-Anlauf<br />

nicht zu einem Branchentarifvertrag für die<br />

Versicherungsbranche gereicht?<br />

von Löbbecke: Viele Versicherer scheinen im<br />

Rahmen ihrer eigenen Konzernverantwortung<br />

nicht auf das SPM zu setzen, sondern die klassischen<br />

Wege zu präferieren, da es gewachsene<br />

bAV-Strukturen gibt. Eine Branchenlösung<br />

hätte zudem bedeutet, ein Riesenkonsortium<br />

über viele Versicherer zu bilden. Ich bin froh,<br />

dass wir an vielen Stellen einfach nur für Talanx<br />

und Zurich verhandeln konnten. Das hat vieles<br />

einfacher gemacht.<br />

18 Foto: Christian Daitche


AV TITEL<br />

Hauptgeschäftsführer von Pfalz-Metall,<br />

schon Ende letzten Jahres. Der Tarifabschluss<br />

bei Metall/Elektro wird immer noch<br />

verhandelt. Arbeitgeberbeiträge für das<br />

SPM müssten erst einmal verdient werden.<br />

„Aktuell gibt es dafür aber keinen Verfügungsrahmen“,<br />

so Tacke. „Das SPM steht<br />

nicht oben auf der Agenda neuer Tarifverhandlungen“,<br />

bestätigt Kerstin Schminke,<br />

Tarifexpertin der IG Metall. Ähnliches ist<br />

aus anderen Branchen zu hören. Dennoch<br />

sieht Judith Kerschbaumer, Bereichsleiterin<br />

Sozialpolitik bei ver.di, gute Chancen<br />

für weitere Abschlüsse. Bei ver.di sei ein<br />

SPM-Branchentarifvertrag für die Energiewirtschaft<br />

gemeinsam mit der Industriegewerkschaft<br />

Bergbau, Chemie, Energie in<br />

der Pipeline.<br />

Objektiv dürfte der Zulauf zur rBZ nur<br />

noch eine Frage der Zeit sein, denn das Garantieniveau<br />

für Neuverträge in der bAV<br />

muss angesichts der anhaltenden Niedrigzinsen<br />

weiter reduziert werden. „Die rBZ<br />

ist in nahezu allen Ländern die gewünschte<br />

Versorgungsform, an der mittelfristig auch<br />

bei uns kein Weg vorbeiführt“, bestätigt<br />

Michael Hoppstädter, Geschäftsführer des<br />

Pensionsberaters Longial. Aus seiner Sicht<br />

ist für das SPM die Tarifbindung das größte<br />

Hindernis. „Wenn es gelingt, die Tarifbindung<br />

für die rBZ zu durchbrechen, wird es<br />

einen Run geben und womöglich viele<br />

ABSCHLÜSSE WEITER MANGELWARE<br />

Anbieter und Konsortien haben Angebote für Sozialpartner entwickelt.<br />

ANBIETER WEG AUFTRITT AKTUELLE UMSETZUNG<br />

R+V/Union Pensionsfonds solo „aktuell nichts Neues“<br />

Signal Iduna Direktversicherung solo „Abschluss gibt es bis heute nicht“<br />

Das Rentenwerk 1 Direktversicherung Konsortium „keine Abschlüsse“<br />

Die Deutsche Betriebsrente 2 Pensionsfonds Konsortium ab 1.7.: Talanx/ver.di; geplant: Energiebranche/<br />

ver.di; Bankenbranche/ver.di)<br />

Initiative Vorsorge 3 Direktversicherung Konsortium „noch kein Abschluss“<br />

S-Pensionsmanagement 4 Pensionsfonds Verbundlösung „noch kein Tarifabschluss“<br />

Bankhaus Metzler Pensionsfonds solo „fortgeschrittene Gespräche mit<br />

einem Unternehmensverband“<br />

1<br />

Debeka, Gothaer, Barmenia, Stuttgarter, Huk-Coburg; 2 Zurich, Talanx; 3 Alte Leipziger, LV 1871, Neue Bayerische Beamten, Volkswohl Bund;<br />

4<br />

Verbundlösung öffentlich-rechtlicher Anbieter (Sparkassen, Provinzial Versicherung, DekaBank) Quelle: <strong>procontra</strong>, Unternehmensangaben; Stand: Mai <strong>2021</strong><br />

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<strong>procontra</strong> <strong>03</strong>|21<br />

19


TITEL bAV<br />

Stagnation oder stabiles Wachstum?<br />

Reformen nur mit geringem Effekt auf die Vertragsanzahl<br />

8,08<br />

2002<br />

Rechtsanspruch auf<br />

Entgeltumwandlung<br />

9,24<br />

10,46<br />

2005<br />

Abschaffung der Pauschalbesteuerung<br />

(§ 40b EStG) im Zuge des<br />

Alterseinkünftegesetzes<br />

10,87<br />

Zulassung nicht-versicherungsförmiger<br />

Pensionsfonds<br />

(VAG-Novelle)<br />

Wertgleiche Mitnahme der bAV<br />

bei Jobwechsel (Portabilität)<br />

11,46<br />

11,85<br />

12,35<br />

2018<br />

BRSG tritt in Kraft (samt<br />

Geringverdienerförderung und<br />

Erlaubnis reiner Beitragszusage,<br />

z. B. für Sozialpartnermodell)<br />

12,77<br />

13,21<br />

13,81<br />

2019<br />

AG-Zuschuss für Neuverträge<br />

der Entgeltumwandlung<br />

14,47 14,74 15,04 15,30 15,44<br />

2020<br />

Aufnahme von Pensionskassen<br />

in Pensionssicherungsverein<br />

15,78<br />

16,10 16,25<br />

2022<br />

AG-Zuschuss für Altverträge der<br />

Entgeltumwandlung (vor 2019)<br />

2002 20<strong>03</strong> 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 <strong>2021</strong> 2022<br />

Pensionsfonds Pensionskassen Rückdeckungsversicherungen Direktversicherungen<br />

Vertragsbestand in Millionen<br />

Quelle: GDV<br />

Vorteile in Form höherer Renten für<br />

Arbeitnehmer“, prophezeit Hoppstädter.<br />

Überall auf der Welt sonst treffen Arbeitgeber<br />

und Arbeitnehmer ohne die Gewerkschaften<br />

Vereinbarungen zur bAV, bei denen<br />

nur die Beiträge festgelegt werden.<br />

BAV IN DEUTSCHLAND ZU KOMPLEX<br />

Hierzulande ist nicht nur die rBZ kompliziert.<br />

Generell müssten die gesetzlichen<br />

Rahmenbedingungen für Altersvorsorge an<br />

die Niedrigzinsperiode angepasst werden.<br />

Nach langem Hin und Her im BMF wird<br />

der Höchstrechnungszins für Neuverträge<br />

in der Lebensversicherung und damit praktisch<br />

auch für die versicherungsförmigen<br />

bAV-Wege ab 2022 auf 0,25 Prozent gesenkt.<br />

Dabei wurde offenbar vergessen, die<br />

Pflicht zur 100-Prozent-Beitragsgarantie<br />

in der BZML der bAV sowie bei der privaten<br />

und betrieblichen Riester-Rente aufzuheben.<br />

„Bei einem so niedrigen Zins ist<br />

der Beitragserhalt selbst ohne Ansatz von<br />

Abschluss- und Vertriebskosten nicht mehr<br />

möglich“, begründet Henriette Meissner,<br />

Geschäftsführerin der Stuttgarter Vorsorge-<br />

Management, die nötige Änderung. Eine<br />

Chance auf Werterhalt und damit einen<br />

Richtwert für eine angemessene Garantie<br />

gibt es laut einer ifa-Studie im Bereich von<br />

70 bis 80 Prozent. Justiert das BMF nicht<br />

nach, „gibt es bald am Markt vermutlich<br />

keine Riester-Rente sowie keine BZML<br />

mehr“, meint Guido Bader, Vorstand der<br />

Deutschen Aktuarvereinigung (DAV).<br />

Doch anders als bei der Corona-Pandemie<br />

scheint die Politik nicht auf die Fachleute<br />

hören zu wollen. Das BMF sieht „keinen<br />

Regelungsbedarf“. Das passt weder zur<br />

versprochenen Riester-Reform noch zur<br />

politisch artikulierten weiteren bAV-Stärkung.<br />

Derweil ziehen sich Riester-Anbieter<br />

auf breiter Front zurück. Die Anbieter dürften<br />

auf die beitragsorientierte Leistungszusage<br />

(BOLZ) und die Entgeltumwandlung<br />

ausweichen. „Da gibt es keine gesetzlichen<br />

Vorgaben für eine Mindestleistung wie bei<br />

der BZML“, erläutert Rechtsanwalt Theodor<br />

Cisch von der Kanzlei Förster & Cisch.<br />

Für die BZML würde auch ein Obligatorium<br />

zur Teilnahme an der bAV nicht helfen,<br />

weil Arbeitnehmer damit in ein System<br />

mit aktuellen Renditen auf Festgeldniveau<br />

gezwungen würden, die ohne staatliche<br />

Förderung sogar zum Verlust des Einsatzes<br />

führen. Ein Obligatorium könnte für die<br />

rBZ jedoch passen, wenn man das Potenzial<br />

von Aktien anzapft. „Dazu muss Deutschland<br />

ein Ansparverfahren mit Aktien einführen“,<br />

fordert Christine Bortenlänger,<br />

Vorstand des Deutschen Aktien-Instituts<br />

(DAI). Das Ansparverfahren sollte um eine<br />

Opt-out-Regelung und eine kostengünstige,<br />

privatwirtschaftlich organisierte Standardlösung<br />

ergänzt werden, schlägt sie vor. Damit<br />

greift der DAI-Vorschlag nicht zuletzt<br />

in die bAV ein. „Ich bin strikt gegen ein<br />

Obligatorium und staatliche Fonds“, hält<br />

aba-Vorstandschef Georg Thurnes entgegen<br />

(siehe Kommentar). Zudem würde die<br />

Organisation über einen öffentlich-rechtlichen<br />

Träger keinen dauerhaft sicheren Zugriffsschutz<br />

vor dem Staat gewährleisten,<br />

fürchtet Thurnes.<br />

WEM GEHÖRT DIE BAV-ZUKUNFT?<br />

Die Zukunft gehört zweifellos beitragsorientierten<br />

Zusagen und reinen Beitragszusagen<br />

– zumindest theoretisch. Denn<br />

praktisch boomt noch immer die klassische<br />

bAV, auch bAV I genannt, deren Historie<br />

durch das BRSG auf die moderne Zeit umschwenkt.<br />

Ob das so bleibt, hängt ganz entscheidend<br />

von der Abkehr von der 100-Prozent-Garantie<br />

ab. Ansonsten hat die Politik<br />

mit dem BRSG den Rahmen großzügig verbessert<br />

und Beratern gleich drei Türen für<br />

Beratungsanlässe aufgestoßen: die großzügige<br />

Förderung von Geringverdienern, der<br />

verpflichtende Arbeitgeberzuschuss von<br />

15 Prozent – ab 2022 dann auch für alle<br />

Bestandsverträge. Beispiel Geringverdiener:<br />

Hier ist Mitte 2020 die Einkommensgrenze<br />

20 <strong>procontra</strong> <strong>03</strong>|21


AV TITEL<br />

noch angehoben worden, damit Arbeitnehmer mit geringem<br />

Einkommen bei Lohnerhöhungen nicht so schnell aus dem<br />

Kreis der Begünstigten herauswachsen. „Kern der Förderung<br />

sind drei Punkte im Paragrafen 100 EStG“, erklärt Meissner:<br />

Der maximale bAV-Förderbetrag wurde auf 288 Euro<br />

verdoppelt und durch Anhebung der Steuerfreistellung der<br />

Arbeitgeberbeiträge in gleicher Höhe flankiert. Die förderfähige<br />

Einkommensgrenze stieg 2020 von 2.200 auf 2.575 Euro<br />

monatlich. Dies hilft Maklern, das oft genannte Argument zu<br />

entkräften, man habe kein Geld für die Altersvorsorge.<br />

OHNE BERATUNG DROHT VERSORGUNGSLÜCKE<br />

Durch das BRSG kommt der Vermittler wieder mehr zum<br />

Zuge. Das ist beim SPM nicht sicher. Zwar betonen alle Experten,<br />

dass eigentlich mehr Beratung bei einer Zielrente nötig ist,<br />

doch der Bundesarbeitsminister meint: „Wir brauchen mehr<br />

Systeme ohne Gewinnerzielungsabsicht und dadurch mit besserer<br />

Versorgung“, so Hubertus Heil. Er hofft, dass es ohne<br />

Beratung abgeht. Talanx-bAV-Chef Fabian von Löbbecke hält<br />

das für einen Irrglauben, wie sich auch am Talanx-SPM zeigt.<br />

Er fürchtet zudem, dass „die meisten Arbeitnehmer ohne Beratung<br />

nur den Mindestbetrag, den die Tarifparteien aushandeln,<br />

sparen werden und damit eine große Versorgungslücke<br />

bleibt“. Das hat man beim SPM mit ver.di im Blick gehabt,<br />

will aber zugleich durch kostengünstiges Herangehen hohe<br />

Renditen schaffen. „Berater sollen dennoch angemessen bezahlt<br />

werden“, sagt von Löbbecke gegenüber <strong>procontra</strong> (siehe<br />

Interview). Da ohnehin nur Kollektivstufen in der bAV üblich<br />

sind, kann der Berater innerhalb des Tarifvertrages wohl nur<br />

durch individuelle Beratung von Arbeitnehmern zum Zuge<br />

kommen. Und die müsste wie bisher auch der Arbeitgeber bezahlen,<br />

was kleine Firmen aber scheuen. Zum Glück für Makler<br />

betrifft das SPM bei Talanx nur die Entgeltumwandlung.<br />

Die „alte“ bAV bleibt bei Talanx weiter in der U-Kasse.<br />

Die Unsicherheit bei der SPM-Vergütung sieht auch Longial-Chef<br />

Hoppstädter. „Wer als Berater den Arbeitgeber begleitet,<br />

erhält dafür eine Vergütung.“ Wenn aber Arbeitnehmer<br />

zu dem Angebot Fragen haben und beraten werden möchten,<br />

werde es schwierig. „Ein SPM ist nicht auf den klassischen<br />

Vertrieb von Finanzdienstleistungen ausgerichtet“, bringt<br />

Hoppstädter es auf den Punkt. „Informationen werden wohl<br />

Onlineportale liefern, Beratung im Zweifel Personalabteilungen,<br />

Betriebsräte und Gewerkschaftsbüros bieten müssen.“<br />

Der Vermittler werde für seine Unterstützung nicht vergütet<br />

werden, fürchtet der Pensionsberater.<br />

Digitale Lösungen können den Aufwand in der Beratung<br />

merklich verringern. Daher lohnt es für Makler, die Entwicklung<br />

digitaler Plattformen hautnah zu verfolgen. Günstig: Bei<br />

einigen Portalen wie Xempus (ehemals xbAV) können nicht<br />

nur bAV-Verträge eines Anbieters verwaltet werden, sondern<br />

die aller gewünschten Gesellschaften. Diesen Schritt ging<br />

kürzlich das nach Xempus zweitstärkste bAV-Verwaltungsportal<br />

„Firmen-Online“ der Allianz. „Grundsätzlich ist die<br />

bAV-Verwaltung Sache des Arbeitgebers“, betont Xempus-<br />

Vorstandschef Martin Bockelmann. Viele Arbeitgeber wollen<br />

über ein solches Portal alle bAV-Verträge ihrer Mitarbeiter<br />

bei allen Anbietern einsehen, sind aber meist nicht be-<br />

Obligatorium?<br />

Nein danke!<br />

Kommentar von DR. GEORG THURNES, Vorsitzender der aba –<br />

Arbeitsgemeinschaft für betriebliche Altersversorgung<br />

Der Ruf nach einem Betriebsrenten-Obligatorium wird lauter. Man<br />

will das Grundprinzip der Freiwilligkeit der bAV streichen und<br />

übersieht, dass so Unternehmen und Tarifpartnern die Motivation<br />

für „überobligatorische“, unternehmens- oder branchenspezifische<br />

bAV-Systeme genommen wird? Betriebsrenten verkommen<br />

zum Einheitsbrei, dessen Konsistenz aufwendig überwacht wird.<br />

Möglichkeiten zum Opting-out müssen definiert und kontrolliert<br />

werden. Es lebe die Bürokratie!<br />

Das Ausland zeigt: Es geht auch ohne Zwang, wenn das Umfeld<br />

passt. In Holland und Dänemark ist die kapitalgedeckte Betriebsrente<br />

bei fast allen Arbeitnehmern angekommen, ohne Obligatorium.<br />

Es gibt Flächendeckung über Tarifverträge, weil allen klar ist,<br />

bAV ist die beste kapitalgedeckte Altersversorgung. Die Rahmenbedingungen<br />

stimmen eben bei unseren Nachbarn. Arbeitgeber<br />

können risikoarm Betriebsrenten zusagen. Die Organisation über<br />

Tarifverträge senkt die Kosten. Die Rahmenbedingungen ermöglichen<br />

chancenreiche Kapitalanlage und gleichzeitig Sicherheit,<br />

jenseits teurer Garantien. Die Politik ist stolz auf die Betriebsrenten<br />

und sagt deutlich, dass man sie zur Lebensstandardsicherung im<br />

Alter braucht. Die Betriebsrenten sind hoch. Generationengerechte<br />

Altersversorgung wird möglich. So wird’s gemacht!<br />

Und wie sieht es bei uns aus? Gesetzgeberische Fehler wie die<br />

Doppelverbeitragung haben enttäuschte Betriebsrentner zurückgelassen,<br />

sie urteilen: „Erst angelockt, dann abgezockt.“<br />

Vertrauen schafft man so nicht. Unternehmen mit Direktzusagen<br />

werden durch Regelungen zum HGB-Zins und in Paragraf 6a EstG<br />

geschröpft, sie zahlen Steuern auf nicht erzielte Erträge. Motivation<br />

sieht anders aus. Das gilt auch für die regulatorischen Rahmenbedingungen<br />

bei Pensionskassen und Pensionsfonds, die den<br />

Einrichtungen die Luft abschnüren und Konzentrationsprozesse<br />

wie in Österreich befördern werden.<br />

In den Niederlanden plant man die Überführung der Bestände aus<br />

der Leistungszusage mit unzeitgemäßen Garantien in sichere und<br />

chancenreiche Systeme der reinen Beitragszusage (rBz) – wohlgemerkt:<br />

Past- und Future-Service. Bei uns darf man nicht einmal<br />

über Flexibilität beim Future Service laut nachdenken. Forderungen<br />

nach rBZ jenseits strenger Tarifverträge werden verteufelt.<br />

Die Forderung eines Obligatoriums ist nichts anderes als das<br />

Bekenntnis: Für konsequente, umfassende und zukunftsweisende<br />

Reformen in der bAV fehlt der Mut. <br />

Foto: Lena Thurnes<br />

21


TITEL bAV<br />

»Nie einen Flächentarifvertrag<br />

angestrebt«<br />

MARTINA GRUNDLER, Bundesfachgruppenleiterin Versicherungen bei der ver.di-Bundesverwaltung<br />

<strong>procontra</strong>: Talanx-Mitarbeiter bekommen bald<br />

eine Zielrente. Haben Sie darauf gedrungen,<br />

dass vernünftig beraten wird, obwohl alles<br />

sehr kostengünstig sein muss?<br />

Martina Grundler: Ein Teil der Beratung wird<br />

über ein Onlinetool erfolgen. Hier können<br />

Beschäftigte Berechnungen erstellen. Darüber<br />

hinaus wird Talanx bAV-Kapazitäten zur Verfügung<br />

stellen, um auch persönliche Fragen<br />

zu beantworten. Zudem stehen Betriebsrat<br />

und wir als Gewerkschaft unseren Mitgliedern<br />

zur Seite.<br />

<strong>procontra</strong>: Die Gewerkschaft beteiligt sich bei<br />

der Zielrente an der Steuerung des Versorgungsträgers.<br />

Was genau machen Sie da?<br />

Grundler: Ein Beirat, der sich paritätisch aus<br />

Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretern<br />

zusammensetzt, begleitet die Entwicklung.<br />

Hier wird über die Kapitalanlagen und nötige<br />

Anpassungen beraten und einvernehmlich<br />

mit dem Träger entschieden. Darüber hinaus<br />

ist ver.di auch im Kapitalanlageausschuss<br />

vertreten.<br />

<strong>procontra</strong>: Wie wird sichergestellt, dass es<br />

zu keiner Ablösung oder Verschlechterung<br />

bestehender Zusagen kommt?<br />

Grundler: Der Arbeitgeberbeitrag fließt in<br />

eine Unterstützungskasse, der Arbeitnehmer<br />

bringt einen gleich hohen Beitrag per<br />

Entgeltumwandlung ein. Das SPM wird nur<br />

für die Entgeltumwandlung genutzt – auf die<br />

Arbeitgeberleistung und die daraus resultierende<br />

Zusage hat das SPM keinen Einfluss. Im<br />

Übrigen haben wir im Tarifvertrag vereinbart,<br />

dass es keine Ablösung der bisherigen Versorgung<br />

gibt und ein Wechsel in das SPM nur<br />

freiwillig erfolgen kann.<br />

<strong>procontra</strong>: Sie fordern stets einen sub stanziellen<br />

AG-Beitrag als Kompensation für<br />

Enthaftung des Arbeitgebers. Was ist dabei<br />

herausgekommen?<br />

Grundler: Es muss eine finanzielle Beteiligung<br />

des Arbeitgebers (AG) geben. Der AG-Beitrag<br />

fließt weiterhin in die bereits bestehende<br />

Versorgung bei der U-Kasse. In das SPM fließt<br />

neben dem AG-Beitrag von 15 Prozent zur Entgeltumwandlung,<br />

dem Sicherungsbeitrag von<br />

5,0 Prozent und der Geringverdienerförderung<br />

von 72 Euro kein zusätzlicher AG-Beitrag.<br />

<strong>procontra</strong>: Warum hat es im ersten SPM-Anlauf<br />

nicht zu einem Branchentarifvertrag für<br />

die Versicherungsbranche gereicht?<br />

Grundler: Wir haben für die Versicherungsbranche<br />

nie einen Flächentarifvertrag angestrebt.<br />

Die Unternehmen sind selber Anbieter<br />

von bAV, die Verständigung auf einen einheitlichen<br />

Tarifvertrag mit einem<br />

einzigen Träger ist unter diesen<br />

Bedingungen kaum vorstellbar.<br />

Kein Unternehmen der Branche<br />

will seine Beschäftigten bei einem<br />

Konkurrenten versorgen.<br />

<strong>procontra</strong>: ver.di will die Blaupause<br />

nun auf weitere Branchen übertragen,<br />

dem Vernehmen nach vor<br />

allem auf den Energiesektor. Wie<br />

ist der Stand?<br />

Grundler: Wir stehen in Beratungen<br />

und Verhandlungen zu<br />

weiteren Sozialpartnermodellen,<br />

über die wir, wenn es so weit ist,<br />

sozialpartnerschaftlich berichten<br />

werden.<br />

reit, dafür Geld zu bezahlen. Die Allianz<br />

verlangt dafür Geld vom Arbeitgeber,<br />

andere Marktgrößen wie Xempus nicht,<br />

nehmen jedoch von den angeschlossenen<br />

Versicherern eine niedrige Gebühr. Bei digitaler<br />

Information wachsen die Bäume<br />

also noch nicht in den Himmel. Auch mehr<br />

als die Hälfte der Makler geht davon aus,<br />

dass ihre Firmenkunden derzeit nicht bereit<br />

sind, für eine bAV-Portallösung zu zahlen.<br />

Das erschwert Maklern die effiziente Beratung<br />

und Verwaltung, denn Portale liefern<br />

auch aktuelle Übersichten zu bestehenden<br />

Verträgen und ermöglichen die einfache Erfassung<br />

von Verwaltungsvorgängen.<br />

Beim SPM will Talanx Kostenvorteile<br />

von 4,0 Prozent durch automatisierte<br />

Verwaltung, digitale Abschluss- und Beratungsprozesse,<br />

verringerte Solvenzanforderungen<br />

und zu erwartenden Kostendruck<br />

in den Ausschreibungen erreichen, bestätigt<br />

von Löbbecke. Ob sich persönliche Beratung<br />

unter den Umständen eines Tarifvertrages<br />

überhaupt für Makler rechnet, bleibt<br />

offen. „Allerdings bietet der AG-Zuschuss<br />

zur Entgeltumwandlung bei alter und neuer<br />

bAV einen guten Ansatzpunkt“, betont Andreas<br />

Bürse-Hanning, Vorstandsvorsitzender<br />

der Aures Finanz AG & Cie. KG. Ihn<br />

stört jedoch, dass „der Gesetzgeber die Beratungsleistung<br />

beim SPM nicht eingepreist<br />

hat“. „Ob damit die bAV gerade in kleinen<br />

Firmen stärker verbreitet wird, bezweifle<br />

ich“, gibt sich Bürse-Hanning kritisch. Die<br />

Vorgabe, mit dem SPM ein System ohne<br />

Gewinnerzielungsabsicht zu installieren,<br />

hält der Makler für weltfremd.<br />

GROSSER BAV-KUCHEN NUR ÜBER ARBEITGEBER<br />

Wer über die Zielgruppe Geringverdiener<br />

und die klassische Entgeltumwandlung<br />

hinauskommen will, müsse den Sprung<br />

zur Beratung von Arbeitgebern schaffen,<br />

also stark im Firmenkundengeschäft sein,<br />

glaubt Sven Hoffmann, Gesellschafter-<br />

Geschäftsführer von Hoffmann Industrieversicherungsmakler.<br />

„Auch auf einer<br />

bAV-Plattform muss es damit beginnen,<br />

Arbeitgeber zu akquirieren“, weiß er aus<br />

Erfahrung. Das gehe nur mit einem Technologieanbieter,<br />

der alle beteiligten Parteien<br />

miteinander vernetze und eine End-to-End-<br />

Lösung biete. „Digitale Maschinen, Chat-<br />

Bots und Avatare, die den Beratungs- und<br />

Abschlussprozess optimieren, tragen zur<br />

massiven Kostenreduktion bei, doch Vertragsverwaltung,<br />

laufende Beratung und<br />

22 <strong>procontra</strong> <strong>03</strong>|21


AV TITEL<br />

Betreuung kann KI nicht übernehmen und<br />

muss vergütet werden“, so Hoffmann.<br />

„Dann rennt man als Vermittler praktisch<br />

offene Türen ein, wenn man dem Arbeitgeber<br />

zeigt, wie einfach sich bAV online verwalten<br />

lässt“, weiß der Makler. Der springende<br />

Punkt sei eine offene Architektur,<br />

damit alle bAV-Anbieter der Arbeitnehmer<br />

in einem Portal verwaltet werden können.<br />

Fazit: Grundsätzlich bietet die alte<br />

bAV Beratern weiter alle Chancen, sofern<br />

die Politik die 100-Prozent-Garantie bei<br />

der BZML abmildert. Bei der neuen bAV<br />

nimmt die Beratung gerade bei Geringverdienern<br />

sowie bei allen Entgeltumwandlungen<br />

Fahrt auf. Wer beim SPM vernünftig<br />

verdienen will, muss den Aufwand im<br />

Massengeschäft der Arbeitnehmerberatung<br />

mit digitaler Beratungsstrecke gering halten.<br />

Oder sich auf die ohnehin strategisch<br />

sinnvolle Arbeitgeberberatung konzentrieren,<br />

von der die bAV nur ein Element ist.<br />

Ob das Talanx-SPM in absehbarer Zeit<br />

Nachahmer findet, ist völlig offen. Der<br />

zweite ver.di-Abschluss mit der Energiebranche<br />

kommt wohl frühestens im Herbst.<br />

Dann ist Bundestagswahl. Und die Pläne<br />

der Parteien zur bAV in der nächsten Legislatur<br />

sind sehr verschwommen. Die meisten<br />

scheinen die gesetzliche Rente stärken zu<br />

wollen. Das lässt nicht den großen Durchbruch<br />

beim SPM mit der reinen Beitragszusage<br />

erwarten. <br />

PRO<br />

BAV-DURCHBRUCH<br />

DURCH ERSTES SPM?<br />

Verzicht auf Garantie<br />

fördert hohe Rente<br />

trotz Niedrigzins<br />

Bei reiner Beitragszusage<br />

gibt es Problem<br />

mit 100-Prozent-<br />

Garantie nicht<br />

Hoher Beratungsbedarf<br />

sichert langfristig<br />

Geschäft mit Firmenkunden<br />

CONTRA<br />

SPM soll weitgehend<br />

ohne Beratungs- und<br />

Vertriebskosten auskommen<br />

Vorwiegend kleinteiliges<br />

Geschäft könnte<br />

Berater und Anbieter<br />

abschrecken<br />

Tarifbindung<br />

behindert Durchbruch<br />

ebenso wie Kostenscheu<br />

der Arbeitgeber<br />

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<strong>procontra</strong> <strong>03</strong>|21<br />

23


BUSCHFUNK Investmentfonds<br />

INVESTMENTFONDS<br />

CORONA SENKT VERMIETUNGSQUOTEN<br />

Leerstand sorgt für Abwärtstrend bei offenen Immobilienfonds.<br />

Foto: iStock / Dave Adams<br />

Nachdem sich die Vermietungsquoten bei den offenen Immobilienfonds seit knapp zehn<br />

Jahren im Aufwind befanden, gehen die Zahlen jetzt erstmals zurück. Damit machen sich die<br />

Auswirkungen der Corona-Krise bemerkbar. Nach einer Erhebung der Ratingagentur Scope<br />

sank im Pandemiejahr 2020 die durchschnittliche Vermietungsquote deutlich: Mit 94,3<br />

Prozent lag sie 1,7 Prozentpunkte unter dem Vorjahresniveau – damit ist sie erstmals seit<br />

zehn Jahren rückläufig. Besonders hart traf es die global agierenden Fonds, die in Büro- und<br />

Hotelimmobilien in den USA investierten. Vor allem in New York beendeten viele Pächter ihre<br />

Verträge. Ein Ende der rückläufigen Vermietungsquoten ist aktuell nicht in Sicht: Auch zum<br />

31. März <strong>2021</strong> waren die Objekte der von Scope betrachteten Fonds nur noch zu 93,9 Prozent<br />

vermietet – eine erneute Reduktion um 0,4 Prozentpunkte.<br />

AMPELSYSTEM FÜR NACHHALTIGKEIT<br />

Regeln für grüne Finanzprodukte: Ökologisch<br />

sinnvolle Investments werden gekennzeichnet.<br />

Der Bund will Finanzprodukte künftig mit einer „Nachhaltigkeitsampel“<br />

kennzeichnen, damit Privatanleger auf den ersten Blick<br />

ökologisch sinnvolle Investments erkennen. Für die Umsetzung der<br />

„Sustainable Finance“-Strategie soll mit der EU zusammengearbeitet<br />

werden, zunächst ist eine bundesweite Ampel geplant. In der „Sustainable<br />

Finance“-Strategie sind insgesamt 26 Maßnahmen aufgelistet,<br />

die Deutschland zu einem führenden Standort für nachhaltige<br />

Investments machen sollen.<br />

Foto: iStock / ae-photos<br />

BITCOINS & CO.: STEUERRECHTLICHE GRAUZONEN<br />

Bund und Länder wollen sich in puncto Kryptowährung abstimmen.<br />

Trotz des Hypes um Bitcoin & Co. gibt es bei der Besteuerung von Kryptowährungen immer<br />

noch etliche rechtliche Grauzonen, ein Regelwerk seitens der Finanzbehörden fehlt. Obwohl<br />

der Bund nach eigenen Angaben keine „Regelungslücken“ sieht, bereitet er aktuell ein<br />

Schreiben zur Abstimmung mit den Ländern vor. Darin geht es um die ertragssteuerliche<br />

Behandlung virtueller Währungen. Laut FDP und Rechtsanwälten sind die juristischen Unklarheiten<br />

groß – beispielsweise bei der Besteuerung selbst erzeugter Kryptowährung. „Es muss<br />

überhaupt erst mal grundlegend geklärt werden, ob Kryptowährungen von den Steuergesetzen<br />

erfasst werden“, sagt Rechtsanwalt Philipp Hornung (Foto). „Das ist keineswegs so<br />

selbstverständlich, wie es die Bundesregierung darstellt.“<br />

24<br />

<strong>procontra</strong> <strong>03</strong>|21


Investmentfonds BUSCHFUNK<br />

Fidelity International: Zusammenarbeit mit<br />

Freiburger Robo-Advisor<br />

Fidelity International und der Freiburger Robo-Advisor<br />

Whitebox gehen eine Kooperation ein. Kunden des<br />

Robo-Beraters erhalten künftig einen Zugang zu einem<br />

Megatrends-Portfolio, Fidelity-Vertriebspartner wiederum<br />

den Zugang zur digitalen Vermögensverwaltung. Fidelity<br />

unterstützt die Freiburger beim Vertrieb im B2B2C-Bereich.<br />

Vermögensverwaltung<br />

ist kein Wertpapier<br />

MARTIN STEINMEYER<br />

Vorstand der Netfonds AG<br />

Allianz Global Investors: Hirt neuer CIO<br />

Am 1. Juli übernimmt Gregor Hirt (Foto) als neuer Global<br />

Chief Investment Officer den Bereich Multi Asset bei Allianz<br />

Global Investors (AllianzGI). In enger Abstimmung mit<br />

den Multi-Asset-Experten in Europa, Asien und den USA<br />

soll Hirt das Multi-Asset-Geschäft strategisch weiterentwickeln,<br />

insbesondere die von Kunden stark nachgefragten<br />

Risikomanagement-Strategien.<br />

Amundi: Fokus auf nachhaltigen Investments<br />

Amundi baut sein ESG-Angebot weiter aus: Sechs traditionelle<br />

Anleihen-ETFs werden in entsprechende ESG-Anleihen-ETFs<br />

transferiert. Mit den in den nächsten Wochen<br />

gewandelten ETFs sollen Anleger in dieser Anlageklasse<br />

nun einfach und kosteneffizient investieren können. So will<br />

Amundi Investoren bedarfsgerecht bei der ESG-Transformation<br />

ihrer Portfolios unterstützen.<br />

VuV: Erste Frau ins Vorstandsgremium gewählt<br />

Mit Petra Ahrens (Foto) zieht die erste Frau in das Vorstandsgremium<br />

des Verbands unabhängiger Vermögensverwalter<br />

Deutschland (VuV) ein. Die einstige Vorstandsvorsitzende<br />

der Kölner Maiestas Vermögensverwaltung<br />

bekam die meisten Stimmen in der online durchgeführten<br />

Wahl und ersetzt nun ihren Vorgänger Uwe Eilers von der<br />

FV Frankfurter Vermögen.<br />

BVI: Fondsbranche legt mit 60 Milliarden Euro<br />

Zuflüssen den besten Jahresstart seit 2015 hin<br />

Im ersten Quartal <strong>2021</strong> flossen den Fondsgesellschaften<br />

netto 59,9 Milliarden Euro neue Mittel zu. Das ist das<br />

beste Neugeschäft seit sechs Jahren. Die Zuflüsse entfallen<br />

<strong>2021</strong> in etwa zu gleichen Teilen auf offene Spezialfonds<br />

und Publikumsfonds mit 31,2 bzw. 29,4 Milliarden Euro.<br />

Geschlossene Fonds verzeichneten 1,6 Milliarden Euro.<br />

Candriam: Paulo Salazar wird Co-Head of<br />

Emerging Markets<br />

Candriam ernennt Paulo Salazar (Foto) zum Co-Head of<br />

Emerging Markets. In dieser Rolle steht der ehemalige<br />

Senior Emerging Markets Equity Analyst und Fondsmanager<br />

an der Seite von Jan Boudewijns, der das Team für<br />

Schwellenländeraktien seit 20<strong>03</strong> leitet. Nach knapp 40<br />

Jahren in der Finanzbranche plant Boudewijns seinen<br />

Ruhestand. Bis zur ersten Jahreshälfte 2022 werden die<br />

beiden Co-Heads das Team noch gemeinsam führen.<br />

Foto: iStock / Fokkebok<br />

Foto: iStock / Enot Poloskun<br />

Diese Erkenntnis, die auf einer Entscheidung<br />

des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) fußt,<br />

hat es in sich. Denn im Aufsichtsrecht gelten<br />

die wesentlichen Pflichten, die uns im Alltag bei<br />

der Beratung und Vermittlung von Wertpapieren<br />

betreffen, dann eben nicht. Das setzt natürlich<br />

voraus, dass sich der Vermittler an dieser Stelle<br />

in keinem Fall zu den einzelnen Wertpapieren<br />

äußern darf, denn da beginnt die Erlaubnispflicht<br />

erneut.<br />

Die Diskussion über den Sinn und Unsinn des<br />

Tapings ist absolut berechtigt. Gerade jetzt findet<br />

die Kommunikation zu Wertpapier-Themen meist<br />

fernmündlich statt. Gespräche „entwickeln“<br />

sich, Vertrauen ebenfalls und natürlich kann ein<br />

solches Gespräch auch mit konkreten Fragen/<br />

Hinweisen zu Wertpapieren enden. Die Aufzeichnung<br />

der Gespräche fördert diesen vertrauensvollen<br />

Austausch nicht – zumindest empfinde<br />

ich es als störend. Ich kenne die Aufzeichnungspflicht<br />

meist bei Produkten, die mir am Telefon<br />

„verkauft“ werden. Zusätzlich sprechen wir über<br />

extrem große Datenmengen bei der Speicherung<br />

dieser Inhalte – ob das im Sinne der ESG-Ziele<br />

ist?<br />

Wenn wir der oben genannten Logik folgen, sind<br />

bei einer Vermögensverwaltung diese Gespräche<br />

nicht aufzuzeichnen, sofern Sie nicht über die<br />

einzelnen Wertpapiere sprechen, sondern über<br />

die Struktur und die Ergebnisse.<br />

Berater brauchen Antworten auf die Frage, wie<br />

man seine Prozesse optimiert, wenn die Beratung<br />

und Vermittlung einzelner Wertpapiere immer<br />

aufwendiger werden oder wenn der Regulierer<br />

regelmäßig von Provisionsverboten und Betreuungspflichten<br />

spricht. Wir haben uns sehr frühzeitig<br />

mit diesen Themen beschäftigt und viele<br />

unserer Partner haben den Sinn erkannt. Das ist<br />

wichtig für uns alle.<br />

<strong>procontra</strong> <strong>03</strong>|21<br />

25


INVESTMENTFONDS Investmenttalk<br />

»Umfeld für Aktiensparen<br />

nicht förderlich«<br />

Klaus Naeve und Matthias Born, Co-Leiter der Berenberg Wealth & Asset Management,<br />

über ihre (nachhaltige) Strategie, den Mehrwert gegenüber günstigen ETFs<br />

und die Aktienkultur in Deutschland<br />

– TEXT: JAN F. WAGNER –<br />

KLAUS NAEVE, Leiter Wealth Management in Deutschland<br />

<strong>procontra</strong>: Die EU will nachhaltige Investments<br />

forcieren und hat zu diesem Zweck<br />

die Taxonomie, die Offenlegungsverordnung<br />

und die Nachhaltigkeitpräferenzabfrage<br />

(NPA) auf den Weg gebracht. Wie<br />

sind Sie darauf vorbereitet?<br />

Matthias Born: Noch ist in Sachen Regulatorik<br />

vieles unklar. So hat die EU<br />

zum Beispiel noch nicht entschieden,<br />

ob Atomkraft innerhalb der Taxonomie<br />

(EU-Definition nachhaltiger Aktivitäten)<br />

als nachhaltig betrachtet werden soll oder<br />

nicht. Gemäß unserer Nachhaltigkeitseinschätzung<br />

schließen wir grundsätzlich<br />

etwa Atomkraft, Kohlekraft und Ölsandgewinnung<br />

bereits aus. Ich denke, dass wir<br />

gut vorbereitet sind: Sechs unserer neun<br />

Aktienfonds werden innerhalb der Regulatorik<br />

als nachhaltig betrachtet werden.<br />

Das heißt, sie fallen entweder unter Artikel<br />

8 (nachhaltige Fonds) oder Artikel 9<br />

(Impact-Fonds). Gemäß der Offenlegungsverordnung<br />

berichten wir dann ausführlich<br />

an die Anleger, wie Nachhaltigkeitsaspekte<br />

in der Investmentstrategie der Produkte<br />

berücksichtigt werden. Mit unseren Fonds<br />

kann der Finanzberater auch die passende<br />

Antwort geben, wenn der Kunde im<br />

Rahmen der NPA sagt, er wolle nachhaltig<br />

investieren.<br />

<strong>procontra</strong>: Die neuen Regeln bedeuten für<br />

Berenberg also keinen großen Aufwand?<br />

Born: Die Investmentphilosophie, die wir<br />

über lange Jahre verfolgt haben, macht es<br />

uns einfach, die Fonds in die nachhaltigen<br />

Kategorien umzuwidmen. Das ist nicht für<br />

jeden Anbieter so einfach. Was wir nicht<br />

machen werden, ist, die Fonds umzubenennen.<br />

Unser European Equity Fund<br />

etwa wird künftig nicht European Equity<br />

Sustainable Fund heißen. Das wäre in meinen<br />

Augen eigentlich ein Marketingtrick.<br />

Wir sagen stattdessen dem Kunden klar,<br />

was wir in Sachen Nachhaltigkeit konkret<br />

machen. Diese Art der Berichterstattung,<br />

aber auch die Beschaffung der entsprechenden<br />

ESG-Daten von den Unternehmen<br />

werden natürlich zu Mehrkosten führen.<br />

Diese werden wir aber nicht weitergeben.<br />

<strong>procontra</strong>: Zusätzlich zu ihrem nachhaltigen<br />

Investmentstil haben Sie ein Team<br />

von ESG-Spezialisten aufgebaut. Wie groß<br />

ist das Team und welche Rolle spielt es?<br />

Born: Unser 2018 gegründetes ESG-Office<br />

besteht aus drei Personen. Das ist für eine<br />

Boutique relativ groß – auch in Relation<br />

zu vergleichbaren Häusern. Jedoch sind<br />

diese drei nicht die einzigen, die sich<br />

mit Nachhaltigkeit befassen. Im Gegenteil:<br />

Unsere Portfoliomanager erstellen<br />

selbst ESG-Analysen über die Aktien und<br />

Anleihen der emittierenden Unternehmen<br />

und treffen dann darauf basierend ihre<br />

Investmententscheidungen. Das ESG-Team<br />

gibt den Portfoliomanagern ein Gerüst –<br />

26 <strong>procontra</strong> <strong>03</strong>|21


Investmenttalk INVESTMENTFONDS<br />

sprich: worauf man in einem bestimmten<br />

Sektor achten sollte. Aber die Arbeit an<br />

sich machen die Portfoliomanager selbst.<br />

Das ESG-Office unterstützt die Manager<br />

zudem beim Proxy-Voting oder beim Engagement<br />

mit den Firmen, damit diese die<br />

für uns relevanten ESG-Kriterien einhalten.<br />

<strong>procontra</strong>: Wie groß schätzen Sie die<br />

Nachfrage nach ESG-Fonds im Privatkundenbereich<br />

ein?<br />

Klaus Naeve: Der Trend zu nachhaltigen<br />

Investments ist eindeutig und wird von der<br />

Nachfrage getrieben. Im institutionellen<br />

Bereich können Sie als Asset-Manager<br />

häufig gar nicht an Ausschreibungen teilnehmen,<br />

wenn Sie nicht die entsprechende<br />

ESG-Kompetenz vorweisen können.<br />

Auch im Privatkundengeschäft wird das<br />

zunehmend gefordert und mit der NPA<br />

weiter steigen. Da sehen wir auch einen<br />

gewissen Generationswechsel. So finden<br />

in vermögenden Familien mehr und mehr<br />

Diskussionen statt, bei denen es um die<br />

Frage geht, wie das Geld der Familie bislang<br />

verdient wurde. War das moralisch,<br />

ökologisch vertretbar? Häufig will die<br />

neue Generation dann mit dem Geld Gutes<br />

bewirken und Schlechtes vermeiden. Da<br />

helfen wir weiter, auch mal mit besonderen<br />

Mandaten, die über unseren ESG-Ansatz<br />

hinausgehen. Beispiel: Der Kunde will<br />

mit seinem Investment ganz gezielt in den<br />

Bereich Tierschutz oder Medikamentenfor-<br />

»Wir könnten die<br />

Aktienkultur fördern,<br />

wenn wir in den<br />

Schulen erklären,<br />

dass eine Aktie für<br />

die Altersvorsorge<br />

ein sehr sinnvolles<br />

Instrument ist.«<br />

MATTHIAS BORN, BERENBERG<br />

MATTHIAS BORN, Investmentchef und Leiter des Aktien-Portfoliomanagements<br />

schung hineingehen.<br />

<strong>procontra</strong>: Wenn wir über Finanzberatung<br />

reden, so würden wir gerne wissen, ob Mi-<br />

FID II Ihren Job doch schwieriger gemacht<br />

hat. Der pensionierte Berenberg-Chef<br />

Hans-Walter Peters galt als großer Kritiker<br />

von MiFID II.<br />

Naeve: Für uns war MiFID II in der Hinsicht<br />

schwierig, dass das Regelwerk nicht<br />

nur einiges gekostet hat – für Technik- und<br />

Compliance-Personal etwa –, sondern auch<br />

dadurch, dass die Kundenbeziehungen<br />

komplizierter geworden sind. Das heißt<br />

konkret, dass wir etwa für sehr erfahrene<br />

Anleger keine Möglichkeit haben, auch<br />

Vorgaben abzuwählen. Nehmen Sie etwa<br />

einen Aktienkauf: Bevor dieser ausgeführt<br />

werden kann, müssen wir dem Kunden<br />

einen umfangreichen Kostennachweis<br />

schicken. Damit bremsen wir jemanden<br />

aus, der seit 30 oder 40 Jahren in Aktien<br />

investiert hat. Manchmal schützt MiFID II<br />

so Kunden, die gar nicht schutzbedürftig<br />

sind. Auch das Grundproblem, nämlich<br />

dass viele Anleger kein tiefes Kapitalmarktwissen<br />

haben, wird nicht behoben.<br />

Der Kunde hat sehr viel, was er durchlesen<br />

muss, aber er ist dadurch in Sachen<br />

Kapitalmarkt nicht unbedingt schlauer.<br />

Ich glaube, der Verbraucherschutz, der<br />

ein gutes und sinnvolles Ziel bei MiFID II<br />

ist, ist nicht überall erreicht worden. Aber<br />

natürlich halten wir das alles ein, und ich<br />

würde heute sagen, dass wir uns daran<br />

gewöhnt haben.<br />

<strong>procontra</strong>: Zurück zu Ihren Aktienfonds.<br />

Herr Born, die durchschnittliche Performance<br />

der Fonds lag im vergangenen Jahr<br />

18,5 Prozent über den jeweiligen Benchmarks.<br />

Was war dafür ausschlaggebend?<br />

Born: Die Marktbedingungen haben<br />

unseren Anlagestil, nämlich in Titel,<br />

die sich durch Wachstum und Qualität<br />

auszeichnen, begünstigt. Wir wählen<br />

Unternehmen aus, die aufgrund ihres<br />

Geschäftsmodells sehr robust sind, auch<br />

von der bilanziellen und Cashflow-Seite.<br />

Diese Unternehmen sind sehr gut durch die<br />

Corona-Krise gekommen. Hinzu kam die<br />

Marktentwicklung. Normalerweise ist es<br />

so, dass alle Werte in der Rezession nach<br />

unten tendieren. In der Krise aber war es<br />

so, dass es sehr viele Gewinner gab – vor<br />

allem Technologiewerte, zu denen unsere<br />

Portfolios ein hohes Exposure haben.<br />

<strong>procontra</strong>: Konnten Sie die Outperformance<br />

vom letzten Jahr auch in diesem<br />

fortsetzen?<br />

Born: Nein, das konnten wir nicht ganz.<br />

Die durchschnittliche Performance der<br />

Aktienfonds ist absolut gesehen deutlich<br />

positiv, relativ gesehen sind wir etwa auf<br />

dem Niveau unserer Vergleichsindizes –<br />

je nach Fonds mal etwas darunter, mal<br />

etwas darüber. So haben etwa die Europa-<br />

Indizes seit Jahresbeginn knapp zweistellig<br />

zugelegt, bei meinen eigenen Europafonds<br />

ist das ähnlich. Wir hatten eine Delle im<br />

Februar, das lag am Wechsel vom Techund<br />

Softwarebereich zu Banken, Telekom<br />

und Industriewerten. Wir haben uns<br />

<strong>procontra</strong> <strong>03</strong>|21<br />

27


INVESTMENTFONDS Investmenttalk<br />

mit unserem Stil schwergetan. Es läuft<br />

immer nach dem gleichen Muster ab: Wir<br />

kommen aus einer Krise heraus und die zyklischen<br />

Werte fangen an, sich zu erholen.<br />

Dann kamen die Zins- und Inflationsdiskussionen<br />

hinzu, was die Rotation noch<br />

verstärkt hat. Auf Sicht von drei Jahren<br />

– der Maßstab für ein aktives Haus wie<br />

Berenberg – fühlen wir uns aber sehr wohl.<br />

Unsere Aktienprodukte schlossen zwischen<br />

2018 und 2020 eindeutig im Plus.<br />

<strong>procontra</strong>: Kostengünstige Aktien-ETFs<br />

haben ebenfalls in dem Zeitraum eine<br />

gute Performance hingelegt. Warum sollte<br />

ein Privatanleger in Ihre vergleichsweise<br />

teuren Produkte investieren?<br />

Naeve: Wenn Sie die 18,5 Prozent Outperformance<br />

für 2020 berücksichtigen, dann<br />

würde ich sagen, wir haben damit den<br />

Mehrwert gezeigt. In den letzten zehn Jahren<br />

waren ETFs ein harter Gegner, keine<br />

Frage. Die EZB-Geldflut hebt alle Boote<br />

gleichermaßen. Ich glaube aber, dass das<br />

Wirtschaftswachstum in den Industrieländern<br />

künftig etwas gedämpfter sein wird.<br />

Es wird also darauf ankommen, dass man<br />

Unternehmen findet, die nachhaltig eine<br />

Wertschöpfung generieren können. Das ist<br />

gerade für uns sehr spannend. Und wenn<br />

man sich unsere Performance der vergangenen<br />

Jahre anschaut, spricht diese für<br />

sich. Wir hatten Phasen, wo wir schlechter<br />

waren als der Markt. Das ist zu erklären,<br />

denn wenn man in wachstumsorientierte<br />

Werte investiert und es gibt zwischendurch<br />

keine Wachstumsfantasie, leiden wir. Wenn<br />

also jene Werte, die aus unserer Sicht kein<br />

FAKTEN ZU BERENBERG<br />

WEALTH & ASSET MANAGEMENT:<br />

› Vermögensverwalter der<br />

Hamburger Privatbank Berenberg<br />

› 2020 Rekordgewinn von<br />

rund 108,2 Mio. Euro erzielt.<br />

› Verwaltetes Vermögen: 32,6 Mrd. Euro<br />

(2020: +3,4 Mrd. Euro)<br />

19,5 Mrd. Euro Asset Management<br />

(Privatkunden und Institutionelle)<br />

13,1 Mrd. Euro Wealth Management<br />

(vermögende Kunden und Family<br />

Offices)<br />

› 1 Mio. Euro Mindestanlagesumme<br />

für eine Vermögensverwaltung<br />

gesundes Geschäftsmodell haben, eine<br />

Rallye hinlegen, dann laufen wir zwar mal<br />

temporär hinterher. Aber wir können das<br />

später wieder aufholen.<br />

<strong>procontra</strong>: Ob mit Fonds, ETFs oder Einzelwerten,<br />

12,4 Millionen Deutsche waren<br />

letztes Jahr in Aktien investiert – der<br />

höchste Wert seit 2001. Erleben wir eine<br />

Renaissance der Aktienkultur in Deutschland?<br />

Born: Ich bin skeptisch, dass wir es mit<br />

einer Renaissance der Aktienkultur zu<br />

tun haben. Wenn die Aktienmärkte heiß<br />

laufen, dann gibt es mehr Aktionäre. Dieser<br />

Trend kann aber ganz schnell wieder<br />

vorbei sein, wenn die Märkte ein oder<br />

zwei Jahre nicht laufen. Das politische und<br />

das regulatorische Umfeld sind für das<br />

Aktiensparen in Deutschland einfach nicht<br />

förderlich. Zwei Beispiele: Der derzeitige<br />

Finanzminister sagt, er sei kein großer Befürworter<br />

von Aktien. Ob er privat Aktien<br />

hält oder nicht, ist natürlich seine persönliche<br />

Entscheidung. Was aber darin zum<br />

Ausdruck kommt, ist, dass ihn Kapitalanlage<br />

weder persönlich noch für den Teil<br />

der Bevölkerung, der fürs Alter vorsorgen<br />

muss, sonderlich interessiert. Er wird<br />

also kaum einen Rahmen dafür schaffen.<br />

Außerdem halten deutsche Pensionskassen<br />

wegen der Regularien im Schnitt 4 Prozent<br />

in Aktien. Im internationalen Vergleich<br />

ist das nichts. Vielleicht könnten wir die<br />

Aktienkultur dadurch fördern, dass wir in<br />

den Schulen erklären, dass eine Aktie für<br />

die Kapitalanlage oder die Altersvorsorge<br />

ein sehr sinnvolles Instrument ist.<br />

28 <strong>procontra</strong> <strong>03</strong>|21


Direktversicherung<br />

mit 100 % Fonds.<br />

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INVESTMENTFONDS Absolute Return<br />

ABSOLUT(E) ÜBERZEUGT?<br />

In jeder Marktlage positive Erträge zu erwirtschaften ist ein vollmundiges Versprechen.<br />

Tatsächlich sind über die vergangenen Jahre viele der selbst ernannten Allwetter-Fonds<br />

gescheitert. Immerhin klappt vielfach die Verlustbegrenzung in Krisenzeiten.<br />

– TEXT: CHRISTOPHER NACHTWEH –<br />

An Königsklassen herrscht in der Welt der<br />

Investmentfonds nur selten Mangel. Heute<br />

zählen dazu vor allem vermögensverwaltende<br />

Fonds und Multi-Asset-Portfolios.<br />

Etwas aus dem Blick geraten sind dagegen<br />

Absolute-Return-Fonds. Als „Alleskönner“<br />

gepriesen, schienen sie die Zuschreibung<br />

eine Zeitlang besser verdient zu haben als<br />

alle anderen Fondskategorien. Denn sie<br />

stellen in Aussicht, wonach viele Anleger<br />

bei der Kapitalanlage suchen: stete Erträge<br />

bei konsequenter Verlustvermeidung, und<br />

das vollständig unabhängig von der Marktentwicklung.<br />

Dafür können ihre Manager weitreichende<br />

Freiheiten bei der Auswahl von<br />

Anlageklassen nutzen und in großem Umfang<br />

Derivate-Strategien einsetzen. Das<br />

allerdings ist auch vielen Multi-Asset-Managern<br />

grundsätzlich gestattet. Eine eindeutige<br />

Definition für die Fondskategorie fehlt<br />

bis heute, sehr unterschiedliche Produkte<br />

schmücken sich mit dem Zusatz „Absolute<br />

Return“. Weitere Fonds verfolgen die Strategie,<br />

ohne das Label im Namen zu führen,<br />

darunter etliche vermögensverwaltende<br />

Fonds. Auch findet sich in den Fondsdatenbanken<br />

wenigstens eine Handvoll „Multi<br />

Asset Absolute Return“-Produkte. Wo also<br />

liegen die Unterschiede der Konzepte?<br />

In einer Untersuchung der Ratingagentur<br />

Scope über die Folgen des Corona-<br />

Crashs und anderer Krisen seit 2008 für<br />

einkommensorientierte Multi-Asset-Fonds<br />

einerseits und Absolute- und Total-Return-<br />

Fonds (AR/TR) andererseits stellt Analyst<br />

Manqing Sun heraus: „Während Multi Asset<br />

Income-Fonds das primäre Ziel haben,<br />

konstant hohe Ausschüttungen zu erzielen,<br />

verfolgen AR/TR-Konzepte die Generierung<br />

einer marktunabhängigen stetigen<br />

Wertentwicklung bei zugleich geringer Volatilität<br />

und Drawdowns.“<br />

VERMÖGEN UND RUHIGEN SCHLAF SICHERN<br />

Die Definitionen der Produkte sind unterschiedlich:<br />

Mal versprechen Anbieter,<br />

Verluste zu begrenzen, mal werden für jedes<br />

Kalenderjahr, mal für rollierende Drei-<br />

Jahres-Zeiträume positive Renditen in Aussicht<br />

gestellt. Erstmals populär wurde das<br />

Konzept der Verlustvermeidung nach dem<br />

Platzen der Dotcom-Blase: Etliche Gesellschaften<br />

gingen 20<strong>03</strong> mit der damals neuen<br />

Produktkategorie an den Start, die Anlegern<br />

marktunabhängig ihr Vermögen und<br />

damit einen ruhigeren Schlaf sichern sollte.<br />

Mit wieder steigenden Börsenkursen aller-<br />

30 Illustration: Roman Kulon


Absolute Return INVESTMENTFONDS<br />

dings sank die Popularität schnell merklich.<br />

So wurde etwa das aufwendig mit Günter<br />

Netzer beworbene zwischenzeitliche<br />

Schwergewicht Allianz-dit Absolute Return<br />

Allocation mangels Performance und<br />

Masse schon gut vier Jahre nach dem Start<br />

mit einem Multi-Asset-Fonds des Hauses<br />

verschmolzen. Zig weitere Produkte der<br />

ers ten Generation sind ebenfalls längst vom<br />

Markt verschwunden.<br />

Klar ist indessen: Aufwärtsphasen an den<br />

Börsen allein lassen allenfalls begrenzt Aufschlüsse<br />

über die Stärken und Schwächen<br />

eines Fonds oder einer Fondskategorie zu.<br />

Das gilt insbesondere für Produkte, zu deren<br />

Kernanliegen zählt, Verluste über überschaubare<br />

Zeiträume zu vermeiden.<br />

Betrachtet man das Jahr 2008, als die<br />

rund fünfjährige Aktien-Hausse ein jähes<br />

Ende fand, ergibt sich ein differenzierteres<br />

Bild: „Im Umfeld der Finanzkrise boten<br />

Absolute/Total-Return-Ansätze einen weit<br />

besseren Schutz gegen Kursrückgänge,<br />

wenngleich auch sie zwischenzeitliche Verluste<br />

meist nicht ganz vermeiden konnten“,<br />

erläutert Scope-Analyst Sun mit Blick auf<br />

die von ihm gewählte Vergleichsgruppe<br />

»Es mag verlockend<br />

erscheinen, Verlusten<br />

weitestgehend aus<br />

dem Weg zu gehen;<br />

wer aber gleichzeitig<br />

Gewinne vermeidet,<br />

wird seine Anlageziele<br />

kaum erreichen.«<br />

MANQING SUN, SCOPE ANALYSIS<br />

Multi-Asset Income. Ähnliches gilt für den<br />

März vergangenen Jahres, als die Corona-<br />

Krise die Märkte mit voller Wucht traf.<br />

HAUPTPROBLEM IST DAS TIMING<br />

Wichtiger, erklärt Sun, „für das Verständnis<br />

des strukturellen Verhaltens der beiden<br />

Produktkategorien ist aber ein anderer<br />

Aspekt, und zwar: Wie stark können die<br />

Fonds von der Markterholung nach den<br />

30<br />

25<br />

20<br />

15<br />

10<br />

5<br />

0<br />

-5<br />

-10<br />

-15<br />

-20<br />

-25<br />

-30<br />

-35<br />

-40<br />

Kurseinbrüchen profitieren?“ Denn es mag<br />

noch so verlockend erscheinen, Verlusten<br />

weitestgehend aus dem Weg zu gehen; wer<br />

aber gleichzeitig Gewinne vermeidet, wird<br />

seine Anlageziele kaum erreichen.<br />

Tatsächlich zeigt sich, dass klassische<br />

Absolute-Return-Fonds schon allein wegen<br />

ihres Fokus auf die Begrenzung zwischenzeitlicher<br />

Verluste und höherer Schwankungen<br />

häufig nicht in der Lage sind, Erholungsphasen<br />

an den Börsen umfänglich<br />

zu nutzen. Denn hier sind vielen Produkten<br />

strategiebedingt enge Grenzen gesetzt.<br />

Schließlich birgt jede Erholung die Gefahr<br />

eines neuerlichen Rückschlags, den es zu<br />

vermeiden gilt. Daher kommen schnell<br />

Absicherungsstrategien zum Einsatz. „Das<br />

Hauptproblem ist dabei das richtige Timing“,<br />

so Sun. Schließlich könnten auch<br />

die Manager von Absolute-Return-Fonds<br />

wesentliche Wendepunkte an den Märkten<br />

kaum besser vorhersehen als andere.<br />

Gerade mittel- bis langfristig stößt ein<br />

solches Konzept daher regelmäßig an seine<br />

Grenzen, wie der Vergleich mit Multi-<br />

Asset-Fonds belegt. In jedem einzelnen Jahr<br />

von 2009 bis 2017 fiel der durchschnittliche<br />

Gesamtertrag von Multi-Asset-Income-Fonds<br />

laut Scope mindestens doppelt<br />

so hoch aus wie der von Absolute-/Total-<br />

Return-Produkten. Erschwerend kommt<br />

hinzu, dass die Absicherungsmechanismen<br />

nicht immer funktionieren: Während<br />

der weniger ausgeprägten Korrektur 2018<br />

schnitten Absolute-Return-Produkte im<br />

MULTI VOLATILER, ABSOLUTE STABILER<br />

Jährliche Wertentwicklung von Multi-Asset-Income- und Absolute-/Total-Return-Fonds<br />

2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 *<br />

Scope Multi Asset Income Mutual Fund Composite Scope Absolute / Total Return Mutual Fund Composite DAX RexP<br />

*<br />

bis Ende Mai, Angaben in % Quelle: Scope Analysis, Deutsche Börse<br />

Schnitt kaum besser ab als Multi-Asset-<br />

Income-Fonds.<br />

Hat die 20<strong>03</strong>er-Königsklasse also endgültig<br />

ausgedient? Zumindest eines ist klar:<br />

Anleger, die eine strikte Verlustbegrenzung<br />

zum obersten Anlageziel erheben, müssen<br />

sich mit vergleichsweise geringen Erträgen<br />

bescheiden. Denn dem grundlegenden<br />

Zusammenhang von Rendite und Risiko<br />

können sich auch Absolute-Return-Fonds<br />

nicht entziehen. Gerade Anlegern, die sehr<br />

konservativ anlegen müssen oder möchten,<br />

bieten sorgfältig ausgewählte, langjährig<br />

erprobte Absolute-Return-Strategien dennoch<br />

eine Alternative – insbesondere in<br />

einer Zeit, in der am Rentenmarkt keine<br />

Zinsen gezahlt werden.<br />

PRO<br />

ABSOLUTE RETURN INS DEPOT?<br />

Absicherung in<br />

Abwärtsphasen<br />

Zusätzliches<br />

Diversifikationspotenzial<br />

Stetige, wenn auch<br />

geringe Erträge<br />

CONTRA<br />

Keine einheitliche<br />

Definition des<br />

Anlagekonzepts<br />

Begrenzte Partizipation<br />

in Aufwärtsphasen<br />

Große Performance-<br />

Spreizung zwischen<br />

Fonds<br />

<strong>procontra</strong> <strong>03</strong>|21<br />

31


INVESTMENTFONDS Offene Immobilienfonds<br />

STABIL IM KRISENMODUS<br />

Offene Immobilienfonds werben mit der Aussicht auf stabile Renditen.<br />

Doch die meisten Sektoren schwächeln seit Beginn der Corona-Pandemie.<br />

Was bedeutet das für die Assetklasse der OIFs?<br />

– TEXT: JAN F. WAGNER –<br />

32 Illustration: Roman Kulon


Offene Immobilienfonds INVESTMENTFONDS<br />

NUTZUNGSARTEN DER LIEGENSCHAFTEN IN OFFENEN IMMOBILIENFONDS<br />

1,5<br />

2,5 0,6<br />

3,7<br />

4,9<br />

54,3<br />

7,9<br />

24,6<br />

Büro/Praxis Handel / Gastronomie Hotel Lager / Hallen Stellplätze Wohnen Sonstiges Freizeit<br />

Datenbezug: Netto-Soll-Mietertrag. Die Zahlen repräsentieren 90 Prozent des Vermögens aller offenen Immobilien-Publikumsfonds. Stichtag: 31.12.2020. Angaben in %<br />

Quelle: BVI<br />

Auch für offene Immobilienfonds (OIFs)<br />

ist die wirtschaftliche Lage seit Beginn der<br />

Corona-Pandemie schwierig. Gerade die<br />

Segmente, in die viele Fonds überwiegend<br />

investieren – Büros, Einkaufszentren, Gastronomie<br />

und Hotels – sind wegen der Pandemiebekämpfung<br />

entweder geschlossen<br />

oder kaum genutzt.<br />

Die Fonds haben folglich mit Mietausfällen<br />

zu kämpfen – besonders in den Bereichen<br />

Gastronomie und Hotels. Der Uni-<br />

Immo Global (Assets: 3,8 Milliarden Euro)<br />

hat zum Beispiel 2020 eine Bewertungsanpassung<br />

in zweistelliger Millionenhöhe<br />

vorgenommen, nachdem ein Hotel in New<br />

York wegen der Pandemie schließen musste<br />

und der Betreiber eines anderen Hotels<br />

in Portland, Oregon, das Geschäft aufgab.<br />

Auch deswegen wies der UniImmo Global<br />

für das Corona-Jahr 2020 ein Minus von<br />

rund 1 Prozent aus – als einziges Produkt<br />

unter den größten OIF-Anbietern. Für die<br />

Union Investment war das ziemlich bitter,<br />

da die Fonds damit werben, positive, wenngleich<br />

nicht sehr hohe, Renditen erwirtschaften<br />

zu können. Zwischen 2 und 3 Prozent<br />

Rendite sind typisch für die Produkte.<br />

Insgesamt sind alle Anbieter von den<br />

Auswirkungen der Pandemie negativ betroffen<br />

– und zwar in Form von Bewertungsanpassungen<br />

bei den Objekten oder<br />

Mietmindereinnahmen. Laut dem Berliner<br />

Analysehaus Scope haben die Effekte die<br />

durchschnittliche Rendite der Fonds von<br />

2,6 Prozent 2019 auf zwischen 1,5 und 2,0<br />

Prozent 2020 gedrückt. Da die Krise noch<br />

andauert, erwartet Scope-Analystin Son-<br />

ja Knorr für <strong>2021</strong> Renditen von maximal<br />

2 Prozent. Rüdiger Sälzle, Geschäftsführer<br />

beim Münchener Analysehaus Fonds-<br />

Consult, teilt diese Prognose. Sie setzt allerdings<br />

voraus, dass sich die Konjunktur,<br />

dank einer gelungenen Impfkampagne, in<br />

der zweiten Jahreshälfte wieder erholt.<br />

»Unsere Statistik<br />

zeigt, dass die meisten<br />

Fonds stabile<br />

Renditen erzielen.«<br />

SONJA KNORR, SCOPE RATINGS<br />

GESCHÄFTSMODELL STABIL<br />

Trotz des Leistungsrückgangs sehen Knorr<br />

und Sälzle keinen Anlass, OIFs grundsätzlich<br />

infrage zu stellen. Die Corona-Pandemie<br />

stelle einen exogenen Schock für die<br />

Wirtschaft dar, der irgendwann wieder<br />

vorbei sei. „Für dieses Produkt brauchen<br />

Anleger einen Investmenthorizont von mindestens<br />

fünf bis sieben Jahren. So können<br />

auch schwächere Jahre kompensiert und<br />

damit Verluste vermieden werden“, sagt<br />

Knorr und fügt an: „Unsere Statistik zeigt,<br />

dass die meisten Fonds das Ziel von stabilen<br />

Renditen erreichen.“ Die hohe Diversifikation<br />

der Fonds über Assetklassen und<br />

Regionen sei dafür ein wichtiger Grund.<br />

Das mit der Diversifikation stimmt: Obwohl<br />

die Sektoren Gastronomie, Hotels<br />

und Einzelhandel unter der Pandemie leiden,<br />

ist die Lage bei den Büros einigermaßen<br />

stabil. Die Unternehmen wollen nach<br />

Aussagen der Fondsmanager die angemieteten<br />

Flächen weitgehend behalten, weil die<br />

Mitarbeiter nach der Pandemie wieder ins<br />

Büro kommen werden.<br />

Zu den Corona-Gewinnern gehören die<br />

Sektoren Logistik wegen des gestiegenen<br />

Onlinehandels sowie Wohnen wegen des<br />

Bedarfs an bezahlbaren Wohnungen. Vom<br />

Boom bei den Wohnungen wollen die Commerz<br />

Real und die DWS auch stärker profitieren.<br />

Laut der Commerz Real könnte die<br />

Wohnimmobilienquote ihres Hausinvest-<br />

Fonds mittelfristig auf 20 Prozent von derzeit<br />

6 Prozent steigen.<br />

Bei der DWS sieht Ulrich Steinmetz, Leiter<br />

Portfoliomanagement, bei der Wohnimmobilienquote<br />

für den Grundbesitz<br />

Europa und Grundbesitz Global noch Potenzial<br />

in Richtung 10 bis 20 Prozent. Der<br />

Grundbesitz Fokus Deutschland hat bereits<br />

einen Wohnimmobilienanteil von 28 Prozent.<br />

Wegen dieser Exposure erzielte das<br />

Produkt zwischen Anfang April 2020 und<br />

Ende März <strong>2021</strong> eine Rendite von 3,2 Prozent.<br />

NACHFRAGE BLEIBT STARK<br />

Zahlen vom Fondsverband BVI unterstreichen<br />

die Popularität von OIFs. Trotz<br />

der negativen Auswirkungen der Corona-<br />

Pandemie blieb die Nachfrage nach den<br />

Produkten im Jahr 2020 relativ stark.<br />

<strong>procontra</strong> <strong>03</strong>|21<br />

33


INVESTMENTFONDS Offene Immobilienfonds<br />

»Segmente Einzelhandel und Hotels schmerzen«<br />

ESTEBAN DE LOPE FEND, Geschäftsführer Deka Immobilien<br />

<strong>procontra</strong>: Corona hat die ohnehin geringen<br />

Renditen offener Immobilienfonds weiter geschmälert.<br />

Ist die Anlageklasse noch attraktiv?<br />

Esteban de Lope Fend: Die Corona-Krise hat die<br />

Performance unserer Immobilienfonds natürlich<br />

belastet. Sie sind aber für langfristige Anleger<br />

konzipiert und daher als Wertanlage auch weiterhin<br />

geeignet. Bei einem Anlagehorizont von<br />

idealerweise zehn und mehr Jahren wird das<br />

Produkt nicht unattraktiv, wenn die Rendite mal<br />

ein oder zwei Jahre schwächelt. Unsere Fonds<br />

performten 2020 durchschnittlich zwischen<br />

1,5 und 2,5 Prozent. Vor der Krise zwischen 2,5<br />

und 3,5 Prozent. 2022 wollen wir wieder auf das<br />

Vorkrisenniveau zurückkommen.<br />

<strong>procontra</strong>: Ist es nicht eher ein Muss, auf das<br />

Vorkrisenniveau zurückzukommen, damit die<br />

Produkte attraktiv bleiben?<br />

de Lope Fend: Nein, unsere offenen Immobilienfonds<br />

erwirtschaften trotz Corona bessere<br />

Renditen als vergleichbare risikoaverse Anlagen.<br />

Wenn die Pandemie überwunden ist, gehen<br />

wir davon aus, dass wir 2022 wieder in den<br />

Renditekorridor von 2,5 bis 3,5 Prozent kommen.<br />

Das ist das Ziel, aber versprechen können wir<br />

natürlich nichts, denn noch ist nicht absehbar,<br />

wie lange die Corona-Restriktionen anhalten.<br />

<strong>procontra</strong>: Wo schmerzt es in den Portfolios<br />

wegen Corona besonders?<br />

de Lope Fend: Es schmerzt ganz klar in den<br />

Segmenten Einzelhandel und Hotels, die in<br />

unseren großen Fonds rund 20 bis 30 Prozent<br />

ausmachen. Dabei war 2020 der Bereich Einzelhandel<br />

stärker betroffen als die Hotels. In diesem<br />

Jahr ist es umgekehrt: Der Einzelhandel scheint<br />

sich etwas zu stabilisieren, weil er sich auf den<br />

Onlinehandel ein Stück weit eingestellt hat. Die<br />

Hotels haben noch zu kämpfen, weil die Reisemöglichkeiten<br />

stark eingeschränkt bleiben. In<br />

zwei oder drei Jahren, denken wir aber, werden<br />

sich die Hotels stark erholen.<br />

<strong>procontra</strong>: Wie sieht es mit den Büroimmobilien<br />

aus?<br />

de Lope Fend: Stabil. Wir haben kaum Mieter in<br />

der Corona-Krise verloren. Andererseits müssen<br />

wir feststellen, dass Corona die Mietpreisdynamik<br />

in diesem Segment gestoppt hat. Das<br />

Momentum, das wir in dem Segment hatten,<br />

haben wir nicht mehr. Dennoch: Wir sind mit der<br />

derzeitigen Entwicklung zufrieden.<br />

<strong>procontra</strong>: Sind Wohnimmobilien kein Thema?<br />

Das Segment boomt.<br />

de Lope Fend: Unsere Expertise liegt bei gewerblichen<br />

Immobilien. Wohnimmobilien sind<br />

nach einem völlig anderen Geschäftsmodell<br />

zu managen. Genau aus diesem Grund spielen<br />

Wohnungen bei den von der Deka gemanagten<br />

offenen Immobilienfonds keine Rolle. Privatanleger<br />

können aber über unsere Partnerschaft<br />

mit Swiss Life in einen Wohnimmobilienfonds<br />

investieren.<br />

Die Zuflüsse betrugen neun Milliarden<br />

Euro und lagen damit nur leicht unter dem<br />

Rekordjahr 2019 (10,7 Milliarden). Ende<br />

2020 waren laut BVI 117,5 Milliarden<br />

Euro in OIFs investiert, der Löwenanteil<br />

von Privatanlegern.<br />

Wie Deka-Geschäftsführer Esteban de<br />

Lope Fend erwähnt (siehe Interview), wird<br />

die Nachfrage dadurch getrieben, dass es<br />

für sicherheitsbedachte Sparer derzeit keine<br />

attraktiven Alternativen gibt. Das Ersparte<br />

einfach bei der Bank liegen zu lassen, bringt<br />

kaum Zinsen, bei höheren Summen drohen<br />

gar Negativzinsen durch Verwahrentgelte.<br />

Alternativen wie etwa Staats- und Unternehmensanleihen<br />

bieten entweder negative<br />

Renditen oder liegen unterhalb der typischen<br />

Renditen von OIFs.<br />

Mario Schüttauf, Fondsmanager der<br />

Hausinvest, verweist auf einen weiteren<br />

Vorteil: Inflationsschutz. „Corona wird<br />

viele Auswirkungen haben, und eine davon<br />

ist die Inflation. Die Frage ist, wessen<br />

Freund die Inflation ist: der Aktien- oder<br />

der Immobilienmärkte? Wir denken, Substanzwerte<br />

wie Immobilien werden tendenziell<br />

mehr profitieren als Aktien”, sagt er.<br />

Schüttauf ist aber auch der Ansicht, dass<br />

die Aktien- und Immobilienfonds gar nicht<br />

miteinander konkurrieren, sondern sich<br />

für ein langfristiges Investment gut ergänzen.<br />

Der Fondsmanager meint damit den<br />

Diversifikationseffekt im Portfolio. Allerdings<br />

darf der Anleger auch bei schwachen<br />

Aktienmärkten keinen riesigen Sprung bei<br />

der Rendite von OIFs erwarten. Das Geschäftsmodell<br />

gibt das nicht her. Andererseits<br />

muss er wohl darauf achten, dass seine<br />

OIFs die stabilen – wenn auch nicht sehr<br />

hohen – Erträge auf Dauer liefern.<br />

PRO<br />

LOHNEN SICH OIFs NOCH?<br />

Pandemie wird<br />

irgendwann zu<br />

Ende sein<br />

Festverzinsliche Anlagen<br />

sind unattraktiv<br />

OIFs könnten Inflationsschutz<br />

bieten<br />

CONTRA<br />

Fonds bieten keine<br />

hohen Renditen<br />

Corona hat ihre<br />

Leistung nochmals<br />

gedrückt<br />

Lange Kündigungsfrist<br />

für Anteile<br />

(24 Monate)<br />

34 <strong>procontra</strong> <strong>03</strong>|21


Eberhard Sautter<br />

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INVESTMENTFONDS BRIC-Fonds<br />

EINMAL BRIC UND ZURÜCK<br />

Kaum eine Anlageidee hat nach einem Hype weltweit einen solchen Niedergang erlebt wie der<br />

BRIC-Ansatz. Nur wenige Aktienfonds nach diesem Modell halten sich noch wacker.<br />

– TEXT: HEIKE GORRES –<br />

36 Illustration: Eleonora Mavromati


BRIC-Fonds INVESTMENTFONDS<br />

BRIC-AKTIENFONDS AM DEUTSCHEN MARKT<br />

NAME<br />

ISIN<br />

VOLUMEN<br />

in Mio. Euro<br />

RENDITE<br />

1 Jahr<br />

RENDITE<br />

3 Jahre (p. a.)<br />

RENDITE<br />

5 Jahre (p. a.)<br />

LAUFENDE KOSTEN<br />

(p. a.)<br />

AUFLEGUNGS-<br />

DATUM<br />

RENDITE seit<br />

Auflegung (p. a.)<br />

Templeton Bric A (acc) EUR LU0229946628 536,3 48,77 % 9,56 % 15,51 % 2,46 % 25.10.2005 4,34 %<br />

Schroder ISF Bric EUR B Acc LU0232932698 913,7 42,36 % 10,27 % 14,83 % 2,45 % 31.10.2005 6,87 %<br />

I-Shares Bric 50 UCITS ETF USD (Dist) IE00B1W57M07 222,1 33,07 % 9,15 % 14,37 % 0,74 % 20.4.2007 5,91 %<br />

HSBC GIF Bric Markets Equity AC USD LU0254981946 104,4 42,06 % 6,33 % 12,73 % 1,85 % 4.7.2006 6,17 %<br />

HSBC GIF Bric Equity AC USD LU0449509016 232,6 41,59 % 6,25 % 12,62 % 1,85 % 7.9.2009 4,61 %<br />

sortiert nach Rendite 5 Jahre (p. a. = pro Jahr) Quellen: Scope Analysis, MSCI. Stand: 31.3.<strong>2021</strong><br />

Genau 20 Jahre ist es her, dass der damalige<br />

Chefvolkswirt der US-Bank Goldman<br />

Sachs, Terence James „Jim“ O’Neill, in<br />

einem Arbeitspapier das Kürzel BRIC geprägt<br />

hat. Der Gedanke dahinter war, dass<br />

die Länder Brasilien, Russland, Indien und<br />

China wegen ihres starken Wirtschaftswachstums<br />

und ihrer Größe beste Investmentchancen<br />

für Anleger böten. Ein Portfolio<br />

gezielt aus Aktien von Unternehmen<br />

aus diesen Ländern könne daher die Renditechancen<br />

sehr gut einfangen. Eine Idee, die<br />

einen wahren Hype am Investmenthimmel<br />

ausgelöst hat.<br />

Fondsanbieter weltweit haben den Ansatz<br />

aufgegriffen und ein breites Sortiment<br />

an BRIC-Fonds entwickelt. Einer der Klassiker<br />

am deutschen Markt ist der Templeton<br />

BRIC A (acc) Eur (ISIN: LU0229946628),<br />

den die US-Gesellschaft Franklin Templeton<br />

im Herbst 2005 aufgelegt hat. Der<br />

Fonds ist heute knapp das älteste Portfolio<br />

in der Kategorie „Aktien BRIC“ des Fondsanalyseanbieters<br />

Scope Analysis. Gleichzeitig<br />

ist er eines der letzten fünf Portfolios in<br />

verschiedenen Tranchen, die dort noch übrig<br />

sind (siehe Tabelle).<br />

„In der Hochphase vor rund zehn Jahren<br />

waren drei Dutzend Fonds in dieser Kategorie<br />

verzeichnet“, sagt Andreas Köchling,<br />

Fondsanalyst und stellvertretender Leiter<br />

des Fondsratings bei Scope. Für ihn war<br />

die ursprüngliche Idee mehr als eine bloße<br />

Marketingstrategie. „Vor 20 Jahren<br />

hatten nicht sehr viele Entwicklungs- und<br />

Schwellenländer ausreichend investierbare<br />

Unternehmen und Aktienmärkte, die breit<br />

und tief genug aufgestellt waren“, erläutert<br />

Köchling. „Die BRIC-Staaten dagegen standen<br />

nicht nur für hohe Wachstumsraten,<br />

sondern hatten auch recht gut entwickelte<br />

Aktienmärkte.“ In seiner frühen Anfangszeit<br />

als Analyst etwa habe die Mongolei<br />

die kleinste Börse der Welt gehabt mit zwei<br />

investierbaren Titeln – bei aller Größe des<br />

Landes zu wenig, um nennenswert einzusteigen.<br />

UNTERSCHIEDLICHE ENTWICKLUNG DER LÄNDER<br />

Erste Risse im BRIC-Konzept hätten sich<br />

in der Finanzkrise 2008 gezeigt, da sie die<br />

vier Länder sehr unterschiedlich getroffen<br />

habe, meint Köchling. „In den Folgejahren<br />

haben die Regierungen politisch und wirtschaftspolitisch<br />

sehr unterschiedlich agiert,<br />

»BRIC-Staaten<br />

standen nicht nur für<br />

Wachstum, sondern<br />

hatten auch recht<br />

gut entwickelte<br />

Aktienmärkte .«<br />

ANDREAS KÖCHLING, SCOPE FONDSRATING<br />

was sich schließlich auf die Entwicklung<br />

der Märkte ausgewirkt hat“, erläutert der<br />

Analyst. Hinzu kommt, dass sich in immer<br />

mehr aufstrebenden Staaten investierbare<br />

Unternehmen und Märkte herausgebildet<br />

haben.<br />

2015 sorgte schließlich die Meldung<br />

für Schlagzeilen, dass Goldman Sachs das<br />

hauseigene BRIC-Portfolio mit dem ebenfalls<br />

eigenen Schwellenländer-Aktienfonds<br />

Emerging Markets Equity Fund verschmel-<br />

zen würde. Nach anfänglich hohen Kurszuwächsen<br />

und Mittelzuflüssen hatte der<br />

Paradefonds deutliche Verluste geschrieben<br />

und Abflüsse verbucht. Die Bank wählte<br />

eine Verschmelzung statt einer Auflösung,<br />

da Anleger so einen Zugang zu einem breiteren<br />

Anlageuniversum erhielten, teilte<br />

Goldman Sachs damals mit. Der Niedergang<br />

dieses BRIC-Fonds „macht auch deutlich,<br />

wie die Attraktivität einer Strategie,<br />

bei der unterschiedliche Länder in einem<br />

Investmentthema gebündelt werden, ihren<br />

Reiz bei den Investoren eingebüßt hat“,<br />

kommentierte damals die Finanznachrichtenagentur<br />

Bloomberg.<br />

Einen groben Vergleich des Marktgeschehens<br />

zeigen MSCI-Länderindizes, die<br />

einheitlich in US-Dollar verfügbar sind. Der<br />

MSCI China verbuchte in den vergangenen<br />

zehn Jahren bis Ende März <strong>2021</strong> die höchste<br />

Nettorendite (Net Return) von 7,3 Prozent<br />

pro Jahr im Schnitt. Der MSCI Indien folgt<br />

mit durchschnittlich 4,5 Prozent. Russland<br />

blieb im Schnitt unverändert, Brasilien<br />

schrieb ein Minus von 4,8 Prozent im Jahresdurchschnitt.<br />

Der MSCI BRIC verzeichnete<br />

im selben Zeitraum eine Nettorendite<br />

von durchschnittlich 3,3 Prozent im Jahr,<br />

der breitere MSCI Emerging Markets von<br />

3,7 Prozent.<br />

NACHFRAGE DURCH INSTITUTIONELLE<br />

INVESTOREN<br />

Das nachlassende Anlegerinteresse am<br />

BRIC-Ansatz spiegelt sich auch am deutschen<br />

Markt wider. Seit der Hochphase<br />

2010 hat Scope Analysis ein kontinuierliches<br />

Zusammenschmelzen der Fondsgruppe<br />

„Aktien BRIC“ erlebt. Vor dem Aus<br />

sieht Analyst Köchling die verbliebenen<br />

Fonds jedoch nicht. „Derzeit verwalten<br />

<strong>procontra</strong> <strong>03</strong>|21<br />

37


INVESTMENTFONDS BRIC-Fonds<br />

»Der BRIC-Ansatz ist heute überholt«<br />

ANDREAS KÖCHLING, Fondsanalyst und stellvertretender Leiter des Fondsratings bei Scope Analysis<br />

<strong>procontra</strong>: Die BRIC-Anlageidee vor 20 Jahren<br />

lautete, dass Brasilien, Russland, Indien und<br />

China wegen ihrer rasanten Wirtschaftsentwicklung<br />

und Größe die besten Investmentchancen<br />

unter den Schwellenländern böten. Hat sich dies<br />

bestätigt?<br />

Andreas Köchling: Diese Länder haben damals<br />

nicht nur eine weit überdurchschnittliche Wirtschaftsentwicklung<br />

erwarten lassen, sondern<br />

hatten auch recht gut entwickelte Aktienmärkte<br />

– anders als viele andere aufstrebende Staaten.<br />

Dies hat der BRIC-Ansatz sehr gut verbunden.<br />

Wirtschaftlich, von der Bevölkerungszahl und<br />

von den Auswirkungen auf die Weltwirtschaft<br />

her gesehen spielen diese Volkswirtschaften<br />

eine große Rolle.<br />

<strong>procontra</strong>: Es war aus Ihrer Sicht damals also<br />

kein reiner Marketingbluff, sondern es steckte<br />

auch Substanz dahinter?<br />

Köchling: Ja, definitiv. Es war damals eine sehr<br />

gute Idee und mit dem Begriff BRIC sensationell<br />

in eine Marketingform gegossen. Was damals<br />

aber eigentlich schon klar war, man zu dem Zeitpunkt<br />

jedoch noch nicht so klar gesehen hat:<br />

dass sich diese vier Länder sehr unterschiedlich<br />

entwickeln würden, politisch, wirtschaftspolitisch<br />

und wirtschaftlich. Es war gedacht, dass<br />

sich die Märkte überdurchschnittlich entwickeln<br />

würden – zwar jeweils etwas unterschiedlich,<br />

aber doch steil nach oben. Wir haben mit den<br />

Jahren jedoch eine sehr unterschiedliche Entwicklung<br />

der politischen Landschaft in diesen<br />

Ländern erlebt, eine sehr unterschiedliche<br />

Entwicklung der Volkswirtschaften und somit<br />

eine sehr unterschiedliche Entwicklung der<br />

Aktienmärkte.<br />

<strong>procontra</strong>: Es hat sich viel getan in den vergangenen<br />

20 Jahren. Wie würden Sie den Ansatz<br />

heute beurteilen? Ist er womöglich am Ende?<br />

Köchling: Ich würde es anders ausdrücken: Der<br />

Ansatz ist heute überholt, aus mehreren Gründen.<br />

Zum einen gibt es inzwischen zahlreiche<br />

weitere Entwicklungs- und Schwellenländer, die<br />

ebenfalls eine große Relevanz in der Weltwirtschaft<br />

und an den Finanzmärkten erreicht<br />

haben. Die BRIC-Länder sind zwar immer noch<br />

die großen Player. Aber das reicht heute nicht<br />

mehr aus. Warum sollte man sich anderer<br />

Performance-Quellen berauben oder umgekehrt<br />

Positionen im Depot haben, die ein höheres<br />

Risiko bergen als andere?<br />

<strong>procontra</strong>: Goldman Sachs hat den hauseigenen<br />

BRIC-Fonds 2015 mit einem breiteren<br />

Schwellenländer-Aktienfonds verschmolzen.<br />

War das eine Schlussglocke für BRIC-Fonds?<br />

Köchling: Ich würde nicht unbedingt Schlussglocke<br />

sagen, aber es war ein starkes Signal. Den<br />

Fachleuten war da allerdings schon länger klar,<br />

dass das Thema BRIC für eine Schwellenländeranlage<br />

zu eng geworden war. Investoren hat<br />

es gezeigt, dass sie in dem Bereich womöglich<br />

um- oder weiterdenken sollten. BRIC ist zwar<br />

weiterhin ein spannendes Thema. Es trifft das<br />

Thema Emerging Markets insgesamt aber nicht<br />

mehr gut genug.<br />

die Produkte jeweils einen dreistelligen<br />

Millionenbetrag. Von daher sind sie noch<br />

in größerem Umfang gefragt“, begründet<br />

er. Allein aus Kostengründen würden<br />

sie bei dieser Größe vermutlich nicht geschlossen.<br />

„Solange es Investoren gibt, die<br />

gezielt in die vier großen Schwellenländer<br />

investieren wollen, wird es diese Fonds vermutlich<br />

weiter geben“, meint Köchling. Die<br />

Fondskategorie werde Scope daher bis auf<br />

Weiteres belassen. „Zum einen haben die<br />

Produkte weiterhin große Volumina, zum<br />

anderen sehen wir noch Investoreninteresse<br />

insbesondere auf der institutionellen Seite.<br />

Daher möchten wir auch weiterhin liefern<br />

können“, führt der Scope-Mann aus.<br />

Das größte Portfolio ist der Schroder<br />

ISF BRIC Eur B Acc (LU0232932698) mit<br />

rund 914 Millionen Euro Anlagevolumen<br />

Ende März <strong>2021</strong>. Der Fonds hat zum Beispiel,<br />

wie der Templeton BRIC, auf Fünf-,<br />

Drei- und Einjahressicht auch mit hohen<br />

laufenden Kosten besser abgeschnitten als<br />

der MSCI BRIC. Bei den restlichen drei<br />

Portfolios sieht die entsprechende Bilanz<br />

durchwachsen aus. Der HSBC GIF BRIC<br />

Markets Equity AC USD (LU0254981946)<br />

ist mit 104 Millionen Euro Umfang der<br />

kleinste Vertreter der Runde. Dass er damit<br />

automatisch der gefährdetste ist, lässt sich<br />

allerdings nicht ableiten. Meldungen der<br />

Fondsanbieter, BRIC-Produkte auf absehbare<br />

Zeit vom Markt zu nehmen, sind derzeit<br />

nicht bekannt. Maßgebend dürften die<br />

weitere Entwicklung der Fonds zu einem<br />

Vergleichsindex und die Entwicklung von<br />

BRIC-Aktienindizes im Vergleich zu breiteren<br />

Schwellenländer-Indizes sein.<br />

PRO<br />

IST EIN BRIC-INVESTMENT<br />

HEUTE SINNVOLL?<br />

BRIC-Länder sind die<br />

großen vier Player<br />

Einige Fonds haben<br />

Überrendite erzielt<br />

Institutionelle<br />

Investoren fragen<br />

weiterhin nach<br />

CONTRA<br />

Anlageuniversum<br />

ist deutlich eingeschränkt<br />

Trifft Thema<br />

Emerging Markets<br />

nicht mehr gut genug<br />

Wirtschaftspolitik<br />

der Länder sehr<br />

unterschiedlich<br />

38 <strong>procontra</strong> <strong>03</strong>|21


Performance<br />

Jan.-Dez. 2020: 46,05%<br />

ALLE SAGTEN:<br />

„DAS GEHT NICHT.“<br />

DANN KAM EINER,<br />

DER WUSSTE DAS NICHT, UND<br />

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130<br />

110<br />

Wertentwicklung<br />

DEZ 2019 - DEZ 2020: 46,05 %<br />

90<br />

70<br />

50<br />

30<br />

WERTENTWICKLUNG<br />

YTD 1,44 %<br />

1 Jahr 46,75 %<br />

3 Jahre 81,06 %<br />

5 Jahre 156,95 %<br />

In 2019 37,12 %<br />

30. April <strong>2021</strong>.<br />

Nach Abzug sämtlicher<br />

Kosten des Fonds.<br />

Investmentfonds unterliegen<br />

Wertschwankungen.<br />

Wertentwicklungen aus<br />

der Vergangenheit sind<br />

keine Garantie für zukünftige<br />

Wertentwicklungen.<br />

10<br />

In 2020 46,05 %<br />

DEZ 2019<br />

JAN 2020<br />

FEB 2020<br />

MÄR 2020<br />

APR 2020<br />

MAI 2020<br />

JUN 2020<br />

JUL 2020<br />

AUG 2020<br />

SEP 2020<br />

OKT 2020<br />

NOV 2020<br />

DEZ 2020<br />

Für weitere Informationen wenden Sie sich bitte an Petra Ernhardt unter 0 21<strong>03</strong> | 28 41-0.<br />

Weitere Informationen auch unter www.oekoworldklima.com<br />

ÖKOWORLD AG, Itterpark 1, 40724 Hilden | Düsseldorf, E-Mail: info@oekoworld.com


Private Altersvorsorge<br />

> CleverInvest<br />

Genauso clever,<br />

genauso krass!<br />

Die CleverInvest<br />

Basisrente.<br />

Handeln statt reden. Das ist das Motto von Selbständigen, Frei -<br />

beruflern und vielen Besserverdienenden. Auch in der Altersvor<br />

sorge. Diesen Macherinnen und Machern bietet HDI mit der<br />

CleverInvest Basisrente eine revolutionäre FLV – mit herausragender<br />

Flexibilität, attraktivem Wachstum sowie überzeugender<br />

Sicherheit. Das Besondere: Die Basisrente garantiert<br />

ungeahnte Steuervorteile plus eine absetzbare BUZ. Durch den<br />

HDI FondsGuide, unser einzigartiges Auswahl-Tool, finden Sie<br />

für jeden den passenden Fondsmix. Wie krass einfach das geht,<br />

sehen Sie unter: www.hdi-fondsguide.de<br />

www.hdi.de


HDI FOKUS<br />

FOKUS<br />

Fondsgebundene Versicherungen sind<br />

in aller Munde. Nachdem aufgrund<br />

des Zinsverfalls viele klassische Lebensund<br />

Rentenversicherungsprodukte weitgehend<br />

unattraktiv erscheinen, suchen<br />

Anleger in großer Zahl nach renditestarken<br />

Alternativen, um ausreichend<br />

Kapital für den Ruhestand aufzubauen.<br />

Die früher so unerlässlichen Garantien<br />

gelten dabei zunehmend nicht mehr als<br />

eine Voraussetzung. Denn interessierte<br />

Kunden haben mittlerweile verstanden,<br />

dass hohe Garantien zulasten der Renditen<br />

gehen und in Zeiten von Negativoder<br />

Nullzinsen gut gestreute Fondsportfolios<br />

die gewünschten höheren Renditen<br />

versprechen.<br />

Moderne Fondspolicen tragen diesem<br />

Gedanken Rechnung. Sicherungsmechanismen<br />

wie Rebalancing und Ablaufmanagement<br />

wirken ebenso wie der üblicherweise<br />

mehrere Jahrzehnte umfassende<br />

Anlagehorizont deutlich risikomindernd.<br />

Als zusätzliche Sicherheit bieten zukunftsfähige<br />

Produkte zudem einen garantierten<br />

Rentenfaktor bei Vertragsabschluss, der<br />

auch für alle Zuzahlungen und Beitragserhöhungen<br />

im Vertragsverlauf gilt.<br />

Die früher häufig kolportierten Vorurteile<br />

gegenüber Fondspolicen – zu teuer,<br />

zu unflexibel und oft mit mittelmäßigen<br />

Fonds ausgestattet – sind endgültig vom<br />

HDI<br />

Die neue Generation<br />

der Fondspolicen<br />

Foto: iStock / Morsa Images<br />

Tisch. Dank des hoch kompetitiven Produktumfelds<br />

und transparenter Vergleichsmöglichkeiten<br />

können Makler heute für<br />

ihre Kunden komfortabel individuelle<br />

Lösungen aus einer Palette flexibler und<br />

kostengünstiger Produkte mit Top-Fondsauswahl<br />

entwerfen.<br />

Vor diesem Hintergrund hat die HDI<br />

Versicherung mit ihrer neuen Fondspolice<br />

CleverInvest ein flexibles Produkt mit vielen<br />

Gestaltungsmöglichkeiten und einem<br />

attraktiven Preis-Leistungs-Verhältnis geschaffen.<br />

So existieren etwa keine intransparenten<br />

Schlussüberschüsse mehr und<br />

sämtliche Überschüsse werden laufend an<br />

die Kunden weitergegeben. HDI-Kunden<br />

profitieren zudem auch noch nach Vertragsabschluss<br />

von neuen Fondsangeboten<br />

und langfristigen Trends, wie zum Beispiel<br />

ETFs und nachhaltige Anlagen. Lesen Sie<br />

im Interview auf den nächsten Seiten, was<br />

das Konzept CleverInvest der HDI im<br />

Detail auszeichnet und wo die Alleinstellungsmerkmale<br />

liegen.<br />

Fondspolicen im<br />

Aufwind: Anleger<br />

schätzen Renditechancen<br />

ohne teure<br />

Garantien, dafür<br />

mit anderen risikomindernden<br />

Mechanismen.<br />

<strong>procontra</strong> FOKUS in Zusammenarbeit mit HDI<br />

Advertorial<br />

41


FOKUS HDI<br />

»Maßstäbe für zeitgemäße<br />

und intelligente Vorsorge«<br />

Thomas Lüer, im Vorstand von HDI für den Makler- und Kooperationsvertrieb<br />

verantwortlich, erläutert im Detail die Hintergründe und neue kundenfreundliche<br />

Produktfeatures der neuen Fondspolice CleverInvest.<br />

– TEXT: OLIVER LEPOLD –<br />

<strong>procontra</strong>: Sie haben mit CleverInvest eine<br />

neue Fondspolice gelauncht. Warum ohne<br />

Garantie?<br />

Thomas Lüer: Das Produkt trifft den Nerv<br />

der Zeit: hohe Renditechancen gepaart<br />

mit einer einmalig hohen Flexibilität und<br />

vielen Gestaltungsmöglichkeiten. Damit<br />

können Kunden in Zeiten niedriger<br />

Zinsen die Grundlage für eine auskömmliche<br />

Rente für die eigene Altersvorsorge<br />

schaffen. Dafür verzichtet sowohl die<br />

CleverInvest Basisrente als auch unsere<br />

zum Jahresbeginn eingeführte CleverInvest<br />

Privatrente auf teure Beitragsgarantien. Bei<br />

einer Laufzeit von etwa 20 Jahren nehmen<br />

die Schwankungen einer Kapitalanlage in<br />

Aktien stark ab und machen über längere<br />

Zeiträume stabile Renditekalkulationen<br />

möglich. Somit bedarf es in der langfristigen<br />

Altersvorsorge grundsätzlich keiner<br />

harten Kapitalgarantien. Fakt ist: Garantien<br />

können im aktuellen Zinsumfeld die<br />

realen Risiken – also unter Berücksichtigung<br />

von Inflation – sogar erhöhen.<br />

<strong>procontra</strong>: Was zeichnet das Produkt<br />

grundsätzlich aus?<br />

Lüer: Wir haben Maßstäbe im Markt<br />

gesetzt, denn CleverInvest enthält alle<br />

Bestandteile, die eine zeitgemäße und<br />

intelligente Fondspolice heute beinhalten<br />

muss. Dazu gehören höhere Renditen<br />

durch eine individuelle Anlagestrategie<br />

in leistungsstarke Fonds und ETFs – das<br />

Angebot besteht aus rund 100 Investmentfonds<br />

namhafter Anbieter, darunter<br />

rund 30 Nachhaltigkeitsfonds. Mit dem<br />

»CleverInvest ist nicht<br />

nur das Ergebnis von<br />

Feedback, sondern von<br />

aktiver Einbindung<br />

unserer Vertriebspartner<br />

in den Entwicklungsprozess.«<br />

FondsGuide bieten wir ein neuartiges Beratungstool,<br />

das perfekt dabei unterstützt,<br />

die richtige Auswahl zu treffen. Der Kunde<br />

kann aktiv seine Präferenzen setzen. Er<br />

kann Fonds, die ihm vorgeschlagen werden,<br />

abwählen oder andere hinzufügen,<br />

die er bevorzugt. Weitere Alleinstellungsmerkmale<br />

sind die Direktpolicierung sowie<br />

die hohe Flexibilität. Neben umfassenden<br />

Schulungen bieten wir unseren Vertriebspartnern<br />

zudem Unterstützung, die ihresgleichen<br />

sucht, beispielsweise mit unserer<br />

CleverInvest Toolbox, die alle Vertriebsinformationen,<br />

Webinare und Wissenswertes<br />

rund um CleverInvest bündelt.<br />

<strong>procontra</strong>: Inwieweit wurde das Feedback<br />

von Vertriebspartnern bei der Produktentwicklung<br />

berücksichtigt?<br />

Lüer: CleverInvest ist nicht nur das Ergebnis<br />

von Feedback, sondern von aktiver<br />

Einbindung unserer Vertriebspartner in<br />

den Entwicklungsprozess. Unsere Initiative<br />

#Youkunft ist ein Spin-off, das aus<br />

der Digitalisierungsoffensive #handschlag<br />

entstanden ist. #Youkunft ist die Zukunftsplattform<br />

für das Leben- und Vorsorgegeschäft.<br />

Damit ist CleverInvest das erste<br />

Vorsorgeprodukt, das wir im Rahmen von<br />

#Youkunft entwickelt haben, und auch der<br />

FondsGuide ist gemeinsam mit unseren<br />

Vertriebspartnern entstanden. In Kombination<br />

mit Kundenbefragungen schaffen<br />

wir damit die ideale Ausgangsbasis für<br />

kunden- und vertriebsorientierte Produkte<br />

und ein hohes Commitment bei unseren<br />

eingebundenen Vertriebspartnern.<br />

<strong>procontra</strong>: Für welche Zielgruppen ist<br />

CleverInvest vorrangig geeignet?<br />

Lüer: CleverInvest spricht sowohl kostenbewusste<br />

Kunden an als auch solche, die<br />

hohen Wert auf Nachhaltigkeit legen.<br />

Unabhängig davon, ob Kunden das<br />

Fondsmanagement lieber ihrem Versicherer<br />

überlassen oder ihre Fondsanlage aktiv<br />

mitgestalten wollen – alle kommen auf<br />

ihre Kosten. Zudem richten wir uns mit<br />

unserer CleverInvest Basisrente vor allem<br />

an gut verdienende Arbeitnehmer sowie<br />

Selbstständige und Freiberufler.<br />

<strong>procontra</strong>: Wie hoch sind die Gebühren<br />

und wie wirken sich diese in Verbindung<br />

mit der Laufzeit auf die Performance aus?<br />

Lüer: Die Fondsgebühren sind unterschiedlich<br />

hoch: Bei ETFs, die nicht aktiv<br />

gemanagt werden, sondern lediglich einen<br />

<strong>procontra</strong> FOKUS in Zusammenarbeit mit HDI<br />

42 Advertorial


HDI FOKUS<br />

Thomas Lüer, Vorstand von HDI für den Makler- und Kooperationsvertrieb<br />

Index abbilden, sind die Fondskosten sehr<br />

gering. Unsere günstigsten ETFs kommen<br />

lediglich auf 0,05 Prozent laufende Kosten.<br />

Aktiv gemanagte Fonds sind teurer und<br />

kommen im Schnitt auf 1 bis 1,5 Prozent<br />

laufende Kosten. Hier bieten wir auch<br />

besonders günstige institutionelle Anteilsklassen<br />

an. Die Kosten für Abschluss<br />

und Verwaltung liegen fair im Marktdurchschnitt.<br />

Das wird an den Effektivkosten<br />

deutlich. Sie zeigen die Renditeminderung<br />

durch sämtliche Kosten – inklusive<br />

Fondskosten – auf. In Relation werden die<br />

Effektivkosten bei höheren Beiträgen und<br />

längeren Laufzeiten geringer und können<br />

somit unter 1 Prozent liegen.<br />

<strong>procontra</strong>: Welche Risiken sind mit Clever-<br />

Invest verbunden und wie wird das Risiko<br />

abgesichert?<br />

Lüer: CleverInvest ist eine reine fondsgebundene<br />

Rentenversicherung, das heißt<br />

für Kunden, dass sie grundsätzlich ein<br />

Verlustrisiko akzeptieren müssen, weil es<br />

nun einmal Verluste am Kapitalmarkt geben<br />

kann. Tatsächlich handelt es sich aber<br />

in den meisten Fällen um zwischenzeitige<br />

Wertschwankungen, die in der Regel und<br />

insbesondere bei längeren Laufzeiten<br />

wieder wettgemacht werden können. Um<br />

diese Schwankungen abzufedern, verfügt<br />

CleverInvest über automatisierte Sicherungsmechanismen:<br />

So bieten wir ein Rebalancing<br />

und ein Ablaufmanagement an.<br />

Mit unserer breiten Fondsauswahl kann<br />

eine große Diversifikation erreicht werden,<br />

wodurch Risiken gestreut und Wertschwankungen<br />

begrenzt werden können.<br />

<strong>procontra</strong>: Welche Dynamiken können<br />

vereinbart werden?<br />

Lüer: Die Beiträge der Hauptversicherung<br />

können jährlich zwischen 1 und<br />

10 Prozent erhöht werden, ebenfalls bei<br />

Einschluss einer Berufsunfähigkeitszusatzversicherung<br />

(BUZ). Zudem kann eine<br />

Fortführung der Dynamik im Falle einer<br />

Berufsunfähigkeit vereinbart werden.<br />

Dieser sogenannte Airbag kann ebenfalls<br />

zwischen 1 und 10 Prozent betragen.<br />

Einen derart hohen Dynamiksatz auch bei<br />

Einschluss einer BUZ bieten nicht viele<br />

Versicherer. Neu ist: Der Dynamik kann<br />

unbegrenzt widersprochen werden.<br />

<strong>procontra</strong>: Welche Rentenbezugsformen<br />

werden für CleverInvest angeboten?<br />

Lüer: Die CleverInvest Basisrente bietet<br />

einen klassischen Rentenbezug mit Rentengarantiezeit<br />

– auf Wunsch bis zum Alter<br />

95 Jahren. Bei der Überschussverwendung<br />

im Rentenbezug stehen eine teildynamische<br />

und eine dynamische Verrentung zur<br />

Auswahl. Der Schwester-Tarif in der dritten<br />

Schicht, die CleverInvest Privatrente,<br />

ist mit einem höchst flexiblen und auf<br />

Wunsch auch fondsgebundenen Rentenbezug<br />

ausgestattet. Im Rahmen der Basisrente<br />

kann diese Form der Rentenbezugsphase<br />

jedoch aus regulatorischen Gründen nicht<br />

angeboten werden.<br />

<strong>procontra</strong>: Wie flexibel ist das Produkt<br />

konzipiert?<br />

Lüer: Entnahmen sind bei der Basisrente<br />

aus regulatorischen Gründen nicht möglich.<br />

Für Beitragsfreistellung erheben wir<br />

keinerlei Gebühren und keinen Stornoabschlag.<br />

Bei beitragsfreien Verträgen müssen<br />

lediglich 1.000 Euro als Fondsguthaben<br />

im Vertrag vorhanden sein. Zuzahlungen<br />

sind jederzeit möglich ab 200 Euro bis<br />

zum staatlich geförderten Höchstbeitrag in<br />

Höhe von 51.574 Euro für <strong>2021</strong>. Zudem<br />

gelten grundsätzlich die ursprünglichen<br />

Rechnungsgrundlagen, das heißt, der<br />

garantierte Rentenfaktor gilt auch für alle<br />

Zuzahlungen und Erhöhungen.<br />

<strong>procontra</strong>: Welche Kosten- und Steuervorteile<br />

bietet CleverInvest im Rahmen der<br />

Basisrente?<br />

Lüer: Mit CleverInvest können wir die<br />

Behauptung entkräften, dass Lebensversicherungen<br />

im Vergleich zu Fondssparplänen<br />

teurer seien. Die Effektivkosten liegen<br />

wie erwähnt je nach Vertragskonstellation<br />

sogar unter 1 Prozent. Freischaffende<br />

können mit der Basisrente in diesem<br />

Jahr 92 Prozent ihres Beitrags steuerlich<br />

absetzen – bis zu einer Höhe von 25.787<br />

Euro jährlich für Singles und 51.574 Euro<br />

für Verheiratete. Der Prozentsatz steigt<br />

jedes Jahr um zwei weitere Punkte. 2025<br />

kann sogar der gesamte Beitrag steuerlich<br />

geltend gemacht werden. Zudem lässt sich<br />

eine monatliche Berufsunfähigkeitsrente<br />

einschließen. Auch diese Kombination lässt<br />

sich steuerlich absetzen. Die Versicherung<br />

ist bei einer Privat- oder Firmeninsolvenz<br />

und Arbeitslosigkeit in der Ansparphase<br />

vor Pfändungen geschützt. Auch eine<br />

Anrechnung auf Hartz-IV-Leistungen ist<br />

ausgeschlossen.<br />

HDI Lebensversicherung AG Charles-de-Gaulle-Platz 1 50679 Köln fachcenter-bAV@hdi.de www.hdi.de<br />

Advertorial<br />

43


BUSCHFUNK Versicherungen<br />

VERSICHERUNGEN<br />

SPD HÄLT WEITER AM PROVISIONSDECKEL FEST<br />

Gesetz regelt Vergütungsgrenze von Restschuldversicherungen.<br />

Nachdem der Bundestag mit dem Schwarmfinanzierungs-Begleitgesetz nun eine Begrenzung<br />

der Abschlussprovision für die Restschuldversicherung beschlossen hat, pochen die Sozialdemokraten<br />

erneut darauf, eine Obergrenze für die gesamte Lebensversicherung einzuführen.<br />

„Wir haben es leider nicht geschafft, einen Provisionsdeckel für Lebensversicherungen zu<br />

organisieren. Somit haben wir noch eine schöne Aufgabe für die nächste Legislaturperiode“,<br />

sagte Lothar Binding (Foto), finanzpolitischer Sprecher der SPD, bei der Verabschiedung des<br />

Gesetzes. In aktuellen Wahlumfragen kommen die Sozialdemokraten nur auf etwa 15 Prozent<br />

der Stimmen. Das Thema Provisionsdeckel sparen sie in ihrem Wahlprogramm bislang aber<br />

aus. Durch die jetzt beschlossene Vergütungsgrenze bei der Restschuldversicherung dürfen<br />

Vermittler solcher Policen maximal 2,5 Prozent der Darlehenssumme erhalten.<br />

CYBERPOLICEN STARK IM AUFWIND<br />

Die Pandemie heizt die Nachfrage nach<br />

Versicherungen gegen Hackerattacken an.<br />

Foto: iStock / Jakkapan21<br />

Nach dem ersten Corona-Jahr macht sich auf dem Cyberversicherungsmarkt<br />

ein Aufwärtstrend bemerkbar: Knapp die Hälfte der Anbieter<br />

von Cyberpolicen (47 Prozent) bewertet die aktuelle Marktlage<br />

als „eher stark“. Vor zwei Jahren schätzten hingegen 68 Prozent<br />

die Lage als schwach ein, ermittelte das Analysehaus Assekurata.<br />

Der mit der Pandemie einhergehende Digitalisierungsschub habe die<br />

Nachfrage gesteigert. 2020 lag das Prämienvolumen bei den Cyberpolicen<br />

bei rund 110 Millionen Euro.<br />

SCHLAFENDES POTENZIAL IN DER RUHESTANDSPLANUNG<br />

Versicherer könnten beim Management des Rentenalters punkten.<br />

In das Geschäftsfeld Ruhestands-Management wird von Versicherern und Vermittlern bislang<br />

zu wenig investiert. Nach einer Erhebung der KPMG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft und<br />

der V.E.R.S. Leipzig schlummere hier großes, aber bislang kaum genutztes Marktpotenzial.<br />

So könne durch strategische Kooperationen der Angebotskatalog für die Generation 50plus<br />

erweitert werden. Vor allem in den Bereichen Gesundheit, Vollmachten, Altersvorsorge und<br />

Testament hätten die Kunden Beratungsbedarf, den Versicherer zusammen mit Partnern<br />

abdecken könnten. Originäre Versicherungsleistungen könnten demnach mit Angeboten, beispielsweise<br />

im Bereich Ambient Assisted Living, kombiniert werden. Letzteres zielt darauf ab,<br />

mit technischen Lösungen älteren Menschen ein selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen.<br />

Foto: iStock / RelaxFoto.de<br />

44<br />

<strong>procontra</strong> <strong>03</strong>|21


Versicherungen BUSCHFUNK<br />

Athora: Vorsitzender gibt seinen Posten ab<br />

Zum 30. Juni legt Christian Thimann (Foto) seinen Posten<br />

als Vorsitzender der Geschäftsführung der Athora<br />

Deutschland „auf eigenen Wunsch“ nieder. Thimann<br />

möchte sich stärker anderen Tätigkeiten widmen, bleibt<br />

dem Run-off-Versicherer aber in beratender Funktion<br />

erhalten. Sein Nachfolger wird Ralf Schmitt. Er verantwortete<br />

bisher die Bereiche Legal, Compliance und Governance<br />

bei Athora.<br />

Wenn die Klagen zum<br />

Bumerang werden<br />

DR. HERBERT SCHNEIDEMANN<br />

Vorstandsvorsitzender der<br />

Deutschen Aktuarvereinigung e. V. (DAV)<br />

Adam Riese: Neue Wohngebäude-Police<br />

Die Adam Riese GmbH geht mit einer neuen Wohngebäudeversicherung<br />

an den Start. Diese bietet eine Absicherung<br />

für Feuer-, Sturm- und Hagel- sowie Leitungswasserschäden<br />

und ist in drei Tariflinien unterteilt, je nach Bedarf<br />

und Risiko. Dabei können die Tarife vom Kunden individuell<br />

an den persönlichen Bedarf angepasst werden.<br />

WWK: Neuer Vertriebsleiter bAV<br />

Ruven Simon (Foto) ist seit dem 1. Mai neuer Leiter bAV<br />

im Partnervertrieb der WWK Versicherungen. In dieser<br />

Funktion verantwortet er die weitere Entwicklung und den<br />

Ausbau der vertrieblichen WWK-Geschäftsbeziehungen<br />

im Geschäftsfeld bAV. Damit übernimmt er einen Großteil<br />

des Aufgabenbereichs von Bernd Steinhart, der das<br />

Unternehmen verlassen hat.<br />

Ideal und Basler: Kooperation wird ausgebaut<br />

Ab sofort ist das Ideal-Vorsorgekonto UniversalLife auch<br />

über die Basler Lebensversicherungs-AG erhältlich. Damit<br />

sind die 650 Vermittler des Basler Exklusivvertriebs und<br />

der Basler-Tochter Zeus nun dazu befugt, das Rentengarantieprodukt<br />

UniversalLife zu verkaufen. Dabei können<br />

Ein- und Auszahlungen flexibel während der gesamten<br />

Laufzeit vorgenommen werden, Erträge und Kosten sind<br />

online abrufbar und tagesaktuell dargestellt.<br />

Zurich: 16.000 Vodafone-Mitarbeiter werden<br />

mit dem Produkt Team versichert<br />

Zurich übernimmt exklusiv die Absicherung von rund<br />

16.000 Vodafone-Mitarbeitern in Deutschland. Der<br />

Versicherer setzte sich in einer Ausschreibung gegen<br />

knapp 50 Konkurrenten durch. In dem Gruppenrisikoabsicherungspaket<br />

ist das Produkt Team mit einer arbeitgeberfinanzierten<br />

Todesfall- und Invaliditätsabsicherung<br />

enthalten.<br />

GDV: Anja Käfer-Rohrbach ist neue<br />

stellvertretende Hauptgeschäftsführerin<br />

Anja Käfer-Rohrbach (Foto) ist neue stellvertretende<br />

Hauptgeschäftsführerin beim Gesamtverband der Deutschen<br />

Versicherungswirtschaft (GDV) und verantwortet<br />

dort das Kompetenzzentrum Risikoschutz für Gesellschaft<br />

und Wirtschaft. Zuvor leitete sie bei der Aareal Bank Group<br />

die globale politische und regulatorische Kommunikation.<br />

Foto: iStock / Elxeneize<br />

Foto: WWK<br />

Ich möchte ehrlich sein – wenn die Preise auf dem<br />

Wochenmarkt oder auf der Stromrechnung plötzlich<br />

steigen, dann ärgere auch ich mich im ersten<br />

Moment. Doch meist hilft es, kurz innezuhalten:<br />

Schließlich wollen wir alle, dass auch Nutztiere ein<br />

würdiges Leben haben und wir unseren Kindern eine<br />

bewohnbare Welt hinterlassen. All diese Fortschritte<br />

gibt es aber nicht zum Nulltarif. Genauso ist es auch<br />

in unserem Gesundheitssystem. Nur dank der exzellenten<br />

Forschung konnte in einem halben Jahr ein<br />

Corona-Impfstoff gefunden werden, Krebs ist heute<br />

viel besser behandelbar als früher und Knopfloch-<br />

Operationen machen viele Eingriffe weniger belastend.<br />

Dieser Fortschritt ist ein Segen, gleichzeitig<br />

aber auch mit steigenden Kosten verbunden. Und<br />

von daher ist es unausweichlich, dass Krankenversicherungen<br />

teurer werden – gesetzliche wie private.<br />

Ich kann alle gut verstehen, die beim Öffnen ihrer<br />

Beitragsanpassungsschreiben erst einmal Luft holen<br />

müssen. Aber diese Prämienerhöhungen sind keine<br />

Willkür, sondern eine mathematische Notwendigkeit.<br />

Seit einigen Jahren gibt es Klagen gegen diese<br />

Beitragserhöhungen. Im Fokus steht dabei, ob alle<br />

formalen Voraussetzungen für die wirksame Durchführung<br />

einer Beitragsanpassung gegeben waren.<br />

Die sachliche Notwendigkeit wird von (fast) allen<br />

Beteiligten bejaht. Zu kurz kommt in den juristischen<br />

Debatten die Frage, welche langfristigen Folgen<br />

zurückgenommene Beitragsanpassungen haben. Und<br />

die Analysen der Deutschen Aktuarvereinigung liefern<br />

hier eine deutliche Antwort: Es kann durchaus dazu<br />

kommen, dass die Verbraucherinnen und Verbraucher<br />

auf lange Sicht insgesamt sogar höhere Beiträge zu<br />

zahlen haben, wenn Beitragsanpassungen rückabgewickelt<br />

werden. Zudem müssen die Rückzahlungen<br />

gemeldet werden, was zu Steuernachzahlungen<br />

führen kann. So haben sich das viele beim Gang zum<br />

Rechtsanwalt sicherlich nicht vorgestellt.<br />

<strong>procontra</strong> <strong>03</strong>|21<br />

45


VERSICHERUNGEN Vorsorgeberatung<br />

»Biometrie ist komplexer<br />

als Altersvorsorge«<br />

Die Nürnberger will zur Nummer eins im Einkommensschutz werden. Über den Weg dahin,<br />

Kooperationen und die Arbeitszeit der Vermittler spricht LV-Vorstand Harald Rosenberger.<br />

– TEXT: FLORIAN BURGHARDT –<br />

»Getsurance soll nach<br />

Abschluss des<br />

Insolvenzverfahrens<br />

Leads für unseren<br />

stationären<br />

Vertrieb generieren.«<br />

<strong>procontra</strong>: In Ihrem Geschäftsbericht heißt<br />

es, dass die Nürnberger in absehbarer Zukunft<br />

die Nummer eins im Markt für die<br />

Absicherung der Arbeitskraft werden will.<br />

Ein paar Seiten vorher erklären Sie aber,<br />

dass sich Ihr BU-Bestand im Jahr 2020<br />

kaum erhöht hat. Wie wollen Sie diese<br />

Diskrepanz überwinden?<br />

Harald Rosenberger: Es ist unser Ziel, die<br />

Nummer eins im Einkommensschutz zu<br />

werden. Einkommensschutz greifen wir etwas<br />

größer auf als nur die Berufsunfähigkeitsversicherung.<br />

Dazu zählen wir auch<br />

Produkte wie die Grundfähigkeitsversicherung,<br />

Ernstfallschutz, Risikoleben, Krebs,<br />

KV-Zusatzprodukte oder auch die Unfallversicherung.<br />

Wir rücken also alles, was<br />

das Einkommen unserer Kunden schützt,<br />

in unseren strategischen Fokus. Mit speziellem<br />

Blick auf die BU war die Verände-<br />

rung in 2020 auch deswegen nur marginal,<br />

weil wir hier einen großen Bestand haben,<br />

Veränderungen sich also verhältnismäßig<br />

nur gering auswirken. Wir haben in der<br />

BU circa 7 Prozent Marktanteil – das hat<br />

die Nürnberger sonst in keinem anderen<br />

größeren Segment. Insgesamt sehen wir<br />

hier also unsere Stärken, und aus diesen<br />

heraus soll es jetzt nach vorne gehen.<br />

<strong>procontra</strong>: Kürzlich hat die Nürnberger<br />

Getsurance, ein InsurTech mit Spezialisierung<br />

auf Einkommensschutz, vor der Pleite<br />

gerettet. Was genau haben Sie mit Ihrer<br />

Neuerwerbung vor?<br />

Rosenberger: Über dem Getsurance-Kauf<br />

steht für uns die Frage: Wie kommt der<br />

Kunde an sein Produkt? Dabei glauben wir<br />

sehr stark an eine Omnikanallösung. Wir<br />

wollen dem Kunden nicht mehr vorgeben,<br />

wie er seine Police abzuschließen hat,<br />

sondern wir wollen ihm einfach die Wahl<br />

lassen, weil er bei uns alle Möglichkeiten<br />

hat. Getsurance unterstützt uns dabei mit<br />

seinem Know-how, soll nach Abschluss<br />

des Insolvenzverfahrens aber auch Leads<br />

für unseren stationären Vertrieb generieren.<br />

Denn viele Kunden werden online<br />

auf Getsurance aufmerksam, hätten dann<br />

aber doch gerne eine persönliche Beratung.<br />

Ein ähnliches Vorgehen verfolgen wir mit<br />

unserem eignen Kanal, der evo-X.<br />

<strong>procontra</strong>: Getsurance vermittelt aktuell<br />

ausschließlich Policen des Liechtensteiner<br />

Versicherers Squarelife. Wie passt<br />

es zusammen, dass die Nürnberger ein<br />

Unternehmen unterstützt, das ausschließlich<br />

Produkte eines anderen Versicherers<br />

verkauft?<br />

Rosenberger: Das muss ja nicht so bleiben,<br />

schließlich ist Getsurance ein Mehrfachagent.<br />

<strong>procontra</strong>: Mit Worksurance sind Sie<br />

seit Kurzem an einem weiteren jungen<br />

Unternehmen mit Schwerpunkt Arbeitskraftabsicherung<br />

beteiligt. Wen soll diese<br />

Kooperation ansprechen und was wollen<br />

46 <strong>procontra</strong> <strong>03</strong>|21


Vorsorgeberatung VERSICHERUNGEN<br />

Sie damit erreichen?<br />

Rosenberger: Bei Worksurance hat sich<br />

ein junges Team – überwiegend aus dem<br />

stationären Vertrieb – mit tollen Ideen<br />

zusammengetan. Schwerpunkt ist das<br />

Schaffen von Inhalten rund um das Thema<br />

Einkommensschutz. Davon sollen Vermittler<br />

profitieren können, vor allem was die<br />

eigene Suchmaschinenoptimierung angeht,<br />

ohne sich bei Google eine Top-Platzierung<br />

kaufen zu müssen. Außerdem soll über die<br />

Inhalte ganz allgemein das Interesse junger<br />

Menschen im Netz auf das Thema Einkommensschutz<br />

gelenkt werden. Denkbar<br />

sind auch hier irgendwann Leads für den<br />

stationären Vertrieb, aber Worksurance<br />

ist noch am Anfang, und hier wird gerade<br />

noch viel ausprobiert.<br />

<strong>procontra</strong>: Die Vermittler sollen Ihre Einkommensschutz-Ambitionen<br />

unterstützen.<br />

Dafür haben Sie die LV-Provisionssätze<br />

Ihrer Generalagenten für Altersvorsorgeprodukte<br />

leicht gesenkt, für Biometrieprodukte<br />

leicht erhöht – um jeweils rund<br />

5 Promille. Wird damit auch die Marschrichtung<br />

für den Vertrieb vorgegeben?<br />

Rosenberger: Das muss man etwas differenziert<br />

sehen, weil solche Promillesätze<br />

nicht immer zwangsläufig für alle gleich<br />

gelten. Wir finden, dass es komplexer ist,<br />

zu einem Biometrievertrag mit 100 Euro<br />

Monatsbeitrag zu beraten als zu 100 Euro<br />

monatlicher Altersvorsorge. Am wichtigsten<br />

ist natürlich, dass für den Kunden<br />

alles perfekt ist. Danach kommt es aber<br />

darauf an, dass der Vermittler für seine<br />

kostbare Arbeitszeit adäquat entlohnt<br />

wird. In der Altersvorsorge lassen sich in<br />

der Zukunft beispielsweise viel leichter Erhöhungen<br />

durchführen, und deshalb sind<br />

wir überzeugt, dass ein Altersvorsorgevertrag<br />

nicht denselben Promillesatz haben<br />

kann wie ein Biometrievertrag. Es geht<br />

aber auch um die Werthaltigkeit von Produkten.<br />

Wenn die Zinsen nahe null sind,<br />

muss man auch die Kosten eines Vertrags<br />

reflektieren. Aber der Hauptgrund, warum<br />

wir hier eine leiseste Adjustierung vorgenommen<br />

haben, ist der Unterschied beim<br />

Beratungsaufwand. Fragen Sie gerne mal<br />

unsere Vermittler, wie lange sie für 1.000<br />

Euro Jahresbeitrag in Biometrie beraten<br />

müssen und wie lange in der Altersvorsorge.<br />

Dann wird sehr schnell klar, wo aus<br />

der Bedarfsperspektive eines Vermittlers<br />

mehr Provision fließen sollte, wenn man<br />

sich die Arbeitszeit anschaut. <br />

Praxis.<br />

Ferienhaus.<br />

Egal!<br />

EINFACH AUF DEN PUNKT.<br />

Wie unsere Risikolebensversicherung zur<br />

Absicherung einer Immobilienfinanzierung.<br />

Die kann jetzt noch mehr: Denn damit sichern<br />

Ihre Kund/-innen nicht nur ein Darlehen für selbst<br />

genutzte Immobilien ab, sondern ab sofort auch<br />

für Arztpraxen (für niedergelassene Ärzte) oder<br />

selbst genutzte Ferienimmobilien in Deutschland.<br />

Ganz einfach mit nur zwei Gesundheitsfragen bis<br />

zu einer Versicherungssumme von 800.000 €.*<br />

Noch mehr<br />

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<strong>procontra</strong> <strong>03</strong>|21<br />

* Inklusive Vorversicherungen oder weitere für das gleiche Darlehen 47<br />

beantragte Versicherungen bei der EUROPA Lebensversicherung AG.


VERSICHERUNGEN Allgefahrendeckung<br />

ALL-RISK – NO FUN?!<br />

Allgefahrenpolicen suggerieren den jederzeitigen Rundum-Schutz und scheinen<br />

für Makler daher ein unkompliziertes Geschäft zu sein. Doch die teuren Policen<br />

schränken die Klientel ein und bergen im Schadensfall böse Überraschungen.<br />

– TEXT: MARIAM MISAKIAN –<br />

Ein Sturm fegt über das Land, beschädigt<br />

das Dach des Hauses eines versicherten<br />

Kunden und verursacht einen riesigen<br />

Schaden. Der Versicherte ist sich sicher,<br />

dass seine Gebäudeversicherung für den<br />

Schaden aufkommt, immerhin deckt seine<br />

Police Sturmschäden ab. Doch dann folgt<br />

die böse Überraschung: Die Versicherung<br />

kommt nur für Schäden ab Windstärke 8<br />

auf – ärgerlich, denn der aktuelle Sturm lag<br />

mit 7,8 nur leicht darunter, war aber nicht<br />

weniger folgenschwer. Auf den Makler, der<br />

die Police vermittelt hat, kommen nun unangenehme<br />

Diskussionen zu. Im schlimmsten<br />

Fall muss er sogar für den Schaden haften,<br />

wenn er den Kunden beim Abschluss<br />

nicht ausreichend beraten hat. Solche bösen<br />

Überraschungen in der Schadensbearbeitung<br />

gehören für Makler zum unliebsamen<br />

Teil des Jobs. Eine Lösung für das Problem<br />

bieten All-Risk-Versicherungen. Sie finden<br />

sich im privaten Bereich am häufigsten bei<br />

Wohngebäude- sowie Hausratversicherungen<br />

wieder, im gewerblichen Bereich<br />

in Form von Inhaltsversicherungen. Zu<br />

den bekanntesten Anbietern von All-Risk-<br />

Policen in Deutschland gehören etwa His-<br />

48 Illustration: Eleonora Mavromati


Allgefahrendeckung VERSICHERUNGEN<br />

cox, Helvetia, Axa, HDI, Bayerische und<br />

Allianz.<br />

(K)EIN RUNDUM-SORGLOS-PAKET<br />

Im Vergleich zu den Standardversionen<br />

haben diese Policen einen entscheidenden<br />

Vorteil: Ob Einbruch-, Feuer- oder Sturmschäden<br />

– Makler und Versicherte müssen<br />

im Vertrag nicht mühsam zusammensuchen,<br />

was die Police alles abdeckt. Sie versichert<br />

automatisch alle Risiken, die nicht<br />

explizit ausgeschlossen sind. „Diese Sicherheit,<br />

dass eine bestmögliche Absicherung<br />

gewählt wurde, minimiert nicht nur die<br />

Haftung des Maklers, die Police ist auch<br />

für den Kunden deutlich sinnvoller und<br />

verständlicher“, betont Daniel Steinberger,<br />

Berater beim Versicherungsmakler Fairfekt.<br />

Er vermittelt All-Risk-Policen und weiß deren<br />

Vorteile zu schätzen.<br />

Allerdings ist eine Versicherung, die jedes<br />

Risiko abdeckt, zu schön – und auch zu teuer<br />

–, um wahr zu sein. Auch mit Allgefahrenpolicen<br />

können Versicherungsnehmer<br />

nicht jeden Schaden absichern: „Es gibt je<br />

nach Tarif noch eine ganze Anzahl an Risiken,<br />

die ausgeschlossen sind“, erklärt<br />

Steinberger. Dazu gehören bei Gebäudeversicherungen<br />

beispielsweise oft Kriegsereignisse,<br />

Allmählichkeits- oder Bauschäden.<br />

Das Problem: „Kunden könnten sich in<br />

falscher Sicherheit wiegen, weil der Tarif<br />

zwar ‚All-Risk‘ heißt, aber es eben doch<br />

einfach nicht möglich ist, alle Eventualitäten<br />

zu versichern“, warnt Steinberger.<br />

Damit es in der Haftung hinterher nicht<br />

zu Schwierigkeiten kommt, müssen Berater<br />

deshalb auch bei All-Risk das Kleingedruckte<br />

lesen und den Kunden sämtliche<br />

Ausschlüsse erklären, sodass gar nicht erst<br />

Fehlvorstellungen entstehen.<br />

versicherungen für Gebäude und Hausrat<br />

können als Premium-Segment angesehen<br />

werden“, sagt Floetemeyer. „Sie nehmen in<br />

der Regel hochwertige Haushalte in gehobenen<br />

Wohnlagen in den Fokus.“<br />

Einige Anbieter haben bei ihren Versicherungssummen<br />

sogar Limits nach unten<br />

und versichern etwa nur einen Hausrat mit<br />

einem Mindestwert von 300.000 Euro.<br />

Entsprechend haben es Berater gerade im<br />

Privatbereich nicht leicht, Kunden für diese<br />

Police zu gewinnen. „„Nur alteingesessene<br />

und traditionsreiche Versicherungsmakler<br />

verfügen über die erforderlichen Verbindungen,<br />

um hier erfolgreich einen Schwerpunkt<br />

ihrer Geschäftsausrichtung setzen zu<br />

können“, erläutert Floetemeyer.<br />

»Kunden könnten sich<br />

in falscher Sicherheit<br />

wiegen, weil der Tarif<br />

zwar ›All-Risk‹ heißt,<br />

es aber eben doch<br />

nicht möglich ist,<br />

alle Eventualitäten<br />

zu versichern.«<br />

DANIEL STEINBERGER, FAIRFEKT<br />

Bessere Vermittlungschancen haben Makler<br />

alternativ bei Kunden mit hohem Sicherheitsbedürfnis<br />

aus dem gehobeneren<br />

Mittelstand. Allerdings sehen Experten aus<br />

der Branche das teilweise kritisch. „All-<br />

Risk-Policen sind für Kunden vor allem<br />

über den Preis miteinander vergleichbar,<br />

kaum aber über den Inhalt. Daraus ergibt<br />

sich die Gefahr, dass risikoaverse Kunden<br />

alles Mögliche versichern wollen und Risiken<br />

mitbezahlen, die sie gar nicht versichern<br />

müssten“, warnt Claus Hunold, Leiter<br />

des Maklervertriebs Komposit bei der<br />

Axa. Obwohl die Axa selbst verschiedene<br />

Allgefahrenpolicen anbietet, sieht er diese<br />

kritisch. „All-Risk-Policen haben zwar für<br />

risikoaverse Kunden ihre Daseinsberechtigung,<br />

sollten aber erst am Ende eines Beratungsgesprächs<br />

stehen“, rät Hunold. An<br />

erster Stelle sollten Makler die Absiche-<br />

EINE PREISFRAGE<br />

Trotz der Ausschlüsse ist in Allgefahrenpolicen<br />

immer noch einiges mehr abgedeckt<br />

als in Standardversicherungen der gleichen<br />

Art. Das hat allerdings auch seinen Preis:<br />

All-Risk-Versicherungen kosten Versicherte<br />

häufig mindestens das Doppelte der Prämien,<br />

die sie für Standard-Sachversicherungen<br />

zahlen müssten, weiß Robert Floetemeyer,<br />

Experte für Sachversicherungen<br />

und All-Risk-Policen beim Makler Hoesch<br />

& Partner. So können All-Risk-Hausratversicherungen<br />

schnell 1.500 bis 1.600 Euro<br />

im Jahr kosten. Daher sind sie nach wie vor<br />

ein Nischenprodukt. „Private Allgefahrenrungsbedarfe<br />

der Kunden erfragen, empfiehlt<br />

er, und nur bei extrem risikoscheuen<br />

Kunden die kostspieligen Allgefahrenversicherungen<br />

als Option auf den Tisch legen.<br />

Ist die entsprechende Klientel erst mal<br />

gefunden, sind All-Risk-Policen gerade am<br />

Anfang sehr beratungsintensiv. Beispiel<br />

Hausratversicherung: „All-Risk-Versicherer<br />

brauchen als Basis für ihre Kalkulation<br />

aktuelle und nach Sachgruppen differenzierte<br />

Versicherungssummen“, führt<br />

All-Risk-Vermittler Floetemeyer aus. Vom<br />

Chagall-Kunstwerk bis zum Toaster: Makler<br />

sollten die Versicherungssumme so adäquat<br />

wie möglich aufführen, damit auch<br />

wirklich alles versichert ist und die Prämie<br />

die richtige Höhe hat. Um Versicherungssummen<br />

möglichst präzise zu ermitteln,<br />

macht Floetemeyer Hausbesuche, denn<br />

häufig schätzen Kunden jene selbst niedriger<br />

ein, als sie tatsächlich sind.<br />

ACHTUNG, OBLIEGENHEITEN!<br />

Die größten Stolpersteine in der Beratung<br />

lauern aber nicht bei der Versicherungssumme,<br />

sondern bei den Obliegenheiten,<br />

also den Verpflichtungen der Versicherten<br />

gegenüber der Versicherung. Ob ein offen<br />

gelassenes Fenster oder das Fehlen einer<br />

Alarmanlage schon als fahrlässig gelten,<br />

sollten Berater vorab klären und ihren Kunden<br />

deutlich mitteilen. Verhält sich der Versicherte<br />

aus Anbietersicht fahrlässig, kann<br />

das im Schadensfall zum Problem werden.<br />

„Makler haben oft nicht alle Obliegenheiten<br />

auf dem Schirm“, sagt Hunold von<br />

der Axa. „Kunden dürfen sich eben auch<br />

bei einer All-Risk-Police nicht in dem Glauben<br />

wähnen, alles sei versichert, auch wenn<br />

sie grob fahrlässig Obliegenheitspflichten<br />

verletzen.“<br />

Das gilt für gewerbliche ebenso wie für<br />

private All-Risk-Policen. „Fast alle Rechtsstreitigkeiten<br />

nach Schadenfällen drehen<br />

sich um das Thema Obliegenheiten“, sagt<br />

Cäsar Czeremuga. Er ist Rechtsanwalt und<br />

Berater für Unternehmen im Haftungs- und<br />

Versicherungsrecht bei der Kanzlei Wilhelm<br />

Rechtsanwälte in Düsseldorf. Rechtsstreitigkeiten<br />

zu Obliegenheitsthemen landen<br />

immer wieder auf seinem Tisch.<br />

Oft seien die Obliegenheiten sehr vage<br />

formuliert, bemängelt Czeremuga. Typisch<br />

sei etwa eine Klausel, in der steht, der Versicherte<br />

solle „alle gesetzlichen, behördlichen<br />

oder im Vertrag vereinbarten Sicherheitsvorschriften<br />

beachten“. Was genau<br />

<strong>procontra</strong> <strong>03</strong>|21<br />

49


VERSICHERUNGEN Allgefahrendeckung<br />

»Obliegenheiten zwingen Makler<br />

ins Detail«<br />

CÄSAR CZEREMUGA, Rechtsanwalt für Haftungs- und Versicherungsrecht<br />

<strong>procontra</strong>: Herr Czeremuga, wie beliebt sind All-<br />

Risk-Versicherungen im gewerblichen Bereich?<br />

Cäsar Czeremuga: Im Industrie- und Gewerbebereich<br />

sind All-Risk-Policen inzwischen sehr<br />

verbreitet. Vor allem in der technischen Sparte<br />

ist es fast schon Usus, dass man eine Allgefahrenversicherung<br />

vereinbart.<br />

<strong>procontra</strong>: Warum greifen Unternehmen zur All-<br />

Risk-Versicherung?<br />

Czeremuga: Nehmen wir ein Beispiel: Ein Unternehmen<br />

baut ein Kraftwerk. Normalerweise<br />

benötigt man für das Bauvorhaben zumindest<br />

eine Bauleistungsversicherung und eine<br />

Montageversicherung, denn beim Bau drohen<br />

jede Menge Gefahren. Gerade bei Großprojekten<br />

bedienen sich Unternehmen sogenannter Projektversicherungen,<br />

die das Bauleistungs- und<br />

Montagerisiko abdecken und als Allgefahrenversicherung<br />

ausgestaltet sind. Sie versichern<br />

auch Gefahren, die Bauherren nicht vorhergesehen<br />

haben.<br />

<strong>procontra</strong>: Welche Vorteile haben All-Risk-<br />

Policen noch?<br />

Czeremuga: Ein ganz wesentlicher Vorteil ist die<br />

Beweislastumkehr. Angenommen, eine Versicherung<br />

lehnt die Zahlung auf einen Schaden<br />

ab und der Versicherte will das anfechten.<br />

Normalerweise muss er dann beweisen, dass<br />

der Schaden durch eine versicherte Ursache<br />

eintrat – das geht nur mit Anwalt und kann teuer<br />

werden. Bei der All-Risk-Versicherung ist es<br />

umgekehrt: Lehnt der Versicherer die Auszahlung<br />

ab, muss er selbst nachweisen, dass der<br />

Schaden nicht gedeckt ist.<br />

<strong>procontra</strong>: Machen sich Makler bei einem so<br />

hohen Deckungsumfang nicht überflüssig?<br />

Czeremuga: Auf keinen Fall. Denn aufgrund des<br />

potenziell großen Deckungsumfangs versuchen<br />

Versicherer an anderen Stellen des Vertrages<br />

Hürden für den Versicherungsschutz einzubauen,<br />

etwa indem sie dem Versicherungsnehmer<br />

viele Verhaltensregeln, sogenannte Obliegenheiten,<br />

auferlegen. Hier müssen Berater ins<br />

Detail gehen und sehr viel vor Vertragsschluss<br />

klären, was andernfalls später ein Richter zu<br />

klären hat.<br />

<strong>procontra</strong>: Hätten Sie ein Beispiel?<br />

Czeremuga: Der Klassiker ist ein Brand verursacht<br />

durch ein elektrisches Gerät. In den<br />

Standard-Versicherungsbedingungen von<br />

All-Risk-Policen finden sich zwar oft gesetzliche<br />

Vorgaben zum Thema Brandschutz und<br />

Wartung der Geräte wieder. Aber es ist dennoch<br />

sinnvoll, solche allgemeinen Vorgaben an den<br />

jeweiligen Betrieb anzupassen und zu schauen,<br />

wie sie versicherungskonform im Unternehmen<br />

umgesetzt und protokolliert werden können. Hier<br />

bedarf es einer Maklerexpertise – ein Laie kann<br />

das gar nicht sehen. Ein weiterer Streitpunkt<br />

im Schadenfall ist die Unterversicherung. Hier<br />

können Makler von Anfang an gegenlenken.<br />

<strong>procontra</strong>: Was müssen Makler beim Thema<br />

Unterversicherung beachten?<br />

Czeremuga: Eine Unterversicherung liegt vor,<br />

wenn durch die Police eine zu geringe Versicherungssumme<br />

abgedeckt ist. Beispiel: Ein<br />

Gebäude ist zwölf Millionen Euro wert, versichert<br />

sind aber nur zehn Millionen. Im Brandfall wäre<br />

das Gebäude für zwei Millionen Euro unterversichert.<br />

Versicherer können dann im Schadenfall<br />

die Leistung kürzen und argumentieren, der<br />

Versicherte hab eine zu geringe Prämie gezahlt.<br />

Makler können beispielsweise einen Unterversicherungsverzicht<br />

mit der Versicherung<br />

vereinbaren.<br />

das bedeutet, weiß nicht einmal der<br />

Anwalt. Weit gefasste Klauseln wie diese<br />

sind aus Versicherersicht aber notwendig.<br />

„Im Umkehrschluss würde es bedeuten, der<br />

Versicherer müsste alle diese Vorschriften<br />

explizit als Obliegenheiten in den Allgemeinen<br />

Versicherungsbedingungen aufführen“,<br />

erklärt Christian Buschkotte, Managing<br />

Director bei der Provinzial-Tochterfirma<br />

andsafe, die Inhaltsversicherungen für<br />

Unternehmen anbietet. Trotzdem sei diese<br />

Klausel im Schadensfall häufig Streitgrund<br />

zwischen Versicherungsnehmern und Versicherern,<br />

warnt Rechtsanwalt Czeremuga.<br />

Um solche Rechtsstreitigkeiten zu vermeiden,<br />

sollten Makler jeden noch so kleinen<br />

Punkt abklären und im Zweifel bei den Anbietern<br />

Rückfragen stellen, empfiehlt er.<br />

Das gilt ebenso für alle Obliegenheiten<br />

privater All-Risk-Policen. „Damit eine<br />

All-Risk-Police am Ende für den Kunden<br />

und seinen Makler tatsächlich ein echtes<br />

‚Rundum-sorglos-Paket‘ für viele Jahre ist,<br />

müssen Makler besonders kompetent und<br />

gründlich beraten“, hebt All-Risk-Makler<br />

Floetemeyer hervor. „Dann hält die Schadenbearbeitung<br />

am Ende, was der Vertrag<br />

verspricht.“<br />

PRO<br />

ALL-RISK – WIRKLICH EINFACH?<br />

Alles abgedeckt,<br />

was nicht explizit<br />

ausgeschlossen ist<br />

Weniger Probleme<br />

mit Beraterhaftung<br />

Einfache Schadensbearbeitung<br />

CONTRA<br />

Premium-Segment,<br />

für viele zu teuer<br />

Versicherungssumme<br />

erfordert<br />

Detailarbeit<br />

Obliegenheiten<br />

können zum Fallstrick<br />

werden<br />

50 <strong>procontra</strong> <strong>03</strong>|21


SIGNAL IDUNA ANZEIGE<br />

DIE Dienstunfähigkeitsabsicherung<br />

für Polizisten!<br />

Jedes Jahr im Frühling und im Spätsommer werden in vielen Dienststellen neue Polizeianwärter eingestellt. Die<br />

frischgebackenen Beamten benötigen unter anderem eine umfassende Absicherung im Falle einer (Vollzugs-)<br />

Dienstunfähigkeit. Hier bietet SIGNAL IDUNA eine leistungsstarke Versicherungslösung zu attraktiven Prämien an.<br />

– oder wenn eine allgemeine DU oder eine<br />

BU vorliegt.<br />

Mit SI WorkLife bietet die SIGNAL IDUNA ein<br />

innovatives Einkommensschutz-Konzept.<br />

Es umfasst sowohl eine Grundfähigkeitsals<br />

auch eine BU-Versicherung in je zwei<br />

unterschiedlichen Leistungsstufen. Für viele<br />

Berufsgruppen ist damit die Absicherung zu<br />

besonders günstigen Beiträgen möglich.<br />

Wichtig für Beamte: Fester Bestandteil der<br />

Produkte SI WorkLife EXKLUSIV und EXKLU-<br />

SIV-PLUS ist zudem eine vollständige und<br />

„echte“ Dienstunfähigkeitsklausel. Als „echt“<br />

gilt eine DU-Klausel dann, wenn sie dem<br />

Versicherer keine eigene medizinische Prüfung<br />

auf Berufsunfähigkeit erlaubt, sondern<br />

einzig auf das medizinische Gutachten des<br />

Amtsarztes abstellt. Davon ausgenommen<br />

ist nur das Prüfungsrecht bei Verdacht einer<br />

vorvertraglichen Anzeigepflichtverletzung.<br />

Vollständig wiederum ist eine DU-Klausel<br />

dann, wenn auch Beamte auf Widerruf und<br />

auf Probe einbezogen werden.<br />

Vollzugsdienstunfähigkeitsklausel<br />

Darüber hinaus können viele Beamte des<br />

Vollzugsdienstes zusätzlich eine Vollzugsdienstunfähigkeitsklausel<br />

einschließen.<br />

Diese bietet Polizeibeamten im Vollzugsdienst<br />

– insbesondere in der Premium-<br />

Variante SI WorkLife EXKLUSIV-PLUS – eine<br />

passgenaue Ergänzung zu der allgemeinen<br />

Dienstunfähigkeitsabsicherung. Selbstverständlich<br />

auch für Polizisten auf Widerruf<br />

und auf Probe!<br />

Die Highlights der Vollzugsdienstunfähigkeitsabsicherung<br />

in SI WorkLife EXKLUSIV-<br />

PLUS für Polizisten auf Widerruf/Probe:<br />

• Die Leistungsdauer der Vollzugsdienstunfähigkeitsklausel<br />

beträgt 72 Monate.<br />

• Danach erfolgt die Leistung (maximal bis<br />

Ende der vereinbarten Leistungsdauer)<br />

weiter,<br />

– bei einem Dienstunfall, solange der<br />

Beamte Versorgungsbezüge erhält<br />

Und auch für Vollzugsbeamte der Polizei<br />

auf Lebenszeit ist SI WorkLife EXKLUSIV-<br />

PLUS eine hervorragende Wahl:<br />

• Die Leistungsdauer der DU-Rente bei Vollzugsdienstunfähigkeit<br />

beträgt 72 Monate.<br />

• Danach erfolgt die Leistung (maximal bis<br />

Ende der vereinbarten Leistungsdauer)<br />

weiter,<br />

– solange der Beamte Versorgungsbezüge<br />

erhält oder<br />

– wenn eine allgemeine DU oder eine BU<br />

vorliegt.<br />

• Alternativ erhält der Beamte auf Lebenszeit<br />

für maximal 36 Monate die vereinbarte<br />

Rente, wenn er nicht aus dem Vollzugsdienst<br />

in den Ruhestand versetzt wurde,<br />

sondern stattdessen in den Innendienst<br />

versetzt wird (Laufbahnwechsel) und dort<br />

eine Ausbildung durchläuft.<br />

Bedarfsgerechte Absicherungshöhe<br />

SIGNAL IDUNA bietet zudem eine auf die<br />

verschiedenen Besoldungsgruppen zugeschnittene<br />

Absicherungshöhe der Dienstunfähigkeitsrenten<br />

an. So können Beamte auf<br />

Widerruf/Probe der Besoldungsgruppen A2<br />

bis A11 1.800 Euro in zwei individuell dem<br />

Absicherungsbedarf angepassten Verträgen<br />

absichern. Ab der Besoldungsgruppe A12<br />

steigt die Maximalhöhe auf 2.000 Euro.<br />

Und auch Beamte auf Lebenszeit können –<br />

ohne Nachweis der konkreten Versorgungslücke<br />

– auf die jeweilige Besoldungsgruppe<br />

angepasste DU-Renten absichern. Und<br />

wenn es etwas mehr sein darf, können darüber<br />

hinaus auch höhere Renten versichert<br />

werden, wenn über eine Beamtenversorgungsanalyse<br />

ein höherer Bedarf nachgewiesen<br />

wird!<br />

3


VERSICHERUNGEN Gamification<br />

ZOCKEN FÜR DEN ABSCHLUSS?<br />

Modetrend oder Zukunft? Immer mehr Versicherer setzen auf den Spieltrieb der Kunden –<br />

dabei kratzen Gamification-Elemente nur an der Oberfläche; sie ersetzen weder Berater,<br />

noch generieren sie messbar mehr Abschlüsse.<br />

– TEXT: ANNE MAREILE WALTER –<br />

52 Illustration: Roman Kulon


Gamification VERSICHERUNGEN<br />

Eine E-Mail in roter Schrift ploppt auf dem<br />

Bildschirm auf, die Betreffzeile ist unmissverständlich:<br />

„Sie wurden gehackt.“ Nach<br />

24 Stunden würden sämtliche Kundendaten<br />

ins Netz wandern, droht der Angreifer. Ein<br />

Horrorszenario, das in der Realität wohl<br />

jedem Firmeninhaber schlaflose Nächte bereiten<br />

dürfte. Der Mail folgt ein Spiel. Ein<br />

Fragefeld nach dem anderen gleitet über<br />

den Bildschirm, jede richtige Antwort treibt<br />

den nebenherlaufenden Score nach oben.<br />

Schnell kristallisiert sich heraus: Um eine<br />

Hackerattacke in den Griff zu bekommen,<br />

sind Experten nötig, und eine Cyberversicherung<br />

schützt.<br />

Seit Oktober 2020 ist das „Cyber Crime<br />

Time“-Game des Versicherers Hiscox online.<br />

Es erklärt auf spielerische Art Notwendigkeit<br />

und Bestandteile einer solchen<br />

Versicherung, es informiert Berater und<br />

Kunden – und ist damit ein klassisches<br />

Beispiel für Gamification. Im Gabler-Wirtschaftslexikon<br />

wird der Begriff als „Übertragung<br />

von spieltypischen Elementen in<br />

spielfremde Zusammenhänge mit dem Ziel<br />

der Verhaltensänderung und Motivationssteigerung“<br />

definiert. Dieses Potenzial erkennen<br />

auch immer mehr Versicherer und<br />

setzen spielerische Elemente ein, um neue<br />

Zielgruppen zu gewinnen. Dabei ist der Effekt<br />

jedoch begrenzt, eine persönliche Beratung<br />

kann das Zocken auf dem Handy<br />

nicht ersetzen.<br />

»Durch unser Cyber-<br />

Game hat sich die Zahl<br />

der Versicherungsabschlüsse<br />

gesteigert.«<br />

CATHRIN ENGELMANN, HISCOX<br />

dig ist. „Diese Apps sind meist Teil einer<br />

größeren Marketingstrategie. Und worauf<br />

ein Erfolg zurückzuführen ist, bleibt unklar.“<br />

Konkrete Zahlen, wie viele Versicherer<br />

aktuell Gamification-Tools einsetzen,<br />

sind bei den Versicherungsforen nicht verzeichnet.<br />

Doch ein Trend zur spielerischen<br />

Ansprache von Kunden sei erkennbar.<br />

Dabei attestiert Wolff-Marting den Apps<br />

durchaus Potenzial, beispielsweise wenn sie<br />

eine vorhandene Motivation des Nutzers<br />

weiter vorantreiben. „Wer gesund leben<br />

will, sich aber nicht aufraffen kann, ändert<br />

so möglicherweise sein Verhalten“, meint<br />

Wolff-Marting.<br />

MANGEL AN KOMPLEXEN INHALTEN<br />

Der zur Uniqua-Gruppe gehörende Versicherer<br />

Cherrisk hat eine Gamification-App<br />

im Programm, die genau das zum Ziel hat.<br />

Für fünf Minuten Bewegung werden die<br />

Nutzer mit einer Kirsche belohnt. Für „ablenkungsfreies“<br />

Fahren gibt es ebenfalls virtuelle<br />

Früchte. Diese werden gegen Rabatte<br />

und Gewinnspiele eingetauscht. „Die App<br />

soll dabei helfen, ein sichereres Leben zu<br />

führen. Und Sicherheit ist ein Grundbedürfnis<br />

beim Abschluss einer Versicherung“,<br />

APPS FÖRDERN DIE MOTIVATION<br />

Cathrin Engelmann, die als Marketingmanagerin<br />

bei Hiscox mitverantwortlich für<br />

die Entwicklung des Cyber-Games war,<br />

betont: „Unser Spiel gibt nur ein mögliches<br />

von 100 möglichen Szenarien wieder.“ Jeder<br />

Cyberangriff sei anders, und darüber<br />

könne letztlich nur ein Vermittler informieren.<br />

Dennoch ist der Versicherer überzeugt,<br />

dass das Spiel Wirkung zeigt, von den Maklern<br />

werde es als Informationstool gut angenommen.<br />

Und: Die Produktionskosten<br />

von rund 20.000 Euro würden sich rechnen.<br />

Ob die Kosten durch das Neukundengeschäft<br />

wieder eingespielt werden, lässt<br />

der Versicherer offen.<br />

Dass durch Gamification tatsächlich in<br />

großer Menge neue Kunden gewonnen werden,<br />

stellt Vincent Wolff-Marting infrage.<br />

„Der Effekt von Gamification ist schwer<br />

messbar“, sagt der Wirtschaftsinformatiker,<br />

der bei den Versicherungsforen Leipzig<br />

für Digitalisierung und Innovation zustänerklärt<br />

Cherrisk-CEO Krisztián Kurtisz.<br />

216.000 Menschen würden die App nutzen,<br />

der Abschluss einer Versicherung sei<br />

nur einen Klick entfernt. Welchen Effekt<br />

das virtuelle Kirschensammeln in dieser<br />

Hinsicht hat, ist allerdings eine unbekannte<br />

Größe. Konkrete Erhebungen dazu gibt es<br />

nicht.<br />

Der Krankenversicherer DAK nutzt<br />

ebenfalls Gamification-Elemente zur Prävention.<br />

Im April 2018 brachte er die App<br />

„Retter der Zukunft“ auf den Markt, in<br />

der ein Teenager durch Großstadtstraßen<br />

jagt, um die Welt vor der Kontrolle durch<br />

ein Computerspiel zu schützen. Im Rahmen<br />

der betrieblichen Gesundheitsförderung<br />

soll das Spiel übermäßigem Medienkonsum<br />

bei Auszubildenden vorbeugen. „Man bekämpft<br />

bildlich gesprochen Feuer mit Feuer“,<br />

erklärt DAK-Experte Gerrit Rohde.<br />

„Das Videospiel ist Prävention auf Augenhöhe.“<br />

Da die App aber keine komplexen<br />

Inhalte vermittle, werde das Spiel mit Vorträgen<br />

zum Thema „Medienkompetenz“<br />

ergänzt.<br />

Als Eyecatcher oder um nüchtern scheinende<br />

Versicherungsklauseln spielerisch<br />

aufzuschlüsseln – auf diesen Ebenen können<br />

Versicherer und Berater mit Gamification<br />

punkten. Dabei kratzen die Elemente<br />

aber letztlich an der Oberfläche. „Wenn<br />

Gamification zum Jahrmarktspiel wird und<br />

es nur um plakatives Jonglieren mit Bällen<br />

geht, ist darin nichts Sinnvolles enthalten“,<br />

fasst Wirtschaftsinformatiker Wolff-Marting<br />

zusammen. „Spiele können einen Berater<br />

nicht ersetzen, aber sie können seine<br />

Tätigkeit ergänzen.“<br />

PRO<br />

GAMIFICATION ZUR<br />

KUNDENGEWINNUNG?<br />

Ansprache neuer,<br />

jüngerer Zielgruppen<br />

Komplexe Themen<br />

werden anschaulich<br />

Forcieren eines gesünderen<br />

Lebensstils<br />

CONTRA<br />

Computerspiele<br />

kratzen an der Oberfläche<br />

Kein Eingehen auf<br />

individuelle Kundenbedürfnisse<br />

Kurzlebiges Interesse<br />

an den Apps<br />

<strong>procontra</strong> <strong>03</strong>|21<br />

53


VERSICHERUNGEN Riester-Rente<br />

RIESTER-RETTUNG UNGEWOLLT<br />

Die Regierung hat weder Kraft noch Zeit für eine Reform. Versicherer wollen das geförderte<br />

Produkt zwar retten, wenden sich gleichzeitig aber bereits ab. Kommt jetzt der Bürgerfonds?<br />

– TEXT: STEFAN TERLIESNER –<br />

54 Illustration: Eleonora Mavromati


Riester-Rente VERSICHERUNGEN<br />

10.688.000<br />

WENIGER RIESTER-VERTRÄGE<br />

Erstmals ging 2020 in allen Kategorien die Anzahl der Verträge zurück.<br />

3.297.000<br />

1.793.000<br />

592.000<br />

Versicherungsverträge Fonds Wohnen-Riester Banksparpläne<br />

16.000<br />

16.000<br />

35.000<br />

85.000<br />

Bestand * Minus gegenüber 2019 *<br />

*<br />

Zahlen gerundet Quelle: Bundesministerium für Arbeit und Soziales<br />

Das wird nichts mehr! Das Bundesfinanzministerium<br />

sitzt eine Reform der Riester-<br />

Rente aus. Behördenchef Olaf Scholz (SPD)<br />

ist hier federführend. Wenige Wochen vor<br />

der Bundestagswahl ist diese Prognose nicht<br />

besonders kühn. Dabei hat die schwarz-rote<br />

Koalition zugesagt, das Thema in dieser<br />

Legislaturperiode anzupacken. Auf Anfrage<br />

teilte die Pressestelle des Ministeriums<br />

mit, dass es „zur Zukunft der Riester-Rente<br />

noch sehr unterschiedliche Auffassungen<br />

und Vorschläge gibt“.<br />

UNERFÜLLBARE GARANTIE?<br />

Damit ist auch ein Ende der bereits bei<br />

ihrer Einführung als „zu kompliziert, zu<br />

teuer und zu renditeschwach“ kritisierten<br />

Riester-Rente nicht mehr ausgeschlossen.<br />

„Wenn selbst bei der Absenkung des Garantieerfordernisses<br />

nichts passiert, muss<br />

man vermuten, dass es Kräfte gibt, die die<br />

Riester-Rente bewusst schwächen wollen“,<br />

meint Jochen Ruß, Geschäftsführer des Instituts<br />

für Finanz- und Aktuarwissenschaften<br />

(siehe Interview).<br />

Seit zehn Jahren ist das Zinsniveau im<br />

Keller. Das hat vor allem die auf Versicherungen<br />

basierende Variante der Riester-<br />

Rente erst zu einem Ladenhüter und dann<br />

zu einem Problem auch für die Versicherer<br />

gemacht. Sie müssen es schaffen, zumindest<br />

die Beitragsgarantie zu erfüllen. Vor diesem<br />

Hintergrund agiert Berlin nach dem Motto:<br />

Soll doch die nächste Regierung über ein<br />

zukunftsfähiges Konzept für die Förderung<br />

der privaten Altersvorsorge entscheiden,<br />

wir haben ja schließlich Neuerungen wie<br />

Mütterente, Grundrente und Rente mit 63<br />

für langjährig Versicherte angepackt.<br />

»Zur Zukunft der<br />

Riester-Rente gibt<br />

es noch sehr<br />

unterschiedliche<br />

Auffassungen.«<br />

PRESSESTELLE DES BUNDESFINANZMINISTERIUMS<br />

Bisher hat die Bundesregierung also oft<br />

an die älteren Jahrgänge gedacht. Jüngere<br />

Menschen und Erwerbstätige müssen wieder<br />

einmal abwarten. Dabei hat die Finanzbranche<br />

in den vergangenen Monaten<br />

nochmals auf den ihrer Meinung nach<br />

akuten Reformbedarf der Riester-Rente mit<br />

ihrer Beitragsgarantie hingewiesen. „Die<br />

Bundesregierung muss auch ein adäquates<br />

Angebot für die künftigen Rentnergenerati-<br />

onen machen“, forderte zum Beispiel Peter<br />

Schwark, stellvertretender Hauptgeschäftsführer<br />

des Gesamtverbands der Deutschen<br />

Versicherungswirtschaft (GDV).<br />

RECHNUNGSZINS FAST BEI NULL<br />

Dramatisch ist die Lage, seit das Finanzministerium<br />

vor einigen Wochen bekannt gab,<br />

den Höchstrechnungszins für Lebensversicherungen<br />

und Pensionsfonds zum 1. Januar<br />

2022 auf 0,25 Prozent abzusenken. Seit<br />

2017 liegt er bei 0,9 Prozent. Eigentlich<br />

hatten Fachleute eine Absenkung des sogenannten<br />

Garantiezinses bereits zum 1. Januar<br />

<strong>2021</strong> erwartet; auf 0,5 Prozent, wie<br />

Ende 2019 von der Deutschen Aktuarvereinigung<br />

(DAV) vorgeschlagen. Doch bereits<br />

damals saß das Ministerium das Thema aus<br />

und legte keinen Gesetzentwurf vor, was<br />

sofort eine Debatte um eine Reform der<br />

Riester-Rente entzündet hätte. „Also blieb<br />

das Ministerium in Deckung“, ist zu hören.<br />

Viele Versicherer aber mussten reagieren.<br />

Sie wenden bereits Rechnungszinssätze unterhalb<br />

des derzeitigen Höchstsatzes von<br />

0,9 Prozent an. Laut dem Beratungsunternehmen<br />

Aon liegen viele Versicherer bereits<br />

bei den geplanten 0,25 Prozent oder sogar<br />

darunter. „Wir erwarten, dass es künftig<br />

so gut wie keine Tarifangebote mehr geben<br />

wird, in denen eine 100-prozentige<br />

Beitragsgarantie enthalten ist“, betont<br />

<strong>procontra</strong> <strong>03</strong>|21<br />

55


VERSICHERUNGEN Riester-Rente<br />

Thorsten Teichmann, Partner und Mitglied<br />

der Geschäftsleitung bei Aon. Nur<br />

erwähnt werden soll, dass die betriebliche<br />

Altersvorsorge vor dem gleichen Problem<br />

steht.<br />

VERBÄNDE LEGEN PLAN VOR<br />

Die Produktgeber und wohl auch viele Vermittler<br />

möchten die Riester-Rente mit ihrer<br />

staatlichen Förderung aber doch irgendwie<br />

retten – Förderung ist schließlich immer<br />

ein gutes Vertriebsargument. So schlugen<br />

Ende 2020 der GDV, der Fondsverband<br />

BVI, der Verband der Privaten Bausparkassen<br />

(VdPB) und die Landesbausparkassen<br />

Alarm: „Die Zeit für eine Reform läuft davon“,<br />

hieß es laut GDV in einem Brief an<br />

das CDU-geführte Kanzleramt.<br />

Einen Plan zur Rettung der Riester-Rente<br />

hatten die Verbände bereits 2019 erarbeitet.<br />

„Anstelle des komplizierten Zulagenwirrwarrs<br />

müssten leichter verständliche<br />

Förderverfahren treten. Jeder selbst eingezahlte<br />

Euro sollte mit mindestens 50 Cent<br />

vom Staat gefördert werden. Die Beitragsgarantie<br />

müsse gelockert werden, um eine<br />

Chance für höhere Renditen zu eröffnen<br />

– und damit auch höhere Rentenzahlungen<br />

im Alter“, erläutert der GDV. Zudem<br />

forderten die Versicherer und Finanzdienstleister,<br />

die Riester-Förderung für alle zu öffnen.<br />

Also etwa auch für Selbstständige.<br />

PLÄDOYER FÜR GESAMTPAKET<br />

Der entscheidende Punkt aber sei eine Abkehr<br />

von der 100-prozentigen Beitragsgarantie.<br />

Die vorherrschende Garantiefixierung<br />

müsse aufgehoben werden, „um dem<br />

Gedanken zum Durchbruch zu verhelfen,<br />

»Volle Garantie nicht mehr möglich«<br />

JOCHEN RUSS, Geschäftsführer des Instituts für Finanz- und Aktuarwissenschaften an der Universität Ulm<br />

<strong>procontra</strong>: Der GDV möchte die Absenkung des<br />

Höchstrechnungszinses mit einer Absenkung<br />

des Garantieniveaus der Riester-Rente verknüpfen.<br />

Was steckt dahinter?<br />

Jochen Ruß: Der Höchstrechnungszins bewirkt<br />

indirekt eine Obergrenze für garantierte Leistungen.<br />

Eine volle Garantie der eingezahlten Beiträge,<br />

wie bei der Riester-Rente vorgeschrieben,<br />

ist künftig selbst bei extrem kostengünstigen<br />

Produkten faktisch nicht mehr möglich.<br />

<strong>procontra</strong>: Aufgabe der Politik ist es ja nicht,<br />

einzelne Interessengruppen zu helfen.<br />

Ruß: Es geht nicht darum, jemandem einen<br />

Gefallen zu tun, sondern darum, dass gesetzlich<br />

etwas vorgeschrieben ist, was ökonomisch<br />

faktisch unmöglich ist. Darüber hinaus haben<br />

wir in einer Studie gezeigt, dass im aktuellen<br />

Zinsumfeld abgesenkte Garantien auch für<br />

sicherheitsorientierte Verbraucher bedarfsgerecht<br />

sind. Zu diesem Ergebnis kommt man,<br />

wenn man inflationsbereinigte Chancen und<br />

Risiken betrachtet. Das sollte man auch tun, da<br />

es ja für Verbraucher nicht darauf ankommt, wie<br />

viel Stück Euromünzen man als Rente bekommt,<br />

sondern wie viele Mahlzeiten und Monatsmieten<br />

man davon kaufen kann.<br />

<strong>procontra</strong>: Könnten Sie das bitte genauer<br />

erklären?<br />

Ruß: Je höher die Garantie, desto weniger Aktien<br />

und andere chancenreiche Kapitalanlagen<br />

stecken in einem Altersvorsorgeprodukt – ganz<br />

egal wie es im Detail konstruiert ist. Und über<br />

einen langen Zeitraum gibt es nachweislich<br />

eine positive Korrelation zwischen Aktienrenditen<br />

und der Inflation. Neben den bekannten<br />

Wirkungsweisen von Garantien gibt es deshalb<br />

noch einen weiteren – bisher nicht berücksichtigten<br />

– Effekt: Garantien erhöhen dasjenige<br />

Risiko, das aus der Unsicherheit der Inflation<br />

resultiert.<br />

<strong>procontra</strong>: Was heißt das konkret für die Produkt<br />

auswahl?<br />

Ruß: Unterm Strich sind Produkte mit abgesenkten<br />

Garantien derzeit deutlich chancenreicher<br />

als Produkte mit hohen Garantien.<br />

Sie sind aber in Bezug auf die Kaufkraft der<br />

Leistung nur geringfügig riskanter – wenn<br />

überhaupt. Sicherheit ist also nicht dasselbe<br />

wie Garantie.<br />

<strong>procontra</strong>: Sie sprechen sich also für mehr<br />

Aktien in der Altersvorsorge aus?<br />

Ruß: Ja! Aber für sicherheitsorientierte Verbraucher<br />

in Maßen. Senkt man nämlich Garantien<br />

weiter ab als auf 70 bis 80 Prozent der Beiträge,<br />

dann nimmt die Chance kaum noch zu – das<br />

Risiko hingegen immer stärker.<br />

<strong>procontra</strong>: Es gibt doch Riester-Fonds. Lässt<br />

sich damit nicht fürs Alter vorsorgen?<br />

Ruß: Dass zu hohe Garantien keine Chancen<br />

zulassen, gilt nicht nur für Versicherer. Bei<br />

Fondsprodukten bestimmt der Marktzins anstelle<br />

des Höchstrechnungszinses die Obergrenze<br />

für Garantien. Und der ist auch sehr niedrig.<br />

Auch hier ist eine 100-Prozent-Garantie kaum<br />

noch möglich – und wenn, dann ohne Spielraum<br />

für chancenreiche Aktieninvestments.<br />

<strong>procontra</strong>: Liegt es vielleicht auch an den Versicherern<br />

und Vermittlern, dass die Deutschen so<br />

versessen auf Garantien sind?<br />

Ruß: Der Wunsch nach Sicherheit ist tief in der<br />

menschlichen Natur verankert. Versicherer, Vermittler<br />

und auch der Gesetzgeber haben diesen<br />

Wunsch in der Vergangenheit noch verstärkt.<br />

Man muss aber auch sagen, dass in Zeiten<br />

höherer Zinsen hohe Garantien viel weniger<br />

Rendite gekostet und (auch inflationsbereinigt)<br />

viel mehr Sicherheit erzeugt haben als heute.<br />

Hohe Garantien waren damals für sicherheitsorientierte<br />

Verbraucher also durchaus sinnvoll.<br />

56 <strong>procontra</strong> <strong>03</strong>|21


Riester-Rente VERSICHERUNGEN<br />

dass weniger Garantie auch mehr Leistung<br />

bedeuten kann“, so etwa Guido Bader, der<br />

Vorsitzende der Aktuarvereinigung DAV.<br />

Die DAV trägt eine Forderung vor, die in<br />

der Branche oft zu hören ist: Zum 1. Januar<br />

2022 ein Gesetzespaket zu schnüren, das<br />

sowohl eine Absenkung des Höchstrechnungszinses<br />

als auch eine Abkehr von der<br />

»Für eine volle<br />

Beitragsgarantie<br />

muss der Garantiezins<br />

über den einkalkulierten<br />

Kosten<br />

liegen.«<br />

GUIDO BADER, DEUTSCHE AKTUARVEREINIGUNG<br />

100-prozentigen Beitragsgarantie bei der<br />

Riester-Rente enthält. Der Versicherungsmathematiker<br />

Bader wird deutlich: „Für<br />

eine volle Beitragsgarantie muss der Garantiezins<br />

über den einkalkulierten Kosten<br />

liegen. Ein Garantiezins von 0,25 Prozent<br />

lässt aber keine angemessenen Kosten mehr<br />

zu.“<br />

»TEURES FESTGELDSPAREN«<br />

Ohnehin müssten sich die Versicherer teilweise<br />

schon heute bei einer 100-prozentigen<br />

Beitragsgarantie auf eine risikoarme Anlage<br />

der Kundengelder beschränken, die derzeit<br />

mitunter Negativzinsen aufweise. „Der<br />

vollständige Beitragserhalt mündet somit<br />

in einem teuren Festgeldsparen und damit<br />

einem sehr wahrscheinlichen Realwertverlust“,<br />

führt Bader aus. Sollte das skizzierte<br />

Gesetzespaket nicht kommen, würden sich<br />

die meisten Unternehmen aus dem Geschäft<br />

zurückziehen. Laut einer Umfrage der Assekuranz-Ratingagentur<br />

Assekurata unter<br />

36 Lebensversicherern bieten heute bereits<br />

15 im Neugeschäft keine Riester-Produkte<br />

mehr an.<br />

Ob freilich die Kraft der aktuellen Bundesregierung<br />

noch ausreicht, um so ein<br />

Reformpaket durch den Bundestag zu bringen,<br />

muss bezweifelt werden. CDU und<br />

SPD können sich auf die Ausgestaltung<br />

nicht einigen. Und in der Parteienland-<br />

schaft war die staatlich geförderte private<br />

Altersvorsorge schon immer umstritten.<br />

Der Altersvorsorgespezialist Longial hat<br />

sich die Wahlprogramme mal angeschaut.<br />

Demnach möchten die Grünen – in Umfragen<br />

aktuell die stärkste Partei in Deutschland<br />

– die Riester-Rente durch einen obligatorischen<br />

Bürgerfonds ersetzen. Wer nicht<br />

mitmachen möchte, muss aktiv widersprechen.<br />

Der Bürgerfonds soll auch die gesetzliche<br />

Rente ergänzen. Letztere soll zu einer<br />

Bürgerversicherung für alle werden.<br />

PLÄNE DER PARTEIEN<br />

Eine Bürgerversicherung schwebt auch der<br />

SPD vor. Für die private Altersvorsorge ist<br />

ein Standardprodukt geplant, das kostengünstig,<br />

digital und grenzüberschreitend<br />

ist. Die Union will die Riester-Rente beibehalten,<br />

aber reformieren. Die Idee: Ein<br />

auf Aktien basiertes Standardvorsorgeprodukt,<br />

das automatisch für jeden Arbeitnehmer<br />

gilt, es sei denn, er widerspricht. Die<br />

100-prozentige Beitragsgarantie ist nicht<br />

mehr vorgesehen. Die FDP schließlich<br />

möchte die gesetzliche Rente um eine gesetzliche<br />

Aktienrente erweitern – eine Art<br />

Staatsfonds, wie sie Schweden und Norwegen<br />

nutzen. In die Aktienrente sollen 2 Prozent<br />

des Bruttoeinkommens fließen. Im<br />

Gegenzug sinkt der Beitrag zur gesetzlichen<br />

Rentenversicherung im gleichen Umfang.<br />

Vor diesem Hintergrund wird verständlicher,<br />

weshalb die aktuelle Bundesregierung<br />

entgegen ihrem Koalitionsvertrag<br />

wohl keine Reform der Riester-Rente mehr<br />

schafft – und vielleicht nie ernsthaft wollte.<br />

Nach der Bundestagwahl am 26. September<br />

werden die Karten neu gemischt.<br />

PRO<br />

RIESTER-RENTE REFORMIEREN?<br />

Immerhin mehr als<br />

16 Millionen Riester-<br />

Sparer<br />

Auch abgesenkte<br />

Garantien sind ein<br />

Vertriebsargument<br />

Großer Vertrauensverlust<br />

bei Abschaffung<br />

CONTRA<br />

Altersvorsorge am<br />

Aktienmarkt rentabler<br />

Renditeschwach,<br />

selbst mit abgesenkten<br />

Garantien<br />

Eine reformierte<br />

Riester-Rente wäre<br />

wohl immer noch zu<br />

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57


VERSICHERUNGEN Firmenkunden<br />

SELBSTBESTIMMUNG BEI<br />

SELBSTBEHALTEN<br />

Höhere Prämien, höhere Selbstbehalte. Darunter macht es die Assekuranz in Industrie<br />

und Großgewerbe derzeit vielfach nicht. Als Teil des Risk-Managements ist die<br />

Eigenbeteiligung am Schaden aber auch für kleinere Betriebe generell ein Thema,<br />

bei dem Maklerexpertise gefragt ist.<br />

– TEXT: CARLA FRITZ –<br />

58 Illustration: Eleonora Mavromati


Firmenkunden VERSICHERUNGEN<br />

Anziehende Prämien im Industrie-Gewerbebereich<br />

und deutlich höhere Forderungen<br />

nach Eigentragung von Risiken, etwa in der<br />

industriellen Feuerversicherung. In dieser<br />

Kombination im Grunde ein Widerspruch,<br />

für Industrie und Großgewerbe aber inzwischen<br />

vielfach Realität. Große Maklerhäuser<br />

wie Funk und Marsh haben die angespannte<br />

Marktsituation in ihren aktuellen<br />

Analysen thematisiert.<br />

Als Rettungsanker in schwierigen Zeiten<br />

sind Selbstbehalte vor diesem Hintergrund<br />

augenblicklich sehr populär: für die Firmenkundschaft<br />

des Maklers im Hinblick<br />

auf bezahlbare Prämien und Erhalt des Versicherungsschutzes.<br />

Für die Versicherer, um<br />

im Schadensfall Kosten zu sparen. „Selbstbehalte<br />

sind im Grunde ein Instrument der<br />

Gleichrichtung der Interessen von Versicherungsnehmer<br />

und Risikoträger.“ Was Alexander<br />

Skorna, Leiter Business Development<br />

beim Versicherungsmakler und Risk<br />

Consultant Funk, dabei als Ziel definiert,<br />

lässt sich in der Praxis allerdings nicht immer<br />

so einfach auf einen Nenner bringen.<br />

Das räumt er selbst auch ein. „Je nach Risikoqualität<br />

reden wir mitunter über Selbstbehalte<br />

von mehreren Millionen Euro.“<br />

Dass Unternehmen von heute auf morgen<br />

einen Eigenanteil in dieser Größenordnung<br />

stemmen, sei selbst für große Firmen nicht<br />

immer einfach. Dafür braucht es nach seinen<br />

Worten einen gewissen Übergang in<br />

Form einer Risikofinanzierungsperiode.<br />

Diese schone den Liquiditätsbedarf gerade<br />

in angespannten Zeiten wie heute. „Wir<br />

entwickeln etwa flexible Mischformen<br />

aus Eigentragung, Risikofinanzierung und<br />

Risikotransfer, die am Markt zurzeit am<br />

Entstehen sind.“ Geeignete Modelle für<br />

den Kunden zu strukturieren, zu erklären<br />

und letztlich zu empfehlen, darin sieht er in<br />

einer komplexer werdenden Welt eine wesentliche<br />

Aufgabe des Maklers.<br />

Auf Maklerexpertise sind beim Thema<br />

Selbstbehalte auch kleine und mittlere<br />

Firmen angewiesen. Mit festen, seltener<br />

prozentualen Selbstbehalten als gängige<br />

Varianten sind die Spielräume hier im Tarifgeschäft<br />

zwar wesentlich kleiner, aber<br />

im Detail dann eben doch wieder sehr verschieden.<br />

Nicht nur, was Selbstbehaltsstufen<br />

und Beitragsersparnis angeht.<br />

ÄRGERNIS IM SCHADENSFALL<br />

Ein genereller Selbstbehalt von null Euro<br />

in der Bauhandwerker-Haftpflichtpolice<br />

DIE 10 GRÖSSTEN SCHÄDEN 2019<br />

Inländisches Direktgeschäft der GDV-Mitgliedsunternehmen,<br />

nicht-private Sachversicherungen<br />

BETRIEBSART: GEFAHR / URSACHE<br />

Schmiede-, Press- und Hammerwerk: Feuer/Techn. Einrichtungen, Geräte 120<br />

Leistungen in Mio. Euro<br />

Recycling gemischter Stoffe: Feuer/Sonstiges 67<br />

Schmiede-, Press-, Hammer-, Ziehwerk: Feuer/Feuergefährliche Arbeiten 61<br />

Getreidemühle: Feuer/Techn. Einrichtungen, Geräte 46<br />

Lager - Metall - mittlere Feuergefahr: Feuer/Techn. Einrichtungen, Geräte 35<br />

Krankenhaus: Leitungswasser/Rohrbruch 24<br />

Druckerei, grafischer Betrieb: Feuer/Techn. Einrichtungen, Geräte 23<br />

Unbekannt (Gewerbe): Feuer/Brandstiftung 19<br />

Sonstige Risiken kommunale, karitative Einrichtungen: Feuer/Sonstiges 19<br />

Recycling gemischter Stoffe: Feuer/Sonstiges 18<br />

SELBSTBEHALT – JA ODER NEIN?<br />

Branche, Größe des Betriebs, spezielle Risikosituation<br />

und nicht zuletzt Schadenshistorie<br />

sind für diese Frage ausschlaggebend.<br />

„Der Druck baut sich meist über die Schadenquote<br />

auf“, sagt Makler Carl Michael<br />

Götte, Geschäftsführer der Götte-Gruppe<br />

in Köln. In vielen gewerblichen Sparten<br />

komme man an Selbstbehalten aber ohnehin<br />

nicht vorbei, häufig beispielsweise in<br />

den Technischen Versicherungen.<br />

Die Baugeräte- und Bauleistungsversicherung<br />

der VHV etwa wird generell mit<br />

einem Selbstbehalt angeboten, der nach<br />

Angaben der Gesellschaft nicht abwählbar,<br />

aber in der Höhe verhandelbar ist. Hier reduziert<br />

sich beispielsweise der Beitrag für<br />

einen Mobilbagger um bis zu 30 Prozent,<br />

wenn der Selbstbehalt von 500 auf 5.000<br />

Euro erhöht wird. Die 30-Prozenterweist<br />

sich näher besehen dann möglicherweise<br />

doch nicht als das, was der Kunde<br />

sich auf den ersten Blick davon verspricht.<br />

„Häufig folgt einige Seiten weiter im Kleingedruckten<br />

eine Liste mit Ausnahmen.<br />

Genau für solche Schäden, die besonders<br />

»Der Druck baut<br />

sich meist über die<br />

Schadenquote auf.«<br />

CARL MICHAEL GÖTTE, GÖTTE-GRUPPE, KÖLN<br />

häufig vorkommen – Bearbeitungs- und<br />

Mietsachschäden – gibt es dann doch eine<br />

Selbstbeteiligung“, sagt Nico Locker, Bereichsleiter<br />

Maklerorganisation der Inter.<br />

Von versteckten Selbstbehalten will er bei<br />

solchen Angeboten am Markt nicht sprechen.<br />

„Aber viele Kunden haben diese Regelung,<br />

wenn es zum Schadenfall kommt,<br />

eben nicht mehr auf dem Schirm.“ Ärger sei<br />

so oft programmiert.<br />

Um derartige Missverständnisse zu vermeiden,<br />

verzichte die Inter in den aktuellen<br />

Tarifgenerationen in der standardisierten<br />

Variante auf Ausnahmen. „Der Selbstbehalt<br />

im Bauhandwerker-Haftpflichtvertrag<br />

gilt für alle Leistungsbausteine.“ Die 1.000<br />

Quelle: GDV<br />

Euro Selbstbehalt, die hier im Maximum<br />

zur Wahl stehen, nehmen jedoch die wenigsten<br />

und dafür lieber eine höhere Prämie<br />

in Kauf. „Wir arbeiten mit Zuschlägen“,<br />

erklärt Locker. Das sind 30 Prozent mehr,<br />

wenn der Selbstbehalt vollständig abgewählt<br />

wird. „Die meisten entscheiden sich<br />

für null bis 150 Euro“, nach seinen Worten<br />

die typischen Schäden, die der Handwerker<br />

aus eigener Tasche bezahlen kann und will,<br />

um Diskussionen mit dem Kunden und im<br />

Zweifelsfall auch mit dem Versicherer zu<br />

vermeiden.<br />

<strong>procontra</strong> <strong>03</strong>|21<br />

59


VERSICHERUNGEN Firmenkunden<br />

»Gesellschaften denken<br />

oft zu statisch«<br />

RALF BECKER, geschäftsführender Gesellschafter des Versicherungsmaklers Funk<br />

<strong>procontra</strong>: Selbstbehalte – Rettungsanker in<br />

schwierigen Zeiten? Wie sehen Sie das?<br />

Ralf Becker: Sie sind teils für den Erhalt des<br />

Versicherungsschutzes notwendig geworden,<br />

aber auch für die Vereinbarung neuer<br />

Deckungen – angesichts der Verluste, mit<br />

denen die Assekuranz im Moment zu kämpfen<br />

hat. Für kritische Branchen wie Recycling oder<br />

Holzverarbeitung werden daher zunehmend<br />

adäquate Selbstbeteiligungen gefordert – in<br />

der industriellen Feuerversicherung durchaus<br />

Millionenbeträge. Ihre Bedeutung wird weiter<br />

wachsen.<br />

<strong>procontra</strong>: … und damit zwangsläufig auch die<br />

Akzeptanz von Selbstbehalten bei der Kundschaft?<br />

Was sind Ihre Erfahrungen?<br />

Becker: Selbstbeteiligungen sind von der<br />

Kundschaft nicht per se gewünscht. Manager<br />

sind mitunter risikoavers und möchten einen<br />

möglichst breiten Versicherungsschutz. Die<br />

Vorteile der Eigentragung muss der Makler<br />

im Rahmen einer Gesamtbetrachtung – Total<br />

Cost of Insurance, wie wir es nennen und<br />

praktizieren – noch stärker verdeutlichen.<br />

<strong>procontra</strong>: Was wären dabei Ansatzpunkte?<br />

Becker: Insbesondere bei Frequenzschäden<br />

ist es wichtig, die Verträge mit sinnvollen<br />

Selbstbehalten auszustatten. Geldwechselgeschäfte,<br />

bei denen sich Prämie und Schäden<br />

die Waage halten, lohnen nicht. Bei Eigentragung<br />

spart der Kunde durch Wegfall der Versicherungssteuer<br />

sowie der Verwaltungs- und<br />

Betriebskosten bis zu 40 Prozent und mehr<br />

an Prämie. Die erste Million ist die schwerste,<br />

soll hier heißen: Bis zu dieser Höhe fallen die<br />

meisten Schäden an. In diesem Sinne sind<br />

die ersten 100.000 Euro Selbstbehalt in der<br />

Feuerindustrieversicherung zugleich die für<br />

den Kunden rentabelsten.<br />

<strong>procontra</strong>: Bis zu welcher Grenze ist die Eigenbeteiligung<br />

am Schaden sinnvoll?<br />

Becker: Die Grenze liegt immer da, wo es<br />

unwirtschaftlich für den Kunden wird. Mitunter<br />

unterscheidet der Versicherer nicht mehr, ob<br />

ein Firmenkunde etwa in der Feuerversicherung<br />

125.000 Euro des Schadens selbst trägt<br />

oder eine halbe Million. Damit wird das Modell<br />

ad absurdum geführt und ist folglich nicht<br />

mehr vermittelbar.<br />

<strong>procontra</strong>: Haben Sie eine Erklärung für diese<br />

„Gleichmacherei“?<br />

Becker: Die Gesellschaften denken hier oft<br />

noch zu statisch, halten an alten Tarifmustern<br />

mit klassischen Selbstbehaltsmodellen fest,<br />

die heutigen Risiken im Industriebereich häufig<br />

nicht mehr entsprechen. In der augenblicklichen<br />

Marktsituation muss man neue Modelle<br />

diskutieren und erproben – vielleicht auch<br />

eher Aufgabe des Maklers.<br />

<strong>procontra</strong>: Was bietet sich da an?<br />

Becker: Eine Möglichkeit, die am Markt Beachtung<br />

findet, lautet Self-Insured-Retention (SIR):<br />

Das Unternehmen trägt Schäden selbst, nutzt<br />

aber nach wie vor beispielsweise den Schadenregulierungsservice<br />

des Versicherers. Eine<br />

andere Variante: Das Unternehmen versichert<br />

die geforderten hohen Selbstbehalte separat.<br />

Marke – zugleich eine Orientierungsgröße<br />

im Angebotsvergleich mit und ohne<br />

Selbstbehalte. In der gewerblichen Rechtsschutzversicherung<br />

wiederum ist die Null-<br />

SB-Variante zwar möglich, wird aber nach<br />

Göttes Erfahrung kaum gewählt. „Weil der<br />

Beitragsvorteil mit Selbstbehalt hier greifbar<br />

ist.“<br />

Die teils fehlende Akzeptanz für Selbstbehalte<br />

schreibt der Makler aus Köln nicht<br />

zuletzt auch der Tatsache zu, dass kleinere<br />

Unternehmen den internen Einsparvorgang<br />

nicht nachvollziehen können – „weil er oft<br />

nur marginal ist“. Bei Jahresprämien von<br />

ein paar Hundert Euro rechnet sich in der<br />

Regel kein Prämiennachlass. Faustregel:<br />

In drei bis fünf Jahren sollte ein durchschnittlicher<br />

Selbstbehalt – bei normalem<br />

Schadensverlauf – durch Beitragsersparnis<br />

neutralisiert sein.<br />

Die Schadensquote im Griff behalten,<br />

darum geht es letztlich für beide Seiten.<br />

„Nicht nur“, schränkt Götte ein. Im konkreten<br />

Fall sollten Selbstbehalte dem Unternehmer<br />

auch verdeutlichen: „Er ist für sein<br />

Tun und Lassen verantwortlich, sollte seine<br />

Mitarbeiter entsprechend schulen, gegebenenfalls<br />

die Arbeit anders organisieren oder<br />

vielleicht sogar bestimmte, absehbar schadenträchtige<br />

Aufträge nicht mehr annehmen.“<br />

Es geht um risikobewusstes Verhalten.<br />

Deshalb endet das Beratungsgespräch<br />

zur Haftpflichtversicherung zumeist mit<br />

einem „erzieherischen“ Selbstbehalt auch<br />

der kleineren Firma.<br />

BESSER SELBST STEUERN<br />

Bei Schäden, nach denen man faktisch die<br />

Uhr stellen kann, muss der Makler tiefer in<br />

die Schadensanalyse einsteigen. Für solche<br />

Frequenzschäden – der Klassiker im Haftpflichtbereich<br />

bei kleinen und mittleren<br />

Firmen – findet man die Lösung nach den<br />

Worten Lockers in der Regel anhand der<br />

konkreten Schäden.<br />

Bei einem von Göttes Klienten waren<br />

es aber die Teilkaskoschäden durch<br />

Steinschlag an den Windschutzscheiben<br />

der großen Fahrzeugflotte, die die Prämie<br />

in die Höhe trieben. Kosten für den Austausch<br />

der Scheiben mit Kamerasensor<br />

und Abstandshalter: zwischen 1.500 und<br />

2.000 Euro. „Bei 75 Fahrzeugen mit zehn<br />

Schäden im Jahr kommt da einiges zusammen.“<br />

Die Gegenmaßnahmen: Erhöhung<br />

des Selbstbehalts pro Fahrzeug auf 2.000<br />

Euro, Abschluss eines Rahmenvertrags mit<br />

60 <strong>procontra</strong> <strong>03</strong>|21


Firmenkunden VERSICHERUNGEN<br />

»Viele Kunden haben<br />

den gewählten<br />

Selbstbehalt, wenn<br />

es zum Schadenfall<br />

kommt, nicht<br />

mehr auf dem<br />

Schirm.«<br />

NICO LOCKER, INTER<br />

einer Autoglaserei. „Da wurden die Windschutzscheiben<br />

nicht in der Werkstatt, sondern<br />

gleich vor Ort getauscht für 750 bis<br />

1.200 Euro – und auch nicht gleich jede.“<br />

Ergebnis: Die Frequenzschäden waren weg.<br />

Die Prämien konnten wieder nach unten<br />

angepasst werden. Immer dann, wenn das<br />

Unternehmen einen gewissen Bodensatz an<br />

Schäden hat, muss, wie Götte betont, die<br />

Problemanalyse einsetzen: Was kann der<br />

Kunde an Eigenregulierung übernehmen?<br />

Wie kann er die Schadensbehebung optimieren?<br />

Was er seinen Kunden dabei häufig erst<br />

einmal klarmachen muss: Einen Schaden<br />

direkt zu bezahlen – wenn das Unternehmen<br />

ihn sowieso bezahlen muss und dazu<br />

auch wirtschaftlich in der Lage und willens<br />

ist – ist in jedem Fall günstiger, als ihn<br />

über die Versicherung abwickeln zu lassen.<br />

„Man muss schließlich gedanklich noch die<br />

30 Prozent Verwaltungskosten drauflegen<br />

plus 19 Prozent Versicherungssteuer.“<br />

Dieser Effekt sei natürlich umso größer, je<br />

größer der Betrieb und je größer das Prämienvolumen<br />

ist, umgekehrt dann aber auch<br />

die Ersparnis – wenn man es selbst macht.<br />

Andererseits muss man sich Selbstbehalte<br />

auch leisten können. Auch wenn es gerade<br />

mal nicht so gut läuft. Diese Entscheidung<br />

ist erst mal unabhängig von der Größe des<br />

Unternehmens.<br />

PRO<br />

Selbstbehalte<br />

ersparen Beiträge<br />

Möglichkeit, einen<br />

schadensanfälligen<br />

Vertrag zu retten<br />

Fördern ein risikobewussteres<br />

Verhalten<br />

beim Versicherten<br />

WIE SINNVOLL SIND<br />

SELBSTBEHALTE?<br />

CONTRA<br />

Stehen teils in<br />

keinem Verhältnis<br />

zur Prämie<br />

Rechnen sich meist<br />

nicht bei kleinem<br />

Prämienvolumen<br />

Zeitweise finanziell<br />

nicht leistbar<br />

(Auftragslage)<br />

Die betriebliche Pflegelösung für Weltenvereiner<br />

Der Pionier in der bKV<br />

bringt seine neueste<br />

Innovation:<br />

Die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf steht<br />

jedem gut zu Gesicht. Begeistern Sie Ihre<br />

Firmenkunden mit einem einzigartigen Konzept.<br />

<strong>procontra</strong> <strong>03</strong>|21<br />

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61


BUSCHFUNK Berater<br />

BERATER<br />

MMM-MESSE WIRD WIEDER PRÄSENZ-EVENT<br />

Maklerpool Fonds Finanz plant Vor-Ort-Veranstaltung im Oktober.<br />

Foto: iStock / Jotily<br />

Ein Schritt in Richtung Normalität: Der Maklerpool Fonds Finanz will diesen Herbst erstmals<br />

wieder die MMM-Messe als reine Präsenzveranstaltung durchführen. Sie soll am 7. Oktober<br />

im Münchener MOC Veranstaltungs- und Ordercenter über die Bühne gehen – allerdings nur,<br />

wenn die Pandemie-Situation im Oktober einen weitgehend normalen Präsenz-Messebetrieb<br />

zulässt. Man sei aber zuversichtlich, dass die Corona-bedingten Einschränkungen bis zum<br />

Herbst zu einem großen Teil aufgehoben sein werden, heißt es bei Fonds Finanz. Im vergangenen<br />

Jahr wurde die Messe ins Netz verlagert, das ist dieses Jahr nicht vorgesehen. Die<br />

normalerweise für den Herbst terminierte Hauptstadtmesse wird hingegen nicht stattfinden.<br />

Die MMM-Messe gehörte 2020 zu den ersten Großveranstaltungen der Branche, die der<br />

Corona-Krise zum Opfer fielen.<br />

NEUE ZIELGRUPPEN DURCH CORONA<br />

Lockdown beschert Risikoleben mehr Kunden aus<br />

neuen Berufsegmenten: Ärzte, Lehrer, Polizisten.<br />

Die Corona-Pandemie hat bei vielen Menschen das Risikobewusstsein<br />

verschärft: Vor allem Ärzte, Lehrer und Polizisten beschäftigten<br />

sich während des Lockdowns mit der Frage, wie die Familie im Fall<br />

des eigenen Todes finanziell abzusichern ist. Das schlug sich im Abschluss<br />

der Risikolebensversicherungen nieder – 2020 befand sich<br />

das Neugeschäft im Aufwind. Bei den über Check24 abgewickelten<br />

RLV erhöhte sich im Vergleich zum Vorjahr die durchschnittliche<br />

Versicherungssumme um acht Prozent.<br />

Foto: iStock / Pradeep Thomas Thundiyil<br />

NUR WENIGE BESCHWERDEN ÜBER VERMITTLER<br />

Versicherungskunden waren 2020 zufrieden mit der Beratung.<br />

Foto: iStock / Inside Creative House<br />

Die Zahl der Beschwerden über Vermittler ist im Corona-Jahr 2020 nur mäßig gestiegen. Im<br />

Vergleich zum Vorjahr registrierte die Schlichtungsstelle des Versicherungsombudsmanns 14<br />

Prozent mehr Beschwerden als im Vorjahr, damit ist die Zahl in etwa auf dem niedrigen Niveau<br />

der vergangenen Jahre geblieben. Dabei war ein Großteil der eingegangenen Beschwerden,<br />

die 2020 beendet wurden, sogar unzulässig: Von den 283 bearbeiteten Vermittler-Beschwerden<br />

traf dies auf knapp zwei Drittel (63,3 Prozent) zu. Die Gründe: Die Beschwerden standen<br />

in keinerlei Zusammenhang mit der Vermittlung, betrafen den Bereich PKV, oder die Streitigkeit<br />

war bereits beigelegt. Nur knapp ein Drittel der Beschwerden gegen Vermittler war 2020<br />

zulässig.<br />

62<br />

<strong>procontra</strong> <strong>03</strong>|21


Berater BUSCHFUNK<br />

Maxpool: Neues Unterstützungsprogramm für<br />

Makler mit Hinterbliebenenschutz<br />

Maxpool hat ein umfassendes Betreuungs- und Unterstützungsprogramm<br />

für angeschlossene Makler gestartet: In<br />

„maxLife“ sind Schutz-, Vorsorge- und Unterstützungsmaßnahmen<br />

enthalten, beispielsweise eine Maklerrente,<br />

ein Mehrwerteprogramm und ein Rechtsberatungspaket.<br />

Neu ist auch ein spezieller Hinterbliebenenschutz.<br />

Haftungsfalle<br />

Direktversicherer<br />

STEPHAN MICHAELIS<br />

Fachanwalt für Versicherungsrecht<br />

Fonds Finanz: Neuer Abteilungsleiter für Digital<br />

& New Business Solutions<br />

Deutschlands größter Maklerpool Fonds Finanz hat den<br />

Vertriebsexperten Konrad Höfer zum Abteilungsleiter des<br />

neu geschaffenen Bereichs Digital & New Business Solutions<br />

ernannt. Der Bereich beschäftigt sich vor allem mit<br />

der Digitalisierung sowie neuen Geschäftsansätzen.<br />

pduk: Onlinerechner für U-Kassenkonzepte<br />

Einen kostenlosen Online-Liquiditätsrechner bietet ab sofort<br />

der Bundesverband pauschaldotierte Unterstützungskassen<br />

(pduk) an. Das Tool ist für Unternehmen sowie<br />

Steuer- und Unternehmensberatungen zur Berechnung<br />

von U-Kassenkonzepten gedacht. Nach Eingabe diverser<br />

Parameter können in Sekundenschnelle selbst für Unternehmen<br />

mit 10.000 Mitarbeitern die Auswirkungen eines<br />

komplexen Versorgungswerks durchkalkuliert werden.<br />

DAV: Wechsel an der Aktuar-Spitze<br />

Dr. Herbert Schneidemann (Foto) ist neuer Vorsitzender<br />

der Deutschen Aktuarvereinigung (DAV). In dieser<br />

Position folgt er turnusgemäß auf Dr. Guido Bader, der dem<br />

Vorstand als Past President weiterhin angehören wird. Als<br />

Vorsitzender will Schneidemann den Bekanntheitsgrad<br />

des Aktuarberufs nach angelsächsischem Vorbild steigern,<br />

zudem solle sich die DAV künftig stärker in politische<br />

Debatten einbringen.<br />

ING: Digitale Anlageberatung gestartet<br />

Die neu eingeführte „Komfort-Anlage“ der ING Deutschland<br />

soll bei der Suche nach der passenden Wertpapieranlage<br />

digital unterstützen. Dabei durchlaufen Bestandskunden<br />

online eine Beratungsstrecke und erhalten einen<br />

Anlagevorschlag aus einem von sieben nachhaltigen ING-<br />

Fonds. Beratung, ING Komfort-Depot und Transaktionen<br />

sind kostenlos. Über den Vorschlag entscheiden Kriterien<br />

wie Anlagehorizont oder Risikobereitschaft.<br />

blau direkt: Zweite Auflage der Importfibel<br />

für Versicherungsmakler<br />

Die Importfibel für Versicherungsmakler von blau direkt<br />

ist nun in zweiter Auflage erschienen. Damit wurde das<br />

Standardwerk zur Datenmigration aktualisiert und der<br />

Datenbeschaffungsweg für über 100 Versicherungsunternehmen<br />

verfeinert. Die Fibel zeigt, wie Daten einfach und<br />

schnell in neue Verwaltungssysteme migriert werden.<br />

Hat das Landgericht Konstanz im Urteil vom 21. Januar<br />

<strong>2021</strong> (Aktenzeichen Me 4 O 90/19) wirklich recht?<br />

Ein Versicherungsmakler hatte bei einer Beratung<br />

für den Versicherungsschutz des Wohnwagens<br />

zur Vollkaskoversicherung keine Direktversicherer<br />

berücksichtigt. Aufgrund der preislichen Angebote<br />

hatte sich der Kunde dann nur für eine Teilkaskoversicherung<br />

entschieden. Der dann eingetretene<br />

Versicherungsfall wäre aber nur über die Vollkaskoversicherung<br />

gedeckt gewesen. Nun argumentiert<br />

der Kunde, dass er bei der günstigen Prämie des<br />

Direktversicherers die Vollkasko genommen hätte.<br />

Der Makler habe ihn aber nicht auf diese günstige<br />

Möglichkeit hingewiesen.<br />

Das LG Konstanz hat den Versicherungsmakler zum<br />

Schadensersatz des (nicht versicherten) Vollkaskoschadens<br />

verurteilt. Nach der richterlichen<br />

Einschätzung hätte der Versicherungsmakler bei<br />

der Beratung darauf hinweisen müssen, dass er<br />

keine Direktversicherer in seine Beratungsgrundlage<br />

(vergleiche Paragraf 60 VVG) einbezieht. Es sei auch<br />

nicht ausreichend, dass dieser Hinweis im Maklervertrag<br />

gestanden habe.<br />

Tipp: Um auf Nummer sicher zu gehen, kann ich<br />

jedem Versicherungsmakler*in nur empfehlen,<br />

eine solche Regelung ausdrücklich im Rahmen der<br />

Beratungsdokumentation bei der Beratung mit dem<br />

Kunden zu besprechen und zu dokumentieren. So<br />

jedenfalls auch die Vorstellung des Landgerichts<br />

Konstanz.<br />

Aus meiner Sicht überspannt das Gericht die Beratungspflichten<br />

des Versicherungsmaklers. Es ist<br />

meines Erachtens richtig und ausreichend, wenn<br />

der Versicherungsmakler schon in seinem Versicherungsmaklervertrag<br />

deutlich und hervorgehoben<br />

darauf hinweist, dass er keine Direktversicherer in<br />

seine Beratungsgrundlage einbezieht, sondern nur<br />

Produktgeber, die eine übliche Courtage zahlen.<br />

<strong>procontra</strong> <strong>03</strong>|21<br />

63


BERATER So ist’s Recht!<br />

SO IST’S<br />

RECHT!<br />

Relevante Urteile,<br />

die Makler kennen sollten<br />

– TEXT: ANNE MAREILE WALTER –<br />

Arbeitsunfall<br />

DER BUS ALS »WAFFE GEGEN RADFAHRER«<br />

Wenn ein Busfahrer seinen Bus als „Waffe gegen einen Radfahrer“ einsetzt und in der Folge bei einer<br />

Prügelei schwer verletzt wird, verlässt er „den Boden der versicherten Tätigkeit“. Nach einem Urteil<br />

des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen handelt es sich hier nicht um einen Arbeitsunfall. Der<br />

Hintergrund: Wegen einer Frau mit Kinderwagen hatte ein Busfahrer in Aachen einen 20-jährigen<br />

Radfahrer kurz nach dem Einsteigen wieder zum Aussteigen aufgefordert. Daraufhin fuhr er ohne<br />

den Radler weiter, woraufhin dieser eine Schimpftirade losließ. Auf dem weiteren Weg begegneten<br />

sich Busfahrer und Radler erneut, der Busfahrer wollte den Mann ausbremsen, stieg schließlich aus<br />

und es begann eine „wilde Schlägerei“, bei der der Busfahrer schwere Kopfverletzungen erlitt.<br />

Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, L 17 U 626/16<br />

Haftpflicht<br />

BESCHMUTZTE WÄNDE<br />

Arbeitsrecht<br />

BEWUSSTES ANHUSTEN<br />

Ein durchfallkranker, zu Hause eingesperrter<br />

Hund, von Hundekot beschmutzte Wände,<br />

ein in der Folge unbrauchbarer Parkettboden<br />

sowie ein Gesamtschaden von 6.600 Euro:<br />

Mit einem derart „delikaten“ Fall hatte sich<br />

das Oberlandesgericht Bamberg kürzlich zu<br />

beschäftigen. Ein Hundebesitzer hatte Klage<br />

eingereicht, da sich die Tierhaftpflichtversicherung<br />

weigerte, für das Malheur aufzukommen.<br />

Aus Sicht der Richter war in diesem<br />

Fall jedoch der Halter finanziell am Zug, da es<br />

sich bei einer Erkrankung um keine dem Tier<br />

innewohnende Gefahr handle.<br />

Oberlandesgericht Bamberg, 3 U 272/20<br />

»Er radelte los und<br />

dies war in der Folge<br />

schicksalhaft. Beide<br />

Kontrahenten begegneten<br />

sich somit unterwegs.«<br />

LANDESSOZIALGERICHT NORDRHEIN-WESTFALEN<br />

ÜBER DEN TATHERGANG<br />

Eine fristlose Kündigung ist rechtens, wenn ein<br />

Beschäftigter bewusst gegen Corona-Hygienevorschriften<br />

seines Arbeitgebers verstößt. Vor<br />

dem Landesarbeitsgericht Düsseldorf hatte ein<br />

Arbeitnehmer gegen seine Kündigung geklagt.<br />

In diesem speziellen Fall war die Klage allerdings<br />

erfolgreich, da die Vorwürfe des Arbeitgebers<br />

nur unzureichend begründet waren. Der<br />

Kläger soll Hygieneregeln, wie Abstandhalten,<br />

ignoriert und einen Kollegen ohne Barriere aus<br />

unmittelbarer Nähe angehustet haben. Dabei<br />

habe er geäußert, dass er hoffe, sein Kollege<br />

werde an Corona erkranken.<br />

LAG Düsseldorf, 3 Sa 646/20<br />

Unfallversicherung<br />

HERZSTILLSTAND NACH BÜRO-STREIT<br />

Krankenversicherung<br />

ANGST VOR HAARVERLUST<br />

Nicht nur ein „plötzliches äußeres Ereignis“ kann zu einem Arbeitsunfall<br />

führen, auch eine Auseinandersetzung mit dem Chef reicht<br />

aus. Zu diesem Schluss kommt das Bundessozialgericht, das über<br />

die Klage einer Bankkauffrau zu entscheiden hatte: Diese war nach<br />

einem Streit mit ihrem Vorgesetzten zusammengebrochen, erlitt<br />

daraufhin einen Herzstillstand und musste vom Notarzt wiederbelebt<br />

werden. Dazu befanden die Kasseler Bundesrichter: Der Unfallbegriff<br />

definiere sich nicht nur über ein außergewöhnliches Ereignis, auch<br />

ein von außen auf den Körper einwirkendes Geschehen reiche für<br />

einen Unfall aus – beispielsweise wenn sich durch die Wahrnehmung<br />

der physische Zustand des Verletzten ändere.<br />

Die Angst, mit zunehmendem Alter eine Glatze zu bekommen, ist gerade unter<br />

Männern weitverbreitet – dabei können die Versuche, mit Tinkturen Abhilfe zu<br />

schaffen, mitunter kostspielig sein. Nachdem seine Kasse die Bezahlung von<br />

Medikamenten zur Förderung des Haarwuchses verweigert hatte, reichte ein<br />

31-Jähriger vor dem Landessozialgericht Darmstadt Klage ein. Konkret ging<br />

es um den Kauf eines speziellen Arthritis-Medikaments, zu dessen Nebenwirkungen<br />

verstärkter Haarwuchs zählt. Der Mann argumentierte vor Gericht,<br />

dass seine Haarlosigkeit zu psychischen Problemen führe. Seine Klage<br />

wurde schließlich zurückgewiesen, da das entsprechende Medikament zur<br />

Behandlung von Haarausfall nicht zugelassen sei. Der Mann könne sich nicht<br />

auf einen Off-Label-Gebrauch berufen, so das Gericht.<br />

Bundessozialgericht, B 2 U 15/19 R<br />

Landessozialgericht Darmstadt, L 1 KR 405/20<br />

64 <strong>procontra</strong> <strong>03</strong>|21


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FINANZEN<br />

1<br />

2<br />

3<br />

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9<br />

10<br />

Das freie Finanzmagazin<br />

{<br />

[Titelthema]<br />

<br />

[Subline]Datenklau.<br />

Betriebsunterbrechung<br />

& digitale.<br />

Erpressung<br />

}<br />

2018<br />

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#<strong>03</strong> | 2018<br />

Juni / Juli 2018<br />

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<strong>procontra</strong> – Das freie Finanzmagazin


BERATER Risikowahrnehmung<br />

»Krisen beeinflussen das<br />

Risikoverhalten«<br />

Wer ist wann bereit, eine Versicherung abzuschließen? Maßgeblich für die Beantwortung<br />

dieser Frage ist das jeweilige Risikoverhalten einer Person. Wovon dieses abhängt und<br />

welchen Einfluss Corona hierauf hat, erklärt Dr. Petra Steinorth.<br />

– TEXT: MARTIN THALER –<br />

<strong>procontra</strong>: Lohnt es sich für Versicherungsvermittler<br />

überhaupt, Kunden mit<br />

einem verhältnismäßig kurzen Zeigefinger<br />

anzusprechen?<br />

Petra Steinorth: Sie spielen auf die Korrelation<br />

an, dass Menschen, deren Zeigefinger<br />

kürzer als ihre Ringfinger sind, zu exzessiver<br />

Risikobereitschaft tendieren – der<br />

Kauf von Versicherungen hingegen aus<br />

unserer Risikoaversion heraus resultiert.<br />

Zu Individuen mit sehr hoher Risikobereitschaft<br />

gibt es allerdings bislang wenig<br />

Forschungsliteratur in Bezug auf Versicherungsnachfrage.<br />

Somit ist es schwer<br />

zu sagen, ob solche Menschen überhaupt<br />

keine Versicherungsprodukte kaufen würden<br />

– allerdings kauft man Versicherungen<br />

ja nicht nur für sich selbst. So kann es sein,<br />

dass manche Menschen zwar hohe Risiken<br />

einzugehen bereit sind und beispielsweise<br />

häufig ins Casino gehen, sich beim Schutz<br />

ihrer Familienangehörigen aber absichern<br />

wollen. Es ist zu beobachten, dass unsere<br />

Risikoneigung nicht immer einheitlich und<br />

konsistent ausfällt, sondern von Lebensbereich<br />

zu Lebensbereich abweichen kann.<br />

<strong>procontra</strong>: Aber wovon hängt es ab, wie<br />

risikobereit wir sind? Sind wir im Hinblick<br />

auf besagte Korrelation zwischen Fingerlänge<br />

und Risikobereitschaft hier nur<br />

„Opfer“ unserer Gene?<br />

Steinorth: Jein. Unsere Bereitschaft, Risiken<br />

einzugehen, ist zum einen genetisch<br />

bedingt, zum anderen aber auch durch unser<br />

Umfeld beeinflusst. So justieren wir bei<br />

Schockereignissen, wie beispielsweise der<br />

Finanzkrise 2007/08, unser Risikoverhal-<br />

PROF. DR. PETRA STEINORTH ist Inhaberin des<br />

Lehrstuhls für Risikomanagement und Versicherungen<br />

an der Universität Hamburg. Ein<br />

Schwerpunkt ihrer Forschungen liegt darauf, wie<br />

Krisen die Risikowahrnehmung beziehungsweise<br />

das Risikoverhalten beeinflussen.<br />

66 <strong>procontra</strong> <strong>03</strong>|21


Risikowahrnehmung BERATER<br />

»Unser Umfeld<br />

beeinflusst unser<br />

Risikoverhalten,<br />

gerade im Bezug zum<br />

Finanz verhalten<br />

beziehungsweise<br />

unserer Altersvorsorge-Bereitschaft.«<br />

zeiten bewusst Anreize, um die Investitionstätigkeit<br />

der Bürger zu steigern. Wenn<br />

die Bürger aber in Krisenzeiten risikoaverser<br />

werden und häufiger auf Investitionen<br />

verzichten, hilft das nicht unbedingt dabei,<br />

die Krise eher hinter sich zu lassen.<br />

<strong>procontra</strong>: Sie haben das ja im Hinblick<br />

auf die Finanzkrise 2008 untersucht. Lässt<br />

sich die steigende Risikoaversion der Menschen<br />

auch in der derzeitigen Corona-Krise<br />

beobachten?<br />

Steinorth: Für Studien und Evidenzen ist<br />

es zu diesem Zeitpunkt natürlich noch<br />

zu früh. Allerdings haben ich und wahrscheinlich<br />

auch viele andere in ihrem<br />

Umfeld beobachten können, dass die Menschen<br />

gestresster wirken. Forschungsergebnisse<br />

zeigen hier klar, dass eine in Mitleidenschaft<br />

gezogene psychische Gesundheit<br />

die Risikoaversion erhöht. Der Einfluss,<br />

den die Corona-Pandemie zum einen auf<br />

die wirtschaftliche Situation, zum anderen<br />

aber auch auf die Volksgesundheit hat,<br />

lässt also erwarten, dass auch die Corona-<br />

Krise einen Einfluss auf das Risikoverhalten<br />

der Deutschen haben wird.<br />

<strong>procontra</strong>: Viele Versicherer haben in den<br />

vergangenen Monaten mitgeteilt, dass<br />

die Menschen mehr Geld für Berufsunfähigkeits-,<br />

Krankenzusatz- und ähnliche<br />

Versicherungen ausgegeben haben – spiegelt<br />

sich hier die steigende Risikoaversion<br />

wider?<br />

Steinorth: Wir sprechen in diesem Zusammenhang<br />

eher von der Risikowahrnehmung<br />

– durch die Corona-Krise ist das<br />

Risiko für viele Menschen plakativer und<br />

somit wahrnehmbarer geworden, zumin-<br />

ten neu, kehren aber nach einiger Zeit zu<br />

einer ähnlichen Risikoeinstellung zurück.<br />

Das spricht ja eher für eine uns inhärente,<br />

genetisch mitgegebene Risikoneigung.<br />

Zugleich gibt es aber auch Ereignisse,<br />

die unser Risikoverhalten dauerhaft und<br />

nachhaltig ändern – beispielsweise die<br />

eigene Hochzeit. Verheiratete Menschen<br />

gelten als risikoaverser als Alleinstehende –<br />

schließlich sorgen sie ja nicht nur für sich,<br />

sondern auch für ihren Partner beziehungsweise<br />

ihre Partnerin oder eine ganze<br />

Familie. Das familiäre Umfeld kann das<br />

eigene Risikoverhalten stark prägen.<br />

<strong>procontra</strong>: Spielen auch andere Bekannte<br />

eine Rolle? Passt man sich an, wenn der<br />

Freundeskreis dazu neigt, mehr beziehungsweise<br />

weniger Risiken einzugehen?<br />

Steinorth: Der sogenannte „Peer-Effect“<br />

spielt auf jeden Fall eine Rolle. In diesem<br />

Zusammenhang hatten wir uns nach der<br />

Wende 1990 angeschaut, welche Auswirkungen<br />

der Zuzug vieler Menschen aus<br />

dem Osten in westdeutsche Kommunen<br />

mit sich brachte – und hier konnten wir<br />

tatsächlich Veränderungen feststellen.<br />

Unser Umfeld beeinflusst nicht nur unsere<br />

Wahrnehmungen und Einstellungen,<br />

sondern eben auch unser Risikoverhalten,<br />

gerade auch im Bezug zu unserem<br />

Finanzverhalten beziehungsweise unserer<br />

Altersvorsorge-Bereitschaft.<br />

<strong>procontra</strong>: Wie äußert sich das konkret?<br />

Steinorth: Das kann sich zum Beispiel im<br />

Arbeitsumfeld widerspiegeln: Wenn in<br />

einer Firma mit umfangreichem bAV-<br />

Angebot das Thema von den Kollegen<br />

beziehungsweise wichtigen Personen in der<br />

Firmenhierarchie häufig angesprochen und<br />

diskutiert wird, erhöht das die Wahrscheinlichkeit,<br />

dass man sich selbst für eine<br />

betriebliche Altersversorgung entscheidet.<br />

<strong>procontra</strong>: Dem Umfeld kommt also eine<br />

große Rolle zu. Welche Rolle spielen<br />

darüber hinaus zeitliche Ereignisse, wie<br />

beispielsweise die Finanzkrise 2008?<br />

Steinorth: Auch Krisen beeinflussen das<br />

individuelle Risikoverhalten. So sind die<br />

Menschen in ökonomischen Krisenzeiten<br />

weit weniger bereit, Risiken einzugehen.<br />

So verstärken sie unter Umständen die<br />

Krisen sogar noch.<br />

<strong>procontra</strong>: Wie das?<br />

Steinorth: Die Steigerung des Investitionsvolumens<br />

ist makroökonomisch betrachtet<br />

ja ein Weg aus einer ökonomischen Krise.<br />

Nicht umsonst setzt die Politik in Krisendest<br />

bestimmte Risiken. Die Gesamtheit<br />

aller Risiken, denen er ausgesetzt ist, kann<br />

der Mensch gar nicht simultan erkennen –<br />

das übersteigt unsere kognitiven Fähigkeiten.<br />

Die Risikowahrnehmung ist folglich<br />

sehr selektiv. Durch die Corona-Krise wurden<br />

nun einige Risiken für die Menschen<br />

präsenter, zugleich stieg die Risikoaversion<br />

der Menschen und damit die Bereitschaft,<br />

für Versicherungsprodukte zu bezahlen.<br />

<strong>procontra</strong>: Die Krise ist somit also auch<br />

Chance?<br />

Steinorth: Es gibt Bereiche, beispielsweise<br />

bei der Pflege oder der Berufsunfähigkeit,<br />

in denen man sich schon aus gesamtökonomischer<br />

Sicht wünschen könnte, dass<br />

die Menschen die in diesen Bereichen<br />

bestehenden Risiken stärker wahrnehmen<br />

würden. Sollte die Versicherungsindustrie<br />

die sich hier bietende Chance allerdings<br />

dazu nutzen, den Menschen mehr Handyversicherungen<br />

zu verkaufen, würde<br />

dieses Verhalten politisch sicherlich nicht<br />

goutiert werden und sich mittelfristig auch<br />

negativ auf die Reputation der Versicherer<br />

auswirken.<br />

<strong>procontra</strong>: In Krisenzeiten scheuen die<br />

Menschen eher das Risiko, gleichzeitig<br />

zwingt das Niedrigzinsumfeld die Menschen<br />

dazu, mehr Risiken einzugehen,<br />

um noch eine Aussicht auf einträgliche<br />

Rendite zu haben. Wird das letztlich zum<br />

Problem?<br />

Steinorth: Nicht unbedingt. Risikoaversion<br />

bedeutet ja nicht, dass der- oder diejenige<br />

überhaupt keine Risiken eingeht. Es bedeutet<br />

lediglich, dass das Risiko entsprechend<br />

kompensiert werden muss. Im Fall von<br />

Finanzanlagen wäre die Kompensation die<br />

Überrendite. Bei der Wahl zwischen einer<br />

sicheren und einer riskanten Geldanlage<br />

können sich auch risikoaverse Menschen<br />

für zweite entscheiden, wenn diese eine<br />

entsprechende Überrendite bietet. Steigt<br />

die Risikoaversion an, muss entsprechend<br />

auch die Überrendite wachsen, damit sich<br />

der Anleger oder die Anlegerin für dieses<br />

Investment entscheidet.<br />

Zugleich haben wir ja momentan die<br />

Situation, dass die als sicher geltenden<br />

Anlagen aufgrund der niedrigen Zinsen<br />

weniger attraktiv werden. Das kann also<br />

bei gleicher Risikoaversion des Anlegers<br />

beziehungsweise der Anlegerin dazu führen,<br />

dass diese sich für die risikoreichere<br />

Variante ausspricht. Demzufolge würde ich<br />

hier nicht von einem Problem sprechen.<br />

<strong>procontra</strong> <strong>03</strong>|21<br />

67


BERATER Vermittlerkartei<br />

AVAD: FAIR ODER<br />

REFORMBEDÜRFTIG?<br />

Die AVAD soll die Versicherungsbranche vor schwarzen Schafen schützen.<br />

Aber stellt sie dabei auch unschuldige Vermittler an den Pranger?<br />

– TEXT: FLORIAN BURGHARDT –<br />

Jahr für Jahr geraten Versicherungsvermittler<br />

in den Clinch mit der AVAD. Ob nun die<br />

Courtagevereinbarung mit einem Versicherungsmakler<br />

aufgelöst wird oder ein Vertreter<br />

seine bisherige Gesellschaft verlässt<br />

– die Auskunftsstelle über Versicherungs-/<br />

Bausparkassenaußendienst und Versicherungsmakler<br />

in Deutschland e. V. dokumentiert<br />

all diese Beendigungen einer<br />

Zusammenarbeit. Dabei werden von den<br />

Produktgebern zu manchen Vermittlern<br />

auch Negativmerkmale, wie zum Beispiel<br />

ungeordnete Vermögensverhältnisse oder<br />

gar Betrugsvorwürfe, übermittelt, die den<br />

Betroffenen das berufliche Fortkommen<br />

deutlich erschweren können.<br />

„Sowohl der unmittelbar einem Versicherer<br />

unterstellte Vertreter als auch der<br />

über seine Courtagezusage von diesem<br />

mittelbar abhängige Makler muss einen<br />

solchen AVAD-Eintrag fürchten, da somit<br />

ein Vertriebsvertrag-Partner es in der Hand<br />

hat, vermeidliche Negativtatsachen zu kolportieren.<br />

Dies muss für jeden Berater, dessen<br />

Hauptkapital das Vertrauen darstellt,<br />

ein Albtraum sein“, so die Einschätzung<br />

von Rechtsanwalt Oliver Timmermann<br />

68 Illustration: Roman Kulon


Vermittlerkartei BERATER<br />

von der Kanzlei Michaelis. „Sehr oft“, so<br />

Timmermann, würden deshalb Vermittler<br />

mit negativen AVAD-Auskünften auf die<br />

Hamburger Kanzlei zukommen, die auf<br />

Vermittlerrecht spezialisiert ist. Sie fühlen<br />

sich von den Versicherern zu Unrecht<br />

an den Pranger gestellt. Grund genug für<br />

die <strong>procontra</strong>-Redaktion, um das System<br />

einmal zu durchleuchten und zu erörtern,<br />

ob es reformbedürftig ist oder im Grunde<br />

entscheidend dazu beiträgt, die Qualität<br />

der Vermittlerschaft zu erhöhen, indem es<br />

schwarze Schafe offenbart.<br />

FEHLERHAFTE EINTRÄGE KÖNNEN<br />

GESPERRT WERDEN, ABER ...<br />

Wichtig zu wissen ist beim Blick auf die<br />

AVAD, dass diese von allen Bereichen der<br />

Versicherungsbranche gewollt ist und entsprechend<br />

unterstützt wird. Neben BaFin<br />

und GDV trifft das auch auf Vermittlerverbände<br />

zu. „Versicherung insgesamt<br />

und gerade die Versicherungsvermittlung<br />

basiert auf Vertrauen. Die AVAD ist ein<br />

Instrument, um das Vertrauen in ordnungsgemäß<br />

arbeitende Vermittler aufrechtzuerhalten<br />

beziehungsweise zu fördern“, meint<br />

Dr. Hans-Georg Jenssen. Der geschäftsführende<br />

Vorstand des Bundesverbands Deutscher<br />

Versicherungsmakler (BDVM) sitzt<br />

auch im Vorstand der AVAD, der BDVM ist<br />

Mitgliedsunternehmen. Die IHKs könnten<br />

es laut Jenssen nicht leisten, auch regelmäßig<br />

die Solidität der Vermittler zu kontrollieren.<br />

Dass relativ viele Vermittler durch<br />

ungerechtfertigte negative AVAD-Auskünfte<br />

in ihrem beruflichen Fortkommen beeinträchtigt<br />

würden, glaubt der BDVM-Chef<br />

nicht. Vielmehr würde es nur die treffen,<br />

die wirklich Mist gebaut hätten, so Jenssen<br />

sinngemäß gegenüber <strong>procontra</strong>.<br />

Auch der Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute<br />

(BVK) ist Mitgliedsunternehmen<br />

im AVAD-Verein. Im Hinblick<br />

auf fälschlich angeprangerte Vermittler<br />

erklärt BVK-Vizepräsident Gerald Archangeli:<br />

„Sollte ein Eintrag fehlerhaft sein und<br />

legt der betroffene Vermittler gegen einzelne<br />

Teile der Auskunft einen begründeten Einspruch<br />

entweder beim Unternehmen oder<br />

bei der AVAD ein, so werden diese Teile der<br />

Auskunft bis zur Klärung gesperrt. Sollten<br />

die Einwände des Vermittlers zutreffend<br />

sein, werden sie korrigiert.“<br />

Eine solche Sperrung bleibt für anfragende<br />

Unternehmen allerdings sichtbar.<br />

„Allein der Umstand, dass ein Eintrag ge-<br />

sperrt ist, ist für Branchenkenner, Konkurrenten<br />

und andere Versicherer dann schon<br />

der Hinweis, dass ein negativer Eintrag bestehen<br />

muss“, erläutert Vermittler-Anwalt<br />

Timmermann.<br />

»Dies muss für<br />

jeden Berater, dessen<br />

Hauptkapital das<br />

Vertrauen darstellt,<br />

ein Albtraum sein.«<br />

OLIVER TIMMERMANN, RA KANZLEI MICHAELIS<br />

Kommt es also in manchen Fällen fälschlicherweise<br />

zu negativen Auskünften über<br />

Vermittler? Das wäre für diese natürlich<br />

sehr ärgerlich, sofern es sie in ihrer Karriere<br />

bremst oder es ihnen erschwert, für sich<br />

und gegebenenfalls ihre Familien zu sorgen.<br />

Wiederum würde im Fall einer nicht angezeigten<br />

Sperrung keinerlei Hinweis auf das<br />

Fehlverhalten eines Vermittlers bestehen.<br />

Jenssen ordnet ein: „Unsere Erfahrung ist<br />

vielmehr, dass Versicherer bei einem prospektiven<br />

Vermittler durchaus nachfragen,<br />

warum ein Sperrvermerk vorhanden ist.<br />

Hier kann dann der Vermittler erklären,<br />

aus welchen Gründen seiner Auffassung<br />

nach der Vermerk nicht richtig ist. Sonst<br />

wäre es ja auch nicht zu erklären, warum<br />

trotz derartiger Einträge solche Vermittler<br />

eine neue Anbindung zum Beispiel zu<br />

einem Versicherer erhalten.“ Diese Aussage<br />

des BDVM-Chefs impliziert allerdings, dass<br />

Versicherer negative Auskünfte erstellen,<br />

die sich im Nachhinein als falsch entpuppen<br />

beziehungsweise von den betroffenen<br />

Vermittlern erst ins rechte Licht gerückt<br />

werden müssen.<br />

VERMITTLER-EINSPRÜCHE FÜHREN<br />

ZUR KORREKTUR<br />

Laut AVAD-Geschäftsführer Stefan<br />

Schwarz sind 2020 insgesamt 43.121 Auskünfte<br />

erstellt worden. Davon hätten 2.770<br />

Negativmerkmale enthalten. Viele davon<br />

seien aber durch negative Salden, beispielsweise<br />

auf den Provisionskonten, entstanden<br />

und schnell geklärt worden. Das seien<br />

dann keine Negativmeldungen im engeren<br />

Sinne, so Schwarz. In 128 Fällen sei Einspruch<br />

eingelegt worden, wobei im Regelfall<br />

jeder Einspruch zu einer Sperrung führe.<br />

Im Frühjahr <strong>2021</strong> seien noch 48 dieser<br />

Einsprüche aktiv gewesen. „Die restlichen<br />

80 haben sich erledigt. Erledigung heißt<br />

aber keinesfalls nur, dass die Einsprüche<br />

immer begründet waren und die Auskünfte<br />

von den Unternehmen korrigiert werden<br />

mussten. Es kann auch schlicht bedeuten,<br />

dass der Einspruch verworfen wurde, weil<br />

das meldende Unternehmen die bestrittene<br />

Behauptung beweisen konnte“, erklärt<br />

Schwarz.<br />

Unter dem Strich leistet die AVAD offensichtlich<br />

einen wichtigen Beitrag dazu, die<br />

Branche von schwarzen Schafen zu befreien.<br />

Dabei kommt es aber offenbar auch zu<br />

einzelnen Falschmeldungen, die Vermittler<br />

in ihrem beruflichen Fortkommen hindern<br />

und sich anschließend nur mühsam wieder<br />

geradebiegen lassen. Diese in Zukunft<br />

komplett zu vermeiden, würde das System<br />

AVAD auf jeden Fall noch besser machen.<br />

PRO<br />

Schützt Kunden und<br />

Anbieter<br />

Liegt meistens<br />

richtig<br />

Volle Unterstützung<br />

durch die Branche<br />

AVAD-SYSTEM:<br />

FAIR, WIE ES IST?<br />

CONTRA<br />

Manchmal auch<br />

Unschuldige betroffen<br />

Sperrungen bleiben<br />

sichtbar<br />

Bis zur Korrektur<br />

kann viel Zeit<br />

vergehen<br />

<strong>procontra</strong> <strong>03</strong>|21<br />

69


BERATER Maklerrenten<br />

DIE (MAKLER)RENTE IST SICHER<br />

Viele Makler möchten ihren Bestand versilbern. Statt einmal den Preis zu kassieren, sind auch<br />

regelmäßige Einnahmen eine Option. Ein Vergleich der Angebote gestaltet sich schwierig.<br />

– TEXT: STEFAN TERLIESNER –<br />

Viele Makler nähern sich dem Ruhestand.<br />

Doch wie lässt sich der Bestand an Versicherungs-<br />

und Finanzverträgen versilbern,<br />

schließlich fließen hieraus ja noch laufende<br />

Vergütungen auf das Konto des Maklers?<br />

Statt eines einmaligen Verkaufspreises kann<br />

eine monatliche Rente sinnvoll sein.<br />

Dafür bieten verschiedene Maklerpools<br />

schon seit Längerem sogenannte Maklerrenten<br />

an. Das Prinzip ist einfach: Dem Bestandswert<br />

entsprechend erhält der Makler<br />

eine monatliche Rentenzahlung. Relativ<br />

ZUWACHS STATT ABRIEB?<br />

Eine Alternative sei die planbare Rente in<br />

Höhe von 90 Prozent der laufenden Bestandscourtage<br />

mit reaktiver Bestandsbetreuung.<br />

In diesem Modell sei jedoch mit<br />

Abrieb zu rechnen, somit werde sich die<br />

Rente über die Laufzeit verringern. Die Taneu<br />

in Sachen Maklerrente ist Maxpool<br />

unterwegs. Der Pool bietet jetzt Modelle,<br />

mit denen Versicherungs- und Finanzmakler<br />

ihren Bestand verkaufen und vor allem<br />

verrenten können. „Wir empfehlen eine<br />

chancenorientierte Rente“, heißt es in einer<br />

Mitteilung des Maklerpools. Hier erhalte<br />

der Vermittler 70 Prozent der laufenden<br />

Bestandscourtage inklusive Hinterbliebenenschutz.<br />

Im Gegenzug für den Abschlag<br />

kümmere sich Maxpool aktiv um die<br />

Betreuung des Bestands. Das sorge da-<br />

für, „dass die Rente Jahr für Jahr steigt“,<br />

wird die Prokuristin Cigdem Gin, die die<br />

Maklerrente verantwortet, in der Mitteilung<br />

zitiert.<br />

70 Illustration: Eleonora Mavromati


Maklerrenten BERATER<br />

belle „Abrieb oder Zuwachs“ zeigt beide<br />

Modelle auf Basis einer Bestandsprovision<br />

in Höhe von 50.000 Euro. Gibt man diesen<br />

Betrag in den Rentenrechner von ein,<br />

kommt keine Monats- oder Jahresrente<br />

heraus, sondern eine Rentenprojektion für<br />

die nächsten 15 Jahre: 793.012 Euro chancenorientierte<br />

Rente oder 533.620 planbare<br />

Rente. Tatsächlich werde die Rente<br />

lebenslang gezahlt, heißt es bei Maxpool.<br />

Auch ein Sofortverkauf sei möglich. Für<br />

diesen Fall liefert der Rechner eine einmalige<br />

Kaufpreiszahlung für den Makler von<br />

125.000 Euro.<br />

Zumindest beim Einmalpreis liegt Maxpool<br />

auf einer Linie mit dem, was andere Bestandskäufer<br />

als Orientierungsgröße häufig<br />

nennen: maximal das Zwei- bis Zweieinhalbfache<br />

der Jahrescourtage. Der Versicherungsökonom<br />

Matthias Beenken von<br />

der Fachhochschule Dortmund hat in einer<br />

Studie mit den Versicherungsforen Leipzig<br />

aus dem Jahr 2018 im Durchschnitt einen<br />

realisierten Verkaufspreis vom 1,8-Fachen<br />

der Jahrescourtage in der Schaden-/Unfallversicherung<br />

und vom 1,2-Fachen der Jahrescourtage<br />

für Kfz-Policen ermittelt. „Lebens-<br />

und Krankenversicherungen bringen<br />

kaum eine laufende Courtage und wurden<br />

daher oft gar nicht erst mitverkauft oder<br />

nicht besonders vergütet“, berichtete der<br />

Professor auf Anfrage.<br />

UNTERSCHIEDLICHE ANNAHMEN<br />

Ob das Rentenmodell von Maxpool attraktiv<br />

ist, lässt sich von außen kaum beurteilen.<br />

Der Pool selbst spricht von „sorgsam<br />

ausgearbeiteten Modellen zur Alterssicherung“.<br />

Ein Vergleich mit anderen Maklerrenten<br />

ist kaum möglich, da alle von unterschiedlichen<br />

Annahmen ausgehen. Für<br />

einen konkreten Musterfall fragte <strong>procontra</strong><br />

bei fünf Anbietern von Maklerrenten<br />

nach. Nur drei antworteten; allerdings so,<br />

dass die Ergebnisse dann doch nicht vergleichbar<br />

waren.<br />

Wie schwierig Vergleiche sind, zeigt bereits<br />

folgendes Kriterium: Maxpool unterstellt<br />

einen Abrieb von 3 Prozent beziehungsweise<br />

traut sich einen Zuwachs von<br />

3 Prozent bei aktiver Pflege zu, blau direkt<br />

nennt einen Abrieb durch Bestandsverlust<br />

von „unter 3 Prozent“, Policen Direkt setzt<br />

einen Abrieb von 1,5 Prozent an und Finanz<br />

Zirkel hat eigenen Aussagen zufolge<br />

bisher keinen Abrieb festgestellt, weil durch<br />

die Außendienstbetreuung Neugeschäft<br />

43.650<br />

36.050<br />

MAKLER HAT DIE WAHL: ABRIEB ODER ZUWACHS?<br />

Break-even nach fünf Jahren<br />

42.341<br />

37.132<br />

produziert worden sei und der jeweilige<br />

Maklerrentner 50 Prozent davon erhalten<br />

habe. Zudem übernehme Finanz Zirkel alle<br />

Bestände, also Versicherungs- und Investmentverträge.<br />

Ebenso führe man Servicegebühren<br />

weiter. Es ergebe keinen Sinn, wenn<br />

die aufnehmende Gesellschaft nur einen<br />

Teil übernimmt und der Makler den Rest<br />

immer noch selbst klären muss, hieß es bei<br />

Finanz Zirkel.<br />

»Ein Makler rechnet<br />

sich die Welt fast immer<br />

utopisch schön.«<br />

ANDREAS GRIMM, RESULTATE INSTITUT<br />

41.070<br />

1. JAHR 2. JAHR 3. JAHR 4. JAHR 5. JAHR<br />

Philipp Kanschik, Geschäftsführer von Policen<br />

Direkt, erklärt: „Zur Minimierung<br />

des Bestandsabriebs und zur Beschleunigung<br />

der Übertragung unterstützen wir den<br />

Versicherungsmakler aktiv bei der strukturierten<br />

Datenaufbereitung, der Prüfung der<br />

Übertragbarkeit und kontaktieren für ihn<br />

die Versicherungsgesellschaften, um die Bestandsübertragung<br />

anzuzeigen.“ Und weiter:<br />

„Denn schließlich wird am Ende nur<br />

vergütet, was tatsächlich an Verträgen auf<br />

den Käufer übertragen wurde.“ Hierzu hat<br />

Andreas Grimm, Geschäftsführer des Re-<br />

38.245<br />

LAUFENDE BESTANDSPROVISION 50.000 EURO P. A.<br />

90 % Rente mit 3 % Abrieb p. a. in Euro 70 % Rente mit 3 % Zuwachs p. a. in Euro<br />

39.838 39.393<br />

38.643 40.575<br />

Quelle: Maxpool<br />

sultate Instituts für Unternehmensanalysen<br />

und Bewertungsverfahren, einen Tipp: „Ein<br />

gut gepflegter Bestand ist in großen Teilen<br />

immer auch kurzfristig übertragbar, auch<br />

wenn manchmal etwas komplizierte Konstrukte<br />

gewählt werden müssen, um die<br />

Übertragbarkeit sicherzustellen.“<br />

»NETTE SPIELZEUGE«<br />

Von Onlinerechnern hält Grimm nicht<br />

viel. „Das sind alles nette Spielzeuge.“ Ein<br />

Makler „rechnet sich die Welt fast immer<br />

utopisch schön“. Auch sieht Grimm ein Risiko,<br />

„dass der Bestandskäufer irgendwann<br />

die Rentenzahlungspflicht zu umgehen versuchen<br />

wird“. Das sei „aus kaufmännischer<br />

Sicht“ eine logische Konsequenz: Wenn ein<br />

Käufer dauerhaft zwischen 70 und 100<br />

Prozent der Maklervergütung abgibt und<br />

sich selbst in die Rolle des Maklers begibt,<br />

müsse die Kalkulation fast schon zu aggressiv<br />

sein.<br />

Das Hintertürchen der Anbieter sei in<br />

diesem Fall die Anpassung ihres Provisionstableaus,<br />

weil die Rentenzahlungen auf<br />

das jeweils gültige Tableau ausgerichtet<br />

seien. Tableau angepasst, und schon passe<br />

die Marge für den Käufer wieder.<br />

Kurzum: Ob Bestandsverkauf oder Bestandsverrentung,<br />

ein Makler sollte beides<br />

gut vorbereiten, verfügbare Angebote so<br />

gut es geht vergleichen und in dieser Angelegenheit<br />

auch mal selbst die Beratung<br />

durch einen Profi in Anspruch nehmen.<br />

<strong>procontra</strong> <strong>03</strong>|21<br />

71


BUSCHFUNK Sachwerte<br />

SACHWERTE<br />

BUND VERBIETET BLINDPOOLS<br />

Neues Gesetz soll Anleger am grauen Kapitalmarkt<br />

besser schützen.<br />

Der Bund hat mit dem Gesetz „zur weiteren Stärkung des Anlegerschutzes“ sogenannte<br />

Blindpools verboten. Dadurch sollen Anleger künftig vor zweifelhaften<br />

Kapitalmarkt-Investments geschützt werden. Das Investieren in Vermögensanlagen<br />

oder geschlossene Fonds, bei denen bei Prospekterstellung die konkreten Anlageobjekte<br />

noch nicht feststehen, ist nun nicht mehr möglich. Das Verbot umfasst auch<br />

„Semi-Blindpools“, bei denen zwar die Zielbranche, aber nicht das Anlageobjekt feststeht.<br />

Nur noch beaufsichtigte Berater und Vermittler dürfen entsprechende Vermögensanlagen<br />

vertreiben. Aus Sicht der Bundesarbeitsgemeinschaft mittelständischer<br />

Investmentpartner gefährdet das Verbot sinnvolle Investitionen in volkswirtschaftlich<br />

relevante Sachwerte wie erneuerbare Energien, Wohnungsbau und Logistik.<br />

Foto: iStock / Onurdongel<br />

BESTANDSIMMOBILIEN IMMER BELIEBTER<br />

Neuer Trend am Markt: Zweistellige Preiszuwächse<br />

bei gebrauchten Eigentumswohnungen erwartet<br />

Foto: iStock / Princigalli<br />

Die Nachfrage nach Bestandsimmobilien steigt rasant: Nach einer<br />

aktuellen Analyse von ImmoScout24 werden im laufenden Jahr in<br />

diesem Segment zweistellige Preiszuwächse erwartet. Anders ist<br />

die Situation bei den Neubauten – hier nahm die Nachfrage kaum zu.<br />

Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum legten die Preise für Bestands-<br />

Eigentumswohnungen im ersten Quartal <strong>2021</strong> um 12,7 Prozent zu. In<br />

die Jahre gekommene Domizile werden zunehmend attraktiver, da<br />

neue Immobilien im Schnitt rund 1.200 Euro mehr kosten.<br />

IMMOBILIENHÄNDLER SETZEN AUF NON-FUNGIBLE TOKEN<br />

Nach dem Boom der Krypto-Kunst erobern NFTs neue Märkte.<br />

Der Handel mit Non-Fungible Token (NFTs) wird immer beliebter: Ein Werk des Digitalkünstlers<br />

Beeple wurde nun für 69 Millionen US-Dollar versteigert. Damit war die Foto-Collage „Everydays“<br />

das erste vollständig digitale Kunstwerk, das bei einer Auktion den Besitzer wechselte.<br />

Auch Immobilienhändler setzen immer mehr auf die Digitalzertifikate NFTs. In Kalifornien bot<br />

der Immobilienmakler Shane Dulgeroff ein digitales, durch NFT abgesichertes Kunstwerk zur<br />

Versteigerung. Das Besondere daran: Der Käufer sollte das auf dem Werk abgebildete Haus<br />

obendrauf, als Dreingabe, erhalten. Das Interesse war jedoch verhalten: Es wurde kein Mindestangebot<br />

abgegeben. Mit den digital erzeugten Echtheitszertifikaten Non-Fungible Token<br />

sollen Originalität und Einmaligkeit eines Objekts garantiert werden.<br />

Quelle: wikipedia<br />

72<br />

<strong>procontra</strong> <strong>03</strong>|21


Sachwerte BUSCHFUNK<br />

Signa und DWS: Berliner Bürokomplex geht in<br />

Immobilien-Publikumsfonds über<br />

Für 350 Millionen Euro haben Signa Real Estate und DWS<br />

die Büroimmobilie Up! am Berliner Ostbahnhof erworben,<br />

die damit in den DWS-Immobilien-Publikumsfonds grundbesitz<br />

europa übergeht. Das Up! ist die 100. Fonds-Immobilie<br />

und das volumenmäßig größte Objekt in Deutschland.<br />

Paribus: Investments in Bürogebäude möglich<br />

Die Paribus Kapitalverwaltungsgesellschaft mbH startet<br />

den Vertrieb ihres geschlossenen Publikums-AIF Paribus<br />

Bezirksrathaus Köln: Anleger können sich nun an einem<br />

Büro- und Verwaltungsgebäude beteiligen, das langfristig<br />

an die Stadt Köln vermietet ist. Die prognostizierten Auszahlungen<br />

liegen fast durchgehend bei 3,75 bis 4 Prozent<br />

jährlich.<br />

Verifort Capital: Interne ESG-Strategie<br />

Der Tübinger Immobilienfondsmanager Verifort Capital<br />

hat eine Strategie mit konkreten Selbstverpflichtungen<br />

entwickelt, mit der Nachhaltigkeitsaspekte im Unternehmen<br />

umgesetzt und das Handeln transparenter gemacht<br />

werden sollen. Zu den ESG-Zielen zählen Maßnahmen wie<br />

die Reduzierung des mobilitätsbedingten CO 2<br />

-Ausstoßes<br />

sowie eine regelmäßige Prüfung interner Prozesse.<br />

BVT Holding: Neuer Private-Equity-Fonds<br />

Die BVT Holding bringt einen neuen Private-Equity-Fonds<br />

auf den Markt und setzt damit die Serie ihrer Private-<br />

Equity-Dachfonds fort. Die geschlossenen Spezial-AIFs<br />

bündeln die aktuellen Private-Equity-Investments aller<br />

BVT-Multi-Asset-Fonds in einem Investmentpool, der auch<br />

professionellen und semiprofessionellen Drittanlegern<br />

offensteht. Geplant ist eine mittelbare Beteiligung an<br />

40 Zielunternehmen.<br />

Exporo: Neues Angebot zur Verwahrung<br />

digitaler Vermögenswerte<br />

Das Hamburger FinTech-Unternehmen Exporo hat für seine<br />

digitale, Blockchain-basierte Investmentplattform eine<br />

Kooperation mit dem Verwahrer für digitale Wertpapiere<br />

und Kryptowährungen Tangany abgeschlossen. Anleger<br />

können ihre digitalen Vermögenswerte jetzt kostenlos bei<br />

Exporo verwahren. Dafür wird eine maßgeschneiderte<br />

Blockchain-Infrastruktur von Tangany genutzt.<br />

JLL: Neue Köpfe an „Smart Leasing“-Spitze<br />

Zum 1. Juli wechselt Martin Feltes vom E-Commerce-Startup<br />

„Flaschenpost“ zum Immobilienberatungsunternehmen<br />

JLL. Dort wird er als Head den neu geschaffenen<br />

Bereich „Smart Leasing“ strategisch aufbauen. Zeitgleich<br />

mit Feltes übernimmt Katharina Stumpf die operative<br />

Teamleitung des neuen Sektors. Mit „Smart Leasing“<br />

schafft JLL eine Plattform, die Dienstleistungen im Bereich<br />

schnellerer, kleinvolumiger Vermietungen bündeln soll.<br />

Foto: iStock / Haveseen<br />

Foto: iStock / deepblue4you<br />

Foto: iStock / kontrast-fotodesign<br />

Foto: iStock / Jan-Otto<br />

ETW: Mensch oder<br />

Maschine?<br />

HELEN LINDNER,<br />

JLL Head of Residential Development Germany<br />

Deutschland ist eine Digitalwüste. Das ist oft reklamiert<br />

worden. Zu Recht. Dennoch treibt die Pandemie auch<br />

in der Wüste so manche Digitalisierungsblüte. Denn<br />

Corona wirkt wie ein Brandbeschleuniger auf die große<br />

gesellschaftliche Frage: Wie viel Digitalisierung kann,<br />

darf und wird die Beziehung zwischen Menschen prägen?<br />

Das gilt generell mit Blick auf alle Aktivitäten. Und<br />

speziell auch in der Immobilienbranche beim Verkauf<br />

von Eigentumswohnungen zum Beispiel.<br />

Bereits vor Corona wurden in diesem Segment schon<br />

viele Prozesse digital abgebildet. Bei der Beratung in<br />

Form von Videogesprächen, Wohnungsbesichtigungen<br />

live bei Facebook oder auch bei weltweiten Online-Kundenevents.<br />

Beim Verkauf umfassen digitale Prozesse<br />

etwa datenbasiertes Pricing, virtuelle Bemusterungen<br />

oder 3D-Modelle. Der Einsatz digitaler Tools wurde in der<br />

Pandemie lediglich intensiviert.<br />

Nach der Pandemie, wenn der Kontakt von Mensch zu<br />

Mensch wieder möglich und der Wunsch nach echter<br />

Nähe größer denn je sein wird, ist doch die viel wichtigere<br />

Frage: Soll ein Algorithmus den gesamten Prozess<br />

des Eigentumswohnungskaufs abbilden?<br />

Nein, natürlich nicht. Denn bei der Vermarktung von<br />

Produkten, die für unser Leben essenziell sind, wird<br />

der Mensch immer entscheidend bleiben – ganz gleich<br />

wie fortgeschritten der Digitalisierungsgrad sein mag.<br />

Das gilt besonders für Dienstleistungen rund um die<br />

Immobilie.<br />

Der Kauf einer Immobilie ist eine Lebensentscheidung,<br />

die tief in die Gefühlswelt eingreift: Fühle ich mich<br />

in der Umgebung und in den Räumen wohl? Nur ein<br />

menschlicher Sparringspartner kann diese emotionale<br />

Entscheidung verstehen und – allen verfügbaren digitalen<br />

Tools zum Trotz – einfühlsam die entscheidende<br />

Beratung leisten.<br />

Die menschliche Dienstleistung im Beratungsgeschäft<br />

wird deswegen niemals gänzlich an die künstliche Intelligenz<br />

übergeben werden – anders, als es in anderen<br />

Branchen der Fall sein wird oder heute schon ist.<br />

<strong>procontra</strong> <strong>03</strong>|21<br />

73


SACHWERTE Rohstoffmarkt<br />

»Industriemetalle bieten<br />

keinen Inflationsschutz«<br />

Bei welchem Metall Anleger derzeit enttäuscht werden dürften, welches Element als<br />

Konjunkturbarometer gilt und warum der Hype um Industriemetalle auch Nachteile hat,<br />

erklärt Rohstoffexperte Raphael Scherer von Philoro Edelmetalle.<br />

– TEXT: MARILENA PIESKER –<br />

<strong>procontra</strong>: Industriemetalle galten lange als<br />

Investment für risikoaffine Investoren. Wer<br />

es sicher mag, blieb dem Rohstoffmarkt<br />

fern. Gilt das heute noch?<br />

Raphael Scherer: Rohstoffe und Industriemetalle<br />

sind eine Bereicherung für viele<br />

Portfolios. Es stimmt allerdings, dass sich<br />

ein Investment vor allem für erfahrene<br />

Anleger empfiehlt – heute vielleicht sogar<br />

noch mehr als früher. Jedem Investor sollte<br />

klar sein, dass in diesem Bereich zurzeit<br />

ein radikaler Umbruch stattfindet. Ob<br />

westliche Industrieländer oder China: Alle<br />

wollen ihren CO 2<br />

-Ausstoß reduzieren und<br />

weniger fossile Brennstoffe nutzen. Das<br />

wird logischerweise auch im Rohstoffsektor<br />

viel verändern: Kohle, Rohöl oder<br />

Erdgas verlieren an Bedeutung, andere Industriemetalle<br />

rücken in den Vordergrund.<br />

<strong>procontra</strong>: Welche sind das genau?<br />

Scherer: Man muss kein Experte sein, um<br />

zu erkennen, dass Verbrennungsmotoren<br />

und Katalysatoren es in Zukunft schwer<br />

haben werden. In den meisten Ländern<br />

verändert sich die Wirtschaft hin zu erneuerbarer<br />

Energieerzeugung und E-Mobilität.<br />

Dadurch steigt zum Beispiel der Bedarf an<br />

Silber, etwa für den Bau von Solaranlagen.<br />

Wir benötigen auch mehr Lithium für<br />

Batteriezellen oder Platin für die Synthese<br />

von grünem Wasserstoff.<br />

<strong>procontra</strong>: Die Nachfrage zieht also mit<br />

der Energiewende an?<br />

Scherer: Bei Silber oder Lithium sehe ich<br />

in der Tat großes Potenzial. Bei Platin<br />

bin ich mir allerdings nicht sicher. Hier<br />

könnte die Nachfrage auch zurückgehen<br />

und damit der Preis.<br />

<strong>procontra</strong>: Warum?<br />

Scherer: Es ist längst nicht klar, welche<br />

Technik sich am Ende zum Beispiel in<br />

der Autoindustrie durchsetzt: Wasserstoff<br />

kann der E-Mobilität immer noch<br />

den Rang ablaufen. Aber der eigentliche<br />

Grund, warum sich Platin für Investoren<br />

meiner Meinung nach nicht lohnt, ist,<br />

dass es derzeit schlicht zu viel Platin auf<br />

den Märkten gibt. Das Edelmetall wird<br />

zusammen mit Palladium gefördert – da<br />

Palladium aber sehr viel teurer ist, wird<br />

mehr Platin abgebaut, als die Industrie<br />

aktuell benötigt. Das dürfte das Metall für<br />

Investoren uninteressant machen. Wer jetzt<br />

74 <strong>procontra</strong> <strong>03</strong>|21


Rohstoffmarkt SACHWERTE<br />

noch auf richtige Preissteigerungen bei Platin<br />

setzt, wird wahrscheinlich enttäuscht.<br />

<strong>procontra</strong>: Palladium hat im vergangenen<br />

Jahr einen regelrechten Hype erfahren, der<br />

Preis liegt derzeit bei knapp 2.200 Euro je<br />

Feinunze. Sehen Sie noch weiteres Potenzial?<br />

Scherer: Der Preisanstieg lässt sich vor<br />

allem auf ein Ereignis zurückführen: Ein<br />

eingestürztes Gebäude zwang den größten<br />

Palladium-Hersteller Nornickel dazu,<br />

seine Produktion massiv einzuschränken.<br />

Dadurch ging das weltweite Angebot stark<br />

zurück, die Nachfrage blieb aber gleich,<br />

wenn sie nicht sogar anzog. Das heizte die<br />

Preise ordentlich an. Die Aussichten für<br />

Palladium sind trotzdem insgesamt gut:<br />

Denn derzeit ersetzt die Industrie viele<br />

Prozesse, in denen normalerweise Platin<br />

genutzt wird, mit Palladium.<br />

<strong>procontra</strong>: Auch bei anderen Industriemetallen<br />

sind die Preise zuletzt gestiegen<br />

– obwohl die Corona-Krise längst nicht<br />

überstanden ist. Wie lässt sich das erklären?<br />

Scherer: Ein Grund dürfte die stark wachsende<br />

Nachfrage aus China sein. Trotz<br />

Pandemie wächst die chinesische Industrieproduktion<br />

seit diesem Jahr wieder<br />

rasant. Außerdem gilt die Volksrepublik<br />

als weltweit größter Automobilmarkt, der<br />

sich künftig nachhaltiger ausrichten will:<br />

Angetrieben von staatlichen Investitionen<br />

hat sich die Volksrepublik nämlich längst<br />

zum größten Produzenten von Elektroautos<br />

entwickelt. Nickel, Kupfer und<br />

Lithium – alles Industriemetalle, die man<br />

für E-Fahrzeuge benötigt – haben in China<br />

derzeit Hochkonjunktur.<br />

<strong>procontra</strong>: Und davon können Anleger<br />

profitieren?<br />

Scherer: Ganz so absolut lässt sich das<br />

leider nicht sagen. Für die Entwicklung der<br />

Rohstoffpreise ist die Situation auf dem<br />

Weltmarkt entscheidend. Sicher ist: Sobald<br />

die Konjunktur in den USA und in Europa<br />

wieder anzieht, dürften alle Industriemetalle<br />

davon profitieren. Deshalb müssen<br />

wir uns fragen, wie stark die Nachfrage in<br />

Europa gerade ist – und aus ökonomischer<br />

Sicht tut sich die europäische Wirtschaft,<br />

mit Ausnahme weniger Sektoren wie der<br />

Baubranche, derzeit noch schwer.<br />

<strong>procontra</strong>: Immerhin stärkt die Baubranche<br />

die Nachfrage nach Industriemetallen.<br />

Scherer: Richtig, die Baubranche erholt<br />

sich seit Anfang des Jahres deutlich.<br />

Entsprechend steigen auch die Preise für<br />

Stahl oder Kupfer. Seit März hat sich der<br />

Kupferpreis verdoppelt.<br />

<strong>procontra</strong>: Können Berater den Einstieg in<br />

Kupfer noch empfehlen?<br />

Scherer: Ich denke, schon. Auch wenn<br />

der Preis zuletzt stark gestiegen ist, sehe<br />

ich noch Luft nach oben. Schließlich ist<br />

das Metall unabdingbar für die Industrie.<br />

Außerdem ist Kupfer ein gutes Konjunkturbarometer.<br />

Das bedeutet: Steigt der<br />

Preis, gehen die Märkte in der Regel von<br />

einem wirtschaftlichen Aufschwung aus –<br />

was wiederum die Nachfrage nach Kupfer<br />

befeuert.<br />

<strong>procontra</strong>: Welche Entwicklungen könnten<br />

den Kupferpreis noch treiben?<br />

Scherer: Kupfer wird in großen Mengen<br />

»Wer in Industriemetalle<br />

investiert, hat<br />

andere Interessen als<br />

ein Goldanleger: Er<br />

hofft auf ordentlich<br />

steigende Kurse.«<br />

beim Hausbau verwendet, aber auch in<br />

der Elektronik und in Autos. Vor allem<br />

Elektrofahrzeuge enthalten große Mengen<br />

an Kupfer – dort wird es etwa in Form<br />

von Kabeln oder Rotoren eingesetzt. Auch<br />

bei der Gewinnung erneuerbarer Energien<br />

spielt Kupfer eine Rolle. Zudem war die<br />

Produktion in den Minen im vergangenen<br />

Jahr eingeschränkt, das hat das Angebot<br />

stark geschmälert. Grundsätzlich ist das<br />

natürlich eine schöne Entwicklung, aber<br />

der ganze Hype um Industriemetalle hat<br />

auch einen Nachteil.<br />

<strong>procontra</strong>: Der da wäre?<br />

Scherer: Steigende Rohstoffpreise sind<br />

zwar grundsätzlich erst mal gut für Anleger,<br />

aber sie schüren auch Inflationsängste.<br />

Und das nicht zu Unrecht, denn am Ende<br />

treffen sie die Verbraucher direkt. Erhöhen<br />

Kupferminen aufgrund der Nachfrage die<br />

Preise, sind Kupferkabel am Ende der Lieferkette<br />

auch für Automobilhersteller im<br />

Einkauf teurer – und das geben sie an die<br />

Käufer weiter. Hinzu kommt die expansive<br />

Geldpolitik der Zentralbanken. Derzeit<br />

rechnen viele Anleger mit einem sprunghaften<br />

Anstieg der Inflation und versuchen<br />

sich dagegen abzusichern.<br />

<strong>procontra</strong>: Indem sie auf Edelmetalle wie<br />

Gold setzen?<br />

Scherer: Zum Beispiel. Wer in Industriemetalle<br />

investiert, hat andere Interessen<br />

als ein Goldanleger: Er hofft auf steigende<br />

Kurse. Investoren, die auf Gold setzen,<br />

wollen sich dagegen vorrangig gegen steigende<br />

Verbraucherpreise und Geldentwertung<br />

absichern. Gold erfüllt im Portfolio<br />

somit einen gänzlich anderen Zweck als<br />

Industriemetalle.<br />

Ich persönlich halte Gold auch immer<br />

noch für ein Instrument, um sich gegen<br />

diese Risiken zu schützen. Was als Investment<br />

interessant ist, hängt aber vor allem<br />

von der Intention des Anlegers ab. Letzten<br />

Endes sollten sich Vermittler fragen: Wie<br />

risikobereit ist mein Kunde? Daran sollte<br />

sich entscheiden, ob sie lieber auf Industriemetalle<br />

wie Kupfer oder Lithium setzen<br />

oder in Gold investieren wollen.<br />

<strong>procontra</strong>: Halten Sie Industriemetall-<br />

Investments für spekulativ?<br />

Scherer: Industriemetalle sind grundsätzlich<br />

sehr volatil, also schwankungsanfällig,<br />

denn sie hängen stark von der Konjunktur<br />

ab und bieten definitiv keinen guten Inflationsschutz.<br />

Sie eignen sich nicht dazu,<br />

Risiken zu diversifizieren. Diese Eigenschaften<br />

besitzen vor allem Edelmetalle<br />

wie Gold, Silber oder Platin, die nicht ausschließlich<br />

in der Industrie vorkommen.<br />

<strong>procontra</strong>: Sehen Sie beim Goldpreis noch<br />

Luft nach oben?<br />

Scherer: Definitiv. Zum einen ist mit der<br />

Corona-Krise die Nachfrage nach Gold bei<br />

privaten Anlegern gestiegen und wir, als<br />

Edelmetallhändler, erfahren derzeit keine<br />

Umkehr dieses Trends. Zum anderen ist<br />

durch die Pandemie die Schmuckproduktion<br />

zum Erliegen gekommen – wenn diese<br />

wieder anzieht, werden Nachfrage und<br />

Preis wieder steigen.<br />

<strong>procontra</strong>: Wie sollten Vermittler die Portfolios<br />

der Anleger bestücken?<br />

Scherer: Grundsätzlich ist meine Empfehlung,<br />

10 Prozent eines Portfolios in Edelmetalle<br />

zu investieren. Industriemetalle<br />

sollten lediglich als Beimischung ins Depot.<br />

Wer auf einen baldigen Aufschwung hofft,<br />

kann mit Kupfer, Eisen, Zink oder Lithium<br />

spekulieren.<br />

<strong>procontra</strong> <strong>03</strong>|21<br />

75


SACHWERTE Immobilienkauf<br />

OHNE STARTHILFE KEIN EIGENTUM<br />

Hohe Kaufpreise und Nebenkosten radieren den Vorteil niedriger Zinsen aus.<br />

Ohne Erbschaft platzt der Traum vom Eigenheim oft. Doch auch Makler können etwas tun.<br />

– TEXT: STEFAN TERLIESNER –<br />

76 Illustration: Roman Kulon


Immobilienkauf SACHWERTE<br />

Trotz seit Jahren anhaltender Niedrigzinsphase<br />

wird es für die Menschen immer<br />

schwerer, in privates Wohneigentum zu<br />

investieren. Ohne Erbschaft, Schenkung<br />

oder Privatkredit hätten viele heutige Eigentümer<br />

den Sprung in die eigenen vier<br />

Wände nicht geschafft. Das zeigt eine von<br />

Statista im Auftrag der Interhyp Gruppe<br />

in Deutschland und Österreich durchgeführte<br />

Erhebung unter mehr als 3.300 Immobilienbesitzern.<br />

„Der Wohneigentumserwerb<br />

zählt zu den größten Wünschen.<br />

Gleichzeitig wird der Weg dahin als immer<br />

schwieriger empfunden. Besonders junge<br />

Menschen fällt der Aufbau von Immobilienwerten<br />

ohne private Unterstützung<br />

schwer“, sagt Jörg Utrecht, Chef des Baufinanzierungsvermittlers<br />

Interhyp.<br />

EIGENKAPITAL IST KNAPP<br />

Der Immobilienmarkt in Deutschland sei<br />

von zwei diametralen Entwicklungen geprägt.<br />

Einerseits seien die Zinsen für Hypothekendarlehen<br />

von 2011 bis heute von 4<br />

Prozent auf unter 1 Prozent gefallen – was<br />

Kreditraten und Zinskosten deutlich minimiert.<br />

Anderseits hätten sich die Kaufpreise<br />

für Immobilien besonders in gefragten Lagen<br />

deutlich erhöht. „Die positive Zinseffekte<br />

wiegen für viele Menschen die Preissteigerungen<br />

nicht mehr auf. Laut Erhebung<br />

sind 55 Prozent der Meinung, dass der Kauf<br />

von Häusern und Wohnungen in den letzten<br />

Jahren schwieriger geworden ist“, betont<br />

Utrecht. Vor allem die Kaufnebenkosten<br />

– also Immobilienmaklergebühr, Grunderwerbsteuer<br />

und Notarkosten – stellten<br />

eine enorme Hürde bei der Finanzierung<br />

dar. Der Grund: Gerade die Kaufnebenkosten<br />

würden mehrheitlich mit Eigenkapital<br />

bestrit-ten. In manchen Bundesländern lägen<br />

diese sogenannten „Nebenkosten“ bei<br />

mehr als 10 Prozent. Wie groß das Problem<br />

ist, beschreibt Michael Voigtländer, Leiter<br />

des Kompetenzfelds Finanzmärkte und Immobilienmärkte<br />

beim Institut der deutschen<br />

Wirtschaft Köln (siehe Interview). Rund<br />

30.000 Euro Kaufnebenkosten seien heutzutage<br />

normal. Und Voigtländer ergänzt:<br />

„Die hat kaum jemand.“ In diesem Fall<br />

müsste die Bank 110 Prozent finanzieren,<br />

also einen Kredit für das Eigenheim und<br />

die Kaufnebenkosten gewähren. Das dürfte<br />

in den meisten Fällen utopisch sein. Wohl<br />

nur Beamte mit sicherem Einkommen oder<br />

Menschen mit anderen Sicherheiten leihen<br />

Banken so viel Geld.<br />

Angaben in %<br />

AUF DIESE UNTERSTÜTZUNG SETZEN HAUSKÄUFER<br />

Ich hätte meine Immobilie nicht … erworben. Mehrfachnennungen möglich<br />

36<br />

… ohne<br />

das erhaltene Erbe<br />

DOPPELTES DILEMMA<br />

Laut Interhyp-Chef Utrecht stecken gerade<br />

junge Menschen in einem doppelten Dilemma.<br />

Sie seien von steigenden Kaufpreisen<br />

und Kaufnebenkosten betroffen und<br />

erhielten in der Ansparhase kaum noch<br />

Guthabenzinsen. Ohne finanzielle Unterstützung<br />

von Familie und Freunden hätten<br />

viele Menschen keine Immobilien erwerben<br />

»Die positiven Zinseffekte<br />

wiegen die<br />

Preissteigerungen<br />

nicht mehr auf.«<br />

JÖRG UTRECHT, INTERHYP<br />

können. Besonders die Erben sagen, dass<br />

sie ohne das Erbe nicht hätten kaufen können.<br />

36 Prozent der Befragten gaben dies an<br />

(siehe Grafik).<br />

Laut der Umfrage brauchten 27 Prozent<br />

der unter 39-Jährigen private Quellen zur<br />

Finanzierung ihres Eigenheims. Bei den<br />

über 50-Jährigen seien es 17 Prozent. Weiterer<br />

Nachteil für Familien: Ende März sei<br />

das Baukindergeld vom Staat ausgelaufen.<br />

Utrecht appelliert an den Gesetzgeber, den<br />

Wohneigentumserwerb auch künftig zu unterstützen.<br />

Laut Studie hätten 11 Prozent<br />

der Eigentümer in Deutschland, die eine<br />

Förderung erhalten haben, ihre Immobilie<br />

25<br />

… ohne<br />

die stattgefundene Schenkung<br />

… ohne<br />

den erhaltenen privaten Kredit<br />

Quelle: Interhyp/Statista-Umfrage<br />

ohne staatliche Hilfe nicht erworben. So<br />

ein Befund sollte jeden Versicherungs- und<br />

Finanzmakler elektrisieren: „Da kann ich<br />

doch auch helfen!“ Denn in ihrer Praxis<br />

erleben sie, dass in wohl jedem privaten<br />

Haushalt Potenzial für die Optimierung<br />

der privaten Finanzen schlummert. Dies<br />

gilt umso mehr bei neuen, tendenziell<br />

jungen Kunden, die bisher noch keine Finanzplanung<br />

haben durchführen lassen.<br />

Viele Versicherungspolicen sind halt nicht<br />

bedarfsgerecht; manche sogar überflüssig.<br />

In der Regel findet ein Makler im Bestand<br />

eines Kunden immer Einsparmöglichkeiten;<br />

es sei denn, er hat aktuell bereits alles optimiert.<br />

FINANZEN FRÜHZEITIG PLANEN<br />

Nicht übersehen werden sollte dabei die<br />

Möglichkeit des Krankenkassenwechsels.<br />

Allein der kann zusätzliche Liquidität von<br />

zweihundert bis fünfhundert Euro im Jahr<br />

freilegen. Für die Vermittlung zu einer<br />

günstigeren Kasse, die natürlich von den<br />

Leistungen zum Bedarf des Versicherten<br />

passen muss, bekommt ein Makler eine<br />

Aufwandsentschädigung von der aufnehmenden<br />

Kasse. Die Plattform makleraktiv.<br />

de zum Beispiel unterstützt Vermittler mit<br />

Zulassung gemäß §34d Gewerbeordnung<br />

bei der Auswahl der passenden Kasse. In<br />

Kombination mit „eisernem Sparen“ lässt<br />

sich mit der Zeit zumindest etwas Eigenkapital<br />

für die Nebenkosten ansammeln.<br />

Vor allem aber sollte früh mit der Finanzplanung<br />

anfangen, wer sich den Traum<br />

vom Eigenheim erfüllen möchte. Hie-<br />

23<br />

<strong>procontra</strong> <strong>03</strong>|21<br />

77


SACHWERTE Immobilienkauf<br />

»Nebenkosten sind kaum zu stemmen«<br />

MICHAEL VOIGTLÄNDER, Leiter des Kompetenzfelds Finanzmärkte und Immobilienmärkte beim Institut der deutschen Wirtschaft Köln<br />

<strong>procontra</strong>: Herr Voigtländer, wieso ist die<br />

Wohneigentumsquote in Deutschland deutlich<br />

niedriger als in anderen Ländern?<br />

Michael Voigtländer: Nach dem Zweiten Weltkrieg<br />

setzte die Politik in Deutschland vor allem<br />

auf Sozialwohnungsbau, es entstanden viele<br />

Mietwohnungen. Auch in der Folgezeit haben<br />

wir nie eine so starke Wohneigentumspolitik betrieben<br />

wie andere Länder. Dort waren und sind<br />

die steuerlichen Vorteile größer. Zudem war die<br />

deutsche Mietengesetzgebung lange sehr ausbalanciert,<br />

was die Interessen von Mietern und<br />

Vermietern betrifft. Das hat dazu geführt, dass<br />

der Markt hierzulande relativ konstant geblieben<br />

ist, während Vermieter im Ausland infolge von<br />

Mietstopps und anderen Regelungen teils massenhaft<br />

an Selbstnutzer verkauft haben.<br />

proconta: Wäre ein höherer Anteil an Wohneigentümern<br />

wünschenswert?<br />

Voigtländer: Seit 2010 sind die Zinsen stark<br />

gesunken, wodurch Wohneigentum eigentlich<br />

erschwinglicher geworden ist: Unsere Berechnungen<br />

zeigen, dass man in vielen Städten<br />

aktuell schneller seinen Kredit abbezahlen kann<br />

als 2011. Gleichzeitig hat Wohneigentum in Zeiten<br />

niedriger Zinsen an Bedeutung für die Altersvorsorge<br />

gewonnen. Lebensversicherungen und<br />

betriebliche Altersvorsorgesysteme basieren<br />

sehr stark auf Zinsen, die kaum noch Rendite<br />

bringen. Die entstehende Lücke kann durch<br />

Wohneigentum geschlossen werden. Nicht nur<br />

die Finanzierung ist derzeit günstig, Eigentümer<br />

sparen sich im Alter auch die Miete, und die<br />

Immobilien gewinnen mit der Zeit an Wert.<br />

proconta: Aber Immobilien machen ihre Besitzer<br />

auch immobil.<br />

Voigtländer: Studien zeigen, dass sie am Arbeitsmarkt<br />

unflexibler sind als Mieter, also nicht<br />

dorthin gehen, wo Personal gebraucht wird. Das<br />

hängt in Deutschland auch mit hohen Transaktionskosten<br />

für Immobilien zusammen: Je höher<br />

sie sind, desto schwieriger ist es, Wohneigentum<br />

aufzugeben. In Ländern wie Großbritannien,<br />

Irland und den USA, wo die Kosten geringer<br />

sind, sind Wohneigentümer mobiler.<br />

proconta: Sind die hohen Kaufnebenkosten<br />

generell eine Hürde für Käufer?<br />

Voigtländer: Ja. Diese Kosten sind kaum zu<br />

stemmen für Ersterwerber wie junge Berufstätige<br />

und Familien. Für sie liegt Wohneigentum<br />

schon deshalb in weiter Ferne, weil sie dafür<br />

sehr hohe Ersparnisse bräuchten. In NRW fallen<br />

6,5 Prozent des Kaufpreises an Grunderwerbssteuer<br />

an, dazu kommen 1,5 Prozent für Notar<br />

und Grundbucheintrag, gegebenenfalls noch<br />

ein Makler. Am Ende lande ich also bei mehr als<br />

10 Prozent. Für eine typische Immobilie muss ich<br />

mindestens 250.000 bis 300.000 Euro ausgeben<br />

– und diese 30.000 Euro Kaufnebenkosten,<br />

die dann anfallen, hat kaum jemand.<br />

<strong>procontra</strong>: Sollte die Politik gegensteuern?<br />

Voigtländer: Der Gesetzgeber sollte zumindest<br />

die Ersterwerbssteuer deutlich senken oder<br />

die in anderen Ländern üblichen Freibeträge<br />

einführen.<br />

proconta: Wem würden Sie grundsätzlich einen<br />

Kauf empfehlen, wem ein Mietobjekt?<br />

Voigtländer: Wer lange Zeit an einem Standort<br />

leben möchte, sollte mehr auf Wohneigentum<br />

setzen. Hier ist allerdings ein stabiles – nicht<br />

zwangsläufig ein besonders hohes – Einkommen<br />

Voraussetzung, um einen Kredit zu<br />

bekommen. Wer jedoch häufiger umzieht oder<br />

weiß, dass seine Wohnbedürfnisse sich noch<br />

verändern werden, für den ist eine Mietwohnung<br />

geeigneter.<br />

rauf weist Stefan Kuehl, Geschäftsführer<br />

von Swiss Life Select, gegenüber <strong>procontra</strong><br />

hin. Auch der Finanzdienstleister<br />

habe aktuell mit dem Marktforschern von<br />

YouGov eine Umfrage durchgeführt. Und<br />

erneut lautet das Ergebnis: Oft fehlen die<br />

finanziellen Mittel für einen Immobilienerwerb.<br />

Damit aus dem Wunsch dennoch<br />

Realität wird, sollten Kunde und Berater<br />

gemeinsam so früh wie möglich passgenaue<br />

Maßnahmen entwickeln, meint Kuehl.<br />

EIGENKAPITAL ÜBER DEN KAPITALMARKT<br />

Ein plakatives Beispiel verdeutliche das:<br />

Kauft man einen Fernseher, möchte man<br />

nicht erst an der Kasse feststellen müssen,<br />

dass das Geld nicht ausreicht. Es lohne sich<br />

also, bereits früh damit anzufangen, Eigenkapital<br />

aufzubauen. Auch Sparen und<br />

Konsumverzicht könne man üben. Zahle<br />

eine Kunde zum Beispiel 800 Euro Miete<br />

im Monat und wäre zukünftig bereit, für<br />

eine Immobiliendarlehen 1.000 Euro auszugeben,<br />

könne der Kunde die Differenz<br />

von 200 Euro jetzt schon zum Beispiel in<br />

einen bedarfsgerechten Fondssparplan investieren.<br />

Zum einen baue der Kunde damit Eigenkapital<br />

für später auf und zum anderen<br />

findet er so heraus, ob er im Alltag mit dieser<br />

Rate gut auskommen kann. Wenn dann<br />

eines Tages der Immobilienerwerb konkret<br />

wird, müsse eine passende Finanzierungslösung<br />

gefunden werden. <br />

ERST MAL EIGENKAPITAL AUFBAUEN?<br />

PRO<br />

Ein guter Anlass, die<br />

privaten Finanzen zu<br />

optimieren<br />

Eigenkapital verbessert<br />

die Finanzierungskonditionen<br />

Kredit fürs Haus,<br />

Eigenkapital für die<br />

Nebenkosten<br />

CONTRA<br />

Wer 110-Prozent-<br />

Finanzierung bekommt,<br />

braucht kein<br />

Eigenkapital<br />

Es gibt eh keine<br />

Gutenhabenzinsen<br />

mehr<br />

Rentable Anlagen<br />

nur langfristig sicher<br />

78 <strong>procontra</strong> <strong>03</strong>|21


Franz Hackel, Münster<br />

Super und informativ! VIELEN<br />

DANK an alle Beteiligten. Bis zum<br />

nächsten mal. :-)<br />

Paula Gaede, Referenten-Team<br />

Das waren spannende Fragen.<br />

Ich hoffe, wir konnten alle<br />

beantworten.<br />

Rainer Eisbein, Kiel<br />

Interessant, vor allem auch die<br />

kritischen Anmerkungen. Ich freu<br />

mich auf die Fortführung!<br />

Alexandra Thormann, profino Team<br />

Lieben Dank! Hier gibts die Tickets<br />

für den kommenden Kongress<br />

www.profino-online.de<br />

Wir freuen uns!<br />

Der neue Maßstab<br />

PROFINO 3.0


SACHWERTE Immobilienkompass<br />

VERKÄUFERSTREIK<br />

AM IMMOBILIENMARKT<br />

Während die Nachfrage nach Häusern weiter steigt, geht das Angebot deutlich zurück,<br />

obwohl die Preise den Verkäufern vielfach Traumrenditen bescheren würden.<br />

Was ist dran am Verkäuferstreik?<br />

– TEXT: NINA MÜLLER-PELTZER –<br />

schlossen Bestandshäuser dann in immer<br />

größeren Schritten zu den preislich starken<br />

Neubauten und Eigentumswohnungen auf.<br />

Heute befinden sich die Hauspreise auf<br />

einem Rekordniveau, wie der Europace<br />

Hauspreis-Index in seiner letzten <strong>Ausgabe</strong><br />

ausgewiesen hat. Dies gilt nicht nur für<br />

Regionen, die ohnehin schon teuer waren,<br />

sondern auch für Gegenden, die bisher eher<br />

als unattraktiv eingestuft wurden. Liegt die<br />

Immobilie infrastrukturell halbwegs gut<br />

eingebettet, haben Verkäufer gleich eine<br />

ganze Reihe von Interessierten vor der Tür,<br />

egal wie klein, heruntergekommen und<br />

wenig attraktiv das Objekt selbst zu sein<br />

Seit Anfang 2020<br />

schlossen Bestandshäuser<br />

in großen<br />

Schritten zu den<br />

preislich starken<br />

Neubauten und Eigentumswohnungen<br />

auf.<br />

Für Eigenheimbesitzer mit Verkaufsabsichten<br />

sind paradiesische Zeiten angebrochen.<br />

Lange galten Bestandshäuser als die<br />

weniger favorisierte Immobilienvariante<br />

und konnten im direkten Vergleich mit<br />

Neubauten bei der Preisentwicklung nicht<br />

mithalten. Wer etwas Eigenes wollte, wollte<br />

etwas Neues.<br />

Doch die hohe Nachfrage nach Wohnraum<br />

und das geringe Angebot im Sektor<br />

der Neubauten haben in den vergangenen<br />

Jahren Bestandshäuser immer stärker in<br />

den Fokus der Verbraucher gerückt und<br />

Schritt für Schritt für eine Annäherung<br />

an die Preisentwicklung anderer Immobiliensegmente<br />

gesorgt. Seit Anfang 2020<br />

scheint. Eigentlich müsste es also ein breites<br />

Angebot an Bestandsimmobilien geben, da<br />

die hohen Preise die Verkaufsbereitschaft<br />

stimulieren sollten.<br />

ZURÜCKHALTUNG STATT GOLDRAUSCH<br />

Es zeigt sich aber ein ganz anderes Bild. So<br />

gibt es im Bereich der Immobilienangebote<br />

80 Foto: iStock / Golero


Immobilienkompass SACHWERTE<br />

verschiedene Untersuchungen und Auswertungen,<br />

die von einem ungewöhnlich<br />

niedrigen Bestand an Immobilien, die zum<br />

Verkauf stehen, ausgehen. Der Immobilienmakler<br />

Homeday hat die Angebotsentwicklung<br />

von Häusern und Wohnungen<br />

untersucht und kommt zu dem Schluss,<br />

dass 2020 über 12 Prozent weniger Angebote<br />

gegenüber dem Vorjahr veröffentlicht<br />

wurden. In einer repräsentativen Umfrage<br />

des Marktforschungsunternehmens Kantar<br />

im Auftrag der Postbank wurde erkennbar,<br />

dass viele Immobilienbesitzer mit dem Verkauf<br />

warten, was auf die Furcht vor Ansteckungen<br />

während der Pandemie, aber auch<br />

die gestiegene Attraktivität der eigenen vier<br />

Wände zurückgeführt wird. Hier gaben die<br />

Befragten an, die Krise mache die eigenen<br />

vier Wände noch begehrenswerter.<br />

Betrachtet man den Anteil der Häuser im<br />

Bestand gegenüber den neu gebauten bzw.<br />

gekauften Häusern, die über die Europace-<br />

Plattform finanziert wurden, zeigt sich,<br />

dass er noch 2018 bei 70,8 Prozent gegenüber<br />

29,2 bei Neubauten lag. Während diese<br />

Entwicklung 2019 annähernd konstant<br />

war, verringerte sich dieser Anteil 2020 und<br />

<strong>2021</strong> auf nur noch 69,4 bzw. 67,3 Prozent.<br />

Demgegenüber ist die Anzahl der Baufertigstellungen<br />

von Eigenheimen laut Daten<br />

des Statistischen Bundesamts sowie einer<br />

Studie von KfW Research in den letzten<br />

Jahren annähernd konstant geblieben. Bei<br />

einer gleichbleibenden Bautätigkeit und<br />

einem sinkenden Verhältnis von verkauften<br />

Bestandsimmobilien zu Neubauten kann<br />

man darauf schließen, dass private Verkäufer<br />

eine geringere Bereitschaft haben, ihre<br />

Immobilie zu veräußern. Anhand des Verhältnisses<br />

von Bestands- zu Neubautransaktionen<br />

zeichnet sich also durchaus ein<br />

Rückgang beim Angebot der Bestandshäuser<br />

ab und deutet auf ein rückläufiges Interesse<br />

privater Immobilienbesitzer an einem<br />

Verkauf hin – und das trotz steigender Preise.<br />

VOM STREIK ZUR SCHLACHT<br />

Neben der Pandemie-bedingten Zurückhaltung<br />

und der neu erwachten Wertschätzung<br />

für die eigenen vier Wände, können auch<br />

andere Gründe für die Zurückhaltung der<br />

Verkäufer genannt werden. Erstens befinden<br />

sich die Zinsen derzeit auf einem historisch<br />

niedrigen Niveau, sodass sich Erlöse<br />

aus Immobilienverkäufen nur bei einem<br />

entsprechenden Risiko gewinnbringend<br />

210<br />

200<br />

190<br />

180<br />

170<br />

160<br />

150<br />

140<br />

130<br />

120<br />

110<br />

100<br />

90<br />

80<br />

Indexpunkte<br />

BESTANDSHÄUSER SCHLIESSEN ZU ANDEREN SEGMENTEN AUF<br />

Hauspreisindex steigt seit Jahren.<br />

Bestandshäuser<br />

Neubauhäuser<br />

Eigentumswohnungen<br />

Gesamtindex<br />

2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 <strong>2021</strong><br />

MEHR NEU, WENIGER BESTAND<br />

Verteilung von Neubauten und Bestandshäusern<br />

Gesamt: 60.813 Gesamt: 73.667 Gesamt: 92.597 Gesamt: 32.631<br />

29,2 29,5 30,6<br />

32,7<br />

70,8 70,5<br />

69,4<br />

67,3<br />

2018 2019 2020 <strong>2021</strong><br />

Neubau Bestand Angaben in %<br />

anlegen lassen. Dazu kommt, dass Alternativen<br />

in Form anderer Kaufimmobilien oder<br />

Mietobjekte ebenfalls teuer sind, sodass<br />

kaum finanzielle Vorteile erzielt werden<br />

können. Ein weiterer Punkt ist die starke<br />

Zunahme von Homeoffice, was Immobilienbesitzer<br />

in den vergangenen Monaten<br />

noch stärker an ihr Zuhause gebunden<br />

hat und den ideellen Wert der Immobilien<br />

steigen ließ. Auch wenn sich die Zinspolitik<br />

mittelfristig nicht maßgeblich ändern<br />

sollte, so ist dennoch davon auszugehen,<br />

dass der Stau an Bestandshäusern, die mo-<br />

Quelle: Europace Finanzmarktplatz<br />

mentan nicht zum Verkauf stehen, mit dem<br />

Ende der Pandemie recht schnell auflösen<br />

wird. Und dann könnte aus einem Verkäuferstreik<br />

ganz schnell eine Verkaufsschlacht<br />

werden. <br />

ALLE EUROPACE-STUDIEN UND INDIZES<br />

ZUM IMMOBILIENMARKT<br />

https://report.europace.de/studienbereich<br />

<strong>procontra</strong> <strong>03</strong>|21<br />

81


PRIVAT GEFRAGT Timo Heitmann, Gothaer<br />

»Als Kanzler<br />

bekäme ich<br />

gar nichts<br />

gebacken.«<br />

TIMO HEITMANN<br />

Jahrgang 1982, Versicherungsdetektiv,<br />

Teamleiter Schadenaußendienst<br />

Gothaer, verheiratet, 2 Kinder, 2 Hunde<br />

IHRE MEINUNG, HERR HEITMANN:<br />

Wir brauchen ein Unterrichtsfach<br />

Versicherungen<br />

Onlineberatung sollte auch nach der<br />

Corona-Krise weiter vorangetrieben<br />

werden<br />

Die Bedingungswerke von Versicherern<br />

sind transparent formuliert<br />

In der Regel haben Versicherungsbetrüger<br />

doch noch ein Einsehen und ziehen ihre<br />

Schadensmeldung zurück<br />

Die meisten eingereichten Schadensmeldungen<br />

sind ungerechtfertigt<br />

Versicherungsbetrug sollte härter<br />

bestraft werden<br />

Zum Frühstück gibt es bei mir<br />

Rührei mit Bacon, gerne auf Frischkäse<br />

mit Tomate.<br />

Die Homeoffice-Kultur empfinde ich als<br />

extrem angenehm. Maximale Flexibilität,<br />

Zeitersparnis, Vereinbarkeit von Familie und<br />

Beruf und zudem ist es nachhaltig. Was<br />

fehlt, ist der Abstand zum Abschalten zwischen<br />

den Rollenverpflichtungen, den man<br />

ansonsten auf der Autofahrt hat.<br />

Diese neue Kompetenz habe ich mir<br />

(Corona-bedingt) angeeignet:<br />

Ich bin noch nicht ganz fertig, aber ich<br />

arbeite daran, gelassener zu werden und<br />

mich mit jenen wesentlichen Dingen zu<br />

befassen, die ich selbst beeinflussen kann.<br />

Meine wahre Leidenschaft ist<br />

das Kitesurfen. Mein Traum ist es, einen<br />

eigenen Offroadcamper selbst auszubauen.<br />

Meine Freizeit verbringe ich am liebsten<br />

mit Sport. Ich nenne dies vor „Familienzeit<br />

genießen“, weil ich für Erstes gerade noch<br />

weniger Zeit habe als für Zweites.<br />

Mein erstes Geld habe ich verdient mit<br />

einem Ferienjob bei einer Krankenversicherung<br />

am Hansaring in Köln. Im Wesentlichen<br />

habe ich tatsächlich Aktenordner kopiert<br />

und sie von A nach B getragen.<br />

Die höchste Betrugssumme, die ich durch<br />

meine Arbeit abwenden konnte:<br />

Ich kann mich nicht erinnern, garantiert<br />

fünfstellig.<br />

Meine aktuelle Film-/Serienempfehlung:<br />

Modern Family.<br />

Am meisten Überwindung kostete mich<br />

meiner eigener YouTube-Kanal.<br />

Ich würde gern einen Tag lang tauschen mit<br />

…, um dann Folgendes zu tun:<br />

In ein anderes Leben möchte ich gar<br />

nicht tauschen. „Des Glückes Tod ist der<br />

Vergleich“, und den würde ich mitbringen.<br />

Zudem maße ich mir nicht an, binnen eines<br />

Tages wesentliche Dinge besser zu machen<br />

als jene, die tagtäglich in der Verantwortung<br />

dafür sind.<br />

Wahrer Luxus ist für mich<br />

Freiheit. Einfach Dinge tun zu können, die<br />

man mit Herzblut tun möchte, ohne finanzielle<br />

Notwendigkeit, weil das Finanzielle<br />

geregelt ist. Nebenbei noch arbeiten, Sport<br />

treiben, Freunde und Familie um sich haben,<br />

weil es einen erfüllt.<br />

Ich vergesse die Welt um mich herum, wenn<br />

ich bei Sonnenuntergang und gülden<br />

schimmerndem Wasser bei 3 Beaufort<br />

kitesurfe und das Meer weitgehend leer ist.<br />

Der skurrilste Versicherungsbetrugsfall,<br />

den ich als TV-Detektiv aufgedeckt habe:<br />

ein Gucci-Anzug – den es niemals gab –<br />

und ein Kunde, der sich bei mir noch dafür<br />

bedankt, seinen kriminellen Machenschaften<br />

durch die Überführung endlich ein Ende<br />

gesetzt zu haben.<br />

Wenn ich einen Tag Kanzler wäre,<br />

würde ich Folgendes veranlassen:<br />

Ich glaube, ich bekäme gar nichts gebacken.<br />

Ganz ehrlich; vor diesem Amt habe<br />

ich größten Respekt – ich würde mich<br />

vermutlich nach Stunde 1 eingraben und<br />

warten, bis der Tag vorbei ist.<br />

Die Vielzahl an Informationen würde mich<br />

vermutlich überfordern, aber auch die<br />

Tatsache, dass man mit jeder Silbe etwas<br />

Falsches sagen kann.<br />

82 <strong>procontra</strong> <strong>03</strong>|21


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FURAHA PHÖNIX Kinderhaus e.V. c/o HAMBURGER PHÖNIX AG<br />

Glockengießerwall 2 in 20095 Hamburg<br />

Telefon: 0 40 / 23 85 66-0 / Telefax -10<br />

Vorstand: Oliver Drewes (Vors.), Christian Hempen, Lahcen Knapp, Götz Lebuhn,<br />

Kai Säland, Volker Booten, Christine Drewes (Finanz.)<br />

Internet: www.Phoenix-Kinderhaus.de<br />

Registrierung des Vereins: Amtsgericht Hamburg, VR-Nr.: 18 63 9<br />

Finanzamt Hamburg, St.Nr.: 17/441/16186<br />

FURAHA PHÖNIX<br />

Spendenkonto<br />

Deutsche Bank Hamburg<br />

Spendenkonto: 0 36 36 06<br />

BIC: DEUTDEDBHAM<br />

IBAN: DE83 2007 0024 0<strong>03</strong>6 3606 00


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