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Büchereiperspektiven 1/21: Bibliotheken bleiben. Aus der Krise in die Zukunft

In der Pandemie hat sich verändert, wie Menschen in der Bibliothek arbeiten, welche Dienste dort angeboten und wie diese genutzt werden. Bibliotheken haben Flexibilität bewiesen – und werden in Zukunft mehr denn je gebraucht.

In der Pandemie hat sich verändert, wie Menschen in der Bibliothek arbeiten, welche Dienste dort angeboten und wie diese genutzt werden. Bibliotheken haben Flexibilität bewiesen – und werden in Zukunft mehr denn je gebraucht.

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BIBLIOTHEKEN BLEIBEN I ERFAHRUNGSBERICHTE<br />

Mit dem Postservice haben Sie bereits vor <strong>der</strong> Pandemie e<strong>in</strong>en<br />

Liefer<strong>die</strong>nst betrieben. Wie ist es Ihnen damit ergangen?<br />

In den ersten beiden Lockdowns durften wir das Postservice<br />

nicht öffnen, da <strong>die</strong> BenutzerInnen <strong>die</strong> Me<strong>die</strong>n <strong>in</strong> den Postfilialen<br />

abholen müssen und damit gegen <strong>die</strong> <strong>Aus</strong>gangsbeschränkungen<br />

verstoßen hätten. Das war erst im Lauf des<br />

dritten Lockdowns möglich. Alle haben sehnsüchtig darauf<br />

gewartet und <strong>der</strong> Ansturm war enorm. KollegInnen wurden<br />

<strong>in</strong>s Postservice abgeordnet und mehrere Büros <strong>in</strong>klusive<br />

Buchb<strong>in</strong><strong>der</strong>ei zu Postservicestellen umfunktioniert, um<br />

alle bestellten Me<strong>die</strong>n verpacken zu können. Zusätzlich wurden<br />

<strong>die</strong> zwei größten Zweigstellen als Stationen für Click &<br />

Collect e<strong>in</strong>gerichtet. Dieser Service bleibt auch bestehen.<br />

FOTO: ROSWITHA SCHIPFER<br />

IM INTERVIEW<br />

Roswitha Schipfer ist Leiter<strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Stadtbibliothek Graz, <strong>die</strong>s noch bis<br />

zu ihrem Pensionsantritt im August<br />

20<strong>21</strong>. Sie ist im Vorstand des<br />

Büchereiverbandes Österreichs und<br />

des Lesezentrums Steiermark.<br />

www.stadtbibliothek.graz.at<br />

Wie haben Sie <strong>die</strong> Teamarbeit organisiert?<br />

Wir haben <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Aus</strong>leihe im Schichtbetrieb gearbeitet und<br />

darauf geachtet, dass es möglichst wenig Fluktuation zwischen<br />

den Teams gibt. Die Dienstbesprechungen mit allen<br />

MitarbeiterInnen wurden e<strong>in</strong>gestellt. Stattdessen haben<br />

wir viel gemailt und telefoniert und so e<strong>in</strong>en guten Kontakt<br />

gehalten. KollegInnen, <strong>die</strong> <strong>der</strong> Risikogruppe angehören,<br />

arbeiten im Homeoffice. Ich möchte me<strong>in</strong>en KollegInnen<br />

großes Lob und Bewun<strong>der</strong>ung aussprechen, da sie <strong>die</strong> Situation<br />

vorbildhaft gemeistert und trotz allem ihre Motivation<br />

nicht verloren haben. Bisher s<strong>in</strong>d wir gut durch <strong>die</strong> <strong>Krise</strong><br />

gekommen.<br />

Wie haben Sie <strong>die</strong> Reaktionen <strong>der</strong> NutzerInnen erlebt?<br />

Unglaublich positiv! Bereits während des ersten Lockdowns<br />

zeigten uns <strong>die</strong> vielen Anfragen, wie sehr <strong>die</strong> <strong>Bibliotheken</strong><br />

vermisst wurden und dass sie e<strong>in</strong>fach systemrelevant s<strong>in</strong>d.<br />

Auch bei je<strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>eröffnung war das Feedback enorm<br />

motivierend.<br />

War es schwierig, <strong>die</strong> neuen Regeln zu kommunizieren?<br />

Im Großteil <strong>der</strong> Fälle s<strong>in</strong>d <strong>die</strong> NutzerInnen sehr diszipl<strong>in</strong>iert,<br />

freundlich und verständnisvoll. <strong>Aus</strong>rutscher gibt es immer,<br />

wir mussten auch schon <strong>die</strong> Polizei holen bei Maskenverweigerern,<br />

<strong>die</strong> sich nicht an <strong>die</strong> Regeln gehalten haben. Aber<br />

das s<strong>in</strong>d wenige E<strong>in</strong>zelfälle.<br />

Wie sehen Ihre Pläne für <strong>die</strong> nahe <strong>Zukunft</strong> aus?<br />

Seit 2019 hatten wir e<strong>in</strong> Sprachcafé für Frauen mit nicht<br />

deutscher Muttersprache bei gleichzeitiger K<strong>in</strong><strong>der</strong>betreuung<br />

im Programm. Dieses wollen wir <strong>in</strong> unserem Lesegarten<br />

ab dem Frühsommer wie<strong>der</strong> aufleben lassen. Auch LABUKA-<br />

Veranstaltungen können wir <strong>in</strong> Kle<strong>in</strong>gruppen anbieten und<br />

eventuell <strong>in</strong>s Freie verlagern. Nachdem wir im Vorjahr das<br />

geplante Programm nicht umsetzen konnten und <strong>die</strong> Fol<strong>der</strong><br />

umsonst gedruckt worden waren, werden wir das meiste<br />

künftig nur digital bewerben. E<strong>in</strong> Programm <strong>in</strong> Papierform<br />

wird es wahrsche<strong>in</strong>lich nur noch überblicksmäßig geben.<br />

Sie haben lange Erfahrung im Bibliothekswesen. Wie sehen<br />

Sie das vergangene Jahr im Vergleich?<br />

Ich habe 43 Jahre Stadtbibliothek h<strong>in</strong>ter mir. Lei<strong>der</strong> hat mich<br />

das vergangene Jahr an <strong>die</strong> Anfangsjahre <strong>der</strong> Bibliothek er<strong>in</strong>nert<br />

– man kommt, fragt nach Büchern, leiht aus und geht<br />

wie<strong>der</strong>. Für mich war es das große Ziel <strong>in</strong> all den Jahren,<br />

<strong>die</strong> Bibliothek zu e<strong>in</strong>em Aufenthalts- und Begegnungsort zu<br />

machen, wo man Zeit verbr<strong>in</strong>gt, lernt, liest, genießt, an<strong>der</strong>e<br />

Menschen trifft, auch AutorInnen und an<strong>der</strong>e KünstlerInnen<br />

erlebt. Ich habe es im letzten Jahr als hart empfunden, dass<br />

all das nicht möglich war, was wir mit viel Engagement und<br />

Kampf um f<strong>in</strong>anzielle Mittel aufgebaut haben.<br />

Denken Sie, dass all das zurückkommt, was Sie jetzt vermissen?<br />

Ich b<strong>in</strong> e<strong>in</strong> optimistischer Mensch und glaube, dass das<br />

Bedürfnis <strong>der</strong> Menschen nach realen Erlebnissen unbezw<strong>in</strong>gbar<br />

ist. Nicht nur wir Bibliothekar<strong>in</strong>nen und Bibliothekare,<br />

alle Menschen wollen wie<strong>der</strong> das Leben <strong>in</strong> allen<br />

Facetten spüren und Leben heißt Begegnung und geme<strong>in</strong>sames<br />

Erleben. <strong>Bibliotheken</strong> können <strong>die</strong>ses Geme<strong>in</strong>schaftserlebnis<br />

vermitteln.<br />

<strong>Büchereiperspektiven</strong> 1/<strong>21</strong><br />

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