Leseprobe_Unfassbar
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Bernhard Jungen<br />
Wie die<br />
Basler Gastronomie<br />
der Krise trotzt<br />
25 Gespräche<br />
über Lockdown<br />
und Leidenschaft
Alle Rechte vorbehalten<br />
© 2021 Friedrich Reinhardt Verlag<br />
Projektleitung: Jeannine Wanner<br />
Fotos: Roland Juker, www.rolandjuker.ch<br />
Grafik: Franziska Scheibler<br />
Korrektorat: Daniel Lüthi<br />
ISBN 978-3-7245-2489-2<br />
Der Friedrich Reinhardt Verlag wird vom Bundesamt für Kultur<br />
mit einem Strukturbeitrag für die Jahre 2021–2024 unterstützt.<br />
www.unfassbar.ch<br />
www.reinhardt.ch
Bernhard Jungen<br />
UNFASSBAR<br />
Wie die Basler Gastronomie<br />
der Krise trotzt<br />
25 Gespräche über<br />
Lockdown und Leidenschaft<br />
Friedrich Reinhardt Verlag
Menu 4<br />
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STARTER<br />
APÉRITIV – EIN TOAST<br />
Widmung<br />
ALLEN, DIE HIER NICHT<br />
ZU WORT KOMMEN . . . . . . . . . . . . . . . 6<br />
DER CHEF EMPFIEHLT<br />
Vorwort des Präsidenten<br />
des Wirteverbandes<br />
Basel-Stadt<br />
«ZÄH UND UNVERWÜSTLICH» . . . . . . 8<br />
EIN BLICK IN DIE KÜCHE<br />
Wie es zu diesem Buch kam<br />
WARUM ICH NICHT<br />
LÄNGER SCHWEIGEN KONNTE . . . . . 10<br />
MAINS<br />
KRÄFTIGENDE VORSPEISE<br />
Leitgedanken zur<br />
aktuellen Krise aus<br />
seelsorgerlicher Sicht<br />
PERSÖNLICHE GEDANKEN<br />
DES AUTORS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14<br />
HAUPTGANG<br />
25 Gespräche zu<br />
Lockdown und Leidenschaft<br />
ATLANTIS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20<br />
BACKWARENOUTLET . . . . . . . . . . . . . 28<br />
CAFÉ DEL MUNDO . . . . . . . . . . . . . . . . 36<br />
CHANTHABURI . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44<br />
¡CHE, QUE LOMO! . . . . . . . . . . . . . . . . 52<br />
DER TEUFELHOF . . . . . . . . . . . . . . . . . 62<br />
INDIGO ELEPHANT . . . . . . . . . . . . . . . 72<br />
LÖWENZORN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .80<br />
MARKTHALLE BASEL . . . . . . . . . . . . .88
Menu 5<br />
MATT & ELLY . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96<br />
PANE CON CARNE . . . . . . . . . . . . . . . 104<br />
PINAR . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112<br />
ROOTS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120<br />
SCHAFECK . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130<br />
SCHIESSER BASEL . . . . . . . . . . . . . . 136<br />
SCHNABEL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144<br />
SOHO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152<br />
SOUP&CHILL &<br />
RESTO DU CŒUR . . . . . . . . . . . . . . . . 158<br />
TELLPLATZ 3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166<br />
TIBITS BASEL GUNDELI . . . . . . . . . . 174<br />
VALENTINO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184<br />
WEIHERHOF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192<br />
ZEM ALTE SCHLUUCH . . . . . . . . . . .200<br />
ZUR HARMONIE . . . . . . . . . . . . . . . . 210<br />
ZUR MÄGD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218<br />
DESSERT<br />
DOLCE UND KÄSE-DESSERT<br />
Geschenkkarte<br />
Basel-Restaurants<br />
KANN NUR «LIVE» IM RESTAURANT<br />
GENOSSEN WERDEN! . . . . . . . . . . . . 226<br />
ZUM VERDAUEN<br />
KAFFEE UND DIGESTIF<br />
Im Wechselbad<br />
der Massnahmen<br />
und Gefühle . . . . . . . . . . . . . . . . . 227<br />
Chronologischer Überblick<br />
DEZEMBER 2019–MÄRZ 2021 . . . . . 228<br />
Glossar<br />
HILFSMASSNAHMEN ERKLÄRT . . . 234
Widmung 6<br />
WIDMUNG<br />
Ich widme dieses Buch allen Mitarbeitenden in der<br />
Gastronomie, die hier nicht zu Wort kommen:<br />
... dem Koch, der seine Stelle schon im Frühling 2020<br />
verloren hat und den ich seither aus den Augen verloren<br />
habe.<br />
... der Serviceangestellten und alleinerziehenden Mutter,<br />
die während vieler Monate auf 20 Prozent ihres<br />
Einkommens und auf ihr Trinkgeld verzichten musste.<br />
... dem mutigen Jungunternehmer, dessen tolles Restaurant<br />
wegen dem Homeoffice seiner Mittagskunden den<br />
Sommer 2020 nicht überlebt hat.<br />
... der Betriebsleiterin, die mit ihrer Kreativität viel zu<br />
geben hätte, aber leider in diesem Buch nicht Platz fand.<br />
... dem Hotelier aus der Zentralschweiz, der mich ungefragt<br />
mit Feedbacks zu meinen Videoblogs ermutigt hat. Er<br />
steht für viele im ganzen Land, welche die Geschichten<br />
aus Basel hoffentlich auch mit Gewinn lesen werden.
Autor 7<br />
AUTOR<br />
Bernhard Jungen (64) ist Gastroseelsorger. Im Auftrag<br />
der Evangelischen Stadtmission Basel ist er seit Jahren<br />
als «Seelsorger der Seelsorgenden» unterwegs zu den<br />
Menschen, die im Gastgewerbe arbeiten. Hauptberuflich<br />
ist er Barkeeper-Pfarrer der <strong>Unfassbar</strong>, einem Bier-<br />
Mobil auf drei Rädern, das während der Krise auch vom<br />
Lockdown betroffen ist. Der Autor ist verheiratet mit<br />
Annemarie Jungen-Geiser, welche als Spitalseelsorgerin<br />
zu Hause noch einen anderen Blick auf die Pandemie<br />
einbringt. Der Berner ist Vater von zwei erwachsenen<br />
Kindern und dreifacher Grossvater.
Vorwort 8<br />
VORWORT DES PRÄSIDENTEN DES WIRTEVERBANDES BASEL-STADT<br />
ZÄH UND UNVERWÜSTLICH<br />
Es ist noch nicht lange her, da waren der Kostendruck, der Fachkräftemangel<br />
und neue Konsumgewohnheiten unsere grössten Herausforderungen.<br />
Doch plötzlich stellten sich dem Gastgewerbe weit existenziellere<br />
Fragen: Die Corona-Krise überrollte uns wie ein Tsunami.<br />
Ende Februar 2020 wurden grosse Veranstaltungen ver boten; auch die<br />
Basler Fasnacht wurde kurzfristig abgesagt. Das Aus für die Baselworld<br />
kündigte sich an, es kam zu einem zwei monatigen Lockdown.<br />
Im Sommer und Herbst machte sich vorsichtiger Optimismus breit,<br />
obwohl uns bewusst war, dass der Weg zur Normalisierung lang und<br />
steinig wird.<br />
Diese dunkle Ahnung wurde bestätigt, zunächst mit rigiden Auflagen<br />
wie der Sperrstunde, der Sitzpflicht und der 4-Platz-Regel, kurz<br />
danach mit einem weiteren Lockdown, der in Basel bis zur Drucklegung<br />
des Buches fünf Monate dauern sollte. Das war frustrierend,<br />
hatten wir uns doch ideenreich den Vorgaben der Politik gestellt<br />
und in wirksame Schutzmassnahmen investiert.<br />
Dieses Buch gibt Einblick in 25 tiefgründige Gespräche, die unser<br />
Gastro-Seelsorger Bernhard Jungen mit Basler Wirtinnen, Gastronomen<br />
und Barbetreibern führte, die ums nackte Überleben kämpften.<br />
Die Krise hat gezeigt, wie zäh und unverwüstlich diese Unternehmer<br />
sind, mit wie viel Flexibilität, Kreativität, Leidenschaft und Einsatz<br />
sie ihren Beruf – und ihre Berufung – ausüben. Sie erschlossen neue<br />
Vertriebskanäle, digitalisierten in Windeseile, probierten neue Angebote<br />
aus. Ganz nebenbei kümmerten sie sich noch um die Gemütsverfassung<br />
ihrer Mitarbeitenden und Stammgäste.<br />
Kraft gab ihnen die grosse Solidarität der Familie und der Bekannten.<br />
Der Wille zum Beisammensein mit unseren Lieben, unseren Freunden<br />
und Geschäftspartnern steckt in unseren Genen. Die Konsumentinnen<br />
und Kon sumenten haben gemerkt, wie sehr sie Restaurants, Cafés,<br />
Beizen, Bars, Pubs und Clubs brauchen. Sie haben bewusst wahrgenommen,<br />
wie sehr sie ihre Lieblingslokale mögen und schätzen.
Vorwort 9<br />
Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter<br />
zeigten grosses Verständnis:<br />
Sie leisteten Übermenschliches,<br />
obwohl sie wegen Kurzarbeit und<br />
Arbeitsplatzunsicherheit unten durch<br />
mussten. Letztlich war es aber<br />
die staatliche Unterstützung, die die<br />
meisten von uns überleben und<br />
durchhalten liess – auch wenn es oft<br />
zermürbend war, an die Gelder<br />
heranzukommen.<br />
Dennoch werden wir noch lange<br />
unsere Wunden lecken. Wenn wir uns<br />
auf unsere Stärken besinnen, offen,<br />
lebensbejahend und innovativ sind,<br />
wird das Gastgewerbe wieder zu dem<br />
werden, was es schon immer war:<br />
zu einem Ort des Geniessens, des<br />
Austauschs und der Geselligkeit, zu<br />
einem Jobmotor, zum Imageträger<br />
für unser Land, zur Leitbranche eines<br />
starken Tourismus, zum Kulturgut.<br />
MAURUS EBNETER<br />
PRÄSIDENT WIRTEVERBAND BASEL-STADT<br />
«Die Krise hat<br />
gezeigt, wie zäh<br />
und unverwüstlich<br />
die Gastronomie ist<br />
und mit wie viel<br />
Kreativität und<br />
Leidenschaft hier<br />
Menschen ihren<br />
Beruf ausüben.»<br />
MAURUS EBNETER
«Wir kreierten bunte Verkaufstafeln<br />
und beleuchteten das Ladengeschäft.<br />
Die Sternenstrasse sollte strahlen,<br />
damit alle sahen, dass wir noch da sind.»<br />
FRANZISCA BRUGGER UND<br />
MIRYAM PROBST-BRUGGER
PANE CON CARNE<br />
Mitten im kalten Geschäftsviertel zwischen<br />
Bahnhof SBB und Aeschenplatz eine Ferieninsel<br />
geniessen? Wir möchten herausfinden, wie<br />
zwei beherzte Schwestern in der Taverna Sorrella’s<br />
das machen: Selbst mitten in der Krise, am<br />
dritten Tag der «Nichtfasnacht», versprühen sie<br />
mit ihrem Geschäft ein einziges Feuerwerk<br />
von «amore e fantasia». Was aber ist das Pane con<br />
Carne? Caffe-Bar, Trattoria, oder Bistro? Eine<br />
bunte Geschenk boutique für alle, die einen besonderen<br />
Leckerbissen suchen? Woran liegt es, dass schon<br />
am 24. Februar 2021 ein Hauch von Frühling und<br />
Mittelmeer unser Gesicht berührt? Wir sind neugierig,<br />
die beiden Schwestern, Franzisca Brugger (54)<br />
und Miryam Probst-Brugger (53) kennenzulernen.<br />
Welcher Windhauch trägt sie durch diese Krisenzeit?
Pane con Carne 106<br />
Ihr steht lieber am<br />
Bistro tischchen als euch<br />
zu setzen. Seid ihr<br />
immer «im Schuss»?<br />
MIRYAM Wenn ich mich zu lange hinsetze,<br />
besteht die Gefahr, dass ich einnicke.<br />
Unsere Produktion beginnt jeweils um<br />
halb fünf am Morgen!<br />
FRANZISCA Uns wurde diese Lebensart<br />
in die Wiege gelegt. Die Eltern führten<br />
zuerst in Reinach eine kleine, feine<br />
Metzgerei. Bis sie dann im Nachbarort<br />
Therwil eine Metzgerei und Bäckerei,<br />
Wand an Wand stehend, übernehmen<br />
konnten. Pane und Carne wurden also<br />
schon durch unsere Eltern zusammengebracht.<br />
Ihr habt aber nicht die<br />
beiden elterlichen Geschäfte<br />
weitergeführt ...<br />
MIRYAM Meine Berufslaufbahn begann in<br />
der elterlichen Metzgerei, Fränzi machte<br />
die Ausbildung zur Bäckerei- und<br />
Konditorei-Verkäuferin, arbeitete als<br />
Stewardess bei der «Crossair» und kehrte<br />
danach wieder in die Bäckerei ihrer<br />
Lehrzeit zurück. Sie entdeckte die Welt,<br />
ich hatte mein Zuhause in der Nähe<br />
unserer Eltern. Es verstrichen mehr als<br />
20 Jahre, bis unser gemeinsames Pane<br />
con Carne Gestalt annahm.<br />
Franzisca, was hast du von<br />
deinen Flug- und Reisejahren<br />
mitgenommen?<br />
FRANZISCA Das Reisevirus steckt mir seit<br />
der Jugend im Blut. Ein gemeinsames<br />
Pane con Carne musste darum von<br />
Anfang an Ferienstimmung vermitteln.<br />
Unsere Kunden und Gäste sollen sich<br />
fühlen wie in den Ferien.<br />
Wie vermitteln eure<br />
Produkte Ferienstimmung?<br />
MIRYAM Auf der Menukarte stehen Namen<br />
wie Provolone und Prosciutto di Parma.<br />
Feines Olivenbrot, Focacce und Tortas del<br />
Fuego wecken Urlaubserinnerungen.<br />
Da stehen spanische, italienische und<br />
griechische Spezialitäten nebeneinander.<br />
Aber auch traditionelle Basler Köstlichkeiten<br />
schmecken in der richtigen Umgebung<br />
wie in den Ferien.<br />
Wie kam es zu eurem<br />
Taverna Sorella's?<br />
MIRYAM Wir eröffneten unser ursprüngliches<br />
Pane con Carne in Liestal. Der<br />
Erfolg war zwar durchschlagend, aber<br />
das Geschäftslokal so klein, dass zwei Alphatiere<br />
wie Fränzi und ich uns gegenseitig<br />
in die Quere kamen. Das konnte<br />
auf die Dauer nicht gut gehen. Gabriel,<br />
Fränzis Lebenspartner, machte uns schon<br />
zwei Jahre später auf die jetzige Stadt-<br />
Location aufmerksam, mit grosszügigen<br />
240 Quadratmetern, die uns erlauben<br />
«Uns wurde<br />
diese Lebensart<br />
in die Wiege gelegt.»<br />
FRANZISCA BRUGGER
würde, zu expandieren. Das war genau,<br />
was unsere Beziehung brauchte. Taverna<br />
Sorella’s unterstreicht die Freude an<br />
unserer geschwisterlichen Verbindung.<br />
Zuerst versuchten wir noch, beide<br />
Geschäfte parallel zu führen. Wir wechselten<br />
uns in der Verantwortung<br />
im Wochenturnus ab. Beide Geschäfte<br />
gediehen so gut, dass an ein Weitermachen<br />
in Liestal nicht mehr zu denken<br />
war. Man stelle sich nur vor: Unsere<br />
Produktion begann um 4.30 Uhr und<br />
beide Restaurants blieben täglich bis<br />
nach 20 Uhr geöffnet, ausser am Sonntag.<br />
«Taverna Sorella’s<br />
unterstreicht die<br />
Freude an unserer<br />
geschwisterlichen<br />
Verbindung.»<br />
MIRYAM PROBST-BRUGGER<br />
Wer kommt aus dem nahen<br />
Geschäftsviertel jeweils abends?<br />
FRANZISCA Es gibt ein kleines, nahe gelegenes<br />
Wohngebiet. Tatsächlich aber ist die<br />
Umgebung geprägt von Büros der Chemie,<br />
der Banken, Versicherungen, Anwaltskanzleien<br />
und Medizinal-Unternehmen.<br />
Deren Mitarbeitende essen am Mittag bei<br />
uns und füllen manchmal unsere fast<br />
70 Plätze. Dafür sind sechs Personen im<br />
Einsatz. Am Abend kommen die Gäste<br />
zu ihrem «Fyyrobebier» und lassen sich<br />
richtig verwöhnen mit Prosecco,<br />
verschiedenen Weinen, dazu Piatti mit<br />
allerlei Köstlichkeiten.<br />
Was sind eure Mittagsmenus?<br />
MIRYAM Wir bieten alles rund ums Mittelmeer<br />
plus Schweizerküche. Heute gäbe es<br />
Mehlsuppe oder Natura-Rinds-Hackbraten<br />
für die Fastnachtsgäste! Gäbe, wenn ...<br />
Wir haben einen genialen Steinbackofen.<br />
Damit können wir tolle Gratins und<br />
spanische Flammkuchen zubereiten. Der<br />
Gast wählt auf der Karte, wir haben aber<br />
unsere Tagesempfehlungen.
Die Umstellung auf<br />
Take-away hat für euch<br />
also keine allzu grosse<br />
Umstellung bedeutet?<br />
FRANZISCA Der Lockdown im Frühling<br />
2020 war sehr anspruchsvoll,<br />
auch für unser Gemüt. Es war ja bald<br />
kein Mensch mehr unterwegs. Allmählich<br />
wurde fast überall Homeoffice<br />
eingeführt, wodurch auch immer<br />
mehr Take-away-Gäste am Mittag<br />
aus blieben.<br />
MIRYAM Weitermachen war für uns eine<br />
klare Sache. Wir wurden von unseren<br />
Eltern nie verhätschelt. Wir wollten<br />
Präsenz markieren, selbst als alle ringsum<br />
geschlossen hatten.<br />
Das Pane con Carne<br />
als Ferieninsel im Meer<br />
des Lockdowns.<br />
FRANZISCA Wir machten die Musik lauter,<br />
kreierten farbige Verkaufstafeln und<br />
beleuchteten das Ladengeschäft mit<br />
allen Lampen, die wir zur Verfügung<br />
hatten, um die Sternenstrasse strahlen<br />
zu lassen, damit alle sahen, dass wir<br />
noch da sind. Unsere Kunden und<br />
Kundinnen honorierten das mit ihrem<br />
Besuch und mit überschwänglichen<br />
Echos. Eines Tages stand ein Gast in der<br />
Schlange beim Mittags-Take-away und<br />
rief für alle laut hörbar: «Schaut mal<br />
das an - die Heldinnen der Stadt Basel!»<br />
Die Aussage war wiederum eine Ferieninsel<br />
für unsere gestresste Seele!<br />
Hab ihr als Geschäftsinhaberinnen<br />
mehr<br />
als vorher gearbeitet?<br />
MIRYAM So war es. Wir schickten alle<br />
Mitarbeiterinnen in die Kurzarbeit und<br />
übernahmen ihre Rolle. Ich begann wieder<br />
vermehrt in der Küche zu arbeiten. Dazu<br />
kam der administrative Marathon.<br />
FRANZISCA Der Druck war immens. Ich<br />
ertrug es darum schlecht, wenn Menschen,<br />
die ihren sicheren Job hatten,<br />
einem vorjammerten, dass sie jetzt auf<br />
Konzertbesuche oder aufs Fitnessstudio<br />
verzichten mussten. Noch schlimmer<br />
waren vielleicht gut gemeinte, aber<br />
billige Ratschläge wie «ihr müsst halt<br />
flexibler werden!».<br />
War die Wiederöffnung im<br />
Sommer 2020 erfolgreich?<br />
FRANZISCA Mit viel «Pröbeln» und Messen<br />
konnten wir noch knapp die Hälfte<br />
unserer ursprünglichen Plätze einrichten.<br />
MIRYAM Es ist schwierig, gastfreundlich zu<br />
sein und gleichzeitig alle Gäste ermahnen<br />
zu müssen, sich korrekt in die vorgeschriebene<br />
Präsenzliste einzutragen.<br />
Welche finanziellen Lösungen<br />
habt ihr gesucht ausser der<br />
Kurzarbeit?<br />
FRANZISCA Es ist für uns beklemmend<br />
und verletzend, dass bei der Vermieterin,<br />
einer Pensionskasse, bis jetzt kein<br />
Entgegenkommen zu spüren ist. Müssten<br />
nicht in einer Pandemie die Verluste auf<br />
viele Schultern verteilt werden? Eine<br />
Körperschaft könnte das doch eigentlich<br />
besser leisten als ein Privatbesitzer.<br />
MIRYAM Eine weinerliche Stimmung hilft<br />
aber niemandem. Zu viele Menschen<br />
zelebrieren momentan öffentlich ihre<br />
Opferrolle, was nur den Aufschwung<br />
behindert. Unsere Gäste freuen sich<br />
Pane con Carne 109
Pane con Carne 110<br />
«Unsere Männer<br />
lenken uns<br />
zu Hause ab und<br />
bauen uns auf.<br />
Auch die Eltern<br />
sind uns eine<br />
grosse moralische<br />
Stütze,<br />
eine richtige<br />
Oase!»<br />
MIRYAM PROBST-BRUGGER<br />
FRANZISCA Den Menschen fehlt ein<br />
freundlicher Händedruck, eine Berührung.<br />
Vereinsamung ist eine Krankheit,<br />
von der ebenso gesprochen werden muss<br />
wie von Covid-19. Ich persönlich kann<br />
mich aufbauen auf ausgedehnten Spaziergängen<br />
mit meinem «Monsieur Max»,<br />
meinem weltbesten Hund, den ich einmal<br />
aus Frankreich mitgenommen habe.<br />
In einem Monat<br />
feiern wir Ostern.<br />
MIRYAM Alle grossen Feste feiern wir mit<br />
farbigen Dekorationen, mit typischen<br />
Produkten und originellen Accessoires.<br />
Das macht vor allem meine Schwester:<br />
«She LOVES shopping!»<br />
FRANZISCA Feste wie Weihnachten und<br />
Ostern gehören zu unserem Familienerbe.<br />
Unsere Eltern sind tiefgläubig und<br />
besuchen jeden Sonntag die Kirche. Sie<br />
betonen immer wieder, dass sie täglich<br />
für uns beten. Wir stehen zu unseren<br />
Wurzeln und halten am Guten und<br />
Fröhlichen fest.<br />
über unsere fröhliche, aufgestellte<br />
Bedienung und wollen nicht unsere<br />
Sorgen mittragen.<br />
Euer Werbeversprechen ist<br />
schliesslich Ferienstimmung.<br />
MIRYAM Wir können unsere eigene Stimmung<br />
auch deshalb hochhalten, weil wir<br />
in einer glücklichen Partnerschaft leben.<br />
Unsere Männer lenken uns zu Hause ab<br />
und bauen uns auf. Auch die Eltern sind<br />
uns eine grosse moralische Stütze, eine<br />
richtige Oase!<br />
Pane con Carne<br />
Franzisca Brugger /<br />
Miryam Probst-Brugger<br />
Sternengasse 18, 4051 Basel<br />
Tel. +41 61 281 50 11<br />
mail@pane-con-carne.ch<br />
pane-con-carne.ch
«Für mich sind Auszeichnungen<br />
ein Ansporn, für jeden einzelnen<br />
Gast unser Bestes zu geben.»<br />
PASCAL STEFFEN, KÜCHENCHEF
ROOTS<br />
Das Restaurant roots hat eine einzigartige Lage<br />
am Flussufer mit Sicht auf die Stadt am Rheinknie.<br />
Einzigartig ist auch der kometenhafte Aufstieg des<br />
Restaurants in die oberste Liga mit 17 Gault-Millau-<br />
Punkten und einem Michelin-Stern. Dafür steht<br />
der Name des Küchenchefs Pascal Steffen (35).<br />
Erfolg ist aber in der Gastronomie wie im Fussball<br />
die Teamleistung einer ganzen Unternehmung.<br />
Die Nähe, welche der Küchenchef zum Unternehmer<br />
Dragan Rapic (39) hat, ist denn auch sofort spürbar.<br />
Wir möchten verstehen, was Spitzengastronomie<br />
ausserdem «spitze» macht, wie anfällig sie in<br />
der Pandemie ist und was vielleicht andere vom roots<br />
lernen können. Wir führen das Gespräch am<br />
9. Februar 2021.
oots 122<br />
Pascal, du bist per Telefon<br />
zugeschaltet, weil du am<br />
Wochenende einen Skiunfall<br />
hattest. Wie geht es dir?<br />
PASCAL Es geht mir den Umständen<br />
entsprechend gut. Ich bin ein positiv<br />
denkender Mensch, auch in Bezug auf<br />
das Restaurant in der Pandemie. Wir<br />
nutzen momentan die viele Zeit, um uns<br />
auf die nächsten Schritte und Projekte<br />
zu konzentrieren.<br />
Dragan, bist du als<br />
Inhaber auch ruhig?<br />
DRAGAN Es wäre gelogen, wenn ich sage,<br />
dass sich die unternehmerischen<br />
Schwierigkeiten nicht auf die persönliche<br />
Befindlichkeit auswirken. Als<br />
Geschäftsinhaber liegt die ganze Last für<br />
das roots und für die Eventhalle nebenan<br />
auf meinen Schultern. Ich fühle mich<br />
«Ich habe Pascal<br />
bewusst als<br />
Spitzenkoch ins<br />
roots geholt.<br />
Er war mein grosser<br />
Transfer-Coup.»<br />
DRAGAN RAPIC<br />
zuweilen wie auf einer Achterbahn. In<br />
ganz seltenen Momenten steht plötzlich<br />
die ungewisse Zukunft vor mir und ich<br />
rase abwärts, wie im freien Fall. Dann<br />
muss ich mir bewusst machen, dass wir<br />
gut gearbeitet haben und trotz allem<br />
stabil unterwegs sind.<br />
Was meinst du damit?<br />
DRAGAN Ich will einen gesunden Realismus<br />
bewahren. Ich gestehe mir zwar ein, dass<br />
es noch einige Zeit so weitergehen wird,<br />
gleichzeitig will ich fit bleiben für den<br />
Neuanfang. Das fängt für mich beim<br />
frühen Aufstehen an, um den Alltags-<br />
Rhythmus zu wahren. Ich treibe viel<br />
Sport, das schüttet Glückshormone aus<br />
und stärkt das Immunsystem. Vor allem<br />
überlege ich ganz bewusst, wo wir uns<br />
im Betrieb verbessern können.<br />
Sind Veränderungen im<br />
Stillstand überhaupt möglich?<br />
DRAGAN «Gouverner c’est prévoir». Wir<br />
haben schon ganz am Anfang der Pandemie<br />
mögliche Szenarien antizipiert, um<br />
rasch und zielgerichtet auf die behördlichen<br />
Massnahmen reagieren zu können.<br />
Feuerwehrübungen bringen nichts, es<br />
handelt sich hier nicht um einen Sprint,<br />
sondern um einen Marathonlauf.<br />
Das roots stieg rasch in den<br />
gastronomischen Sternenhimmel<br />
auf. Ihr habt einen Michelin-<br />
Stern, und inzwischen schon den<br />
17. Gault-Millau-Punkt geholt.<br />
Machen solche Auszeichnungen<br />
nicht mächtig Druck?
PASCAL Für mich sind diese Auszeichnungen<br />
ein Ansporn. Wir halten das Credo,<br />
dass wir für jeden einzelnen Gast unser<br />
Bestes geben. Wir wollen eine Oase<br />
schaffen, wo wir mit unserer Herzlichkeit,<br />
unserem Engagement und unserer Leidenschaft<br />
etwas Einzigartiges bieten.<br />
DRAGAN Ich habe Pascal bewusst als<br />
talentierten Spitzenkoch geholt. Er war<br />
mein grosser Transfer-Coup für das roots.<br />
Hier spricht der Fussball-Profi.<br />
DRAGAN Ich habe von den «Pampers» bis<br />
zur U21 beim FC Basel gespielt. Nach<br />
Beendigung meiner aktiven Karriere hat<br />
mich Erich Vogel als seinen Assistenten<br />
eingesetzt. Unter ihm habe ich meine<br />
Management- und Leitungsgaben<br />
entwickelt. Ich bekomme heute noch<br />
Gänsehaut, wenn ich daran denke, dass<br />
ich als 21-Jähriger die Verantwortung für<br />
internationale Spiele trug. Wir hatten im<br />
2002 in Basel eine Meisterfeier mit über<br />
100 000 Leuten. Im Meer der jubelnden<br />
Fans im Cabrio die Strassen runter zu<br />
fahren, war meine «Selbstheilung» nach<br />
der Enttäuschung, dass ich kein Spitzenfussballer<br />
werde konnte. Auf die Anstellung<br />
bei der UEFA folgte die Aufgabe<br />
als Sportchef bei den «Grasshoppers».<br />
Ich übernahm dort, als GC kurz vor dem<br />
Abstieg stand. Wir stellten in einer<br />
einmaligen Umbau-Aktion alles auf den<br />
Kopf und schafften knapp den Liga-<br />
Erhalt. In den zwei Folgejahren wurden<br />
wir Vize-Meister und gewannen den Cup<br />
gegen den FCB – das Schicksal wollte es<br />
ausgerechnet so. Diese Erfahrungen lehrten<br />
mich das Krisenmanagement, das ich<br />
aktuell brauche. Dazu gehört auch, mitten<br />
in der Krise die wichtigen Beziehungen<br />
in der Familie nicht zu vernachlässigen,<br />
«Die Erfahrungen<br />
im Spitzenfussball<br />
lehrten mich<br />
das Krisenmanagement,<br />
das ich aktuell<br />
brauche.»<br />
DRAGAN RAPIC<br />
so flog ich mitten in einer der turbulentesten<br />
Zeiten meines Lebens nach<br />
Serbien, um mich von meiner sterbenden<br />
Grossmutter zu verabschieden.<br />
Wie kamst du vom Fussball<br />
zur Gastronomie?<br />
DRAGAN Ich bin von damaligen Freunden<br />
überredet worden, in den Rhypark<br />
einzusteigen. Als der Fussball wegfiel<br />
und ich genauer hinschaute, musste ich<br />
feststellen, dass es nicht gut lief. Das<br />
damalige Restaurant war, in seiner<br />
konzeptionellen und personellen Aufstellung,<br />
nicht überlebensfähig. Eine radikale<br />
Veränderung war unumgänglich. Wir<br />
brauchten eine neue Identität und ein<br />
neues Konzept. So ist das roots entstanden.<br />
Vom «Rhypark» haben wir aber<br />
bewusst das «r» übernommen.<br />
roots 125
oots 126<br />
Macht ein neuer Name<br />
schon ein neues Restaurant?<br />
DRAGAN Es braucht eine klare unternehmerische<br />
Ausrichtung. Gastronomen<br />
lassen sich oft zu sehr von Gefühlen<br />
leiten. Als ich Pascal aus dem Park Hotel<br />
Vitznau holte, wollte ich damit unsere<br />
gastronomische Ausrichtung auf Exzellenz<br />
unterstreichen.<br />
Pascal, was war dein<br />
Weg zum Spitzenkoch?<br />
PASCAL Ich lernte in einem Landgasthof,<br />
spürte aber, dass hier nicht meine<br />
Erfüllung sein konnte. Ich suchte bewusst<br />
Stellen in der Spitzengastronomie,<br />
wie bei Armin Amrein in Klosters oder<br />
bei Andreas Caminada. Die Anfrage von<br />
Dragan kam just in dem Moment, als ich<br />
fest entschlossen war, unter meinem<br />
eigenen Namen kochen zu wollen.<br />
«Ausgerechnet<br />
am ersten Tag<br />
des Lockdowns<br />
wurde das roots<br />
dreijährig.»<br />
DRAGAN RAPIC<br />
sind. Ich bleibe persönlich im Hintergrund<br />
und muss am Abend nicht sichtbar<br />
sein. Pascal ist das Gesicht des roots für<br />
die Gäste.<br />
Wie setzt sich euer<br />
Team zusammen?<br />
PASCAL Dragan gibt mir freie Hand,<br />
mein «Dream-Team» in der Küche selbst<br />
auszuwählen. Um den Erwartungen<br />
gerecht zu werden, müssen wir grosszügig<br />
aufgestellt sein. Im Laufe eines<br />
Abends kann es Stressmomente geben,<br />
die unprofessionelles Verhalten nicht<br />
zulassen.<br />
DRAGAN Für das roots und die Eventhalle<br />
Höchstleistungen erbringen zu können,<br />
ist für uns essenziell. Denn die grossen<br />
Anlässe sind ein überlebenswichtiges<br />
Standbein. Darum habe ich lieber<br />
zehn Professionelle mit guten Löhnen als<br />
20 Mitarbeitende, die vielleicht im<br />
entscheidenden Moment überfordert<br />
Ihr hattet ausgerechnet<br />
im Frühlingslockdown 2020<br />
euer Jubiläum?<br />
DRAGAN Ausgerechnet am ersten Tag des<br />
Lockdowns, am 17. März 2020, wurde das<br />
roots dreijährig. Wir haben den Geburtstag<br />
«gefeiert» mit Abbauen, Aufräumen<br />
und einem improvisierten Kuchen. Wir<br />
machten noch eine interne Weiterbildung<br />
und entliessen unser Team in die<br />
Kurzarbeit. Ich sah zuerst keine Möglichkeit<br />
für Take-away. Ich erwartete keinen<br />
Gewinn und fürchtete um unseren Ruf:<br />
Was immer unsere Gäste in irgendwelchen<br />
Gefässen nach Hause tragen<br />
konnten, würde nie der Spitzengastronomie<br />
entsprechen, für die wir stehen.<br />
Dann aber hatte Pascal eine Idee:
PASCAL Als aktiver Mensch entsprach mir<br />
die Kurzarbeit nie. Ich konnte Dragan<br />
davon überzeugen, es für Ostern mit<br />
einem Viergang-Menu als Take-away zu<br />
probieren. Am Schluss landeten wir bei<br />
320 Portionen. Wir wiederholten das<br />
Take-away für Festtage, wie Muttertag<br />
oder Pfingsten.<br />
Wie gehen Take-away<br />
und Spitzengastronomie<br />
zusammen?<br />
PASCAL Darin lag unsere grosse Herausforderung!<br />
Ich musste alle Prozesse so<br />
gestalten, dass wir dem Gast eine authentische<br />
roots-Erfahrung bieten<br />
konnten. Jeder Gast sollte zu Hause in<br />
seiner Küche das Gefühl haben, ein<br />
Sternekoch zu sein. Einzelne Komponenten<br />
wurden vakuumiert oder in Boxen<br />
abgepackt und in einer eleganten roots-<br />
Einkaufstasche abgegeben. Mit dabei lag<br />
ein Rezept, inklusive Link zu einem<br />
YouTube-Video, auf dem ich die Fertigstellung<br />
1:1 vorführte.<br />
Wie waren die Reaktionen<br />
auf das Take-away?<br />
PASCAL Jemand schrieb uns: Das Menu<br />
schmeckte genau wie bei euch im roots.<br />
Das war ein wunderbares Kompliment.<br />
Fast wichtiger war aber, dass wir als<br />
Team dranbleiben und die eigene Beweglichkeit<br />
unter Beweis stellen konnten.<br />
DRAGAN Mit der Beschränkung des Angebots<br />
auf die Festtage mussten wir unsere<br />
Leute nur minimal aus der Kurzarbeit<br />
herausnehmen. Die Herausgabe an der<br />
Theke machten Pascal und ich persönlich.<br />
Das ermöglichte Gästekontakte.
«Dragan hat<br />
mit<br />
transparenter<br />
Kommunikation<br />
und Sachkenntnis<br />
Sicherheit<br />
vermittelt.»<br />
PASCAL STEFFEN<br />
Wie war die Wiederöffnung<br />
im Sommer?<br />
DRAGAN Wir haben zum Glück ein sehr<br />
geräumiges Restaurant. Trotzdem hoben<br />
wir den ganzen Loungebereich auf, um<br />
mehr Platz zu gewinnen. So konnten<br />
wir auf die unschönen Trennwände<br />
verzichten.<br />
Welche Lösungen<br />
ergaben sich finanziell?<br />
DRAGAN Wir pachten den gesamten<br />
Komplex bei der Stadt und können uns<br />
mit dieser Situation glücklich schätzen,<br />
weil entsprechend der Basler «Drittelslösung»<br />
umgehend ein Weg gefunden<br />
werden konnte. Zusätzlich sind wir auf<br />
die Härtefallgelder und den Corona-<br />
Kredit angewiesen. Selbst damit mussten<br />
wir einen guten Teil der erwirtschafteten<br />
Reserven zum unternehmerischen<br />
Überleben einsetzen.<br />
PASCAL Durch diverse Nachrichten<br />
aufgeschreckt, reagierte das Team zu<br />
Beginn der Pandemie mit Unsicherheit<br />
und Angst. Dragan hat aber mit transparenter<br />
Kommunikation und Sachkenntnis<br />
Sicherheit vermittelt. In diesem Moment<br />
war ich froh, dass Dragan Ökonom und<br />
nicht Koch ist.<br />
Verantwortliche bei Fussballclubs<br />
haben auch Sorgen ...<br />
DRAGAN Ein Journalist hat mich mal nach<br />
dem Hauptunterschied zwischen Fussball<br />
und Gastronomie gefragt. Ich habe ihm<br />
gesagt: Im Fussball kannst du ein ganzes<br />
Spiel katastrophal spielen. Wenn es dir in<br />
der Nachspielzeit gelingt, den Siegestreffer<br />
zu erzielen, gehen alle Fans jubelnd<br />
nach Hause und die 90 Minuten sind<br />
mehr oder weniger vergessen. Wenn aber<br />
unser Gast nicht beim ganzen Aufenthalt<br />
in allen neun Gängen ein gutes Gefühl<br />
hat, wird er kaum wiederkommen.<br />
Wir kommen wieder,<br />
wenn der Anpfiff<br />
zur Öffnung kommt!<br />
roots<br />
Dragan Rapic / Pascal Steffen<br />
Mülhauserstrasse 17, 4056 Basel<br />
Tel. +41 61 322 10 56<br />
info@roots-basel.ch<br />
www.roots-basel.ch<br />
roots 129
«Ich konnte nicht<br />
länger schweigen,<br />
ich musste der<br />
Gastronomie eine<br />
Stimme in der<br />
Öffentlichkeit<br />
geben.»<br />
BERNHARD JUNGEN<br />
GASTROSEELSORGER<br />
Seit Ausbruch der Pandemie müssen Gastronominnen<br />
und Gastronomen hinnehmen,<br />
dass ihre Betriebe massiv eingeschränkt<br />
sind und für Monate geschlossen bleiben.<br />
Verschiedene Hilfsmassnahmen federn<br />
die Verluste oft ungenügend ab. Als Gastroseelsorger<br />
hat Bernhard Jungen seit Jahren<br />
ein offenes Ohr für Menschen in der Gastronomie.<br />
In der Krise wurde ihm bald klar,<br />
dass er den betroffenen Menschen öffentlich<br />
eine Stimme geben wollte. Als Gastroseelsorger<br />
der Stadtmission Basel hat er zusammen<br />
mit seinem Pfarrkollegen und Partner<br />
der «<strong>Unfassbar</strong>», Tobias Rentsch, 25 intensive<br />
Gespräche geführt und als Interviews veröffentlicht,<br />
die feinfühlige Einblicke in das<br />
Erleben und Kämpfen von grossartigen Basler<br />
Persönlichkeiten vermitteln. Durch die<br />
berührenden Porträt-Aufnahmen ist ein<br />
Zeitzeugnis entstanden, das zeigt, wie kreativ<br />
und ausdauernd die Gastronomie kämpft<br />
und wie unentbehrlich sie sein wird für den<br />
gesellschaftlichen Zusammenhalt in der<br />
künftigen Bewältigung der Krise. Ein Vorwort<br />
des Präsidenten des Wirteverbandes, seelsorgerliche<br />
Überlegungen des Autors, ein<br />
Glossar zu den Hilfsmassnahmen und eine<br />
Chronologie der Ereignisse geben zusätzlich<br />
Orientierung zu dieser turbulenten Zeit.<br />
ISBN 978-3-7245-2489-2