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Büchereiperspektiven 1/21: Bibliotheken bleiben. Aus der Krise in die Zukunft

In der Pandemie hat sich verändert, wie Menschen in der Bibliothek arbeiten, welche Dienste dort angeboten und wie diese genutzt werden. Bibliotheken haben Flexibilität bewiesen – und werden in Zukunft mehr denn je gebraucht.

In der Pandemie hat sich verändert, wie Menschen in der Bibliothek arbeiten, welche Dienste dort angeboten und wie diese genutzt werden. Bibliotheken haben Flexibilität bewiesen – und werden in Zukunft mehr denn je gebraucht.

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BIBLIOTHEKEN BLEIBEN I PERSPEKTIVEN FÜR DIE ZUKUNFT<br />

Kürzungseffekte werden zwar durch private, ehrenamtliche<br />

Unterstützung aufgefangen und <strong>die</strong> zivilgesellschaftliche<br />

Mitgestaltung wird gestärkt, <strong>die</strong> ausgelagerte staatliche<br />

Verantwortung und <strong>der</strong> Verlust beruflicher Kompetenzen<br />

wiegen jedoch schwer.<br />

Herausfor<strong>der</strong>ungen <strong>in</strong> und nach <strong>der</strong> Corona-<strong>Krise</strong><br />

Nach Beg<strong>in</strong>n <strong>der</strong> Covid-19-Pandemie im März 2020 mussten<br />

öffentliche <strong>Bibliotheken</strong> fast <strong>in</strong> ganz Europa e<strong>in</strong>en Großteil<br />

ihrer E<strong>in</strong>richtungen schließen. Dadurch haben sich <strong>die</strong><br />

Arbeitsrout<strong>in</strong>en des Personals verän<strong>der</strong>t, viele mussten zu<br />

Hause arbeiten o<strong>der</strong> wurden zur Unterstützung <strong>in</strong> Ämter<br />

<strong>der</strong> öffentlichen Gesundheit abgeordnet. Trotz <strong>der</strong> großen<br />

Herausfor<strong>der</strong>ungen, <strong>die</strong> Bibliotheksarbeit auf Distanz mit<br />

sich br<strong>in</strong>gt, wurden vielerorts pragmatische und <strong>in</strong>novative<br />

Lösungen erarbeitet und Möglichkeiten des virtuellen<br />

Raums erprobt. Digitale Angebote wie E-Lizenzen, virtuelle<br />

Lesungen und <strong>die</strong> Kommunikation über soziale Me<strong>die</strong>n wurden<br />

ausgebaut und Abhol- und Liefer<strong>die</strong>nste für bestellte<br />

Me<strong>die</strong>n entwickelt. Nach e<strong>in</strong>em Jahr Bibliotheksarbeit<br />

während <strong>der</strong> Pandemie ist dennoch klar: Von ihren Aufgaben<br />

(Information, Me<strong>die</strong>nkompetenzvermittlung, Leseför<strong>der</strong>ung,<br />

För<strong>der</strong>ung des lebenslangen Lernens, dritter<br />

Ort) konnten öffentliche <strong>Bibliotheken</strong> <strong>in</strong> Bonn, Leicester<br />

und Malmö nur e<strong>in</strong>en Bruchteil erfüllen. Während sie ihren<br />

Informations- und Bildungsauftrag teilweise durch digitale<br />

Angebote auffangen konnten, ließ sich <strong>der</strong> physische Ort<br />

<strong>der</strong> Begegnung mit se<strong>in</strong>en sozialen Funktionen nicht ersetzen.<br />

Für <strong>die</strong> tägliche Dase<strong>in</strong>svorsorge und als Anker <strong>der</strong><br />

sozialen Integration im Stadtteil spielt nämlich gerade <strong>die</strong><br />

physische Zugänglichkeit <strong>der</strong> dezentralen E<strong>in</strong>richtungen<br />

e<strong>in</strong>e große Rolle.<br />

In Anbetracht <strong>der</strong> beschriebenen Entwicklungen stellt sich<br />

<strong>die</strong> Frage: Wie können trotz neuer Kürzungen <strong>in</strong> und nach <strong>der</strong><br />

Corona-<strong>Krise</strong> weiterh<strong>in</strong> bedarfsgerechte Bibliotheks<strong>die</strong>nste<br />

FOTOS: KATJA THIELE<br />

Öffentliche <strong>Bibliotheken</strong><br />

als Forschungsobjekt<br />

Der Beitrag beruht auf dem Forschungsprojekt „Öffentliche <strong>Bibliotheken</strong><br />

im Spannungsfeld von F<strong>in</strong>anzknappheit und kommunaler<br />

Dase<strong>in</strong>svorsorge“ an <strong>der</strong> Universität Bonn, das <strong>die</strong> Bibliotheksentwicklung<br />

<strong>in</strong> Bonn (DE), Leicester (GB) und Malmö (SE) untersucht.<br />

Im Fokus steht, wie sich öffentliche <strong>Bibliotheken</strong> <strong>in</strong> ihren lokalen<br />

Kontexten entwickelt haben, mit welchen Strategien <strong>die</strong> Bibliothekspolitik<br />

auf <strong>die</strong>se Prozesse reagiert und wie sich <strong>der</strong> Wandel<br />

auf den Zugang zu (kultureller) Bildung auswirkt.<br />

Zum Weiterlesen<br />

Katja Thiele, Britta Klagge: Third places and educational justice:<br />

public libraries <strong>in</strong> the context of Covid-19. In: Erdkunde 75 (1):<br />

31–49. 20<strong>21</strong>: https://doi.org/10.3112/erdkunde.20<strong>21</strong>.01.03<br />

NAPLE: Public Libraries <strong>in</strong> Europe and Covid-19: Reopen<strong>in</strong>g<br />

Strategies. F<strong>in</strong>d<strong>in</strong>gs from NAPLE Members May–July 2020:<br />

https://naple.eu/?mdocs-file=42<br />

<br />

<br />

angeboten werden? Die zentralen Anfor<strong>der</strong>ungen an öffentliche<br />

<strong>Bibliotheken</strong> werden se<strong>in</strong>: 1. <strong>die</strong> Menschen im Stadtteil<br />

<strong>in</strong> ihren Bedürfnissen abzuholen, 2. Bildungsungleichheiten<br />

gezielt anzusteuern, 3. demokratische Begegnungen und<br />

e<strong>in</strong>en gesellschaftlichen Diskurs zu för<strong>der</strong>n und 4. <strong>die</strong> Vernetzung<br />

mit an<strong>der</strong>en Institutionen und Akteuren auszubauen.<br />

Um das gesellschaftliche Potenzial öffentlicher <strong>Bibliotheken</strong><br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Stadt herauszustellen, müsste <strong>die</strong> Unterstützung<br />

sozioökonomisch benachteiligter Gruppen noch stärker im<br />

Fokus stehen. Wie das Beispiel Malmö zeigt, ist es beson<strong>der</strong>s<br />

fruchtbar, wenn öffentliche <strong>Bibliotheken</strong> geme<strong>in</strong>sam<br />

mit <strong>der</strong> Stadtpolitik übergreifende Konzepte erarbeiten, <strong>die</strong><br />

verschiedene Orte und Themen aus den Bereichen Digitalisierung,<br />

Kultur, Bildung, Inklusion und Nachhaltigkeit zusammen<br />

denken. Ebenso entscheidend ist <strong>die</strong> Beziehungspflege<br />

mit VertreterInnen <strong>der</strong> Stadtpolitik, <strong>der</strong> Zivilgesellschaft und<br />

an<strong>der</strong>en Institutionen im Stadtteil (Schulen, K<strong>in</strong><strong>der</strong>gärten,<br />

soziale Beratungsstellen). Nach <strong>der</strong> Pandemie müssen <strong>die</strong>se<br />

Kooperationen aktiv wie<strong>der</strong>belebt und geme<strong>in</strong>same Ziele<br />

(weiter-)entwickelt werden.<br />

Im Rahmen<br />

des Projekts<br />

untersuchte<br />

<strong>Bibliotheken</strong> <strong>in</strong><br />

Malmö, Bonn und<br />

Leicester (v. li.)<br />

Katja Thiele ist wissenschaftliche Mitarbeiter<strong>in</strong> am Geographischen<br />

Institut <strong>der</strong> Universität Bonn und arbeitet <strong>in</strong> <strong>der</strong> Arbeitsgruppe Wirtschaftsgeographie<br />

<strong>der</strong>zeit an ihrer Promotion zum Wandel öffentlicher<br />

<strong>Bibliotheken</strong>. Nele Steffen unterstützt das Projekt als studentische<br />

Mitarbeiter<strong>in</strong>.<br />

<strong>Büchereiperspektiven</strong> 1/<strong>21</strong><br />

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