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hinnerk Juni / Juli 2021

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05.<strong>2021</strong> І JUNI • JULI І AUSGABE 415<br />

HAMBURG І BREMEN І HANNOVER<br />

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MARCELLA<br />

ROCKEFELLER<br />

im exklusiven Gespräch<br />

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POLEN:<br />

Eine Community<br />

in Angst<br />

SZENE<br />

FEHLER IM CISTEM:<br />

25 Seiten skurrile<br />

Minderheiten<br />

05<br />

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INTERVIEWS: JENDRIK, OWEN PALLETT, MARINA<br />

TRANS*PHOBER FEMINISMUS / GENDERGAGA IM KINDERGARTEN


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einer kulinarischen Reise durch die<br />

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INTRO 3<br />

Inhalt<br />

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GESELLSCHAFT<br />

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Liebe Leser*innen,<br />

Vor euch liegt die hoffentlich letzte <strong>hinnerk</strong><br />

Ausgabe, die unter dem Eindruck von<br />

Kultur- und Szene-Shutdowns entstanden<br />

ist. Wir haben uns dafür aber so richtig<br />

ins Zeug gelegt, um euch im anlaufenden<br />

Wahlkampf eine Debattengrundlage für<br />

die heißen Eisen Identitätspolitik und<br />

Genderideologie zu liefern. Victoria Forkel<br />

ist lesbisch, trans* und nicht-binär und<br />

war seit Januar studentische Praktikant*in<br />

in der Redaktion. Auf über 20 Seiten<br />

bekommt ihr von dey das Rüstzeug für die<br />

Auseinandersetzung mit den alten weißen<br />

Männern (Geschlecht egal) da draußen.<br />

Kultur und Szene standen zwar zu Redaktionsschluss<br />

schon in den Restartlöchern,<br />

die konkreten Daten zum Wiedereröffnungsreigen<br />

findet ihr aber regelmäßig<br />

aktualisiert auf <strong>hinnerk</strong>.de.<br />

Viel Spaß beim Lesen und Lernen<br />

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4 SZENE<br />

FOTO: MICHAEL LUCAN, LIZENZ: CC-BY 3.0, CC BY 3.0, WIKIMEDIA.ORG<br />

Alice Schwarzer – Altfeministin und<br />

Herausgeberin der Zeitschrift EMMA.<br />

INTERVIEW<br />

Alice Weidel, Alt-Right light, verewigt von Bernd Ertl<br />

für ENOUGH is ENOUGH – OPEN YOUR MOUTH!<br />

IDENTITÄTSPOLITIK:<br />

Von TERFs über EMMA zur AfD<br />

Identitätspolitik scheint im<br />

beginnenden Bundestagswahlkampf<br />

die Dauerbrenner Genderideologie<br />

und Masseneinwanderung<br />

auf die Plätze zu verweisen.<br />

Wer Frau Wagenknecht, Wolfgang<br />

Thierse oder eben Frau Weidel und<br />

den TERFs (Trans-Exclusionary Radical<br />

Feminists) beim diesjährigen<br />

Lesbenfrühlingstreffen genau zuhört,<br />

erkennt Zusammenhänge und<br />

diskursive Mechanismen, die auf<br />

den gleichen ideologischen Stammbaum<br />

zurücklaufen: Das Patriachat<br />

und seine Machtstruktur, die auf<br />

Unterdrückung marginalisierter<br />

Geschlechter ruht. Wir sprachen mit<br />

der Aktivistin*, DJ* und Bildungsreferentin*<br />

Mine Wenzel.<br />

Wie bist du auf die Idee gekommen,<br />

auf Instagram die Reihe „Femi - CIS<br />

- mus - Sexismus- und Misogynieerfahrungen<br />

aus nicht-cis Perspektive“<br />

zu machen?<br />

Die Wortschöpfung Femi-CIS-mus<br />

ist natürlich kein offizieller Begriff,<br />

sondern eine Beschreibung, die versucht,<br />

feministische Räume in Worte zu fassen.<br />

Viele trans*, inter und nicht-binäre<br />

Menschen kennen feministische Gruppen,<br />

die eigentlich nur Arbeit für endo I cis<br />

Frauen machen. Das führt zu vielen<br />

Frustrationsmomenten, die ich von mir<br />

persönlich und anderen Aktivist*innen<br />

kenne, die immer wieder dieselben Dinge<br />

beschreiben: Mensch bekommt das<br />

Gefühl, dass eins immer mehr als die<br />

anderen arbeiten muss, bis die eigene Perspektive<br />

anerkannt wird. Das liegt daran,<br />

dass viele aktivistische Räume vor allem<br />

von denjenigen geprägt sind, die näher an<br />

einer gesellschaftlichen Norm dran sind.<br />

Je weiter ich mich von dieser Norm wegbewege,<br />

desto länger dauert es, bis diese<br />

Perspektive ins Gespräch gebracht wird.<br />

Als trans* und nicht-binäre Person erlebe<br />

ich häufig, wie Feminismus als Kampf um<br />

Geschlechtergerechtigkeit zuallererst aus<br />

einer weißen II cis-weiblichen Perspektive<br />

geführt wird. Konkret habe ich die Serie<br />

Mitte März angefangen, weil mal wieder<br />

am 8. März darüber diskutiert worden ist,<br />

wie mensch den Tag nennt. Diese Frage<br />

ist seit mindestens zehn Jahren geklärt.<br />

Ein Sternchen hinter das Wort „Frauen“<br />

macht es nicht inklusiver. Trans* Männer,<br />

inter* und nicht-binäre Personen fallen<br />

aus dem Begriff heraus. Ich muss zum<br />

fünfzigsten Mal das Gleiche sagen und<br />

es werden wieder die gleichen Leute<br />

fragen: Was ist daran verkehrt? Was


GRAFIK: AUSGEZEICHNET.COM<br />

mache ich stattdessen? Zusätzlich zu dem<br />

elendigen Thema des Namens hat mich<br />

die Demo zum feministischen Kampftag<br />

in Berlin zur Serie inspiriert: Letztes Jahr<br />

haben trans* Sexarbeiter*innen die unangenehme<br />

Erfahrung gemacht, dass vom<br />

„Bündnis für sexuelle Selbstbestimmung“<br />

Terre de Femmes zur Demo eingeladen<br />

worden sind. Terre des Femmes ist offen<br />

trans*feindlich und das schreiben sie<br />

auch offen in ihrem Manifest. Auf der<br />

Demo haben sie sich diskriminierend<br />

gegenüber trans* Personen und People<br />

of Color (PoC) III verhalten. Das Demo-<br />

Bündnis versicherte damals erst nach<br />

einem öffentlichen Outcall, dass Terre de<br />

Femmes nie wieder Teil des Bündnisses<br />

sein wird. In diesem Jahr war Terre de<br />

Femmes jedoch wieder Teil des Bündnisses!<br />

Mensch reflektiert nicht, ob eine<br />

feministische Gruppe trans*feindlich ist,<br />

sondern denkt sich, weil da Feminismus<br />

draufsteht, ist das schon in Ordnung.<br />

Zusätzlich zu diesem Fiasko hat mich noch<br />

der Umgang mit der Gruppe Trans*Fläche<br />

zu der Serie bewegt. Trans*Fläche ist eine<br />

Gruppe aus trans* Personen, die sichere<br />

und selbstbestimmte Orte für trans*<br />

Personen fordern und deshalb ein Haus<br />

besetzt hatten. Dieses Jahr haben sie ein<br />

Zine IV veröffentlicht, das durch linke Kreise<br />

in den sozialen Medien gegangen ist. Das<br />

Zine ist stellenweise kritisch zu lesen und<br />

einzelne Texte darin sind debattierbar. Die<br />

Gruppe hat jedoch selbst gesagt, dass sie<br />

keine fachliche Abhandlung schreiben,<br />

sondern ihren eigenen Marginalisierungserfahrungen<br />

emotional und affektiv Luft<br />

machen. Im Zuge dessen haben sich<br />

Antifa-Gruppen und<br />

TERFs zusammengetan<br />

und in den<br />

sozialen Medien gegen<br />

die Trans*Fläche-<br />

Gruppe gehetzt und<br />

das Zine verrissen.<br />

Dabei haben sie sich<br />

mit trans*feindlichen,<br />

teilweise rechtspopulistischen<br />

Aussagen gegenseitig<br />

übertroffen, sodass<br />

selbst linke Gruppen<br />

von Nazis nicht mehr unterscheidbar<br />

waren. In einem breiteren feministischen<br />

Kontext waren diese Angriffe jedoch kein<br />

Thema: Es gab nur wenige Initiativen,<br />

die Solidarität gezeigt haben. Gleichzeitig<br />

sind am selben Tag das Haus der<br />

Trans*Fläche geräumt und die Leute in<br />

FOTO: RAIMOND SPEKKING / CC BY-SA 4.0 WIKIMEDIA.ORG<br />

Sahra Wagenknecht – altlinke<br />

Vorkämpferin, die die Marotten von<br />

skurrilen Minderheiten nicht mehr versteht<br />

SZENE 5<br />

Polizeigewahrsam genommen worden.<br />

So sieht trans* Solidarität aus: Sprich, sie<br />

ist nicht vorhanden. Diese Momente sind<br />

der Grund, warum ich mich entschied, auf<br />

Instagram die Beitragsreihe zu starten.<br />

Diese Frustration kann ich nachvollziehen.<br />

Die Vereinnahmung von<br />

Menschen mit Vulvas und Uteri<br />

auf feministischen Demos ist so<br />

eklig. Kannst du erklären, warum<br />

Feminismus nicht nur den endo cis<br />

Frauen gehört? Warum sind trans*,<br />

inter* und nicht-binäre Personen kein<br />

extra Thema, sondern gehören zum<br />

Fundament von Feminismus?<br />

Ich bin immer wieder überrascht, wie solche<br />

eigentlich augenscheinlichen Tatsachen vergessen<br />

werden, dass mensch sagt: Hey, wir<br />

reden jetzt über Geschlechtergerechtigkeit,<br />

aber im nächsten Beitrag geht es explizit<br />

um FrauenTM. Meist wird sich auf reproduktive<br />

Gerechtigkeit zurückgezogen und<br />

damit die Konzentration auf endo cis Frauen<br />

begründet. Doch es ist kein Frauenthema<br />

und diesen Umstand zu bemerken, ist kein<br />

Hexenwerk. Es ist offensichtlich, dass nicht<br />

nur Frauen einen Uterus besitzen. Aber<br />

alle Menschen mit Reproduktionsorganen<br />

brauchen feministische Emanzipation: Bis<br />

2011 waren beispielsweise Zwangssterilisationen<br />

für trans* Personen noch gesetzlich<br />

verpflichtend, wenn sie rechtlich anerkannt<br />

werden wollten. Die Zugänge zu reproduktiver<br />

Medizin werden für trans* Männlichkeiten<br />

und nicht-binäre Personen bis<br />

heute heftig beschnitten. Inter* Personen<br />

werden regelmäßig bei nicht-konsensuellen<br />

Operationen sterilisiert. Der Zugang zu solch<br />

Sachen wie die Konservierung von Samen<br />

und Eizellen ist für trans* Personen eingeschränkt.<br />

Das sind alles Themen, die ebenso<br />

mit reproduktiven Rechten zu tun haben.<br />

Wenn mensch sich mit so einem Thema<br />

auseinandersetzt, wie es Feministinnen<br />

tun, dürfte es eigentlich nicht schwerfallen,<br />

diese Problemfelder<br />

zu bemerken. Doch<br />

aufgrund der eigenen<br />

Scheuklappen, die durch<br />

bestimmte Privilegien<br />

aufgesetzt werden, fällt<br />

so was leider nicht auf.<br />

Was ich dabei besonders<br />

bemerke, ist, dass Feminismus<br />

nicht als Mittel<br />

für eine ganzheitliche<br />

Bewegung für soziale<br />

Gerechtigkeit begriffen<br />

wird. Feminismus ist<br />

wie Antirassismus oder Antifaschismus<br />

ein Werkzeug neben vielen, um soziale<br />

Gerechtigkeit zu erreichen. Wenn ich<br />

versuche, mich mit Themen der sozialen<br />

Gerechtigkeit auseinanderzusetzen,<br />

muss ich Kategorien wie Klasse oder race<br />

mitdenken. So was kommt leider häufig


6 SZENE<br />

zu kurz. Dann wird gesagt: Im Feminismus<br />

kümmern wir uns nur um Geschlechterverhältnisse.<br />

Dabei wird nicht mitgedacht,<br />

dass zum Beispiel die Erfahrung, die ich<br />

aufgrund eines klassistischen Ausschlusses<br />

mache, sich genauso auf die geschlechterspezifische<br />

Diskriminierung, die ich erlebe,<br />

auswirkt. Diese Kämpfe lassen sich nicht<br />

trennen. Der Mainstream-Feminismus<br />

arbeitet mit einer universellen Vorstellung<br />

einer Frau, ohne festzustellen, dass es<br />

die eine weibliche Perspektive gar nicht<br />

gibt, sondern die behauptete universelle<br />

Perspektive vor allem die Perspektive von<br />

privilegierten weißen Frauen ist. Arme<br />

Menschen, Menschen mit Behinderung<br />

oder nicht-weiße Menschen erleben<br />

andere soziale Ausschlüsse und benötigen<br />

dementsprechend andere feministische<br />

Strategien.<br />

Mainstream-Feminismus vergisst<br />

trans* Themen und will lieber einen<br />

getrennten trans* Aktivismus. Doch<br />

TERFs, also Trans-Exclusionary<br />

Radical Feminists, legen ihren<br />

ganzen Fokus auf trans* Personen<br />

und ihre Auslöschung. Wie kommt<br />

man auf so eine Verdrehung der<br />

Gefahrenlage, wenn man sich diese<br />

ganze sexistische Welt ansieht?<br />

Na ja, wie mensch auf diese<br />

Verdrehung der Gefahrenlage<br />

kommt, frage<br />

ich mich tatsächlich<br />

auch. Häufig heißt<br />

es, dass Frauen in einem feministischen<br />

Kampf etwas erkämpft hätten und jetzt<br />

Sorge haben, dass sie durch andere<br />

Perspektiven etwas abtreten müssten. Das<br />

ist eine schön klingende Entschuldigung für<br />

privilegierte Fragilität.<br />

Der Mechanismus<br />

ist ähnlich, wie wenn<br />

weiße Menschen<br />

Abwehrreflexe<br />

gegenüber antirassistischen<br />

Bestrebungen<br />

verspüren. Entweder<br />

nutzt du dein<br />

Privileg, um mich zu<br />

beteiligen, oder du<br />

trittst es ab. Ich als<br />

weiße Person kenne<br />

diesen Reflex sehr<br />

gut, mich in die Abwehr zu flüchten und<br />

zu sagen: Aber ich bin noch ein*e von den<br />

Guten. Ich sehe eine ähnliche Dynamik,<br />

wenn Feministinnen versuchen, ihren Feminismus<br />

gegen neu erstarkende Perspektive<br />

zu verteidigen. Diese Perspektiven wirken<br />

neuartig, jedoch waren sie schon immer Teil<br />

feministischer Bestrebungen. Sie wurden<br />

aktiv kleingehalten und marginalisiert, um<br />

sie aus sozialen Bewegungen herauszudrücken.<br />

Der Versuch der Unsichtbarmachung<br />

ist nicht neu. Es ist die alte Leier von<br />

privilegierten Personen, die sich relativ nah<br />

der gesellschaftlichen Mitte befinden<br />

und versuchen, das bisschen, das<br />

sie sich erkämpft haben, und<br />

vor allem ihre gesellschaftlich<br />

FOTO: PRIVAT<br />

Mine Wenzel<br />

privilegierte Position zu verteidigen. Gesellschaftliche<br />

Veränderung und Bekämpfung<br />

von Privilegien funktionieren am Ende nur,<br />

wenn ich bestimmte Privilegien anfange<br />

zu teilen. Damit ist ein Status quo nicht<br />

aufrechtzuerhalten. Die<br />

Abwehr ist durchaus<br />

verständlich, weil die<br />

privilegierte Position<br />

bedroht wird. Was ich<br />

gefährlich finde, ist, dass<br />

dieser Verteidigungsreflex<br />

nicht aufgrund einer vergangenen<br />

feministischen<br />

Bewegungserfahrung<br />

ausgelöst wird, sondern<br />

dass darin aktiv<br />

Trans*Feindlichkeit<br />

mitschwingt. Dieser<br />

Hass ist verwurzelt in Texten wie „The<br />

Transsexual Empire“ von Janice Raymond.<br />

Diese Ideen und Bewegungen verfolgen das<br />

Ziel, trans* Menschen aus der Gesellschaft<br />

auszuschließen. In Form von Psycho-<br />

Pathologisierung und von psychiatrischen<br />

Einweisungen soll Trans*Geschlechtlichkeit<br />

aus der Gesellschaft verbannt werden.<br />

Diese Logik basiert auf Be_hindertenfeindlichkeit<br />

V und Eugenik. Es wird argumentiert,<br />

dass trans* Menschen den gesellschaftlichen<br />

Zusammenhalt gefährden. Dabei<br />

klingen Gedankenfiguren an, wie die<br />

sogenannte Trans*Ideologie sei gefährlich<br />

für unsere Kinder und für unsere Frauen.<br />

Diese Argumentationslinie kennen wir:<br />

Da kommen die bösen Invasor*innen, die<br />

unseren gesellschaftlichen Zusammenhang<br />

gefährden und versuchen, sich in unsere<br />

Räume einzuschleichen und uns zu<br />

korrumpieren. Diese Narrative sind sehr<br />

alt und finden sich in antisemitischen<br />

oder rassistischen Verschwörungsmythen<br />

wieder. Diese Menschen bemerken nicht,<br />

wie tief ihre Trans*Feindlichkeit reicht. Es<br />

geht nicht darum, sich für Frauen stark zu<br />

machen, sondern marginalisierten Personen<br />

das Leben unmöglich zu machen. Das sind<br />

aktive Auslöschungsversuche und das ist<br />

brandgefährlich.<br />

Mich erinnert die Rhetorik von<br />

„Frauen schützen“ sehr stark an<br />

Nazi-Argumentationen zum Schutze<br />

der weißen blonden Frau als Bild der<br />

Unschuld und Vertreterin des Volkes.<br />

Absolut. TERFs sind mit ihren Forderungen<br />

und ihrer Rhetorik Steigbügelhalterinnen<br />

von neuen völkischen Bewegungen wie<br />

AfD und Pegida. Rechte sagen: Wir wollen<br />

unsere weißen Frauen und unser Vaterland<br />

beschützen. Die Frau steht als Figur für das<br />

Behüten und Aufziehen von Kindern und<br />

sichert somit die nationalistisch-kapitalistische<br />

Reproduktion für eine funktionierende<br />

und verwertbare Gesellschaft. Einher geht<br />

mit diesem Bild die Angst von Invasoren,<br />

welche in der Regel nicht-weiße Menschen


SZENE 7<br />

darstellen. Diese Argumentationsstruktur<br />

wird auf alle trans* Personen übergestülpt,<br />

insbesondere auf Trans*Weiblichkeiten.<br />

Marginalisierte Gruppen werden immer<br />

dann als Feindbilder inszeniert, wenn der<br />

gesellschaftliche Status quo verteidigt<br />

bzw. Privilegien weiter ausgebaut werden<br />

sollen. Dieser Mechanismus passiert nicht<br />

nur auf der ideologischen Ebene, sondern<br />

auch auf der materiellen: Für bestimmte<br />

Gruppen wird der gesellschaftliche Zugang<br />

eingrenzt wie zum Beispiel zum Arbeitsoder<br />

Wohnungsmarkt sowie zur Bildung.<br />

Es ist kein Wunder, dass es zuallererst und<br />

insbesondere diejenigen schwer trifft, die<br />

eine mehrfache Marginalisierung erleben:<br />

Undokumentierte Sexarbeiter*innen oder<br />

nicht-weiße Queers sind von mehreren<br />

dieser rassistischen und trans*feindlichen<br />

Argumentation gleichzeitig betroffen.<br />

Sie erleben die volle Härte einer Welt aus<br />

weißer Vorherrschaft und Cisnormativität VI .<br />

In Großbritannien und in den USA ist<br />

die Ideologie von TERFs schon sehr<br />

weit fortgeschritten. Um nicht von<br />

TERFs überrannt zu werden müssten<br />

sich cis Menschen aktiv für unsere<br />

Sicherheit einsetzen? Wie kann die<br />

cis Community uns schützen?<br />

Für ein Ally Sein gehört es immer dazu,<br />

die eigene Position mitzudenken. Ich als<br />

weiße, nicht-be_hinderte trans* Person<br />

versuche mich beispielsweise zu fragen:<br />

Wessen Perspektive kann ich versuchen<br />

zu stärken und ins Zentrum der Aufmerksamkeit<br />

zu rücken? Wie kann ich die Möglichkeiten,<br />

die ich habe, investieren, sodass<br />

mehr Menschen teilhaben können? Wie<br />

kann ich bereits bestehende Bewegungen<br />

unterstützen und Ressourcen zukommen<br />

lassen? Je weiter sich meine Identität in<br />

der gesellschaftlichen Mitte wiederfindet,<br />

desto mehr Einfluss besitze ich und kann<br />

meine Privilegien für soziale Gerechtigkeit<br />

nutzen. Wichtig dabei ist, nicht nur über<br />

Menschen zu reden, sondern Möglichkeiten<br />

schaffen, dass sich Menschen<br />

selbst am Diskurs beteiligen können. In<br />

Situationen, in denen marginalisierte Personen<br />

nicht sprechen können oder wollen,<br />

weil sie sich zum Beispiel angreifbar oder<br />

verwundbar machen, kann ich ihnen meine<br />

Stimme leihen. Wenn marginalisierte<br />

Personen aber sprechen können, bin ich<br />

dazu verpflichtet, die Bühne zu Räumen.<br />

Für den Schutz von trans* Personen<br />

reicht es nicht aus zu sagen, dass trans*<br />

Frauen Frauen sind. Damit werde ich trans<br />

Feind*innen nie überzeugen können. Wenn<br />

Menschen von einem biologistischen<br />

Geschlechterbild ausgehen, werde ich mit<br />

„Trans* Frauen sind Frauen!“ nicht dagegen<br />

vorgehen können. Das ist schlicht und<br />

ergreifend nicht hilfreich. Ich brauche eine<br />

tatsächliche Argumentation, die sich an<br />

materiellen Realitäten orientiert. Ich muss<br />

mich fragen, welcher Ideologie stehe ich<br />

gegenüber, was hat sie für Auswirkungen?<br />

Was haben Ausschlüsse aus dem<br />

Gesundheitssystem für Auswirkungen?<br />

Minderheitenstress, soziale Ausschlüsse,<br />

Probleme auf dem Arbeitsmarkt,<br />

Diskriminierung auf dem Wohnungsmarkt,<br />

reproduktive Ungerechtigkeit sind nur<br />

einige Beispiele. Ich kann im globalen<br />

Zusammenhang schauen: Wer sind die<br />

Personen, die die Reproduktionsarbeit für<br />

weiße Kapitalist*innen leisten? Es sind<br />

häufig osteuropäische oder nicht-weiße<br />

Arbeiter*innen, die undokumentiert in den<br />

Haushalten arbeiten und aufgrund ihrer<br />

prekären Lage Schwierigkeiten haben, aus<br />

diesen missbräuchlichen Verhältnissen<br />

auszubrechen. Ich kann dann analysieren,<br />

wie materielle Ungleichbehandlung sich<br />

auf diese Communities auswirkt. Ich<br />

muss als privilegierte Person anfangen zu<br />

sehen, wie Diskriminierungsphänomene<br />

Hand in Hand gehen. Wenn wir über TERFs<br />

sprechen, sprechen wir häufig auch über<br />

diejenigen, die sich gegen die Inklusion<br />

von Sexarbeiter*innen aussprechen. Dann<br />

sprechen wir häufig über diejenigen, die<br />

mit anti-muslimischem Rassismus in die<br />

Argumentation gehen und versuchen,<br />

weiße Deutungshoheit und white<br />

saviorism in Form von „Wir retten euch!“<br />

durchzusetzen. Der Schutz von trans* Personen<br />

ist somit untrennbar mit anderen<br />

Diskriminierungsformen verbunden. Für<br />

eine soziale Bewegung muss ich materielle<br />

Realitäten analysieren: Wem und wie<br />

werden Ressourcen in dieser Gesellschaft<br />

verwehrt und wer profitiert davon?<br />

Vielen Dank! Möchtest du noch<br />

einen eigenen Punkt reinbringen, der<br />

dir bisher noch gefehlt hat?<br />

So viele Dinge, von denen ich spreche,<br />

sind keine Sachen, die ich mir selbst<br />

ausgedacht habe. Ich lerne viel von<br />

anderen Geschwistern, die diese Arbeit<br />

schon viel länger als ich machen. Gerade<br />

was antirassistische und anti-ableistische VII<br />

Diskurse angeht. Feminismus ist eine<br />

Bewegung, die aus mehreren Perspektiven<br />

besteht. Es ist wichtig, sich selbst immer<br />

wieder einzuladen, dazuzulernen und<br />

denjenigen zuzuhören, die einen anderen<br />

Erfahrungsschatz haben als mensch selbst.<br />

https://www.instagram.com/<br />

mine_undclaudia/<br />

*Interview: Victoria Forkel<br />

I Endo(geschlechtlich) ist das Gegenstück zu inter*<br />

(geschlechtlich). Das heißt, Menschen sind endo, wenn ihre<br />

Körper nach dem westlichen medizinischen Modell in die<br />

Kategorien von Mann und Frau passen und daher keine<br />

Inter*Feindlichkeit erleben.<br />

II Weiß wird klein und kursiv geschrieben, um zu markieren,<br />

dass es sich nicht um eine Beschreibung von einer<br />

Hautfarbe, sondern um die Markierung der von Rassismus<br />

privilegierten Position handelt.<br />

III People of Color ist eine politische Selbstbezeichnung<br />

nicht-Schwarzer, negativ von Rassismus betroffener<br />

Personen. Dabei handelt es sich nicht um eine Hautfarbenbeschreibung,<br />

sondern um eine bewusste Positionierung in<br />

einer auf Rassismus aufbauenden Gesellschaft.<br />

IV Ein Zine ist eine Publikation in sehr kleiner Auflage.<br />

V Der Unterstrich in „Be_hinderung“ soll verdeutlichen, dass<br />

betroffene Menschen durch die Gesellschaft be_hindert<br />

werden und nicht nur durch die Be_hinderung selbst.<br />

VI Cisnormativität ist die Vorstellung, dass cis Menschen<br />

normal und natürlich sind, während jede Abweichung davon<br />

als unnormal und unnatürlich angesehen wird.<br />

VII Ableistisch ist ein anderes Wort für be_hindertenfeindlich.<br />

FOTO: GGAADD / CC0


8 SZENE<br />

INTERVIEW<br />

FOTO: ARNE WEYCHARDT (CHANGE - DAS MAGAZIN DER BERTELSMANN STIFTUNG)<br />

GENDERGAGA<br />

im Kindergarten: vorbildlich!<br />

Der zur PEDIA-Gruppe gehörende<br />

Deutsch-Chinesische-<br />

Kindergarten in Hamburg hat mit<br />

der PRIDE Kindergruppe ein kleines,<br />

aber feines Pilotprojekt gestartet,<br />

das zur Nachahmung empfohlen ist.<br />

Wir sprachen mit dem Geschäftsführer<br />

des Unternehmens, Stefan<br />

Hensel.<br />

Wie kamt ihr auf die Idee?<br />

Vielen Menschen fehlt der zwischenmenschliche<br />

Austausch. Entwicklungspsychologisch<br />

gesehen verpassen Kinder eine<br />

Menge, wenn sie nicht mit Gleichaltrigen<br />

sozialisiert werden. Wir haben viele queere<br />

Familien kennengelernt, die niemanden<br />

anderen kannten oder vielleicht nur eine<br />

andere gleichgesinnte Familie. Dabei ist<br />

es sehr wichtig zu sehen, dass es andere<br />

Familien mit ähnlichen Problemen gibt:<br />

Ob sie ein Kind adoptiert haben, ein Kind<br />

pflegen oder durch eine Leihmutterschaft<br />

ein Kind bekommen haben – sie sitzen alle<br />

im gleichen Boot, egal ob es sich um ein<br />

lesbisches oder schwules Elternpaar oder<br />

um andere Konstellationen handelt. Unsere<br />

Grundidee war, diese Eltern und ihre Kinder<br />

zusammenzubringen. Für die Zukunft<br />

würde ich mir wünschen, dass es selbstverständlich<br />

ist allen Eltern und Kindern<br />

mit ihren Bedürfnissen gerecht Wir<br />

machen jetzt kein großes Bohei und sagen,<br />

dass wir schwulen- und lesbenfreundlich<br />

sind. Für uns ist das selbstverständlich.<br />

Ihr seid im Sommer 2020 gestartet,<br />

mitten in der Pandemie. Wie läuft das<br />

Angebot?<br />

Wir treffen uns nach wie vor und halten<br />

das Angebot unter Einhaltung der Hygienemaßnahmen<br />

aufrecht. Bewusst haben<br />

wir uns dafür entschieden unser Angebot<br />

nicht in eine digitale Form zu überführen,<br />

das hätte gar keinen Sinn. Wir sind davon<br />

überzeugt, das gerade für junge Kinder der<br />

direkte Kontakt, auch bzw. gerade in der<br />

Pandemie, unglaublich wichtig ist. In ihrem<br />

ganzen Alltag in der Pandemie sind die Kinder<br />

bereits drastisch eingeschränkt. In der<br />

PRIDE Kindergruppe haben wir wenigsten<br />

in eingeschränkter Form die Möglichkeit<br />

etwas Normalität und Austausch mit<br />

anderen Kindern und Familien zu bieten.<br />

Wie groß ist der Andrang?<br />

Normalerweise kommen zwischen vier<br />

und sechs Eltern. Die Größe ermöglicht<br />

es den Eltern zum einen eine Verbindung<br />

untereinander einzugehen. Zum anderen<br />

ist die Gruppengröße natürlich wichtig, um<br />

unser Hygieneschutzkonzept umzusetzen.<br />

Wir bekommen auch immer wieder<br />

Beratungsanfragen. Diese leiten wir an pro<br />

Familia oder an die Caritas weiter, diese<br />

Initiativen können die Familien zielgerichtet<br />

und gegebenenfalls längerfristig begleiten.<br />

Welches Echo hattet ihr mit eurem<br />

Kindertreff?<br />

Wir hatten ein bisschen Zuspruch, aber<br />

auch die schwul-lesbische Community hat<br />

sich relativ zurückgehalten. Irgendwie freut


mich das auch, weil das bedeutet, dass<br />

schwule und lesbische Eltern bereits die<br />

Möglichkeit sehen, ihre Kinder einfach in die<br />

Kita um die Ecke zu bringen. Andererseits<br />

sind viele Eltern auf uns zugekommen<br />

und haben gesagt, dass sie die Idee des<br />

Austausches super finden, weil sie ihre<br />

Lebensentwürfe in anderen organisierten<br />

Angeboten nicht wiederfinden.<br />

Eine spitze Frage: Braucht es eine<br />

dezidiert lesbisch-schwule Gruppe in<br />

unserer Gesellschaft noch?<br />

Wir sind ein Unternehmen mit ca. 110 Mitarbeiterinnen<br />

und Mitarbeitern. Obwohl sich<br />

unsere homosexuellen Kolleginnen und<br />

Kollegen bei uns wohlfühlen, erlebe ich es<br />

oft, dass viele von ihnen in Bezug auf ihre<br />

Sexualität sehr zurückhaltend sind. Denn<br />

im frühkindlichen Bildungsbereich ist eine<br />

größere Stigmatisierung homosexueller<br />

Sexualität zu erleben als bei anderen Themen.<br />

Wir durchbrechen bekannte Muster,<br />

denn bei uns dürfen sich die Kinder beispielsweise<br />

aussuchen, von wem sie gewickelt<br />

werden möchten und von wem nicht.<br />

Kinder spüren schon früh Präferenzen und<br />

zeigen, wen sie mögen. Viele Kolleginnen<br />

und Kollegen zeigen ihr privates Leben<br />

nicht nach außen, weil sie Bedenken haben.<br />

Das ist nicht nur bei uns so, sondern findet<br />

sich in allen Berufsfeldern, die mit Kindern<br />

und Jugendlichen zu tun haben, wieder.<br />

Mit einer offen gelebten Homosexualität<br />

macht man sich immer noch angreifbar,<br />

da man schnell mit Missbrauch in<br />

Verbindung gebracht wird.<br />

Die Unterscheidung zwischen<br />

Missbrauch und<br />

sexueller Orientierung<br />

ist nicht bei allen<br />

angekommen. Hier<br />

Bedarf es gesamtgesellschaftlich<br />

gesehen weiterhin<br />

Aufklärung.<br />

Wie geht ihr an das<br />

Thema Rollenbilder<br />

ran, was würdet ihr euch<br />

wünschen?<br />

Ich glaube, dass es schon einen großen<br />

Unterschied machen würden, wenn in<br />

jeder Kita ein, zwei Bücher mit von dem<br />

klassischen Rollenmodel abweichenden<br />

Lebensentwürfen zu finden wären.<br />

Konkret heißt das zum Beispiel auch,<br />

dass man Kinder, wenn sie etwas aus der<br />

Bekleidungskiste nehmen, machen lässt.<br />

Die Betreuung von Kindern hat mittlerweile<br />

einen höheren Stellenwert erlangt. Durch<br />

gesellschaftspolitische Veränderungen,<br />

SZENE 9<br />

werden Kinder bereits unter drei Jahren in<br />

Krippen betreut. Entsprechend prägend<br />

sind Erfahrungen, die Kinder in unseren<br />

Bildungseinrichtungen machen. Gerade<br />

Diversität ist in bzw. durch Bilderbücher<br />

sind super vermittelbar. So kann<br />

gezeigt werden, dass Familien<br />

auch zwei Väter haben können.<br />

Bei einem lesbischen<br />

Paar fragen wir das Kind:<br />

Wo warst du mit Mama<br />

und Mama im Urlaub?<br />

Wenn Eltern oder Kinder<br />

fragen, warum es keinen<br />

Papa gibt, erklären wir auf<br />

einfache Weise, dass, egal<br />

wer das Kind gezeugt hat,<br />

diese beiden Personen die Eltern<br />

sind, weil sie sich um das Kind kümmern.<br />

Bisher hat das immer funktioniert, denn<br />

um das zu verstehen, reicht der gesunde<br />

Menschenverstand aus.<br />

FOTO: SHARON MCCUTCHEON / PEXELS<br />

*Interview: Christian Knuth<br />

Regenbogenfamilienstunde, jeden<br />

zweiten Dienstag im Monat, 16:00–17:00<br />

Uhr, Deutsch-Chinesischer-Kindergarten<br />

Hamburg, Anmeldung über office@<br />

chinesischer-kindergarten.de oder 040-<br />

18071011, chinesischer-kindergarten.de


10 SZENE<br />

INTERVIEW<br />

FOTO: DELIA GIANDEINI/UNSPLASH/CC0<br />

Im Vorhof der Genderhölle:<br />

Sind Männer wirklich scheiße?<br />

Hätten wir als Überschrift<br />

„Gender und Queer Studies –<br />

was ist das eigentlich?geschrieben,<br />

wärt ihr jetzt vielleicht gar nicht bis<br />

hier gekommen. Und wir warnen vor:<br />

das wird wirklich deep: Joke Janssen<br />

ist Dozent_ fürGender und Queer<br />

Studies, aktuell promoviert er_ an der<br />

Hamburger Hochschule für bildende-<br />

Künste. Ein Gespräch über Grundlagen,<br />

Strukturen und Perspektiven. *ck<br />

Es gibt viele Rechte, die in Gender<br />

und Queer Studies als Brutstätten<br />

einer sogenannten Gender-Ideologie<br />

ansehen. Was sind Gender und Queer<br />

Studies überhaupt?<br />

Es geht um die Zerstörung der Ehe, die<br />

Pervertierung der Nation und die Zersetzung<br />

des Abendlandes. Das ist das Basisprinzip<br />

des Studiengangs. (lacht) Ich würde<br />

erst mal zwischen Gender und Queer<br />

Studies trennen, weil die unterschiedlich<br />

gelagert sind. Gender Studies ist der größere<br />

Studiengang der beiden und ist an vielen<br />

Universitäten und Hochschulen vertreten.<br />

Queer Studies als Studiengang gibt es<br />

meines Wissens nur noch in Köln. Gender<br />

Studies oder Geschlechterstudien sind aus<br />

den Frauenstudien entstanden und diese<br />

sind wiederum aus der Frauenbewegung<br />

gewachsen. Sie behandeln Fragen von<br />

gesellschaftlichen Machtverhältnissen<br />

in Bezug auf Geschlecht. Queer Studies<br />

bildeten sich in den USA der 1990er aus der<br />

Schwulen- und Lesbenbewegung heraus<br />

und sind u.a. durch die AIDS-Krise geprägt<br />

worden. In den Queer Studies geht es sowohl<br />

um Sexualität und Geschlecht als auch um<br />

die Infragestellung von Kategorien. In den<br />

Queer Studies haben wir es immer gleichzeitig<br />

mit marginalisierten Identitäten und einer<br />

Infragestellung von Identität zu tun. Queer<br />

Studies sind stark vom Poststrukturalismus<br />

geprägt worden. Diese Denkrichtung behandelt<br />

gesellschaftliches Wissen, sogenanntes<br />

diskursives Wissen. Was können wir zu einem<br />

bestimmten Thema sagen? Was können wir<br />

gar nicht sagen? Was bleibt außerhalb des<br />

Denkbaren? Außerdem gibt es in den Queer<br />

Studies eine durch psychoanalytische und<br />

postkoloniale Theorien gespeiste Beschäftigung<br />

mit dem Subjekt, also mit Subjektivierung.<br />

Wie werden wir zu den Subjekten, die<br />

wir innerhalb einer bestimmten Gesellschaft<br />

sind? Queer Studies sind eine relativ<br />

komplizierte akademische Richtung. Dieser<br />

große Theoriehaufen führt dazu, dass Queer<br />

Studies manchmal ein bisschen abgehoben<br />

und entfernt von der Community sind.<br />

„Es geht um die Zerstörung<br />

der Ehe, die<br />

Pervertierung der Nation<br />

und die Zersetzung des<br />

Abendlandes. Das ist<br />

das Basisprinzip des<br />

Studiengangs.“<br />

Mein Verständnis ist, dass in den<br />

Gender Studies nicht hinterfragt wird,<br />

was überhaupt eine Frau ist. In den<br />

Queer Studies schon. ...<br />

Genau. Gender Studies können sehr gut<br />

mit einem binären Geschlechterbild funktionieren.<br />

Das heißt, dass ich nach wie vor<br />

nur über Männer und Frauen forschen kann,<br />

leider auch jetzt noch. Das ist in den Queer<br />

Studies nicht möglich. Da ist klar, dass wir<br />

mit der Konstruiertheit von Geschlecht<br />

umgehen müssen und eine Vielfalt von<br />

Geschlechtsidentitäten existieren.<br />

Bei Vorwürfen Gegner*innen wird<br />

ein Bild erschaffen, als würden wir<br />

in Gender und Queer Studies drei<br />

Stunden lang darüber reden, dass<br />

Männer scheiße sind und Frauen<br />

weniger Geld verdienen. Es entsteht<br />

ein Bild, dass jede*r über das Fach<br />

unterrichten könnte. Warum stimmt<br />

das nicht?<br />

Wir haben alle irgendwas mit Geschlecht<br />

zu tun. Wir werden geboren und uns wird<br />

ein Geschlecht zugesprochen. Mal mehr<br />

und mal weniger gewaltvoll. Das führt zu<br />

der Vorstellung, dass wir alle etwas zu<br />

Geschlecht sagen können. Geschlecht und<br />

Sexualität sind einerseits natürlich Alltagswissen,<br />

aber eben nicht nur. Es ist auch ein<br />

Lernbereich, indem wir uns spezialisieren<br />

können, wie in anderen Fachbereichen<br />

auch. Der Schritt von Geschlecht als<br />

individueller Alltagserfahrung hin zu einer<br />

Gesellschaft strukturierenden, machtvollen<br />

Kategorie wird häufig nicht gemacht.


Wenn ich aus Gender und Queer Studies<br />

mit der Botschaft rausgehe, dass Männer<br />

scheiße sind und Frauen weniger Geld<br />

verdienen, dann habe ich auf jeden Fall das<br />

Falsche gelernt. Oder zu wenig. Oder ich<br />

habe es nicht geschafft, von der individuellen<br />

Ebene auf eine Strukturebene zu wechseln.<br />

Bei den Gender und Queer Studies gehört<br />

es dazu zu lernen Gesellschaft über<br />

Machtverhältnisse strukturiert zu verstehen.<br />

Geschlecht und Sexualität sind nur zwei<br />

davon. Da kommen noch diverse andere<br />

Diskriminierungsformen wie Rassismus,<br />

Ableismus, Klassismus dazu. Diese greifen<br />

ineinander: Ich kann Geschlecht z. B. nicht<br />

von Rassifizierung oder von Körpern trennen.<br />

Solche Themen kann ich mir nicht aus dem<br />

Ärmel schütteln, sondern ich muss lernen,<br />

wie ich auf Gesellschaft, Subjekt, Begehren<br />

und Diskriminierung gucke. Um bei deinem<br />

Beispiel zu bleiben „Männer sind scheiße“.<br />

Ich kann das zwar so sagen, aber was bringt<br />

mir das? Es wäre aus Sicht der Gender und<br />

Queer Studies interessanter zu gucken, dass<br />

unsere Gesellschaft über eine bestimmte<br />

Form von Männlichkeit organisiert ist. Sie<br />

ist ein Grundbaustein dieser Gesellschaft,<br />

Nation und des westlichen Subjekts. Alles,<br />

was wir lernen über uns und wie wir zu<br />

denen, die wir sind, werden, ist über Männlichkeit<br />

definiert. Diese Art von Männlichkeit<br />

ist schädlich, sie ist kolonialistisch geprägt<br />

und beruht auf der Vorstellung bestimmter<br />

körperlicher und geistiger Verfassungen oder<br />

Befähigungen. Diese Vorstellung ist in uns<br />

allen, nicht nur in denjenigen, die Männer in<br />

dieser Gesellschaft sind.<br />

„Das Prinzip Männlichkeit<br />

müssen wir<br />

alle analysieren und in<br />

seiner Schädlichkeit<br />

bekämpfen.“<br />

Es ist toxisch sowohl für individuelle Männer<br />

als auch für unseren gesellschaftlichen<br />

Umgang miteinander und Gesellschaft an<br />

sich. Dein nächstes Beispiel mit dem Geldverdienen:<br />

Dass Frauen weniger verdienen,<br />

ist natürlich auf einer individuellen und<br />

politischen Ebene wichtig und muss geändert<br />

werden. Ich kann mich also hinsetzen<br />

und politisch daran arbeiten, dass Frauen<br />

genauso viel Geld verdienen wie Männer.<br />

Aber aus einer queer-feministischen Perspektive<br />

ist die Fragestellung zu kurzgefasst<br />

und analytisch fehlerhaft. Und zwar aus<br />

mehreren Gründen. Zum einen erfasst<br />

die Statistik meistens nur die Kategorien<br />

„Männer“ und „Frauen“, neuerdings vielleicht<br />

noch „divers“. Aber wer kann sich eigentlich<br />

unter divers einordnen? Dieses Konstrukt ist<br />

ja nicht für alle zugänglich, die es vielleicht<br />

füllen könnten.<br />

Das heißt, wenn ich statistisch Männer<br />

und Frauen in ihren Berufen erfasse, wen<br />

erfasse ich eigentlich? Und wen erfasse<br />

ich nicht? Wenn ich irgendwann an den<br />

Punkt komme, dass ich sagen kann: Männer<br />

und Frauen sind gleich bezahlt. Sind dann<br />

alle Menschen gleich bezahlt oder sind<br />

tatsächlich nur Männer und Frauen gleich<br />

bezahlt? Bei solchen Statistiken liegt der<br />

Fokus außerdem meist auf legalen bzw.<br />

legalisierten Arbeitsverhältnissen. Das<br />

heißt, ich habe innerhalb eines Staates<br />

wie Deutschland eine große Menge von<br />

Menschen, die in dieser Auflistung gar nicht<br />

erfasst sind. Aus einer queer-feministischen<br />

und intersektionalen Perspektive liegt mir<br />

eher daran, dass alle Menschen eine gleiche<br />

Lebensgrundlage erhalten oder dass ihre<br />

Arbeit eine gleiche Wertigkeit erfährt. Beim<br />

Fokus auf das Geldverdienen von Frauen<br />

übersehe ich also sowohl verschiedene<br />

Geschlechter als auch illegalisierte oder<br />

undokumentierte Arbeitsverhältnisse. Wenn<br />

ich auf eine Meta-Ebene gehe, kommt noch<br />

hinzu, dass die Behebung der schlechteren<br />

finanziellen Situation von Frauen nur ein<br />

Pflaster für vergeschlechtlichte Machtverhältnisse<br />

darstellt. Das Bild von Geschlecht<br />

wird nicht dadurch verändert, dass Frauen<br />

genauso viel verdienen wie Männer. In<br />

den Gender und Queer Studies muss ich<br />

begreifen, dass unsere Gesellschaft über<br />

Geschlecht geordnet wird und das in der<br />

Einteilung in ein binäres Geschlecht, in der<br />

Hierarchisierung zwischen Männern und<br />

Frauen und dann in dem Ausschluss aller<br />

anderen Geschlechter, nicht nur individuelle<br />

Diskriminierung liegt, sondern dass<br />

da drin eine Ordnung liegt.<br />

Diese Ordnung hält<br />

Gesellschaft am Laufen<br />

und diese Ordnung<br />

hält eine bestimmte<br />

Machtverteilung<br />

aufrecht, sodass für<br />

einzelne Gruppen<br />

der Bevölkerung<br />

eine privilegierte<br />

Position gesichert<br />

wird. Die Aufgabe von<br />

Gender und Queer Studies<br />

ist es, solche Zusammenhänge<br />

herauszuarbeiten und dazu beizutragen,<br />

die gesellschaftlichen Ungleichheiten zu<br />

verändern bzw. abzuschaffen.<br />

Queer Studies benötigt teilweise<br />

so viel Vorwissen, dass eine Lücke<br />

zwischen der queeren Community<br />

und den Queer Studies entsteht.<br />

Gleichzeitig kam mir der Gedanke,<br />

dass die schlechte universitäre Lage<br />

in Deutschland dazu führt, dass die<br />

Community teilweise viel weiter ist<br />

als das Wissen, was gerade in Universitäten<br />

und Hochschulen angeboten<br />

wird. Was sind deine Gedanken dazu?<br />

SZENE 11<br />

Ich würde Community und Academia nicht<br />

unbedingt so scharf trennen wollen. Ich<br />

bin z. B. selbst Teil von Community und Teil<br />

von akademischer Forschung. Genauso<br />

wie ich sind viele Leute, die akademisch<br />

mit marginalisierten Themen zu tun<br />

haben, selbst häufig marginalisiert. D.h.<br />

es besteht ein Wechselbezug zwischen<br />

akademischer Forschung und Diskussionen<br />

in der Community. Akademische Forschung<br />

und Community-Wissen sind in einem<br />

Wechselspiel und beeinflussen sich immer<br />

wieder gegenseitig. Mal ist das eine weiter<br />

und mal das andere. Zum Teil kommen die<br />

Themen, die an den Hochschulen erforscht<br />

werden, ja direkt aus dem Leben der<br />

Menschen. Wenn wir uns geschlechtliche<br />

Identifizierung angucken, also z.B. welche<br />

Wörter wir für uns benutzen, merken wir,<br />

dass die sich teilweise so schnell ändern,<br />

dass die Forschung nicht so schnell hinterherkommt.<br />

Gleichzeitig bezieht Community<br />

ihr Wissen aus akademischer Forschung<br />

und entwickelt es weiter, beispielsweise<br />

zu trans*queeren Körperlichkeiten und<br />

Materialisierung von Körperwissen. Eine<br />

Folge der universitären Unterfinanzierung<br />

ist auf jeden Fall, dass sich Menschen in<br />

Queer Studies an den Hochschulen nicht<br />

wirklich weiterentwickeln können. Meine<br />

Erfahrung aus der Lehre ist, dass ich in<br />

jedem Semester, mit jedem Kurs von<br />

vorne anfangen muss, weil es anderswo nie<br />

Thema ist. In meiner Lehre kann ich so auch<br />

nicht weitergehen, weil ich immer wieder die<br />

Basics unterrichten muss. So kann sich an<br />

den Universitäten kein Wissen in den Queer<br />

Studies aufbauen und weiterentwickeln.<br />

Mir ist aufgefallen, dass<br />

wir Texte von vor 30,<br />

40 Jahren gelesen<br />

haben und der Inhalt<br />

bahnbrechend neu<br />

für mich war.<br />

Für mich liegt darin<br />

auch eine Traurigkeit,<br />

dass ich immer wieder<br />

an diesen Punkt komme,<br />

Studierenden 30 Jahre alte<br />

Texte zu geben und die sind so:<br />

„Wow, noch nie gehört!“ Es ist tragisch,<br />

dass marginalisiertes Wissen immer wieder<br />

neu ist und dass es nicht schon längst<br />

zu einer Art Kanon dazugehört. Dadurch,<br />

dass das Wissen an den Universitäten<br />

nicht gefestigt wird, fehlt den Communitys<br />

dieses Wissen. Teil der Gender und Queer<br />

Studies sind beispielsweise auch intersektionale<br />

Denkrichtungen, also Schwarzes<br />

feministisches Denken von vor 30 Jahren<br />

und teilweise noch länger. Schwarzer Feminismus<br />

hat sehr viel dazu beigetragen, wie<br />

wir Mehrfachdiskriminierung verstehen und<br />

wie wir inzwischen über Intersektionalität<br />

und über Identitätspolitik sprechen können,<br />

ohne darin essenzialistisch zu werden. Mein<br />

FOTO: KARL BEWICK/UNSPLASH/CC0


12 SZENE<br />

Erleben ist, dass in der deutschsprachigen<br />

Community Intersektionalität als ein<br />

Arbeitsbegriff langsam ankommt. Häufig<br />

wird er aber ganz anders gefüllt als es damals<br />

und auch immer noch die Idee der dahinterstehenden<br />

Denker_innen des Combahee<br />

River Collective oder Patricia Hill Collins,<br />

Kimberlé Crenshaw und anderen war. Das<br />

passiert dadurch, dass weder queere Theorie<br />

noch Schwarze Theorie noch postkoloniale<br />

Theorie oder sonstige marginalisierte Theorien<br />

regelmäßig unterrichtet werden. So fehlt<br />

der Transfer bestimmter schon lange existierender<br />

Ideen, wie wir mit Essentialismus,<br />

Kategorien und Identitäten umgehen können,<br />

ohne dass es zu einem gegenseitigen<br />

Ausschluss oder Oppression-Olympics wird.<br />

Und Denkgebäude wie Intersektionalität<br />

kommen ja auch aus den Communitys, denn<br />

die Schwarzen Theoretiker_innen von vor<br />

30 Jahren waren nicht von ihrer Community<br />

losgelöst. Und Theorie schwappt dann<br />

wieder zurück in Community. Dadurch, dass<br />

die Basisarbeit fehlt, kommen aber dann<br />

häufig nur noch Fetzen an und die werden<br />

wiederum merkwürdig umgesetzt.<br />

„Schwarzer Feminismus<br />

hat sehr viel dazu<br />

beigetragen, wie wir<br />

Mehrfachdiskriminierung<br />

verstehen und wie<br />

wir inzwischen über<br />

Intersektionalität und<br />

über Identitätspolitik<br />

sprechen können.“<br />

Joke Janssen selbst studierte Mitte<br />

der 2000er Gender und Queer<br />

Studes in Hamburg als es den<br />

Studiengang noch gab.<br />

Wie kommst du als trans* Person im<br />

universitären Raum klar?<br />

Ich navigiere nicht – ich flaniere, kollidiere<br />

und kollabiere. (lacht) Das, was ich als<br />

studierende Person erlebt habe, war<br />

wahrscheinlich sehr privilegiert. In meinem<br />

Studiengang Gender und Queer Studies<br />

war ein großes Bewusstsein für queere und<br />

trans* Menschen da. Ich war damals auch in<br />

Gruppen politisch aktiv und war so auch von<br />

Leuten umgeben, die alle etwas mit Queer<br />

Studies zu tun hatten oder mit anderen<br />

kritischen Studien wie Disability Studies.<br />

Wir haben uns gegenseitig sehr unterstützt.<br />

Ich befand mich wie auf einer kleinen Insel,<br />

deshalb kann ich nicht für trans* Personen<br />

sprechen, die in ihrem Studiengang losgelöst<br />

von Community sind. Als studierende<br />

Person hatte ich großes Glück, weil ich, was<br />

Verwaltungsangelegenheiten angeht, wenig<br />

Stress hatte. Ich bezeichne mich als trans*,<br />

das würde heute vielleicht unter non-binary<br />

laufen. Meine Kämpfe waren woanders, mir<br />

war es meist relativ Latte, wie mich offizielle<br />

Stellen angesprochen haben, das hat mir<br />

Stress erspart. Mittlerweile promoviere ich<br />

und mache Lehre. Das ist noch mal ein<br />

anderer Schnack. Inzwischen erlebe ich Diskriminierung<br />

noch mal anders dadurch, dass<br />

ich länger uneindeutig trans* und auch länger<br />

be_hindert bin. Ich bin über vierzig. Ich muss<br />

einerseits nicht mehr mit den Institutionen<br />

über meine Identität kämpfen. Die ist für<br />

mich in ihrer ganzen Widersprüchlichkeit<br />

gefestigt. In dieser Hinsicht fassen mich<br />

Sachen nicht mehr so an, aber ich habe dafür<br />

andererseits ganz stark das Gefühl, dass ich<br />

an systemischen Ausschlüssen scheitere. Ich<br />

merke, dass das Wissen, was ich mitbringe,<br />

was ich erforschen möchte, nirgendwo<br />

wirklich in der Tiefe ankommt. Ich kann mich<br />

zum Beispiel nicht wirklich gut über mein<br />

Dissertationsthema austauschen. Meine<br />

Forschung handelt von Uneindeutigkeit und<br />

Verkörperungen von trans* Menschen.<br />

Wenn ich über meine Arbeit sprechen<br />

möchte, muss ich immer wieder mit einer<br />

Erklärung anfangen, was trans* eigentlich<br />

bedeutet. Das ist auf Dauer<br />

superfrustrierend. Ich habe durch<br />

die universitäre Vereinzelung<br />

kaum Austausch und kaum<br />

Community. Je höher ich<br />

komme, umso weniger trans*<br />

Personen, be_hinderte oder<br />

anders marginalisierte Leute<br />

gibt es. Häufig werden<br />

marginalisierte Theorien zu<br />

einem Arbeitsgegenstand,<br />

zu einer Analysekategorie,<br />

die aber mit den Leben<br />

der Lehrpersonen gar nicht<br />

mehr viel zu tun hat. Ich<br />

merke an mir und mit meinem<br />

Körper, dass die Hochschulen<br />

als Institutionen und in ihrer<br />

Ausschlussfähigkeit stabil sind.<br />

Universitäre Institutionen arbeiten aus<br />

einem bestimmten Menschenbild heraus,<br />

in dessen Wissen sie ja auch gegründet<br />

wurden. Das sind richtig krass weiße hetero<br />

cis klassistische Institutionen, die für nicht<br />

marginalisierte Menschen ausgelegt sind.<br />

Alle anderen Menschen werden subtil<br />

ausgeschlossen. Dieser Umstand hängt<br />

meist nicht an einzelnen Personen. Ich<br />

habe immer wieder von einzelnen Personen<br />

viel Unterstützung erfahren. Das ändert<br />

aber nichts daran, dass die Hochschule<br />

als System an sich Leute wie mich nicht<br />

haben möchte. Das ist spürbar, es ist in die<br />

Institution, die Gebäude, die Regeln und den<br />

Kanon eingeschrieben. Daran habe ich stark<br />

zu knabbern. Das findet sich auch in der<br />

Lehre wieder, die ich mache. Ich unterrichte<br />

in Lehraufträgen immer zu marginalisierten<br />

Themen und das ohne feste Anstellung. Das<br />

ist symptomatisch, weil viele marginalisierte<br />

Personen keine feste Stelle haben, sondern<br />

ebenso nur Semesterverträge haben. In<br />

ihrer prekären Lehre übernehmen sie dann<br />

wiederum auch prekäre, marginalisierte<br />

Lehrinhalte. Ihre Studierenden kommen<br />

häufig an und sagen: „Wow, großartig, ich<br />

habe noch nie sowas gehört. Bitte mehr<br />

davon!“ In der Lehre steckt für mich auch<br />

eine zusätzliche Care-Arbeit drin, um für die<br />

Studierenden da zu sein. Häufig bin ich die<br />

erste offen queere, trans* oder be_hinderte<br />

Person in der Lehre, die sie erleben. Da hängt<br />

ein großes Begehren an meiner Person, weil<br />

ich an der Stelle etwas verkörpere, was viele<br />

Leute bisher noch nicht erlebt hatten. Die<br />

Care-Arbeit bedeutet für mich eine große<br />

emotionale Arbeit, die in Semesterverträgen<br />

nicht aufgehoben ist. Das ist eine strukturelle<br />

Verfasstheit von Universität, dass diejenigen,<br />

die marginalisiert sind oder marginalisierte<br />

Themen anbieten, oft ungesicherte und<br />

prekäre Arbeitsverhältnisse haben. Marginalisierte<br />

Personen werden auf solchen Stellen<br />

ausgebrannt. Mein Erleben als marginalisierte<br />

Person in der Hochschullandschaft ist nicht<br />

positiv. Leider. Marginalisierten Personen, die<br />

vorhaben, in diese Institutionen reinzugehen,<br />

kann ich nur wünschen, dass sie sich vernetzen<br />

und sich guten Rückhalt holen, damit<br />

sie ein Leben außerhalb der Institutionen<br />

haben. Worauf man sich als marginalisierte<br />

Person auch gefasst machen muss: Man ist<br />

ein krasses Token. Ich bin ein Aushängeschild<br />

für Diversity und damit muss ich umgehen.<br />

Das ist nicht schön, aber damit muss man<br />

auf jeden Fall rechnen, wenn man in solche<br />

Positionen geht.<br />

*Interview: Victoria Forkel<br />

INFO<br />

Von Joke Janssen gemeinsam mit Anna Tautfest<br />

und Studierenden der Experimentellen<br />

Klasse, erscheint im Sommer/Herbst im<br />

Argument-Verlag der Sammelband KANON<br />

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14 SZENE<br />

SPRACHE<br />

FOTOS: CC0<br />

They/Them sind geschlechtsneutrale Pronomen, die seit dem<br />

12. Jahrhundert in der englischen Sprache existieren. Doch auch in<br />

Deutschland erfreuen sie sich immer größerer Beliebtheit.<br />

In Workshops oder anderen Lehrveranstaltungen bietet<br />

es sich an, für die ersten Treffen Namenschilder mit den<br />

genutzten Pronomen zu verteilen.<br />

Setzen, PRONOMENKUNDE!<br />

Über die richtige Anwendung<br />

von Pronomen wird neuerdings<br />

nicht nur im Deutschunterricht,<br />

sondern auch in der queeren Community<br />

diskutiert. Obwohl das Thema<br />

leidig ist, lohnt es sich, einen Durchblick<br />

zu verschaffen. Keine Angst, wir<br />

lernen alle zusammen und verteilen<br />

auch keine Noten, versprochen!<br />

Pronomen, Pronomen ... seit einiger Zeit<br />

sind sie in aller Munde. Bei trans* und/oder<br />

nicht-binären Personen schon lange, cis<br />

Personen haben aber kürzlich aufgeholt.<br />

Wenn erstere darüber reden, ist es meist<br />

ein sehr emotionales Thema, geht es doch<br />

um die Anerkennung ihres Geschlechts.<br />

Letztere hingegen fühlen sich meist an<br />

längst vergessene Deutschstunden erinnert<br />

und sind oft eher genervt und verwirrt von<br />

der Thematik. Das hat Gründe, denn cis Personen<br />

werden schon ein ganzes Leben lang<br />

mit dem richtigen Pronomen angesprochen.<br />

Trans* und/oder nicht-binäre Menschen<br />

müssen sich diese Selbstverständlichkeit<br />

erst erkämpfen.<br />

WARUM REDEN TRANS* PERSONEN<br />

STÄNDIG VON PRONOMEN?<br />

Wir nutzen Pronomen in einem Satz, um<br />

Substantive abzukürzen. Wenn wir über<br />

einen Menschen reden, wird dieser auch ein<br />

Substantiv. Im Deutschen haben alle Substantive<br />

ein grammatikalisches Geschlecht<br />

(Maskulinum, Femininum, Neutrum) und<br />

die meisten Menschen eine Geschlechtsidentität.<br />

Personalpronomen in der dritten<br />

Person, also er und sie sind die gängigsten<br />

Pronomen, die für Menschen genutzt werden.<br />

Das heißt, dass das grammatikalische<br />

Geschlecht (er: männlich, sie: weiblich)<br />

mit der Geschlechtsidentität (Mann oder<br />

Frau) übereinstimmt. Die Verwendung des<br />

richtigen Pronomens für einen Menschen<br />

kann als Lappalie abgetan werden, doch jede<br />

Person kennt das unangenehme Gefühl,<br />

misgegendert zu werden: In der Schule von<br />

einem Kind mit dem falschen Namen und<br />

Pronomen gegängelt zu werden oder im<br />

Supermarkt von hinten mit der falschen<br />

Anrede angesprochen zu werden … die<br />

Bedeutung von Pronomen wird den meisten<br />

Menschen erst bewusst, wenn sie nicht<br />

(mehr) stimmen.<br />

…<br />

Das ist aber nicht alles, oder? Nein, auf keinen<br />

Fall. Für Menschen, die ausschließlich er<br />

oder sie als Pronomen verwenden, könnten<br />

wir hier schon aufhören, aber damit wäre die<br />

gesellschaftliche Realität nicht abgedeckt.<br />

Viele nicht-binäre Personen fühlen sich<br />

mit er oder sie nicht adäquat repräsentiert.<br />

Aus diesem Grund entwickelten sie in den<br />

letzten Jahrzehnten Neopronomen.<br />

TOP 6 NEOPRONOMEN<br />

Deutsch ist eine sehr komplexe Sprache<br />

mit vielen Gestaltungsmöglichkeiten, doch<br />

bei den Personalpronomen war sie bisher<br />

nicht sehr kreativ. Nur zwei Pronomensets<br />

für Menschen?! Dass das nicht schon früher<br />

zu Beschwerden geführt hat, erstaunt uns.<br />

Neopronomen bringen endlich die Lösung,<br />

um Menschen nicht mehr über einen oder<br />

besser gesagt zwei Kämme scheren zu<br />

müssen. Neopronomen sind, wie der Name<br />

schon andeutet, neue Pronomen und die<br />

gibt es mittlerweile zu Haufe. Wir stellen<br />

die sechs gängigsten vor und zeigen dir,<br />

wie mensch sie in einem Satz verwendet.<br />

Eine komplette Auflistung findest du auf<br />

der Webseite Nibi.Space, das nicht-binäre<br />

Wikipedia.<br />

Pronomen und besonders Neopronomen<br />

werden meist in einem Trio präsentiert, wenn<br />

sich jemand mit ihnen vorstellt: Personalpronomen<br />

in der 3. Person in Nominativ, Genitiv<br />

und Dativ. So wird die prompte Anwendung<br />

erleichtert, denn eins muss die gebeugten<br />

Formen nicht selbst herausfinden. Für das<br />

Pronomen er sehe das folgendermaßen aus:<br />

Er/sein/ihm. In vollständigen Sätzen werden<br />

sie so benutzt: Er gibt seinem Hund Futter.<br />

Ich schaue ihm dabei zu.<br />

BEISPIELE FÜR NEOPRONOMEN IN<br />

ANWENDUNG<br />

■ Dey/deren/dem: Dey gibt deren Hund<br />

Futter. Ich schaue dem dabei zu.<br />

■ Em/ems/em: Em gibt ems Hund Futter.<br />

Ich schaue em dabei zu.<br />

■ Per/pers/per: Per gibt pers Hund<br />

Futter. Ich schaue per dabei zu.<br />

■ Es/sein/ihm: Es gibt seinem Hund<br />

Futter. Ich schaue ihm dabei zu.<br />

■ Sier/sies/siem: Sier gibt sies Hund<br />

Futter. Ich schaue siem dabei zu.<br />

■ They/their/them: They gibt their Hund<br />

Futter. Ich schaue them dabei zu.


Schön sehen sie aus, oder? Niemand<br />

muss neidisch werden, denn (Neo-)<br />

Pronomen sind wie Kleidung: Jedes<br />

Geschlecht kann sie verwenden, egal<br />

ob cis, trans*, binär oder nicht-binär.<br />

Ein Pronomen sagt nichts über<br />

das eigene Geschlecht aus. Es<br />

muss sich auch nicht entschieden<br />

werden: Mensch kann mehrere<br />

Pronomensets verwenden … oder<br />

auch gar keines. Manche wollen nur<br />

ihren Namen an der Stelle eines<br />

Pronomens nutzen. Das sieht mit<br />

dem Namen Ella so aus: Ella gibt Ellas<br />

Hund Futter. Ich schaue Ella dabei zu.<br />

HOW TO BE AN ALLY<br />

Unsere Gesellschaft prägt leider<br />

ein grauenhafter Automatismus:<br />

Menschen wird beim ersten Anblick<br />

ein Geschlecht übergestülpt. Der<br />

unbewusste Gedankengang sieht<br />

meist so aus: Mensch steht vor mir,<br />

sieht nach eigener Einschätzung<br />

männlich oder weiblich aus, ist<br />

somit ein Mann oder Frau und<br />

benutzt entweder das Pronomen<br />

er oder sie. Aus dieser Gleichung<br />

fallen viele Menschen heraus.<br />

Umso wichtiger, gegen die Unart<br />

des Misgenderns vorzugehen:<br />

Versuche, fremden Menschen nicht<br />

sofort ein Geschlecht oder ein<br />

Pronomen zuzuschreiben. Deine<br />

Augen haben keine Superkräfte und<br />

können nicht das Geschlecht einer<br />

Person ablesen. Stelle dich lieber<br />

bei persönlichen Begegnungen<br />

nicht nur mit deinem Namen,<br />

sondern auch mit deinen Pronomen<br />

vor und frage im Gegenzug nach<br />

den Namen und Pronomen<br />

deiner Gesprächspartner*innen. In<br />

sozialen Medien kannst du in deiner<br />

Profilbeschreibung deine Pronomen<br />

hinzufügen. Damit hilfst du trans*<br />

und/oder nicht-binären Menschen,<br />

von trans*feindlichen Trollen unerkannt<br />

und somit sicher zu bleiben.<br />

Gut möglich, dass du von der Menge<br />

an Pronomina überfordert bist,<br />

aber du musst nicht verzweifeln!<br />

Menschen, die mit Deutsch aufgewachsen<br />

sind, benutzen Pronomen<br />

ganz selbstverständlich. Wenn du<br />

dir den Artikel durchliest, wirst du<br />

feststellen, dass viele Pronomen<br />

verwendet worden sind. Jenen<br />

Menschen, die nicht mit Deutsch<br />

aufgewachsen sind, sprechen<br />

wir unser herzliches Beileid aus.<br />

Pronomen sind überbewertet. *vf<br />

SZENE 15<br />

INFO<br />

Kleine Pronomen-Kunde<br />

Pronomen sind wie Verben (schwimmen), Adjektive<br />

(schön) und Substantive (Haus) eine Wortart.<br />

Sie ersetzen entweder ein Substantiv in einem<br />

Satz, etwa wenn das Haus zu es abgekürzt wird,<br />

oder sie beschreiben ein Substantiv näher: mein<br />

Haus statt das Haus.<br />

Nerdmodus: Pronomen kann eins noch in Unterkategorien<br />

sortieren:<br />

■ Personalpronomen wie ich und du<br />

■ Possessivpronomen wie mein oder dein<br />

■ Reflexivpronomen wie mich und dich<br />

■ Demonstrativpronomen wie dieser und jener<br />

■ Relativpronomen wie welcher und deren<br />

…<br />

Tipp zum Merken: Wer Englisch<br />

oder romanische Sprachen<br />

wie Französisch oder<br />

Italienisch beherrscht, kann<br />

sich die Bedeutung der<br />

Unterkategorien herleiten.<br />

Der erste Teil des Wortes<br />

Possessivpronomen hat<br />

den gleichen Wortstamm wie<br />

das englische Verb ‚to possess‘<br />

(besitzen). Somit sind Worte wie mein<br />

oder dein Possessivpronomen, weil sie den Besitz<br />

anzeigen. Solche Eselsbrücken funktionieren für<br />

die meisten Pronomentypen.<br />

FOTO: AM DAN TRUONG /UNSPLASH/CC0


16 SZENE<br />

INTERVIEW<br />

FOTO: NATE ISAAC ADIT/UNSPLASH/CC0<br />

TSEPO BOLLWINKEL:<br />

„Schuld ist ein bescheuertes Konzept!“<br />

Die Vorstellung von Queerness<br />

als ein westliches Phänomen<br />

ist weitverbreitet, doch könnte sie<br />

nicht weiter von der Realität entfernt<br />

sein. Tsepo Bollwinkel ist Experte und<br />

klärt uns im „Salongespräch: BIPoC<br />

Movements und Rassismus – auch in<br />

der queeren Szene Thema“ über die<br />

Zusammenhänge von Rassismus und<br />

Queerness auf.<br />

Was ist eine konstruktive Definition<br />

von Rassismus?<br />

Jetzt hast du mich etwas Schwieriges<br />

gefragt. (lacht) Rassismus ist eine<br />

Diskriminierungsform, aber auch ein<br />

soziales System, in dem wir uns alle seit<br />

Jahrhunderten bewegen. Dementsprechend<br />

ist Rassismus nicht abhängig davon, ob<br />

jemand absichtlich irgendetwas tut oder<br />

nicht tut. Rassismus ist weniger das<br />

Handeln von Einzelnen als ein System, auf<br />

das man überall in unserer Gesellschaft<br />

trifft. Das Bild von einem Neonazi mit<br />

Baseballschläger, der mir auf den Schädel<br />

schlägt, ist verkürzt. Rassistische Strukturen<br />

können so nicht wahrgenommen werden.<br />

Ich würde Rassismus lieber so definieren,<br />

dass Rassismus eine Rechtfertigungsideologie<br />

ist, um gesellschaftliche Zustände<br />

zu legitimieren. Die Behauptung, die diese<br />

Ideologie aufstellt, ist dreiteilig. Erstens seien<br />

Menschen unterschiedlich viel wert. D.h. sie<br />

seien unterschiedlich befähigt oder schlau<br />

etc. Zweitens: Diese Unterschiede seien<br />

genetisch bedingt und somit unveränderlich.<br />

Drittens: Die Wertigkeit von einer Person<br />

könne man an äußeren Merkmalen wie<br />

Haut oder Haaren erkennen. Diese äußeren<br />

Merkmale können aber auch Dinge wie die<br />

Religionszugehörigkeit, Nationalität oder<br />

schlicht und ergreifend der Name sein. Die<br />

Zuweisung von verschiedenen Wertigkeiten<br />

ist durch Rassismus zu einer sozialen<br />

Realität in diesem Land und überall auf der<br />

Welt geworden. Menschen verbringen, je<br />

nachdem, wo sie in so einer hierarchischen<br />

Idee von Wertigkeit angesiedelt werden, ein<br />

sehr unterschiedliches Leben.<br />

Auf der Internetseite der Initiative<br />

Schwarze Menschen in Deutschland,<br />

beschreibt die AG Black und Queer,<br />

dass ihr unter anderem Queerness<br />

erweitern möchtet. Was genau ist mit<br />

Queerness erweitern gemeint?<br />

Nächste komplexe Frage. (lacht) Queerness<br />

wird gern an dem Buchstabensalat LGBTIQ*<br />

festgemacht. Einerseits ist das nicht<br />

verkehrt. Anderseits befinden wir uns aber<br />

die ganze Zeit in Ideen und Konstruktionen<br />

von Identitäten, die sich im globalen<br />

Norden abspielen und somit spezifisch<br />

weiß sind. Das heißt nicht, dass nur weiße<br />

Menschen in dieser Form queer sind, aber<br />

dass die Identitätskonstruktion aus dem<br />

globalen Norden kommen. Der ISD und<br />

besonders mir ist es wichtig, diesen Blick zu<br />

erweitern. Es gibt noch viel mehr Arten von<br />

Sexualitäten und Geschlechtsidentitäten als<br />

die, die in dem westlichen Buchstabensalat<br />

bedacht werden. Wir übersehen sonst<br />

Millionen und Abermillionen von Menschen.<br />

Ja, es gibt mehr als zwei Geschlechter auf<br />

der ganzen Welt. Es gibt andere Ideen von<br />

Zusammenleben als Monogamie. Es gibt<br />

mehr als entweder gegengeschlechtliche<br />

oder gleichgeschlechtliche Liebe. Meine<br />

persönliche Behauptung ist immer, dass es<br />

7,6 Milliarden Menschen gibt und genauso<br />

viele Sexualitäten und Geschlechter. Die<br />

Erweiterung des Begriffs queer bedeutet<br />

auch, einen Blick darauf zu werfen, wie<br />

Sexualität und Geschlechtlichkeit über sich<br />

hinaus mit anderen sozialen Phänomenen<br />

zusammenhängen. In der Kolonialgeschichte<br />

ist beispielsweise viel Herrschaft<br />

über das Ausleben von Sexualität und<br />

Geschlecht verhandelt worden. Was ist die<br />

richtige Körperlichkeit? Was ist die richtige<br />

Sexualität? Was ist die richtige Form, eine<br />

Familie zu gründen? In diesem Lebensbereich<br />

ist sehr viel Macht ausgeübt, aber<br />

auch viel Widerstand geübt worden. Solche<br />

Zusammenhänge in den Blick zu nehmen<br />

und Sexualität und Geschlechtlichkeit nicht<br />

nur mit einem westlich-engen Blick zu<br />

betrachten, ist der ISD wichtig. Wir würden<br />

sogar sagen: Das finden wir spannend und<br />

sexy.


SZENE 17<br />

„Das heißt, dass ich ein<br />

Geschlecht besitze, mit<br />

dem ich hier gar nicht<br />

rumlaufen kann, weil<br />

kein Mensch dieses in<br />

westlichen kulturellen<br />

Zusammenhängen<br />

versteht.“<br />

(Lacht) Okay, das heißt es hat weniger<br />

mit einem schwarzen Kontext<br />

zu tun, als wirklich den Begriff<br />

Queerness zu erweitern.<br />

Mit Schwarzsein hat es etwas zu tun, weil<br />

es sehr oft eine Schwarze Erfahrung ist. Ich<br />

bin Südafrikaner und wir haben in meinem<br />

Volk, einem der vielen Völker Südafrikas,<br />

historisch andere Geschlechtervorstellungen<br />

als im globalen Norden. Diese meinem<br />

Volk spezifischen Geschlechter stehen<br />

hier gar nicht zur Disposition. Das gilt für<br />

unendlich viele andere Menschen auch. Das<br />

heißt, dass ich ein Geschlecht besitze, mit<br />

dem ich hier gar nicht rumlaufen kann, weil<br />

kein Mensch dieses in westlichen kulturellen<br />

Zusammenhängen versteht. Das ist eine<br />

spezifisch Schwarze Erfahrung als queerer<br />

Mensch in Deutschland. Von daher hat das<br />

sehr viel mit Schwarzsein zu tun.<br />

Hast du ein konkretes Beispiel für<br />

mich? Ich kenne die südafrikanische<br />

Kultur nicht sehr gut.<br />

Ich nehme mich als Beispiel, weil ich<br />

da weiß, was ich sage. Meine eigene<br />

Herkunftskultur hat ein Geschlechterverständnis,<br />

was von fünf Geschlechtern<br />

ausgeht. Die Christianisierung hat<br />

diesen kulturellen Aspekt fast vollständig<br />

zerstört. Es sind nur Reste vorhanden. Die<br />

Bedeutung der Geschlechter sind nicht<br />

mit Wörtern aus europäischen Sprachen zu<br />

übersetzen. Man könnte zwar sagen, dass<br />

zwei Geschlechter ungefähr wie Mann und<br />

Frau sind und zwei trans*geschlechtlich<br />

wären. Aber das ist schon sehr ungenau und<br />

nicht stimmig. Das fünfte Geschlecht ist<br />

eins, welches geschlechtliche Gegensätze<br />

in einer Person transzendiert oder aufhebt.<br />

Wir, die wir uns noch in einem traditionellen<br />

Verständnis von Geschlechtlichkeiten<br />

identifizieren, werden immer weniger, weil<br />

der kulturelle Druck so groß ist und die<br />

Geschlechtervorstellung aus dem globalen<br />

Norden dominant ist.<br />

„Die Stonewall-<br />

Aufstände wurden in der<br />

Geschichtsschreibung<br />

oft weißgewaschen.“<br />

Wie sieht die Schwarze queere<br />

Bewegung weltweit aber besonders<br />

in Deutschland aus?<br />

Queere Menschen gibt es überall, egal unter<br />

welchen Namen. Für den Begriff Queerness<br />

sind die berühmten Stonewall Riots ganz<br />

wichtig. Die Aufstände wurden in der<br />

Geschichtsschreibung oft weißgewaschen.<br />

Das waren Schwarze, queere Menschen<br />

und vor allen trans* Frauen, die sich damals<br />

zur Wehr gesetzt haben. Es ärgert mich<br />

unglaublich, wie wenig diese Realität<br />

anerkannt wird. Ich denke an den Stonewall<br />

Film, der vor ein paar Jahren erschienen ist<br />

und hauptsächlich weiße schwule Männer<br />

zeigte. Die waren aber nicht da. Die saßen<br />

sicher in ihren Kneipen, weil ihnen nie etwas<br />

passiert ist. Die hatten keine Polizeirazzia.<br />

Die Polizei steckten bei ihren Razzien<br />

Schwarze und Latinos für Prostitution<br />

in den Knast. Diesen Teil der Geschichte<br />

zu wissen ist wichtig. Die Stonewall Riots<br />

waren nicht der Beginn von Queerness,<br />

aber ab dann wurde es eine öffentliche<br />

Tsepo Bollwinkel – AG Black & Queer – Trainer für u. a. Critical Whiteness<br />

FOTO: REBECCA JÄGER<br />

emanzipatorische Bewegung. Für den<br />

deutschen Kontext finde ich es wichtig zu<br />

erinnern, dass die neuere Schwarze Bewegung<br />

durch queere Frauen in Gang gesetzt<br />

wurde. Sie feiert dieses Jahr ihr 35-jähriges<br />

Jubiläum. Diese queeren Frauen haben sich<br />

im Verein adefra zusammengeschlossen<br />

und ein gemeinsames Buch veröffentlicht:<br />

„Farbe bekennen“. In dem Buch wurden als<br />

erstes solche wichtigen Fragen aufgestellt<br />

wie: Wie ist es, eine Schwarze Person in<br />

Deutschland zu sein? Wie ist es, Schwarz<br />

zu sein und sich auch mit Deutschland zu<br />

identifizieren, also eine Schwarze deutsche<br />

Person zu sein? Traurigerweise werden<br />

diese queeren und weiblichen Wurzeln<br />

immer wieder ausgeblendet. Außerhalb<br />

von bestimmten Szenen ist Queerness<br />

in Schwarzen Communitys durchaus<br />

schwierig. In großen Städten ist das Thema<br />

unter jungen Leuten zwar ok. Anderswo<br />

und gerade da, wo sie landsmannschaftlich<br />

organisiert sind, ist das immer noch ein<br />

schwieriges Thema. Viele Menschen leben<br />

eine Doppelidentität zwischen Schwarz sein<br />

und gleichgeschlechtlich leben. Das Gefühl<br />

ist: Ich kann beides nicht in denselben<br />

Räumen tun, weil ich jeweils Ausschlüsse<br />

erfahre. Das ist ein großer Schmerz für<br />

Menschen und eine gottverdammte<br />

Schweinerei, dass das immer noch so ist. So<br />

langsam gibt es immer mehr sichere Orte,<br />

wo sich diese Menschen treffen und ihre<br />

Communitys und sich selbst feiern können.<br />

Es ist unglaublich wichtig, dass es in diesem<br />

Bereich ein Stück Heilung gibt. Es hat lange<br />

gedauert. Auch ich bin erst mit verdeckten<br />

Karten in dieser neueren Schwarzen<br />

deutschen Bewegung durch die Gegend<br />

gelaufen, weil es mir zu heiß und gefährlich<br />

war. Nun hat sich das aber geändert.<br />

1528 hat die erste deutsche Handelsfamilie<br />

begonnen, mit versklavten<br />

Menschen zu handeln. Rassismus<br />

wurde als theoretische Rechtfertigung<br />

für Sklaverei, Kolonialismus und<br />

Genoziden genutzt. Inwiefern wirkt<br />

sich die Geschichte des Rassismus auf<br />

unsere heutige Lebensrealität aus?<br />

Das Ärgerliche ist, dass wir immer noch in<br />

gesellschaftlichen Erzählungen leben, die<br />

sich der Rassismus ausgedacht hat. Ein<br />

Beispiel von Tausenden, die ich erzählen<br />

könnte: Wir bewegen uns immer noch in<br />

der Erzählung, die aus der Versklavung<br />

von Menschen kommt. Unter weißen<br />

Menschen gab es in der frühen Geschichte<br />

der USA Streit um die Behandlung von<br />

versklavten Menschen. Sie hatten nichts<br />

Grundsätzliches gegen Sklaverei, aber<br />

die schreckliche Behandlung war Einigen<br />

zu brutal. In diesem Streit spielte eine<br />

ausschlaggebende Rolle ein sogenanntes<br />

wissenschaftliches Werk: die Rassenlehre<br />

von Carl von Linné in seinem Buch über<br />

die Natur des Menschen. Linné wird heute


18 SZENE<br />

noch als Vater der Anthropologie gelehrt<br />

und geehrt. Ich finde das pervers, denn in<br />

seinem Buch erfand Linné unser heutiges<br />

System von Rassen. Er ist für diesen Quark<br />

mit Rot und Gelb verantwortlich! Dabei hat<br />

Linné in seinem Leben nie etwas anderes als<br />

Bleichgesichter gesehen. Linné dachte sich<br />

diese Klassifizierung aus und belegte diese<br />

Gruppen mit verschiedenen Eigenschaften.<br />

Bei Schwarzen Menschen schrieb er den<br />

Satz hinein, dass sie keinen Schmerz empfinden<br />

würden. Mit diesem Satz wurde in<br />

den frühen USA für Sklaverei und inhumane<br />

Behandlung argumentiert: Wenn wir sie<br />

auspeitschen, weil sie nach unserer Meinung<br />

Mist gebaut haben, tut ihnen das nicht weh.<br />

Man könnte sagen, das sei schon lange her.<br />

Doch 2014 ist in Großbritannien ein neues<br />

Lehrbuch für künftige Krankenpfleger*innen<br />

erschienen. Dort wurde im Kapitel zur<br />

Schmerzmedizin nach verschiedenen<br />

Menschengruppen aufgefächert, die sich<br />

nach Linnés Klassifizierung richten. Da<br />

steht drin, dass bei asiatischen Menschen,<br />

wenn sie denen eine Spritze verabreichen<br />

müssen, sie es ohne Bedenken tun können.<br />

Die denken sowieso, dass alles Schicksal und<br />

Karma sei, und somit ist es völlig egal, ob es<br />

wehtut oder nicht. Bei Menschen indigener<br />

Herkünfte könnte man auch einfach<br />

losspritzen, da die sowieso eine Helden-<br />

Nummer draufhätten. Bei Schwarzen<br />

Menschen kann ich auch ohne zimperlich zu<br />

sein spritzen, denn obwohl die wie verrückt<br />

jammern, empfinden die keinen Schmerz.<br />

Bei weißen Menschen steht in dem<br />

Lehrbuch, dass ein Gespräch eingegangen<br />

werden muss und die Verabreichung der<br />

Spritze in Absprache geschehen soll. Denn<br />

das seien Menschen, die ihr Schmerzempfinden<br />

objektiv wiedergeben können! Dieses<br />

Kapitel ist aufgeflogen, weil im englischen<br />

Gesundheitssystem nur noch People<br />

of Color arbeiten. Als sie<br />

dieses Buch in die Hände<br />

gekriegt haben, waren<br />

die echt stinkig. In<br />

der Neuauflage<br />

ist das Kapitel nicht korrigiert, sondern<br />

einfach rausgenommen worden. Alle diese<br />

bescheuerten Erzählungen, die in dem<br />

frühen Rassismus erfunden wurden, sind bis<br />

heute lebendig. Als mein heute 18-jähriger<br />

Sohn seine erste Impfung bei einer älteren<br />

Kinderärztin bekam, wollte sie ihn erst mit<br />

einem Eis-Spray behandeln, damit die<br />

Stelle nicht so wehtut. Doch auf dem Weg<br />

zu unserm Kind blieb sie stehen und sagte:<br />

Ach, er braucht das ja nicht. Wir Eltern<br />

haben uns danach eine andere Kinderärztin<br />

gesucht. Die Ärztin hatte selbstverständlich<br />

angenommen, dass dieser kleine Schwarze<br />

Knirps kein Schmerz empfindet. Diese ganzen<br />

Erzählungen sind immer noch präsent<br />

in den Köpfen der Menschen. In der queeren<br />

Szene, besonders in der Schwulenszene,<br />

findet sich oft die Vorstellung von sexuell<br />

überaktiven, nicht-weißen Männern mit<br />

den großen Dödeln und so weiter. Diese<br />

Narrative sind lebendig und kochen wie ein<br />

historischer Schluckauf bei jeder Gelegenheit<br />

wieder hoch. Sie werden benutzt, um zu<br />

exotisieren, zu objektivieren, zu sexualisieren.<br />

Sie kochen immer wieder hoch, weil sie noch<br />

nicht gesehen und somit dekonstruiert<br />

werden konnten.<br />

„In der queeren Szene,<br />

besonders in der<br />

Schwulenszene, findet<br />

sich oft die Vorstellung<br />

von sexuell überaktiven,<br />

nicht-weißen Männern<br />

mit den großen Dödeln<br />

und so weiter.“<br />

An der Mittelmehr-Krise sieht man<br />

auch strukturellen Rassismus. In diesen<br />

Jahren sind bis zum 18. <strong>Juni</strong> 2020<br />

bereits 339 Menschen im Mittelmeer<br />

ertrunken und letztes Jahr waren es<br />

1885 Menschen. Diese Zahlen sind<br />

massiv und zeigen für mich, dass es<br />

ein Rassismusproblem gibt. Welche<br />

Rolle spielen diese Zahlen im öffentlichen<br />

Diskurs über strukturellen<br />

Rassismus?<br />

Interessanterweise keine. Da wird nämlich<br />

getrennt. Der Diskurs über die ermordeten<br />

Menschen im Mittelmeer läuft unter<br />

Migrationsdiskurs und wird nicht mit<br />

Rassismus in Zusammenhang gebracht. Für<br />

mich sieht das eindeutig anders aus. Es gibt<br />

keine Abwehrschlacht gegenüber weißen<br />

französischen oder britischen Menschen,<br />

die ins Land einreisen und arbeiten wollen.<br />

Es gibt auch keine Abwehrschlacht, wenn<br />

eine weiße südafrikanische Person in<br />

Deutschland leben und arbeiten will, aber<br />

sehr wohl, wenn es eine Schwarze ist.<br />

Kleine Geschichte von mir, die sich in der<br />

deutschen Botschaft in Pretoria, Südafrika<br />

abspielte: Ich habe einen Zwillingsbruder, der<br />

in Südafrika lebt und eine südafrikanische<br />

Staatsbürgerschaft besitzt. Um mich besuchen<br />

zu können, wollte er mit mir an seiner<br />

Seite ein Visum beantragen. Der wurde auf<br />

Übelste abgefertigt. Das Verwandtschaftsverhältnis<br />

zu meinem Zwillingsbruder (!)<br />

wurde nicht geglaubt. Der nächste Mensch<br />

in der Schlange war ein weißer Südafrikaner.<br />

In fünf Minuten hatte er das Visum. Das<br />

ist der kleine Unterschied, der Unterschied<br />

der Rassifizierung. Er macht sich fest an<br />

dem Äußeren eines Menschen, an nichts<br />

anderem. Das heißt, es gibt einen Zusammenhang<br />

damit, wer in dieses Land oder<br />

wer in die EU kann. Dieser Zusammenhang<br />

ist der, dass Leute mit dunkler Hautfarbe<br />

nicht reinkommen sollen, und das ist ein<br />

strukturelles rassistisches Problem. Dass es<br />

nicht so benannt wird, regt mich wahnsinnig<br />

auf. Menschen sterben nicht nur in Hanau<br />

an den furchtbaren Anschlag. Menschen<br />

FOTO: JULIETTE F/UNSPLASH/CC0


werden nicht nur jeden Tag beleidigt, getreten und verarscht,<br />

sondern sterben auch an den Grenzen dieses Kontinents, der<br />

sich der Menschenrechte rühmt und der Moralzuchtmeister für<br />

den Rest der Welt sein möchte. Die verrecken aufs Elendeste<br />

und der Rest, also die, die nicht ersaufen, sondern zurückgeschickt<br />

werden, vegetieren in libyschen Lagern als Sklav*innen<br />

oder verdursten in der Wüste. Die Zahlen sind gigantisch und<br />

alle diese Körper, die dort verrecken oder ins Elend gebracht<br />

werden, die weiblichen Körper, die vergewaltigt werden, haben<br />

eine dunkle Hautfarbe. Die Toten in und um das Mittelmeer und<br />

Rassismus haben etwas miteinander zu tun. Der Diskurs wird<br />

aber getrennt, denn wenn wir das auch als Rassismus benennen,<br />

wird klar, wie unmoralisch das ist. Dann könnte sich die Festung<br />

Europa nicht mehr selbst in den Spiegel gucken.<br />

„Die Aufgabe ist es aufzuhören,<br />

Schaden anzurichten.“<br />

Das muss ich erst mal schlucken. Denn obwohl ich<br />

mich mit dem Thema kontinuierlich auseinandersetze,<br />

ist es sehr entsetzend, dass noch mal so auseinandergenommen<br />

zu hören. Ich habe die Erfahrung, dass da<br />

sehr schnell diese Schuldfrage aufkommt. Denkst du,<br />

dass es sinnvoll ist, wenn sich weiße Menschen für<br />

Rassismus schuldig fühlen? Kann das was verändern?<br />

Ach Quatsch, Schuld verändert gar nichts. Schuld ist ein<br />

bescheuertes Konzept. Es geht nicht um Schuld, sondern um<br />

Verantwortung. Ich habe keinen Bock auf Leute, die aufgrund<br />

von irgendeinem schlechten Gewissen seit drei Wochen wild<br />

herumrennen und sich Antirassist*innen nennen. Ich ehre die,<br />

die angesichts des Grauens, das jetzt wieder in den USA passiert<br />

ist, etwas bemerken. Ich hoffe aber, dass sie weitermachen<br />

und sich daran erinnern, dass sie eine Verantwortung haben.<br />

Es geht um Gerechtigkeit und nicht darum, milde Gaben<br />

zu verstreuen oder das eigene Ego aufzurüsten. Ich bin kein<br />

besonders guter Mensch, wenn ich gerecht sein will, sondern<br />

ich bin ein anständiger Mensch. Von daher hilft das dusselige<br />

schlechte Gewissen nicht. Weiße Menschen haben strukturell<br />

mehr Vorteile als andere. Deshalb haben sie ein ordentliches<br />

Maß an Verantwortung, an das ich sie gerne und auch beruflich<br />

erinnere. Ich möchte nicht, dass sie aus irgendeinem schlechten<br />

Gewissen sich gegen Rassismus engagieren, sondern weil sie<br />

sich tierisch über Ungerechtigkeit aufregen.<br />

Vielen Dank für das Gespräch. Liegt dir sonst noch<br />

etwas auf den Herzen?<br />

Es gibt gerade in den Diskussionen von Menschen, die sich<br />

auf den Weg gemacht haben, Rassismus zu verstehen, in den<br />

englischsprachigen Kontexten ein neues Wording. Weil ich es<br />

sehr schön finde, will ich es in den deutschsprachigen Kontext<br />

bringen. Da heißt es nämlich: Die Aufgabe ist es aufzuhören,<br />

Schaden anzurichten. Jetzt, heute, in dieser Sekunde damit aufhören,<br />

Schaden anzurichten. Wenn du nicht weißt, was Schaden<br />

ist, kannst du Leute, die von diesem Schaden seit Generationen<br />

betroffen sind, fragen, was sie als Schaden empfinden. Der<br />

zweite Teil ist: Wenn du das geschafft hast, kannst du anfangen,<br />

den angerichteten Schaden wiedergutmachen. Da ist einiges zu<br />

tun. Es ist so viel Schaden angerichtet worden und Wiedergutmachung<br />

nötig. In Deutschland kriegen alle gleiche Panik und<br />

sehen Dollars vor sich. Eine Wiedergutmachung ist aber etwas<br />

anderes. Den Schaden wiedergutmachen ist eine Aufgabe, die<br />

wir als Einzelne und als Gesellschaft haben.<br />

Nächster Anzeigenschluss<br />

ist der 16.7.<strong>2021</strong><br />

Erscheinungstermin<br />

ist der 29.7.<strong>2021</strong><br />

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SZENE 19<br />

*Interview: Martin Lorenz / Transkript: Victoria Forkel<br />

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20 SZENE<br />

Eine*e Femminiello in Italien<br />

FOTO: PUBLIC DOMAIN COMMONS.WIKIMEDIA.ORG<br />

Geschlechtsdiverse Menschen um 1865 in damaligen Britisch-Indien<br />

ALLER GUTEN DINGE<br />

Geschlechtersysteme, die rein<br />

zweigeschlechtlich denken, sind die<br />

Ausnahme, nicht die Regel.<br />

SIND VIELE<br />

Trans*geschlechtlichkeit ist ein westliches<br />

Konzept, Menschen und ihre Geschlechtsidentität<br />

zu verstehen. Trans* zu sein<br />

bedeutet in der weitesten Definition,<br />

dass das bei der Geburt zugewiesene<br />

Geschlecht nicht (mehr) mit der eigenen<br />

Geschlechtsidentität übereinstimmt. Cis<br />

zeigt an, dass das Geschlecht mit dem<br />

zugeteilten Geschlecht übereinstimmt.<br />

Das heißt, dass Trans*- und Cisgeschlechtlichkeit<br />

nur etwas darüber aussagen, wie<br />

man zu seinem Geschlecht gekommen ist,<br />

aber nichts darüber, welches Geschlecht<br />

man hat. Das heißt, wenn einer Person<br />

kein Geschlecht zugewiesen worden ist,<br />

kann es auch nicht trans* oder cis sein. In<br />

verschiedenen Kulturen und Religionen<br />

der Welt werden Geschlechter anders<br />

verstanden als in der westlichen Welt,<br />

sodass diese theoretisch anmutende<br />

Spielerei Realität ist.<br />

Zweigeschlechtlichkeit, also die Idee, dass<br />

es nur Männer oder Frauen gibt, ist ein<br />

westliches und vergleichsweise junges<br />

Konzept, Menschen mit ihren Körpern<br />

und Geschlechtern zu verstehen. Erst<br />

während der letzten Jahrhunderte wurde<br />

das binäre Geschlechtersystem durch<br />

die europäische Kolonisation gewaltvoll<br />

anderen Bevölkerungen übergestülpt.<br />

Jeder Lebensbereich wurde kolonisiert,<br />

so auch das Verständnis und Ausleben<br />

des eigenen Geschlechts. Die damalige<br />

Inca-Bevölkerung im heutigen Peru<br />

kannte beispielsweise das Geschlecht<br />

der Quariwarmi, die eine wichtige Rolle im<br />

spirituellen Leben des Volkes übernahmen.<br />

Ab dem 16. Jahrhundert wurden sie von<br />

spanischen Kolonisatoren als homosexuelle<br />

Männer verfolgt. Im britischen Indien<br />

wurden geschlechtsdiverse Menschen,<br />

die bis dato gesellschaftlich respektiert<br />

waren, 1871 durch den Criminal Tribes Act<br />

(dt. Gesetz der kriminellen Stämme) als<br />

Kriminelle klassifiziert: Sie wurden unter<br />

anderem in einem polizeilichen Register<br />

geführt und ihr Bewegungsfreiraum wurde<br />

eingeschränkt.<br />

Kultur- und religionsspezifische<br />

Geschlechter sind an eine bestimmte<br />

Kultur oder Religion gebunden und ergeben<br />

nur in diesem Kontext Sinn. Aus den mehr<br />

als 50 Geschlechtern, die wir gefunden<br />

haben, werden wir sechs von ihnen näher<br />

vorstellen.<br />

RELIGION<br />

Im Judentum gibt es sechs Geschlechter,<br />

obwohl sie vielen Jüd*innen selbst nicht<br />

mehr bekannt sind. Sie nennen sich<br />

Zachar, Nekeivah, Androgynos, Tumtum,<br />

Ay’lonit und Saris. In einer westlichchristlichen<br />

Lesart könnten sie als Mann,<br />

Frau, zwei inter Geschlechter und zwei<br />

trans* Geschlechter verstanden werden.<br />

Aus diesem Grund nannte die jüdische<br />

Kolumnistin Debora Antmann das System<br />

binär, ohne zweigeschlechtlich zu sein.<br />

EUROPA<br />

In und um Neapel herum existieren<br />

Femminielli, die Menschen mit einer


femininen Geschlechtsidentität darstellen. Traditionell<br />

wird ihr Geschlecht mit der griechischen Mythologie in<br />

Zusammenhang gebracht. Bis zum 20. Jahrhundert waren<br />

sie in einer privilegierten Position, da ihre Präsenz als<br />

glückbringend verstanden wurde.<br />

AFRIKA<br />

In Madagaskar leben Sekrata: Kinder, aus denen später<br />

Männer werden würden, werden, wenn sie früh in ihrer<br />

Kindheit als feminin wahrgenommen werden, als Sekrata<br />

erzogen. In der Bevölkerung werden sie als etwas Besonderes<br />

und somit Schützenswertes angesehen.<br />

ASIEN<br />

Im muslimischen Indonesien werden fünf verschiedene<br />

Geschlechter anerkannt: makkunrai, oroané, calalai, calabai<br />

und bissu. Während die ersten beiden für Mann und Frau<br />

stehen, sind die nächsten drei Geschlechter, die wir nicht<br />

kennen. Die Geschlechtsidentität von bissu ist mit einer<br />

spirituellen Tätigkeit verbunden.<br />

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SZENE 21<br />

AUSTRALIEN UND OZEANIEN<br />

Auf den samoanischen Inseln in Ozeanien werden neben<br />

Frauen und Männern noch Fa’afafine und Fa’afatama anerkannt.<br />

Bei diesen beiden Geschlechtern werden die Kinder,<br />

wenn sie sich feminin oder maskulin verhalten, als das<br />

jeweilige Geschlecht großgezogen. Ähnliche Geschlechter<br />

unter anderen Namen sind auf den Inseln Hawaii und<br />

Tonga zu finden.<br />

SÜD- UND NORDAMERIKA<br />

Die indigene Bevölkerung Nordamerikas kennt je nach<br />

Bevölkerungsgruppe viele verschiedene Geschlechter, die<br />

oft unter dem Begriff Two-Spirit subsumiert werden: Das<br />

Diné-Volk respektiert beispielsweise neben Frauen und<br />

Männern auch nadleehi und dilbaa. Bei den Lakota gibt es<br />

das dritte Geschlecht winkte. *vf<br />

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Ein*e Bissu in Indonesien


22 SZENE<br />

INTERVIEW<br />

UKE-Covid-Studie zu trans*:<br />

„Wir haben gefunden,was wir befürchtet hatten“<br />

Wir alle erleben wegen der<br />

Corona-Pandemie im Moment<br />

erhebliche Einschränkungen. Sind<br />

trans* Menschen von der Pandemie<br />

besonders betroffen? Wie wirkt sich<br />

die Pandemie auf die Gesundheitsversorgung<br />

von trans* Menschen<br />

aus? Das Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf<br />

hat gemeinsam mit<br />

23 Community-Organisationen eine<br />

Studie in 26 Sprachen durchgeführt,<br />

an der über 5.000 trans* Menschen<br />

aus 63 Ländern teilgenommen haben.<br />

Wir sprachen mit Studienleiter<br />

Andreas Köhler.<br />

Warum könnten trans* Menschen<br />

durch die Folgen der Corona-<br />

Pandemie besonders gefährdet sein?<br />

Trans* Menschen sind überall auf der<br />

Welt, nicht nur in Deutschland, einer<br />

Vielzahl von Diskriminierungen und<br />

Marginalisierungen ausgesetzt. Das fängt<br />

auf der staatlich-strukturellen Ebene an, wo<br />

beispielsweise bestimmte Gesetzgebungen<br />

die Änderung des Personenstandes und<br />

des Vornamens unnötig erschweren. In<br />

den USA oder Großbritannien sehen wir<br />

außerdem momentan beunruhigende<br />

Gesetzesinitiativen, die es z. B. trans*<br />

Jugendlichen zum Teil unmöglich machen<br />

würden, Zugang zu trans*-spezifischer<br />

medizinischer Versorgung zu bekommen.<br />

Hinzu kommen gesellschaftliche Stigmata<br />

und Diskriminierungsmechanismen. Abweichende<br />

Geschlechtsidentitäten werden<br />

von großen Teilen der Gesellschaft infrage<br />

gestellt oder gar pathologisiert, also als<br />

krankhaft verstanden. Infolgedessen sind<br />

trans* Menschen auch häufiger Opfer von<br />

verbaler und physischer Gewalt. Die Zahlen<br />

der Human Rights Campaign zur Hasskriminalität<br />

gegenüber trans* Menschen sind<br />

erschreckend. All diese Diskriminierungen<br />

und Einschränkungen können eine große<br />

gesundheitliche Belastung darstellen. So<br />

berichten trans* Menschen beispielsweise<br />

häufiger von Depressionen, Angstsymptomen<br />

und Suchterkrankungen.<br />

Wie sehen denn die Ergebnisse aus?<br />

Unsere Studie ergab, dass trans* Menschen<br />

in vielerlei Hinsicht Risikofaktoren<br />

mitbringen, die mit einer schweren COVID-<br />

19-Infektion einhergehen können. Das sind<br />

z. B. gesundheitliche Risikofaktoren wie<br />

Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Lungenerkrankungen,<br />

aber auch Risikoverhalten wie<br />

beispielsweise Rauchen. Darüber hinaus<br />

hat sich gezeigt, dass trans* Menschen<br />

beispielsweise aufgrund der Angst vor<br />

Diskriminierung durch Ärzt*innen häufiger<br />

keine Corona-Testungen in Anspruch<br />

nehmen. Für die Gesundheit von trans*<br />

Menschen kann dies ein großes Problem<br />

sein. Des Weiteren fanden wir heraus,<br />

dass der Zugang von trans* Menschen<br />

zur trans*-spezifischen Gesundheitsversorgung<br />

massiv eingeschränkt war. So<br />

wurden Operationen ohne Alternativtermin<br />

abgesagt. Der Zugang zu Hormonen<br />

war aus unterschiedlichen Gründen<br />

erschwert: Endokrinolog*innen, also<br />

„Hormonärzt*innen“, haben z. B. wegen<br />

der Pandemie zeitweise keine Termine<br />

mehr vergeben. Auch die psychosoziale<br />

Begleitbehandlung konnte aufgrund<br />

von Kontaktbeschränkungen oft nicht<br />

adäquat stattfinden. Das hat sich zum<br />

Glück mittlerweile jedoch etwas eingespielt<br />

und funktioniert besser, z. B. durch die<br />

Möglichkeit der Online-Konsultationen<br />

von Ärzt*innen. Hinzu kommt, dass der<br />

Zugang zu Unterstützungsangeboten der<br />

Community wie Selbsthilfegruppen zum<br />

Teil stark eingeschränkt war und ist.<br />

Was hat dich persönlich an den<br />

Ergebnissen am meisten überrascht?<br />

Leider haben wir nahezu das herausgefunden,<br />

was wir erwartet oder besser gesagt<br />

befürchtet haben, nämlich dass die COVID-<br />

19-Pandemie einen massiv negativen<br />

Einfluss auf die trans* Menschen hat und<br />

mit einer Vielzahl von Einschränkungen<br />

beim Zugang zur Gesundheitsversorgung<br />

einhergeht.<br />

Ich habe gesehen, dass ihr in<br />

euren Ergebnissen sehr viele<br />

Unterkategorien erfasst habt. Also<br />

dass ihr nicht nur trans* Frauen oder<br />

Männer, sondern auch nicht-binäre<br />

oder inter* Personen gefragt habt.<br />

Zusätzlich habt ihr nach vorhandenen<br />

Behinderungen oder chronischen


Krankheiten gefragt. Warum sind<br />

diese Unterscheidungen wichtig?<br />

Zuerst einmal ist es wichtig, nicht nur<br />

zwischen dem männlichen und weiblichen<br />

Geschlecht zu unterscheiden, weil dies<br />

nicht die gesellschaftliche Realität abbildet.<br />

Geschlechter, die sich dem exklusiven<br />

Mann-Frau-Schema widersetzen, sind<br />

eine gesellschaftliche Wirklichkeit, auch<br />

wenn es Menschen gibt, die diese nicht<br />

anerkennen wollen. Aus der Wissenschaft<br />

wissen wir, dass ungefähr 20 Prozent der<br />

Menschen, die sich als trans* identifizieren,<br />

sich auch als nicht-binär beschreiben.<br />

Das heißt, wenn wir dieses Fünftel der<br />

trans* Bevölkerung erfassen wollen, dann<br />

sollten wir ihnen auch den Raum geben,<br />

sich in unseren Studien wiederzufinden.<br />

Dabei ist es auch wichtig herauszufinden,<br />

ob ein nicht-binärer Mensch andere<br />

Anforderungen an das Gesundheitssystem<br />

stellt als eine binär identifizierte<br />

Person und damit möglicherweise<br />

während der COVID-19-Pandemie spezifische<br />

Belastungen erlebt. Dazu kommt,<br />

dass Aspekte wie race, Behinderung<br />

oder die Zugehörigkeit zu einer religiösen<br />

Gruppe Faktoren sind, die das Erleben der<br />

Einschränkungen, die mit der Corona-<br />

Pandemie einhergehen, beeinflussen<br />

können. Beispielsweise erlebt ein rassifizierter<br />

trans* Mensch sehr wahrscheinlich<br />

Mehrfachdiskriminierungen als trans*<br />

Mensch und als Person of Colour. Um<br />

zu klären, welche Rolle diese vielfältigen<br />

Aspekte, die einen Menschen ausmachen,<br />

für die Trans*-Gesundheitsversorgung<br />

in der Corona-Pandemie spielen, ist es<br />

wichtig, diese unterschiedlichen Aspekte<br />

auch zu erfragen.<br />

Ihr habt auch danach gefragt, ob<br />

die Person Sexarbeit nachgeht.<br />

Warum?<br />

Das ist ein guter Punkt. Eine Kollegin aus<br />

Belgien hat die Daten aus unserer Studie<br />

zu Sexarbeiter*innen ausgewertet. Es ist<br />

so, dass trans* Sexarbeiter*innen spezifische<br />

gesellschaftliche Herausforderungen<br />

erleben. Unsere Annahme war, dass trans*<br />

Sexworker*innen durch die Corona-Pandemie<br />

besonders betroffen sein könnten.<br />

Genau dies findet sich in unseren Ergebnissen<br />

wieder. In der Gesamtstichprobe<br />

nehmen z. B. ca. 20 Prozent der trans*<br />

Menschen aus Angst vor Diskriminierung<br />

keine Corona-bezogene Gesundheitsversorgung<br />

in Anspruch (also beispielsweise<br />

Testungen), unter den Sexarbeiter*innen<br />

waren es jedoch 45 Prozent. Trans*<br />

Sexarbeiter*innen waren zu fast<br />

30 Prozent nicht krankenversichert.<br />

Unter trans* Sexarbeiter*innen war die<br />

HIV-Rate zehnmal höher als unter den<br />

nicht-sexarbeitenden trans* Personen.<br />

Sie waren stärker von Herz-Kreislauf-<br />

Erkrankungen, Lungenerkrankungen und<br />

infektiologischen Erkrankungen belastet.<br />

Diese Ergebnisse, die bereits aus früheren<br />

wissenschaftlichen Arbeiten bekannt<br />

sind, stellen potenzielle Risikofaktoren für<br />

Diskriminierungserfahrungen und daraus<br />

folgende psychische Belastungen dar, die<br />

im Zuge der Corona-Pandemie nochmals<br />

verstärkt werden könnten.<br />

So richtig und wichtig, dass ihr diese<br />

Unterkategorie aufgemacht habt!<br />

Wie sieht die Finanzierung der Studie<br />

aus? Wer fördert das Projekt?<br />

Es gab leider keine spezifische Finanzierung<br />

für dieses Projekt, sodass wir die<br />

Studie zusätzlich zu unserer bisherigen<br />

Forschungsarbeit durchgeführt haben.<br />

Zur Klarstellung: Ihr habt das praktisch<br />

ehrenamtlich gemacht?!<br />

Für das Projekt an sich bekommen<br />

wir kein Geld. Wir sind aber in unterschiedlichen<br />

Anstellungsverhältnissen<br />

beschäftigt. Timo Nieder leitet am UKE<br />

eine Spezialambulanz, Joz Motmans ist<br />

Professor an der Uniklinik Gent in Belgien<br />

und ich arbeite wissenschaftlich am<br />

UKE. Ich werde über ein Stipendium der<br />

Claussen-Simon-Stiftung finanziert und<br />

die anderen beiden sind an ihren Kliniken<br />

fest angestellt. Als die Pandemie begann,<br />

haben wir dieses Projekt kurzfristig auf<br />

die Beine gestellt, da wir es aus den<br />

genannten Gründen sehr wichtig fanden,<br />

dass ein solches Projekt existiert.<br />

*Interview: Victoria Forkel<br />

www.transcarecovid-19.com<br />

Anm. d. Red.: Hier verwenden der Interviewpartner race<br />

statt ‚Rasse‘, da im englischen Sprachraum durch Wissenschaft<br />

und Aktivismus mittlerweile eine Umdeutung<br />

und kritische Aneignung des Begriffes stattgefunden<br />

hat. Sowohl Race als auch ‚Rasse‘ entstanden aus<br />

biologistischen Forschungen im Westen, die (vermeintliche)<br />

biologische Unterschiede als Begründung<br />

für Kolonialismus und Sklaverei nutzten. Race steht<br />

heute für die politischen und sozialen Folgen solcher<br />

rassistischen Einteilungen und hat sich so von seinem<br />

biologistischen Hintergrund gelöst. Da eine derart<br />

sozialkonstruktivistische Umdeutung des Begriffs<br />

‚Rasse‘ im deutschsprachigen Raum nie stattgefunden<br />

hat, verzichten wir auf dessen Verwendung.<br />

Alle 11 Minuten 1)<br />

verliebt sich ein<br />

Single mit<br />

1) Hochrechnung aus Nutzerbefragung 2016, Deutschland


24 SZENE<br />

TIPP<br />

Trans*fabel<br />

Ein Sammelplatz für moderne<br />

deutschsprachige Bücher zu<br />

geschlechtsdiversen Themen!<br />

Im Trans*fabel-Online-Shop<br />

kommen trans* Menschen<br />

als Helden, Freund*innen und<br />

Expert*innen in handausgewählten<br />

Büchern zu Wort.<br />

FOTO: EIGENES BILD ZUR VERFÜGUNG GESTELLT<br />

„Trans*fabel - Jenseits des<br />

2-Geschlechtersystems” ist<br />

ein junger Online-Shop für<br />

Bücher rund um die Themen<br />

Trans*- und Intergeschlechtlichkeit<br />

sowie nicht-binären<br />

Geschlechtsidentitäten, der<br />

2017 gegründet worden ist.<br />

Katja Anton Cornauer ist der<br />

Mensch hinter der Seite und<br />

selbst trans*. Cornauer wollte<br />

eigentlich nur ein Kinderbuch<br />

schreiben, um altersgerecht<br />

geschlechtsdiverse Themen<br />

zu behandeln. Doch bei der<br />

Recherche kam ihm die Idee<br />

die gefundenen Schätze<br />

in einem Online-Shop zu<br />

versammeln und anzubieten.<br />

Alle Bücher sind von ihm<br />

ausgesucht, so dass man sich<br />

der Qualität der Werke sicher<br />

sein kann. Mittlerweile werden<br />

über 300 Bücher angeboten,<br />

die von Kinderbüchern und<br />

Romanen bis Sachbüchern<br />

reichen. Zusätzlich lassen sich<br />

im Shop auch andere Kleinigkeiten<br />

wie Buttons, Schmuck<br />

oder Flaggen finden.<br />

www.transfabel.de<br />

FOTO: ANTON KATJA CRONAUER, PRIVAT UND AUTORISIERT<br />

Transition oder Detransition<br />

sind immer öfter in den Medien<br />

zu finden. Oft werden die beiden<br />

Begriffe mit Gefühlen wie Angst und<br />

Ekel in Verbindung gebracht. Durch<br />

neue Gesetze, die in den USA oder<br />

Großbritannien jüngst verabschiedet<br />

worden sind, sollen besonders Kinder<br />

von diesen anscheinend schlimmen<br />

Vorgängen beschützt werden. Es entsteht<br />

der Eindruck, dass trans* Menschen<br />

sich freiwillig Frankensteins<br />

Operationen unterziehen wollen. Wir<br />

möchten darüber reden, warum keines<br />

der Wörter Angst einflößen muss<br />

– weder cis noch trans* Menschen.<br />

WAS IST EINE TRANSITION?<br />

Transition kommt vom lateinischen Verb<br />

„transire”, was hinübergehen bedeutet.<br />

Im Kontext von trans* und nicht-binären<br />

Menschen wird oft von einer Transition<br />

gesprochen. Soziale oder medizinische<br />

Veränderungen, die mit der Annahme der<br />

eigenen Geschlechtsidentität einhergehen,<br />

können Teil einer Transition sein. Wie<br />

jemand konkret seine Transition begeht,<br />

was dazu gehört und wie lange es dauert,<br />

ist individuell. Für manche kann die stille<br />

eigene Akzeptanz oder das Kaufen eines<br />

Kleides eine Transition bedeuten, für andere<br />

die Entfernung der Brüste. Entgegen der<br />

medialen Darstellung ist es ein sehr fließender<br />

Prozess, der keinen richtigen Start- und<br />

Anfangspunkt besitzt. Die Auslebung des<br />

Geschlechts ist an die eigene Persönlichkeit<br />

und an die eigenen Lebensumstände<br />

gebunden. Genauso wie diese sich stetig in<br />

Bewegung befinden, verändern sich auch<br />

WISSEN<br />

Angstwort und Kampfbegriff:<br />

(DE-)TRANSITION<br />

Eli Kappo<br />

über das ganze Leben die Gefühle zur<br />

eigenen Geschlechtlichkeit. Egal ob bei cis<br />

oder trans* Menschen.<br />

DETRANSITION IST COOL – EIGENTLICH<br />

Detransionieren bedeuten Schritte, die eine<br />

Person in einer Transition unternommen hat,<br />

zu verändern, rückgängig zu machen oder<br />

in die Zukunft zu verschieben. Ein anderer<br />

Kleidungsstil oder Name kann ein Teil von<br />

einer Detransition bedeuten sowie die<br />

Absetzung von einer hormonellen Ersatztherapie.<br />

Ein solcher Vorgang sagt erst mal<br />

nichts über das eigene Geschlechtsempfinden<br />

aus. Jemand kann detransionieren<br />

und sich immer noch mit dem gleichen<br />

Geschlecht identifizieren. Gleichfalls<br />

kann mensch nicht ohne Weiteres auf ein<br />

Bereuen der vorherigen Entscheidungen<br />

geschlossen werden. Transition und Detransition<br />

sind für das Austesten und Finden<br />

der eigenen geschlechtlichen Bedürfnisse<br />

essenziell und somit zwei Seiten der<br />

gleichen Medaille.<br />

RECLAIMING VON DETRANSITION<br />

Eli Kappo ist eine detransionierte nichtbinäre<br />

Aktivistin. Sie nutzt den Begriff<br />

bewusst für ihre geschlechtliche Entwicklung,<br />

um ihn nicht weiter von trans* Feinden<br />

instrumentalisieren zu lassen. Diese nutzen<br />

gerne detransionierte Menschen, um gegen<br />

trans* Menschen zu hetzen. Für Kappo war<br />

die Transition von einer binären Identität zu<br />

einer anderen und schließlich die Detransition<br />

zu einem nicht-binären Geschlecht<br />

wichtige Schritte in ihrer Selbstannahme.<br />

Heute empfindet sie sich als Frau, die ihre<br />

männliche Identität behalten konnte. Auf<br />

ihrem Blog „she’s in detransition” erzählt sie<br />

von ihrem Leben. *vf


KINDERBUCH<br />

Wann ist der<br />

richtige Zeitpunkt?<br />

SZENE 25<br />

Das „Problem“ für viele Eltern<br />

ist, dass sie einfach nicht<br />

wissen, wann der richtige<br />

Zeitpunkt denn nun ist, mit<br />

den lieben Kleinen über Trans*- und<br />

Homosexualität zu sprechen. Wer Glück<br />

hat, der hat ein homosexuelles oder<br />

trans* Familienmitglied und kann anhand<br />

von Beispielen und ohne das Thema Sex<br />

anzutasten, über andere Lebensformen<br />

sprechen.<br />

Wer diesen Segen nicht erfahren hat, dem<br />

kann dieses Buch helfen, den Kindern zu<br />

zeigen, dass es nicht nur Mann und Frau<br />

gibt. Yannick-Maria Reimers Buch „Das<br />

Geheimnis hinter dem Regenbogen“ sei ein<br />

„buntes Mutmach-Buch für alle Regenbogen-Menschen“.<br />

Sprich: Ein Buch, das nicht<br />

mit Sex erschreckt, sondern aufzeigt, dass<br />

Vielfalt zur Welt und Gesellschaft gehört,<br />

dass nichts besser oder schlechter ist.<br />

Erzählt wird von Maxie und anderen<br />

elfenähnlichen Wesen, die hinter dem<br />

Regenbogen leben – in verschiedenen<br />

Farben und Formen, sie denken und<br />

fühlen unterschiedlich. Doch Maxie fühlt<br />

sich in keiner der Farben dort wohl. Also<br />

entschließt Maxie (bisher blau), einfach mal<br />

eine andere Farbe zu wählen: Gelb. Doch<br />

als die Farben sich vermischen wird Maxie<br />

grün. Das war so nicht gewollt. Und jetzt<br />

soll noch das eigene Verhalten geändert<br />

werden! Maxi wird traurig, denn es gibt<br />

nichts, wo Maxie dazugehört. Gut, dass<br />

die weise Farbe Orange einen Rat hat (im<br />

Buch optisch an eine liebenswerte Oma<br />

erinnernd gemalt).<br />

Farbenfroh umgesetzt, kluge Gedanken<br />

schnell verständlich verarbeitet. Ein Buch,<br />

das man verschenken kann (und fast<br />

sollte). Ein Buch, das helfen wird. *rä<br />

www.alibri.de


26 SZENE<br />

OTO: INSTAGRAM<br />

WISSEN<br />

Dani Coyle ist eine intersexuelle Aktivist*in, die auch trans* ist.<br />

Wie wahrscheinlich<br />

bist du trans*?<br />

Zwei Gruppen sind besonders<br />

oft trans* und/oder<br />

nicht-binär: inter oder autistische<br />

Personen. Die Wahrscheinlichkeit<br />

unter ihnen geschlechtsdivers<br />

zu sein, ist bei beiden Gruppen<br />

stark erhöht. Mit mehr Forschung<br />

können zukünftig sicherlich weitere<br />

Überschneidungen gefunden<br />

werden.<br />

INTER UND TRANS* SIND ZWEI SCHUH’,<br />

DOCH VIELE TRAGEN BEIDE<br />

Intersexualität beschreibt den Körper und<br />

Trans*geschlechtlichkeit das Geschlecht<br />

eines Menschen. Dieser Unterschied<br />

ist für viele schwer begreifbar. Wir<br />

erinnern uns an die schändlichen<br />

Bemerkungen von Annegret Kramp-<br />

Karrenbauer zum Karneval 2019. Ihr<br />

„Witz“ machte sich über die Transition<br />

von trans* Menschen lustig, doch wurden<br />

Kramp-Karrenbauers Kommentare<br />

hauptsächlich unter Interfeindlichkeit in<br />

der Öffentlichkeit diskutiert. So falsch ein<br />

Zusammenwerfen dieser beiden Eigenschaften<br />

ist, so wäre eine komplette<br />

Trennung der Communitys falsch: Neun<br />

Prozent von intersexuellen Menschen<br />

sich auch trans*geschlechtlich. Diese<br />

Ergebnisse wurden in einer Studie der<br />

Berliner Charité und einem schwedischen<br />

und niederländischen Institut gefunden,<br />

die 2018 veröffentlicht wurde. Ein Grund<br />

für diese hohe Zahl ist sicherlich, dass<br />

trans* Menschen die einzige Gruppe der<br />

Bevölkerung sind, die häufig während<br />

einer medizinischen Transition auf<br />

Intersexualität getestet werden. Viele<br />

Bereiche einer Diagnose der Variante<br />

der Geschlechtsentwicklung (Fachwort<br />

für Intersexualität) sind mit dem bloßen<br />

Auge nicht erkennbar. Aus diesem Grund<br />

wissen viele Menschen nichts über ihre<br />

Intersexualität. Ein weiterer Grund kann<br />

in den körperlichen Entwicklungen von<br />

inter Menschen stecken: In unserer<br />

Gesellschaft wird das Geschlecht so sehr<br />

mit einem bestimmten Körperform in<br />

Verbindung gebracht, dass körperliche<br />

Abweichungen ebenso Einfluss auf die<br />

eigene Geschlechtlichkeit nehmen.<br />

GESCHLECHT IST KEIN HIRNGESPINST,<br />

DOCH ES SPIELT SICH AUCH IM KOPF AB<br />

Autistische Menschen erleben sich und<br />

ihre Umwelt anders als neurotypische<br />

Menschen. Nicht verwunderlich, dass<br />

auch ihr Verständnis von Körpern und<br />

Geschlechtern von der Mehrheitsgesellschaft<br />

abweicht. In einer 2020<br />

erschienen britischen Studie wurden über<br />

600.000 Menschen zu diesem Thema<br />

befragt. Damit ist es bis heute die größte<br />

Studie, die eine Überlappung zwischen<br />

autistischen und geschlechtsdiversen<br />

Menschen beforscht. Unter den Befragten<br />

identifizierten sich 36 Prozent der trans*<br />

und/oder nicht-binäre Personen als<br />

autistisch, im Gegensatz zu 16 Prozent der<br />

cis Männer und 14 Prozent der cis Frauen.<br />

Die Zahlen spiegeln den Umstand wider,<br />

dass viele Beschreibungen, was einen<br />

Mann oder eine Frau ausmacht, nur für<br />

neurotypische Menschen Sinn ergeben.<br />

Autistische Personen schütteln bei<br />

vielen vermeintlich geschlechtsbasierten<br />

Verhalten den Kopf und finden sich häufig<br />

in den typischen Geschlechterrollen und<br />

-Erwartungen nicht wieder. *vf


28 NORDDEUTSCHLAND<br />

FOTOS: SENATSPRESSESTELLE<br />

Bürgermeister Dr. Andreas Bovenschulte<br />

BREMEN<br />

Finanzsenator Dietmar Strehl<br />

#POSITIVARBEITEN:<br />

Grundsätzlich diskriminierungsfrei<br />

Eine HIV-Infektion ist für das<br />

Arbeitsleben irrelevant. Dank<br />

entsprechender Medikamente können<br />

Menschen mit HIV leben und arbeiten wie<br />

alle anderen ohne HIV. Im Alltag besteht<br />

kein Übertragungsrisiko. Menschen mit<br />

HIV erleben dennoch Diskriminierung. Die<br />

Stadt Bremen will das in Zukunft als Arbeitgeberin<br />

und Dienstherrin verhindern.<br />

Mit der am 21. April von Bürgermeister Dr.<br />

Andreas Bovenschulte und Finanzsenator<br />

Dietmar Strehl unterzeichneten Deklaration<br />

#positivarbeiten verpflichtet sich die<br />

Freie Hansestadt Bremen als Arbeitgeberin<br />

und Dienstherrin, Diskriminierung im<br />

Umgang mit HIV-positiven Beschäftigten<br />

entgegenzutreten.<br />

Bürgermeister Dr. Andreas Bovenschulte:<br />

„Bremen ist eine liberale, weltoffene Stadt.<br />

Mit dieser Deklaration verpflichten sich die<br />

Unterzeichnenden, jeglicher Diskriminierung<br />

von HIV-positiven Beschäftigten aktiv<br />

entgegenzutreten. Wir wollen damit das<br />

eindeutige Zeichen setzen, dass wir Diskriminierung<br />

jeglicher Art am Arbeitsplatz<br />

nicht dulden werden."<br />

Die Erklärung unterstreicht die Achtung<br />

der Rechte der HIV-positiven Beschäftigten<br />

(z. B. der Verzicht auf HIV-Tests im<br />

Rahmen von betrieblichen medizinischen<br />

Untersuchungen) sowie das Bekenntnis<br />

zur gelebten Vielfalt und Inklusion. Zur<br />

Zeichnung der Deklaration kamen Arno<br />

Oevermann und Christiane Kaufmann<br />

vom Rat&Tat–Zentrum für queeres Leben<br />

ins Rathaus. Oevermann zeigte sich<br />

erfreut über das Engagement der Freien<br />

Hansestadt Bremen:<br />

„Neben der Freude über die gleiche<br />

Haltung und Einstellung unserem<br />

Anliegen gegenüber ist die Signalwirkung<br />

von besonderer Bedeutung. Viele<br />

Arbeitgeber*innen orientieren sich an<br />

dem guten Beispiel der Stadt Bremen.<br />

Das wird dem Anliegen guttun und ist<br />

ein toller Push für unser Projekt," so<br />

Oevermann. Das Zentrum mit Sitz in<br />

Bremen ist als Mitglied der Deutschen<br />

Aidshilfe Beratungs- und Anlaufstelle<br />

bei allen Fragen zur sexuellen und<br />

geschlechtlichen Orientierung, bei HIV<br />

und AIDS.<br />

Die Unterzeichnung der Deklaration<br />

soll Betroffenen helfen, sich in ihrem<br />

Arbeitsalltag angstfreier zu bewegen.<br />

Zudem soll sie die Sichtbarkeit und<br />

Offenheit gegenüber dem Thema HIV<br />

und den Menschen mit HIV unterstützen:<br />

Auch in Corona-Zeiten ist HIV<br />

gegenwärtig.<br />

HINTERGRUND<br />

#positivarbeiten wurde in Deutschland<br />

von der Deutschen Aidshilfe gemeinsam<br />

mit IBM und SAP entwickelt. Aktuell gibt<br />

es über 120 Unterzeichnende in Deutschland.<br />

Die Freie Hansestadt Bremen ist<br />

nach Radio Bremen und der Bremer<br />

Straßenbahn die dritte Arbeitgeberin in<br />

Bremen, die die Deklaration unterzeichnet<br />

hat.<br />

www.aidshilfe.de/positivarbeiten


AUSSTELLUNG<br />

Sexualitäten und<br />

Geschlechter im Spiegel<br />

GESUNDHEIT<br />

IN HAMBURG<br />

Vielfalt wird im Alltag oft auf die jeweilige Herkunft (Migrationshintergrund)<br />

oder körperliche Merkmale reduziert.<br />

Die Vielfalt der Haltungen zu Sexualität und Geschlecht<br />

wird dagegen oft thematisiert, wenn Kulturkreise gegeneinander<br />

abgrenzt werden sollen. Im „Westen“ erst in den<br />

letzten 150 Jahren entstandene Begriffe und Identitäten<br />

werden zum Fortschritt erklärt, alternative Vorstellungen<br />

werden nicht wahrgenommen oder vermittelt.<br />

Mit der Ausstellung „Sexualitäten und Geschlechter<br />

im Spiegel“ (SuGiS) will der Verein Niedersächsischer<br />

Bildungsinitiativen (VNB) hier ansetzen. SuGiS zeigt, wie<br />

unterschiedlich und auch wertschätzend der Umgang mit<br />

der Vielfalt bei Sexualität und Geschlecht in anderen Kulturkreisen<br />

war und ist. Gezeigt wird aber auch der Wandel<br />

in unserer eigenen Kultur, in der bis vor fünfzig Jahren Sex<br />

unter Männern vom Staatsanwalt verfolgt wurde.<br />

Die Ausstellung umfasst 11 Rollups, die jeweils auf der<br />

Vorder- und Rückseite eine Facette der sexuellen und<br />

geschlechtlichen Vielfalt aufgreifen. Insgesamt werden<br />

so 21 Themen und ein Einleitungstext präsentiert. Dazu<br />

gibt es weitere Themen und vertiefende Informationen,<br />

die auf der Internetseite des Projekts aufrufbar sind. Dazu<br />

bietet der VNB an, zur Ausstellung passende Vorträge und<br />

Führungen zu organisieren. In Planung ist derzeit, die Ausstellung<br />

u.a. Wolfsburg, Göttingen, Oldenburg, Osnabrück<br />

und Hannover zu zeigen. Zielgruppe sind sowohl Menschen<br />

mit Migrationserfahrung als auch die queere Community.<br />

Gefördert werden sollen Neugier auf und Wertschätzung<br />

der Vielfalt, die bei uns zum Alltag geworden ist - sei es<br />

durch die Zuwanderung von Menschen oder die Entfaltung<br />

der sexuellen und geschlechtlichen Vielfalt in den letzten<br />

30 Jahren.<br />

Initiator und Träger des Projekts „SuGiS - Sexualitäten<br />

und Geschlechter im Spiegel“ ist der VNB, eine vom<br />

Land Niedersachsen finanzierte Landeseinrichtung der<br />

Erwachsenenbildung, die in ganz Niedersachsen zusammen<br />

mit 200 Mitgliedern und Kooperationspartner*innen in der<br />

politischen Bildung tätig ist. Ermöglicht wurde das Projekt<br />

durch eine Förderung des Nds. Sozialministeriums, die auch<br />

die Kosten für Präsentationen bis Februar 2022 abdeckt.<br />

Wer die Ausstellung in seine Stadt holen will, wendet sich<br />

an sugis@vnb.de. Weitere Informationen gibt es unter<br />

www.sugis.info.<br />

ÄRZTE<br />

■ Andreas Britz,<br />

Dr. med.Praxisklinik am Rothenbaum,<br />

Privatpraxis, Haut- und Geschlechtskrankheiten,<br />

Lasertherapie, Kosm.-<br />

ästhet. Behandlungen, Allergologie,<br />

Heimhuder Str. 38, & 44809812,<br />

www.dr-britz.de<br />

■ Dammtorpraxis, Dr. Linnig,<br />

Allgemeinmedizin, Reise-Medizin,<br />

HIV, Hepatitis, STD,<br />

Damnmtorstr. 27, & 35715638,<br />

www.dammtorpraxis.de<br />

■ ICH Grindel,<br />

Dr. med. Thomas Buhk,<br />

Dr. med. Stefan Fenske,<br />

Prof. Dr. med. Hans-Jürgen<br />

Stellbrink,<br />

All gemeine und Innere Medizin,<br />

HIV, Hepatitis, STD,<br />

Grindelallee 35, & 4132 420,<br />

www.ich-hamburg.de<br />

■ ICH Stadtmitte,<br />

Dr. med. Axel Adam,<br />

Stefan Hansen,<br />

PD Dr. med. Christian Hofmann,<br />

Dr. med. Michael Sabranski,<br />

Dr. med. Carl Knud Schewe,<br />

Allgemeine und Innere Medizin,<br />

HIV, Hepatitis, STD,<br />

Glockengießerwall 1,<br />

& 28004200,<br />

www.ich-hamburg.de<br />

■ Medizinisches Versorgungszentrum<br />

Hamburg,<br />

Prof. Andreas Plettenberg,<br />

Dr. Albrecht Stoehr,<br />

Prof. Jörg Petersen,<br />

Dr. Peter Buggisch,<br />

HIV, Hepatitis, STD, Infek tiologie,<br />

Lohmühlenstr. 5, Am AK St. Georg<br />

Haus L, & 28407600,<br />

www.ifi-medizin.de<br />

■ Urologische Praxis<br />

Oliver Neubauer,<br />

Facharzt für Urologie,<br />

Herthastr. 12, & 64224500,<br />

www.urologe-hamburg.com<br />

■ Schwerpunktpraxis<br />

Nerven-Psyche,<br />

Dr. med. Hans Ramm,<br />

Dr. med. Andrea Oster,<br />

Neurologie, Psychiatrie,<br />

Psychotherapie,<br />

Kreuzweg 7, & 245464,<br />

www.nervenarzt-hh.de<br />

■ Ambulanzzentrum des UKE,<br />

Bereich Infektiologie:<br />

Dr. med. Olaf Degen,<br />

Dr. med. Anja Hüfner,<br />

Dr. med. Sabine Jordan,<br />

Dr. med. Guido Schäfer,<br />

Dr. med. Stefan Schmiedel,<br />

Fachärzte für Innere Medizin, Allgemeinmedizin,<br />

HIV, Hepatitis, STD,<br />

Spezialsprechstunde PrEP, Impfungen,<br />

Infektions- & Tropenkrankheiten,<br />

Universitätsklinikum Hamburg-<br />

Eppendorf, Martinistr. 52,<br />

& 741052831, infektionen@uke.de,<br />

www.uke-infektionen.de<br />

ukeprep.de<br />

■ Josef Stuch,Dr.<br />

All gemeinmedizin,<br />

Ida-Ehre-Platz 12, & 37510060<br />

■ Dr. med. Martin Eichenlaub,<br />

Facharzt für Neurologie,<br />

Nervenheilkunde, Psychiatrie u.<br />

Psychotherapie,<br />

Elbgaustr. 112., & 841084,<br />

www.nervenarzt-eichenlaub.de<br />

■ Dr. Roy Heller,<br />

Facharzt für Innere und Allgemeinmedizin,<br />

Suchtmedizin, Psychotherapie,<br />

HIV, Hepatitis, STD, <strong>Juli</strong>usstr. 36,<br />

& 4300890<br />

■ Dr. med. Welf Prager & Partner,<br />

Dermatologie,<br />

ästhetische Dermatologie,<br />

operative Dermatologie,<br />

Allergologie, Phlebologie,<br />

Lasermedizin,<br />

Hemmingstedter Weg 168,<br />

& 040 81 991 991<br />

www.derma-hamburg.de<br />

ZAHNÄRZTE<br />

■ Martin Schuh,<br />

Eidelstedter Platz 6a, & 5709385,<br />

www.zahnaerzte-eidelstedt.de<br />

■ Zahnarztpraxis Rainer Witt,<br />

Holsteiner Chausee 267, & 55505962,<br />

www.zahnaerzte-schnelsen.de<br />

COACHING<br />

■ Markus Bundschuh,<br />

Gestalttherapeut-Psychotherapie<br />

(HPG), Müggenkampstr. 29,<br />

& (0179) 5270700,<br />

www.therapie.de/psychotherapie/<br />

bundschuh<br />

■ Ruthemann Coaching,<br />

Heilpraktiker f. Psychotherapie,<br />

Professor-Brix-Weg 4, & 31171492,<br />

www.ruthemann-coaching.de<br />

■ Dipl Päd. Volkmar Suhr,<br />

Systemischer Berater&Therapuet<br />

DSGF, Neue Str. 24, 22942 Bargteheide,<br />

& 04532-2045500,<br />

www.familyspirits.de<br />

APOTHEKEN<br />

■ Apotheke am H auptbahnhof,<br />

Steindamm 2, Ecke Adenauerallee,<br />

& 241241<br />

■ Apotheke Zum Ritter St. Georg,<br />

Lange Reihe 39, & 245044<br />

■ Epes Apotheke,<br />

Lange Reihe 58, & 245664<br />

■ Engel Apotheke,<br />

Steindamm 32, 20099 Hamburg,<br />

& 245350, info@engelapotheke.net<br />

PSYCHOTHERAPIE<br />

■ Markus Bundschuh,<br />

Gestalttherapeut-Psychotherapie<br />

(HPG), Müggenkampstr. 29,<br />

& (0179) 5270700,<br />

www.therapie .de/psychotherapie/<br />

bundschuh<br />

■ Christian Perro, Dr. med.,<br />

Psychiatrie, Eppendorfer Landstr. 37,<br />

& 464554<br />

■ Kurt Strobeck,<br />

Dr. med. Facharzt Psychiatrie und<br />

Psychotherapie, Ferdinandstr. 35,<br />

& 32527214<br />

Buchen Sie ihren Listing Eintrag:<br />

christian.fischer@blu.fm


30 ADVERTORIAL<br />

NACHGEFRAGT<br />

Axel Springer queerseite_<br />

Wir trafen Nele Fritsche von<br />

Diversity & Inclusion und<br />

Simon Durchholz, Philipp Kaste und<br />

Daniel Schulmann von queerseite_<br />

im Axel-Springer-Neubau in Berlin.<br />

Simon, wie bist du zum Netzwerk Axel<br />

Springer queerseite_ gekommen?<br />

Simon: Ich hatte bei meinem früheren<br />

Arbeitgeber mit einer homophoben Kollegin<br />

zu tun. Danach habe ich mir überlegt,<br />

was mir zukünftig im Arbeitsumfeld wichtig<br />

ist. Ein Punkt für mich ist: klare Stellung<br />

zu LGBT+. Dabei bin ich auf queerseite_<br />

gestoßen. Da war mir schnell klar, dass ich<br />

zu Axel Springer will. Und so bin ich seit<br />

meinem ersten Arbeitstag nun Mitglied der<br />

queerseite_.<br />

Wie war dein Start dort, wie engagierst<br />

du dich bei der queerseite_?<br />

Simon: Generell gibt es große Akzeptanz<br />

im Konzern. Viele Kolleg*innen im Haus<br />

unterstützen die queerseite_. Nach außen<br />

ist es noch etwas anders. Wir haben auf<br />

unseren Social Media Channels auch mit<br />

Homophobie zu kämpfen. Aber größtenteils<br />

ist das Feedback positiv.<br />

Was sind die Ziele des Netzwerkes?<br />

Daniel: Zum einen geht es um Vernetzung,<br />

intern im Konzern, aber auch extern<br />

mit anderen Netzwerken. Wir bieten<br />

Plattformen zum Treffen und Austausch<br />

an. Zum anderen wollen wir füreinander<br />

über Firmengrenzen hinaus einstehen und<br />

aufklären.<br />

Nele, was machst du genau bei<br />

Diversity & Inclusion?<br />

Nele: Ich bin zuständig für alle 16.000<br />

Mitarbeiter*innen über alle Länder und<br />

Brands hinweg. Wir arbeiten an der Vision,<br />

dass alle Menschen zu uns kommen<br />

können und alle Mitarbeitenden sich<br />

wohlfühlen, sich zugehörig fühlen und<br />

ihr ganzes Potenzial am Arbeitsplatz<br />

entfalten können.<br />

Es ist dir also ein persönliches<br />

Anliegen, dich in dieser Abteilung<br />

zu engagieren?<br />

Nele: Ja, absolut. Ich bin einhundertprozentig<br />

davon überzeugt, dass alle<br />

Menschen ein Recht darauf haben, sie<br />

selbst zu sein. Es ist schön, das aktiv<br />

mitzugestalten. Ich verstehe mich als<br />

LGBTIQ+ Supporter!HR Philipp: Ja, seit<br />

dem ersten Tag, also seit Gründung<br />

2014. Wir und das Anliegen wurden mit<br />

offenen Armen empfangen. Unser CEO<br />

Mathias Döpfner unterstützt die Gruppe<br />

persönlich.<br />

Ihr seid auch in Ländern mit weniger<br />

LGBTIQ*-freundlichen Gesetzen<br />

aktiv. Wie unterstützt ihr die queeren<br />

Netzwerke in diesen Ländern?<br />

Philipp: Wir sind als Medien- und Tech-<br />

Unternehmen beispielsweise auch in<br />

Polen und Brasilien aktiv. Gemeinsam mit<br />

dem Diversity & Inclusion Team machen<br />

wir unsere Kolleg*innen weltweit sichtbar,<br />

aktivieren Gruppen vor Ort und planen mit<br />

ihnen verschiedene Aktionen wie die Safe<br />

Zones.<br />

Was versteht ihr unter den Safe<br />

Zones?<br />

Philipp: Es bedeutet, alle Menschen<br />

bekommen Schutz – rechtlich und inhaltlich.<br />

Ein Aufkleber am Eingang ist ein erster<br />

Hinweis. Global wollen wir alle bei Axel<br />

Springer aufrufen, unsere Büros für queere<br />

Menschen zu Safe Zones zu erklären.<br />

Wie geht ihr mit Hass von außen,<br />

auch von Kunden, um?<br />

Philipp: Im Geschäftskundenbereich erleben<br />

wir wenig Hass. Im Customer-Bereich<br />

bilden wir mit unseren Medien die gesamte<br />

Gesellschaft jedoch ab. Hier lösen wir<br />

den Umgang mit Hass intern durch einen<br />

„News-Crawler“, der Nachrichten nach<br />

queeren Gesichtspunkten durchsucht<br />

und analysiert. Die Redaktionen sind<br />

queer-offen.<br />

Was sind deine Wünsche für die<br />

Zukunft?<br />

Simon: Dass wir als Netzwerk nicht mehr<br />

gebraucht werden. Wenn irgendwann alle<br />

Mitarbeiter*innen in den Unternehmen<br />

gleichgestellt sind.<br />

*Interview: Ulli Pridat


DHL hisst<br />

Regenbogen<br />

31<br />

Bunt, groß und außergewöhnlich<br />

ist der Auftrag, der bei der<br />

Wuppertaler Firma Fahnen<br />

Herold hereingeflattert ist: 750<br />

Regenbogenfahnen sind in den Produktionshallen<br />

angefertigt worden. Auftraggeber<br />

war der Logistikkonzern Deutsche Post<br />

DHL, der damit ein starkes Zeichen rund um<br />

die Themen Diversität und Akzeptanz setzt.<br />

Die Regenbogenfahnen wurden am<br />

17. Mai, dem „Internationalen Tag gegen<br />

Homo-, Bi-, Inter- und Transphobie“ an<br />

zahlreichen Betriebsstätten der Deutschen<br />

Post in der gesamten Bundesrepublik<br />

gehisst. „Wir setzen ein starkes Zeichen<br />

für Diversität. Mir ist kein Unternehmen in<br />

Deutschland bekannt, das je eine Diversity-<br />

Aktion in solch einer Größenordnung<br />

umgesetzt hat“, sagt Initiator Peter<br />

Steinhoff von der Deutschen Post.<br />

Das unternehmensinterne Netzwerk RainbowNet<br />

wurde 2008 für LGBTI-Beschäftigte<br />

gegründet. Es soll dazu beitragen, dass<br />

alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter<br />

ungeachtet ihrer sexuellen Orientierung und<br />

geschlechtlichen Identität unbelastet ihrer<br />

Arbeit nachgehen können, um einen Raum<br />

für Erfahrungsaustausch zu ermöglichen.<br />

Das Netzwerk, das nicht nur in Europa,<br />

sondern auch in Asien, Südamerika und den<br />

USA Mitglieder hat, unterstützt Beschäftigte<br />

und Führungskräfte in beratender Funktion.<br />

Der Konzern vereint Menschen aus einer<br />

Vielzahl von Kulturkreisen und kulturellen<br />

Hintergründen. Dies spiegelt sich auch im<br />

Motto des Diversity-Managements wider:<br />

„Alle verschieden - gemeinsam erfolgreich“.<br />

Der Konzern bekennt sich darüber hinaus<br />

ausdrücklich zu Chancengleichheit, was<br />

im Verhaltenskodex sowie in der konzerneigenen<br />

Erklärung zu Vielfalt und Inklusion<br />

hervorgehoben wird. Deutsche Post DHL<br />

Group feiert seit mehreren Jahren im Monat<br />

Mai eine gesamte Diversity Week.<br />

www.dpdhl.com<br />

SOLPURI BOXX<br />

Doppelliege mit Himmel<br />

ab 6.297,- €<br />

PAD<br />

Kunstfellartikel<br />

ab 57,95 €<br />

Gutschein<br />

10% auf den Einkauf *<br />

* nach Vorlage des Gutscheins einmalig gültig auf Lagerware<br />

und UVP | solange der Vorrat reicht | Gültig bis 30.06.<strong>2021</strong><br />

bereits reduzierte Artikel ausgeschlossen<br />

EAGLE<br />

Baumwollkissen Mexiko<br />

ab 82,95 €<br />

just<br />

hang out<br />

CANE-LINE<br />

PEACOCK<br />

Drehstuh<br />

ab 1.595,- €<br />

FATBOY<br />

Hängematte mit Gestell<br />

ab 439,- €<br />

NEU – Mobil / WhatsApp: 0176 / 4715 2035 I T 040 / 601 2012 I Waldweg 95 I 22393 Hamburg I info@schulze-outdoorliving.de I www.schulze-outdoorliving.de


32 DESIGN<br />

SPORTSWEAR<br />

FIT IM PARK<br />

Ob und wann du wieder im Fitnessstudio<br />

oder im Sportkurs trainieren kannst, ist<br />

derzeit schwer einzuschätzen. Also raus in<br />

die Sonne und an die frische Luft!<br />

Ob Laufen, Slacklining oder Stand-Up-<br />

Paddling – die aktuelle Tchibo Kollek-tion<br />

bietet hochwertige Funktions-kleidung und<br />

praktisches Equipment für deinen Outdoor-<br />

Sport. Und um noch mehr zu bewegen, werden<br />

dafür nachhaltige Materialien genutzt.<br />

www.tchibo.de<br />

NATURHOLZ aus Österreich<br />

TEAM 7 hat sich Nachhaltigkeit und Verantwortung auf die<br />

Fahnen geschrieben. Die Liebe zum Holz und zum Design beginnt<br />

daher mit nachhaltig bewirtschaftetem Wald in Europa<br />

und der sorgfältigen und achtsamen Verarbeitung.<br />

SIDEKICK<br />

Du suchst einen vielseitig<br />

verwendbaren Beistelltisch,<br />

der dich von Raum zu Raum<br />

begleitet? Dann hol dir den den<br />

Allrounder sidekick! Ob flach<br />

stehend als Couchtisch oder<br />

aufrecht stehend als Beistelltisch<br />

im Wohnzimmer oder als<br />

Frühstückstablett am Sonntag<br />

Morgen neben deinem Bett.<br />

sidekick Beistelltisch<br />

EIN STARKES STÜCK HOLZ<br />

Diese Naturholzblöcke in<br />

geräucherter Eiche machen<br />

die lebendige Kraft des Holzes<br />

spürbar. Sie können in allen<br />

Wohnbereichen eingesetzt werden:<br />

ob als Hocker, Couchtisch,<br />

Ablage oder Nachttisch.<br />

www.team7.de/team7-stores<br />

Naturholzblöcke<br />

HYGIENE IM AUTO<br />

Wer sich ein Auto mietet, achtet gerade in Corona-Zeiten<br />

besonders auf Hygiene und Sauberkeit. Der Autovermieter<br />

Starcar versiegelt den Innenraum seiner Fahrzeuge jetzt<br />

mit einem neuen Schutzmittel und bewirkt damit bakterien-<br />

und virenfreie Kontaktflächen. Die Fahrzeuge werden<br />

wie gewohnt innengereinigt, das zusätzliche Desinfizieren<br />

ist aber nicht mehr notwendig. Der spezielle Schutz "That's<br />

it" von der Nation-E Innovation soll ungefähr ein Jahr<br />

wirken. Im Ergebnis werden mit dem Mittel Viren wie die<br />

Erreger von Covid-19, Influenza, Masern oder Hepatitis<br />

sowie auch einige Bakterien<br />

unschädlich gemacht. Das<br />

Schutzmittel wird mit<br />

einem Putztuch aufgetragen.<br />

So wird durch<br />

wenige Handgriffe der<br />

Fahrzeuginnenraum<br />

geschützt.


Gemeinsam produzieren wir<br />

Gartenträume.<br />

livbe.de<br />

draußen chillen, draußen schlafen<br />

liv.be_schlafstrandkorb2.0<br />

outletten auf 1.200 m 2<br />

Gartenmöbel Lagerverkauf Hamburg<br />

Lagerverkauf<br />

Ploß & Co. GmbH • Stemwarder Landstraße 15 • 22885 Barsbüttel • ploss.de


34 DESIGN<br />

TIPP<br />

WAND UND RAUM<br />

italienisch<br />

DIE WÄSCHEREI hat unsere Nachfrage nach<br />

ein paar schönen Tipps fürs Neueinrichten der<br />

Wohn- und Schlafzimmer mit einem tollen<br />

Italien-Paket beantwortet, das wir euch hier<br />

aufschnüren:<br />

Ein bisschen Wanddesign? Gerne: Die neuen<br />

Motive von Wallpepper aus Italien versprühen<br />

traumhaften mediterranen Flair und bringen<br />

Wohn- oder Schlafzimmer auf ein neues<br />

Designlevel. Die Tapeten sind absolute Premiumqualität<br />

und werden auf die jeweilige Wand<br />

zentimetergenau angepasst/maßgeschneidert.<br />

Dazu passen vor allem Möbelstücke in dezenten<br />

Farben oder Naturtönen, wie das Sofa Etienne<br />

in Cremeweiß, die gemütliche Liegewiese<br />

mit hohem Eleganz-Faktor. Der Bettrahmen<br />

Kuno stammt ebenfalls aus Italien, allerdings<br />

aus der Designerschmiede von Presotto. Die<br />

Kopfpolster sind wundervoll weich und machen<br />

das Kopfkissen beinahe überflüssig. Wenn<br />

schon nicht Urlaub in Italien, dann wenigstens<br />

italienisches Design zuhause! Ab in die City Nord<br />

zur Wäscherei!<br />

www.die-waescherei.de


DESIGN<br />

BESTES AUS<br />

ARCHITEKTUR<br />

JAPAN<br />

Der japanische Architekt Shigeru Ban ist ein Paradebeispiel dafür, dass man niemals<br />

nur an die unmittelbaren Tätigkeiten des eigenen Berufs gebunden ist. Er hat bewiesen:<br />

Der Blick über den professionellen Tellerrand kann die Karriere sogar vorantreiben.<br />

Seine humanitären Bemühungen auf internationalem Boden haben ihm nicht nur den Ruf<br />

eines engagierten Philanthropen eingebracht, sondern auch den wichtigsten Preis der<br />

Architekturszene.<br />

Shigeru Ban wurde 1957 in Tokio geboren. Er studierte am<br />

Southern California Institute of Architecture in Los Angeles<br />

und später an der Cooper Union’s School of Architecture in<br />

New York. Das Resultat sowohl japanischer als auch westlicher<br />

Stileinflüsse lässt sich heute gut an Bans Arbeiten ablesen.<br />

Bekannt wurde er aber vor allem durch den Einsatz von Papier<br />

und Pappe als Baumaterial. Papier wird aus nachwachsenden<br />

Rohstoffen hergestellt und kann vollständig recycelt werden.<br />

Ban wird deshalb auch zu den Vertretern des sogenannten<br />

Ökologischen Bauens gezählt. So schuf er 2013 eine Kirche<br />

in Neuseeland, die teilweise aus Karton besteht, und zeichnete<br />

bereits im Jahr 2000 für den japanischen Pavillon auf<br />

der Expo in Hannover verantwortlich, für das vornehmlich<br />

die Ban-typischen Pappröhren verwendet wurden. Seit 1995<br />

setzt er sich außerdem für die Katastrophenhilfe ein, für die er<br />

ein eigenes Netzwerk von Architekten (Voluntary Architects’<br />

Network) gründete. Mithilfe von simplen Materialien wie Papier,<br />

Pappe, Bierkästen oder Sandsäcken hat Ban Notunterkünfte<br />

in der ganzen Welt geschaffen, die schnell auf- und abzubauen<br />

sind. Für seine Aktivitäten als Architekt und Wohltäter erhielt<br />

er 2014 den Pritzker Architecture Prize. Der TASCHEN Verlag<br />

hat Shigeru Ban ein Sammelwerk seiner wichtigsten Arbeiten<br />

gewidmet. *fj<br />

www.shigerubanarchitects.com / www.taschen.com<br />

„Shigeru Ban. Das vollständige Werk 1985 – 2015“, Philip<br />

Jodidio, Hardcover, 22,8 x 28,9 cm, 2,90 kg, 568 Seiten


ARCHITEKTUR<br />

THE YORK<br />

DESIGN<br />

HOUSE<br />

Architekt Alex Nerovnya erlangte dank dem ungewöhnlichen Einsatz von Glas und dem Spiel mit<br />

geometrischen Formen Bekanntheit über die Grenzen seiner russischen Heimat hinaus. Das im letzten Jahr<br />

von ihm konzipierte York House verbindet seine beiden großen Stärken auf ungewöhnliche Weise.<br />

Eigentlich könnte das York<br />

House ein ganz normales<br />

Ferienhaus in irgendeinem<br />

Tannenwald in Nordosteuropa<br />

oder Kanada sein, wenn es nicht<br />

mit einer Front daherkäme, die<br />

anmutet, als hätte jemand das<br />

Gebäude in der Mitte schlichtweg<br />

durchgeschnitten und die<br />

andere Hälfte weggeworfen.<br />

Darüber hinaus hat Alex Nerovnya<br />

die klassische Form des<br />

Spitzdachhauses leicht entrückt<br />

und die links und rechts vom<br />

Mittelblock verlaufenden Seiten<br />

einige Meter versetzt angelegt.<br />

Das ausgefallene Design soll<br />

zum einen die Interaktion mit<br />

der natürlichen Umgebung<br />

intensivieren und das Gefühl<br />

aufkommen lassen, Innen- und<br />

Außenbereiche würden verschwimmen.<br />

Zum anderen will<br />

Nerovnyas Entwurf einer bereits<br />

unzähligen Male verwendeten<br />

Form einen modernen Anstrich<br />

verleihen. Insgesamt sollen auf<br />

200 Quadratmetern bis zu acht<br />

Personen in vier Schlafzimmern<br />

Platz haben. *fj<br />

en.alex-nerovnya.com


REISE<br />

SPARTACUS CRUISE<br />

die einzige deutschsprachige<br />

Gay Cruise<br />

Endlich ist es so weit: Die zweite Gay<br />

Cruise der blu Mediengruppe sticht in See.<br />

Termin ist der 8. bis 18. Februar 2022 mit<br />

einer Route vor der afrikanischen Küste.<br />

Bei deutlich über 20 Grad im Schatten und<br />

acht Sonnenstunden pro Tag kann man<br />

den Winter hinter sich lassen und Wärme<br />

tanken. Gleichzeitig sind es angenehme<br />

Temperaturen für Ausflüge. Die Cruise wird<br />

ohne Social-Distancing-Maßnahmen und<br />

Maskenpflicht durchgeführt. Daher muss<br />

jeder Gast spätestens 14 Tage vor der<br />

Abfahrt eine abgeschlossene Covid-Impfung<br />

oder Immunitätsbescheinigung nachweisen.<br />

Diese Kreuzfahrt kombiniert die unbekannteren<br />

Inseln der Kanaren mit der<br />

Blumeninsel Madeira. Damit auch Raum<br />

für Erkundungen ohne Zeitdruck bleibt,<br />

ist an mehreren Orten ein Overnight<br />

eingeplant. Geplant ist folgende Route:<br />

Neben diesen Anläufen sind zahlreiche<br />

Highlights, die dem späteren Ausflugsprogramm<br />

entnommen werden können,<br />

geplant. Dazu gehört die kleine Schwester<br />

Madeiras, Porto Santo, wo man wandern<br />

oder edlen Wein verkosten kann.<br />

Zurück auf den Kanaren lernt man<br />

Lanzarotes imposante Vulkanlandschaft<br />

kennen und besucht auch La Graciosa,<br />

die kleinste der Kanarischen Inseln. Auf<br />

Gomera warten in den Nebeln des hoch<br />

gelegenen Nationalparks Garajonay dichte<br />

Wälder aus Farnen und moosbedeckten<br />

Bäumen. La Palma bietet neben engen<br />

Gassen aus Kopfsteinpflaster und<br />

Häusern mit Holzbalkonen in der<br />

Hafenstadt Santa Cruz auch spektakuläre<br />

Sehenswürdigkeiten der Natur wie den<br />

Wasserfall der Farben oder den Idafe Rock<br />

/ Roque Idafe im Nationalpark Caldera<br />

de Taburiente. Wer seine Reise nicht<br />

8. – 18. FEBRUAR 2022<br />

8.2. LAS PALMAS (GRAN CANARIA) Abfahrt um 18 Uhr<br />

9.2. FUNCHAL (MADEIRA) Ankunft um 15 Uhr (Overnight)<br />

10.2. Abfahrt Funchal um 20 Uhr<br />

11.2. At sea<br />

12.2. ARRECIFE (LANZAROTE) Ankunft um 7 Uhr (Overnight)<br />

13.2. Abfahrt Arrecife um 20 Uhr<br />

14.2. At sea<br />

15.2. SANTA CRUZ (LA PALMA) von 8 bis 24 Uhr<br />

16.2. LA GOMERA von 8 bis 21 Uhr<br />

17.2. LAS PALMAS (GRAN CANARIA) Ankunft um 8 Uhr (Overnight)<br />

18.2. Ausschiffung


REISE<br />

verlängern will, hat am vorletzten Tag die<br />

Gelegenheit, die Dünen von Maspalomas<br />

auf Gran Canaria zu besuchen. Zwei Seetage<br />

an Bord der Vasco da Gama schaffen<br />

eine echte Kreuzfahrtatmosphäre, die wir<br />

mit Poolspielen verbringen werden.<br />

DAS BORDPROGRAMM<br />

Zusätzlich zum Bordprogramm des<br />

Schiffes werden auf der Spartacus Cruise<br />

wieder zahlreiche Künstler der Community<br />

auftreten. Auf der Agenda stehen<br />

außerdem zahlreiche Themenpartys am<br />

Pool wie „White“, „Wig“ oder „Kinky“, bei<br />

denen der Kreativität bei den Outfits<br />

keine Grenzen gesetzt sind. Auch die<br />

beliebten Pool Games mit der Wahl<br />

zum „Mr. Cruise“ werden auf keinen Fall<br />

fehlen. Alle Gäste sind natürlich wieder<br />

herzlich eingeladen, ihre Türen individuell<br />

zu gestalten, wobei die verrückteste Idee<br />

prämiert wird. Die Details zu Künstlern<br />

und DJs werden im Laufe der kommenden<br />

Wochen ständig ergänzt. Zu den<br />

Künstlern gehört Joel von Lerber, der die<br />

Tea Times mit seinem Harfenprogramm<br />

von Klassik bis Pop begleiten wird. Für<br />

den fetten Sound sorgt u. a. Star-DJ Chris<br />

Bekker.<br />

SINGLE MATCH<br />

Kreuzfahrten sind leider keine optimale<br />

Reiseform für Singles, da sich die Preise<br />

nach Kabinen in Zweierbelegung berechnen.<br />

Das heißt, für die alleinige Nutzung<br />

einer Kabine ist immer der Preis einer<br />

Zweierbelegung zu entrichten. Auf der<br />

letzten Cruise wurden erfolgreich<br />

vierzig Singles verknüpft, die sich eine<br />

Kabine geteilt haben. Auch dieses Mal<br />

wird es in der Buchungsmaske wieder die<br />

Option „Singlematch“ geben. Wer sich<br />

dafür entscheidet, wird kontaktiert und<br />

kann im persönlichen Gespräch ein paar<br />

Anhaltspunkte zu seinem gewünschten<br />

Match geben. Gesichtspunkte a) ähnliches<br />

Alter, b) ähnlicher Tagesrhythmus<br />

(Morgenmensch versus Nachtmensch),<br />

c) gleiche Kabinenkategorie. Selbstverständlich<br />

können sich auch Zweiermatches<br />

melden, die sich bereits gefunden<br />

haben. Dafür gibt es auf Romeo einen<br />

Club unter dem Namen „mCruise“.<br />

Mehr Infos unter<br />

www.spartacus.cruises


GESELLSCHAFT<br />

ZWEI<br />

REPORT<br />

GESICHTER<br />

EINER STADT<br />

LANGE WIRKTE KRAKAU WIE EIN SICHERER HAFEN DER LGBTIQ*-COMMUNITY IM<br />

FEINDSELIG GESTIMMTEN POLEN. DOCH SEIT DIESEM JAHR MEHREN SICH AUCH<br />

HIER DIE ANGRIFFE AUF DIE QUEERE GEMEINSCHAFT. NUN REGT SICH WIDERSTAND<br />

GEGEN DEN HASS.<br />

Eigentlich wollte Han nur seinen Freund<br />

besuchen. Doch als er eine Straße<br />

überquerte, bemerkte er, dass ein<br />

parkender Autofahrer ihn beobachtete.<br />

„Als er mich gesehen hat, hat er den Motor<br />

angelassen – und ist in mich reingefahren“,<br />

erzählt Han, friemelt eine Zigarette aus der<br />

Packung und steckt sie sich zwischen die<br />

Lippen. Er verharrt einen Moment, bevor<br />

er sie anzündet, und blickt in die Ferne, als<br />

sehe er dort die Situation, in der er vor ein<br />

paar Monaten am Stadtrand von Krakau<br />

war. „Der Typ machte das Fenster runter<br />

und starrte mich böse an. Er sagte nichts,<br />

bis ich weggerannt war.“<br />

Das Auto hatte nicht genug Geschwindigkeit,<br />

um Han ernsthaft zu verletzen.<br />

Trotzdem ging an diesem Tag etwas<br />

kaputt: Krakau ist Hans Heimat, hier<br />

wurde er geboren. Und doch fühlt sich der<br />

21-Jährige nun nicht mehr sicher, denn<br />

Han möchte sich nicht festlegen, welchem<br />

Geschlecht er sich zugehörig und von welchem<br />

er sich angezogen fühlt. Bisexuell,<br />

non-binär, queer – es gibt viele Labels, mit<br />

denen er sich identifiziert. Jedes einzelne<br />

ist gefährlich, wenn es die falsche Person<br />

in der falschen Ecke Krakaus zur falschen<br />

Uhrzeit erkennt – oder sich von seinen<br />

auffälligen roten Haaren provoziert fühlt.<br />

Es sind die zwei Seiten einer Stadt,<br />

die damit ringt, wer sie ist und wer<br />

sie sein möchte. Im Zentrum der<br />

800.000-Einwohner-Metropole gibt es<br />

queere Klubs, Regenbogenfahnen hängen<br />

in den Fenstern. An den Stadträndern, wo<br />

die Häuserblocks abgelöst werden von<br />

Einfamilienhäusern mit Garten und Garage,<br />

ist es für Han, als sei er in einer anderen<br />

Stadt. „Wenn ich an die Stadtgrenze gehe,<br />

bekomme ich seltsame Blicke, ich werde<br />

angeschrien, auf mich wird gezeigt und<br />

ich werde verfolgt“, sagt Han, setzt die<br />

Zigarette an und nimmt einen tiefen Zug.<br />

Krakau bei Nacht ist ein anderer Ort als<br />

Krakau bei Tag. Sich bloß nicht von der<br />

Gruppe trennen, nicht alleine unterwegs<br />

sein, nicht auffallen: Han kennt die Regeln,<br />

er erinnert seine Freunde daran, wenn sie<br />

abends gemeinsam unterwegs sind. Muss<br />

Han alleine los, hat er inzwischen eine<br />

Dose Pfefferspray bei sich, „nur für den<br />

Fall“. Außerdem trainiert er seit einigen<br />

Monaten Selbstverteidigung, „weil viele<br />

meiner Freunde angegriffen worden sind,<br />

vor allem in letzter Zeit.“<br />

MIT MESSERN GEJAGT<br />

In diesem Jahr häufen sich die Angriffe auf<br />

queere Menschen, beobachtet Mateusz<br />

Gędźba. „Die Gewalt von Bürger*innen<br />

gegenüber der LGBTIQ*-Community<br />

wächst. Im Sommer hatten wir einige<br />

besorgniserregende Vorfälle, bei denen<br />

queere Menschen vor Schwulenbars<br />

wie dem „Club Papuga“ mit Messern<br />

gejagt wurden“, sagt er. Mateusz ist<br />

Vorstandsvorsitzender von DOM EQ, einer<br />

Föderation, die verschiedenste LGBTIQ*-<br />

Gruppierungen zusammengebracht hat.<br />

Gemeinsam versuchen sie, die Situation<br />

für queere Menschen in Krakau zu verbessern.<br />

Im vergangenen Jahr eröffnete<br />

das Team ein Gemeinschaftszentrum: ein<br />

altes Einfamilienhaus, mit Glitzer am Zaun<br />

und Regenbogenlichterkette, umfunktioniert<br />

zum queeren Hauptquartier Krakaus.<br />

Hier treffen sich verschiedene Selbsthilfegruppen,<br />

der queere Chor probt in den<br />

Räumen und Literaturliebhaber*innen<br />

organisieren Gedichtlesungen. Für<br />

Mateusz mit am wichtigsten sind die<br />

Beratungsangebote. Sowohl rechtlich<br />

als auch psychologisch können sich


GESELLSCHAFT<br />

LGBTIQ*-Personen hier helfen lassen:<br />

„Wenn jemand selbstmordgefährdet ist,<br />

lädst du ihn nicht auf ein Bier in einer Bar<br />

ein“, sagt der 36-Jährige. Deshalb sei es so<br />

wichtig gewesen, einen sicheren Ort wie<br />

das DOM EQ zu schaffen.<br />

Wie es scheint, ist DOM EQ gerade<br />

zur rechten Zeit entstanden. Mateusz<br />

erschreckt, wie schnell Szenen wie vor der<br />

Schwulenbar Papuga Alltag geworden sind,<br />

wie selbstverständlich die LGBTIQ*-Community<br />

zur Zielscheibe wahlloser Angriffe.<br />

Für ihn ist klar, wer dafür verantwortlich<br />

ist: „Der Ton wird von oben angegeben,<br />

das ist mehr als deutlich. Wenn hohe<br />

Offizielle im Staat nach Aggression rufen,<br />

sie rechtfertigen, die Täter*innen schützen,<br />

dann ist es nur eine Frage der Zeit, bis alle<br />

anderen glauben, das sei normal.“<br />

Auch Han hat bemerkt, wie sich die<br />

Stimmung in Krakau seit der letzten Wahl<br />

verändert hat. Trotzdem geht er weiter<br />

feiern, Freunde besuchen, versteckt seine<br />

roten Haare nicht unter der Kapuze: „Ich<br />

will nicht so viel Angst haben, dass ich<br />

nicht mehr mein Leben leben kann.“<br />

„MEINE KIRCHE<br />

HASST MICH“<br />

Nicht nur die Politik ist Auslöser für die<br />

wachsende LGBTIQ*-Feindlichkeit. Auch<br />

die katholische Kirche ist eine treibende<br />

Kraft des Hasses. Von einer „Regenbogenpest“<br />

sprach der Erzbischof von Krakau,<br />

Marek Jedraszewski, im Sommer 2019.<br />

Nicht sein erster Kommentar gegen<br />

die queere Community und nicht sein<br />

letzter. Regelmäßig stellt er die LGBTIQ*-<br />

Gemeinschaft als eine Ideologie des<br />

„Wenn ich an die<br />

Stadtgrenze gehe,<br />

bekomme ich seltsame<br />

Blicke, ich werde angeschrien,<br />

auf mich wird<br />

gezeigt und ich werde<br />

verfolgt“<br />

HAN


GESELLSCHAFT<br />

KAROL<br />

„Hier in Polen scheinen die Kirche und die LGBTIQ*-<br />

Community das Gegenteil voneinander zu sein<br />

und klar getrennt. Wir als queere Christ*innen wollen<br />

zeigen, dass es möglich ist, diese beiden Identitäten<br />

miteinander zu verbinden.“<br />

Westens dar, die bekämpft werden müsse.<br />

Was der Erzbischof sagt, hat Gewicht:<br />

Etwa neunzig Prozent der polnischen<br />

Bevölkerung sind katholisch.<br />

„Meine Kirche hasst mich.“ So fasst Karol<br />

Szymonik die aktuelle Situation zusammen.<br />

Der 26-Jährige ist gläubiger Christ<br />

– und schwul. „Ich habe zu Gott gebetet,<br />

dass er das von mir nimmt“, sagt er, wenn<br />

er an seine Schulzeit zurückdenkt. Karol<br />

stammt aus der kleinen Stadt Oświęcim.<br />

Dort kannte er keinen anderen schwulen<br />

Mann. Sich zuzugestehen, homosexuell<br />

zu sein, fiel ihm schwer. „Erst als ich für<br />

mein Studium nach Krakau kam, habe<br />

ich mich freier gefühlt.“ Dort hörte er das<br />

erste Mal von anderen schwulen Männern<br />

und vertraute sich seinen engsten<br />

Freund*innen an. Nach und nach erzählte<br />

er es mehr Kommiliton*innen, ehe er sich<br />

schließlich outete. Am schwersten war<br />

es für Karol, gegenüber seinen streng<br />

katholischen Eltern offen zu sein: „Sie<br />

waren sehr überrascht, sie haben nicht<br />

einmal in Erwägung gezogen, dass so<br />

etwas möglich ist.“ An das Gespräch<br />

mit seiner Mutter kann er sich noch gut<br />

erinnern, obwohl es inzwischen vier Jahre<br />

her ist: „Als ich mich geoutet habe, hat<br />

meine Mutter heftig geweint. Das war<br />

eine schwierige Unterhaltung zwischen<br />

uns. Danach wusste ich nicht, ob das für<br />

sie in Ordnung ist oder nicht.“ Seit dem<br />

Gespräch wird über Karols Sexualität in<br />

der Familie geschwiegen.<br />

Karol arbeitet inzwischen in Krakau als<br />

Tierarzt. „Während meines Studiums<br />

habe ich darüber nachgedacht, aufs<br />

Land zu ziehen und Kühe zu behandeln.<br />

Aber dann habe ich mir gedacht: Ich<br />

bin schwul – so kann ich nicht leben.<br />

Auf dem Land ist es viel gefährlicher für<br />

mich.“ In Krakau fühlt sich Karol wohl,<br />

zumindest bis zu einem gewissen Grad:<br />

„Es gibt Orte, an denen wir uns gemeinsam<br />

treffen können, es gibt Kirchen, in<br />

die wir gehen können, wo wir akzeptiert<br />

sind – es ist sehr viel angenehmer als<br />

in den Dörfern. Aber trotzdem gibt es<br />

überall Zeichen von Homophobie.“ Es<br />

fällt Karol schwer, diese Ambivalenz in<br />

Worte zu fassen. Auf der einen Seite eine<br />

Freiheit, von der er in seinem Heimatdorf<br />

nicht einmal träumen konnte, auf der<br />

anderen Seite die ständige Angst, doch<br />

auf die falschen Leute zu treffen. „Wenn<br />

ich nachts mit meinen Freunden unterwegs<br />

bin, habe ich diesen Gedanken im<br />

Kopf, dass die Leute erkennen, dass wir<br />

schwul sind, und uns deswegen zusammenschlagen<br />

werden.“ Vieles könnte<br />

besser sein in Krakau, „aber es ist gerade<br />

nun einmal, was es ist“, sagt Karol..<br />

ABLENKEN VOM MISS-<br />

BRAUCHSSKANDAL<br />

Karol redet ruhig und konzentriert, nur<br />

wenn er über die Ungerechtigkeiten in<br />

seinem Land spricht, wird er merklich<br />

aufgebrachter, seine Stimme wird<br />

schneller, er fängt an zu gestikulieren.<br />

„Hier in Polen scheinen die Kirche und<br />

die LGBTIQ*-Community das Gegenteil<br />

voneinander zu sein und klar getrennt.“<br />

Um das zu ändern, engagiert sich Karol in<br />

der Initiative „Glaube und Regenbogen“.<br />

„Wir als queere Christ*innen wollen<br />

zeigen, dass es möglich ist, diese beiden<br />

Identitäten miteinander zu verbinden.“<br />

Mit der aktuellen Kirchenführung fällt das<br />

nicht immer leicht, aber Karol hat einen<br />

Weg für sich gefunden: „Die Bischöfe in<br />

Polen sind die eine Sache, mein Glaube ist<br />

etwas anderes. Ich höre nicht so genau hin,<br />

worüber die Priester in ihrer Predigt reden<br />

– denn das tut mir manchmal weh.“<br />

Dass sich die Rhetorik der katholischen<br />

Kirche in den vergangenen Monaten noch<br />

einmal verschärft hat, ist für Karol kein<br />

Zufall. Ähnlich wie in Deutschland erschütterte<br />

auch in Polen ein Missbrauchsskandal


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Foto: istockphoto.com/vladorlov<br />

Seit 20 Jahren in der Community bekannt unter ebab


GESELLSCHAFT<br />

der katholischen Kirche die Öffentlichkeit.<br />

Die Enthüllungsdokumentation „Aber<br />

sag es nur keinem“ zeigte 2019, wie<br />

Kirchenoberste missbrauchende Priester<br />

schützten und sie beispielsweise in andere<br />

Gemeinden versetzten, anstatt sie anzuzeigen.<br />

Seitdem kämpft die katholische<br />

Kirche mit Ablenkungsmanövern gegen<br />

den Imageschaden. Weil mehr Jungen<br />

als Mädchen vergewaltigt wurden, müsse<br />

es einen Zusammenhang zwischen<br />

Pädophilie und Homosexualität geben,<br />

so die haltlose Behauptung der Kirche.<br />

„Sie musste irgendetwas angreifen, und<br />

wir als Minderheit in Polen sind leicht zu<br />

fassen“, sagt Karol. Besonders für Teenager<br />

sieht Karol die Rhetorik der Kirche als<br />

große Gefahr. „Jugendliche, die gerade<br />

erst verstehen, wer sie sind, die glauben,<br />

vielleicht bin ich schwul ... Wenn sie Worte<br />

wie ,Regenbogenpest‘ hören, was halten<br />

die dann von sich selbst? Ich mag mir das<br />

gar nicht vorstellen.“<br />

100 „LGBTIQ*-<br />

FREIE“ ZONEN<br />

Besonders schwierig ist die Situation<br />

für queere Jugendliche im ländlichen<br />

Polen, sind sich Karol und Han einig. Dort<br />

gibt es keine Klubs, keine Treffs, keine<br />

Gemeinschaft wie in Krakau. „Wenn du<br />

auf dem Land als LGBTIQ*-Person keine<br />

Unterstützung deiner Familie hast, bist<br />

du ziemlich allein“, sagt Han. Und auch<br />

der Druck der Politik auf die LGBTIQ*-<br />

Gemeinschaft ist stärker. Seit 2019 riefen<br />

sich mehr als 100 Kommunen als frei von<br />

„LGBTIQ*-Ideologie“ aus. „Du kannst doch<br />

nicht einfach ein Gebiet für LGBTIQ*-frei<br />

erklären und dann gibt es dort keine<br />

queeren Menschen mehr“, sagt Han. „Die<br />

Politiker erreichen nur eines: Sie verletzen<br />

diese Personen.“ Rechtlich gesehen<br />

haben die Deklarationen keine Wirkung<br />

– bislang. Aber DOM-EQ-Leiter Mateusz<br />

Gędźba blickt mit Bangen nach Russland,<br />

wo zunächst ähnliche Erklärungen<br />

verabschiedet und dann in einem zweiten<br />

Schritt auch die Gesetze angepasst wurden.<br />

„Wir befinden uns an einem ziemlich<br />

traurigen und empfindlichen Moment,<br />

der für ganz Europa gefährlich ist. Wenn<br />

wir sagen: ‚Ach Werte, was bedeuten die<br />

schon?‘, dann wird das einen Moment<br />

lang funktionieren. Aber bald werden<br />

die Probleme auch in anderen Ländern<br />

losgehen. Es ist wie Krebs: Wenn wir nicht<br />

früh genug dagegen kämpfen, wird es sich<br />

weiter ausbreiten.“<br />

Fünf der 16 polnischen Woiwodschaften,<br />

vergleichbar mit den deutschen Bundesländern,<br />

verabschiedeten inzwischen<br />

eine entsprechende Deklaration. Darunter<br />

auch Kleinpolen, die Woiwodschaft, in der<br />

Krakau liegt. Doch Krakau machte bei der<br />

homophoben Kampagne nicht mit. Stadtpräsident<br />

Jacek Majchrowski betonte in<br />

einem offenen Brief, dass Krakau eine<br />

tolerante und weltoffene Stadt sei: „Alle,<br />

darunter auch Vertreter der LGBTIQ*-<br />

Community, sind hier willkommen. Wir alle<br />

sollen uns in Krakau wie zu Hause fühlen“,<br />

schrieb er darin.<br />

Mateusz sieht Statements wie dieses<br />

kritisch. Er glaubt, hinter der Erklärung<br />

stecke vor allem politisches Kalkül. 2023<br />

sollen in Krakau die Europaspiele stattfinden.<br />

Das bedeutet viel Aufmerksamkeit<br />

und viel Geld für die Stadt. Ausländische<br />

Politiker*innen kritisierten den<br />

Austragungsort aufgrund der Erklärung<br />

Kleinpolens zur LGBTIQ*-freien Zone<br />

und forderten, die Spiele nicht in Krakau<br />

zu veranstalten: „Krakau profitiert enorm<br />

von den europäischen Geldern. Wenn das<br />

Geld zurückgehalten wird, steckt Krakau<br />

in großen Schwierigkeiten. Das haben die<br />

Politiker*innen recht schnell verstanden“,<br />

sagt Mateusz. Mit Blick auf das Ausland<br />

unterstütze man die Community, gehe<br />

„Wenn hohe Offizielle Aggression<br />

rechtfertigen, die Täter*-<br />

innen schützen, dann ist es<br />

nur eine Frage der Zeit,<br />

bis alle anderen glauben,<br />

das sei normal.“<br />

MATEUSZ


GESELLSCHAFT<br />

es aber um echte Bekenntnisse, etwa<br />

finanzielle Unterstützung, halte sich die<br />

Stadt zurück.<br />

Gleichzeitig gehen kirchliche rechtskonservative<br />

Gruppen immer aggressiver vor,<br />

um auch die etwas besser geschützten<br />

LGBTIQ*-Gemeinschaften in den Städten<br />

anzugreifen – wie in Krakau. Regelmäßig<br />

fahren Trucks mit großen Lautsprechern<br />

durch die Städte des Landes und rufen<br />

homophobe Propaganda aus. Damit<br />

schüren sie in den Großstädten den Hass<br />

und verunsichern queere Menschen. Vor<br />

einigen Monaten hatte Han endgültig<br />

genug davon. Mit ein paar anderen<br />

queeren Aktivist*innen Krakaus schloss<br />

er sich zur Bewegung „Der Regenbogen<br />

ist nicht tot“ zusammen. Gemeinsam<br />

starteten sie eine Petition, in der sie den<br />

Stadtrat aufforderten, das Fahren dieser<br />

Trucks durch Krakau zu verbieten. Dafür<br />

sammelten sie Unterschriften, organisierten<br />

Veranstaltungen und versuchten,<br />

bei der Bevölkerung ein Gegengewicht<br />

zur Homophobie von Politik, Kirche und<br />

Medien zu sein: „Das Wichtigste ist, Aufmerksamkeit<br />

zu erzeugen, die Bevölkerung<br />

aufzuklären und ein Bewusstsein für<br />

die LGBTIQ*-Community zu erzeugen“,<br />

sagt Han. Große Erfolgschancen rechnet<br />

sich DOM-EQ-Sprecher Mateusz Gędźba<br />

für die Petition nicht aus: „Um ehrlich zu<br />

sein, bin ich mir ziemlich sicher, dass der<br />

Stadtrat den Bürgervorschlag ablehnen<br />

wird – aber trotzdem hat es etwas Gutes:<br />

Es wird eine Diskussion angestoßen, die<br />

die Stadt weiter unter Druck setzen wird,<br />

etwas gegen die Trucks zu unternehmen.“<br />

OPTIMISTISCH<br />

TROTZ ALLEM<br />

Je stärker der Gegenwind, desto selbstbewusster<br />

wird die Gemeinschaft, meint<br />

Gędźba: „Vor ein paar Jahren waren wir<br />

eine soziale Gruppe hier in Krakau. Aber wir<br />

hatten kein Bewusstsein für unsere verschiedenen<br />

Herkünfte, keine gemeinsame<br />

Identität. Mein Eindruck ist, dass Initiativen<br />

wie DOM EQ dabei geholfen haben, so<br />

eine gemeinsame Identität entstehen zu<br />

lassen.“<br />

Wenn Han an die Zukunft denkt, ist er<br />

vorsichtig optimistisch: „Es gibt viele junge<br />

Personen, die aufstehen, ihre Stimme<br />

erheben und Pride-Proteste organisieren<br />

– mit 15 Jahren. Ich bin so stolz, dass sie<br />

vieles in die eigene Hand nehmen und viel<br />

motivierter sind, als ich es in ihrem Alter<br />

war.“ Und nicht nur die Jugend macht ihm<br />

Hoffnung für die Zukunft: „Ich sehe auch<br />

Menschen über vierzig, die sich auf einmal<br />

outen und sagen: ‚Ich habe genug von dem<br />

Scheiß‘, die protestieren gehen und sich<br />

zeigen.“<br />

Auch Karol will sich nicht länger verstecken:<br />

„Ich versuche, sehr extrovertiert zu<br />

sein. Ich glaube, es ist wichtig, dass wir<br />

uns als LGBTIQ*-Personen den anderen<br />

Menschen zeigen. Wenn sie uns nicht<br />

sehen, dann denken sie auch nicht über<br />

uns nach.“ Seit diesem Jahr bietet er in<br />

Krakau Tanzkurse für gleichgeschlechtliche<br />

Paare an und ist damit polenweit ein Vorreiter.<br />

„Bei heterosexuellen Paaren ist klar,<br />

der Mann führt. Aber wie ist das bei gleichgeschlechtlichen<br />

Paaren? Das bringe ich<br />

ihnen bei“, sagt er. Bis Karol coronabedingt<br />

pausieren musste, betreute er zwölf Paare.<br />

Das Feedback sei sehr positiv, berichtet<br />

Karol. Wenn er von seinen Tanzkursen<br />

spricht, erzählt er mit einer Freude, dass<br />

man meinen könnte, als schwuler Christ<br />

Tanzkurse für gleichgeschlechtliche Paare<br />

im streng katholischen Krakau anzubieten,<br />

sei das Normalste auf der Welt. Und<br />

vielleicht ist es das bald auch. Aktuell ist in<br />

Polen einiges in Bewegung. Die Menschen<br />

gehen auf die Straße, um gegen das<br />

Abtreibungsverbot zu demonstrieren, und<br />

damit auch gegen die Regierung, gegen<br />

die Einmischung der katholischen Kirche<br />

in die Politik, für Menschenrechte. Karol<br />

macht eine kurze Pause, als müsse er über<br />

die nächsten Worte gut nachdenken. Als er<br />

sich entschieden hat, bringt er diese Sätze<br />

mit einer Überzeugung zum Ausdruck,<br />

dass man ihm am liebsten glauben will:<br />

„In den Köpfen der Leute passiert etwas –<br />

langsam, aber es gibt eine Veränderung.“<br />

*Astrid Benölken und Tobias Zuttmann<br />

„In den Köpfen der Leute<br />

passiert etwas – langsam,<br />

aber es gibt eine<br />

Veränderung.“


ADVERTORIAL<br />

GABLE<br />

das LGBTQ+ Netzwerk von P&G<br />

Bei Procter & Gamble sind<br />

Chancengleichheit, Vielfalt und<br />

Inklusion zentrale Elemente der<br />

Unternehmenskultur.<br />

Procter & Gamble hat es sich zur Aufgabe<br />

gemacht, gleiche und inklusive Arbeitsplätze<br />

für alle Mitarbeitenden zu schaffen.<br />

Dies schließt ganz ausdrücklich auch die<br />

Gruppe der LGBTQ+-Gemeinschaft ein.<br />

Die Unternehmenspolitik von Procter<br />

& Gamble wendet sich sehr klar gegen<br />

Diskriminierungen aufgrund sexueller Orientierung<br />

oder geschlechtlicher Identität.<br />

GABLE (GAY, ALLY, BISEXUAL,<br />

LESBIAN AND TRANSGENDER<br />

EMPLOYEES)<br />

1996 gründete Procter & Gamble<br />

das Netzwerk GABLE für LGBTQ+-<br />

Mitarbeitende und ihre Unterstützer in<br />

den USA. Im Jahr 2014 startete GABLE<br />

in Deutschland und ist seither schnell<br />

gewachsen. Inzwischen ist das Netzwerk<br />

an zehn Standorten in der DACH-<br />

Region, darunter acht in Deutschland,<br />

aktiv – sowohl in städtischen als auch in<br />

ländlichen Gegenden. Ziel des Netzwerks<br />

ist es, eine Arbeitsatmosphäre zu schaffen,<br />

in der LGBTQ+-Menschen sich vollständig<br />

und ohne Einschränkungen in ihre Arbeit<br />

einbringen können. Ein wesentlicher<br />

Faktor, um dieses Ziel zu erreichen, sind<br />

Unterstützer – sogenannte „Allies“. Sie<br />

sind ausgebildet, Verantwortung für ihr<br />

eigenes Verhalten zu übernehmen und<br />

einzugreifen, wenn sie in der Sprache oder<br />

dem Verhalten anderer eine Diskriminierung<br />

gegen LGBTQ+-Menschen erkennen.<br />

Die Unterstützer erhalten außerdem<br />

Sticker mit denen sie ihre Hilfe für die<br />

LGBTQ+- Gemeinschaft visuell deutlich<br />

machen können.<br />

#WEAREUNIQUEANDUNITED<br />

Jedes Jahr im März feiert Procter<br />

& Gamble seine Equality&Inclusion<br />

Woche – in diesem Jahr wurde daraus<br />

ein ganzer Monat unter dem Motto<br />

#WeAreUniqueAndUnited. Mitarbeitende<br />

aus verschiedenen Netzwerken haben<br />

Workshops, Vorträge und Mitmach-<br />

Aktionen organisiert mit dem Ziel, das<br />

Bewusstsein für Vielfalt zu fördern, für<br />

dieses Thema weiter zu sensibilisieren und<br />

Bias zu reduzieren. GABLE nutzt die Veranstaltungen,<br />

um Informationen zu seinen<br />

Zielen im Unternehmen vorzustellen, um<br />

neue Mitglieder zu finden und als Allies<br />

auszubilden.<br />

CAN’T CANCEL PRIDE<br />

Zusätzlich unterstützt das Netzwerk<br />

Procter & Gamble dabei, sich auch extern<br />

und weltweit gegen die Diskriminierung<br />

der LGBTQ+-Community einzusetzen,<br />

beispielsweise durch die Organisation<br />

der Hilfsaktion „Can’t Cancel Pride“<br />

mit iHeartRadio während der Corona-<br />

Pandemie zur Unterstützung betroffener<br />

LGBTQ+-Gemeinschaften oder durch<br />

verschiedene LGBTQ-zentrischen<br />

Marketing-Kampagnen.<br />

AUSZEICHNUNGEN<br />

Im letzten Jahr war das GABLE-Netzwerk<br />

von P&G einer der Prout At Work-Award-<br />

Gewinner in der Kategorie GLOBAL<br />

LEADER NETWORK. Diese Würdigung<br />

bezog sich auf diverse Aktivitäten, wie<br />

der Produktion einer Film-Trilogie zur<br />

Unternehmensgeschichte im Hinblick<br />

auf LGBTQ+ -Inklusion. Die Filme,<br />

die in Zusammenarbeit mit CNN<br />

entstanden sind, erhielten internationale<br />

Auszeichnungen.<br />

Vor wenigen Wochen hatte P&G einen<br />

weiteren Grund zum Feiern: Das Unternehmen<br />

wurde mit dem PRIDE Champion<br />

Arbeitgebersiegel in Silber ausgezeichnet.<br />

Dieses wird von der UHLALA Group vergeben<br />

und steht für eine offene, inklusive<br />

und wertschätzende Unternehmens- oder<br />

Organisationskultur. Das Siegel ist nicht<br />

käuflich und kann nur durch Nachweise<br />

und eine Prüfung in Form des PRIDE<br />

Audits erhalten werden.<br />

P&G freut sich über viele Bewerber:innen<br />

aus der LGBTQ+-Community. Offene<br />

Stellenangebote sind hier zu finden:<br />

www.pgcareers.com


INTERVIEW<br />

Die Sprache der Liebe entschlüsselt?<br />

GESELLSCHAFT<br />

FOTO: ELITE CONTACTS<br />

Anita G. und ihr Sohn Philipp Schwarzenberg<br />

bezeichnen sich mit einer<br />

angemessenen Portion Stolz als Partnervermittler.<br />

Wir trafen Philipp in Berlin und<br />

hatten viele Fragen – denn er weitete das<br />

Geschäft mit der Partnerschaftsvermittlung<br />

auf die Liebe Homo-sexueller aus.<br />

Wie kam es denn dazu?<br />

Meine ersten Berührungspunkte mit homosexuellen<br />

Paaren waren glückliche Männer in<br />

langfristige Partnerschaften. Für mich war es<br />

damals klar, dass da einfach ein Mann einen<br />

Mann liebt und mit ihm zusammen ist. Erst<br />

heute ist mir vollumfänglich bewusst, dass<br />

das Thema offene Homosexualität damals<br />

nicht so einfach war. In den 2010ern wurde<br />

Liebe zu einem Konsumgut und unzählige<br />

Menschen machten sich auf die Suche<br />

nach einem kurzfristigen (gemeinsamen)<br />

Endorphinrausch. Zurückzuführen ist<br />

dies auf unsere Gesellschaft selbst, dem<br />

menschlichen Streben nach Perfektion<br />

sowie dem Trend der Digitalisierung durch<br />

Smartphones und Apps. Das was wir dort<br />

finden, ist aber etwas völlig anderes als das<br />

sich in einer langfristigen Partnerschaft<br />

entwickelnde Wir-Gefühl. Ich betone das<br />

immer wieder: Egal, wer wen liebt, der<br />

Kern des Ganzen und damit auch unserer<br />

Arbeit, ist die Sprache der Liebe. Die hat mit<br />

Hormonen und Geschlechtern erst einmal<br />

nichts zu tun.<br />

Es gibt moderne Formen von<br />

Partnerschaften jenseits dem<br />

„Standardmodell“ Zweierbeziehung.<br />

Kommen auch zum Beispiel polyamore<br />

Menschen zu euch?<br />

Es ist spannend, wie sich der Mensch in<br />

dieser Beziehung weiterentwickelt hat.<br />

Das Gros unserer Klientel ist jedoch nach<br />

wie vor auf der Suche nach einer stabilen<br />

Zweierbeziehung mit den klassischen<br />

Parametern Treue, Wir-Gefühl, Vertrauen<br />

und emotionaler Identifikation.<br />

Bemerkenswert finde ich, dass sich die<br />

Wünsche und Ziele von heterosexuellen<br />

und homosexuellen<br />

Singles<br />

in vielerlei Hinsicht<br />

gleichen. Was mich auch noch<br />

mal zu dem Satz bringt, dass es nicht<br />

darum geht, wer wen liebt, sondern um<br />

die Sprache der Liebe.<br />

*Interview: Christian Knuth<br />

www.elite-contacts.com<br />

Das ganze Interview findet ihr auf<br />

www.männer.media.<br />

#Diversity<br />

#Inventingforlove<br />

MSD.PARTNER.HIV.<br />

DE-NON-01778<br />

Auf MSD Gesundheit finden Sie Informationen zu HIV: http://m.msd.de/rwQ<br />

MSD Sharp & Dohme GmbH, Lindenplatz 1, 85540 Haar<br />

www.msd.de


GESUNDHEIT<br />

Welchen Einfluss eine<br />

HIV-Therapie im Alltag hat<br />

Mit HIV kann man heutzutage ein<br />

gesundes und langes Leben führen.<br />

Dennoch kann die Diagnose ein einschneidendes<br />

Ereignis sein und viele neue<br />

Fragen aufwerfen. Eine davon ist, wie man<br />

die HIV-Therapie nun bestmöglich in den<br />

eigenen Alltag integrieren kann.<br />

Das erste, woran viele dabei denken, sind<br />

klassische Einnahmevorschriften – wie<br />

zum Beispiel die Einnahme zum Essen. Bei<br />

der modernen HIV-Therapie sind solche<br />

strikten Vorschriften mittlerweile eher<br />

Ausnahme als Regel.<br />

HERAUSFORDERUNG ARBEITSALLTAG<br />

Es gibt aber auch einige Punkte, die<br />

man vielleicht nicht gleich im Kopf hat.<br />

Beispielsweise spielt der Arbeitsrhythmus<br />

eine wichtige Rolle: Wenn man geregelte<br />

Arbeitszeiten hat, lässt sich die täglich<br />

etwa zeitgleiche Einnahme der Medikamente<br />

deutlich leichter planen, als wenn<br />

man in einem Beruf mit Schichtdienst<br />

arbeitet. Selbst mit geregelten Arbeitszeiten<br />

kann es zu Herausforderungen im<br />

Arbeitsalltag kommen, etwa wenn eine<br />

Dienstreise mit Zeitverschiebung ansteht.<br />

DIE FREIZEIT GESTALTEN<br />

Auf die Wahl der Freizeitaktivitäten hat<br />

eine HIV-Therapie so gut wie keinen<br />

Einfluss. Dennoch gibt es für HIV-positive<br />

Menschen einige Punkte zu beachten,<br />

um eine erfolgreiche Behandlung<br />

sicherzustellen: Natürlich sollte man bei<br />

Ausflügen immer daran denken, seine<br />

Medikamente mit einzupacken, falls<br />

es mal später wird. Aber auch Hobby-<br />

Sportler*innen sollten bei der Einnahme<br />

von Nahrungsergänzungsmitteln, um zum<br />

Beispiel den Muskelaufbau zu fördern,<br />

im Hinterkopf behalten: Nahrungsergänzungsmittel<br />

können Wechselwirkungen<br />

mit HIV-Medikamenten verursachen, die<br />

im ungünstigsten Fall den Therapieerfolg<br />

gefährden.<br />

MUSS MAN SICH ALSO MIT HIV<br />

EINSCHRÄNKEN?<br />

Natürlich ist das jetzt nicht gleich ein<br />

Grund, um mit dem Sport aufhören. Man<br />

sollte allerdings mit seinem/r Ärzt*in<br />

darüber sprechen, was es zu beachten<br />

gilt. Das ist wichtig, um auch mit HIV-<br />

Therapie den bisherigen Lebensrhythmus<br />

beibehalten und vor allem die eigene<br />

Lebensqualität hochhalten zu können.<br />

Nur weil man HIV-positiv ist, muss sich<br />

also nicht gleich der gesamte Alltag<br />

ändern.<br />

VERÄNDERUNGEN IM BLICK BEHALTEN<br />

Viele Dinge im Alltag verändern sich ja<br />

meist nicht über Nacht, sondern Stück für<br />

Stück. Diese oft unbemerkten Veränderungen<br />

sollte man im Blick behalten, denn<br />

sie können zu Reibungspunkten mit der<br />

HIV-Therapie führen. Gerade in solchen<br />

Situationen ist ein offenes Gespräch mit<br />

dem/r Ärzt*in sehr wichtig.<br />

HIV ZU EINEM KLEINEN TEIL IM<br />

LEBEN MACHEN<br />

Es kann manchmal herausfordernd<br />

sein, die eigene HIV-Therapie in den<br />

persönlichen Tagesablauf zu integrieren.<br />

Manchmal liegt das auch daran, dass die<br />

momentan eingenommenen Medikamente<br />

plötzlich nicht mehr in den eigenen<br />

Alltag passen.<br />

Es gibt für jeden Lebensrhythmus eine<br />

geeignete individuelle Therapie. Wenn man<br />

diese gemeinsam mit seinem/r Ärzt*in für<br />

sich findet, wird HIV dadurch zu einem<br />

kleineren Teil im eigenen Leben.<br />

Weitere Infos sowie persönliche Geschichten<br />

zum Leben mit HIV findest<br />

du unter www.livlife.de.<br />

Unterstützt von ViiV Healthcare


SCHLAU ZU HIV<br />

Warum du an der IAS<br />

teilnehmen solltest<br />

Der alle zwei Jahre stattfindende<br />

Kongress der IAS (International<br />

AIDS Society) ist die weltgrößte<br />

offene wissenschaftliche Konferenz<br />

zum Thema HIV/Aids.<br />

Ihre 11. Ausgabe findet vom<br />

18. bis 21. <strong>Juli</strong> in Berlin und<br />

erstmals auch online statt. Also<br />

ist die Konferenz sogar aus dem<br />

heimischen Wohnzimmer heraus<br />

bequem zu besuchen.<br />

DAS PROGRAMM<br />

Fast alle namhaften Akteure<br />

im Kampf gegen die Immunschwächekrankheit<br />

werden die<br />

neuesten Erkenntnisse vorstellen<br />

und die dringendsten aktuellen<br />

Themen erörtern. Aufgeteilt in<br />

vier Themenblöcke.<br />

Im Block Grundlagenforschung<br />

wird unter anderem über<br />

den Stand der Forschung zur<br />

Regulierung und Heilung der HIV-<br />

Reservoirs diskutiert. Außerdem<br />

soll über den Einfluss von<br />

Geschlecht und Bevölkerungsdiversität<br />

auf die Bekämpfung des<br />

Virus gesprochen werden.<br />

Der Block klinische Wissenschaft<br />

hält eine für unsere Kernleserschaft<br />

sicher besonders interessanten<br />

Thematik vor: HIV und<br />

sexuell übertragbare Krankheiten.<br />

Es geht aber ausnahmsweise<br />

nicht um die Aufforderung,<br />

regelmäßig zum Test zu gehen,<br />

sondern um das Ausloten von<br />

Möglichkeiten, aus der HIV-<br />

Therapie für den Umgang mit<br />

Antibiotika-Resistenzbildungen<br />

zu lernen.<br />

Mehr Informationen zum<br />

Programm und zur Anmeldung<br />

unter ias<strong>2021</strong>.org!<br />

„<br />

GESUNDHEIT<br />

Die Konferenz der<br />

„International<br />

Aids Society“,<br />

kurz IAS ist<br />

neben der<br />

„Conference<br />

on Retroviruses<br />

and Opportunistic<br />

Infections“<br />

(CROI) die wichtigste<br />

internationale Konferenz zu<br />

HIV, bei der Wissenschaftler<br />

aus aller Welt Ergebnisse aus<br />

Grundlagenforschung und<br />

Studien präsentieren.<br />

Siegfried Schwarze, Aids-Aktivist<br />

und Vorstand Projekt Information e.V.<br />

(www.projektinfo.de)<br />

“<br />

# HIVersity<br />

Weil wir mehr sind als nur HIV-positiv: LiVLife.de<br />

NP-DE-HVU-ADVT-200009-11/2020


FILM<br />

INTERVIEW<br />

JAKOB M.<br />

ERWA:<br />

„Da habe ich<br />

viel von mir und<br />

meiner Welt<br />

hineingepackt“<br />

Panische Menschen, dichter Rauch<br />

und ein Meer an Einsatzkräften:<br />

Was für ein Unglück hat sich am Münchner<br />

Hauptbahnhof ereignet? Diesem Ereignis<br />

geht die brandneue Coming-of-Age-Serie<br />

„Katakomben“ auf den Grund.<br />

Jakob, „Katakomben“ ist Ihr erstes<br />

Projekt seit dem Kinofilm „Die Mitte<br />

der Welt“. Wie kam es dazu?<br />

Nach der Verleihung des Bayerischen<br />

Filmpreises, den ich für „Die Mitte der<br />

Welt“ bekommen habe, haben mich die<br />

Jungs von der Produktionsfirma NEUE-<br />

SUPER angesprochen. Die mochten, was<br />

ich da auf der Bühne gesagt hatte, und<br />

fragten, ob wir nicht einmal zusammen<br />

ein Projekt entwickeln wollen. So habe ich<br />

dann angefangen, mit Florian Kamhuber<br />

an einer Geschichte über moderne Liebe<br />

zu arbeiten, an der wir auch nach wie<br />

vor noch dran sind. Doch irgendwann<br />

kam uns „Katakomben“ in die Quere,<br />

weil Flo einen Zeitungsartikel über das<br />

Tunnelsystem unter München gelesen<br />

hatte und mich fragte, ob wir nicht schnell<br />

mal eine Geschichte dazu pitchen wollen.<br />

Wir haben uns dann drei Tage in Berlin<br />

eingeschlossen, einen groben Plot überlegt<br />

und die Figuren entwickelt.<br />

Entstanden ist jetzt eine spannende<br />

Mischung aus Coming-of-Age-<br />

Geschichte und Sozialdrama mit<br />

Gruselthriller-Elementen ...<br />

Geschichten über junge Menschen finde<br />

ich immer cool, denn über die sogenannte<br />

First-Life-Krise kann man einfach spannende<br />

Sachen erzählen. Aber besonders<br />

interessant an unserer Idee fand ich<br />

tatsächlich die soziale Komponente. Das<br />

ist schließlich schon eine perfide Sache.<br />

München ist einerseits diese schicke,<br />

cleane, teure Stadt, in der es immer heißt,<br />

dass es kein Drogenproblem gibt. Doch<br />

andererseits gibt es eben diese Katakomben,<br />

wo plötzlich eine Grauzone und<br />

all die Leute akzeptiert werden, die oben<br />

das saubere Stadtbild zerstören würden.<br />

Also Drogensüchtige, Obdachlose oder<br />

Sexarbeiter*innen. Das fand ich heftig. Und<br />

ich wollte unbedingt einen Weg finden,<br />

diese beiden Welten aufeinanderknallen zu<br />

lassen und – bei aller Unterhaltung – etwas<br />

Kritisches über unsere Gesellschaft zu<br />

erzählen.<br />

War von Anfang an klar, dass Sie<br />

die Geschichte als Serie erzählen<br />

wollen?<br />

Ja, das war tatsächlich von Anfang an klar.<br />

Da habe ich nie drüber nachgedacht, ob<br />

man auch einen Film draus hätte machen<br />

können. Mich hat diese Art des Erzählens<br />

eh interessiert, und ich habe auch andere<br />

serielle Ideen, an denen ich arbeite. Schon<br />

damals in Österreich habe ich nach meinem<br />

ersten Film „Heile Welt“ eine kleine<br />

Miniserie gemacht: „Tschuschen:Power“.<br />

Ich finde das Format einfach toll, weil man<br />

viel länger und kleinteiliger erzählen und<br />

sich tiefer auf Figuren einlassen kann.<br />

Aber nicht zu früh freuen – ich werde auch<br />

weiterhin Filme drehen. Hahaha.<br />

Gibt es unter den vielen Figuren der<br />

Serie welche, die Ihnen besonders<br />

am Herzen liegen?<br />

Janosch, der queere Influencer und beste<br />

Freund der Protagonistin, ist auf jeden Fall<br />

eine Figur, die mir sehr wichtig und nah<br />

ist. Da habe ich viel von mir und meiner<br />

Welt hineingepackt. Und an ihm Fragen<br />

von Zugehörigkeit, Entwurzelung und dem<br />

Zwiespalt, zwischen mehreren Welten<br />

zu stehen, durchgespielt, die man nicht<br />

zuletzt als queerer Mensch kennt. Mir war<br />

sehr wichtig, dass er nicht nur schillernd<br />

ist, sondern auch eine echte Breite und<br />

Tiefe bekommt. Aus der eher oberflächlichen<br />

Figur am Anfang wird schließlich<br />

eine ganz traurige, feine und suchende.<br />

Mit der ActOut-Aktion und<br />

dem zugehörigen Manifest<br />

hatten kürzlich 185 deutsche<br />

Schauspieler*innen ihr öffentliches<br />

Coming-out. Wie fanden Sie das?<br />

Das war ein ganz großer, längst<br />

überfälliger Schritt. Ich habe darüber<br />

mit vielen Kolleg*innen vor und hinter<br />

der Kamera in den letzten Jahren immer


FILM<br />

FOTOS: JOYN / NEUESUPER / A. UHLIG<br />

wieder gesprochen und mir genau so<br />

etwas gewünscht. Eine breite Front,<br />

die daherkommt und sagt: „Wir sind<br />

hier und wir sind überall.“ Dass man die<br />

Privatleben eines Schauspielers oder einer<br />

Schauspielerin von ihrer Arbeit trennen<br />

kann, sollte eigentlich kein Problem<br />

sein. Aber auch das ist noch lange nicht<br />

selbstverständlich, deswegen muss man<br />

immer mal wieder solche großen Bretter<br />

fahren.<br />

Es geht in diesem Kontext immer<br />

auch darum, wen man für welche<br />

Rollen besetzt. In der neuen Serie<br />

„It’s a Sin“ zum Beispiel werden alle<br />

queeren Rollen auch von queeren<br />

Schauspielern gespielt ...<br />

Ich würde das jedes Mal als Einzelfall<br />

behandeln. Ich arbeite seit Langem an<br />

einem Film mit dem Titel „Valeska“ über<br />

eine trans* Frau, den ich unter anderem<br />

deswegen noch nicht umgesetzt habe,<br />

weil ich einfach noch keine perfekte<br />

trans* Schauspielerin für die sehr herausfordernde<br />

Rolle gefunden habe. Da muss<br />

man sich dann die Frage stellen, ob ein<br />

Projekt gar nicht stattfinden soll, bloß weil<br />

man nicht „politisch korrekt“ besetzen<br />

kann? Ist das sinnvoll, wenn es gleichzeitig<br />

bedeutet, dass die entsprechenden<br />

Themen womöglich gar nicht auf der<br />

Leinwand behandelt werden? Man kann<br />

außerdem nicht unsere Situation hier im<br />

deutschsprachigen Raum mit den USA<br />

oder so vergleichen.<br />

In welcher Hinsicht?<br />

Englischsprachige Produktionen wie<br />

gerade „It’s a Sin“ haben es natürlich<br />

wesentlich leichter, alle queeren Rollen<br />

mit queeren Schauspieler*innen zu<br />

besetzen. Schon einfach, weil der Markt<br />

riesig ist – und es gleichzeitig sehr viel<br />

früher Role Models gab und sich das<br />

Selbstbewusstsein entwickelt hat,<br />

dass man queer sein und trotzdem als<br />

Schauspieler*in zum Star werden kann. So<br />

weit sind wir noch nicht. Weswegen eben<br />

ActOut auch so ein Meilenstein war. Allein<br />

um zu zeigen, was für einen großen Pool<br />

an queeren Schauspieler*innen es gibt,<br />

der einem zur Verfügung steht, wenn man<br />

bewusst so besetzen und die Community<br />

stärken will.<br />

Kurz noch ein Blick zurück zu<br />

Ihrem Film „Die Mitte der Welt“,<br />

der in diesem Jahr seinen fünften<br />

Geburtstag feiert. Wie haben Sie es<br />

damals erlebt, dass der ganz große<br />

Erfolg an der Kinokasse ausblieb?<br />

Angesichts der wahnsinnig langen<br />

Entstehungsgeschichte und der Tatsache,<br />

dass die Vorlage ein Bestseller war, war ich<br />

im ersten Moment schon sehr ernüchtert<br />

und enttäuscht, dass die Sache nicht so<br />

aufgegangen ist, wie ich es erhofft hatte.<br />

Und war auch eifersüchtig auf Filme<br />

wie „Love, Simon“ und „Call Me By Your<br />

Name“, die als queere Filme groß und<br />

aufwendig vermarktet wurden und stolz<br />

riesige Banner gedruckt bekamen. Während<br />

bei unserem Film die Thematik eher<br />

versteckt wurde und man nicht wusste,<br />

wie man damit umgehen soll. Das hat<br />

mich schon sehr frustriert. Aber natürlich<br />

freue ich mich auch, dass der Film dann<br />

trotzdem noch ein kleines Eigenleben<br />

entwickelt hat. Es gibt sehr viele Leute,<br />

die den Film kennen, und denen er – so<br />

wie mir damals das Buch – irgendwie<br />

geholfen hat.<br />

Würde er heute besser laufen?<br />

Vielleicht. Gerade durch Streamer wie<br />

Netflix ist die queere Community im<br />

Moment ja wieder stärker vertreten in<br />

den Geschichten, die erzählt werden.<br />

Dadurch kommen diese Themen und<br />

Figuren in der Gesellschaft stärker an<br />

und werden selbstverständlicher. Und die<br />

Leute wollen das scheinbar sehen. Es ist<br />

traurig, das sagen zu müssen, aber wenn<br />

ich im Moment einen queeren Stoff hätte,<br />

würde ich damit vermutlich eher bei<br />

einem Streamingdienst anklopfen als bei<br />

einem Kinoverleih.<br />

*Interview: Patrick Heidmann


FILM<br />

FOTO: WARNER / HBO<br />

STREAMING<br />

SIE KOMMEN ZURÜCK<br />

Seit Ende der 1990er war die US-Serie „Sex and the<br />

City“ ein Muss für Frauen und Queers, wenn man sich<br />

auch über die zum Teil klischeehafte Darstellung der<br />

(queeren) Charaktere ärgern konnte. Trotzdem waren<br />

die Serie und die beiden Kinofilme extrem lustig und sorgten<br />

auch für den ein oder anderen Denkanstoß. Jetzt wird an der auf<br />

der Original-TV-Serie und dem Buch basierenden Nachfolgeserie<br />

„And Just Like That“ gearbeitet, so HBO Max, der Streamingdienst<br />

von Warner.<br />

Die in der weißen oberen Mittelschicht New Yorks angesiedelte<br />

Glamour-Soap ließ uns teilhaben am geselligen Leben einer<br />

Frauenclique und ihren Liebschaften. Lange bevor es Social Media<br />

gab, wurde hier kommentiert, polarisiert und gelacht. Vor allem<br />

Schauspielerin Sarah Jessica Parker wurde in Sachen Mode zur<br />

Influencerin, die auch bestens mithalten konnte, als Social Media<br />

dann den Ton angab. Waren die vier Freundinnen –Lifestyle- und<br />

Modefachfrau Carrie Bradshaw (Sarah Jessica Parker), Heimchen<br />

Charlotte York (Kristin Davis), Vamp Samantha Jones (Kim Cattrall)<br />

und Anwältin Miranda Hobbes (Cynthia Nixon) – zu Beginn<br />

der Serie in ihren 30ern, Samantha schon damals wesentlich älter,<br />

so können wir uns jetzt auf Damen freuen, die auf die sechzig<br />

zugehen. Ein wichtiger und sicherlich unterhaltsamer Kontrapunkt<br />

zum überall herrschenden Jugendwahn. Nicht mehr dabei sein<br />

wird allerdings Kim Cattrall, die vor allem in den letzten Jahren ihre<br />

Abneigung gegenüber Sarah Jessica Parker betonte.<br />

In „Sex an the City“ ging es eigentlich immer um die Suche nach<br />

der wahren Liebe in der hektischen und so extrem hippen Großstadt.<br />

Darum, den einen Mann zu finden, für intensive Stunden<br />

oder für immer. Aufs Amüsanteste unterbrochen wurde dieser,<br />

bei aller etwaigen Melancholie immer lebensfroh umgesetzte,<br />

rote Faden durch Episoden und Szenen, die mal ironisch, mal<br />

traurig das Leben in seiner manchmal abstrusen Art abbildeten.<br />

Gaststars waren unter anderem Bradley Cooper, Liza Minnelli,<br />

Matthew McConaughey, Heidi Klum, Alanis Morissette und auch<br />

David Duchovny. Und Dido sang im Soundtrack. *rä<br />

Funfact: Donald Trump hatte ebenfalls einen Cameo-Auftritt in<br />

„Sex and the City“. Gottlob nur kurz. Aber wo war er nicht?<br />

FOTOS: ITV STUDIOS<br />

SERIE<br />

Ausgezeichneter Serienspaß:<br />

„Schitt’s Creek“<br />

Die kanadische Serienproduktion „Schitt’s Creek“ ist nicht nur extrem erfolgreich,<br />

diese humorvolle Gesellschaftssatire zeigt auch, wie man queere Charaktere<br />

sinnvoll und nicht nur als „skurrile Minderheit“ einsetzen kann. Dafür gab es zum<br />

Beispiel den „GLAAD Media Award für herausragende Comedy-Serien“.<br />

Autor, Regisseur und Schauspieler Daniel Levy, der gemeinsam mit seinem Vater<br />

Eugene die Idee zur Serie hatte und auch als David und Johnny Rose zum Hauptcast<br />

gehören, war dann auch sehr gerührt: „Ich möchte unseren Fans danken, die eine<br />

Bewegung für das Gute geschaffen haben [...] Wir lieben euch alle. Ich kann mir keine bessere<br />

Fanbase vorstellen – Menschen, die für die Botschaft unserer Serie einstehen, für Liebe, für<br />

Akzeptanz und dafür, füreinander da zu sein. Die queeren Charaktere zu kreieren, war die größte<br />

Freude meines Lebens [...] Diese Serie zu machen, war sechs Jahre lang mein absolutes Glück.“<br />

Die Serie erzählt von einer einst reichen, dann verarmten Familie, die dorthin ziehen muss, wo sie noch<br />

Besitz hat: in ein Motel nach Schitt’s Creek. Die exzentrische Großstadtfamilie Rose muss sich fortan<br />

mit Rednecks und Dorfturbulenzen rumschlagen. Schreiend komisch! *rä


meine<br />

gay<br />

cruise<br />

Gran Canaria - Madeira -<br />

Lanzarote - La Palma - Gomera -<br />

Gran Canaria FEBRUAR 2022<br />

Alle neuen Infos im Newsletter unter<br />

www.mcruise.de/newsletter


MUSIK<br />

INTERVIEW<br />

MARCELLA<br />

ROCKEFELLER<br />

Seit über zehn Jahren ist Marcella in<br />

der Szene und auch in den Medien<br />

eine feste Größe. Was sie so besonders<br />

macht, ist, dass sie eine Sängerin ist. Wir<br />

sprachen mit La Rockefeller über ihr erstes<br />

Album, Céline Dion, Rosenstolz und Drag.<br />

Ein großer Einfluss war Rosenstolz.<br />

Ja, ich fand das schon immer extrem<br />

verblüffend, wie diese Texte mein Leben<br />

repräsentiert haben. Zum Beispiel „Wenn<br />

Du jetzt aufgibst“, was habe ich dieses<br />

Lied nächtelang gehört, weil ich dachte,<br />

es geht nicht mehr! Aber die Botschaft<br />

ist: Du hast schon einen Riesenberg hinter<br />

dir, du schaffst es. Diese Ehrlichkeit der<br />

Texte!<br />

Ein gutes Stichwort. Ist Ehrlichkeit<br />

in der Musik wichtiger als Glamour<br />

und Show?<br />

Nun, ich sage mal so: Showbusiness ist<br />

eben Show. Aber ich bin einfach eine<br />

sensible Seele, die sehr viel Wert darauf<br />

legt, dass Texte etwas ausdrücken, womit<br />

man sich identifizieren kann. Oft hatte<br />

ich etwas „Angst“, Stars kennenzulernen,<br />

weil sich mitunter rausstellte, dass die gar<br />

nicht so cool sind, dass da mehr Show<br />

als Sein war … Und bei Peter und Ulf (von<br />

Rosenstolz, Anm. d. Red.) ist das genau<br />

das Gegenteil, da steht SO viel mehr<br />

hinter der Musik.<br />

Glaubst du, dass deine perfekte<br />

Optik deiner „handgemachten“<br />

Musik im Weg steht? Oder dass du<br />

eine Dragqueen bist?<br />

Ich mache mir aus der Erscheinung<br />

überhaupt nichts. Aber ich habe<br />

schon vor zwölf Jahren gemerkt, dass<br />

Marcella ein viel größeres Sprachrohr<br />

für mich ist, als wenn ich als Marcel<br />

stehe und singe. Ich habe diesen Weg<br />

und dass ich dieses Album machen<br />

konnte, Marcella zu verdanken! Wenn<br />

eine Dragqueen singt oder auf der Bühne<br />

steht, dann schauen die Leute … Es ist<br />

einfach schön, bei jungen Leuten, bei<br />

Kindern, dieses Leuchten in den Augen<br />

zu sehen. Ich bin es aber auch gewohnt,<br />

von manchen Menschen Abneigung zu<br />

erfahren. Authentischer als Marcella<br />

kann ich nicht sein.<br />

Glaubst du, es ist heute einfacher als<br />

vor zehn Jahren, als Dragqueen ernst<br />

genommen zu werden?<br />

Ich muss sagen, dass ich selbst immer<br />

wieder überrascht bin, wie ernst ich<br />

genommen werde. Aber dafür kämpft<br />

man ja als Musiker. Das macht mich<br />

unendlich glücklich. Ich bin ja kein<br />

Clown, der Stimmung macht! Meine<br />

Musik ist auch nicht Drag-typisch, ich<br />

breche die Erwartungen der Leute, die<br />

Elektronisches oder Lady Gaga erwarten.<br />

Ich mache melancholische Musik, aber<br />

keine depressive …<br />

Wie ist das Album entstanden?<br />

Warst du in Drag?<br />

Nein, ich habe die Lieder als ungeschminkter<br />

Mann aufgenommen. (lacht)<br />

Wobei, manchmal hatte ich tatsächlich


„Das hätten<br />

noch 100<br />

mehr werden<br />

können“<br />

MUSIK<br />

eine Perücke auf, wenn wir danach noch<br />

etwas gedreht haben. Entstanden ist<br />

es mit Elias Kunz in Hannover, der zwar<br />

etwas jünger als ich, aber auch eine<br />

„alte Seele“ ist. Wir haben einige Songs<br />

von Rosenstolz und von Peter Plates<br />

Soloplatte überarbeitet. 2020 hatten wir<br />

„Der größte Trick“ rausgebracht, eigentlich<br />

war das nur ein Projekt, nachdem mich<br />

Peter Plate zuvor auf Instagram mit<br />

Sarah Connors „Vincent“ entdeckt hatte.<br />

Dann kam „Der blaue Sonntag“ … Das hat<br />

alles so Spaß gemacht, dass Peter mir<br />

vorschlug, ein ganzes Album zu machen.<br />

Wir hatten so viele Ideen … Das hätten<br />

noch 100 Lieder mehr werden können.<br />

Verzeih mir das Wort: „Verstellst“ du<br />

deine Stimme beim Singen?<br />

Alles gut, ich weiß, was du meinst. Heute<br />

mache ich das nicht mehr. Tatsächlich<br />

habe ich aber früher gedacht: „Ich muss<br />

die Höhen von Céline Dion treffen, egal,<br />

wie beschissen das nachher klingt.“ Ich<br />

habe lange versucht, meine Stimme<br />

zu verstellen, heute bin ich bei meiner<br />

Stimme angekommen und fühle mich<br />

sehr wohl so, wie ich singe.<br />

Welches Lied sollte ein hektischer<br />

Spotify-Hörer mal anhören, um<br />

einen guten Eindruck vom Album zu<br />

erhalten?<br />

Hm, ich würde „Die Liebe kennt mich<br />

nicht“ empfehlen, jeder hatte schon mal<br />

das Gefühl, dass man an den Falschen<br />

geraten ist, der es nicht gut mit einem<br />

meint. Einfach eine wunderschöne<br />

Nummer, und „Lass sie reden“, im Original<br />

von Rosenstolz.<br />

FOTOS: MIRKO PLENGEMEYER<br />

Findest du deine Version besser?<br />

Ich würde mich nie mit AnNa R. oder<br />

Rosenstolz messen. Ich kann es nicht<br />

vergleichen, ich möchte es auch nicht.<br />

Meine Follower kennen die Lieder im<br />

Original nicht, sie folgen mir, weil ich bin,<br />

wie ich bin. Und ich freue mich, dass ich<br />

einer neuen Generation die Message<br />

von Rosenstolz, von Peter, AnNa und Ulf,<br />

weitergeben kann.<br />

Du bist ein sensibler Mensch. Ist<br />

dann der Beruf im Showbusiness<br />

eine Mutprobe?<br />

Ich habe schon viel Schlimmes gelesen,<br />

vor allem damals beim „Supertalent“, die<br />

Kommentare kann man ja heute noch<br />

lesen. Es ist mir eigentlich relativ egal.<br />

Was mich damals getroffen hat, ist, dass<br />

es meine Mutter getroffen hat, sie hatte<br />

mich auf Facebook verteidigt … Ich habe<br />

einen extrem festen und lieben Inner<br />

Circle im Freundeskreis, auch Peter und<br />

Ulf stehen voll und ganz hinter mir. Diese<br />

Unterstützung stärkt. Aber ich war zwölf<br />

Jahre lang Dragqueen, ich habe eine harte<br />

Schule hinter mir! (lacht)<br />

*Interview: Michael Rädel<br />

www.facebook.com/<br />

MarcellaRockefellerOfficial


MUSIK<br />

NACHGEFRAGT<br />

OWEN<br />

FOTO: YUULA BENIVOLSKI<br />

PALLETT<br />

„Es ist so wichtig,<br />

mit Fremden zu<br />

reden“<br />

Es hat lange gedauert, bis Owen<br />

Palletts neustes Album „Island“<br />

erscheinen konnte – der Vorgänger „In<br />

Conflict“ stammt immerhin schon aus<br />

dem Jahr 2014. Woran es lag? Zum Großteil<br />

an ihm selbst.<br />

Der Kanadier, der seine ersten Schritte<br />

unter dem Namen Final Fantasy gemacht<br />

hat und mittlerweile für seine Arbeit mit<br />

Arcade Fire mit einem Grammy ausgezeichnet<br />

wurde, hat einfach viel zu tun.<br />

Ob Arrangements für Frank Ocean und<br />

Christine and The Queens, Taylor Swift<br />

oder die Pet Shop Boys oder die zahlreichen<br />

Aufträge für Filmmusik. Es dauerte<br />

einfach. „Dabei habe ich gar nicht hart<br />

an dem Album arbeiten müssen, es kam<br />

schnell zusammen. Sehr schnell. Es hat<br />

sich nur lange hingezogen aufgrund all der<br />

anderen Projekte.“ Selbst die Aufnahmen<br />

mit dem London Contemporary Orchestra<br />

in den Abbey Road Studios waren kein<br />

Drama. „Das war ein symbiotisches<br />

Verhältnis. Und es ist auch einfach meine<br />

Aufgabe als Arrangeur, so zu schreiben,<br />

dass man mich versteht.“<br />

Zu seiner eigenen Überraschung setzt<br />

Owen auf „Islands“ eine Geschichte fort,<br />

die er mit seinem Solodebüt „Heartland“<br />

2010 begonnen hat, und die von einem<br />

Mann namens Lewis und seinem Ringen<br />

mit einem Gott namens Owen handelt –<br />

und die am Ende des neuen Albums dazu<br />

führt, dass Lewis in den Weltraum gefickt<br />

wird („Lewis Gets Fucked Into Space“<br />

heißt dieses Lied dann auch bestechend<br />

direkt). Erst als Owen mit dem Album<br />

fast durch war, spürte er, wie gut er mit<br />

diesen dunklen, intensiven Liedern Lewis’<br />

Story fortsetzen konnte. „Ich hatte die<br />

meisten Lyrics fertig, als mir auffiel, dass<br />

es Sinn ergibt, wenn die Songs in sein<br />

Narrativ eingepasst werden.“ Jetzt weiß<br />

Owen auch, dass es irgendwann ein drittes<br />

Album um diesen eigenartigen Charakter<br />

geben wird, selbst wenn es unsicher ist,<br />

wann es kommt. Bis dahin schwebt Lewis<br />

einfach weiter im Weltraum umher.<br />

Doch selbst so eine eigenartige Handlung<br />

wie diese hat es schwer, mit unserer<br />

Realität zu konkurrieren, denn es waren<br />

auch für Owen Pallett sehr eigenartige<br />

zwölf Monate. „Dabei hat sich mein<br />

Leben weniger als das Leben anderer<br />

Menschen geändert. Ich habe wie immer<br />

zu Hause gearbeitet, mein Studio ist ja<br />

auch hier. Irgendwo war es zwar schon<br />

enttäuschend, nicht auf Tour zu sein –<br />

andererseits war ich aber auch seit 2017<br />

nicht mehr unterwegs.“ Was Owen am<br />

meisten berührt, ist, wie sich die Pandemie<br />

auf seine Freunde, Familie und Liebhaber<br />

auswirkt: „Sie sind so gestresst, so einsam.“<br />

Owen selbst fehlt es vor allem, neue<br />

Menschen zu treffen. „Es ist so wichtig,<br />

mit Fremden zu reden, für dich, für dein<br />

Gehirn. Bei mir in Toronto begegne ich<br />

normalerweise immer neuen Leuten.“<br />

Inwieweit sich das alles auch auf ihn<br />

auswirkt, kann er kaum sagen, er weiß nur,<br />

dass er in diesen Monaten nichts Neues<br />

geschrieben hat, „ich fühlte mich nicht<br />

so. Aber ich habe Aufträge gesucht und<br />

viele gefunden.“ Doch vor allem hat er die<br />

Zeit genutzt, um an seinem Instrument<br />

zu üben, der Violine. „Ich bin richtig gut<br />

geworden!“, sagt er, obwohl er sie bereits<br />

seit dem dritten Lebensjahr spielt und<br />

am Anfang seiner Karriere gerade für sein<br />

Geigen berühmt wurde. Doch jetzt habe er<br />

ein ganz neues Niveau erreicht, berichtet<br />

er stolz. „Wenn ich wieder auf der Bühne<br />

bin, werde ich richtig spektakulär sein.<br />

Diese Wochen waren wie musikalische<br />

Push-ups für mich. Allerdings“, lacht er,<br />

„habe ich dafür keine echten gemacht.<br />

Ich bin in einer schlechteren körperlichen<br />

Verfassung als jemals zuvor in meinem<br />

Leben!“ Und er klingt dabei nicht, als würde<br />

ihm das Sorgen bereiten. *fis


MUSIK<br />

TIPP<br />

Ungewöhnlich:<br />

Charlotte Cardin<br />

Hier ist es also, das Debütalbum der kanadischen Sängerin:<br />

„Phoenix“. Für sie sei das stimmige Werk eine Befreiung<br />

gewesen, „und wenn andere sich damit ebenfalls von Druck<br />

und Erwartungen befreien können“, habe es seinen Zweck<br />

erfüllt. Ganz wunderbarer Pop mit Kanten, Ecken und<br />

Melodien einer großen<br />

Singer-Songwriterin mit<br />

starker und wandlungsfähiger<br />

Stimme. Unsere<br />

Anspieltipps sind<br />

„XOXO“, „Meaningless“<br />

sowie „Je quitte“ und<br />

„Passive Aggressive“. *rä<br />

JAZZ<br />

ERIK LEUTHÄUSER:<br />

„Gegen jede Art von<br />

Depression hilft ja<br />

bekanntlich Lachen“<br />

Der queere Sänger ist einer DER Geheimtipps der Jazz-<br />

Welt. Sein kommendes Album nimmt sich des Œuvre<br />

eines weniger bekannten US-Songwriters an: Kent<br />

Carlson.<br />

Über sein neues Album „In The Land of Kent Carlson“<br />

verrät der Künstler: „Kents Song-Lyrics erinnern mich<br />

manchmal an die Direktheit und den Witz eines Dave<br />

Frishberg oder Bob Dorough.“ In der Tat: Doppeldeutige<br />

oder ungewöhnliche Geschichten scheinen in den Texten<br />

immer durch. Etwa bei „The Obsessing-on-my-Baby<br />

Blues“, darüber verrät Erik Leuthäuser: „Er erzählt von<br />

einer Zeit, in der man die besessene Verrücktheit nach<br />

einer Person noch durchaus poetisch als Krankheit<br />

bezeichnen konnte, die einem den ,Blues‘ gibt. Aber<br />

gegen jede Art von Depression hilft ja bekanntlich<br />

Lachen. Und lachen musste ich zahlreich beim Lernen<br />

dieses fast schon absurden Textes.“ „Alle Songs von Kent<br />

haben die Zeitlosigkeit von Jazzstandards gemischt mit<br />

tollen authentischen Texten. Bei ,You Never Have to Say<br />

(I Love You)‘ speziell schätze ich sehr die Message: Liebe<br />

braucht keine vielen Worte. Love is action!“ Das Album,<br />

übrigens eingespielt<br />

mit dem Pianisten<br />

Wolfgang Köhler, soll<br />

am 11. <strong>Juni</strong> erscheinen.<br />

*rä<br />

www.facebook.com/<br />

erikleuthaeuserpage,<br />

erik-leuthaeuser.de<br />

IM NAMEN DER LIEBE TOUR 2022<br />

MIT<br />

NEUEN HITS<br />

UND<br />

GROSSEN<br />

KLASSIKERN<br />

NACHHOLTERMIN<br />

22.04. NÜRNBERG<br />

26.04. MÜNCHEN<br />

27.04. KÖLN<br />

29.04. BERLIN<br />

30.04. FRANKFURT<br />

AM MAIN<br />

DAS NEUE ALBUM „IM NAMEN DER LIEBE“ JETZT ÜBERALL!<br />

TICKETS unter:<br />

www.eventim.de<br />

09.05. DRESDEN<br />

11.05. LEIPZIG<br />

12.05. HANNOVER<br />

13.05. HAMBURG<br />

15.05. BOCHUM


MUSIK<br />

INTERVIEW<br />

JENDRIK:<br />

Auf einmal ist er da: Jendrik Sigwart,<br />

26 Jahre alt, Hamburger und von<br />

Beruf Musicaldarsteller, war ein komplett<br />

unbeschriebenes Blatt, als er im Februar<br />

von der zuständigen Jury zum deutschen<br />

Teilnehmer am diesjährigen Eurovision<br />

Song Contest am 22. Mai in Rotterdam<br />

auserkoren wurde. Sein federleicht<br />

klingender Popsong „I Don’t Feel Hate“<br />

geht ohne Umwege in die Ohren, hat eine<br />

sinnvolle Botschaft und eine Ukulele. Aber<br />

wer ist dieser Typ überhaupt? Am Telefon<br />

erlebten wir einen aufgeweckten, quirligen<br />

und komplett sympathischen Jendrik.<br />

Der Name Jendrik ist ziemlich<br />

ungewöhnlich. Gibt es dazu eine<br />

Geschichte?<br />

Es ist einfach so, dass meine Eltern Namen<br />

mögen, die ein bisschen besonders sind.<br />

Oder sie haben herkömmlichere Namen<br />

genommen und einfach einen Buchstaben<br />

ausgetauscht. So wie bei mir. Oder bei<br />

meinem älteren Bruder Marten. Tatsächlich<br />

habe ich in meinem gesamten Leben<br />

bisher nur einen einzigen anderen Jendrik<br />

kennengelernt.<br />

Wie viele Geschwister hast du?<br />

Vier. Die fiebern jetzt natürlich alle mit<br />

mir mit. Aber ich bin definitiv der einzige<br />

richtige Mega-ESC-Fan in der Familie.<br />

Wie sehr bestimmt die Teilnahme am<br />

Eurovision Song Contest momentan<br />

dein Leben?<br />

Tatsächlich ist mein Leben aktuell noch<br />

recht entspannt. Vorhin hatte ich sogar<br />

noch Zeit zum Playstation-Spielen.<br />

Was hast du gespielt?<br />

„Dead by Daylight“. Das ist ein Horrorspiel,<br />

das man online mit mehreren Leuten spielt.<br />

So eine Art virtuelles Versteckspiel. Mir<br />

macht das sehr viel Spaß, obwohl ich mir<br />

Horrorfilme absolut nicht angucken kann.<br />

Warum das nicht?<br />

Weil ich vor ihnen Angst habe. (lacht) Ich<br />

bin sehr schreckhaft, und einmal musste<br />

ich während eines Gruselfilms im Kino laut<br />

schreien. Ich konnte es nicht unterdrücken<br />

und habe mich ein bisschen geschämt.<br />

Obwohl du keine Horrorfilme guckst,<br />

hast du dir also doch einen angeschaut.<br />

Zwei Freunde und ich. Wir sind immer zu<br />

einer ganz bestimmten Uhrzeit ins Kino<br />

gegangen und haben dann grundsätzlich<br />

den Film ausgesucht, der als Nächstes lief.<br />

Warst du beliebt in der Schule?<br />

Innerhalb unserer Klasse war ich einer von<br />

den „coolen“ Kids, aber nach außen galten<br />

wir komplett als die Loser- und Opferklasse.<br />

Also ja und nein. Ich selbst war auch beides:<br />

der Mobber und der Gemobbte.<br />

Die Aussage deines ESC-Songs ist ja,<br />

dass du auf Hass nicht mit Gegenhass,<br />

sondern mit Gelassenheit und<br />

Mitleid reagierst. Erinnerst du dich,<br />

wann und warum du dieses Lied<br />

geschrieben hast?<br />

Als wäre es gestern gewesen! Das war im<br />

Frühsommer 2019, nachdem mich eine<br />

andere Person respektlos und von oben<br />

herab behandelt hat. Ich dachte „Was<br />

bist du für ein übler Mensch“, aber dann<br />

beschloss ich, eben nicht aggressiv auf<br />

diesen Angriff zu reagieren. Denn dadurch<br />

lernt die oder der andere nichts. Stattdessen<br />

habe ich der Person ganz ruhig gesagt,<br />

dass ich ihr Verhalten respektlos finde.<br />

Daraus ist dieser Song entstanden.<br />

Funktioniert dieses Konzept?<br />

Sehr häufig ja. Wobei es, grob gesagt, zwei<br />

Arten von Anfeindungen gibt: Auf oberflächliche<br />

Sprüche wie „Deine Frisur finde<br />

ich scheiße“ reagiere ich überhaupt nicht.<br />

So was ist mir echt egal, denn ich mag<br />

meine Frisur ja. Bei wirklich diskriminierenden<br />

Beleidigungen, bei Homophobie oder<br />

Rassismus sollte man aber etwas sagen.<br />

Man sollte dem anderen klarmachen, dass<br />

das, was er sagt, absolut falsch ist. Diesen<br />

Weg versuche ich in dem Song aufzuzeigen.<br />

Auf eine sehr unterhaltsame Weise.<br />

Klar. Ich habe „I Don’t Feel Hate“ ja auch<br />

geschrieben, um gute Laune zu verbreiten<br />

und negative Gefühle in etwas Positives zu<br />

verwandeln.<br />

Hast du persönlich Erfahrungen mit<br />

Diskriminierung gemacht?<br />

Natürlich. In letzter Zeit vor allem online.<br />

Kommentare wie „Du Schwuchtel“ gibt es<br />

immer wieder. Ich reagiere sachlich darauf<br />

und antworte: „Das verletzt mich.“<br />

*Interview: Steffen Rüth<br />

Das ganze Interview findet ihr auf<br />

männer.media. Mehr Features dieser Art<br />

gibt es auf Instagram/blumediengruppe.


www.männer.media<br />

immer aktuell<br />

informiert


MUSIK<br />

FOTO: WARNER MUSIC<br />

NACHGEFRAGT<br />

MARINA<br />

Zoom-Interview mit Katze<br />

Marina Diamandis plagen gleich<br />

mehrere Allergien. Dauernd muss<br />

sie niesen und schniefen, sie unterbricht<br />

sogar kurzfristig das Gespräch, um sich<br />

neue Taschentücher zu holen. Weil sie<br />

nicht in Bestform ist, möchte die Sängerin<br />

während des Zoom-Interviews die Kamera<br />

lieber ausgeschaltet lassen.<br />

Auch ohne Bildübertragung kriegt man<br />

allerdings einiges von ihrem Leben in Los<br />

Angeles mit. Eigentlich wollte sie dort<br />

lediglich ihr fünftes Album „Ancient Dreams<br />

in a Modern Land“ aufnehmen und dann<br />

wieder nach London zurückkehren, doch<br />

während des ersten Lockdowns beschloss<br />

die Waliserin, ganz nach Kalifornien zu<br />

ziehen. Mit ihrer schwarzen Katze, die sich<br />

lautstark bemerkbar macht, nachdem sie<br />

aufgewacht ist. Daran ist die 35-Jährige<br />

gewöhnt, somit bringt sie das Miauen nicht<br />

gleich aus der Fassung. Sie redet völlig<br />

gelassen weiter über das Konzept ihres<br />

jüngsten Langspielers. Im Grunde sei er in<br />

zwei Teile geteilt, sagt sie: „Die erste Hälfte<br />

fokussiert sich mehr auf das Sozialkritische,<br />

dann kommen die Trennungssongs.“<br />

Zu ihnen zählt zum Beispiel „I Love You,<br />

But I Love Me More“. Mit diesem Lied<br />

verabschiedet sich Marina, die ihren<br />

Künstlernamen Marina and the Diamonds<br />

schon mit ihrer letzten Platte „Love + Fear“<br />

abgelegt hat, endgültig von ihrem Exfreund.<br />

Es knüpft musikalisch zweifellos mit seinem<br />

eingängigen Indie-Pop an das Debüt<br />

„The Family Jewels“ an – was im Übrigen für<br />

die meisten Nummern gilt. Eine bewusste<br />

Entscheidung sei das aber nicht gewesen,<br />

hält Marina dagegen: „Wahrscheinlich stellt<br />

sich dieser Sound einfach ein, wenn ich<br />

alleine schreibe.“<br />

So entstanden Ohrwürmer wie „Purge<br />

the Poison“. In dieser Powerpop-<br />

Nummer bringt Marina allerlei Themen<br />

von Rassismus über Frauenhass, #MeToo,<br />

Quarantäne und Mutter Natur bis zu<br />

Menschlichkeit aufs Tableau. „Es hat 91<br />

Botschaften“, witzelt sie. „Im Ernst: Dieser<br />

Track entstand zu Beginn der Pandemie,<br />

also in einer äußerst verwirrenden Zeit.<br />

Mein Ziel war es, Schnappschüsse des 21.<br />

Jahrhunderts einzufangen.“ Mal erinnert<br />

sie daran, wie sich Britney Spears 2007 ihre<br />

Haare abrasiert hat. Mal beschwört sie den<br />

Harvey-Weinstein-Missbrauchsskandal<br />

herauf: „Letztlich wirft dieser Song die Frage<br />

auf: Was ist eigentlich Weiblichkeit?“<br />

Die Bedürfnisse der Frauen treiben<br />

Marina auch in dem Stück „Man‘s World“,<br />

für dessen Produktion sie sich ein rein<br />

weibliches Team zur Seite stellte, um. Da<br />

spricht sie mit der Zeile „I don‘t wanna live<br />

in a man‘s world anymore“ Klartext. „Ich<br />

kämpfe jeden Tag gegen das Patriarchat“,<br />

erklärt sie. „Meiner Ansicht nach profitieren<br />

Männer von Gleichberechtigung nicht<br />

weniger als wir Frauen.“ Ginge es nach ihr,<br />

dann dürfte sich niemand über andere<br />

erheben. Insbesondere die Diskriminierung<br />

von Minderheiten wie LGBTIQ*-Bewegung<br />

geht ihr gegen den Strich. Nicht umsonst<br />

spielt sie in „Man‘s World“ auf einen Sultan<br />

an, der in seinem Land die Todesstrafe für<br />

Homosexuelle eingeführt hat. Gemeint<br />

ist Hassanal Bolkiah, ihm gehört das<br />

„Beverly Hills Hotel“ in Los Angeles. „Wie<br />

kann jemand auf der einen Seite ein<br />

wunderschönes Hotel besitzen, das bei<br />

der queeren Community extrem angesagt<br />

ist und auf der anderen Seite homophob<br />

sein“, empört sich Marina. „Ich habe gehört,<br />

dass dieser Mann in seiner Heimat Schwule<br />

zu Tode steinigen lässt.“ Nicht nur für die<br />

Künstlerin ist das ein Verstoß gegen die<br />

Menschenrechte: „Keiner sollte aufgrund<br />

seiner Sexualität verurteilt werden.“<br />

*Dagmar Leischow


POP<br />

Lana Del Rey<br />

Seit etwa zehn Jahren lässt die Sängerin uns<br />

melancholisch werden – und das auch noch<br />

genießen. Unlängst erschien ihr neues Album:<br />

„Chemtrails over the Country Club“, das einmal<br />

mehr chillen und träumen lässt. „Vielleicht war ich<br />

mit meiner Geschichte und meinen Erlebnissen,<br />

die ich in die Songs einfließen ließ, zu ehrlich? Komplexität im Pop ist immer noch verwirrend<br />

für manche Menschen. Ich habe tatsächlich aus meinem Leben berichtet, und<br />

nicht nur nichtssagende, freundliche Sommerliedchen geträllert.“ Vertonte Sehnsucht,<br />

großer Pop. Lana Del Rey (geboren am 21. <strong>Juni</strong> 1985) haucht, singt und flüstert und<br />

macht auch ihr siebtes Studioalbum „Chemtrails over the Country Club“ – erhältlich als<br />

CD, Kassette, Download und auf Vinyl – zum großen Wurf. *rä<br />

COMEBACK<br />

KLEE trotz alledem<br />

Das Kölner Pop-Duo KLEE meldet sich zurück!<br />

<strong>2021</strong> starten Suzie und Sten mit neuen Hits und<br />

dem Album „TROTZALLEDEM“ wieder durch.<br />

Gerade jetzt in der Pandemie machen sie Mut<br />

und lenken ab von den alltäglich gewordenen<br />

(Corona-)Hiobsbotschaften aus aller Welt.<br />

Über KLEE: 2002 begann die Karriere der Band mit dem Klub-Hit „Erinner dich“,<br />

einem melancholischen Rückblick auf eine Beziehung, umschmeichelt von sanften<br />

Elektrobeats. 2005 gelang KLEE dann mit dem poppigen „Gold“ der erste richtige<br />

Hit und 2008 mit „Zwei Herzen“ aus dem Album „Berge versetzen“ dann der bisher<br />

größte Wurf in Sachen Vielfalt. 2011 folgte das bis dato erfolgreichste Album „Aus<br />

lauter Liebe“. Musiziert hat die Band bereits schon ab 1997, damals nannte man sich<br />

aber noch Ralley. 2015 erschien ihr letztes Album „Hello Again“ – Platz 23 war für die<br />

neuinterpretierten Schlager drin. Unsere Anspieltipps auf „TROTZALLEDEM“ sind<br />

„Kopfüber“, „Glitzer drauf“ und „Septembernebel“. *rä<br />

www.kleemusik.de<br />

EURODANCE<br />

Retro-Freuden<br />

auf Platte<br />

In den 1990ern gab es unzählige Musikprojekte,<br />

die mit wechselnden Sängerinnen sowie von Techno,<br />

Trance und House inspirierten Beats und nicht mehr<br />

als vier Sätzen pro Lied weltweit Hits landeten.<br />

Nicht alle waren schlecht.<br />

Zu den Guten gehört zum Beispiel Odyssey (nicht zu verwechseln mit der gleichnamigen<br />

Soul-Disco-Formation). Dieses deutsche Eurodance-Projekt landete zwischen<br />

1993 und 1998 diverse Hits und veröffentlichte zwei Alben – das eine gibt es jetzt<br />

erstmals auf Vinyl: „Love Train“. Unsere Anspieltipps sind die Chart-Erfolge „Move<br />

Your Body“, „Into The Light“ und „Riding on a Train“. Mit involviert bei Odyssey waren<br />

unter anderem DJs wie Quicksilver und Projekte wie U.S.U.R.A., gesungen hat immer<br />

die großartige Lisa Cash, die auch heute noch Erfolg hat – etwa mit und bei Nina<br />

Hagen, den Brothers Keepers/Sisters Keepers oder Samy Deluxe. *rä<br />

www.maschinarecords.com<br />

CD, 2xLP & DIGITAL<br />

“Unter all den großen<br />

Werken, die uns Pallett in<br />

den letzten anderthalb<br />

Jahrzehnten geschenkt<br />

hat, ist dies das größte,<br />

berührendste - und<br />

das verstörendste.“<br />

ROLLING STONE GERMANY<br />

JULY 2020


KUNST<br />

FOTOGRAFIE<br />

MÄNNER<br />

AUS STOCKHOLM<br />

Der Fotograf Jonas Norén war gerade einmal vier<br />

Jahre alt, als er das erste Mal eine Kamera in den<br />

Händen hielt.<br />

Mittlerweile ist der Skandinavier einer der ganz<br />

Populären in der queeren und homoerotischen<br />

Fotografenszene. Wir haben einige seiner besten<br />

Bilder für dich versammelt. „Ich finde meine Models<br />

im Fitnessstudio, auf Facebook und auf Instagram.<br />

Und manchmal finden sie mich ...“, verriet uns<br />

Jonas Norén im Chat. Wer von dem schwedischen<br />

Künstler abgelichtet werden will, der kann sich via<br />

Social Media bei ihm melden. Vor Kurzem erschien<br />

auch ein Buch von Jonas Norén (wir berichteten):<br />

„Human Behind the Penis“. Schwule Kunst, die<br />

durch das Können des Machers und ihre innewohnende<br />

Erotik überzeugt. *rä<br />

www.jonasnoren.se,<br />

www.facebook.com/jonasnoren.se,<br />

www.instagram.com/jonasnoren.se,<br />

mehr Features dieser Art auf instagram.com/<br />

blumediengruppe


MALEREI<br />

ROSS<br />

WATSON<br />

Oft widmete sich der australische<br />

Künstler Ross Watson der malerischen<br />

Neuinterpretation von Stilen<br />

und Werken alter Meister, momentan<br />

erfreut er mit nackten Ansichten<br />

und Uniformen.<br />

KUNST<br />

Unbekleidete Trainierte neben den<br />

Wachen der Königshäuser! Das mag<br />

den einen oder anderen sicher vor<br />

den Kopf stoßen, schafft aber auch<br />

eine Intensität, die sonst selten so<br />

schnell beim Betrachter hervorgerufen<br />

wird. Denn so verbindet sich<br />

der erotische Muskelmann mit dem<br />

ehrwürdigen Traditionellen, was ja<br />

auch schon fast wieder etwas Sakrales<br />

hat. Der 1962 geborene australische<br />

Maler Ross Watson stellte<br />

schon erfolgreich in London, Berlin<br />

und Los Angeles aus und nahm an<br />

Gruppenausstellungen zeitgenössischer<br />

internationaler Künstler in<br />

der australischen Nationalgalerie<br />

und auf der Kunstmesse Toronto<br />

teil. Weltstar Sir Ian McKellen ist Fan<br />

und unser aller Piano-Meister Sir<br />

Elton John hat auch schon Watsons<br />

Kunst gekauft. *rä<br />

www.rosswatson.com,<br />

mehr Features dieser Art auf<br />

instagram.com/blumediengruppe<br />

3DVD<br />

mit beiden<br />

Halbfinals und<br />

Finale<br />

ab 25. <strong>Juni</strong><br />

erhältlich!<br />

Album<br />

mit allen<br />

Teilnehmersongs<br />

ab sofort als<br />

2CD und<br />

Download<br />

erhältlich!<br />

www.eurovision.tv · www.universal-music.de/eurovisionsongcontest


BUCH<br />

ROMAN<br />

Noch immer erleben Trans* Gewalt, werden umgebracht, verjagt, verspottet<br />

und zur Prostitution gezwungen. Harter Tobak, thematisiert in<br />

einem wunderbaren Buch.<br />

Die 1982 in Argentinien geborene Autorin und Schauspielerin Camila Sosa Villada<br />

erzählt in ihrem unlängst beim Berliner Suhrkamp Verlag erschienenen Roman „Im<br />

Park der prächtigen Schwestern“ (im Original erschienen als „Las Malas (Tusquets<br />

Editores, Planeta de Libros, Buenos Aires“) vom Zusammenhalt und dem Leid<br />

einer Gruppe von Trans*-Prostituierten in einem Park in Córdoba, der nachts „zur<br />

Wildnis“ wird. Hierher, in den Sarmiento, verschlägt es die junge Camila, als sie vor<br />

familiärem Hass in die angebliche Anonymität der Stadt flüchten muss ... Hier<br />

erlebt sie Fürsorge, Freundschaft und Akzeptanz. Sie alle wollen keine Opfer sein,<br />

sie wollen leben. *rä<br />

KINDER<br />

ELIAS<br />

LIEBT EINEN MÄRCHENPRINZEN<br />

Gleichgeschlechtliche Liebe<br />

kommt in den allermeisten<br />

Geschichten nicht, kaum oder<br />

nur am Rand vor. Schön, dass es<br />

Bücher wie diese gibt: „Elias und<br />

die Märchenrevolution“ und „Elias<br />

und die Konferenz der Gefühle“.<br />

Beide Bücher stammen aus der<br />

Feder des in Bayern geborenen<br />

Wahl-Wieners Harald Buresch,<br />

der als Musical-Darsteller<br />

tätig war und jetzt hinter den<br />

Bühnenkulissen in der Kinder- und<br />

Jugendpädagogik wirkt. Und<br />

eben als Buchautor in diesen<br />

belastenden Zeiten von Krisen-,<br />

Pandemie- und Internet-Hass-<br />

News ganz wunderbar ablenkt.<br />

„ELIAS, ein moderner Held in Märchengeschichten,<br />

die Klein und<br />

Groß gleichermaßen begeistern.<br />

Nicht zuletzt die Liebesgeschichte<br />

zwischen ELIAS und dem<br />

Märchenprinzen sowie viel Humor<br />

machen die ELIAS-Bücher zu<br />

etwas ganz Besonderem“, verrät<br />

uns der Autor via E-Mail.<br />

„Die altbekannten Märchen von<br />

Rotkäppchen bis Aschenputtel<br />

haben ausgedient: Kinder von<br />

heute interessieren sich nicht<br />

mehr für sie. Es herrscht Welt-<br />

Märchen-Krise! Elias gibt ihnen<br />

neue Botschaften und verhilft<br />

den märchenhaften Held*innen<br />

zu einem modernen und<br />

zeitgemäßen Neuanfang“, so der<br />

Wiener Queer. In seinen Büchern<br />

treffen wir auch alte Bekannte,<br />

doch Queerness scheint in dieser<br />

Märchenwelt keine neue Erscheinung:<br />

„Selbst Rotkäppchens<br />

** Großmutter hat darüber die<br />

ein oder andere Story parat“, so<br />

Harald Buresch. *rä<br />

www.maerchenheld.com<br />

** Es gibt viel ältere Versionen als die der<br />

Gebrüder Grimm. Nicht in allen hilft ein Jäger,<br />

mitunter befreit sich Rotkäppchen selbst. Immer<br />

schwingt aber mit, dass sich Mädchen nicht<br />

auf fremde Männer einlassen, „nicht vom Weg<br />

abkommen“ sollen.


DATES. FREUNDE. LIEBE.<br />

Willkommen bei ROMEO, dem offensten Netzwerk weltweit für Schwule, Bi-Männer<br />

und Transgender. Lade die App herunter oder logge dich in unsere Webseite ein.<br />

app.planetromeo.com


BUCH<br />

BILDBAND<br />

ZWANZIG NACKEDEIS<br />

IN DER NATUR<br />

Und im Pool! Diese Jungs hatten dabei viel Spaß – und lassen dich dank<br />

Salzgeber an ihren Erinnerungen teilhaben.<br />

Die Macher der Vollerotikseite CockyBoys, Jake Jaxson und RJ Sebastian,<br />

veröffentlichten gerade zusammen mit Salzgeber diesen äußerst<br />

erotischen, aber nicht peinlichen, Bildband. „SUMMER BOYS“ bietet auf 160<br />

Seiten farbenfrohe, schwule und vom Sommer geküsste Fotografie(-Erotik)<br />

in Buchform. Entstanden seien diese Bilder in einem Camp im Wald samt<br />

Ferienhütte und Pool ... Dort war der Sommer dann doch schöner als in<br />

den überhitzten deutschen Großstädten mit zu wenigen Straßenbäumen,<br />

oder? Zwanzig Models der Vollerotik-Seite CockyBoys waren dabei, hundert<br />

Fotografien sind herausgekommen. Schwul! *rä<br />

FOTOS: SALZGEBER


Vogel checkt: Liefern die auch das beste Klimapaket?<br />

„Post und DHL setzen nicht nur auf eine umweltfreundliche Flotte – mit 15.000 E-Transportern und 16.000 E-Bikes<br />

und -Trikes die grünste der Branche. Die versenden auch seit 10 Jahren unsere privaten Pakete komplett CO₂-neutral.<br />

Und durch die bald über 12.000 Packstationen können wir alle dabei helfen, CO₂ zu sparen.“<br />

LÄUFT.<br />

Selber checken auf: VogelCheckt.de


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Moderne Diagnostik revolutioniert Prostatakrebs-Vorsorge<br />

Eine große Chance für die<br />

Männergesundheit<br />

Die multiparametrische Magnetresonanztomographie (mpMRT) der Prostata eröffnet<br />

bessere Möglichkeiten zur Früherkennung von Prostatakrebs. Sie liefert zuverlässigere<br />

Ergebnisse als andere Untersuchungsmethoden – und das völlig schmerzfrei.<br />

Anders als bei Frauen hat sich<br />

für Männer das Thema Krebsfrüherkennung<br />

nicht im gleichen<br />

Maße etabliert. Viele scheuen<br />

die Untersuchung ihrer Prostata.<br />

Gängige Diagnoseverfahren<br />

liefern zudem mitunter irreführende<br />

Ergebnisse.<br />

Die multiparametrische MRT<br />

der Prostata bringt hier den<br />

Durchbruch.<br />

Prostatakrebs ist die häufigste<br />

Krebserkrankung des Mannes.<br />

Die Vorsorge erfolgt durch<br />

eine Tastuntersuchung und eine<br />

Bestimmung des PSA-Wertes<br />

(prostataspezifisches Antigen)<br />

im Blut. Dieser Wert allein ist<br />

jedoch nicht immer eindeutig. Weder ist bei Werten im Normbereich<br />

ein Prostatakrebs ausgeschlossen noch ist Krebs bei erhöhten PSA-<br />

Werten bewiesen. Selbst bei einer Stanzbiopsie, bei der Gewebeproben<br />

an mehreren zufällig ausgewählten Stellen entnommen werden,<br />

können Krebsherde übersehen werden.<br />

„Viel genauere Ergebnisse liefert die nicht-invasive und damit<br />

schonendere Untersuchung mithilfe der multiparametrischen Magnetresonanztomographie<br />

(mpMRT) der Prostata“, erklärt Dr. Jörg<br />

Gellißen von der Radiologischen Allianz. „Die mpMRT ist aktuell<br />

das sicherste und beste Verfahren zur biopsiefreien Diagnostik und<br />

Früherkennung.“<br />

Die Nachweisempfindlichkeit ist mit 85 Prozent anderen Verfahren<br />

(Tastuntersuchung, transrektaler Ultraschall) weit überlegen. Mit<br />

etwa 90-prozentiger Sicherheit können Radiologen Prostatakrebs<br />

mit dieser neueren Methode ausschließen.<br />

Die von der Radiologischen Allianz genutzten MRT-Geräte liefern<br />

hochkontrast- und strukturauflösende Bilder, welche von erfahrenen<br />

Experten interpretiert werden. „Wir können Erkrankungen so schon<br />

Dr. Jörg Gellißen, Dr. Martin Simon und Dr. Stephan Schulz<br />

vom Standort Radiologie am Rothenbaum in Hamburg<br />

Sprechen Sie uns an: Wir beraten Sie gerne persönlich über<br />

unser Spektrum an Diagnostik- und Früherkennungsleistungen.<br />

im Frühstadium präzise erkennen,<br />

so dass auf eine anschließende<br />

Biopsie verzichtet werden kann“,<br />

erläutert Dr. Stephan Schulz.<br />

Bei Verdacht auf einen Tumor<br />

können Lage, Größe und Ausdehnung<br />

exakt bestimmt und auch der<br />

Befall benachbarter Organe, der<br />

Lymphknoten und Knochen abgeklärt<br />

werden. Mithilfe der mpMRT<br />

können auch Karzinome entdeckt<br />

werden, die nicht lebensbedrohlich<br />

sind und mittels regelmäßiger Kontrollen<br />

überwacht werden können.<br />

Im Fall einer Krebs-Diagnose ist<br />

die Radiologische Allianz zudem<br />

ein kompetenter Partner für die<br />

Therapie. „Wir decken das gesamte<br />

Spektrum von der Diagnostik über eine mögliche Strahlentherapie<br />

bis hin zu Kontrollen in der Nachsorge ab und sind interdisziplinär<br />

mit onkologischen und urologischen Partnern in Netzwerken verbunden.“,<br />

so Dr. Martin Simon.<br />

Die Kosten einer mpMRT werden von privaten Krankenkassen<br />

in der Regel übernommen. Eine Krebsvorsorge und Abklärung des<br />

Verdachts auf ein Prostatakarzinom mittels mpMRT (z.B. bei erhöhtem<br />

PSA-Wert oder verdächtigem Tastbefund) bieten wir zudem als<br />

individuelle Gesundheitsleistung (IGeL) an. Tumorverlaufskontrollen<br />

unter Therapie führen wir auch als Leistung der gesetzlichen Krankenkassen<br />

durch.<br />

Die Radiologische Allianz bietet die mpMRT der Prostata und weitere Früherkennungsdiagnostik an diesen Standorten an:<br />

Radiologie am Rothenbaum Radiologie am Rathausmarkt Radiologie am Blankeneser Bahnhof (Praxisgemeinschaft)<br />

Hansastraße 2-3 Mönckebergstraße 31 Sülldorfer Kirchenweg 2a<br />

20149 Hamburg 20095 Hamburg 22587 Hamburg<br />

Tel.: (040) 32 55 52-109 Tel.: (040) 32 55 52-101 Tel.: (040) 32 55 52-110<br />

Informieren Sie sich über unser umfassendes Portfolio an MRT (Kernspin), Nuklearmedizin und Strahlentherapie auf www.radiologische-allianz.de

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