hinnerk Juni / Juli 2021
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05.<strong>2021</strong> І JUNI • JULI І AUSGABE 415<br />
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FEHLER IM CISTEM:<br />
25 Seiten skurrile<br />
Minderheiten<br />
05<br />
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TRANS*PHOBER FEMINISMUS / GENDERGAGA IM KINDERGARTEN
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Liebe Leser*innen,<br />
Vor euch liegt die hoffentlich letzte <strong>hinnerk</strong><br />
Ausgabe, die unter dem Eindruck von<br />
Kultur- und Szene-Shutdowns entstanden<br />
ist. Wir haben uns dafür aber so richtig<br />
ins Zeug gelegt, um euch im anlaufenden<br />
Wahlkampf eine Debattengrundlage für<br />
die heißen Eisen Identitätspolitik und<br />
Genderideologie zu liefern. Victoria Forkel<br />
ist lesbisch, trans* und nicht-binär und<br />
war seit Januar studentische Praktikant*in<br />
in der Redaktion. Auf über 20 Seiten<br />
bekommt ihr von dey das Rüstzeug für die<br />
Auseinandersetzung mit den alten weißen<br />
Männern (Geschlecht egal) da draußen.<br />
Kultur und Szene standen zwar zu Redaktionsschluss<br />
schon in den Restartlöchern,<br />
die konkreten Daten zum Wiedereröffnungsreigen<br />
findet ihr aber regelmäßig<br />
aktualisiert auf <strong>hinnerk</strong>.de.<br />
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4 SZENE<br />
FOTO: MICHAEL LUCAN, LIZENZ: CC-BY 3.0, CC BY 3.0, WIKIMEDIA.ORG<br />
Alice Schwarzer – Altfeministin und<br />
Herausgeberin der Zeitschrift EMMA.<br />
INTERVIEW<br />
Alice Weidel, Alt-Right light, verewigt von Bernd Ertl<br />
für ENOUGH is ENOUGH – OPEN YOUR MOUTH!<br />
IDENTITÄTSPOLITIK:<br />
Von TERFs über EMMA zur AfD<br />
Identitätspolitik scheint im<br />
beginnenden Bundestagswahlkampf<br />
die Dauerbrenner Genderideologie<br />
und Masseneinwanderung<br />
auf die Plätze zu verweisen.<br />
Wer Frau Wagenknecht, Wolfgang<br />
Thierse oder eben Frau Weidel und<br />
den TERFs (Trans-Exclusionary Radical<br />
Feminists) beim diesjährigen<br />
Lesbenfrühlingstreffen genau zuhört,<br />
erkennt Zusammenhänge und<br />
diskursive Mechanismen, die auf<br />
den gleichen ideologischen Stammbaum<br />
zurücklaufen: Das Patriachat<br />
und seine Machtstruktur, die auf<br />
Unterdrückung marginalisierter<br />
Geschlechter ruht. Wir sprachen mit<br />
der Aktivistin*, DJ* und Bildungsreferentin*<br />
Mine Wenzel.<br />
Wie bist du auf die Idee gekommen,<br />
auf Instagram die Reihe „Femi - CIS<br />
- mus - Sexismus- und Misogynieerfahrungen<br />
aus nicht-cis Perspektive“<br />
zu machen?<br />
Die Wortschöpfung Femi-CIS-mus<br />
ist natürlich kein offizieller Begriff,<br />
sondern eine Beschreibung, die versucht,<br />
feministische Räume in Worte zu fassen.<br />
Viele trans*, inter und nicht-binäre<br />
Menschen kennen feministische Gruppen,<br />
die eigentlich nur Arbeit für endo I cis<br />
Frauen machen. Das führt zu vielen<br />
Frustrationsmomenten, die ich von mir<br />
persönlich und anderen Aktivist*innen<br />
kenne, die immer wieder dieselben Dinge<br />
beschreiben: Mensch bekommt das<br />
Gefühl, dass eins immer mehr als die<br />
anderen arbeiten muss, bis die eigene Perspektive<br />
anerkannt wird. Das liegt daran,<br />
dass viele aktivistische Räume vor allem<br />
von denjenigen geprägt sind, die näher an<br />
einer gesellschaftlichen Norm dran sind.<br />
Je weiter ich mich von dieser Norm wegbewege,<br />
desto länger dauert es, bis diese<br />
Perspektive ins Gespräch gebracht wird.<br />
Als trans* und nicht-binäre Person erlebe<br />
ich häufig, wie Feminismus als Kampf um<br />
Geschlechtergerechtigkeit zuallererst aus<br />
einer weißen II cis-weiblichen Perspektive<br />
geführt wird. Konkret habe ich die Serie<br />
Mitte März angefangen, weil mal wieder<br />
am 8. März darüber diskutiert worden ist,<br />
wie mensch den Tag nennt. Diese Frage<br />
ist seit mindestens zehn Jahren geklärt.<br />
Ein Sternchen hinter das Wort „Frauen“<br />
macht es nicht inklusiver. Trans* Männer,<br />
inter* und nicht-binäre Personen fallen<br />
aus dem Begriff heraus. Ich muss zum<br />
fünfzigsten Mal das Gleiche sagen und<br />
es werden wieder die gleichen Leute<br />
fragen: Was ist daran verkehrt? Was
GRAFIK: AUSGEZEICHNET.COM<br />
mache ich stattdessen? Zusätzlich zu dem<br />
elendigen Thema des Namens hat mich<br />
die Demo zum feministischen Kampftag<br />
in Berlin zur Serie inspiriert: Letztes Jahr<br />
haben trans* Sexarbeiter*innen die unangenehme<br />
Erfahrung gemacht, dass vom<br />
„Bündnis für sexuelle Selbstbestimmung“<br />
Terre de Femmes zur Demo eingeladen<br />
worden sind. Terre des Femmes ist offen<br />
trans*feindlich und das schreiben sie<br />
auch offen in ihrem Manifest. Auf der<br />
Demo haben sie sich diskriminierend<br />
gegenüber trans* Personen und People<br />
of Color (PoC) III verhalten. Das Demo-<br />
Bündnis versicherte damals erst nach<br />
einem öffentlichen Outcall, dass Terre de<br />
Femmes nie wieder Teil des Bündnisses<br />
sein wird. In diesem Jahr war Terre de<br />
Femmes jedoch wieder Teil des Bündnisses!<br />
Mensch reflektiert nicht, ob eine<br />
feministische Gruppe trans*feindlich ist,<br />
sondern denkt sich, weil da Feminismus<br />
draufsteht, ist das schon in Ordnung.<br />
Zusätzlich zu diesem Fiasko hat mich noch<br />
der Umgang mit der Gruppe Trans*Fläche<br />
zu der Serie bewegt. Trans*Fläche ist eine<br />
Gruppe aus trans* Personen, die sichere<br />
und selbstbestimmte Orte für trans*<br />
Personen fordern und deshalb ein Haus<br />
besetzt hatten. Dieses Jahr haben sie ein<br />
Zine IV veröffentlicht, das durch linke Kreise<br />
in den sozialen Medien gegangen ist. Das<br />
Zine ist stellenweise kritisch zu lesen und<br />
einzelne Texte darin sind debattierbar. Die<br />
Gruppe hat jedoch selbst gesagt, dass sie<br />
keine fachliche Abhandlung schreiben,<br />
sondern ihren eigenen Marginalisierungserfahrungen<br />
emotional und affektiv Luft<br />
machen. Im Zuge dessen haben sich<br />
Antifa-Gruppen und<br />
TERFs zusammengetan<br />
und in den<br />
sozialen Medien gegen<br />
die Trans*Fläche-<br />
Gruppe gehetzt und<br />
das Zine verrissen.<br />
Dabei haben sie sich<br />
mit trans*feindlichen,<br />
teilweise rechtspopulistischen<br />
Aussagen gegenseitig<br />
übertroffen, sodass<br />
selbst linke Gruppen<br />
von Nazis nicht mehr unterscheidbar<br />
waren. In einem breiteren feministischen<br />
Kontext waren diese Angriffe jedoch kein<br />
Thema: Es gab nur wenige Initiativen,<br />
die Solidarität gezeigt haben. Gleichzeitig<br />
sind am selben Tag das Haus der<br />
Trans*Fläche geräumt und die Leute in<br />
FOTO: RAIMOND SPEKKING / CC BY-SA 4.0 WIKIMEDIA.ORG<br />
Sahra Wagenknecht – altlinke<br />
Vorkämpferin, die die Marotten von<br />
skurrilen Minderheiten nicht mehr versteht<br />
SZENE 5<br />
Polizeigewahrsam genommen worden.<br />
So sieht trans* Solidarität aus: Sprich, sie<br />
ist nicht vorhanden. Diese Momente sind<br />
der Grund, warum ich mich entschied, auf<br />
Instagram die Beitragsreihe zu starten.<br />
Diese Frustration kann ich nachvollziehen.<br />
Die Vereinnahmung von<br />
Menschen mit Vulvas und Uteri<br />
auf feministischen Demos ist so<br />
eklig. Kannst du erklären, warum<br />
Feminismus nicht nur den endo cis<br />
Frauen gehört? Warum sind trans*,<br />
inter* und nicht-binäre Personen kein<br />
extra Thema, sondern gehören zum<br />
Fundament von Feminismus?<br />
Ich bin immer wieder überrascht, wie solche<br />
eigentlich augenscheinlichen Tatsachen vergessen<br />
werden, dass mensch sagt: Hey, wir<br />
reden jetzt über Geschlechtergerechtigkeit,<br />
aber im nächsten Beitrag geht es explizit<br />
um FrauenTM. Meist wird sich auf reproduktive<br />
Gerechtigkeit zurückgezogen und<br />
damit die Konzentration auf endo cis Frauen<br />
begründet. Doch es ist kein Frauenthema<br />
und diesen Umstand zu bemerken, ist kein<br />
Hexenwerk. Es ist offensichtlich, dass nicht<br />
nur Frauen einen Uterus besitzen. Aber<br />
alle Menschen mit Reproduktionsorganen<br />
brauchen feministische Emanzipation: Bis<br />
2011 waren beispielsweise Zwangssterilisationen<br />
für trans* Personen noch gesetzlich<br />
verpflichtend, wenn sie rechtlich anerkannt<br />
werden wollten. Die Zugänge zu reproduktiver<br />
Medizin werden für trans* Männlichkeiten<br />
und nicht-binäre Personen bis<br />
heute heftig beschnitten. Inter* Personen<br />
werden regelmäßig bei nicht-konsensuellen<br />
Operationen sterilisiert. Der Zugang zu solch<br />
Sachen wie die Konservierung von Samen<br />
und Eizellen ist für trans* Personen eingeschränkt.<br />
Das sind alles Themen, die ebenso<br />
mit reproduktiven Rechten zu tun haben.<br />
Wenn mensch sich mit so einem Thema<br />
auseinandersetzt, wie es Feministinnen<br />
tun, dürfte es eigentlich nicht schwerfallen,<br />
diese Problemfelder<br />
zu bemerken. Doch<br />
aufgrund der eigenen<br />
Scheuklappen, die durch<br />
bestimmte Privilegien<br />
aufgesetzt werden, fällt<br />
so was leider nicht auf.<br />
Was ich dabei besonders<br />
bemerke, ist, dass Feminismus<br />
nicht als Mittel<br />
für eine ganzheitliche<br />
Bewegung für soziale<br />
Gerechtigkeit begriffen<br />
wird. Feminismus ist<br />
wie Antirassismus oder Antifaschismus<br />
ein Werkzeug neben vielen, um soziale<br />
Gerechtigkeit zu erreichen. Wenn ich<br />
versuche, mich mit Themen der sozialen<br />
Gerechtigkeit auseinanderzusetzen,<br />
muss ich Kategorien wie Klasse oder race<br />
mitdenken. So was kommt leider häufig
6 SZENE<br />
zu kurz. Dann wird gesagt: Im Feminismus<br />
kümmern wir uns nur um Geschlechterverhältnisse.<br />
Dabei wird nicht mitgedacht,<br />
dass zum Beispiel die Erfahrung, die ich<br />
aufgrund eines klassistischen Ausschlusses<br />
mache, sich genauso auf die geschlechterspezifische<br />
Diskriminierung, die ich erlebe,<br />
auswirkt. Diese Kämpfe lassen sich nicht<br />
trennen. Der Mainstream-Feminismus<br />
arbeitet mit einer universellen Vorstellung<br />
einer Frau, ohne festzustellen, dass es<br />
die eine weibliche Perspektive gar nicht<br />
gibt, sondern die behauptete universelle<br />
Perspektive vor allem die Perspektive von<br />
privilegierten weißen Frauen ist. Arme<br />
Menschen, Menschen mit Behinderung<br />
oder nicht-weiße Menschen erleben<br />
andere soziale Ausschlüsse und benötigen<br />
dementsprechend andere feministische<br />
Strategien.<br />
Mainstream-Feminismus vergisst<br />
trans* Themen und will lieber einen<br />
getrennten trans* Aktivismus. Doch<br />
TERFs, also Trans-Exclusionary<br />
Radical Feminists, legen ihren<br />
ganzen Fokus auf trans* Personen<br />
und ihre Auslöschung. Wie kommt<br />
man auf so eine Verdrehung der<br />
Gefahrenlage, wenn man sich diese<br />
ganze sexistische Welt ansieht?<br />
Na ja, wie mensch auf diese<br />
Verdrehung der Gefahrenlage<br />
kommt, frage<br />
ich mich tatsächlich<br />
auch. Häufig heißt<br />
es, dass Frauen in einem feministischen<br />
Kampf etwas erkämpft hätten und jetzt<br />
Sorge haben, dass sie durch andere<br />
Perspektiven etwas abtreten müssten. Das<br />
ist eine schön klingende Entschuldigung für<br />
privilegierte Fragilität.<br />
Der Mechanismus<br />
ist ähnlich, wie wenn<br />
weiße Menschen<br />
Abwehrreflexe<br />
gegenüber antirassistischen<br />
Bestrebungen<br />
verspüren. Entweder<br />
nutzt du dein<br />
Privileg, um mich zu<br />
beteiligen, oder du<br />
trittst es ab. Ich als<br />
weiße Person kenne<br />
diesen Reflex sehr<br />
gut, mich in die Abwehr zu flüchten und<br />
zu sagen: Aber ich bin noch ein*e von den<br />
Guten. Ich sehe eine ähnliche Dynamik,<br />
wenn Feministinnen versuchen, ihren Feminismus<br />
gegen neu erstarkende Perspektive<br />
zu verteidigen. Diese Perspektiven wirken<br />
neuartig, jedoch waren sie schon immer Teil<br />
feministischer Bestrebungen. Sie wurden<br />
aktiv kleingehalten und marginalisiert, um<br />
sie aus sozialen Bewegungen herauszudrücken.<br />
Der Versuch der Unsichtbarmachung<br />
ist nicht neu. Es ist die alte Leier von<br />
privilegierten Personen, die sich relativ nah<br />
der gesellschaftlichen Mitte befinden<br />
und versuchen, das bisschen, das<br />
sie sich erkämpft haben, und<br />
vor allem ihre gesellschaftlich<br />
FOTO: PRIVAT<br />
Mine Wenzel<br />
privilegierte Position zu verteidigen. Gesellschaftliche<br />
Veränderung und Bekämpfung<br />
von Privilegien funktionieren am Ende nur,<br />
wenn ich bestimmte Privilegien anfange<br />
zu teilen. Damit ist ein Status quo nicht<br />
aufrechtzuerhalten. Die<br />
Abwehr ist durchaus<br />
verständlich, weil die<br />
privilegierte Position<br />
bedroht wird. Was ich<br />
gefährlich finde, ist, dass<br />
dieser Verteidigungsreflex<br />
nicht aufgrund einer vergangenen<br />
feministischen<br />
Bewegungserfahrung<br />
ausgelöst wird, sondern<br />
dass darin aktiv<br />
Trans*Feindlichkeit<br />
mitschwingt. Dieser<br />
Hass ist verwurzelt in Texten wie „The<br />
Transsexual Empire“ von Janice Raymond.<br />
Diese Ideen und Bewegungen verfolgen das<br />
Ziel, trans* Menschen aus der Gesellschaft<br />
auszuschließen. In Form von Psycho-<br />
Pathologisierung und von psychiatrischen<br />
Einweisungen soll Trans*Geschlechtlichkeit<br />
aus der Gesellschaft verbannt werden.<br />
Diese Logik basiert auf Be_hindertenfeindlichkeit<br />
V und Eugenik. Es wird argumentiert,<br />
dass trans* Menschen den gesellschaftlichen<br />
Zusammenhalt gefährden. Dabei<br />
klingen Gedankenfiguren an, wie die<br />
sogenannte Trans*Ideologie sei gefährlich<br />
für unsere Kinder und für unsere Frauen.<br />
Diese Argumentationslinie kennen wir:<br />
Da kommen die bösen Invasor*innen, die<br />
unseren gesellschaftlichen Zusammenhang<br />
gefährden und versuchen, sich in unsere<br />
Räume einzuschleichen und uns zu<br />
korrumpieren. Diese Narrative sind sehr<br />
alt und finden sich in antisemitischen<br />
oder rassistischen Verschwörungsmythen<br />
wieder. Diese Menschen bemerken nicht,<br />
wie tief ihre Trans*Feindlichkeit reicht. Es<br />
geht nicht darum, sich für Frauen stark zu<br />
machen, sondern marginalisierten Personen<br />
das Leben unmöglich zu machen. Das sind<br />
aktive Auslöschungsversuche und das ist<br />
brandgefährlich.<br />
Mich erinnert die Rhetorik von<br />
„Frauen schützen“ sehr stark an<br />
Nazi-Argumentationen zum Schutze<br />
der weißen blonden Frau als Bild der<br />
Unschuld und Vertreterin des Volkes.<br />
Absolut. TERFs sind mit ihren Forderungen<br />
und ihrer Rhetorik Steigbügelhalterinnen<br />
von neuen völkischen Bewegungen wie<br />
AfD und Pegida. Rechte sagen: Wir wollen<br />
unsere weißen Frauen und unser Vaterland<br />
beschützen. Die Frau steht als Figur für das<br />
Behüten und Aufziehen von Kindern und<br />
sichert somit die nationalistisch-kapitalistische<br />
Reproduktion für eine funktionierende<br />
und verwertbare Gesellschaft. Einher geht<br />
mit diesem Bild die Angst von Invasoren,<br />
welche in der Regel nicht-weiße Menschen
SZENE 7<br />
darstellen. Diese Argumentationsstruktur<br />
wird auf alle trans* Personen übergestülpt,<br />
insbesondere auf Trans*Weiblichkeiten.<br />
Marginalisierte Gruppen werden immer<br />
dann als Feindbilder inszeniert, wenn der<br />
gesellschaftliche Status quo verteidigt<br />
bzw. Privilegien weiter ausgebaut werden<br />
sollen. Dieser Mechanismus passiert nicht<br />
nur auf der ideologischen Ebene, sondern<br />
auch auf der materiellen: Für bestimmte<br />
Gruppen wird der gesellschaftliche Zugang<br />
eingrenzt wie zum Beispiel zum Arbeitsoder<br />
Wohnungsmarkt sowie zur Bildung.<br />
Es ist kein Wunder, dass es zuallererst und<br />
insbesondere diejenigen schwer trifft, die<br />
eine mehrfache Marginalisierung erleben:<br />
Undokumentierte Sexarbeiter*innen oder<br />
nicht-weiße Queers sind von mehreren<br />
dieser rassistischen und trans*feindlichen<br />
Argumentation gleichzeitig betroffen.<br />
Sie erleben die volle Härte einer Welt aus<br />
weißer Vorherrschaft und Cisnormativität VI .<br />
In Großbritannien und in den USA ist<br />
die Ideologie von TERFs schon sehr<br />
weit fortgeschritten. Um nicht von<br />
TERFs überrannt zu werden müssten<br />
sich cis Menschen aktiv für unsere<br />
Sicherheit einsetzen? Wie kann die<br />
cis Community uns schützen?<br />
Für ein Ally Sein gehört es immer dazu,<br />
die eigene Position mitzudenken. Ich als<br />
weiße, nicht-be_hinderte trans* Person<br />
versuche mich beispielsweise zu fragen:<br />
Wessen Perspektive kann ich versuchen<br />
zu stärken und ins Zentrum der Aufmerksamkeit<br />
zu rücken? Wie kann ich die Möglichkeiten,<br />
die ich habe, investieren, sodass<br />
mehr Menschen teilhaben können? Wie<br />
kann ich bereits bestehende Bewegungen<br />
unterstützen und Ressourcen zukommen<br />
lassen? Je weiter sich meine Identität in<br />
der gesellschaftlichen Mitte wiederfindet,<br />
desto mehr Einfluss besitze ich und kann<br />
meine Privilegien für soziale Gerechtigkeit<br />
nutzen. Wichtig dabei ist, nicht nur über<br />
Menschen zu reden, sondern Möglichkeiten<br />
schaffen, dass sich Menschen<br />
selbst am Diskurs beteiligen können. In<br />
Situationen, in denen marginalisierte Personen<br />
nicht sprechen können oder wollen,<br />
weil sie sich zum Beispiel angreifbar oder<br />
verwundbar machen, kann ich ihnen meine<br />
Stimme leihen. Wenn marginalisierte<br />
Personen aber sprechen können, bin ich<br />
dazu verpflichtet, die Bühne zu Räumen.<br />
Für den Schutz von trans* Personen<br />
reicht es nicht aus zu sagen, dass trans*<br />
Frauen Frauen sind. Damit werde ich trans<br />
Feind*innen nie überzeugen können. Wenn<br />
Menschen von einem biologistischen<br />
Geschlechterbild ausgehen, werde ich mit<br />
„Trans* Frauen sind Frauen!“ nicht dagegen<br />
vorgehen können. Das ist schlicht und<br />
ergreifend nicht hilfreich. Ich brauche eine<br />
tatsächliche Argumentation, die sich an<br />
materiellen Realitäten orientiert. Ich muss<br />
mich fragen, welcher Ideologie stehe ich<br />
gegenüber, was hat sie für Auswirkungen?<br />
Was haben Ausschlüsse aus dem<br />
Gesundheitssystem für Auswirkungen?<br />
Minderheitenstress, soziale Ausschlüsse,<br />
Probleme auf dem Arbeitsmarkt,<br />
Diskriminierung auf dem Wohnungsmarkt,<br />
reproduktive Ungerechtigkeit sind nur<br />
einige Beispiele. Ich kann im globalen<br />
Zusammenhang schauen: Wer sind die<br />
Personen, die die Reproduktionsarbeit für<br />
weiße Kapitalist*innen leisten? Es sind<br />
häufig osteuropäische oder nicht-weiße<br />
Arbeiter*innen, die undokumentiert in den<br />
Haushalten arbeiten und aufgrund ihrer<br />
prekären Lage Schwierigkeiten haben, aus<br />
diesen missbräuchlichen Verhältnissen<br />
auszubrechen. Ich kann dann analysieren,<br />
wie materielle Ungleichbehandlung sich<br />
auf diese Communities auswirkt. Ich<br />
muss als privilegierte Person anfangen zu<br />
sehen, wie Diskriminierungsphänomene<br />
Hand in Hand gehen. Wenn wir über TERFs<br />
sprechen, sprechen wir häufig auch über<br />
diejenigen, die sich gegen die Inklusion<br />
von Sexarbeiter*innen aussprechen. Dann<br />
sprechen wir häufig über diejenigen, die<br />
mit anti-muslimischem Rassismus in die<br />
Argumentation gehen und versuchen,<br />
weiße Deutungshoheit und white<br />
saviorism in Form von „Wir retten euch!“<br />
durchzusetzen. Der Schutz von trans* Personen<br />
ist somit untrennbar mit anderen<br />
Diskriminierungsformen verbunden. Für<br />
eine soziale Bewegung muss ich materielle<br />
Realitäten analysieren: Wem und wie<br />
werden Ressourcen in dieser Gesellschaft<br />
verwehrt und wer profitiert davon?<br />
Vielen Dank! Möchtest du noch<br />
einen eigenen Punkt reinbringen, der<br />
dir bisher noch gefehlt hat?<br />
So viele Dinge, von denen ich spreche,<br />
sind keine Sachen, die ich mir selbst<br />
ausgedacht habe. Ich lerne viel von<br />
anderen Geschwistern, die diese Arbeit<br />
schon viel länger als ich machen. Gerade<br />
was antirassistische und anti-ableistische VII<br />
Diskurse angeht. Feminismus ist eine<br />
Bewegung, die aus mehreren Perspektiven<br />
besteht. Es ist wichtig, sich selbst immer<br />
wieder einzuladen, dazuzulernen und<br />
denjenigen zuzuhören, die einen anderen<br />
Erfahrungsschatz haben als mensch selbst.<br />
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*Interview: Victoria Forkel<br />
I Endo(geschlechtlich) ist das Gegenstück zu inter*<br />
(geschlechtlich). Das heißt, Menschen sind endo, wenn ihre<br />
Körper nach dem westlichen medizinischen Modell in die<br />
Kategorien von Mann und Frau passen und daher keine<br />
Inter*Feindlichkeit erleben.<br />
II Weiß wird klein und kursiv geschrieben, um zu markieren,<br />
dass es sich nicht um eine Beschreibung von einer<br />
Hautfarbe, sondern um die Markierung der von Rassismus<br />
privilegierten Position handelt.<br />
III People of Color ist eine politische Selbstbezeichnung<br />
nicht-Schwarzer, negativ von Rassismus betroffener<br />
Personen. Dabei handelt es sich nicht um eine Hautfarbenbeschreibung,<br />
sondern um eine bewusste Positionierung in<br />
einer auf Rassismus aufbauenden Gesellschaft.<br />
IV Ein Zine ist eine Publikation in sehr kleiner Auflage.<br />
V Der Unterstrich in „Be_hinderung“ soll verdeutlichen, dass<br />
betroffene Menschen durch die Gesellschaft be_hindert<br />
werden und nicht nur durch die Be_hinderung selbst.<br />
VI Cisnormativität ist die Vorstellung, dass cis Menschen<br />
normal und natürlich sind, während jede Abweichung davon<br />
als unnormal und unnatürlich angesehen wird.<br />
VII Ableistisch ist ein anderes Wort für be_hindertenfeindlich.<br />
FOTO: GGAADD / CC0
8 SZENE<br />
INTERVIEW<br />
FOTO: ARNE WEYCHARDT (CHANGE - DAS MAGAZIN DER BERTELSMANN STIFTUNG)<br />
GENDERGAGA<br />
im Kindergarten: vorbildlich!<br />
Der zur PEDIA-Gruppe gehörende<br />
Deutsch-Chinesische-<br />
Kindergarten in Hamburg hat mit<br />
der PRIDE Kindergruppe ein kleines,<br />
aber feines Pilotprojekt gestartet,<br />
das zur Nachahmung empfohlen ist.<br />
Wir sprachen mit dem Geschäftsführer<br />
des Unternehmens, Stefan<br />
Hensel.<br />
Wie kamt ihr auf die Idee?<br />
Vielen Menschen fehlt der zwischenmenschliche<br />
Austausch. Entwicklungspsychologisch<br />
gesehen verpassen Kinder eine<br />
Menge, wenn sie nicht mit Gleichaltrigen<br />
sozialisiert werden. Wir haben viele queere<br />
Familien kennengelernt, die niemanden<br />
anderen kannten oder vielleicht nur eine<br />
andere gleichgesinnte Familie. Dabei ist<br />
es sehr wichtig zu sehen, dass es andere<br />
Familien mit ähnlichen Problemen gibt:<br />
Ob sie ein Kind adoptiert haben, ein Kind<br />
pflegen oder durch eine Leihmutterschaft<br />
ein Kind bekommen haben – sie sitzen alle<br />
im gleichen Boot, egal ob es sich um ein<br />
lesbisches oder schwules Elternpaar oder<br />
um andere Konstellationen handelt. Unsere<br />
Grundidee war, diese Eltern und ihre Kinder<br />
zusammenzubringen. Für die Zukunft<br />
würde ich mir wünschen, dass es selbstverständlich<br />
ist allen Eltern und Kindern<br />
mit ihren Bedürfnissen gerecht Wir<br />
machen jetzt kein großes Bohei und sagen,<br />
dass wir schwulen- und lesbenfreundlich<br />
sind. Für uns ist das selbstverständlich.<br />
Ihr seid im Sommer 2020 gestartet,<br />
mitten in der Pandemie. Wie läuft das<br />
Angebot?<br />
Wir treffen uns nach wie vor und halten<br />
das Angebot unter Einhaltung der Hygienemaßnahmen<br />
aufrecht. Bewusst haben<br />
wir uns dafür entschieden unser Angebot<br />
nicht in eine digitale Form zu überführen,<br />
das hätte gar keinen Sinn. Wir sind davon<br />
überzeugt, das gerade für junge Kinder der<br />
direkte Kontakt, auch bzw. gerade in der<br />
Pandemie, unglaublich wichtig ist. In ihrem<br />
ganzen Alltag in der Pandemie sind die Kinder<br />
bereits drastisch eingeschränkt. In der<br />
PRIDE Kindergruppe haben wir wenigsten<br />
in eingeschränkter Form die Möglichkeit<br />
etwas Normalität und Austausch mit<br />
anderen Kindern und Familien zu bieten.<br />
Wie groß ist der Andrang?<br />
Normalerweise kommen zwischen vier<br />
und sechs Eltern. Die Größe ermöglicht<br />
es den Eltern zum einen eine Verbindung<br />
untereinander einzugehen. Zum anderen<br />
ist die Gruppengröße natürlich wichtig, um<br />
unser Hygieneschutzkonzept umzusetzen.<br />
Wir bekommen auch immer wieder<br />
Beratungsanfragen. Diese leiten wir an pro<br />
Familia oder an die Caritas weiter, diese<br />
Initiativen können die Familien zielgerichtet<br />
und gegebenenfalls längerfristig begleiten.<br />
Welches Echo hattet ihr mit eurem<br />
Kindertreff?<br />
Wir hatten ein bisschen Zuspruch, aber<br />
auch die schwul-lesbische Community hat<br />
sich relativ zurückgehalten. Irgendwie freut
mich das auch, weil das bedeutet, dass<br />
schwule und lesbische Eltern bereits die<br />
Möglichkeit sehen, ihre Kinder einfach in die<br />
Kita um die Ecke zu bringen. Andererseits<br />
sind viele Eltern auf uns zugekommen<br />
und haben gesagt, dass sie die Idee des<br />
Austausches super finden, weil sie ihre<br />
Lebensentwürfe in anderen organisierten<br />
Angeboten nicht wiederfinden.<br />
Eine spitze Frage: Braucht es eine<br />
dezidiert lesbisch-schwule Gruppe in<br />
unserer Gesellschaft noch?<br />
Wir sind ein Unternehmen mit ca. 110 Mitarbeiterinnen<br />
und Mitarbeitern. Obwohl sich<br />
unsere homosexuellen Kolleginnen und<br />
Kollegen bei uns wohlfühlen, erlebe ich es<br />
oft, dass viele von ihnen in Bezug auf ihre<br />
Sexualität sehr zurückhaltend sind. Denn<br />
im frühkindlichen Bildungsbereich ist eine<br />
größere Stigmatisierung homosexueller<br />
Sexualität zu erleben als bei anderen Themen.<br />
Wir durchbrechen bekannte Muster,<br />
denn bei uns dürfen sich die Kinder beispielsweise<br />
aussuchen, von wem sie gewickelt<br />
werden möchten und von wem nicht.<br />
Kinder spüren schon früh Präferenzen und<br />
zeigen, wen sie mögen. Viele Kolleginnen<br />
und Kollegen zeigen ihr privates Leben<br />
nicht nach außen, weil sie Bedenken haben.<br />
Das ist nicht nur bei uns so, sondern findet<br />
sich in allen Berufsfeldern, die mit Kindern<br />
und Jugendlichen zu tun haben, wieder.<br />
Mit einer offen gelebten Homosexualität<br />
macht man sich immer noch angreifbar,<br />
da man schnell mit Missbrauch in<br />
Verbindung gebracht wird.<br />
Die Unterscheidung zwischen<br />
Missbrauch und<br />
sexueller Orientierung<br />
ist nicht bei allen<br />
angekommen. Hier<br />
Bedarf es gesamtgesellschaftlich<br />
gesehen weiterhin<br />
Aufklärung.<br />
Wie geht ihr an das<br />
Thema Rollenbilder<br />
ran, was würdet ihr euch<br />
wünschen?<br />
Ich glaube, dass es schon einen großen<br />
Unterschied machen würden, wenn in<br />
jeder Kita ein, zwei Bücher mit von dem<br />
klassischen Rollenmodel abweichenden<br />
Lebensentwürfen zu finden wären.<br />
Konkret heißt das zum Beispiel auch,<br />
dass man Kinder, wenn sie etwas aus der<br />
Bekleidungskiste nehmen, machen lässt.<br />
Die Betreuung von Kindern hat mittlerweile<br />
einen höheren Stellenwert erlangt. Durch<br />
gesellschaftspolitische Veränderungen,<br />
SZENE 9<br />
werden Kinder bereits unter drei Jahren in<br />
Krippen betreut. Entsprechend prägend<br />
sind Erfahrungen, die Kinder in unseren<br />
Bildungseinrichtungen machen. Gerade<br />
Diversität ist in bzw. durch Bilderbücher<br />
sind super vermittelbar. So kann<br />
gezeigt werden, dass Familien<br />
auch zwei Väter haben können.<br />
Bei einem lesbischen<br />
Paar fragen wir das Kind:<br />
Wo warst du mit Mama<br />
und Mama im Urlaub?<br />
Wenn Eltern oder Kinder<br />
fragen, warum es keinen<br />
Papa gibt, erklären wir auf<br />
einfache Weise, dass, egal<br />
wer das Kind gezeugt hat,<br />
diese beiden Personen die Eltern<br />
sind, weil sie sich um das Kind kümmern.<br />
Bisher hat das immer funktioniert, denn<br />
um das zu verstehen, reicht der gesunde<br />
Menschenverstand aus.<br />
FOTO: SHARON MCCUTCHEON / PEXELS<br />
*Interview: Christian Knuth<br />
Regenbogenfamilienstunde, jeden<br />
zweiten Dienstag im Monat, 16:00–17:00<br />
Uhr, Deutsch-Chinesischer-Kindergarten<br />
Hamburg, Anmeldung über office@<br />
chinesischer-kindergarten.de oder 040-<br />
18071011, chinesischer-kindergarten.de
10 SZENE<br />
INTERVIEW<br />
FOTO: DELIA GIANDEINI/UNSPLASH/CC0<br />
Im Vorhof der Genderhölle:<br />
Sind Männer wirklich scheiße?<br />
Hätten wir als Überschrift<br />
„Gender und Queer Studies –<br />
was ist das eigentlich?geschrieben,<br />
wärt ihr jetzt vielleicht gar nicht bis<br />
hier gekommen. Und wir warnen vor:<br />
das wird wirklich deep: Joke Janssen<br />
ist Dozent_ fürGender und Queer<br />
Studies, aktuell promoviert er_ an der<br />
Hamburger Hochschule für bildende-<br />
Künste. Ein Gespräch über Grundlagen,<br />
Strukturen und Perspektiven. *ck<br />
Es gibt viele Rechte, die in Gender<br />
und Queer Studies als Brutstätten<br />
einer sogenannten Gender-Ideologie<br />
ansehen. Was sind Gender und Queer<br />
Studies überhaupt?<br />
Es geht um die Zerstörung der Ehe, die<br />
Pervertierung der Nation und die Zersetzung<br />
des Abendlandes. Das ist das Basisprinzip<br />
des Studiengangs. (lacht) Ich würde<br />
erst mal zwischen Gender und Queer<br />
Studies trennen, weil die unterschiedlich<br />
gelagert sind. Gender Studies ist der größere<br />
Studiengang der beiden und ist an vielen<br />
Universitäten und Hochschulen vertreten.<br />
Queer Studies als Studiengang gibt es<br />
meines Wissens nur noch in Köln. Gender<br />
Studies oder Geschlechterstudien sind aus<br />
den Frauenstudien entstanden und diese<br />
sind wiederum aus der Frauenbewegung<br />
gewachsen. Sie behandeln Fragen von<br />
gesellschaftlichen Machtverhältnissen<br />
in Bezug auf Geschlecht. Queer Studies<br />
bildeten sich in den USA der 1990er aus der<br />
Schwulen- und Lesbenbewegung heraus<br />
und sind u.a. durch die AIDS-Krise geprägt<br />
worden. In den Queer Studies geht es sowohl<br />
um Sexualität und Geschlecht als auch um<br />
die Infragestellung von Kategorien. In den<br />
Queer Studies haben wir es immer gleichzeitig<br />
mit marginalisierten Identitäten und einer<br />
Infragestellung von Identität zu tun. Queer<br />
Studies sind stark vom Poststrukturalismus<br />
geprägt worden. Diese Denkrichtung behandelt<br />
gesellschaftliches Wissen, sogenanntes<br />
diskursives Wissen. Was können wir zu einem<br />
bestimmten Thema sagen? Was können wir<br />
gar nicht sagen? Was bleibt außerhalb des<br />
Denkbaren? Außerdem gibt es in den Queer<br />
Studies eine durch psychoanalytische und<br />
postkoloniale Theorien gespeiste Beschäftigung<br />
mit dem Subjekt, also mit Subjektivierung.<br />
Wie werden wir zu den Subjekten, die<br />
wir innerhalb einer bestimmten Gesellschaft<br />
sind? Queer Studies sind eine relativ<br />
komplizierte akademische Richtung. Dieser<br />
große Theoriehaufen führt dazu, dass Queer<br />
Studies manchmal ein bisschen abgehoben<br />
und entfernt von der Community sind.<br />
„Es geht um die Zerstörung<br />
der Ehe, die<br />
Pervertierung der Nation<br />
und die Zersetzung des<br />
Abendlandes. Das ist<br />
das Basisprinzip des<br />
Studiengangs.“<br />
Mein Verständnis ist, dass in den<br />
Gender Studies nicht hinterfragt wird,<br />
was überhaupt eine Frau ist. In den<br />
Queer Studies schon. ...<br />
Genau. Gender Studies können sehr gut<br />
mit einem binären Geschlechterbild funktionieren.<br />
Das heißt, dass ich nach wie vor<br />
nur über Männer und Frauen forschen kann,<br />
leider auch jetzt noch. Das ist in den Queer<br />
Studies nicht möglich. Da ist klar, dass wir<br />
mit der Konstruiertheit von Geschlecht<br />
umgehen müssen und eine Vielfalt von<br />
Geschlechtsidentitäten existieren.<br />
Bei Vorwürfen Gegner*innen wird<br />
ein Bild erschaffen, als würden wir<br />
in Gender und Queer Studies drei<br />
Stunden lang darüber reden, dass<br />
Männer scheiße sind und Frauen<br />
weniger Geld verdienen. Es entsteht<br />
ein Bild, dass jede*r über das Fach<br />
unterrichten könnte. Warum stimmt<br />
das nicht?<br />
Wir haben alle irgendwas mit Geschlecht<br />
zu tun. Wir werden geboren und uns wird<br />
ein Geschlecht zugesprochen. Mal mehr<br />
und mal weniger gewaltvoll. Das führt zu<br />
der Vorstellung, dass wir alle etwas zu<br />
Geschlecht sagen können. Geschlecht und<br />
Sexualität sind einerseits natürlich Alltagswissen,<br />
aber eben nicht nur. Es ist auch ein<br />
Lernbereich, indem wir uns spezialisieren<br />
können, wie in anderen Fachbereichen<br />
auch. Der Schritt von Geschlecht als<br />
individueller Alltagserfahrung hin zu einer<br />
Gesellschaft strukturierenden, machtvollen<br />
Kategorie wird häufig nicht gemacht.
Wenn ich aus Gender und Queer Studies<br />
mit der Botschaft rausgehe, dass Männer<br />
scheiße sind und Frauen weniger Geld<br />
verdienen, dann habe ich auf jeden Fall das<br />
Falsche gelernt. Oder zu wenig. Oder ich<br />
habe es nicht geschafft, von der individuellen<br />
Ebene auf eine Strukturebene zu wechseln.<br />
Bei den Gender und Queer Studies gehört<br />
es dazu zu lernen Gesellschaft über<br />
Machtverhältnisse strukturiert zu verstehen.<br />
Geschlecht und Sexualität sind nur zwei<br />
davon. Da kommen noch diverse andere<br />
Diskriminierungsformen wie Rassismus,<br />
Ableismus, Klassismus dazu. Diese greifen<br />
ineinander: Ich kann Geschlecht z. B. nicht<br />
von Rassifizierung oder von Körpern trennen.<br />
Solche Themen kann ich mir nicht aus dem<br />
Ärmel schütteln, sondern ich muss lernen,<br />
wie ich auf Gesellschaft, Subjekt, Begehren<br />
und Diskriminierung gucke. Um bei deinem<br />
Beispiel zu bleiben „Männer sind scheiße“.<br />
Ich kann das zwar so sagen, aber was bringt<br />
mir das? Es wäre aus Sicht der Gender und<br />
Queer Studies interessanter zu gucken, dass<br />
unsere Gesellschaft über eine bestimmte<br />
Form von Männlichkeit organisiert ist. Sie<br />
ist ein Grundbaustein dieser Gesellschaft,<br />
Nation und des westlichen Subjekts. Alles,<br />
was wir lernen über uns und wie wir zu<br />
denen, die wir sind, werden, ist über Männlichkeit<br />
definiert. Diese Art von Männlichkeit<br />
ist schädlich, sie ist kolonialistisch geprägt<br />
und beruht auf der Vorstellung bestimmter<br />
körperlicher und geistiger Verfassungen oder<br />
Befähigungen. Diese Vorstellung ist in uns<br />
allen, nicht nur in denjenigen, die Männer in<br />
dieser Gesellschaft sind.<br />
„Das Prinzip Männlichkeit<br />
müssen wir<br />
alle analysieren und in<br />
seiner Schädlichkeit<br />
bekämpfen.“<br />
Es ist toxisch sowohl für individuelle Männer<br />
als auch für unseren gesellschaftlichen<br />
Umgang miteinander und Gesellschaft an<br />
sich. Dein nächstes Beispiel mit dem Geldverdienen:<br />
Dass Frauen weniger verdienen,<br />
ist natürlich auf einer individuellen und<br />
politischen Ebene wichtig und muss geändert<br />
werden. Ich kann mich also hinsetzen<br />
und politisch daran arbeiten, dass Frauen<br />
genauso viel Geld verdienen wie Männer.<br />
Aber aus einer queer-feministischen Perspektive<br />
ist die Fragestellung zu kurzgefasst<br />
und analytisch fehlerhaft. Und zwar aus<br />
mehreren Gründen. Zum einen erfasst<br />
die Statistik meistens nur die Kategorien<br />
„Männer“ und „Frauen“, neuerdings vielleicht<br />
noch „divers“. Aber wer kann sich eigentlich<br />
unter divers einordnen? Dieses Konstrukt ist<br />
ja nicht für alle zugänglich, die es vielleicht<br />
füllen könnten.<br />
Das heißt, wenn ich statistisch Männer<br />
und Frauen in ihren Berufen erfasse, wen<br />
erfasse ich eigentlich? Und wen erfasse<br />
ich nicht? Wenn ich irgendwann an den<br />
Punkt komme, dass ich sagen kann: Männer<br />
und Frauen sind gleich bezahlt. Sind dann<br />
alle Menschen gleich bezahlt oder sind<br />
tatsächlich nur Männer und Frauen gleich<br />
bezahlt? Bei solchen Statistiken liegt der<br />
Fokus außerdem meist auf legalen bzw.<br />
legalisierten Arbeitsverhältnissen. Das<br />
heißt, ich habe innerhalb eines Staates<br />
wie Deutschland eine große Menge von<br />
Menschen, die in dieser Auflistung gar nicht<br />
erfasst sind. Aus einer queer-feministischen<br />
und intersektionalen Perspektive liegt mir<br />
eher daran, dass alle Menschen eine gleiche<br />
Lebensgrundlage erhalten oder dass ihre<br />
Arbeit eine gleiche Wertigkeit erfährt. Beim<br />
Fokus auf das Geldverdienen von Frauen<br />
übersehe ich also sowohl verschiedene<br />
Geschlechter als auch illegalisierte oder<br />
undokumentierte Arbeitsverhältnisse. Wenn<br />
ich auf eine Meta-Ebene gehe, kommt noch<br />
hinzu, dass die Behebung der schlechteren<br />
finanziellen Situation von Frauen nur ein<br />
Pflaster für vergeschlechtlichte Machtverhältnisse<br />
darstellt. Das Bild von Geschlecht<br />
wird nicht dadurch verändert, dass Frauen<br />
genauso viel verdienen wie Männer. In<br />
den Gender und Queer Studies muss ich<br />
begreifen, dass unsere Gesellschaft über<br />
Geschlecht geordnet wird und das in der<br />
Einteilung in ein binäres Geschlecht, in der<br />
Hierarchisierung zwischen Männern und<br />
Frauen und dann in dem Ausschluss aller<br />
anderen Geschlechter, nicht nur individuelle<br />
Diskriminierung liegt, sondern dass<br />
da drin eine Ordnung liegt.<br />
Diese Ordnung hält<br />
Gesellschaft am Laufen<br />
und diese Ordnung<br />
hält eine bestimmte<br />
Machtverteilung<br />
aufrecht, sodass für<br />
einzelne Gruppen<br />
der Bevölkerung<br />
eine privilegierte<br />
Position gesichert<br />
wird. Die Aufgabe von<br />
Gender und Queer Studies<br />
ist es, solche Zusammenhänge<br />
herauszuarbeiten und dazu beizutragen,<br />
die gesellschaftlichen Ungleichheiten zu<br />
verändern bzw. abzuschaffen.<br />
Queer Studies benötigt teilweise<br />
so viel Vorwissen, dass eine Lücke<br />
zwischen der queeren Community<br />
und den Queer Studies entsteht.<br />
Gleichzeitig kam mir der Gedanke,<br />
dass die schlechte universitäre Lage<br />
in Deutschland dazu führt, dass die<br />
Community teilweise viel weiter ist<br />
als das Wissen, was gerade in Universitäten<br />
und Hochschulen angeboten<br />
wird. Was sind deine Gedanken dazu?<br />
SZENE 11<br />
Ich würde Community und Academia nicht<br />
unbedingt so scharf trennen wollen. Ich<br />
bin z. B. selbst Teil von Community und Teil<br />
von akademischer Forschung. Genauso<br />
wie ich sind viele Leute, die akademisch<br />
mit marginalisierten Themen zu tun<br />
haben, selbst häufig marginalisiert. D.h.<br />
es besteht ein Wechselbezug zwischen<br />
akademischer Forschung und Diskussionen<br />
in der Community. Akademische Forschung<br />
und Community-Wissen sind in einem<br />
Wechselspiel und beeinflussen sich immer<br />
wieder gegenseitig. Mal ist das eine weiter<br />
und mal das andere. Zum Teil kommen die<br />
Themen, die an den Hochschulen erforscht<br />
werden, ja direkt aus dem Leben der<br />
Menschen. Wenn wir uns geschlechtliche<br />
Identifizierung angucken, also z.B. welche<br />
Wörter wir für uns benutzen, merken wir,<br />
dass die sich teilweise so schnell ändern,<br />
dass die Forschung nicht so schnell hinterherkommt.<br />
Gleichzeitig bezieht Community<br />
ihr Wissen aus akademischer Forschung<br />
und entwickelt es weiter, beispielsweise<br />
zu trans*queeren Körperlichkeiten und<br />
Materialisierung von Körperwissen. Eine<br />
Folge der universitären Unterfinanzierung<br />
ist auf jeden Fall, dass sich Menschen in<br />
Queer Studies an den Hochschulen nicht<br />
wirklich weiterentwickeln können. Meine<br />
Erfahrung aus der Lehre ist, dass ich in<br />
jedem Semester, mit jedem Kurs von<br />
vorne anfangen muss, weil es anderswo nie<br />
Thema ist. In meiner Lehre kann ich so auch<br />
nicht weitergehen, weil ich immer wieder die<br />
Basics unterrichten muss. So kann sich an<br />
den Universitäten kein Wissen in den Queer<br />
Studies aufbauen und weiterentwickeln.<br />
Mir ist aufgefallen, dass<br />
wir Texte von vor 30,<br />
40 Jahren gelesen<br />
haben und der Inhalt<br />
bahnbrechend neu<br />
für mich war.<br />
Für mich liegt darin<br />
auch eine Traurigkeit,<br />
dass ich immer wieder<br />
an diesen Punkt komme,<br />
Studierenden 30 Jahre alte<br />
Texte zu geben und die sind so:<br />
„Wow, noch nie gehört!“ Es ist tragisch,<br />
dass marginalisiertes Wissen immer wieder<br />
neu ist und dass es nicht schon längst<br />
zu einer Art Kanon dazugehört. Dadurch,<br />
dass das Wissen an den Universitäten<br />
nicht gefestigt wird, fehlt den Communitys<br />
dieses Wissen. Teil der Gender und Queer<br />
Studies sind beispielsweise auch intersektionale<br />
Denkrichtungen, also Schwarzes<br />
feministisches Denken von vor 30 Jahren<br />
und teilweise noch länger. Schwarzer Feminismus<br />
hat sehr viel dazu beigetragen, wie<br />
wir Mehrfachdiskriminierung verstehen und<br />
wie wir inzwischen über Intersektionalität<br />
und über Identitätspolitik sprechen können,<br />
ohne darin essenzialistisch zu werden. Mein<br />
FOTO: KARL BEWICK/UNSPLASH/CC0
12 SZENE<br />
Erleben ist, dass in der deutschsprachigen<br />
Community Intersektionalität als ein<br />
Arbeitsbegriff langsam ankommt. Häufig<br />
wird er aber ganz anders gefüllt als es damals<br />
und auch immer noch die Idee der dahinterstehenden<br />
Denker_innen des Combahee<br />
River Collective oder Patricia Hill Collins,<br />
Kimberlé Crenshaw und anderen war. Das<br />
passiert dadurch, dass weder queere Theorie<br />
noch Schwarze Theorie noch postkoloniale<br />
Theorie oder sonstige marginalisierte Theorien<br />
regelmäßig unterrichtet werden. So fehlt<br />
der Transfer bestimmter schon lange existierender<br />
Ideen, wie wir mit Essentialismus,<br />
Kategorien und Identitäten umgehen können,<br />
ohne dass es zu einem gegenseitigen<br />
Ausschluss oder Oppression-Olympics wird.<br />
Und Denkgebäude wie Intersektionalität<br />
kommen ja auch aus den Communitys, denn<br />
die Schwarzen Theoretiker_innen von vor<br />
30 Jahren waren nicht von ihrer Community<br />
losgelöst. Und Theorie schwappt dann<br />
wieder zurück in Community. Dadurch, dass<br />
die Basisarbeit fehlt, kommen aber dann<br />
häufig nur noch Fetzen an und die werden<br />
wiederum merkwürdig umgesetzt.<br />
„Schwarzer Feminismus<br />
hat sehr viel dazu<br />
beigetragen, wie wir<br />
Mehrfachdiskriminierung<br />
verstehen und wie<br />
wir inzwischen über<br />
Intersektionalität und<br />
über Identitätspolitik<br />
sprechen können.“<br />
Joke Janssen selbst studierte Mitte<br />
der 2000er Gender und Queer<br />
Studes in Hamburg als es den<br />
Studiengang noch gab.<br />
Wie kommst du als trans* Person im<br />
universitären Raum klar?<br />
Ich navigiere nicht – ich flaniere, kollidiere<br />
und kollabiere. (lacht) Das, was ich als<br />
studierende Person erlebt habe, war<br />
wahrscheinlich sehr privilegiert. In meinem<br />
Studiengang Gender und Queer Studies<br />
war ein großes Bewusstsein für queere und<br />
trans* Menschen da. Ich war damals auch in<br />
Gruppen politisch aktiv und war so auch von<br />
Leuten umgeben, die alle etwas mit Queer<br />
Studies zu tun hatten oder mit anderen<br />
kritischen Studien wie Disability Studies.<br />
Wir haben uns gegenseitig sehr unterstützt.<br />
Ich befand mich wie auf einer kleinen Insel,<br />
deshalb kann ich nicht für trans* Personen<br />
sprechen, die in ihrem Studiengang losgelöst<br />
von Community sind. Als studierende<br />
Person hatte ich großes Glück, weil ich, was<br />
Verwaltungsangelegenheiten angeht, wenig<br />
Stress hatte. Ich bezeichne mich als trans*,<br />
das würde heute vielleicht unter non-binary<br />
laufen. Meine Kämpfe waren woanders, mir<br />
war es meist relativ Latte, wie mich offizielle<br />
Stellen angesprochen haben, das hat mir<br />
Stress erspart. Mittlerweile promoviere ich<br />
und mache Lehre. Das ist noch mal ein<br />
anderer Schnack. Inzwischen erlebe ich Diskriminierung<br />
noch mal anders dadurch, dass<br />
ich länger uneindeutig trans* und auch länger<br />
be_hindert bin. Ich bin über vierzig. Ich muss<br />
einerseits nicht mehr mit den Institutionen<br />
über meine Identität kämpfen. Die ist für<br />
mich in ihrer ganzen Widersprüchlichkeit<br />
gefestigt. In dieser Hinsicht fassen mich<br />
Sachen nicht mehr so an, aber ich habe dafür<br />
andererseits ganz stark das Gefühl, dass ich<br />
an systemischen Ausschlüssen scheitere. Ich<br />
merke, dass das Wissen, was ich mitbringe,<br />
was ich erforschen möchte, nirgendwo<br />
wirklich in der Tiefe ankommt. Ich kann mich<br />
zum Beispiel nicht wirklich gut über mein<br />
Dissertationsthema austauschen. Meine<br />
Forschung handelt von Uneindeutigkeit und<br />
Verkörperungen von trans* Menschen.<br />
Wenn ich über meine Arbeit sprechen<br />
möchte, muss ich immer wieder mit einer<br />
Erklärung anfangen, was trans* eigentlich<br />
bedeutet. Das ist auf Dauer<br />
superfrustrierend. Ich habe durch<br />
die universitäre Vereinzelung<br />
kaum Austausch und kaum<br />
Community. Je höher ich<br />
komme, umso weniger trans*<br />
Personen, be_hinderte oder<br />
anders marginalisierte Leute<br />
gibt es. Häufig werden<br />
marginalisierte Theorien zu<br />
einem Arbeitsgegenstand,<br />
zu einer Analysekategorie,<br />
die aber mit den Leben<br />
der Lehrpersonen gar nicht<br />
mehr viel zu tun hat. Ich<br />
merke an mir und mit meinem<br />
Körper, dass die Hochschulen<br />
als Institutionen und in ihrer<br />
Ausschlussfähigkeit stabil sind.<br />
Universitäre Institutionen arbeiten aus<br />
einem bestimmten Menschenbild heraus,<br />
in dessen Wissen sie ja auch gegründet<br />
wurden. Das sind richtig krass weiße hetero<br />
cis klassistische Institutionen, die für nicht<br />
marginalisierte Menschen ausgelegt sind.<br />
Alle anderen Menschen werden subtil<br />
ausgeschlossen. Dieser Umstand hängt<br />
meist nicht an einzelnen Personen. Ich<br />
habe immer wieder von einzelnen Personen<br />
viel Unterstützung erfahren. Das ändert<br />
aber nichts daran, dass die Hochschule<br />
als System an sich Leute wie mich nicht<br />
haben möchte. Das ist spürbar, es ist in die<br />
Institution, die Gebäude, die Regeln und den<br />
Kanon eingeschrieben. Daran habe ich stark<br />
zu knabbern. Das findet sich auch in der<br />
Lehre wieder, die ich mache. Ich unterrichte<br />
in Lehraufträgen immer zu marginalisierten<br />
Themen und das ohne feste Anstellung. Das<br />
ist symptomatisch, weil viele marginalisierte<br />
Personen keine feste Stelle haben, sondern<br />
ebenso nur Semesterverträge haben. In<br />
ihrer prekären Lehre übernehmen sie dann<br />
wiederum auch prekäre, marginalisierte<br />
Lehrinhalte. Ihre Studierenden kommen<br />
häufig an und sagen: „Wow, großartig, ich<br />
habe noch nie sowas gehört. Bitte mehr<br />
davon!“ In der Lehre steckt für mich auch<br />
eine zusätzliche Care-Arbeit drin, um für die<br />
Studierenden da zu sein. Häufig bin ich die<br />
erste offen queere, trans* oder be_hinderte<br />
Person in der Lehre, die sie erleben. Da hängt<br />
ein großes Begehren an meiner Person, weil<br />
ich an der Stelle etwas verkörpere, was viele<br />
Leute bisher noch nicht erlebt hatten. Die<br />
Care-Arbeit bedeutet für mich eine große<br />
emotionale Arbeit, die in Semesterverträgen<br />
nicht aufgehoben ist. Das ist eine strukturelle<br />
Verfasstheit von Universität, dass diejenigen,<br />
die marginalisiert sind oder marginalisierte<br />
Themen anbieten, oft ungesicherte und<br />
prekäre Arbeitsverhältnisse haben. Marginalisierte<br />
Personen werden auf solchen Stellen<br />
ausgebrannt. Mein Erleben als marginalisierte<br />
Person in der Hochschullandschaft ist nicht<br />
positiv. Leider. Marginalisierten Personen, die<br />
vorhaben, in diese Institutionen reinzugehen,<br />
kann ich nur wünschen, dass sie sich vernetzen<br />
und sich guten Rückhalt holen, damit<br />
sie ein Leben außerhalb der Institutionen<br />
haben. Worauf man sich als marginalisierte<br />
Person auch gefasst machen muss: Man ist<br />
ein krasses Token. Ich bin ein Aushängeschild<br />
für Diversity und damit muss ich umgehen.<br />
Das ist nicht schön, aber damit muss man<br />
auf jeden Fall rechnen, wenn man in solche<br />
Positionen geht.<br />
*Interview: Victoria Forkel<br />
INFO<br />
Von Joke Janssen gemeinsam mit Anna Tautfest<br />
und Studierenden der Experimentellen<br />
Klasse, erscheint im Sommer/Herbst im<br />
Argument-Verlag der Sammelband KANON<br />
zu Machtverhältnissen und Care-Arbeit in<br />
der Kunst.
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14 SZENE<br />
SPRACHE<br />
FOTOS: CC0<br />
They/Them sind geschlechtsneutrale Pronomen, die seit dem<br />
12. Jahrhundert in der englischen Sprache existieren. Doch auch in<br />
Deutschland erfreuen sie sich immer größerer Beliebtheit.<br />
In Workshops oder anderen Lehrveranstaltungen bietet<br />
es sich an, für die ersten Treffen Namenschilder mit den<br />
genutzten Pronomen zu verteilen.<br />
Setzen, PRONOMENKUNDE!<br />
Über die richtige Anwendung<br />
von Pronomen wird neuerdings<br />
nicht nur im Deutschunterricht,<br />
sondern auch in der queeren Community<br />
diskutiert. Obwohl das Thema<br />
leidig ist, lohnt es sich, einen Durchblick<br />
zu verschaffen. Keine Angst, wir<br />
lernen alle zusammen und verteilen<br />
auch keine Noten, versprochen!<br />
Pronomen, Pronomen ... seit einiger Zeit<br />
sind sie in aller Munde. Bei trans* und/oder<br />
nicht-binären Personen schon lange, cis<br />
Personen haben aber kürzlich aufgeholt.<br />
Wenn erstere darüber reden, ist es meist<br />
ein sehr emotionales Thema, geht es doch<br />
um die Anerkennung ihres Geschlechts.<br />
Letztere hingegen fühlen sich meist an<br />
längst vergessene Deutschstunden erinnert<br />
und sind oft eher genervt und verwirrt von<br />
der Thematik. Das hat Gründe, denn cis Personen<br />
werden schon ein ganzes Leben lang<br />
mit dem richtigen Pronomen angesprochen.<br />
Trans* und/oder nicht-binäre Menschen<br />
müssen sich diese Selbstverständlichkeit<br />
erst erkämpfen.<br />
WARUM REDEN TRANS* PERSONEN<br />
STÄNDIG VON PRONOMEN?<br />
Wir nutzen Pronomen in einem Satz, um<br />
Substantive abzukürzen. Wenn wir über<br />
einen Menschen reden, wird dieser auch ein<br />
Substantiv. Im Deutschen haben alle Substantive<br />
ein grammatikalisches Geschlecht<br />
(Maskulinum, Femininum, Neutrum) und<br />
die meisten Menschen eine Geschlechtsidentität.<br />
Personalpronomen in der dritten<br />
Person, also er und sie sind die gängigsten<br />
Pronomen, die für Menschen genutzt werden.<br />
Das heißt, dass das grammatikalische<br />
Geschlecht (er: männlich, sie: weiblich)<br />
mit der Geschlechtsidentität (Mann oder<br />
Frau) übereinstimmt. Die Verwendung des<br />
richtigen Pronomens für einen Menschen<br />
kann als Lappalie abgetan werden, doch jede<br />
Person kennt das unangenehme Gefühl,<br />
misgegendert zu werden: In der Schule von<br />
einem Kind mit dem falschen Namen und<br />
Pronomen gegängelt zu werden oder im<br />
Supermarkt von hinten mit der falschen<br />
Anrede angesprochen zu werden … die<br />
Bedeutung von Pronomen wird den meisten<br />
Menschen erst bewusst, wenn sie nicht<br />
(mehr) stimmen.<br />
…<br />
Das ist aber nicht alles, oder? Nein, auf keinen<br />
Fall. Für Menschen, die ausschließlich er<br />
oder sie als Pronomen verwenden, könnten<br />
wir hier schon aufhören, aber damit wäre die<br />
gesellschaftliche Realität nicht abgedeckt.<br />
Viele nicht-binäre Personen fühlen sich<br />
mit er oder sie nicht adäquat repräsentiert.<br />
Aus diesem Grund entwickelten sie in den<br />
letzten Jahrzehnten Neopronomen.<br />
TOP 6 NEOPRONOMEN<br />
Deutsch ist eine sehr komplexe Sprache<br />
mit vielen Gestaltungsmöglichkeiten, doch<br />
bei den Personalpronomen war sie bisher<br />
nicht sehr kreativ. Nur zwei Pronomensets<br />
für Menschen?! Dass das nicht schon früher<br />
zu Beschwerden geführt hat, erstaunt uns.<br />
Neopronomen bringen endlich die Lösung,<br />
um Menschen nicht mehr über einen oder<br />
besser gesagt zwei Kämme scheren zu<br />
müssen. Neopronomen sind, wie der Name<br />
schon andeutet, neue Pronomen und die<br />
gibt es mittlerweile zu Haufe. Wir stellen<br />
die sechs gängigsten vor und zeigen dir,<br />
wie mensch sie in einem Satz verwendet.<br />
Eine komplette Auflistung findest du auf<br />
der Webseite Nibi.Space, das nicht-binäre<br />
Wikipedia.<br />
Pronomen und besonders Neopronomen<br />
werden meist in einem Trio präsentiert, wenn<br />
sich jemand mit ihnen vorstellt: Personalpronomen<br />
in der 3. Person in Nominativ, Genitiv<br />
und Dativ. So wird die prompte Anwendung<br />
erleichtert, denn eins muss die gebeugten<br />
Formen nicht selbst herausfinden. Für das<br />
Pronomen er sehe das folgendermaßen aus:<br />
Er/sein/ihm. In vollständigen Sätzen werden<br />
sie so benutzt: Er gibt seinem Hund Futter.<br />
Ich schaue ihm dabei zu.<br />
BEISPIELE FÜR NEOPRONOMEN IN<br />
ANWENDUNG<br />
■ Dey/deren/dem: Dey gibt deren Hund<br />
Futter. Ich schaue dem dabei zu.<br />
■ Em/ems/em: Em gibt ems Hund Futter.<br />
Ich schaue em dabei zu.<br />
■ Per/pers/per: Per gibt pers Hund<br />
Futter. Ich schaue per dabei zu.<br />
■ Es/sein/ihm: Es gibt seinem Hund<br />
Futter. Ich schaue ihm dabei zu.<br />
■ Sier/sies/siem: Sier gibt sies Hund<br />
Futter. Ich schaue siem dabei zu.<br />
■ They/their/them: They gibt their Hund<br />
Futter. Ich schaue them dabei zu.
Schön sehen sie aus, oder? Niemand<br />
muss neidisch werden, denn (Neo-)<br />
Pronomen sind wie Kleidung: Jedes<br />
Geschlecht kann sie verwenden, egal<br />
ob cis, trans*, binär oder nicht-binär.<br />
Ein Pronomen sagt nichts über<br />
das eigene Geschlecht aus. Es<br />
muss sich auch nicht entschieden<br />
werden: Mensch kann mehrere<br />
Pronomensets verwenden … oder<br />
auch gar keines. Manche wollen nur<br />
ihren Namen an der Stelle eines<br />
Pronomens nutzen. Das sieht mit<br />
dem Namen Ella so aus: Ella gibt Ellas<br />
Hund Futter. Ich schaue Ella dabei zu.<br />
HOW TO BE AN ALLY<br />
Unsere Gesellschaft prägt leider<br />
ein grauenhafter Automatismus:<br />
Menschen wird beim ersten Anblick<br />
ein Geschlecht übergestülpt. Der<br />
unbewusste Gedankengang sieht<br />
meist so aus: Mensch steht vor mir,<br />
sieht nach eigener Einschätzung<br />
männlich oder weiblich aus, ist<br />
somit ein Mann oder Frau und<br />
benutzt entweder das Pronomen<br />
er oder sie. Aus dieser Gleichung<br />
fallen viele Menschen heraus.<br />
Umso wichtiger, gegen die Unart<br />
des Misgenderns vorzugehen:<br />
Versuche, fremden Menschen nicht<br />
sofort ein Geschlecht oder ein<br />
Pronomen zuzuschreiben. Deine<br />
Augen haben keine Superkräfte und<br />
können nicht das Geschlecht einer<br />
Person ablesen. Stelle dich lieber<br />
bei persönlichen Begegnungen<br />
nicht nur mit deinem Namen,<br />
sondern auch mit deinen Pronomen<br />
vor und frage im Gegenzug nach<br />
den Namen und Pronomen<br />
deiner Gesprächspartner*innen. In<br />
sozialen Medien kannst du in deiner<br />
Profilbeschreibung deine Pronomen<br />
hinzufügen. Damit hilfst du trans*<br />
und/oder nicht-binären Menschen,<br />
von trans*feindlichen Trollen unerkannt<br />
und somit sicher zu bleiben.<br />
Gut möglich, dass du von der Menge<br />
an Pronomina überfordert bist,<br />
aber du musst nicht verzweifeln!<br />
Menschen, die mit Deutsch aufgewachsen<br />
sind, benutzen Pronomen<br />
ganz selbstverständlich. Wenn du<br />
dir den Artikel durchliest, wirst du<br />
feststellen, dass viele Pronomen<br />
verwendet worden sind. Jenen<br />
Menschen, die nicht mit Deutsch<br />
aufgewachsen sind, sprechen<br />
wir unser herzliches Beileid aus.<br />
Pronomen sind überbewertet. *vf<br />
SZENE 15<br />
INFO<br />
Kleine Pronomen-Kunde<br />
Pronomen sind wie Verben (schwimmen), Adjektive<br />
(schön) und Substantive (Haus) eine Wortart.<br />
Sie ersetzen entweder ein Substantiv in einem<br />
Satz, etwa wenn das Haus zu es abgekürzt wird,<br />
oder sie beschreiben ein Substantiv näher: mein<br />
Haus statt das Haus.<br />
Nerdmodus: Pronomen kann eins noch in Unterkategorien<br />
sortieren:<br />
■ Personalpronomen wie ich und du<br />
■ Possessivpronomen wie mein oder dein<br />
■ Reflexivpronomen wie mich und dich<br />
■ Demonstrativpronomen wie dieser und jener<br />
■ Relativpronomen wie welcher und deren<br />
…<br />
Tipp zum Merken: Wer Englisch<br />
oder romanische Sprachen<br />
wie Französisch oder<br />
Italienisch beherrscht, kann<br />
sich die Bedeutung der<br />
Unterkategorien herleiten.<br />
Der erste Teil des Wortes<br />
Possessivpronomen hat<br />
den gleichen Wortstamm wie<br />
das englische Verb ‚to possess‘<br />
(besitzen). Somit sind Worte wie mein<br />
oder dein Possessivpronomen, weil sie den Besitz<br />
anzeigen. Solche Eselsbrücken funktionieren für<br />
die meisten Pronomentypen.<br />
FOTO: AM DAN TRUONG /UNSPLASH/CC0
16 SZENE<br />
INTERVIEW<br />
FOTO: NATE ISAAC ADIT/UNSPLASH/CC0<br />
TSEPO BOLLWINKEL:<br />
„Schuld ist ein bescheuertes Konzept!“<br />
Die Vorstellung von Queerness<br />
als ein westliches Phänomen<br />
ist weitverbreitet, doch könnte sie<br />
nicht weiter von der Realität entfernt<br />
sein. Tsepo Bollwinkel ist Experte und<br />
klärt uns im „Salongespräch: BIPoC<br />
Movements und Rassismus – auch in<br />
der queeren Szene Thema“ über die<br />
Zusammenhänge von Rassismus und<br />
Queerness auf.<br />
Was ist eine konstruktive Definition<br />
von Rassismus?<br />
Jetzt hast du mich etwas Schwieriges<br />
gefragt. (lacht) Rassismus ist eine<br />
Diskriminierungsform, aber auch ein<br />
soziales System, in dem wir uns alle seit<br />
Jahrhunderten bewegen. Dementsprechend<br />
ist Rassismus nicht abhängig davon, ob<br />
jemand absichtlich irgendetwas tut oder<br />
nicht tut. Rassismus ist weniger das<br />
Handeln von Einzelnen als ein System, auf<br />
das man überall in unserer Gesellschaft<br />
trifft. Das Bild von einem Neonazi mit<br />
Baseballschläger, der mir auf den Schädel<br />
schlägt, ist verkürzt. Rassistische Strukturen<br />
können so nicht wahrgenommen werden.<br />
Ich würde Rassismus lieber so definieren,<br />
dass Rassismus eine Rechtfertigungsideologie<br />
ist, um gesellschaftliche Zustände<br />
zu legitimieren. Die Behauptung, die diese<br />
Ideologie aufstellt, ist dreiteilig. Erstens seien<br />
Menschen unterschiedlich viel wert. D.h. sie<br />
seien unterschiedlich befähigt oder schlau<br />
etc. Zweitens: Diese Unterschiede seien<br />
genetisch bedingt und somit unveränderlich.<br />
Drittens: Die Wertigkeit von einer Person<br />
könne man an äußeren Merkmalen wie<br />
Haut oder Haaren erkennen. Diese äußeren<br />
Merkmale können aber auch Dinge wie die<br />
Religionszugehörigkeit, Nationalität oder<br />
schlicht und ergreifend der Name sein. Die<br />
Zuweisung von verschiedenen Wertigkeiten<br />
ist durch Rassismus zu einer sozialen<br />
Realität in diesem Land und überall auf der<br />
Welt geworden. Menschen verbringen, je<br />
nachdem, wo sie in so einer hierarchischen<br />
Idee von Wertigkeit angesiedelt werden, ein<br />
sehr unterschiedliches Leben.<br />
Auf der Internetseite der Initiative<br />
Schwarze Menschen in Deutschland,<br />
beschreibt die AG Black und Queer,<br />
dass ihr unter anderem Queerness<br />
erweitern möchtet. Was genau ist mit<br />
Queerness erweitern gemeint?<br />
Nächste komplexe Frage. (lacht) Queerness<br />
wird gern an dem Buchstabensalat LGBTIQ*<br />
festgemacht. Einerseits ist das nicht<br />
verkehrt. Anderseits befinden wir uns aber<br />
die ganze Zeit in Ideen und Konstruktionen<br />
von Identitäten, die sich im globalen<br />
Norden abspielen und somit spezifisch<br />
weiß sind. Das heißt nicht, dass nur weiße<br />
Menschen in dieser Form queer sind, aber<br />
dass die Identitätskonstruktion aus dem<br />
globalen Norden kommen. Der ISD und<br />
besonders mir ist es wichtig, diesen Blick zu<br />
erweitern. Es gibt noch viel mehr Arten von<br />
Sexualitäten und Geschlechtsidentitäten als<br />
die, die in dem westlichen Buchstabensalat<br />
bedacht werden. Wir übersehen sonst<br />
Millionen und Abermillionen von Menschen.<br />
Ja, es gibt mehr als zwei Geschlechter auf<br />
der ganzen Welt. Es gibt andere Ideen von<br />
Zusammenleben als Monogamie. Es gibt<br />
mehr als entweder gegengeschlechtliche<br />
oder gleichgeschlechtliche Liebe. Meine<br />
persönliche Behauptung ist immer, dass es<br />
7,6 Milliarden Menschen gibt und genauso<br />
viele Sexualitäten und Geschlechter. Die<br />
Erweiterung des Begriffs queer bedeutet<br />
auch, einen Blick darauf zu werfen, wie<br />
Sexualität und Geschlechtlichkeit über sich<br />
hinaus mit anderen sozialen Phänomenen<br />
zusammenhängen. In der Kolonialgeschichte<br />
ist beispielsweise viel Herrschaft<br />
über das Ausleben von Sexualität und<br />
Geschlecht verhandelt worden. Was ist die<br />
richtige Körperlichkeit? Was ist die richtige<br />
Sexualität? Was ist die richtige Form, eine<br />
Familie zu gründen? In diesem Lebensbereich<br />
ist sehr viel Macht ausgeübt, aber<br />
auch viel Widerstand geübt worden. Solche<br />
Zusammenhänge in den Blick zu nehmen<br />
und Sexualität und Geschlechtlichkeit nicht<br />
nur mit einem westlich-engen Blick zu<br />
betrachten, ist der ISD wichtig. Wir würden<br />
sogar sagen: Das finden wir spannend und<br />
sexy.
SZENE 17<br />
„Das heißt, dass ich ein<br />
Geschlecht besitze, mit<br />
dem ich hier gar nicht<br />
rumlaufen kann, weil<br />
kein Mensch dieses in<br />
westlichen kulturellen<br />
Zusammenhängen<br />
versteht.“<br />
(Lacht) Okay, das heißt es hat weniger<br />
mit einem schwarzen Kontext<br />
zu tun, als wirklich den Begriff<br />
Queerness zu erweitern.<br />
Mit Schwarzsein hat es etwas zu tun, weil<br />
es sehr oft eine Schwarze Erfahrung ist. Ich<br />
bin Südafrikaner und wir haben in meinem<br />
Volk, einem der vielen Völker Südafrikas,<br />
historisch andere Geschlechtervorstellungen<br />
als im globalen Norden. Diese meinem<br />
Volk spezifischen Geschlechter stehen<br />
hier gar nicht zur Disposition. Das gilt für<br />
unendlich viele andere Menschen auch. Das<br />
heißt, dass ich ein Geschlecht besitze, mit<br />
dem ich hier gar nicht rumlaufen kann, weil<br />
kein Mensch dieses in westlichen kulturellen<br />
Zusammenhängen versteht. Das ist eine<br />
spezifisch Schwarze Erfahrung als queerer<br />
Mensch in Deutschland. Von daher hat das<br />
sehr viel mit Schwarzsein zu tun.<br />
Hast du ein konkretes Beispiel für<br />
mich? Ich kenne die südafrikanische<br />
Kultur nicht sehr gut.<br />
Ich nehme mich als Beispiel, weil ich<br />
da weiß, was ich sage. Meine eigene<br />
Herkunftskultur hat ein Geschlechterverständnis,<br />
was von fünf Geschlechtern<br />
ausgeht. Die Christianisierung hat<br />
diesen kulturellen Aspekt fast vollständig<br />
zerstört. Es sind nur Reste vorhanden. Die<br />
Bedeutung der Geschlechter sind nicht<br />
mit Wörtern aus europäischen Sprachen zu<br />
übersetzen. Man könnte zwar sagen, dass<br />
zwei Geschlechter ungefähr wie Mann und<br />
Frau sind und zwei trans*geschlechtlich<br />
wären. Aber das ist schon sehr ungenau und<br />
nicht stimmig. Das fünfte Geschlecht ist<br />
eins, welches geschlechtliche Gegensätze<br />
in einer Person transzendiert oder aufhebt.<br />
Wir, die wir uns noch in einem traditionellen<br />
Verständnis von Geschlechtlichkeiten<br />
identifizieren, werden immer weniger, weil<br />
der kulturelle Druck so groß ist und die<br />
Geschlechtervorstellung aus dem globalen<br />
Norden dominant ist.<br />
„Die Stonewall-<br />
Aufstände wurden in der<br />
Geschichtsschreibung<br />
oft weißgewaschen.“<br />
Wie sieht die Schwarze queere<br />
Bewegung weltweit aber besonders<br />
in Deutschland aus?<br />
Queere Menschen gibt es überall, egal unter<br />
welchen Namen. Für den Begriff Queerness<br />
sind die berühmten Stonewall Riots ganz<br />
wichtig. Die Aufstände wurden in der<br />
Geschichtsschreibung oft weißgewaschen.<br />
Das waren Schwarze, queere Menschen<br />
und vor allen trans* Frauen, die sich damals<br />
zur Wehr gesetzt haben. Es ärgert mich<br />
unglaublich, wie wenig diese Realität<br />
anerkannt wird. Ich denke an den Stonewall<br />
Film, der vor ein paar Jahren erschienen ist<br />
und hauptsächlich weiße schwule Männer<br />
zeigte. Die waren aber nicht da. Die saßen<br />
sicher in ihren Kneipen, weil ihnen nie etwas<br />
passiert ist. Die hatten keine Polizeirazzia.<br />
Die Polizei steckten bei ihren Razzien<br />
Schwarze und Latinos für Prostitution<br />
in den Knast. Diesen Teil der Geschichte<br />
zu wissen ist wichtig. Die Stonewall Riots<br />
waren nicht der Beginn von Queerness,<br />
aber ab dann wurde es eine öffentliche<br />
Tsepo Bollwinkel – AG Black & Queer – Trainer für u. a. Critical Whiteness<br />
FOTO: REBECCA JÄGER<br />
emanzipatorische Bewegung. Für den<br />
deutschen Kontext finde ich es wichtig zu<br />
erinnern, dass die neuere Schwarze Bewegung<br />
durch queere Frauen in Gang gesetzt<br />
wurde. Sie feiert dieses Jahr ihr 35-jähriges<br />
Jubiläum. Diese queeren Frauen haben sich<br />
im Verein adefra zusammengeschlossen<br />
und ein gemeinsames Buch veröffentlicht:<br />
„Farbe bekennen“. In dem Buch wurden als<br />
erstes solche wichtigen Fragen aufgestellt<br />
wie: Wie ist es, eine Schwarze Person in<br />
Deutschland zu sein? Wie ist es, Schwarz<br />
zu sein und sich auch mit Deutschland zu<br />
identifizieren, also eine Schwarze deutsche<br />
Person zu sein? Traurigerweise werden<br />
diese queeren und weiblichen Wurzeln<br />
immer wieder ausgeblendet. Außerhalb<br />
von bestimmten Szenen ist Queerness<br />
in Schwarzen Communitys durchaus<br />
schwierig. In großen Städten ist das Thema<br />
unter jungen Leuten zwar ok. Anderswo<br />
und gerade da, wo sie landsmannschaftlich<br />
organisiert sind, ist das immer noch ein<br />
schwieriges Thema. Viele Menschen leben<br />
eine Doppelidentität zwischen Schwarz sein<br />
und gleichgeschlechtlich leben. Das Gefühl<br />
ist: Ich kann beides nicht in denselben<br />
Räumen tun, weil ich jeweils Ausschlüsse<br />
erfahre. Das ist ein großer Schmerz für<br />
Menschen und eine gottverdammte<br />
Schweinerei, dass das immer noch so ist. So<br />
langsam gibt es immer mehr sichere Orte,<br />
wo sich diese Menschen treffen und ihre<br />
Communitys und sich selbst feiern können.<br />
Es ist unglaublich wichtig, dass es in diesem<br />
Bereich ein Stück Heilung gibt. Es hat lange<br />
gedauert. Auch ich bin erst mit verdeckten<br />
Karten in dieser neueren Schwarzen<br />
deutschen Bewegung durch die Gegend<br />
gelaufen, weil es mir zu heiß und gefährlich<br />
war. Nun hat sich das aber geändert.<br />
1528 hat die erste deutsche Handelsfamilie<br />
begonnen, mit versklavten<br />
Menschen zu handeln. Rassismus<br />
wurde als theoretische Rechtfertigung<br />
für Sklaverei, Kolonialismus und<br />
Genoziden genutzt. Inwiefern wirkt<br />
sich die Geschichte des Rassismus auf<br />
unsere heutige Lebensrealität aus?<br />
Das Ärgerliche ist, dass wir immer noch in<br />
gesellschaftlichen Erzählungen leben, die<br />
sich der Rassismus ausgedacht hat. Ein<br />
Beispiel von Tausenden, die ich erzählen<br />
könnte: Wir bewegen uns immer noch in<br />
der Erzählung, die aus der Versklavung<br />
von Menschen kommt. Unter weißen<br />
Menschen gab es in der frühen Geschichte<br />
der USA Streit um die Behandlung von<br />
versklavten Menschen. Sie hatten nichts<br />
Grundsätzliches gegen Sklaverei, aber<br />
die schreckliche Behandlung war Einigen<br />
zu brutal. In diesem Streit spielte eine<br />
ausschlaggebende Rolle ein sogenanntes<br />
wissenschaftliches Werk: die Rassenlehre<br />
von Carl von Linné in seinem Buch über<br />
die Natur des Menschen. Linné wird heute
18 SZENE<br />
noch als Vater der Anthropologie gelehrt<br />
und geehrt. Ich finde das pervers, denn in<br />
seinem Buch erfand Linné unser heutiges<br />
System von Rassen. Er ist für diesen Quark<br />
mit Rot und Gelb verantwortlich! Dabei hat<br />
Linné in seinem Leben nie etwas anderes als<br />
Bleichgesichter gesehen. Linné dachte sich<br />
diese Klassifizierung aus und belegte diese<br />
Gruppen mit verschiedenen Eigenschaften.<br />
Bei Schwarzen Menschen schrieb er den<br />
Satz hinein, dass sie keinen Schmerz empfinden<br />
würden. Mit diesem Satz wurde in<br />
den frühen USA für Sklaverei und inhumane<br />
Behandlung argumentiert: Wenn wir sie<br />
auspeitschen, weil sie nach unserer Meinung<br />
Mist gebaut haben, tut ihnen das nicht weh.<br />
Man könnte sagen, das sei schon lange her.<br />
Doch 2014 ist in Großbritannien ein neues<br />
Lehrbuch für künftige Krankenpfleger*innen<br />
erschienen. Dort wurde im Kapitel zur<br />
Schmerzmedizin nach verschiedenen<br />
Menschengruppen aufgefächert, die sich<br />
nach Linnés Klassifizierung richten. Da<br />
steht drin, dass bei asiatischen Menschen,<br />
wenn sie denen eine Spritze verabreichen<br />
müssen, sie es ohne Bedenken tun können.<br />
Die denken sowieso, dass alles Schicksal und<br />
Karma sei, und somit ist es völlig egal, ob es<br />
wehtut oder nicht. Bei Menschen indigener<br />
Herkünfte könnte man auch einfach<br />
losspritzen, da die sowieso eine Helden-<br />
Nummer draufhätten. Bei Schwarzen<br />
Menschen kann ich auch ohne zimperlich zu<br />
sein spritzen, denn obwohl die wie verrückt<br />
jammern, empfinden die keinen Schmerz.<br />
Bei weißen Menschen steht in dem<br />
Lehrbuch, dass ein Gespräch eingegangen<br />
werden muss und die Verabreichung der<br />
Spritze in Absprache geschehen soll. Denn<br />
das seien Menschen, die ihr Schmerzempfinden<br />
objektiv wiedergeben können! Dieses<br />
Kapitel ist aufgeflogen, weil im englischen<br />
Gesundheitssystem nur noch People<br />
of Color arbeiten. Als sie<br />
dieses Buch in die Hände<br />
gekriegt haben, waren<br />
die echt stinkig. In<br />
der Neuauflage<br />
ist das Kapitel nicht korrigiert, sondern<br />
einfach rausgenommen worden. Alle diese<br />
bescheuerten Erzählungen, die in dem<br />
frühen Rassismus erfunden wurden, sind bis<br />
heute lebendig. Als mein heute 18-jähriger<br />
Sohn seine erste Impfung bei einer älteren<br />
Kinderärztin bekam, wollte sie ihn erst mit<br />
einem Eis-Spray behandeln, damit die<br />
Stelle nicht so wehtut. Doch auf dem Weg<br />
zu unserm Kind blieb sie stehen und sagte:<br />
Ach, er braucht das ja nicht. Wir Eltern<br />
haben uns danach eine andere Kinderärztin<br />
gesucht. Die Ärztin hatte selbstverständlich<br />
angenommen, dass dieser kleine Schwarze<br />
Knirps kein Schmerz empfindet. Diese ganzen<br />
Erzählungen sind immer noch präsent<br />
in den Köpfen der Menschen. In der queeren<br />
Szene, besonders in der Schwulenszene,<br />
findet sich oft die Vorstellung von sexuell<br />
überaktiven, nicht-weißen Männern mit<br />
den großen Dödeln und so weiter. Diese<br />
Narrative sind lebendig und kochen wie ein<br />
historischer Schluckauf bei jeder Gelegenheit<br />
wieder hoch. Sie werden benutzt, um zu<br />
exotisieren, zu objektivieren, zu sexualisieren.<br />
Sie kochen immer wieder hoch, weil sie noch<br />
nicht gesehen und somit dekonstruiert<br />
werden konnten.<br />
„In der queeren Szene,<br />
besonders in der<br />
Schwulenszene, findet<br />
sich oft die Vorstellung<br />
von sexuell überaktiven,<br />
nicht-weißen Männern<br />
mit den großen Dödeln<br />
und so weiter.“<br />
An der Mittelmehr-Krise sieht man<br />
auch strukturellen Rassismus. In diesen<br />
Jahren sind bis zum 18. <strong>Juni</strong> 2020<br />
bereits 339 Menschen im Mittelmeer<br />
ertrunken und letztes Jahr waren es<br />
1885 Menschen. Diese Zahlen sind<br />
massiv und zeigen für mich, dass es<br />
ein Rassismusproblem gibt. Welche<br />
Rolle spielen diese Zahlen im öffentlichen<br />
Diskurs über strukturellen<br />
Rassismus?<br />
Interessanterweise keine. Da wird nämlich<br />
getrennt. Der Diskurs über die ermordeten<br />
Menschen im Mittelmeer läuft unter<br />
Migrationsdiskurs und wird nicht mit<br />
Rassismus in Zusammenhang gebracht. Für<br />
mich sieht das eindeutig anders aus. Es gibt<br />
keine Abwehrschlacht gegenüber weißen<br />
französischen oder britischen Menschen,<br />
die ins Land einreisen und arbeiten wollen.<br />
Es gibt auch keine Abwehrschlacht, wenn<br />
eine weiße südafrikanische Person in<br />
Deutschland leben und arbeiten will, aber<br />
sehr wohl, wenn es eine Schwarze ist.<br />
Kleine Geschichte von mir, die sich in der<br />
deutschen Botschaft in Pretoria, Südafrika<br />
abspielte: Ich habe einen Zwillingsbruder, der<br />
in Südafrika lebt und eine südafrikanische<br />
Staatsbürgerschaft besitzt. Um mich besuchen<br />
zu können, wollte er mit mir an seiner<br />
Seite ein Visum beantragen. Der wurde auf<br />
Übelste abgefertigt. Das Verwandtschaftsverhältnis<br />
zu meinem Zwillingsbruder (!)<br />
wurde nicht geglaubt. Der nächste Mensch<br />
in der Schlange war ein weißer Südafrikaner.<br />
In fünf Minuten hatte er das Visum. Das<br />
ist der kleine Unterschied, der Unterschied<br />
der Rassifizierung. Er macht sich fest an<br />
dem Äußeren eines Menschen, an nichts<br />
anderem. Das heißt, es gibt einen Zusammenhang<br />
damit, wer in dieses Land oder<br />
wer in die EU kann. Dieser Zusammenhang<br />
ist der, dass Leute mit dunkler Hautfarbe<br />
nicht reinkommen sollen, und das ist ein<br />
strukturelles rassistisches Problem. Dass es<br />
nicht so benannt wird, regt mich wahnsinnig<br />
auf. Menschen sterben nicht nur in Hanau<br />
an den furchtbaren Anschlag. Menschen<br />
FOTO: JULIETTE F/UNSPLASH/CC0
werden nicht nur jeden Tag beleidigt, getreten und verarscht,<br />
sondern sterben auch an den Grenzen dieses Kontinents, der<br />
sich der Menschenrechte rühmt und der Moralzuchtmeister für<br />
den Rest der Welt sein möchte. Die verrecken aufs Elendeste<br />
und der Rest, also die, die nicht ersaufen, sondern zurückgeschickt<br />
werden, vegetieren in libyschen Lagern als Sklav*innen<br />
oder verdursten in der Wüste. Die Zahlen sind gigantisch und<br />
alle diese Körper, die dort verrecken oder ins Elend gebracht<br />
werden, die weiblichen Körper, die vergewaltigt werden, haben<br />
eine dunkle Hautfarbe. Die Toten in und um das Mittelmeer und<br />
Rassismus haben etwas miteinander zu tun. Der Diskurs wird<br />
aber getrennt, denn wenn wir das auch als Rassismus benennen,<br />
wird klar, wie unmoralisch das ist. Dann könnte sich die Festung<br />
Europa nicht mehr selbst in den Spiegel gucken.<br />
„Die Aufgabe ist es aufzuhören,<br />
Schaden anzurichten.“<br />
Das muss ich erst mal schlucken. Denn obwohl ich<br />
mich mit dem Thema kontinuierlich auseinandersetze,<br />
ist es sehr entsetzend, dass noch mal so auseinandergenommen<br />
zu hören. Ich habe die Erfahrung, dass da<br />
sehr schnell diese Schuldfrage aufkommt. Denkst du,<br />
dass es sinnvoll ist, wenn sich weiße Menschen für<br />
Rassismus schuldig fühlen? Kann das was verändern?<br />
Ach Quatsch, Schuld verändert gar nichts. Schuld ist ein<br />
bescheuertes Konzept. Es geht nicht um Schuld, sondern um<br />
Verantwortung. Ich habe keinen Bock auf Leute, die aufgrund<br />
von irgendeinem schlechten Gewissen seit drei Wochen wild<br />
herumrennen und sich Antirassist*innen nennen. Ich ehre die,<br />
die angesichts des Grauens, das jetzt wieder in den USA passiert<br />
ist, etwas bemerken. Ich hoffe aber, dass sie weitermachen<br />
und sich daran erinnern, dass sie eine Verantwortung haben.<br />
Es geht um Gerechtigkeit und nicht darum, milde Gaben<br />
zu verstreuen oder das eigene Ego aufzurüsten. Ich bin kein<br />
besonders guter Mensch, wenn ich gerecht sein will, sondern<br />
ich bin ein anständiger Mensch. Von daher hilft das dusselige<br />
schlechte Gewissen nicht. Weiße Menschen haben strukturell<br />
mehr Vorteile als andere. Deshalb haben sie ein ordentliches<br />
Maß an Verantwortung, an das ich sie gerne und auch beruflich<br />
erinnere. Ich möchte nicht, dass sie aus irgendeinem schlechten<br />
Gewissen sich gegen Rassismus engagieren, sondern weil sie<br />
sich tierisch über Ungerechtigkeit aufregen.<br />
Vielen Dank für das Gespräch. Liegt dir sonst noch<br />
etwas auf den Herzen?<br />
Es gibt gerade in den Diskussionen von Menschen, die sich<br />
auf den Weg gemacht haben, Rassismus zu verstehen, in den<br />
englischsprachigen Kontexten ein neues Wording. Weil ich es<br />
sehr schön finde, will ich es in den deutschsprachigen Kontext<br />
bringen. Da heißt es nämlich: Die Aufgabe ist es aufzuhören,<br />
Schaden anzurichten. Jetzt, heute, in dieser Sekunde damit aufhören,<br />
Schaden anzurichten. Wenn du nicht weißt, was Schaden<br />
ist, kannst du Leute, die von diesem Schaden seit Generationen<br />
betroffen sind, fragen, was sie als Schaden empfinden. Der<br />
zweite Teil ist: Wenn du das geschafft hast, kannst du anfangen,<br />
den angerichteten Schaden wiedergutmachen. Da ist einiges zu<br />
tun. Es ist so viel Schaden angerichtet worden und Wiedergutmachung<br />
nötig. In Deutschland kriegen alle gleiche Panik und<br />
sehen Dollars vor sich. Eine Wiedergutmachung ist aber etwas<br />
anderes. Den Schaden wiedergutmachen ist eine Aufgabe, die<br />
wir als Einzelne und als Gesellschaft haben.<br />
Nächster Anzeigenschluss<br />
ist der 16.7.<strong>2021</strong><br />
Erscheinungstermin<br />
ist der 29.7.<strong>2021</strong><br />
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SZENE 19<br />
*Interview: Martin Lorenz / Transkript: Victoria Forkel<br />
Mehr Infos: https://tsepo-bollwinkel-empowerment.de/
20 SZENE<br />
Eine*e Femminiello in Italien<br />
FOTO: PUBLIC DOMAIN COMMONS.WIKIMEDIA.ORG<br />
Geschlechtsdiverse Menschen um 1865 in damaligen Britisch-Indien<br />
ALLER GUTEN DINGE<br />
Geschlechtersysteme, die rein<br />
zweigeschlechtlich denken, sind die<br />
Ausnahme, nicht die Regel.<br />
SIND VIELE<br />
Trans*geschlechtlichkeit ist ein westliches<br />
Konzept, Menschen und ihre Geschlechtsidentität<br />
zu verstehen. Trans* zu sein<br />
bedeutet in der weitesten Definition,<br />
dass das bei der Geburt zugewiesene<br />
Geschlecht nicht (mehr) mit der eigenen<br />
Geschlechtsidentität übereinstimmt. Cis<br />
zeigt an, dass das Geschlecht mit dem<br />
zugeteilten Geschlecht übereinstimmt.<br />
Das heißt, dass Trans*- und Cisgeschlechtlichkeit<br />
nur etwas darüber aussagen, wie<br />
man zu seinem Geschlecht gekommen ist,<br />
aber nichts darüber, welches Geschlecht<br />
man hat. Das heißt, wenn einer Person<br />
kein Geschlecht zugewiesen worden ist,<br />
kann es auch nicht trans* oder cis sein. In<br />
verschiedenen Kulturen und Religionen<br />
der Welt werden Geschlechter anders<br />
verstanden als in der westlichen Welt,<br />
sodass diese theoretisch anmutende<br />
Spielerei Realität ist.<br />
Zweigeschlechtlichkeit, also die Idee, dass<br />
es nur Männer oder Frauen gibt, ist ein<br />
westliches und vergleichsweise junges<br />
Konzept, Menschen mit ihren Körpern<br />
und Geschlechtern zu verstehen. Erst<br />
während der letzten Jahrhunderte wurde<br />
das binäre Geschlechtersystem durch<br />
die europäische Kolonisation gewaltvoll<br />
anderen Bevölkerungen übergestülpt.<br />
Jeder Lebensbereich wurde kolonisiert,<br />
so auch das Verständnis und Ausleben<br />
des eigenen Geschlechts. Die damalige<br />
Inca-Bevölkerung im heutigen Peru<br />
kannte beispielsweise das Geschlecht<br />
der Quariwarmi, die eine wichtige Rolle im<br />
spirituellen Leben des Volkes übernahmen.<br />
Ab dem 16. Jahrhundert wurden sie von<br />
spanischen Kolonisatoren als homosexuelle<br />
Männer verfolgt. Im britischen Indien<br />
wurden geschlechtsdiverse Menschen,<br />
die bis dato gesellschaftlich respektiert<br />
waren, 1871 durch den Criminal Tribes Act<br />
(dt. Gesetz der kriminellen Stämme) als<br />
Kriminelle klassifiziert: Sie wurden unter<br />
anderem in einem polizeilichen Register<br />
geführt und ihr Bewegungsfreiraum wurde<br />
eingeschränkt.<br />
Kultur- und religionsspezifische<br />
Geschlechter sind an eine bestimmte<br />
Kultur oder Religion gebunden und ergeben<br />
nur in diesem Kontext Sinn. Aus den mehr<br />
als 50 Geschlechtern, die wir gefunden<br />
haben, werden wir sechs von ihnen näher<br />
vorstellen.<br />
RELIGION<br />
Im Judentum gibt es sechs Geschlechter,<br />
obwohl sie vielen Jüd*innen selbst nicht<br />
mehr bekannt sind. Sie nennen sich<br />
Zachar, Nekeivah, Androgynos, Tumtum,<br />
Ay’lonit und Saris. In einer westlichchristlichen<br />
Lesart könnten sie als Mann,<br />
Frau, zwei inter Geschlechter und zwei<br />
trans* Geschlechter verstanden werden.<br />
Aus diesem Grund nannte die jüdische<br />
Kolumnistin Debora Antmann das System<br />
binär, ohne zweigeschlechtlich zu sein.<br />
EUROPA<br />
In und um Neapel herum existieren<br />
Femminielli, die Menschen mit einer
femininen Geschlechtsidentität darstellen. Traditionell<br />
wird ihr Geschlecht mit der griechischen Mythologie in<br />
Zusammenhang gebracht. Bis zum 20. Jahrhundert waren<br />
sie in einer privilegierten Position, da ihre Präsenz als<br />
glückbringend verstanden wurde.<br />
AFRIKA<br />
In Madagaskar leben Sekrata: Kinder, aus denen später<br />
Männer werden würden, werden, wenn sie früh in ihrer<br />
Kindheit als feminin wahrgenommen werden, als Sekrata<br />
erzogen. In der Bevölkerung werden sie als etwas Besonderes<br />
und somit Schützenswertes angesehen.<br />
ASIEN<br />
Im muslimischen Indonesien werden fünf verschiedene<br />
Geschlechter anerkannt: makkunrai, oroané, calalai, calabai<br />
und bissu. Während die ersten beiden für Mann und Frau<br />
stehen, sind die nächsten drei Geschlechter, die wir nicht<br />
kennen. Die Geschlechtsidentität von bissu ist mit einer<br />
spirituellen Tätigkeit verbunden.<br />
NUR<br />
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RUF AN!<br />
SZENE 21<br />
AUSTRALIEN UND OZEANIEN<br />
Auf den samoanischen Inseln in Ozeanien werden neben<br />
Frauen und Männern noch Fa’afafine und Fa’afatama anerkannt.<br />
Bei diesen beiden Geschlechtern werden die Kinder,<br />
wenn sie sich feminin oder maskulin verhalten, als das<br />
jeweilige Geschlecht großgezogen. Ähnliche Geschlechter<br />
unter anderen Namen sind auf den Inseln Hawaii und<br />
Tonga zu finden.<br />
SÜD- UND NORDAMERIKA<br />
Die indigene Bevölkerung Nordamerikas kennt je nach<br />
Bevölkerungsgruppe viele verschiedene Geschlechter, die<br />
oft unter dem Begriff Two-Spirit subsumiert werden: Das<br />
Diné-Volk respektiert beispielsweise neben Frauen und<br />
Männern auch nadleehi und dilbaa. Bei den Lakota gibt es<br />
das dritte Geschlecht winkte. *vf<br />
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22 SZENE<br />
INTERVIEW<br />
UKE-Covid-Studie zu trans*:<br />
„Wir haben gefunden,was wir befürchtet hatten“<br />
Wir alle erleben wegen der<br />
Corona-Pandemie im Moment<br />
erhebliche Einschränkungen. Sind<br />
trans* Menschen von der Pandemie<br />
besonders betroffen? Wie wirkt sich<br />
die Pandemie auf die Gesundheitsversorgung<br />
von trans* Menschen<br />
aus? Das Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf<br />
hat gemeinsam mit<br />
23 Community-Organisationen eine<br />
Studie in 26 Sprachen durchgeführt,<br />
an der über 5.000 trans* Menschen<br />
aus 63 Ländern teilgenommen haben.<br />
Wir sprachen mit Studienleiter<br />
Andreas Köhler.<br />
Warum könnten trans* Menschen<br />
durch die Folgen der Corona-<br />
Pandemie besonders gefährdet sein?<br />
Trans* Menschen sind überall auf der<br />
Welt, nicht nur in Deutschland, einer<br />
Vielzahl von Diskriminierungen und<br />
Marginalisierungen ausgesetzt. Das fängt<br />
auf der staatlich-strukturellen Ebene an, wo<br />
beispielsweise bestimmte Gesetzgebungen<br />
die Änderung des Personenstandes und<br />
des Vornamens unnötig erschweren. In<br />
den USA oder Großbritannien sehen wir<br />
außerdem momentan beunruhigende<br />
Gesetzesinitiativen, die es z. B. trans*<br />
Jugendlichen zum Teil unmöglich machen<br />
würden, Zugang zu trans*-spezifischer<br />
medizinischer Versorgung zu bekommen.<br />
Hinzu kommen gesellschaftliche Stigmata<br />
und Diskriminierungsmechanismen. Abweichende<br />
Geschlechtsidentitäten werden<br />
von großen Teilen der Gesellschaft infrage<br />
gestellt oder gar pathologisiert, also als<br />
krankhaft verstanden. Infolgedessen sind<br />
trans* Menschen auch häufiger Opfer von<br />
verbaler und physischer Gewalt. Die Zahlen<br />
der Human Rights Campaign zur Hasskriminalität<br />
gegenüber trans* Menschen sind<br />
erschreckend. All diese Diskriminierungen<br />
und Einschränkungen können eine große<br />
gesundheitliche Belastung darstellen. So<br />
berichten trans* Menschen beispielsweise<br />
häufiger von Depressionen, Angstsymptomen<br />
und Suchterkrankungen.<br />
Wie sehen denn die Ergebnisse aus?<br />
Unsere Studie ergab, dass trans* Menschen<br />
in vielerlei Hinsicht Risikofaktoren<br />
mitbringen, die mit einer schweren COVID-<br />
19-Infektion einhergehen können. Das sind<br />
z. B. gesundheitliche Risikofaktoren wie<br />
Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Lungenerkrankungen,<br />
aber auch Risikoverhalten wie<br />
beispielsweise Rauchen. Darüber hinaus<br />
hat sich gezeigt, dass trans* Menschen<br />
beispielsweise aufgrund der Angst vor<br />
Diskriminierung durch Ärzt*innen häufiger<br />
keine Corona-Testungen in Anspruch<br />
nehmen. Für die Gesundheit von trans*<br />
Menschen kann dies ein großes Problem<br />
sein. Des Weiteren fanden wir heraus,<br />
dass der Zugang von trans* Menschen<br />
zur trans*-spezifischen Gesundheitsversorgung<br />
massiv eingeschränkt war. So<br />
wurden Operationen ohne Alternativtermin<br />
abgesagt. Der Zugang zu Hormonen<br />
war aus unterschiedlichen Gründen<br />
erschwert: Endokrinolog*innen, also<br />
„Hormonärzt*innen“, haben z. B. wegen<br />
der Pandemie zeitweise keine Termine<br />
mehr vergeben. Auch die psychosoziale<br />
Begleitbehandlung konnte aufgrund<br />
von Kontaktbeschränkungen oft nicht<br />
adäquat stattfinden. Das hat sich zum<br />
Glück mittlerweile jedoch etwas eingespielt<br />
und funktioniert besser, z. B. durch die<br />
Möglichkeit der Online-Konsultationen<br />
von Ärzt*innen. Hinzu kommt, dass der<br />
Zugang zu Unterstützungsangeboten der<br />
Community wie Selbsthilfegruppen zum<br />
Teil stark eingeschränkt war und ist.<br />
Was hat dich persönlich an den<br />
Ergebnissen am meisten überrascht?<br />
Leider haben wir nahezu das herausgefunden,<br />
was wir erwartet oder besser gesagt<br />
befürchtet haben, nämlich dass die COVID-<br />
19-Pandemie einen massiv negativen<br />
Einfluss auf die trans* Menschen hat und<br />
mit einer Vielzahl von Einschränkungen<br />
beim Zugang zur Gesundheitsversorgung<br />
einhergeht.<br />
Ich habe gesehen, dass ihr in<br />
euren Ergebnissen sehr viele<br />
Unterkategorien erfasst habt. Also<br />
dass ihr nicht nur trans* Frauen oder<br />
Männer, sondern auch nicht-binäre<br />
oder inter* Personen gefragt habt.<br />
Zusätzlich habt ihr nach vorhandenen<br />
Behinderungen oder chronischen
Krankheiten gefragt. Warum sind<br />
diese Unterscheidungen wichtig?<br />
Zuerst einmal ist es wichtig, nicht nur<br />
zwischen dem männlichen und weiblichen<br />
Geschlecht zu unterscheiden, weil dies<br />
nicht die gesellschaftliche Realität abbildet.<br />
Geschlechter, die sich dem exklusiven<br />
Mann-Frau-Schema widersetzen, sind<br />
eine gesellschaftliche Wirklichkeit, auch<br />
wenn es Menschen gibt, die diese nicht<br />
anerkennen wollen. Aus der Wissenschaft<br />
wissen wir, dass ungefähr 20 Prozent der<br />
Menschen, die sich als trans* identifizieren,<br />
sich auch als nicht-binär beschreiben.<br />
Das heißt, wenn wir dieses Fünftel der<br />
trans* Bevölkerung erfassen wollen, dann<br />
sollten wir ihnen auch den Raum geben,<br />
sich in unseren Studien wiederzufinden.<br />
Dabei ist es auch wichtig herauszufinden,<br />
ob ein nicht-binärer Mensch andere<br />
Anforderungen an das Gesundheitssystem<br />
stellt als eine binär identifizierte<br />
Person und damit möglicherweise<br />
während der COVID-19-Pandemie spezifische<br />
Belastungen erlebt. Dazu kommt,<br />
dass Aspekte wie race, Behinderung<br />
oder die Zugehörigkeit zu einer religiösen<br />
Gruppe Faktoren sind, die das Erleben der<br />
Einschränkungen, die mit der Corona-<br />
Pandemie einhergehen, beeinflussen<br />
können. Beispielsweise erlebt ein rassifizierter<br />
trans* Mensch sehr wahrscheinlich<br />
Mehrfachdiskriminierungen als trans*<br />
Mensch und als Person of Colour. Um<br />
zu klären, welche Rolle diese vielfältigen<br />
Aspekte, die einen Menschen ausmachen,<br />
für die Trans*-Gesundheitsversorgung<br />
in der Corona-Pandemie spielen, ist es<br />
wichtig, diese unterschiedlichen Aspekte<br />
auch zu erfragen.<br />
Ihr habt auch danach gefragt, ob<br />
die Person Sexarbeit nachgeht.<br />
Warum?<br />
Das ist ein guter Punkt. Eine Kollegin aus<br />
Belgien hat die Daten aus unserer Studie<br />
zu Sexarbeiter*innen ausgewertet. Es ist<br />
so, dass trans* Sexarbeiter*innen spezifische<br />
gesellschaftliche Herausforderungen<br />
erleben. Unsere Annahme war, dass trans*<br />
Sexworker*innen durch die Corona-Pandemie<br />
besonders betroffen sein könnten.<br />
Genau dies findet sich in unseren Ergebnissen<br />
wieder. In der Gesamtstichprobe<br />
nehmen z. B. ca. 20 Prozent der trans*<br />
Menschen aus Angst vor Diskriminierung<br />
keine Corona-bezogene Gesundheitsversorgung<br />
in Anspruch (also beispielsweise<br />
Testungen), unter den Sexarbeiter*innen<br />
waren es jedoch 45 Prozent. Trans*<br />
Sexarbeiter*innen waren zu fast<br />
30 Prozent nicht krankenversichert.<br />
Unter trans* Sexarbeiter*innen war die<br />
HIV-Rate zehnmal höher als unter den<br />
nicht-sexarbeitenden trans* Personen.<br />
Sie waren stärker von Herz-Kreislauf-<br />
Erkrankungen, Lungenerkrankungen und<br />
infektiologischen Erkrankungen belastet.<br />
Diese Ergebnisse, die bereits aus früheren<br />
wissenschaftlichen Arbeiten bekannt<br />
sind, stellen potenzielle Risikofaktoren für<br />
Diskriminierungserfahrungen und daraus<br />
folgende psychische Belastungen dar, die<br />
im Zuge der Corona-Pandemie nochmals<br />
verstärkt werden könnten.<br />
So richtig und wichtig, dass ihr diese<br />
Unterkategorie aufgemacht habt!<br />
Wie sieht die Finanzierung der Studie<br />
aus? Wer fördert das Projekt?<br />
Es gab leider keine spezifische Finanzierung<br />
für dieses Projekt, sodass wir die<br />
Studie zusätzlich zu unserer bisherigen<br />
Forschungsarbeit durchgeführt haben.<br />
Zur Klarstellung: Ihr habt das praktisch<br />
ehrenamtlich gemacht?!<br />
Für das Projekt an sich bekommen<br />
wir kein Geld. Wir sind aber in unterschiedlichen<br />
Anstellungsverhältnissen<br />
beschäftigt. Timo Nieder leitet am UKE<br />
eine Spezialambulanz, Joz Motmans ist<br />
Professor an der Uniklinik Gent in Belgien<br />
und ich arbeite wissenschaftlich am<br />
UKE. Ich werde über ein Stipendium der<br />
Claussen-Simon-Stiftung finanziert und<br />
die anderen beiden sind an ihren Kliniken<br />
fest angestellt. Als die Pandemie begann,<br />
haben wir dieses Projekt kurzfristig auf<br />
die Beine gestellt, da wir es aus den<br />
genannten Gründen sehr wichtig fanden,<br />
dass ein solches Projekt existiert.<br />
*Interview: Victoria Forkel<br />
www.transcarecovid-19.com<br />
Anm. d. Red.: Hier verwenden der Interviewpartner race<br />
statt ‚Rasse‘, da im englischen Sprachraum durch Wissenschaft<br />
und Aktivismus mittlerweile eine Umdeutung<br />
und kritische Aneignung des Begriffes stattgefunden<br />
hat. Sowohl Race als auch ‚Rasse‘ entstanden aus<br />
biologistischen Forschungen im Westen, die (vermeintliche)<br />
biologische Unterschiede als Begründung<br />
für Kolonialismus und Sklaverei nutzten. Race steht<br />
heute für die politischen und sozialen Folgen solcher<br />
rassistischen Einteilungen und hat sich so von seinem<br />
biologistischen Hintergrund gelöst. Da eine derart<br />
sozialkonstruktivistische Umdeutung des Begriffs<br />
‚Rasse‘ im deutschsprachigen Raum nie stattgefunden<br />
hat, verzichten wir auf dessen Verwendung.<br />
Alle 11 Minuten 1)<br />
verliebt sich ein<br />
Single mit<br />
1) Hochrechnung aus Nutzerbefragung 2016, Deutschland
24 SZENE<br />
TIPP<br />
Trans*fabel<br />
Ein Sammelplatz für moderne<br />
deutschsprachige Bücher zu<br />
geschlechtsdiversen Themen!<br />
Im Trans*fabel-Online-Shop<br />
kommen trans* Menschen<br />
als Helden, Freund*innen und<br />
Expert*innen in handausgewählten<br />
Büchern zu Wort.<br />
FOTO: EIGENES BILD ZUR VERFÜGUNG GESTELLT<br />
„Trans*fabel - Jenseits des<br />
2-Geschlechtersystems” ist<br />
ein junger Online-Shop für<br />
Bücher rund um die Themen<br />
Trans*- und Intergeschlechtlichkeit<br />
sowie nicht-binären<br />
Geschlechtsidentitäten, der<br />
2017 gegründet worden ist.<br />
Katja Anton Cornauer ist der<br />
Mensch hinter der Seite und<br />
selbst trans*. Cornauer wollte<br />
eigentlich nur ein Kinderbuch<br />
schreiben, um altersgerecht<br />
geschlechtsdiverse Themen<br />
zu behandeln. Doch bei der<br />
Recherche kam ihm die Idee<br />
die gefundenen Schätze<br />
in einem Online-Shop zu<br />
versammeln und anzubieten.<br />
Alle Bücher sind von ihm<br />
ausgesucht, so dass man sich<br />
der Qualität der Werke sicher<br />
sein kann. Mittlerweile werden<br />
über 300 Bücher angeboten,<br />
die von Kinderbüchern und<br />
Romanen bis Sachbüchern<br />
reichen. Zusätzlich lassen sich<br />
im Shop auch andere Kleinigkeiten<br />
wie Buttons, Schmuck<br />
oder Flaggen finden.<br />
www.transfabel.de<br />
FOTO: ANTON KATJA CRONAUER, PRIVAT UND AUTORISIERT<br />
Transition oder Detransition<br />
sind immer öfter in den Medien<br />
zu finden. Oft werden die beiden<br />
Begriffe mit Gefühlen wie Angst und<br />
Ekel in Verbindung gebracht. Durch<br />
neue Gesetze, die in den USA oder<br />
Großbritannien jüngst verabschiedet<br />
worden sind, sollen besonders Kinder<br />
von diesen anscheinend schlimmen<br />
Vorgängen beschützt werden. Es entsteht<br />
der Eindruck, dass trans* Menschen<br />
sich freiwillig Frankensteins<br />
Operationen unterziehen wollen. Wir<br />
möchten darüber reden, warum keines<br />
der Wörter Angst einflößen muss<br />
– weder cis noch trans* Menschen.<br />
WAS IST EINE TRANSITION?<br />
Transition kommt vom lateinischen Verb<br />
„transire”, was hinübergehen bedeutet.<br />
Im Kontext von trans* und nicht-binären<br />
Menschen wird oft von einer Transition<br />
gesprochen. Soziale oder medizinische<br />
Veränderungen, die mit der Annahme der<br />
eigenen Geschlechtsidentität einhergehen,<br />
können Teil einer Transition sein. Wie<br />
jemand konkret seine Transition begeht,<br />
was dazu gehört und wie lange es dauert,<br />
ist individuell. Für manche kann die stille<br />
eigene Akzeptanz oder das Kaufen eines<br />
Kleides eine Transition bedeuten, für andere<br />
die Entfernung der Brüste. Entgegen der<br />
medialen Darstellung ist es ein sehr fließender<br />
Prozess, der keinen richtigen Start- und<br />
Anfangspunkt besitzt. Die Auslebung des<br />
Geschlechts ist an die eigene Persönlichkeit<br />
und an die eigenen Lebensumstände<br />
gebunden. Genauso wie diese sich stetig in<br />
Bewegung befinden, verändern sich auch<br />
WISSEN<br />
Angstwort und Kampfbegriff:<br />
(DE-)TRANSITION<br />
Eli Kappo<br />
über das ganze Leben die Gefühle zur<br />
eigenen Geschlechtlichkeit. Egal ob bei cis<br />
oder trans* Menschen.<br />
DETRANSITION IST COOL – EIGENTLICH<br />
Detransionieren bedeuten Schritte, die eine<br />
Person in einer Transition unternommen hat,<br />
zu verändern, rückgängig zu machen oder<br />
in die Zukunft zu verschieben. Ein anderer<br />
Kleidungsstil oder Name kann ein Teil von<br />
einer Detransition bedeuten sowie die<br />
Absetzung von einer hormonellen Ersatztherapie.<br />
Ein solcher Vorgang sagt erst mal<br />
nichts über das eigene Geschlechtsempfinden<br />
aus. Jemand kann detransionieren<br />
und sich immer noch mit dem gleichen<br />
Geschlecht identifizieren. Gleichfalls<br />
kann mensch nicht ohne Weiteres auf ein<br />
Bereuen der vorherigen Entscheidungen<br />
geschlossen werden. Transition und Detransition<br />
sind für das Austesten und Finden<br />
der eigenen geschlechtlichen Bedürfnisse<br />
essenziell und somit zwei Seiten der<br />
gleichen Medaille.<br />
RECLAIMING VON DETRANSITION<br />
Eli Kappo ist eine detransionierte nichtbinäre<br />
Aktivistin. Sie nutzt den Begriff<br />
bewusst für ihre geschlechtliche Entwicklung,<br />
um ihn nicht weiter von trans* Feinden<br />
instrumentalisieren zu lassen. Diese nutzen<br />
gerne detransionierte Menschen, um gegen<br />
trans* Menschen zu hetzen. Für Kappo war<br />
die Transition von einer binären Identität zu<br />
einer anderen und schließlich die Detransition<br />
zu einem nicht-binären Geschlecht<br />
wichtige Schritte in ihrer Selbstannahme.<br />
Heute empfindet sie sich als Frau, die ihre<br />
männliche Identität behalten konnte. Auf<br />
ihrem Blog „she’s in detransition” erzählt sie<br />
von ihrem Leben. *vf
KINDERBUCH<br />
Wann ist der<br />
richtige Zeitpunkt?<br />
SZENE 25<br />
Das „Problem“ für viele Eltern<br />
ist, dass sie einfach nicht<br />
wissen, wann der richtige<br />
Zeitpunkt denn nun ist, mit<br />
den lieben Kleinen über Trans*- und<br />
Homosexualität zu sprechen. Wer Glück<br />
hat, der hat ein homosexuelles oder<br />
trans* Familienmitglied und kann anhand<br />
von Beispielen und ohne das Thema Sex<br />
anzutasten, über andere Lebensformen<br />
sprechen.<br />
Wer diesen Segen nicht erfahren hat, dem<br />
kann dieses Buch helfen, den Kindern zu<br />
zeigen, dass es nicht nur Mann und Frau<br />
gibt. Yannick-Maria Reimers Buch „Das<br />
Geheimnis hinter dem Regenbogen“ sei ein<br />
„buntes Mutmach-Buch für alle Regenbogen-Menschen“.<br />
Sprich: Ein Buch, das nicht<br />
mit Sex erschreckt, sondern aufzeigt, dass<br />
Vielfalt zur Welt und Gesellschaft gehört,<br />
dass nichts besser oder schlechter ist.<br />
Erzählt wird von Maxie und anderen<br />
elfenähnlichen Wesen, die hinter dem<br />
Regenbogen leben – in verschiedenen<br />
Farben und Formen, sie denken und<br />
fühlen unterschiedlich. Doch Maxie fühlt<br />
sich in keiner der Farben dort wohl. Also<br />
entschließt Maxie (bisher blau), einfach mal<br />
eine andere Farbe zu wählen: Gelb. Doch<br />
als die Farben sich vermischen wird Maxie<br />
grün. Das war so nicht gewollt. Und jetzt<br />
soll noch das eigene Verhalten geändert<br />
werden! Maxi wird traurig, denn es gibt<br />
nichts, wo Maxie dazugehört. Gut, dass<br />
die weise Farbe Orange einen Rat hat (im<br />
Buch optisch an eine liebenswerte Oma<br />
erinnernd gemalt).<br />
Farbenfroh umgesetzt, kluge Gedanken<br />
schnell verständlich verarbeitet. Ein Buch,<br />
das man verschenken kann (und fast<br />
sollte). Ein Buch, das helfen wird. *rä<br />
www.alibri.de
26 SZENE<br />
OTO: INSTAGRAM<br />
WISSEN<br />
Dani Coyle ist eine intersexuelle Aktivist*in, die auch trans* ist.<br />
Wie wahrscheinlich<br />
bist du trans*?<br />
Zwei Gruppen sind besonders<br />
oft trans* und/oder<br />
nicht-binär: inter oder autistische<br />
Personen. Die Wahrscheinlichkeit<br />
unter ihnen geschlechtsdivers<br />
zu sein, ist bei beiden Gruppen<br />
stark erhöht. Mit mehr Forschung<br />
können zukünftig sicherlich weitere<br />
Überschneidungen gefunden<br />
werden.<br />
INTER UND TRANS* SIND ZWEI SCHUH’,<br />
DOCH VIELE TRAGEN BEIDE<br />
Intersexualität beschreibt den Körper und<br />
Trans*geschlechtlichkeit das Geschlecht<br />
eines Menschen. Dieser Unterschied<br />
ist für viele schwer begreifbar. Wir<br />
erinnern uns an die schändlichen<br />
Bemerkungen von Annegret Kramp-<br />
Karrenbauer zum Karneval 2019. Ihr<br />
„Witz“ machte sich über die Transition<br />
von trans* Menschen lustig, doch wurden<br />
Kramp-Karrenbauers Kommentare<br />
hauptsächlich unter Interfeindlichkeit in<br />
der Öffentlichkeit diskutiert. So falsch ein<br />
Zusammenwerfen dieser beiden Eigenschaften<br />
ist, so wäre eine komplette<br />
Trennung der Communitys falsch: Neun<br />
Prozent von intersexuellen Menschen<br />
sich auch trans*geschlechtlich. Diese<br />
Ergebnisse wurden in einer Studie der<br />
Berliner Charité und einem schwedischen<br />
und niederländischen Institut gefunden,<br />
die 2018 veröffentlicht wurde. Ein Grund<br />
für diese hohe Zahl ist sicherlich, dass<br />
trans* Menschen die einzige Gruppe der<br />
Bevölkerung sind, die häufig während<br />
einer medizinischen Transition auf<br />
Intersexualität getestet werden. Viele<br />
Bereiche einer Diagnose der Variante<br />
der Geschlechtsentwicklung (Fachwort<br />
für Intersexualität) sind mit dem bloßen<br />
Auge nicht erkennbar. Aus diesem Grund<br />
wissen viele Menschen nichts über ihre<br />
Intersexualität. Ein weiterer Grund kann<br />
in den körperlichen Entwicklungen von<br />
inter Menschen stecken: In unserer<br />
Gesellschaft wird das Geschlecht so sehr<br />
mit einem bestimmten Körperform in<br />
Verbindung gebracht, dass körperliche<br />
Abweichungen ebenso Einfluss auf die<br />
eigene Geschlechtlichkeit nehmen.<br />
GESCHLECHT IST KEIN HIRNGESPINST,<br />
DOCH ES SPIELT SICH AUCH IM KOPF AB<br />
Autistische Menschen erleben sich und<br />
ihre Umwelt anders als neurotypische<br />
Menschen. Nicht verwunderlich, dass<br />
auch ihr Verständnis von Körpern und<br />
Geschlechtern von der Mehrheitsgesellschaft<br />
abweicht. In einer 2020<br />
erschienen britischen Studie wurden über<br />
600.000 Menschen zu diesem Thema<br />
befragt. Damit ist es bis heute die größte<br />
Studie, die eine Überlappung zwischen<br />
autistischen und geschlechtsdiversen<br />
Menschen beforscht. Unter den Befragten<br />
identifizierten sich 36 Prozent der trans*<br />
und/oder nicht-binäre Personen als<br />
autistisch, im Gegensatz zu 16 Prozent der<br />
cis Männer und 14 Prozent der cis Frauen.<br />
Die Zahlen spiegeln den Umstand wider,<br />
dass viele Beschreibungen, was einen<br />
Mann oder eine Frau ausmacht, nur für<br />
neurotypische Menschen Sinn ergeben.<br />
Autistische Personen schütteln bei<br />
vielen vermeintlich geschlechtsbasierten<br />
Verhalten den Kopf und finden sich häufig<br />
in den typischen Geschlechterrollen und<br />
-Erwartungen nicht wieder. *vf
28 NORDDEUTSCHLAND<br />
FOTOS: SENATSPRESSESTELLE<br />
Bürgermeister Dr. Andreas Bovenschulte<br />
BREMEN<br />
Finanzsenator Dietmar Strehl<br />
#POSITIVARBEITEN:<br />
Grundsätzlich diskriminierungsfrei<br />
Eine HIV-Infektion ist für das<br />
Arbeitsleben irrelevant. Dank<br />
entsprechender Medikamente können<br />
Menschen mit HIV leben und arbeiten wie<br />
alle anderen ohne HIV. Im Alltag besteht<br />
kein Übertragungsrisiko. Menschen mit<br />
HIV erleben dennoch Diskriminierung. Die<br />
Stadt Bremen will das in Zukunft als Arbeitgeberin<br />
und Dienstherrin verhindern.<br />
Mit der am 21. April von Bürgermeister Dr.<br />
Andreas Bovenschulte und Finanzsenator<br />
Dietmar Strehl unterzeichneten Deklaration<br />
#positivarbeiten verpflichtet sich die<br />
Freie Hansestadt Bremen als Arbeitgeberin<br />
und Dienstherrin, Diskriminierung im<br />
Umgang mit HIV-positiven Beschäftigten<br />
entgegenzutreten.<br />
Bürgermeister Dr. Andreas Bovenschulte:<br />
„Bremen ist eine liberale, weltoffene Stadt.<br />
Mit dieser Deklaration verpflichten sich die<br />
Unterzeichnenden, jeglicher Diskriminierung<br />
von HIV-positiven Beschäftigten aktiv<br />
entgegenzutreten. Wir wollen damit das<br />
eindeutige Zeichen setzen, dass wir Diskriminierung<br />
jeglicher Art am Arbeitsplatz<br />
nicht dulden werden."<br />
Die Erklärung unterstreicht die Achtung<br />
der Rechte der HIV-positiven Beschäftigten<br />
(z. B. der Verzicht auf HIV-Tests im<br />
Rahmen von betrieblichen medizinischen<br />
Untersuchungen) sowie das Bekenntnis<br />
zur gelebten Vielfalt und Inklusion. Zur<br />
Zeichnung der Deklaration kamen Arno<br />
Oevermann und Christiane Kaufmann<br />
vom Rat&Tat–Zentrum für queeres Leben<br />
ins Rathaus. Oevermann zeigte sich<br />
erfreut über das Engagement der Freien<br />
Hansestadt Bremen:<br />
„Neben der Freude über die gleiche<br />
Haltung und Einstellung unserem<br />
Anliegen gegenüber ist die Signalwirkung<br />
von besonderer Bedeutung. Viele<br />
Arbeitgeber*innen orientieren sich an<br />
dem guten Beispiel der Stadt Bremen.<br />
Das wird dem Anliegen guttun und ist<br />
ein toller Push für unser Projekt," so<br />
Oevermann. Das Zentrum mit Sitz in<br />
Bremen ist als Mitglied der Deutschen<br />
Aidshilfe Beratungs- und Anlaufstelle<br />
bei allen Fragen zur sexuellen und<br />
geschlechtlichen Orientierung, bei HIV<br />
und AIDS.<br />
Die Unterzeichnung der Deklaration<br />
soll Betroffenen helfen, sich in ihrem<br />
Arbeitsalltag angstfreier zu bewegen.<br />
Zudem soll sie die Sichtbarkeit und<br />
Offenheit gegenüber dem Thema HIV<br />
und den Menschen mit HIV unterstützen:<br />
Auch in Corona-Zeiten ist HIV<br />
gegenwärtig.<br />
HINTERGRUND<br />
#positivarbeiten wurde in Deutschland<br />
von der Deutschen Aidshilfe gemeinsam<br />
mit IBM und SAP entwickelt. Aktuell gibt<br />
es über 120 Unterzeichnende in Deutschland.<br />
Die Freie Hansestadt Bremen ist<br />
nach Radio Bremen und der Bremer<br />
Straßenbahn die dritte Arbeitgeberin in<br />
Bremen, die die Deklaration unterzeichnet<br />
hat.<br />
www.aidshilfe.de/positivarbeiten
AUSSTELLUNG<br />
Sexualitäten und<br />
Geschlechter im Spiegel<br />
GESUNDHEIT<br />
IN HAMBURG<br />
Vielfalt wird im Alltag oft auf die jeweilige Herkunft (Migrationshintergrund)<br />
oder körperliche Merkmale reduziert.<br />
Die Vielfalt der Haltungen zu Sexualität und Geschlecht<br />
wird dagegen oft thematisiert, wenn Kulturkreise gegeneinander<br />
abgrenzt werden sollen. Im „Westen“ erst in den<br />
letzten 150 Jahren entstandene Begriffe und Identitäten<br />
werden zum Fortschritt erklärt, alternative Vorstellungen<br />
werden nicht wahrgenommen oder vermittelt.<br />
Mit der Ausstellung „Sexualitäten und Geschlechter<br />
im Spiegel“ (SuGiS) will der Verein Niedersächsischer<br />
Bildungsinitiativen (VNB) hier ansetzen. SuGiS zeigt, wie<br />
unterschiedlich und auch wertschätzend der Umgang mit<br />
der Vielfalt bei Sexualität und Geschlecht in anderen Kulturkreisen<br />
war und ist. Gezeigt wird aber auch der Wandel<br />
in unserer eigenen Kultur, in der bis vor fünfzig Jahren Sex<br />
unter Männern vom Staatsanwalt verfolgt wurde.<br />
Die Ausstellung umfasst 11 Rollups, die jeweils auf der<br />
Vorder- und Rückseite eine Facette der sexuellen und<br />
geschlechtlichen Vielfalt aufgreifen. Insgesamt werden<br />
so 21 Themen und ein Einleitungstext präsentiert. Dazu<br />
gibt es weitere Themen und vertiefende Informationen,<br />
die auf der Internetseite des Projekts aufrufbar sind. Dazu<br />
bietet der VNB an, zur Ausstellung passende Vorträge und<br />
Führungen zu organisieren. In Planung ist derzeit, die Ausstellung<br />
u.a. Wolfsburg, Göttingen, Oldenburg, Osnabrück<br />
und Hannover zu zeigen. Zielgruppe sind sowohl Menschen<br />
mit Migrationserfahrung als auch die queere Community.<br />
Gefördert werden sollen Neugier auf und Wertschätzung<br />
der Vielfalt, die bei uns zum Alltag geworden ist - sei es<br />
durch die Zuwanderung von Menschen oder die Entfaltung<br />
der sexuellen und geschlechtlichen Vielfalt in den letzten<br />
30 Jahren.<br />
Initiator und Träger des Projekts „SuGiS - Sexualitäten<br />
und Geschlechter im Spiegel“ ist der VNB, eine vom<br />
Land Niedersachsen finanzierte Landeseinrichtung der<br />
Erwachsenenbildung, die in ganz Niedersachsen zusammen<br />
mit 200 Mitgliedern und Kooperationspartner*innen in der<br />
politischen Bildung tätig ist. Ermöglicht wurde das Projekt<br />
durch eine Förderung des Nds. Sozialministeriums, die auch<br />
die Kosten für Präsentationen bis Februar 2022 abdeckt.<br />
Wer die Ausstellung in seine Stadt holen will, wendet sich<br />
an sugis@vnb.de. Weitere Informationen gibt es unter<br />
www.sugis.info.<br />
ÄRZTE<br />
■ Andreas Britz,<br />
Dr. med.Praxisklinik am Rothenbaum,<br />
Privatpraxis, Haut- und Geschlechtskrankheiten,<br />
Lasertherapie, Kosm.-<br />
ästhet. Behandlungen, Allergologie,<br />
Heimhuder Str. 38, & 44809812,<br />
www.dr-britz.de<br />
■ Dammtorpraxis, Dr. Linnig,<br />
Allgemeinmedizin, Reise-Medizin,<br />
HIV, Hepatitis, STD,<br />
Damnmtorstr. 27, & 35715638,<br />
www.dammtorpraxis.de<br />
■ ICH Grindel,<br />
Dr. med. Thomas Buhk,<br />
Dr. med. Stefan Fenske,<br />
Prof. Dr. med. Hans-Jürgen<br />
Stellbrink,<br />
All gemeine und Innere Medizin,<br />
HIV, Hepatitis, STD,<br />
Grindelallee 35, & 4132 420,<br />
www.ich-hamburg.de<br />
■ ICH Stadtmitte,<br />
Dr. med. Axel Adam,<br />
Stefan Hansen,<br />
PD Dr. med. Christian Hofmann,<br />
Dr. med. Michael Sabranski,<br />
Dr. med. Carl Knud Schewe,<br />
Allgemeine und Innere Medizin,<br />
HIV, Hepatitis, STD,<br />
Glockengießerwall 1,<br />
& 28004200,<br />
www.ich-hamburg.de<br />
■ Medizinisches Versorgungszentrum<br />
Hamburg,<br />
Prof. Andreas Plettenberg,<br />
Dr. Albrecht Stoehr,<br />
Prof. Jörg Petersen,<br />
Dr. Peter Buggisch,<br />
HIV, Hepatitis, STD, Infek tiologie,<br />
Lohmühlenstr. 5, Am AK St. Georg<br />
Haus L, & 28407600,<br />
www.ifi-medizin.de<br />
■ Urologische Praxis<br />
Oliver Neubauer,<br />
Facharzt für Urologie,<br />
Herthastr. 12, & 64224500,<br />
www.urologe-hamburg.com<br />
■ Schwerpunktpraxis<br />
Nerven-Psyche,<br />
Dr. med. Hans Ramm,<br />
Dr. med. Andrea Oster,<br />
Neurologie, Psychiatrie,<br />
Psychotherapie,<br />
Kreuzweg 7, & 245464,<br />
www.nervenarzt-hh.de<br />
■ Ambulanzzentrum des UKE,<br />
Bereich Infektiologie:<br />
Dr. med. Olaf Degen,<br />
Dr. med. Anja Hüfner,<br />
Dr. med. Sabine Jordan,<br />
Dr. med. Guido Schäfer,<br />
Dr. med. Stefan Schmiedel,<br />
Fachärzte für Innere Medizin, Allgemeinmedizin,<br />
HIV, Hepatitis, STD,<br />
Spezialsprechstunde PrEP, Impfungen,<br />
Infektions- & Tropenkrankheiten,<br />
Universitätsklinikum Hamburg-<br />
Eppendorf, Martinistr. 52,<br />
& 741052831, infektionen@uke.de,<br />
www.uke-infektionen.de<br />
ukeprep.de<br />
■ Josef Stuch,Dr.<br />
All gemeinmedizin,<br />
Ida-Ehre-Platz 12, & 37510060<br />
■ Dr. med. Martin Eichenlaub,<br />
Facharzt für Neurologie,<br />
Nervenheilkunde, Psychiatrie u.<br />
Psychotherapie,<br />
Elbgaustr. 112., & 841084,<br />
www.nervenarzt-eichenlaub.de<br />
■ Dr. Roy Heller,<br />
Facharzt für Innere und Allgemeinmedizin,<br />
Suchtmedizin, Psychotherapie,<br />
HIV, Hepatitis, STD, <strong>Juli</strong>usstr. 36,<br />
& 4300890<br />
■ Dr. med. Welf Prager & Partner,<br />
Dermatologie,<br />
ästhetische Dermatologie,<br />
operative Dermatologie,<br />
Allergologie, Phlebologie,<br />
Lasermedizin,<br />
Hemmingstedter Weg 168,<br />
& 040 81 991 991<br />
www.derma-hamburg.de<br />
ZAHNÄRZTE<br />
■ Martin Schuh,<br />
Eidelstedter Platz 6a, & 5709385,<br />
www.zahnaerzte-eidelstedt.de<br />
■ Zahnarztpraxis Rainer Witt,<br />
Holsteiner Chausee 267, & 55505962,<br />
www.zahnaerzte-schnelsen.de<br />
COACHING<br />
■ Markus Bundschuh,<br />
Gestalttherapeut-Psychotherapie<br />
(HPG), Müggenkampstr. 29,<br />
& (0179) 5270700,<br />
www.therapie.de/psychotherapie/<br />
bundschuh<br />
■ Ruthemann Coaching,<br />
Heilpraktiker f. Psychotherapie,<br />
Professor-Brix-Weg 4, & 31171492,<br />
www.ruthemann-coaching.de<br />
■ Dipl Päd. Volkmar Suhr,<br />
Systemischer Berater&Therapuet<br />
DSGF, Neue Str. 24, 22942 Bargteheide,<br />
& 04532-2045500,<br />
www.familyspirits.de<br />
APOTHEKEN<br />
■ Apotheke am H auptbahnhof,<br />
Steindamm 2, Ecke Adenauerallee,<br />
& 241241<br />
■ Apotheke Zum Ritter St. Georg,<br />
Lange Reihe 39, & 245044<br />
■ Epes Apotheke,<br />
Lange Reihe 58, & 245664<br />
■ Engel Apotheke,<br />
Steindamm 32, 20099 Hamburg,<br />
& 245350, info@engelapotheke.net<br />
PSYCHOTHERAPIE<br />
■ Markus Bundschuh,<br />
Gestalttherapeut-Psychotherapie<br />
(HPG), Müggenkampstr. 29,<br />
& (0179) 5270700,<br />
www.therapie .de/psychotherapie/<br />
bundschuh<br />
■ Christian Perro, Dr. med.,<br />
Psychiatrie, Eppendorfer Landstr. 37,<br />
& 464554<br />
■ Kurt Strobeck,<br />
Dr. med. Facharzt Psychiatrie und<br />
Psychotherapie, Ferdinandstr. 35,<br />
& 32527214<br />
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30 ADVERTORIAL<br />
NACHGEFRAGT<br />
Axel Springer queerseite_<br />
Wir trafen Nele Fritsche von<br />
Diversity & Inclusion und<br />
Simon Durchholz, Philipp Kaste und<br />
Daniel Schulmann von queerseite_<br />
im Axel-Springer-Neubau in Berlin.<br />
Simon, wie bist du zum Netzwerk Axel<br />
Springer queerseite_ gekommen?<br />
Simon: Ich hatte bei meinem früheren<br />
Arbeitgeber mit einer homophoben Kollegin<br />
zu tun. Danach habe ich mir überlegt,<br />
was mir zukünftig im Arbeitsumfeld wichtig<br />
ist. Ein Punkt für mich ist: klare Stellung<br />
zu LGBT+. Dabei bin ich auf queerseite_<br />
gestoßen. Da war mir schnell klar, dass ich<br />
zu Axel Springer will. Und so bin ich seit<br />
meinem ersten Arbeitstag nun Mitglied der<br />
queerseite_.<br />
Wie war dein Start dort, wie engagierst<br />
du dich bei der queerseite_?<br />
Simon: Generell gibt es große Akzeptanz<br />
im Konzern. Viele Kolleg*innen im Haus<br />
unterstützen die queerseite_. Nach außen<br />
ist es noch etwas anders. Wir haben auf<br />
unseren Social Media Channels auch mit<br />
Homophobie zu kämpfen. Aber größtenteils<br />
ist das Feedback positiv.<br />
Was sind die Ziele des Netzwerkes?<br />
Daniel: Zum einen geht es um Vernetzung,<br />
intern im Konzern, aber auch extern<br />
mit anderen Netzwerken. Wir bieten<br />
Plattformen zum Treffen und Austausch<br />
an. Zum anderen wollen wir füreinander<br />
über Firmengrenzen hinaus einstehen und<br />
aufklären.<br />
Nele, was machst du genau bei<br />
Diversity & Inclusion?<br />
Nele: Ich bin zuständig für alle 16.000<br />
Mitarbeiter*innen über alle Länder und<br />
Brands hinweg. Wir arbeiten an der Vision,<br />
dass alle Menschen zu uns kommen<br />
können und alle Mitarbeitenden sich<br />
wohlfühlen, sich zugehörig fühlen und<br />
ihr ganzes Potenzial am Arbeitsplatz<br />
entfalten können.<br />
Es ist dir also ein persönliches<br />
Anliegen, dich in dieser Abteilung<br />
zu engagieren?<br />
Nele: Ja, absolut. Ich bin einhundertprozentig<br />
davon überzeugt, dass alle<br />
Menschen ein Recht darauf haben, sie<br />
selbst zu sein. Es ist schön, das aktiv<br />
mitzugestalten. Ich verstehe mich als<br />
LGBTIQ+ Supporter!HR Philipp: Ja, seit<br />
dem ersten Tag, also seit Gründung<br />
2014. Wir und das Anliegen wurden mit<br />
offenen Armen empfangen. Unser CEO<br />
Mathias Döpfner unterstützt die Gruppe<br />
persönlich.<br />
Ihr seid auch in Ländern mit weniger<br />
LGBTIQ*-freundlichen Gesetzen<br />
aktiv. Wie unterstützt ihr die queeren<br />
Netzwerke in diesen Ländern?<br />
Philipp: Wir sind als Medien- und Tech-<br />
Unternehmen beispielsweise auch in<br />
Polen und Brasilien aktiv. Gemeinsam mit<br />
dem Diversity & Inclusion Team machen<br />
wir unsere Kolleg*innen weltweit sichtbar,<br />
aktivieren Gruppen vor Ort und planen mit<br />
ihnen verschiedene Aktionen wie die Safe<br />
Zones.<br />
Was versteht ihr unter den Safe<br />
Zones?<br />
Philipp: Es bedeutet, alle Menschen<br />
bekommen Schutz – rechtlich und inhaltlich.<br />
Ein Aufkleber am Eingang ist ein erster<br />
Hinweis. Global wollen wir alle bei Axel<br />
Springer aufrufen, unsere Büros für queere<br />
Menschen zu Safe Zones zu erklären.<br />
Wie geht ihr mit Hass von außen,<br />
auch von Kunden, um?<br />
Philipp: Im Geschäftskundenbereich erleben<br />
wir wenig Hass. Im Customer-Bereich<br />
bilden wir mit unseren Medien die gesamte<br />
Gesellschaft jedoch ab. Hier lösen wir<br />
den Umgang mit Hass intern durch einen<br />
„News-Crawler“, der Nachrichten nach<br />
queeren Gesichtspunkten durchsucht<br />
und analysiert. Die Redaktionen sind<br />
queer-offen.<br />
Was sind deine Wünsche für die<br />
Zukunft?<br />
Simon: Dass wir als Netzwerk nicht mehr<br />
gebraucht werden. Wenn irgendwann alle<br />
Mitarbeiter*innen in den Unternehmen<br />
gleichgestellt sind.<br />
*Interview: Ulli Pridat
DHL hisst<br />
Regenbogen<br />
31<br />
Bunt, groß und außergewöhnlich<br />
ist der Auftrag, der bei der<br />
Wuppertaler Firma Fahnen<br />
Herold hereingeflattert ist: 750<br />
Regenbogenfahnen sind in den Produktionshallen<br />
angefertigt worden. Auftraggeber<br />
war der Logistikkonzern Deutsche Post<br />
DHL, der damit ein starkes Zeichen rund um<br />
die Themen Diversität und Akzeptanz setzt.<br />
Die Regenbogenfahnen wurden am<br />
17. Mai, dem „Internationalen Tag gegen<br />
Homo-, Bi-, Inter- und Transphobie“ an<br />
zahlreichen Betriebsstätten der Deutschen<br />
Post in der gesamten Bundesrepublik<br />
gehisst. „Wir setzen ein starkes Zeichen<br />
für Diversität. Mir ist kein Unternehmen in<br />
Deutschland bekannt, das je eine Diversity-<br />
Aktion in solch einer Größenordnung<br />
umgesetzt hat“, sagt Initiator Peter<br />
Steinhoff von der Deutschen Post.<br />
Das unternehmensinterne Netzwerk RainbowNet<br />
wurde 2008 für LGBTI-Beschäftigte<br />
gegründet. Es soll dazu beitragen, dass<br />
alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter<br />
ungeachtet ihrer sexuellen Orientierung und<br />
geschlechtlichen Identität unbelastet ihrer<br />
Arbeit nachgehen können, um einen Raum<br />
für Erfahrungsaustausch zu ermöglichen.<br />
Das Netzwerk, das nicht nur in Europa,<br />
sondern auch in Asien, Südamerika und den<br />
USA Mitglieder hat, unterstützt Beschäftigte<br />
und Führungskräfte in beratender Funktion.<br />
Der Konzern vereint Menschen aus einer<br />
Vielzahl von Kulturkreisen und kulturellen<br />
Hintergründen. Dies spiegelt sich auch im<br />
Motto des Diversity-Managements wider:<br />
„Alle verschieden - gemeinsam erfolgreich“.<br />
Der Konzern bekennt sich darüber hinaus<br />
ausdrücklich zu Chancengleichheit, was<br />
im Verhaltenskodex sowie in der konzerneigenen<br />
Erklärung zu Vielfalt und Inklusion<br />
hervorgehoben wird. Deutsche Post DHL<br />
Group feiert seit mehreren Jahren im Monat<br />
Mai eine gesamte Diversity Week.<br />
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Fahnen geschrieben. Die Liebe zum Holz und zum Design beginnt<br />
daher mit nachhaltig bewirtschaftetem Wald in Europa<br />
und der sorgfältigen und achtsamen Verarbeitung.<br />
SIDEKICK<br />
Du suchst einen vielseitig<br />
verwendbaren Beistelltisch,<br />
der dich von Raum zu Raum<br />
begleitet? Dann hol dir den den<br />
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stehend als Couchtisch oder<br />
aufrecht stehend als Beistelltisch<br />
im Wohnzimmer oder als<br />
Frühstückstablett am Sonntag<br />
Morgen neben deinem Bett.<br />
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HYGIENE IM AUTO<br />
Wer sich ein Auto mietet, achtet gerade in Corona-Zeiten<br />
besonders auf Hygiene und Sauberkeit. Der Autovermieter<br />
Starcar versiegelt den Innenraum seiner Fahrzeuge jetzt<br />
mit einem neuen Schutzmittel und bewirkt damit bakterien-<br />
und virenfreie Kontaktflächen. Die Fahrzeuge werden<br />
wie gewohnt innengereinigt, das zusätzliche Desinfizieren<br />
ist aber nicht mehr notwendig. Der spezielle Schutz "That's<br />
it" von der Nation-E Innovation soll ungefähr ein Jahr<br />
wirken. Im Ergebnis werden mit dem Mittel Viren wie die<br />
Erreger von Covid-19, Influenza, Masern oder Hepatitis<br />
sowie auch einige Bakterien<br />
unschädlich gemacht. Das<br />
Schutzmittel wird mit<br />
einem Putztuch aufgetragen.<br />
So wird durch<br />
wenige Handgriffe der<br />
Fahrzeuginnenraum<br />
geschützt.
Gemeinsam produzieren wir<br />
Gartenträume.<br />
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34 DESIGN<br />
TIPP<br />
WAND UND RAUM<br />
italienisch<br />
DIE WÄSCHEREI hat unsere Nachfrage nach<br />
ein paar schönen Tipps fürs Neueinrichten der<br />
Wohn- und Schlafzimmer mit einem tollen<br />
Italien-Paket beantwortet, das wir euch hier<br />
aufschnüren:<br />
Ein bisschen Wanddesign? Gerne: Die neuen<br />
Motive von Wallpepper aus Italien versprühen<br />
traumhaften mediterranen Flair und bringen<br />
Wohn- oder Schlafzimmer auf ein neues<br />
Designlevel. Die Tapeten sind absolute Premiumqualität<br />
und werden auf die jeweilige Wand<br />
zentimetergenau angepasst/maßgeschneidert.<br />
Dazu passen vor allem Möbelstücke in dezenten<br />
Farben oder Naturtönen, wie das Sofa Etienne<br />
in Cremeweiß, die gemütliche Liegewiese<br />
mit hohem Eleganz-Faktor. Der Bettrahmen<br />
Kuno stammt ebenfalls aus Italien, allerdings<br />
aus der Designerschmiede von Presotto. Die<br />
Kopfpolster sind wundervoll weich und machen<br />
das Kopfkissen beinahe überflüssig. Wenn<br />
schon nicht Urlaub in Italien, dann wenigstens<br />
italienisches Design zuhause! Ab in die City Nord<br />
zur Wäscherei!<br />
www.die-waescherei.de
DESIGN<br />
BESTES AUS<br />
ARCHITEKTUR<br />
JAPAN<br />
Der japanische Architekt Shigeru Ban ist ein Paradebeispiel dafür, dass man niemals<br />
nur an die unmittelbaren Tätigkeiten des eigenen Berufs gebunden ist. Er hat bewiesen:<br />
Der Blick über den professionellen Tellerrand kann die Karriere sogar vorantreiben.<br />
Seine humanitären Bemühungen auf internationalem Boden haben ihm nicht nur den Ruf<br />
eines engagierten Philanthropen eingebracht, sondern auch den wichtigsten Preis der<br />
Architekturszene.<br />
Shigeru Ban wurde 1957 in Tokio geboren. Er studierte am<br />
Southern California Institute of Architecture in Los Angeles<br />
und später an der Cooper Union’s School of Architecture in<br />
New York. Das Resultat sowohl japanischer als auch westlicher<br />
Stileinflüsse lässt sich heute gut an Bans Arbeiten ablesen.<br />
Bekannt wurde er aber vor allem durch den Einsatz von Papier<br />
und Pappe als Baumaterial. Papier wird aus nachwachsenden<br />
Rohstoffen hergestellt und kann vollständig recycelt werden.<br />
Ban wird deshalb auch zu den Vertretern des sogenannten<br />
Ökologischen Bauens gezählt. So schuf er 2013 eine Kirche<br />
in Neuseeland, die teilweise aus Karton besteht, und zeichnete<br />
bereits im Jahr 2000 für den japanischen Pavillon auf<br />
der Expo in Hannover verantwortlich, für das vornehmlich<br />
die Ban-typischen Pappröhren verwendet wurden. Seit 1995<br />
setzt er sich außerdem für die Katastrophenhilfe ein, für die er<br />
ein eigenes Netzwerk von Architekten (Voluntary Architects’<br />
Network) gründete. Mithilfe von simplen Materialien wie Papier,<br />
Pappe, Bierkästen oder Sandsäcken hat Ban Notunterkünfte<br />
in der ganzen Welt geschaffen, die schnell auf- und abzubauen<br />
sind. Für seine Aktivitäten als Architekt und Wohltäter erhielt<br />
er 2014 den Pritzker Architecture Prize. Der TASCHEN Verlag<br />
hat Shigeru Ban ein Sammelwerk seiner wichtigsten Arbeiten<br />
gewidmet. *fj<br />
www.shigerubanarchitects.com / www.taschen.com<br />
„Shigeru Ban. Das vollständige Werk 1985 – 2015“, Philip<br />
Jodidio, Hardcover, 22,8 x 28,9 cm, 2,90 kg, 568 Seiten
ARCHITEKTUR<br />
THE YORK<br />
DESIGN<br />
HOUSE<br />
Architekt Alex Nerovnya erlangte dank dem ungewöhnlichen Einsatz von Glas und dem Spiel mit<br />
geometrischen Formen Bekanntheit über die Grenzen seiner russischen Heimat hinaus. Das im letzten Jahr<br />
von ihm konzipierte York House verbindet seine beiden großen Stärken auf ungewöhnliche Weise.<br />
Eigentlich könnte das York<br />
House ein ganz normales<br />
Ferienhaus in irgendeinem<br />
Tannenwald in Nordosteuropa<br />
oder Kanada sein, wenn es nicht<br />
mit einer Front daherkäme, die<br />
anmutet, als hätte jemand das<br />
Gebäude in der Mitte schlichtweg<br />
durchgeschnitten und die<br />
andere Hälfte weggeworfen.<br />
Darüber hinaus hat Alex Nerovnya<br />
die klassische Form des<br />
Spitzdachhauses leicht entrückt<br />
und die links und rechts vom<br />
Mittelblock verlaufenden Seiten<br />
einige Meter versetzt angelegt.<br />
Das ausgefallene Design soll<br />
zum einen die Interaktion mit<br />
der natürlichen Umgebung<br />
intensivieren und das Gefühl<br />
aufkommen lassen, Innen- und<br />
Außenbereiche würden verschwimmen.<br />
Zum anderen will<br />
Nerovnyas Entwurf einer bereits<br />
unzähligen Male verwendeten<br />
Form einen modernen Anstrich<br />
verleihen. Insgesamt sollen auf<br />
200 Quadratmetern bis zu acht<br />
Personen in vier Schlafzimmern<br />
Platz haben. *fj<br />
en.alex-nerovnya.com
REISE<br />
SPARTACUS CRUISE<br />
die einzige deutschsprachige<br />
Gay Cruise<br />
Endlich ist es so weit: Die zweite Gay<br />
Cruise der blu Mediengruppe sticht in See.<br />
Termin ist der 8. bis 18. Februar 2022 mit<br />
einer Route vor der afrikanischen Küste.<br />
Bei deutlich über 20 Grad im Schatten und<br />
acht Sonnenstunden pro Tag kann man<br />
den Winter hinter sich lassen und Wärme<br />
tanken. Gleichzeitig sind es angenehme<br />
Temperaturen für Ausflüge. Die Cruise wird<br />
ohne Social-Distancing-Maßnahmen und<br />
Maskenpflicht durchgeführt. Daher muss<br />
jeder Gast spätestens 14 Tage vor der<br />
Abfahrt eine abgeschlossene Covid-Impfung<br />
oder Immunitätsbescheinigung nachweisen.<br />
Diese Kreuzfahrt kombiniert die unbekannteren<br />
Inseln der Kanaren mit der<br />
Blumeninsel Madeira. Damit auch Raum<br />
für Erkundungen ohne Zeitdruck bleibt,<br />
ist an mehreren Orten ein Overnight<br />
eingeplant. Geplant ist folgende Route:<br />
Neben diesen Anläufen sind zahlreiche<br />
Highlights, die dem späteren Ausflugsprogramm<br />
entnommen werden können,<br />
geplant. Dazu gehört die kleine Schwester<br />
Madeiras, Porto Santo, wo man wandern<br />
oder edlen Wein verkosten kann.<br />
Zurück auf den Kanaren lernt man<br />
Lanzarotes imposante Vulkanlandschaft<br />
kennen und besucht auch La Graciosa,<br />
die kleinste der Kanarischen Inseln. Auf<br />
Gomera warten in den Nebeln des hoch<br />
gelegenen Nationalparks Garajonay dichte<br />
Wälder aus Farnen und moosbedeckten<br />
Bäumen. La Palma bietet neben engen<br />
Gassen aus Kopfsteinpflaster und<br />
Häusern mit Holzbalkonen in der<br />
Hafenstadt Santa Cruz auch spektakuläre<br />
Sehenswürdigkeiten der Natur wie den<br />
Wasserfall der Farben oder den Idafe Rock<br />
/ Roque Idafe im Nationalpark Caldera<br />
de Taburiente. Wer seine Reise nicht<br />
8. – 18. FEBRUAR 2022<br />
8.2. LAS PALMAS (GRAN CANARIA) Abfahrt um 18 Uhr<br />
9.2. FUNCHAL (MADEIRA) Ankunft um 15 Uhr (Overnight)<br />
10.2. Abfahrt Funchal um 20 Uhr<br />
11.2. At sea<br />
12.2. ARRECIFE (LANZAROTE) Ankunft um 7 Uhr (Overnight)<br />
13.2. Abfahrt Arrecife um 20 Uhr<br />
14.2. At sea<br />
15.2. SANTA CRUZ (LA PALMA) von 8 bis 24 Uhr<br />
16.2. LA GOMERA von 8 bis 21 Uhr<br />
17.2. LAS PALMAS (GRAN CANARIA) Ankunft um 8 Uhr (Overnight)<br />
18.2. Ausschiffung
REISE<br />
verlängern will, hat am vorletzten Tag die<br />
Gelegenheit, die Dünen von Maspalomas<br />
auf Gran Canaria zu besuchen. Zwei Seetage<br />
an Bord der Vasco da Gama schaffen<br />
eine echte Kreuzfahrtatmosphäre, die wir<br />
mit Poolspielen verbringen werden.<br />
DAS BORDPROGRAMM<br />
Zusätzlich zum Bordprogramm des<br />
Schiffes werden auf der Spartacus Cruise<br />
wieder zahlreiche Künstler der Community<br />
auftreten. Auf der Agenda stehen<br />
außerdem zahlreiche Themenpartys am<br />
Pool wie „White“, „Wig“ oder „Kinky“, bei<br />
denen der Kreativität bei den Outfits<br />
keine Grenzen gesetzt sind. Auch die<br />
beliebten Pool Games mit der Wahl<br />
zum „Mr. Cruise“ werden auf keinen Fall<br />
fehlen. Alle Gäste sind natürlich wieder<br />
herzlich eingeladen, ihre Türen individuell<br />
zu gestalten, wobei die verrückteste Idee<br />
prämiert wird. Die Details zu Künstlern<br />
und DJs werden im Laufe der kommenden<br />
Wochen ständig ergänzt. Zu den<br />
Künstlern gehört Joel von Lerber, der die<br />
Tea Times mit seinem Harfenprogramm<br />
von Klassik bis Pop begleiten wird. Für<br />
den fetten Sound sorgt u. a. Star-DJ Chris<br />
Bekker.<br />
SINGLE MATCH<br />
Kreuzfahrten sind leider keine optimale<br />
Reiseform für Singles, da sich die Preise<br />
nach Kabinen in Zweierbelegung berechnen.<br />
Das heißt, für die alleinige Nutzung<br />
einer Kabine ist immer der Preis einer<br />
Zweierbelegung zu entrichten. Auf der<br />
letzten Cruise wurden erfolgreich<br />
vierzig Singles verknüpft, die sich eine<br />
Kabine geteilt haben. Auch dieses Mal<br />
wird es in der Buchungsmaske wieder die<br />
Option „Singlematch“ geben. Wer sich<br />
dafür entscheidet, wird kontaktiert und<br />
kann im persönlichen Gespräch ein paar<br />
Anhaltspunkte zu seinem gewünschten<br />
Match geben. Gesichtspunkte a) ähnliches<br />
Alter, b) ähnlicher Tagesrhythmus<br />
(Morgenmensch versus Nachtmensch),<br />
c) gleiche Kabinenkategorie. Selbstverständlich<br />
können sich auch Zweiermatches<br />
melden, die sich bereits gefunden<br />
haben. Dafür gibt es auf Romeo einen<br />
Club unter dem Namen „mCruise“.<br />
Mehr Infos unter<br />
www.spartacus.cruises
GESELLSCHAFT<br />
ZWEI<br />
REPORT<br />
GESICHTER<br />
EINER STADT<br />
LANGE WIRKTE KRAKAU WIE EIN SICHERER HAFEN DER LGBTIQ*-COMMUNITY IM<br />
FEINDSELIG GESTIMMTEN POLEN. DOCH SEIT DIESEM JAHR MEHREN SICH AUCH<br />
HIER DIE ANGRIFFE AUF DIE QUEERE GEMEINSCHAFT. NUN REGT SICH WIDERSTAND<br />
GEGEN DEN HASS.<br />
Eigentlich wollte Han nur seinen Freund<br />
besuchen. Doch als er eine Straße<br />
überquerte, bemerkte er, dass ein<br />
parkender Autofahrer ihn beobachtete.<br />
„Als er mich gesehen hat, hat er den Motor<br />
angelassen – und ist in mich reingefahren“,<br />
erzählt Han, friemelt eine Zigarette aus der<br />
Packung und steckt sie sich zwischen die<br />
Lippen. Er verharrt einen Moment, bevor<br />
er sie anzündet, und blickt in die Ferne, als<br />
sehe er dort die Situation, in der er vor ein<br />
paar Monaten am Stadtrand von Krakau<br />
war. „Der Typ machte das Fenster runter<br />
und starrte mich böse an. Er sagte nichts,<br />
bis ich weggerannt war.“<br />
Das Auto hatte nicht genug Geschwindigkeit,<br />
um Han ernsthaft zu verletzen.<br />
Trotzdem ging an diesem Tag etwas<br />
kaputt: Krakau ist Hans Heimat, hier<br />
wurde er geboren. Und doch fühlt sich der<br />
21-Jährige nun nicht mehr sicher, denn<br />
Han möchte sich nicht festlegen, welchem<br />
Geschlecht er sich zugehörig und von welchem<br />
er sich angezogen fühlt. Bisexuell,<br />
non-binär, queer – es gibt viele Labels, mit<br />
denen er sich identifiziert. Jedes einzelne<br />
ist gefährlich, wenn es die falsche Person<br />
in der falschen Ecke Krakaus zur falschen<br />
Uhrzeit erkennt – oder sich von seinen<br />
auffälligen roten Haaren provoziert fühlt.<br />
Es sind die zwei Seiten einer Stadt,<br />
die damit ringt, wer sie ist und wer<br />
sie sein möchte. Im Zentrum der<br />
800.000-Einwohner-Metropole gibt es<br />
queere Klubs, Regenbogenfahnen hängen<br />
in den Fenstern. An den Stadträndern, wo<br />
die Häuserblocks abgelöst werden von<br />
Einfamilienhäusern mit Garten und Garage,<br />
ist es für Han, als sei er in einer anderen<br />
Stadt. „Wenn ich an die Stadtgrenze gehe,<br />
bekomme ich seltsame Blicke, ich werde<br />
angeschrien, auf mich wird gezeigt und<br />
ich werde verfolgt“, sagt Han, setzt die<br />
Zigarette an und nimmt einen tiefen Zug.<br />
Krakau bei Nacht ist ein anderer Ort als<br />
Krakau bei Tag. Sich bloß nicht von der<br />
Gruppe trennen, nicht alleine unterwegs<br />
sein, nicht auffallen: Han kennt die Regeln,<br />
er erinnert seine Freunde daran, wenn sie<br />
abends gemeinsam unterwegs sind. Muss<br />
Han alleine los, hat er inzwischen eine<br />
Dose Pfefferspray bei sich, „nur für den<br />
Fall“. Außerdem trainiert er seit einigen<br />
Monaten Selbstverteidigung, „weil viele<br />
meiner Freunde angegriffen worden sind,<br />
vor allem in letzter Zeit.“<br />
MIT MESSERN GEJAGT<br />
In diesem Jahr häufen sich die Angriffe auf<br />
queere Menschen, beobachtet Mateusz<br />
Gędźba. „Die Gewalt von Bürger*innen<br />
gegenüber der LGBTIQ*-Community<br />
wächst. Im Sommer hatten wir einige<br />
besorgniserregende Vorfälle, bei denen<br />
queere Menschen vor Schwulenbars<br />
wie dem „Club Papuga“ mit Messern<br />
gejagt wurden“, sagt er. Mateusz ist<br />
Vorstandsvorsitzender von DOM EQ, einer<br />
Föderation, die verschiedenste LGBTIQ*-<br />
Gruppierungen zusammengebracht hat.<br />
Gemeinsam versuchen sie, die Situation<br />
für queere Menschen in Krakau zu verbessern.<br />
Im vergangenen Jahr eröffnete<br />
das Team ein Gemeinschaftszentrum: ein<br />
altes Einfamilienhaus, mit Glitzer am Zaun<br />
und Regenbogenlichterkette, umfunktioniert<br />
zum queeren Hauptquartier Krakaus.<br />
Hier treffen sich verschiedene Selbsthilfegruppen,<br />
der queere Chor probt in den<br />
Räumen und Literaturliebhaber*innen<br />
organisieren Gedichtlesungen. Für<br />
Mateusz mit am wichtigsten sind die<br />
Beratungsangebote. Sowohl rechtlich<br />
als auch psychologisch können sich
GESELLSCHAFT<br />
LGBTIQ*-Personen hier helfen lassen:<br />
„Wenn jemand selbstmordgefährdet ist,<br />
lädst du ihn nicht auf ein Bier in einer Bar<br />
ein“, sagt der 36-Jährige. Deshalb sei es so<br />
wichtig gewesen, einen sicheren Ort wie<br />
das DOM EQ zu schaffen.<br />
Wie es scheint, ist DOM EQ gerade<br />
zur rechten Zeit entstanden. Mateusz<br />
erschreckt, wie schnell Szenen wie vor der<br />
Schwulenbar Papuga Alltag geworden sind,<br />
wie selbstverständlich die LGBTIQ*-Community<br />
zur Zielscheibe wahlloser Angriffe.<br />
Für ihn ist klar, wer dafür verantwortlich<br />
ist: „Der Ton wird von oben angegeben,<br />
das ist mehr als deutlich. Wenn hohe<br />
Offizielle im Staat nach Aggression rufen,<br />
sie rechtfertigen, die Täter*innen schützen,<br />
dann ist es nur eine Frage der Zeit, bis alle<br />
anderen glauben, das sei normal.“<br />
Auch Han hat bemerkt, wie sich die<br />
Stimmung in Krakau seit der letzten Wahl<br />
verändert hat. Trotzdem geht er weiter<br />
feiern, Freunde besuchen, versteckt seine<br />
roten Haare nicht unter der Kapuze: „Ich<br />
will nicht so viel Angst haben, dass ich<br />
nicht mehr mein Leben leben kann.“<br />
„MEINE KIRCHE<br />
HASST MICH“<br />
Nicht nur die Politik ist Auslöser für die<br />
wachsende LGBTIQ*-Feindlichkeit. Auch<br />
die katholische Kirche ist eine treibende<br />
Kraft des Hasses. Von einer „Regenbogenpest“<br />
sprach der Erzbischof von Krakau,<br />
Marek Jedraszewski, im Sommer 2019.<br />
Nicht sein erster Kommentar gegen<br />
die queere Community und nicht sein<br />
letzter. Regelmäßig stellt er die LGBTIQ*-<br />
Gemeinschaft als eine Ideologie des<br />
„Wenn ich an die<br />
Stadtgrenze gehe,<br />
bekomme ich seltsame<br />
Blicke, ich werde angeschrien,<br />
auf mich wird<br />
gezeigt und ich werde<br />
verfolgt“<br />
HAN
GESELLSCHAFT<br />
KAROL<br />
„Hier in Polen scheinen die Kirche und die LGBTIQ*-<br />
Community das Gegenteil voneinander zu sein<br />
und klar getrennt. Wir als queere Christ*innen wollen<br />
zeigen, dass es möglich ist, diese beiden Identitäten<br />
miteinander zu verbinden.“<br />
Westens dar, die bekämpft werden müsse.<br />
Was der Erzbischof sagt, hat Gewicht:<br />
Etwa neunzig Prozent der polnischen<br />
Bevölkerung sind katholisch.<br />
„Meine Kirche hasst mich.“ So fasst Karol<br />
Szymonik die aktuelle Situation zusammen.<br />
Der 26-Jährige ist gläubiger Christ<br />
– und schwul. „Ich habe zu Gott gebetet,<br />
dass er das von mir nimmt“, sagt er, wenn<br />
er an seine Schulzeit zurückdenkt. Karol<br />
stammt aus der kleinen Stadt Oświęcim.<br />
Dort kannte er keinen anderen schwulen<br />
Mann. Sich zuzugestehen, homosexuell<br />
zu sein, fiel ihm schwer. „Erst als ich für<br />
mein Studium nach Krakau kam, habe<br />
ich mich freier gefühlt.“ Dort hörte er das<br />
erste Mal von anderen schwulen Männern<br />
und vertraute sich seinen engsten<br />
Freund*innen an. Nach und nach erzählte<br />
er es mehr Kommiliton*innen, ehe er sich<br />
schließlich outete. Am schwersten war<br />
es für Karol, gegenüber seinen streng<br />
katholischen Eltern offen zu sein: „Sie<br />
waren sehr überrascht, sie haben nicht<br />
einmal in Erwägung gezogen, dass so<br />
etwas möglich ist.“ An das Gespräch<br />
mit seiner Mutter kann er sich noch gut<br />
erinnern, obwohl es inzwischen vier Jahre<br />
her ist: „Als ich mich geoutet habe, hat<br />
meine Mutter heftig geweint. Das war<br />
eine schwierige Unterhaltung zwischen<br />
uns. Danach wusste ich nicht, ob das für<br />
sie in Ordnung ist oder nicht.“ Seit dem<br />
Gespräch wird über Karols Sexualität in<br />
der Familie geschwiegen.<br />
Karol arbeitet inzwischen in Krakau als<br />
Tierarzt. „Während meines Studiums<br />
habe ich darüber nachgedacht, aufs<br />
Land zu ziehen und Kühe zu behandeln.<br />
Aber dann habe ich mir gedacht: Ich<br />
bin schwul – so kann ich nicht leben.<br />
Auf dem Land ist es viel gefährlicher für<br />
mich.“ In Krakau fühlt sich Karol wohl,<br />
zumindest bis zu einem gewissen Grad:<br />
„Es gibt Orte, an denen wir uns gemeinsam<br />
treffen können, es gibt Kirchen, in<br />
die wir gehen können, wo wir akzeptiert<br />
sind – es ist sehr viel angenehmer als<br />
in den Dörfern. Aber trotzdem gibt es<br />
überall Zeichen von Homophobie.“ Es<br />
fällt Karol schwer, diese Ambivalenz in<br />
Worte zu fassen. Auf der einen Seite eine<br />
Freiheit, von der er in seinem Heimatdorf<br />
nicht einmal träumen konnte, auf der<br />
anderen Seite die ständige Angst, doch<br />
auf die falschen Leute zu treffen. „Wenn<br />
ich nachts mit meinen Freunden unterwegs<br />
bin, habe ich diesen Gedanken im<br />
Kopf, dass die Leute erkennen, dass wir<br />
schwul sind, und uns deswegen zusammenschlagen<br />
werden.“ Vieles könnte<br />
besser sein in Krakau, „aber es ist gerade<br />
nun einmal, was es ist“, sagt Karol..<br />
ABLENKEN VOM MISS-<br />
BRAUCHSSKANDAL<br />
Karol redet ruhig und konzentriert, nur<br />
wenn er über die Ungerechtigkeiten in<br />
seinem Land spricht, wird er merklich<br />
aufgebrachter, seine Stimme wird<br />
schneller, er fängt an zu gestikulieren.<br />
„Hier in Polen scheinen die Kirche und<br />
die LGBTIQ*-Community das Gegenteil<br />
voneinander zu sein und klar getrennt.“<br />
Um das zu ändern, engagiert sich Karol in<br />
der Initiative „Glaube und Regenbogen“.<br />
„Wir als queere Christ*innen wollen<br />
zeigen, dass es möglich ist, diese beiden<br />
Identitäten miteinander zu verbinden.“<br />
Mit der aktuellen Kirchenführung fällt das<br />
nicht immer leicht, aber Karol hat einen<br />
Weg für sich gefunden: „Die Bischöfe in<br />
Polen sind die eine Sache, mein Glaube ist<br />
etwas anderes. Ich höre nicht so genau hin,<br />
worüber die Priester in ihrer Predigt reden<br />
– denn das tut mir manchmal weh.“<br />
Dass sich die Rhetorik der katholischen<br />
Kirche in den vergangenen Monaten noch<br />
einmal verschärft hat, ist für Karol kein<br />
Zufall. Ähnlich wie in Deutschland erschütterte<br />
auch in Polen ein Missbrauchsskandal
Privat statt Hotel<br />
Jetzt risikoarm übernachten<br />
Tausende<br />
von schwulen<br />
Gastgebern in über<br />
70 Ländern erwarten<br />
dich!<br />
Schon ab 25 EUR<br />
pro Nacht!<br />
Foto: istockphoto.com/vladorlov<br />
Seit 20 Jahren in der Community bekannt unter ebab
GESELLSCHAFT<br />
der katholischen Kirche die Öffentlichkeit.<br />
Die Enthüllungsdokumentation „Aber<br />
sag es nur keinem“ zeigte 2019, wie<br />
Kirchenoberste missbrauchende Priester<br />
schützten und sie beispielsweise in andere<br />
Gemeinden versetzten, anstatt sie anzuzeigen.<br />
Seitdem kämpft die katholische<br />
Kirche mit Ablenkungsmanövern gegen<br />
den Imageschaden. Weil mehr Jungen<br />
als Mädchen vergewaltigt wurden, müsse<br />
es einen Zusammenhang zwischen<br />
Pädophilie und Homosexualität geben,<br />
so die haltlose Behauptung der Kirche.<br />
„Sie musste irgendetwas angreifen, und<br />
wir als Minderheit in Polen sind leicht zu<br />
fassen“, sagt Karol. Besonders für Teenager<br />
sieht Karol die Rhetorik der Kirche als<br />
große Gefahr. „Jugendliche, die gerade<br />
erst verstehen, wer sie sind, die glauben,<br />
vielleicht bin ich schwul ... Wenn sie Worte<br />
wie ,Regenbogenpest‘ hören, was halten<br />
die dann von sich selbst? Ich mag mir das<br />
gar nicht vorstellen.“<br />
100 „LGBTIQ*-<br />
FREIE“ ZONEN<br />
Besonders schwierig ist die Situation<br />
für queere Jugendliche im ländlichen<br />
Polen, sind sich Karol und Han einig. Dort<br />
gibt es keine Klubs, keine Treffs, keine<br />
Gemeinschaft wie in Krakau. „Wenn du<br />
auf dem Land als LGBTIQ*-Person keine<br />
Unterstützung deiner Familie hast, bist<br />
du ziemlich allein“, sagt Han. Und auch<br />
der Druck der Politik auf die LGBTIQ*-<br />
Gemeinschaft ist stärker. Seit 2019 riefen<br />
sich mehr als 100 Kommunen als frei von<br />
„LGBTIQ*-Ideologie“ aus. „Du kannst doch<br />
nicht einfach ein Gebiet für LGBTIQ*-frei<br />
erklären und dann gibt es dort keine<br />
queeren Menschen mehr“, sagt Han. „Die<br />
Politiker erreichen nur eines: Sie verletzen<br />
diese Personen.“ Rechtlich gesehen<br />
haben die Deklarationen keine Wirkung<br />
– bislang. Aber DOM-EQ-Leiter Mateusz<br />
Gędźba blickt mit Bangen nach Russland,<br />
wo zunächst ähnliche Erklärungen<br />
verabschiedet und dann in einem zweiten<br />
Schritt auch die Gesetze angepasst wurden.<br />
„Wir befinden uns an einem ziemlich<br />
traurigen und empfindlichen Moment,<br />
der für ganz Europa gefährlich ist. Wenn<br />
wir sagen: ‚Ach Werte, was bedeuten die<br />
schon?‘, dann wird das einen Moment<br />
lang funktionieren. Aber bald werden<br />
die Probleme auch in anderen Ländern<br />
losgehen. Es ist wie Krebs: Wenn wir nicht<br />
früh genug dagegen kämpfen, wird es sich<br />
weiter ausbreiten.“<br />
Fünf der 16 polnischen Woiwodschaften,<br />
vergleichbar mit den deutschen Bundesländern,<br />
verabschiedeten inzwischen<br />
eine entsprechende Deklaration. Darunter<br />
auch Kleinpolen, die Woiwodschaft, in der<br />
Krakau liegt. Doch Krakau machte bei der<br />
homophoben Kampagne nicht mit. Stadtpräsident<br />
Jacek Majchrowski betonte in<br />
einem offenen Brief, dass Krakau eine<br />
tolerante und weltoffene Stadt sei: „Alle,<br />
darunter auch Vertreter der LGBTIQ*-<br />
Community, sind hier willkommen. Wir alle<br />
sollen uns in Krakau wie zu Hause fühlen“,<br />
schrieb er darin.<br />
Mateusz sieht Statements wie dieses<br />
kritisch. Er glaubt, hinter der Erklärung<br />
stecke vor allem politisches Kalkül. 2023<br />
sollen in Krakau die Europaspiele stattfinden.<br />
Das bedeutet viel Aufmerksamkeit<br />
und viel Geld für die Stadt. Ausländische<br />
Politiker*innen kritisierten den<br />
Austragungsort aufgrund der Erklärung<br />
Kleinpolens zur LGBTIQ*-freien Zone<br />
und forderten, die Spiele nicht in Krakau<br />
zu veranstalten: „Krakau profitiert enorm<br />
von den europäischen Geldern. Wenn das<br />
Geld zurückgehalten wird, steckt Krakau<br />
in großen Schwierigkeiten. Das haben die<br />
Politiker*innen recht schnell verstanden“,<br />
sagt Mateusz. Mit Blick auf das Ausland<br />
unterstütze man die Community, gehe<br />
„Wenn hohe Offizielle Aggression<br />
rechtfertigen, die Täter*-<br />
innen schützen, dann ist es<br />
nur eine Frage der Zeit,<br />
bis alle anderen glauben,<br />
das sei normal.“<br />
MATEUSZ
GESELLSCHAFT<br />
es aber um echte Bekenntnisse, etwa<br />
finanzielle Unterstützung, halte sich die<br />
Stadt zurück.<br />
Gleichzeitig gehen kirchliche rechtskonservative<br />
Gruppen immer aggressiver vor,<br />
um auch die etwas besser geschützten<br />
LGBTIQ*-Gemeinschaften in den Städten<br />
anzugreifen – wie in Krakau. Regelmäßig<br />
fahren Trucks mit großen Lautsprechern<br />
durch die Städte des Landes und rufen<br />
homophobe Propaganda aus. Damit<br />
schüren sie in den Großstädten den Hass<br />
und verunsichern queere Menschen. Vor<br />
einigen Monaten hatte Han endgültig<br />
genug davon. Mit ein paar anderen<br />
queeren Aktivist*innen Krakaus schloss<br />
er sich zur Bewegung „Der Regenbogen<br />
ist nicht tot“ zusammen. Gemeinsam<br />
starteten sie eine Petition, in der sie den<br />
Stadtrat aufforderten, das Fahren dieser<br />
Trucks durch Krakau zu verbieten. Dafür<br />
sammelten sie Unterschriften, organisierten<br />
Veranstaltungen und versuchten,<br />
bei der Bevölkerung ein Gegengewicht<br />
zur Homophobie von Politik, Kirche und<br />
Medien zu sein: „Das Wichtigste ist, Aufmerksamkeit<br />
zu erzeugen, die Bevölkerung<br />
aufzuklären und ein Bewusstsein für<br />
die LGBTIQ*-Community zu erzeugen“,<br />
sagt Han. Große Erfolgschancen rechnet<br />
sich DOM-EQ-Sprecher Mateusz Gędźba<br />
für die Petition nicht aus: „Um ehrlich zu<br />
sein, bin ich mir ziemlich sicher, dass der<br />
Stadtrat den Bürgervorschlag ablehnen<br />
wird – aber trotzdem hat es etwas Gutes:<br />
Es wird eine Diskussion angestoßen, die<br />
die Stadt weiter unter Druck setzen wird,<br />
etwas gegen die Trucks zu unternehmen.“<br />
OPTIMISTISCH<br />
TROTZ ALLEM<br />
Je stärker der Gegenwind, desto selbstbewusster<br />
wird die Gemeinschaft, meint<br />
Gędźba: „Vor ein paar Jahren waren wir<br />
eine soziale Gruppe hier in Krakau. Aber wir<br />
hatten kein Bewusstsein für unsere verschiedenen<br />
Herkünfte, keine gemeinsame<br />
Identität. Mein Eindruck ist, dass Initiativen<br />
wie DOM EQ dabei geholfen haben, so<br />
eine gemeinsame Identität entstehen zu<br />
lassen.“<br />
Wenn Han an die Zukunft denkt, ist er<br />
vorsichtig optimistisch: „Es gibt viele junge<br />
Personen, die aufstehen, ihre Stimme<br />
erheben und Pride-Proteste organisieren<br />
– mit 15 Jahren. Ich bin so stolz, dass sie<br />
vieles in die eigene Hand nehmen und viel<br />
motivierter sind, als ich es in ihrem Alter<br />
war.“ Und nicht nur die Jugend macht ihm<br />
Hoffnung für die Zukunft: „Ich sehe auch<br />
Menschen über vierzig, die sich auf einmal<br />
outen und sagen: ‚Ich habe genug von dem<br />
Scheiß‘, die protestieren gehen und sich<br />
zeigen.“<br />
Auch Karol will sich nicht länger verstecken:<br />
„Ich versuche, sehr extrovertiert zu<br />
sein. Ich glaube, es ist wichtig, dass wir<br />
uns als LGBTIQ*-Personen den anderen<br />
Menschen zeigen. Wenn sie uns nicht<br />
sehen, dann denken sie auch nicht über<br />
uns nach.“ Seit diesem Jahr bietet er in<br />
Krakau Tanzkurse für gleichgeschlechtliche<br />
Paare an und ist damit polenweit ein Vorreiter.<br />
„Bei heterosexuellen Paaren ist klar,<br />
der Mann führt. Aber wie ist das bei gleichgeschlechtlichen<br />
Paaren? Das bringe ich<br />
ihnen bei“, sagt er. Bis Karol coronabedingt<br />
pausieren musste, betreute er zwölf Paare.<br />
Das Feedback sei sehr positiv, berichtet<br />
Karol. Wenn er von seinen Tanzkursen<br />
spricht, erzählt er mit einer Freude, dass<br />
man meinen könnte, als schwuler Christ<br />
Tanzkurse für gleichgeschlechtliche Paare<br />
im streng katholischen Krakau anzubieten,<br />
sei das Normalste auf der Welt. Und<br />
vielleicht ist es das bald auch. Aktuell ist in<br />
Polen einiges in Bewegung. Die Menschen<br />
gehen auf die Straße, um gegen das<br />
Abtreibungsverbot zu demonstrieren, und<br />
damit auch gegen die Regierung, gegen<br />
die Einmischung der katholischen Kirche<br />
in die Politik, für Menschenrechte. Karol<br />
macht eine kurze Pause, als müsse er über<br />
die nächsten Worte gut nachdenken. Als er<br />
sich entschieden hat, bringt er diese Sätze<br />
mit einer Überzeugung zum Ausdruck,<br />
dass man ihm am liebsten glauben will:<br />
„In den Köpfen der Leute passiert etwas –<br />
langsam, aber es gibt eine Veränderung.“<br />
*Astrid Benölken und Tobias Zuttmann<br />
„In den Köpfen der Leute<br />
passiert etwas – langsam,<br />
aber es gibt eine<br />
Veränderung.“
ADVERTORIAL<br />
GABLE<br />
das LGBTQ+ Netzwerk von P&G<br />
Bei Procter & Gamble sind<br />
Chancengleichheit, Vielfalt und<br />
Inklusion zentrale Elemente der<br />
Unternehmenskultur.<br />
Procter & Gamble hat es sich zur Aufgabe<br />
gemacht, gleiche und inklusive Arbeitsplätze<br />
für alle Mitarbeitenden zu schaffen.<br />
Dies schließt ganz ausdrücklich auch die<br />
Gruppe der LGBTQ+-Gemeinschaft ein.<br />
Die Unternehmenspolitik von Procter<br />
& Gamble wendet sich sehr klar gegen<br />
Diskriminierungen aufgrund sexueller Orientierung<br />
oder geschlechtlicher Identität.<br />
GABLE (GAY, ALLY, BISEXUAL,<br />
LESBIAN AND TRANSGENDER<br />
EMPLOYEES)<br />
1996 gründete Procter & Gamble<br />
das Netzwerk GABLE für LGBTQ+-<br />
Mitarbeitende und ihre Unterstützer in<br />
den USA. Im Jahr 2014 startete GABLE<br />
in Deutschland und ist seither schnell<br />
gewachsen. Inzwischen ist das Netzwerk<br />
an zehn Standorten in der DACH-<br />
Region, darunter acht in Deutschland,<br />
aktiv – sowohl in städtischen als auch in<br />
ländlichen Gegenden. Ziel des Netzwerks<br />
ist es, eine Arbeitsatmosphäre zu schaffen,<br />
in der LGBTQ+-Menschen sich vollständig<br />
und ohne Einschränkungen in ihre Arbeit<br />
einbringen können. Ein wesentlicher<br />
Faktor, um dieses Ziel zu erreichen, sind<br />
Unterstützer – sogenannte „Allies“. Sie<br />
sind ausgebildet, Verantwortung für ihr<br />
eigenes Verhalten zu übernehmen und<br />
einzugreifen, wenn sie in der Sprache oder<br />
dem Verhalten anderer eine Diskriminierung<br />
gegen LGBTQ+-Menschen erkennen.<br />
Die Unterstützer erhalten außerdem<br />
Sticker mit denen sie ihre Hilfe für die<br />
LGBTQ+- Gemeinschaft visuell deutlich<br />
machen können.<br />
#WEAREUNIQUEANDUNITED<br />
Jedes Jahr im März feiert Procter<br />
& Gamble seine Equality&Inclusion<br />
Woche – in diesem Jahr wurde daraus<br />
ein ganzer Monat unter dem Motto<br />
#WeAreUniqueAndUnited. Mitarbeitende<br />
aus verschiedenen Netzwerken haben<br />
Workshops, Vorträge und Mitmach-<br />
Aktionen organisiert mit dem Ziel, das<br />
Bewusstsein für Vielfalt zu fördern, für<br />
dieses Thema weiter zu sensibilisieren und<br />
Bias zu reduzieren. GABLE nutzt die Veranstaltungen,<br />
um Informationen zu seinen<br />
Zielen im Unternehmen vorzustellen, um<br />
neue Mitglieder zu finden und als Allies<br />
auszubilden.<br />
CAN’T CANCEL PRIDE<br />
Zusätzlich unterstützt das Netzwerk<br />
Procter & Gamble dabei, sich auch extern<br />
und weltweit gegen die Diskriminierung<br />
der LGBTQ+-Community einzusetzen,<br />
beispielsweise durch die Organisation<br />
der Hilfsaktion „Can’t Cancel Pride“<br />
mit iHeartRadio während der Corona-<br />
Pandemie zur Unterstützung betroffener<br />
LGBTQ+-Gemeinschaften oder durch<br />
verschiedene LGBTQ-zentrischen<br />
Marketing-Kampagnen.<br />
AUSZEICHNUNGEN<br />
Im letzten Jahr war das GABLE-Netzwerk<br />
von P&G einer der Prout At Work-Award-<br />
Gewinner in der Kategorie GLOBAL<br />
LEADER NETWORK. Diese Würdigung<br />
bezog sich auf diverse Aktivitäten, wie<br />
der Produktion einer Film-Trilogie zur<br />
Unternehmensgeschichte im Hinblick<br />
auf LGBTQ+ -Inklusion. Die Filme,<br />
die in Zusammenarbeit mit CNN<br />
entstanden sind, erhielten internationale<br />
Auszeichnungen.<br />
Vor wenigen Wochen hatte P&G einen<br />
weiteren Grund zum Feiern: Das Unternehmen<br />
wurde mit dem PRIDE Champion<br />
Arbeitgebersiegel in Silber ausgezeichnet.<br />
Dieses wird von der UHLALA Group vergeben<br />
und steht für eine offene, inklusive<br />
und wertschätzende Unternehmens- oder<br />
Organisationskultur. Das Siegel ist nicht<br />
käuflich und kann nur durch Nachweise<br />
und eine Prüfung in Form des PRIDE<br />
Audits erhalten werden.<br />
P&G freut sich über viele Bewerber:innen<br />
aus der LGBTQ+-Community. Offene<br />
Stellenangebote sind hier zu finden:<br />
www.pgcareers.com
INTERVIEW<br />
Die Sprache der Liebe entschlüsselt?<br />
GESELLSCHAFT<br />
FOTO: ELITE CONTACTS<br />
Anita G. und ihr Sohn Philipp Schwarzenberg<br />
bezeichnen sich mit einer<br />
angemessenen Portion Stolz als Partnervermittler.<br />
Wir trafen Philipp in Berlin und<br />
hatten viele Fragen – denn er weitete das<br />
Geschäft mit der Partnerschaftsvermittlung<br />
auf die Liebe Homo-sexueller aus.<br />
Wie kam es denn dazu?<br />
Meine ersten Berührungspunkte mit homosexuellen<br />
Paaren waren glückliche Männer in<br />
langfristige Partnerschaften. Für mich war es<br />
damals klar, dass da einfach ein Mann einen<br />
Mann liebt und mit ihm zusammen ist. Erst<br />
heute ist mir vollumfänglich bewusst, dass<br />
das Thema offene Homosexualität damals<br />
nicht so einfach war. In den 2010ern wurde<br />
Liebe zu einem Konsumgut und unzählige<br />
Menschen machten sich auf die Suche<br />
nach einem kurzfristigen (gemeinsamen)<br />
Endorphinrausch. Zurückzuführen ist<br />
dies auf unsere Gesellschaft selbst, dem<br />
menschlichen Streben nach Perfektion<br />
sowie dem Trend der Digitalisierung durch<br />
Smartphones und Apps. Das was wir dort<br />
finden, ist aber etwas völlig anderes als das<br />
sich in einer langfristigen Partnerschaft<br />
entwickelnde Wir-Gefühl. Ich betone das<br />
immer wieder: Egal, wer wen liebt, der<br />
Kern des Ganzen und damit auch unserer<br />
Arbeit, ist die Sprache der Liebe. Die hat mit<br />
Hormonen und Geschlechtern erst einmal<br />
nichts zu tun.<br />
Es gibt moderne Formen von<br />
Partnerschaften jenseits dem<br />
„Standardmodell“ Zweierbeziehung.<br />
Kommen auch zum Beispiel polyamore<br />
Menschen zu euch?<br />
Es ist spannend, wie sich der Mensch in<br />
dieser Beziehung weiterentwickelt hat.<br />
Das Gros unserer Klientel ist jedoch nach<br />
wie vor auf der Suche nach einer stabilen<br />
Zweierbeziehung mit den klassischen<br />
Parametern Treue, Wir-Gefühl, Vertrauen<br />
und emotionaler Identifikation.<br />
Bemerkenswert finde ich, dass sich die<br />
Wünsche und Ziele von heterosexuellen<br />
und homosexuellen<br />
Singles<br />
in vielerlei Hinsicht<br />
gleichen. Was mich auch noch<br />
mal zu dem Satz bringt, dass es nicht<br />
darum geht, wer wen liebt, sondern um<br />
die Sprache der Liebe.<br />
*Interview: Christian Knuth<br />
www.elite-contacts.com<br />
Das ganze Interview findet ihr auf<br />
www.männer.media.<br />
#Diversity<br />
#Inventingforlove<br />
MSD.PARTNER.HIV.<br />
DE-NON-01778<br />
Auf MSD Gesundheit finden Sie Informationen zu HIV: http://m.msd.de/rwQ<br />
MSD Sharp & Dohme GmbH, Lindenplatz 1, 85540 Haar<br />
www.msd.de
GESUNDHEIT<br />
Welchen Einfluss eine<br />
HIV-Therapie im Alltag hat<br />
Mit HIV kann man heutzutage ein<br />
gesundes und langes Leben führen.<br />
Dennoch kann die Diagnose ein einschneidendes<br />
Ereignis sein und viele neue<br />
Fragen aufwerfen. Eine davon ist, wie man<br />
die HIV-Therapie nun bestmöglich in den<br />
eigenen Alltag integrieren kann.<br />
Das erste, woran viele dabei denken, sind<br />
klassische Einnahmevorschriften – wie<br />
zum Beispiel die Einnahme zum Essen. Bei<br />
der modernen HIV-Therapie sind solche<br />
strikten Vorschriften mittlerweile eher<br />
Ausnahme als Regel.<br />
HERAUSFORDERUNG ARBEITSALLTAG<br />
Es gibt aber auch einige Punkte, die<br />
man vielleicht nicht gleich im Kopf hat.<br />
Beispielsweise spielt der Arbeitsrhythmus<br />
eine wichtige Rolle: Wenn man geregelte<br />
Arbeitszeiten hat, lässt sich die täglich<br />
etwa zeitgleiche Einnahme der Medikamente<br />
deutlich leichter planen, als wenn<br />
man in einem Beruf mit Schichtdienst<br />
arbeitet. Selbst mit geregelten Arbeitszeiten<br />
kann es zu Herausforderungen im<br />
Arbeitsalltag kommen, etwa wenn eine<br />
Dienstreise mit Zeitverschiebung ansteht.<br />
DIE FREIZEIT GESTALTEN<br />
Auf die Wahl der Freizeitaktivitäten hat<br />
eine HIV-Therapie so gut wie keinen<br />
Einfluss. Dennoch gibt es für HIV-positive<br />
Menschen einige Punkte zu beachten,<br />
um eine erfolgreiche Behandlung<br />
sicherzustellen: Natürlich sollte man bei<br />
Ausflügen immer daran denken, seine<br />
Medikamente mit einzupacken, falls<br />
es mal später wird. Aber auch Hobby-<br />
Sportler*innen sollten bei der Einnahme<br />
von Nahrungsergänzungsmitteln, um zum<br />
Beispiel den Muskelaufbau zu fördern,<br />
im Hinterkopf behalten: Nahrungsergänzungsmittel<br />
können Wechselwirkungen<br />
mit HIV-Medikamenten verursachen, die<br />
im ungünstigsten Fall den Therapieerfolg<br />
gefährden.<br />
MUSS MAN SICH ALSO MIT HIV<br />
EINSCHRÄNKEN?<br />
Natürlich ist das jetzt nicht gleich ein<br />
Grund, um mit dem Sport aufhören. Man<br />
sollte allerdings mit seinem/r Ärzt*in<br />
darüber sprechen, was es zu beachten<br />
gilt. Das ist wichtig, um auch mit HIV-<br />
Therapie den bisherigen Lebensrhythmus<br />
beibehalten und vor allem die eigene<br />
Lebensqualität hochhalten zu können.<br />
Nur weil man HIV-positiv ist, muss sich<br />
also nicht gleich der gesamte Alltag<br />
ändern.<br />
VERÄNDERUNGEN IM BLICK BEHALTEN<br />
Viele Dinge im Alltag verändern sich ja<br />
meist nicht über Nacht, sondern Stück für<br />
Stück. Diese oft unbemerkten Veränderungen<br />
sollte man im Blick behalten, denn<br />
sie können zu Reibungspunkten mit der<br />
HIV-Therapie führen. Gerade in solchen<br />
Situationen ist ein offenes Gespräch mit<br />
dem/r Ärzt*in sehr wichtig.<br />
HIV ZU EINEM KLEINEN TEIL IM<br />
LEBEN MACHEN<br />
Es kann manchmal herausfordernd<br />
sein, die eigene HIV-Therapie in den<br />
persönlichen Tagesablauf zu integrieren.<br />
Manchmal liegt das auch daran, dass die<br />
momentan eingenommenen Medikamente<br />
plötzlich nicht mehr in den eigenen<br />
Alltag passen.<br />
Es gibt für jeden Lebensrhythmus eine<br />
geeignete individuelle Therapie. Wenn man<br />
diese gemeinsam mit seinem/r Ärzt*in für<br />
sich findet, wird HIV dadurch zu einem<br />
kleineren Teil im eigenen Leben.<br />
Weitere Infos sowie persönliche Geschichten<br />
zum Leben mit HIV findest<br />
du unter www.livlife.de.<br />
Unterstützt von ViiV Healthcare
SCHLAU ZU HIV<br />
Warum du an der IAS<br />
teilnehmen solltest<br />
Der alle zwei Jahre stattfindende<br />
Kongress der IAS (International<br />
AIDS Society) ist die weltgrößte<br />
offene wissenschaftliche Konferenz<br />
zum Thema HIV/Aids.<br />
Ihre 11. Ausgabe findet vom<br />
18. bis 21. <strong>Juli</strong> in Berlin und<br />
erstmals auch online statt. Also<br />
ist die Konferenz sogar aus dem<br />
heimischen Wohnzimmer heraus<br />
bequem zu besuchen.<br />
DAS PROGRAMM<br />
Fast alle namhaften Akteure<br />
im Kampf gegen die Immunschwächekrankheit<br />
werden die<br />
neuesten Erkenntnisse vorstellen<br />
und die dringendsten aktuellen<br />
Themen erörtern. Aufgeteilt in<br />
vier Themenblöcke.<br />
Im Block Grundlagenforschung<br />
wird unter anderem über<br />
den Stand der Forschung zur<br />
Regulierung und Heilung der HIV-<br />
Reservoirs diskutiert. Außerdem<br />
soll über den Einfluss von<br />
Geschlecht und Bevölkerungsdiversität<br />
auf die Bekämpfung des<br />
Virus gesprochen werden.<br />
Der Block klinische Wissenschaft<br />
hält eine für unsere Kernleserschaft<br />
sicher besonders interessanten<br />
Thematik vor: HIV und<br />
sexuell übertragbare Krankheiten.<br />
Es geht aber ausnahmsweise<br />
nicht um die Aufforderung,<br />
regelmäßig zum Test zu gehen,<br />
sondern um das Ausloten von<br />
Möglichkeiten, aus der HIV-<br />
Therapie für den Umgang mit<br />
Antibiotika-Resistenzbildungen<br />
zu lernen.<br />
Mehr Informationen zum<br />
Programm und zur Anmeldung<br />
unter ias<strong>2021</strong>.org!<br />
„<br />
GESUNDHEIT<br />
Die Konferenz der<br />
„International<br />
Aids Society“,<br />
kurz IAS ist<br />
neben der<br />
„Conference<br />
on Retroviruses<br />
and Opportunistic<br />
Infections“<br />
(CROI) die wichtigste<br />
internationale Konferenz zu<br />
HIV, bei der Wissenschaftler<br />
aus aller Welt Ergebnisse aus<br />
Grundlagenforschung und<br />
Studien präsentieren.<br />
Siegfried Schwarze, Aids-Aktivist<br />
und Vorstand Projekt Information e.V.<br />
(www.projektinfo.de)<br />
“<br />
# HIVersity<br />
Weil wir mehr sind als nur HIV-positiv: LiVLife.de<br />
NP-DE-HVU-ADVT-200009-11/2020
FILM<br />
INTERVIEW<br />
JAKOB M.<br />
ERWA:<br />
„Da habe ich<br />
viel von mir und<br />
meiner Welt<br />
hineingepackt“<br />
Panische Menschen, dichter Rauch<br />
und ein Meer an Einsatzkräften:<br />
Was für ein Unglück hat sich am Münchner<br />
Hauptbahnhof ereignet? Diesem Ereignis<br />
geht die brandneue Coming-of-Age-Serie<br />
„Katakomben“ auf den Grund.<br />
Jakob, „Katakomben“ ist Ihr erstes<br />
Projekt seit dem Kinofilm „Die Mitte<br />
der Welt“. Wie kam es dazu?<br />
Nach der Verleihung des Bayerischen<br />
Filmpreises, den ich für „Die Mitte der<br />
Welt“ bekommen habe, haben mich die<br />
Jungs von der Produktionsfirma NEUE-<br />
SUPER angesprochen. Die mochten, was<br />
ich da auf der Bühne gesagt hatte, und<br />
fragten, ob wir nicht einmal zusammen<br />
ein Projekt entwickeln wollen. So habe ich<br />
dann angefangen, mit Florian Kamhuber<br />
an einer Geschichte über moderne Liebe<br />
zu arbeiten, an der wir auch nach wie<br />
vor noch dran sind. Doch irgendwann<br />
kam uns „Katakomben“ in die Quere,<br />
weil Flo einen Zeitungsartikel über das<br />
Tunnelsystem unter München gelesen<br />
hatte und mich fragte, ob wir nicht schnell<br />
mal eine Geschichte dazu pitchen wollen.<br />
Wir haben uns dann drei Tage in Berlin<br />
eingeschlossen, einen groben Plot überlegt<br />
und die Figuren entwickelt.<br />
Entstanden ist jetzt eine spannende<br />
Mischung aus Coming-of-Age-<br />
Geschichte und Sozialdrama mit<br />
Gruselthriller-Elementen ...<br />
Geschichten über junge Menschen finde<br />
ich immer cool, denn über die sogenannte<br />
First-Life-Krise kann man einfach spannende<br />
Sachen erzählen. Aber besonders<br />
interessant an unserer Idee fand ich<br />
tatsächlich die soziale Komponente. Das<br />
ist schließlich schon eine perfide Sache.<br />
München ist einerseits diese schicke,<br />
cleane, teure Stadt, in der es immer heißt,<br />
dass es kein Drogenproblem gibt. Doch<br />
andererseits gibt es eben diese Katakomben,<br />
wo plötzlich eine Grauzone und<br />
all die Leute akzeptiert werden, die oben<br />
das saubere Stadtbild zerstören würden.<br />
Also Drogensüchtige, Obdachlose oder<br />
Sexarbeiter*innen. Das fand ich heftig. Und<br />
ich wollte unbedingt einen Weg finden,<br />
diese beiden Welten aufeinanderknallen zu<br />
lassen und – bei aller Unterhaltung – etwas<br />
Kritisches über unsere Gesellschaft zu<br />
erzählen.<br />
War von Anfang an klar, dass Sie<br />
die Geschichte als Serie erzählen<br />
wollen?<br />
Ja, das war tatsächlich von Anfang an klar.<br />
Da habe ich nie drüber nachgedacht, ob<br />
man auch einen Film draus hätte machen<br />
können. Mich hat diese Art des Erzählens<br />
eh interessiert, und ich habe auch andere<br />
serielle Ideen, an denen ich arbeite. Schon<br />
damals in Österreich habe ich nach meinem<br />
ersten Film „Heile Welt“ eine kleine<br />
Miniserie gemacht: „Tschuschen:Power“.<br />
Ich finde das Format einfach toll, weil man<br />
viel länger und kleinteiliger erzählen und<br />
sich tiefer auf Figuren einlassen kann.<br />
Aber nicht zu früh freuen – ich werde auch<br />
weiterhin Filme drehen. Hahaha.<br />
Gibt es unter den vielen Figuren der<br />
Serie welche, die Ihnen besonders<br />
am Herzen liegen?<br />
Janosch, der queere Influencer und beste<br />
Freund der Protagonistin, ist auf jeden Fall<br />
eine Figur, die mir sehr wichtig und nah<br />
ist. Da habe ich viel von mir und meiner<br />
Welt hineingepackt. Und an ihm Fragen<br />
von Zugehörigkeit, Entwurzelung und dem<br />
Zwiespalt, zwischen mehreren Welten<br />
zu stehen, durchgespielt, die man nicht<br />
zuletzt als queerer Mensch kennt. Mir war<br />
sehr wichtig, dass er nicht nur schillernd<br />
ist, sondern auch eine echte Breite und<br />
Tiefe bekommt. Aus der eher oberflächlichen<br />
Figur am Anfang wird schließlich<br />
eine ganz traurige, feine und suchende.<br />
Mit der ActOut-Aktion und<br />
dem zugehörigen Manifest<br />
hatten kürzlich 185 deutsche<br />
Schauspieler*innen ihr öffentliches<br />
Coming-out. Wie fanden Sie das?<br />
Das war ein ganz großer, längst<br />
überfälliger Schritt. Ich habe darüber<br />
mit vielen Kolleg*innen vor und hinter<br />
der Kamera in den letzten Jahren immer
FILM<br />
FOTOS: JOYN / NEUESUPER / A. UHLIG<br />
wieder gesprochen und mir genau so<br />
etwas gewünscht. Eine breite Front,<br />
die daherkommt und sagt: „Wir sind<br />
hier und wir sind überall.“ Dass man die<br />
Privatleben eines Schauspielers oder einer<br />
Schauspielerin von ihrer Arbeit trennen<br />
kann, sollte eigentlich kein Problem<br />
sein. Aber auch das ist noch lange nicht<br />
selbstverständlich, deswegen muss man<br />
immer mal wieder solche großen Bretter<br />
fahren.<br />
Es geht in diesem Kontext immer<br />
auch darum, wen man für welche<br />
Rollen besetzt. In der neuen Serie<br />
„It’s a Sin“ zum Beispiel werden alle<br />
queeren Rollen auch von queeren<br />
Schauspielern gespielt ...<br />
Ich würde das jedes Mal als Einzelfall<br />
behandeln. Ich arbeite seit Langem an<br />
einem Film mit dem Titel „Valeska“ über<br />
eine trans* Frau, den ich unter anderem<br />
deswegen noch nicht umgesetzt habe,<br />
weil ich einfach noch keine perfekte<br />
trans* Schauspielerin für die sehr herausfordernde<br />
Rolle gefunden habe. Da muss<br />
man sich dann die Frage stellen, ob ein<br />
Projekt gar nicht stattfinden soll, bloß weil<br />
man nicht „politisch korrekt“ besetzen<br />
kann? Ist das sinnvoll, wenn es gleichzeitig<br />
bedeutet, dass die entsprechenden<br />
Themen womöglich gar nicht auf der<br />
Leinwand behandelt werden? Man kann<br />
außerdem nicht unsere Situation hier im<br />
deutschsprachigen Raum mit den USA<br />
oder so vergleichen.<br />
In welcher Hinsicht?<br />
Englischsprachige Produktionen wie<br />
gerade „It’s a Sin“ haben es natürlich<br />
wesentlich leichter, alle queeren Rollen<br />
mit queeren Schauspieler*innen zu<br />
besetzen. Schon einfach, weil der Markt<br />
riesig ist – und es gleichzeitig sehr viel<br />
früher Role Models gab und sich das<br />
Selbstbewusstsein entwickelt hat,<br />
dass man queer sein und trotzdem als<br />
Schauspieler*in zum Star werden kann. So<br />
weit sind wir noch nicht. Weswegen eben<br />
ActOut auch so ein Meilenstein war. Allein<br />
um zu zeigen, was für einen großen Pool<br />
an queeren Schauspieler*innen es gibt,<br />
der einem zur Verfügung steht, wenn man<br />
bewusst so besetzen und die Community<br />
stärken will.<br />
Kurz noch ein Blick zurück zu<br />
Ihrem Film „Die Mitte der Welt“,<br />
der in diesem Jahr seinen fünften<br />
Geburtstag feiert. Wie haben Sie es<br />
damals erlebt, dass der ganz große<br />
Erfolg an der Kinokasse ausblieb?<br />
Angesichts der wahnsinnig langen<br />
Entstehungsgeschichte und der Tatsache,<br />
dass die Vorlage ein Bestseller war, war ich<br />
im ersten Moment schon sehr ernüchtert<br />
und enttäuscht, dass die Sache nicht so<br />
aufgegangen ist, wie ich es erhofft hatte.<br />
Und war auch eifersüchtig auf Filme<br />
wie „Love, Simon“ und „Call Me By Your<br />
Name“, die als queere Filme groß und<br />
aufwendig vermarktet wurden und stolz<br />
riesige Banner gedruckt bekamen. Während<br />
bei unserem Film die Thematik eher<br />
versteckt wurde und man nicht wusste,<br />
wie man damit umgehen soll. Das hat<br />
mich schon sehr frustriert. Aber natürlich<br />
freue ich mich auch, dass der Film dann<br />
trotzdem noch ein kleines Eigenleben<br />
entwickelt hat. Es gibt sehr viele Leute,<br />
die den Film kennen, und denen er – so<br />
wie mir damals das Buch – irgendwie<br />
geholfen hat.<br />
Würde er heute besser laufen?<br />
Vielleicht. Gerade durch Streamer wie<br />
Netflix ist die queere Community im<br />
Moment ja wieder stärker vertreten in<br />
den Geschichten, die erzählt werden.<br />
Dadurch kommen diese Themen und<br />
Figuren in der Gesellschaft stärker an<br />
und werden selbstverständlicher. Und die<br />
Leute wollen das scheinbar sehen. Es ist<br />
traurig, das sagen zu müssen, aber wenn<br />
ich im Moment einen queeren Stoff hätte,<br />
würde ich damit vermutlich eher bei<br />
einem Streamingdienst anklopfen als bei<br />
einem Kinoverleih.<br />
*Interview: Patrick Heidmann
FILM<br />
FOTO: WARNER / HBO<br />
STREAMING<br />
SIE KOMMEN ZURÜCK<br />
Seit Ende der 1990er war die US-Serie „Sex and the<br />
City“ ein Muss für Frauen und Queers, wenn man sich<br />
auch über die zum Teil klischeehafte Darstellung der<br />
(queeren) Charaktere ärgern konnte. Trotzdem waren<br />
die Serie und die beiden Kinofilme extrem lustig und sorgten<br />
auch für den ein oder anderen Denkanstoß. Jetzt wird an der auf<br />
der Original-TV-Serie und dem Buch basierenden Nachfolgeserie<br />
„And Just Like That“ gearbeitet, so HBO Max, der Streamingdienst<br />
von Warner.<br />
Die in der weißen oberen Mittelschicht New Yorks angesiedelte<br />
Glamour-Soap ließ uns teilhaben am geselligen Leben einer<br />
Frauenclique und ihren Liebschaften. Lange bevor es Social Media<br />
gab, wurde hier kommentiert, polarisiert und gelacht. Vor allem<br />
Schauspielerin Sarah Jessica Parker wurde in Sachen Mode zur<br />
Influencerin, die auch bestens mithalten konnte, als Social Media<br />
dann den Ton angab. Waren die vier Freundinnen –Lifestyle- und<br />
Modefachfrau Carrie Bradshaw (Sarah Jessica Parker), Heimchen<br />
Charlotte York (Kristin Davis), Vamp Samantha Jones (Kim Cattrall)<br />
und Anwältin Miranda Hobbes (Cynthia Nixon) – zu Beginn<br />
der Serie in ihren 30ern, Samantha schon damals wesentlich älter,<br />
so können wir uns jetzt auf Damen freuen, die auf die sechzig<br />
zugehen. Ein wichtiger und sicherlich unterhaltsamer Kontrapunkt<br />
zum überall herrschenden Jugendwahn. Nicht mehr dabei sein<br />
wird allerdings Kim Cattrall, die vor allem in den letzten Jahren ihre<br />
Abneigung gegenüber Sarah Jessica Parker betonte.<br />
In „Sex an the City“ ging es eigentlich immer um die Suche nach<br />
der wahren Liebe in der hektischen und so extrem hippen Großstadt.<br />
Darum, den einen Mann zu finden, für intensive Stunden<br />
oder für immer. Aufs Amüsanteste unterbrochen wurde dieser,<br />
bei aller etwaigen Melancholie immer lebensfroh umgesetzte,<br />
rote Faden durch Episoden und Szenen, die mal ironisch, mal<br />
traurig das Leben in seiner manchmal abstrusen Art abbildeten.<br />
Gaststars waren unter anderem Bradley Cooper, Liza Minnelli,<br />
Matthew McConaughey, Heidi Klum, Alanis Morissette und auch<br />
David Duchovny. Und Dido sang im Soundtrack. *rä<br />
Funfact: Donald Trump hatte ebenfalls einen Cameo-Auftritt in<br />
„Sex and the City“. Gottlob nur kurz. Aber wo war er nicht?<br />
FOTOS: ITV STUDIOS<br />
SERIE<br />
Ausgezeichneter Serienspaß:<br />
„Schitt’s Creek“<br />
Die kanadische Serienproduktion „Schitt’s Creek“ ist nicht nur extrem erfolgreich,<br />
diese humorvolle Gesellschaftssatire zeigt auch, wie man queere Charaktere<br />
sinnvoll und nicht nur als „skurrile Minderheit“ einsetzen kann. Dafür gab es zum<br />
Beispiel den „GLAAD Media Award für herausragende Comedy-Serien“.<br />
Autor, Regisseur und Schauspieler Daniel Levy, der gemeinsam mit seinem Vater<br />
Eugene die Idee zur Serie hatte und auch als David und Johnny Rose zum Hauptcast<br />
gehören, war dann auch sehr gerührt: „Ich möchte unseren Fans danken, die eine<br />
Bewegung für das Gute geschaffen haben [...] Wir lieben euch alle. Ich kann mir keine bessere<br />
Fanbase vorstellen – Menschen, die für die Botschaft unserer Serie einstehen, für Liebe, für<br />
Akzeptanz und dafür, füreinander da zu sein. Die queeren Charaktere zu kreieren, war die größte<br />
Freude meines Lebens [...] Diese Serie zu machen, war sechs Jahre lang mein absolutes Glück.“<br />
Die Serie erzählt von einer einst reichen, dann verarmten Familie, die dorthin ziehen muss, wo sie noch<br />
Besitz hat: in ein Motel nach Schitt’s Creek. Die exzentrische Großstadtfamilie Rose muss sich fortan<br />
mit Rednecks und Dorfturbulenzen rumschlagen. Schreiend komisch! *rä
meine<br />
gay<br />
cruise<br />
Gran Canaria - Madeira -<br />
Lanzarote - La Palma - Gomera -<br />
Gran Canaria FEBRUAR 2022<br />
Alle neuen Infos im Newsletter unter<br />
www.mcruise.de/newsletter
MUSIK<br />
INTERVIEW<br />
MARCELLA<br />
ROCKEFELLER<br />
Seit über zehn Jahren ist Marcella in<br />
der Szene und auch in den Medien<br />
eine feste Größe. Was sie so besonders<br />
macht, ist, dass sie eine Sängerin ist. Wir<br />
sprachen mit La Rockefeller über ihr erstes<br />
Album, Céline Dion, Rosenstolz und Drag.<br />
Ein großer Einfluss war Rosenstolz.<br />
Ja, ich fand das schon immer extrem<br />
verblüffend, wie diese Texte mein Leben<br />
repräsentiert haben. Zum Beispiel „Wenn<br />
Du jetzt aufgibst“, was habe ich dieses<br />
Lied nächtelang gehört, weil ich dachte,<br />
es geht nicht mehr! Aber die Botschaft<br />
ist: Du hast schon einen Riesenberg hinter<br />
dir, du schaffst es. Diese Ehrlichkeit der<br />
Texte!<br />
Ein gutes Stichwort. Ist Ehrlichkeit<br />
in der Musik wichtiger als Glamour<br />
und Show?<br />
Nun, ich sage mal so: Showbusiness ist<br />
eben Show. Aber ich bin einfach eine<br />
sensible Seele, die sehr viel Wert darauf<br />
legt, dass Texte etwas ausdrücken, womit<br />
man sich identifizieren kann. Oft hatte<br />
ich etwas „Angst“, Stars kennenzulernen,<br />
weil sich mitunter rausstellte, dass die gar<br />
nicht so cool sind, dass da mehr Show<br />
als Sein war … Und bei Peter und Ulf (von<br />
Rosenstolz, Anm. d. Red.) ist das genau<br />
das Gegenteil, da steht SO viel mehr<br />
hinter der Musik.<br />
Glaubst du, dass deine perfekte<br />
Optik deiner „handgemachten“<br />
Musik im Weg steht? Oder dass du<br />
eine Dragqueen bist?<br />
Ich mache mir aus der Erscheinung<br />
überhaupt nichts. Aber ich habe<br />
schon vor zwölf Jahren gemerkt, dass<br />
Marcella ein viel größeres Sprachrohr<br />
für mich ist, als wenn ich als Marcel<br />
stehe und singe. Ich habe diesen Weg<br />
und dass ich dieses Album machen<br />
konnte, Marcella zu verdanken! Wenn<br />
eine Dragqueen singt oder auf der Bühne<br />
steht, dann schauen die Leute … Es ist<br />
einfach schön, bei jungen Leuten, bei<br />
Kindern, dieses Leuchten in den Augen<br />
zu sehen. Ich bin es aber auch gewohnt,<br />
von manchen Menschen Abneigung zu<br />
erfahren. Authentischer als Marcella<br />
kann ich nicht sein.<br />
Glaubst du, es ist heute einfacher als<br />
vor zehn Jahren, als Dragqueen ernst<br />
genommen zu werden?<br />
Ich muss sagen, dass ich selbst immer<br />
wieder überrascht bin, wie ernst ich<br />
genommen werde. Aber dafür kämpft<br />
man ja als Musiker. Das macht mich<br />
unendlich glücklich. Ich bin ja kein<br />
Clown, der Stimmung macht! Meine<br />
Musik ist auch nicht Drag-typisch, ich<br />
breche die Erwartungen der Leute, die<br />
Elektronisches oder Lady Gaga erwarten.<br />
Ich mache melancholische Musik, aber<br />
keine depressive …<br />
Wie ist das Album entstanden?<br />
Warst du in Drag?<br />
Nein, ich habe die Lieder als ungeschminkter<br />
Mann aufgenommen. (lacht)<br />
Wobei, manchmal hatte ich tatsächlich
„Das hätten<br />
noch 100<br />
mehr werden<br />
können“<br />
MUSIK<br />
eine Perücke auf, wenn wir danach noch<br />
etwas gedreht haben. Entstanden ist<br />
es mit Elias Kunz in Hannover, der zwar<br />
etwas jünger als ich, aber auch eine<br />
„alte Seele“ ist. Wir haben einige Songs<br />
von Rosenstolz und von Peter Plates<br />
Soloplatte überarbeitet. 2020 hatten wir<br />
„Der größte Trick“ rausgebracht, eigentlich<br />
war das nur ein Projekt, nachdem mich<br />
Peter Plate zuvor auf Instagram mit<br />
Sarah Connors „Vincent“ entdeckt hatte.<br />
Dann kam „Der blaue Sonntag“ … Das hat<br />
alles so Spaß gemacht, dass Peter mir<br />
vorschlug, ein ganzes Album zu machen.<br />
Wir hatten so viele Ideen … Das hätten<br />
noch 100 Lieder mehr werden können.<br />
Verzeih mir das Wort: „Verstellst“ du<br />
deine Stimme beim Singen?<br />
Alles gut, ich weiß, was du meinst. Heute<br />
mache ich das nicht mehr. Tatsächlich<br />
habe ich aber früher gedacht: „Ich muss<br />
die Höhen von Céline Dion treffen, egal,<br />
wie beschissen das nachher klingt.“ Ich<br />
habe lange versucht, meine Stimme<br />
zu verstellen, heute bin ich bei meiner<br />
Stimme angekommen und fühle mich<br />
sehr wohl so, wie ich singe.<br />
Welches Lied sollte ein hektischer<br />
Spotify-Hörer mal anhören, um<br />
einen guten Eindruck vom Album zu<br />
erhalten?<br />
Hm, ich würde „Die Liebe kennt mich<br />
nicht“ empfehlen, jeder hatte schon mal<br />
das Gefühl, dass man an den Falschen<br />
geraten ist, der es nicht gut mit einem<br />
meint. Einfach eine wunderschöne<br />
Nummer, und „Lass sie reden“, im Original<br />
von Rosenstolz.<br />
FOTOS: MIRKO PLENGEMEYER<br />
Findest du deine Version besser?<br />
Ich würde mich nie mit AnNa R. oder<br />
Rosenstolz messen. Ich kann es nicht<br />
vergleichen, ich möchte es auch nicht.<br />
Meine Follower kennen die Lieder im<br />
Original nicht, sie folgen mir, weil ich bin,<br />
wie ich bin. Und ich freue mich, dass ich<br />
einer neuen Generation die Message<br />
von Rosenstolz, von Peter, AnNa und Ulf,<br />
weitergeben kann.<br />
Du bist ein sensibler Mensch. Ist<br />
dann der Beruf im Showbusiness<br />
eine Mutprobe?<br />
Ich habe schon viel Schlimmes gelesen,<br />
vor allem damals beim „Supertalent“, die<br />
Kommentare kann man ja heute noch<br />
lesen. Es ist mir eigentlich relativ egal.<br />
Was mich damals getroffen hat, ist, dass<br />
es meine Mutter getroffen hat, sie hatte<br />
mich auf Facebook verteidigt … Ich habe<br />
einen extrem festen und lieben Inner<br />
Circle im Freundeskreis, auch Peter und<br />
Ulf stehen voll und ganz hinter mir. Diese<br />
Unterstützung stärkt. Aber ich war zwölf<br />
Jahre lang Dragqueen, ich habe eine harte<br />
Schule hinter mir! (lacht)<br />
*Interview: Michael Rädel<br />
www.facebook.com/<br />
MarcellaRockefellerOfficial
MUSIK<br />
NACHGEFRAGT<br />
OWEN<br />
FOTO: YUULA BENIVOLSKI<br />
PALLETT<br />
„Es ist so wichtig,<br />
mit Fremden zu<br />
reden“<br />
Es hat lange gedauert, bis Owen<br />
Palletts neustes Album „Island“<br />
erscheinen konnte – der Vorgänger „In<br />
Conflict“ stammt immerhin schon aus<br />
dem Jahr 2014. Woran es lag? Zum Großteil<br />
an ihm selbst.<br />
Der Kanadier, der seine ersten Schritte<br />
unter dem Namen Final Fantasy gemacht<br />
hat und mittlerweile für seine Arbeit mit<br />
Arcade Fire mit einem Grammy ausgezeichnet<br />
wurde, hat einfach viel zu tun.<br />
Ob Arrangements für Frank Ocean und<br />
Christine and The Queens, Taylor Swift<br />
oder die Pet Shop Boys oder die zahlreichen<br />
Aufträge für Filmmusik. Es dauerte<br />
einfach. „Dabei habe ich gar nicht hart<br />
an dem Album arbeiten müssen, es kam<br />
schnell zusammen. Sehr schnell. Es hat<br />
sich nur lange hingezogen aufgrund all der<br />
anderen Projekte.“ Selbst die Aufnahmen<br />
mit dem London Contemporary Orchestra<br />
in den Abbey Road Studios waren kein<br />
Drama. „Das war ein symbiotisches<br />
Verhältnis. Und es ist auch einfach meine<br />
Aufgabe als Arrangeur, so zu schreiben,<br />
dass man mich versteht.“<br />
Zu seiner eigenen Überraschung setzt<br />
Owen auf „Islands“ eine Geschichte fort,<br />
die er mit seinem Solodebüt „Heartland“<br />
2010 begonnen hat, und die von einem<br />
Mann namens Lewis und seinem Ringen<br />
mit einem Gott namens Owen handelt –<br />
und die am Ende des neuen Albums dazu<br />
führt, dass Lewis in den Weltraum gefickt<br />
wird („Lewis Gets Fucked Into Space“<br />
heißt dieses Lied dann auch bestechend<br />
direkt). Erst als Owen mit dem Album<br />
fast durch war, spürte er, wie gut er mit<br />
diesen dunklen, intensiven Liedern Lewis’<br />
Story fortsetzen konnte. „Ich hatte die<br />
meisten Lyrics fertig, als mir auffiel, dass<br />
es Sinn ergibt, wenn die Songs in sein<br />
Narrativ eingepasst werden.“ Jetzt weiß<br />
Owen auch, dass es irgendwann ein drittes<br />
Album um diesen eigenartigen Charakter<br />
geben wird, selbst wenn es unsicher ist,<br />
wann es kommt. Bis dahin schwebt Lewis<br />
einfach weiter im Weltraum umher.<br />
Doch selbst so eine eigenartige Handlung<br />
wie diese hat es schwer, mit unserer<br />
Realität zu konkurrieren, denn es waren<br />
auch für Owen Pallett sehr eigenartige<br />
zwölf Monate. „Dabei hat sich mein<br />
Leben weniger als das Leben anderer<br />
Menschen geändert. Ich habe wie immer<br />
zu Hause gearbeitet, mein Studio ist ja<br />
auch hier. Irgendwo war es zwar schon<br />
enttäuschend, nicht auf Tour zu sein –<br />
andererseits war ich aber auch seit 2017<br />
nicht mehr unterwegs.“ Was Owen am<br />
meisten berührt, ist, wie sich die Pandemie<br />
auf seine Freunde, Familie und Liebhaber<br />
auswirkt: „Sie sind so gestresst, so einsam.“<br />
Owen selbst fehlt es vor allem, neue<br />
Menschen zu treffen. „Es ist so wichtig,<br />
mit Fremden zu reden, für dich, für dein<br />
Gehirn. Bei mir in Toronto begegne ich<br />
normalerweise immer neuen Leuten.“<br />
Inwieweit sich das alles auch auf ihn<br />
auswirkt, kann er kaum sagen, er weiß nur,<br />
dass er in diesen Monaten nichts Neues<br />
geschrieben hat, „ich fühlte mich nicht<br />
so. Aber ich habe Aufträge gesucht und<br />
viele gefunden.“ Doch vor allem hat er die<br />
Zeit genutzt, um an seinem Instrument<br />
zu üben, der Violine. „Ich bin richtig gut<br />
geworden!“, sagt er, obwohl er sie bereits<br />
seit dem dritten Lebensjahr spielt und<br />
am Anfang seiner Karriere gerade für sein<br />
Geigen berühmt wurde. Doch jetzt habe er<br />
ein ganz neues Niveau erreicht, berichtet<br />
er stolz. „Wenn ich wieder auf der Bühne<br />
bin, werde ich richtig spektakulär sein.<br />
Diese Wochen waren wie musikalische<br />
Push-ups für mich. Allerdings“, lacht er,<br />
„habe ich dafür keine echten gemacht.<br />
Ich bin in einer schlechteren körperlichen<br />
Verfassung als jemals zuvor in meinem<br />
Leben!“ Und er klingt dabei nicht, als würde<br />
ihm das Sorgen bereiten. *fis
MUSIK<br />
TIPP<br />
Ungewöhnlich:<br />
Charlotte Cardin<br />
Hier ist es also, das Debütalbum der kanadischen Sängerin:<br />
„Phoenix“. Für sie sei das stimmige Werk eine Befreiung<br />
gewesen, „und wenn andere sich damit ebenfalls von Druck<br />
und Erwartungen befreien können“, habe es seinen Zweck<br />
erfüllt. Ganz wunderbarer Pop mit Kanten, Ecken und<br />
Melodien einer großen<br />
Singer-Songwriterin mit<br />
starker und wandlungsfähiger<br />
Stimme. Unsere<br />
Anspieltipps sind<br />
„XOXO“, „Meaningless“<br />
sowie „Je quitte“ und<br />
„Passive Aggressive“. *rä<br />
JAZZ<br />
ERIK LEUTHÄUSER:<br />
„Gegen jede Art von<br />
Depression hilft ja<br />
bekanntlich Lachen“<br />
Der queere Sänger ist einer DER Geheimtipps der Jazz-<br />
Welt. Sein kommendes Album nimmt sich des Œuvre<br />
eines weniger bekannten US-Songwriters an: Kent<br />
Carlson.<br />
Über sein neues Album „In The Land of Kent Carlson“<br />
verrät der Künstler: „Kents Song-Lyrics erinnern mich<br />
manchmal an die Direktheit und den Witz eines Dave<br />
Frishberg oder Bob Dorough.“ In der Tat: Doppeldeutige<br />
oder ungewöhnliche Geschichten scheinen in den Texten<br />
immer durch. Etwa bei „The Obsessing-on-my-Baby<br />
Blues“, darüber verrät Erik Leuthäuser: „Er erzählt von<br />
einer Zeit, in der man die besessene Verrücktheit nach<br />
einer Person noch durchaus poetisch als Krankheit<br />
bezeichnen konnte, die einem den ,Blues‘ gibt. Aber<br />
gegen jede Art von Depression hilft ja bekanntlich<br />
Lachen. Und lachen musste ich zahlreich beim Lernen<br />
dieses fast schon absurden Textes.“ „Alle Songs von Kent<br />
haben die Zeitlosigkeit von Jazzstandards gemischt mit<br />
tollen authentischen Texten. Bei ,You Never Have to Say<br />
(I Love You)‘ speziell schätze ich sehr die Message: Liebe<br />
braucht keine vielen Worte. Love is action!“ Das Album,<br />
übrigens eingespielt<br />
mit dem Pianisten<br />
Wolfgang Köhler, soll<br />
am 11. <strong>Juni</strong> erscheinen.<br />
*rä<br />
www.facebook.com/<br />
erikleuthaeuserpage,<br />
erik-leuthaeuser.de<br />
IM NAMEN DER LIEBE TOUR 2022<br />
MIT<br />
NEUEN HITS<br />
UND<br />
GROSSEN<br />
KLASSIKERN<br />
NACHHOLTERMIN<br />
22.04. NÜRNBERG<br />
26.04. MÜNCHEN<br />
27.04. KÖLN<br />
29.04. BERLIN<br />
30.04. FRANKFURT<br />
AM MAIN<br />
DAS NEUE ALBUM „IM NAMEN DER LIEBE“ JETZT ÜBERALL!<br />
TICKETS unter:<br />
www.eventim.de<br />
09.05. DRESDEN<br />
11.05. LEIPZIG<br />
12.05. HANNOVER<br />
13.05. HAMBURG<br />
15.05. BOCHUM
MUSIK<br />
INTERVIEW<br />
JENDRIK:<br />
Auf einmal ist er da: Jendrik Sigwart,<br />
26 Jahre alt, Hamburger und von<br />
Beruf Musicaldarsteller, war ein komplett<br />
unbeschriebenes Blatt, als er im Februar<br />
von der zuständigen Jury zum deutschen<br />
Teilnehmer am diesjährigen Eurovision<br />
Song Contest am 22. Mai in Rotterdam<br />
auserkoren wurde. Sein federleicht<br />
klingender Popsong „I Don’t Feel Hate“<br />
geht ohne Umwege in die Ohren, hat eine<br />
sinnvolle Botschaft und eine Ukulele. Aber<br />
wer ist dieser Typ überhaupt? Am Telefon<br />
erlebten wir einen aufgeweckten, quirligen<br />
und komplett sympathischen Jendrik.<br />
Der Name Jendrik ist ziemlich<br />
ungewöhnlich. Gibt es dazu eine<br />
Geschichte?<br />
Es ist einfach so, dass meine Eltern Namen<br />
mögen, die ein bisschen besonders sind.<br />
Oder sie haben herkömmlichere Namen<br />
genommen und einfach einen Buchstaben<br />
ausgetauscht. So wie bei mir. Oder bei<br />
meinem älteren Bruder Marten. Tatsächlich<br />
habe ich in meinem gesamten Leben<br />
bisher nur einen einzigen anderen Jendrik<br />
kennengelernt.<br />
Wie viele Geschwister hast du?<br />
Vier. Die fiebern jetzt natürlich alle mit<br />
mir mit. Aber ich bin definitiv der einzige<br />
richtige Mega-ESC-Fan in der Familie.<br />
Wie sehr bestimmt die Teilnahme am<br />
Eurovision Song Contest momentan<br />
dein Leben?<br />
Tatsächlich ist mein Leben aktuell noch<br />
recht entspannt. Vorhin hatte ich sogar<br />
noch Zeit zum Playstation-Spielen.<br />
Was hast du gespielt?<br />
„Dead by Daylight“. Das ist ein Horrorspiel,<br />
das man online mit mehreren Leuten spielt.<br />
So eine Art virtuelles Versteckspiel. Mir<br />
macht das sehr viel Spaß, obwohl ich mir<br />
Horrorfilme absolut nicht angucken kann.<br />
Warum das nicht?<br />
Weil ich vor ihnen Angst habe. (lacht) Ich<br />
bin sehr schreckhaft, und einmal musste<br />
ich während eines Gruselfilms im Kino laut<br />
schreien. Ich konnte es nicht unterdrücken<br />
und habe mich ein bisschen geschämt.<br />
Obwohl du keine Horrorfilme guckst,<br />
hast du dir also doch einen angeschaut.<br />
Zwei Freunde und ich. Wir sind immer zu<br />
einer ganz bestimmten Uhrzeit ins Kino<br />
gegangen und haben dann grundsätzlich<br />
den Film ausgesucht, der als Nächstes lief.<br />
Warst du beliebt in der Schule?<br />
Innerhalb unserer Klasse war ich einer von<br />
den „coolen“ Kids, aber nach außen galten<br />
wir komplett als die Loser- und Opferklasse.<br />
Also ja und nein. Ich selbst war auch beides:<br />
der Mobber und der Gemobbte.<br />
Die Aussage deines ESC-Songs ist ja,<br />
dass du auf Hass nicht mit Gegenhass,<br />
sondern mit Gelassenheit und<br />
Mitleid reagierst. Erinnerst du dich,<br />
wann und warum du dieses Lied<br />
geschrieben hast?<br />
Als wäre es gestern gewesen! Das war im<br />
Frühsommer 2019, nachdem mich eine<br />
andere Person respektlos und von oben<br />
herab behandelt hat. Ich dachte „Was<br />
bist du für ein übler Mensch“, aber dann<br />
beschloss ich, eben nicht aggressiv auf<br />
diesen Angriff zu reagieren. Denn dadurch<br />
lernt die oder der andere nichts. Stattdessen<br />
habe ich der Person ganz ruhig gesagt,<br />
dass ich ihr Verhalten respektlos finde.<br />
Daraus ist dieser Song entstanden.<br />
Funktioniert dieses Konzept?<br />
Sehr häufig ja. Wobei es, grob gesagt, zwei<br />
Arten von Anfeindungen gibt: Auf oberflächliche<br />
Sprüche wie „Deine Frisur finde<br />
ich scheiße“ reagiere ich überhaupt nicht.<br />
So was ist mir echt egal, denn ich mag<br />
meine Frisur ja. Bei wirklich diskriminierenden<br />
Beleidigungen, bei Homophobie oder<br />
Rassismus sollte man aber etwas sagen.<br />
Man sollte dem anderen klarmachen, dass<br />
das, was er sagt, absolut falsch ist. Diesen<br />
Weg versuche ich in dem Song aufzuzeigen.<br />
Auf eine sehr unterhaltsame Weise.<br />
Klar. Ich habe „I Don’t Feel Hate“ ja auch<br />
geschrieben, um gute Laune zu verbreiten<br />
und negative Gefühle in etwas Positives zu<br />
verwandeln.<br />
Hast du persönlich Erfahrungen mit<br />
Diskriminierung gemacht?<br />
Natürlich. In letzter Zeit vor allem online.<br />
Kommentare wie „Du Schwuchtel“ gibt es<br />
immer wieder. Ich reagiere sachlich darauf<br />
und antworte: „Das verletzt mich.“<br />
*Interview: Steffen Rüth<br />
Das ganze Interview findet ihr auf<br />
männer.media. Mehr Features dieser Art<br />
gibt es auf Instagram/blumediengruppe.
www.männer.media<br />
immer aktuell<br />
informiert
MUSIK<br />
FOTO: WARNER MUSIC<br />
NACHGEFRAGT<br />
MARINA<br />
Zoom-Interview mit Katze<br />
Marina Diamandis plagen gleich<br />
mehrere Allergien. Dauernd muss<br />
sie niesen und schniefen, sie unterbricht<br />
sogar kurzfristig das Gespräch, um sich<br />
neue Taschentücher zu holen. Weil sie<br />
nicht in Bestform ist, möchte die Sängerin<br />
während des Zoom-Interviews die Kamera<br />
lieber ausgeschaltet lassen.<br />
Auch ohne Bildübertragung kriegt man<br />
allerdings einiges von ihrem Leben in Los<br />
Angeles mit. Eigentlich wollte sie dort<br />
lediglich ihr fünftes Album „Ancient Dreams<br />
in a Modern Land“ aufnehmen und dann<br />
wieder nach London zurückkehren, doch<br />
während des ersten Lockdowns beschloss<br />
die Waliserin, ganz nach Kalifornien zu<br />
ziehen. Mit ihrer schwarzen Katze, die sich<br />
lautstark bemerkbar macht, nachdem sie<br />
aufgewacht ist. Daran ist die 35-Jährige<br />
gewöhnt, somit bringt sie das Miauen nicht<br />
gleich aus der Fassung. Sie redet völlig<br />
gelassen weiter über das Konzept ihres<br />
jüngsten Langspielers. Im Grunde sei er in<br />
zwei Teile geteilt, sagt sie: „Die erste Hälfte<br />
fokussiert sich mehr auf das Sozialkritische,<br />
dann kommen die Trennungssongs.“<br />
Zu ihnen zählt zum Beispiel „I Love You,<br />
But I Love Me More“. Mit diesem Lied<br />
verabschiedet sich Marina, die ihren<br />
Künstlernamen Marina and the Diamonds<br />
schon mit ihrer letzten Platte „Love + Fear“<br />
abgelegt hat, endgültig von ihrem Exfreund.<br />
Es knüpft musikalisch zweifellos mit seinem<br />
eingängigen Indie-Pop an das Debüt<br />
„The Family Jewels“ an – was im Übrigen für<br />
die meisten Nummern gilt. Eine bewusste<br />
Entscheidung sei das aber nicht gewesen,<br />
hält Marina dagegen: „Wahrscheinlich stellt<br />
sich dieser Sound einfach ein, wenn ich<br />
alleine schreibe.“<br />
So entstanden Ohrwürmer wie „Purge<br />
the Poison“. In dieser Powerpop-<br />
Nummer bringt Marina allerlei Themen<br />
von Rassismus über Frauenhass, #MeToo,<br />
Quarantäne und Mutter Natur bis zu<br />
Menschlichkeit aufs Tableau. „Es hat 91<br />
Botschaften“, witzelt sie. „Im Ernst: Dieser<br />
Track entstand zu Beginn der Pandemie,<br />
also in einer äußerst verwirrenden Zeit.<br />
Mein Ziel war es, Schnappschüsse des 21.<br />
Jahrhunderts einzufangen.“ Mal erinnert<br />
sie daran, wie sich Britney Spears 2007 ihre<br />
Haare abrasiert hat. Mal beschwört sie den<br />
Harvey-Weinstein-Missbrauchsskandal<br />
herauf: „Letztlich wirft dieser Song die Frage<br />
auf: Was ist eigentlich Weiblichkeit?“<br />
Die Bedürfnisse der Frauen treiben<br />
Marina auch in dem Stück „Man‘s World“,<br />
für dessen Produktion sie sich ein rein<br />
weibliches Team zur Seite stellte, um. Da<br />
spricht sie mit der Zeile „I don‘t wanna live<br />
in a man‘s world anymore“ Klartext. „Ich<br />
kämpfe jeden Tag gegen das Patriarchat“,<br />
erklärt sie. „Meiner Ansicht nach profitieren<br />
Männer von Gleichberechtigung nicht<br />
weniger als wir Frauen.“ Ginge es nach ihr,<br />
dann dürfte sich niemand über andere<br />
erheben. Insbesondere die Diskriminierung<br />
von Minderheiten wie LGBTIQ*-Bewegung<br />
geht ihr gegen den Strich. Nicht umsonst<br />
spielt sie in „Man‘s World“ auf einen Sultan<br />
an, der in seinem Land die Todesstrafe für<br />
Homosexuelle eingeführt hat. Gemeint<br />
ist Hassanal Bolkiah, ihm gehört das<br />
„Beverly Hills Hotel“ in Los Angeles. „Wie<br />
kann jemand auf der einen Seite ein<br />
wunderschönes Hotel besitzen, das bei<br />
der queeren Community extrem angesagt<br />
ist und auf der anderen Seite homophob<br />
sein“, empört sich Marina. „Ich habe gehört,<br />
dass dieser Mann in seiner Heimat Schwule<br />
zu Tode steinigen lässt.“ Nicht nur für die<br />
Künstlerin ist das ein Verstoß gegen die<br />
Menschenrechte: „Keiner sollte aufgrund<br />
seiner Sexualität verurteilt werden.“<br />
*Dagmar Leischow
POP<br />
Lana Del Rey<br />
Seit etwa zehn Jahren lässt die Sängerin uns<br />
melancholisch werden – und das auch noch<br />
genießen. Unlängst erschien ihr neues Album:<br />
„Chemtrails over the Country Club“, das einmal<br />
mehr chillen und träumen lässt. „Vielleicht war ich<br />
mit meiner Geschichte und meinen Erlebnissen,<br />
die ich in die Songs einfließen ließ, zu ehrlich? Komplexität im Pop ist immer noch verwirrend<br />
für manche Menschen. Ich habe tatsächlich aus meinem Leben berichtet, und<br />
nicht nur nichtssagende, freundliche Sommerliedchen geträllert.“ Vertonte Sehnsucht,<br />
großer Pop. Lana Del Rey (geboren am 21. <strong>Juni</strong> 1985) haucht, singt und flüstert und<br />
macht auch ihr siebtes Studioalbum „Chemtrails over the Country Club“ – erhältlich als<br />
CD, Kassette, Download und auf Vinyl – zum großen Wurf. *rä<br />
COMEBACK<br />
KLEE trotz alledem<br />
Das Kölner Pop-Duo KLEE meldet sich zurück!<br />
<strong>2021</strong> starten Suzie und Sten mit neuen Hits und<br />
dem Album „TROTZALLEDEM“ wieder durch.<br />
Gerade jetzt in der Pandemie machen sie Mut<br />
und lenken ab von den alltäglich gewordenen<br />
(Corona-)Hiobsbotschaften aus aller Welt.<br />
Über KLEE: 2002 begann die Karriere der Band mit dem Klub-Hit „Erinner dich“,<br />
einem melancholischen Rückblick auf eine Beziehung, umschmeichelt von sanften<br />
Elektrobeats. 2005 gelang KLEE dann mit dem poppigen „Gold“ der erste richtige<br />
Hit und 2008 mit „Zwei Herzen“ aus dem Album „Berge versetzen“ dann der bisher<br />
größte Wurf in Sachen Vielfalt. 2011 folgte das bis dato erfolgreichste Album „Aus<br />
lauter Liebe“. Musiziert hat die Band bereits schon ab 1997, damals nannte man sich<br />
aber noch Ralley. 2015 erschien ihr letztes Album „Hello Again“ – Platz 23 war für die<br />
neuinterpretierten Schlager drin. Unsere Anspieltipps auf „TROTZALLEDEM“ sind<br />
„Kopfüber“, „Glitzer drauf“ und „Septembernebel“. *rä<br />
www.kleemusik.de<br />
EURODANCE<br />
Retro-Freuden<br />
auf Platte<br />
In den 1990ern gab es unzählige Musikprojekte,<br />
die mit wechselnden Sängerinnen sowie von Techno,<br />
Trance und House inspirierten Beats und nicht mehr<br />
als vier Sätzen pro Lied weltweit Hits landeten.<br />
Nicht alle waren schlecht.<br />
Zu den Guten gehört zum Beispiel Odyssey (nicht zu verwechseln mit der gleichnamigen<br />
Soul-Disco-Formation). Dieses deutsche Eurodance-Projekt landete zwischen<br />
1993 und 1998 diverse Hits und veröffentlichte zwei Alben – das eine gibt es jetzt<br />
erstmals auf Vinyl: „Love Train“. Unsere Anspieltipps sind die Chart-Erfolge „Move<br />
Your Body“, „Into The Light“ und „Riding on a Train“. Mit involviert bei Odyssey waren<br />
unter anderem DJs wie Quicksilver und Projekte wie U.S.U.R.A., gesungen hat immer<br />
die großartige Lisa Cash, die auch heute noch Erfolg hat – etwa mit und bei Nina<br />
Hagen, den Brothers Keepers/Sisters Keepers oder Samy Deluxe. *rä<br />
www.maschinarecords.com<br />
CD, 2xLP & DIGITAL<br />
“Unter all den großen<br />
Werken, die uns Pallett in<br />
den letzten anderthalb<br />
Jahrzehnten geschenkt<br />
hat, ist dies das größte,<br />
berührendste - und<br />
das verstörendste.“<br />
ROLLING STONE GERMANY<br />
JULY 2020
KUNST<br />
FOTOGRAFIE<br />
MÄNNER<br />
AUS STOCKHOLM<br />
Der Fotograf Jonas Norén war gerade einmal vier<br />
Jahre alt, als er das erste Mal eine Kamera in den<br />
Händen hielt.<br />
Mittlerweile ist der Skandinavier einer der ganz<br />
Populären in der queeren und homoerotischen<br />
Fotografenszene. Wir haben einige seiner besten<br />
Bilder für dich versammelt. „Ich finde meine Models<br />
im Fitnessstudio, auf Facebook und auf Instagram.<br />
Und manchmal finden sie mich ...“, verriet uns<br />
Jonas Norén im Chat. Wer von dem schwedischen<br />
Künstler abgelichtet werden will, der kann sich via<br />
Social Media bei ihm melden. Vor Kurzem erschien<br />
auch ein Buch von Jonas Norén (wir berichteten):<br />
„Human Behind the Penis“. Schwule Kunst, die<br />
durch das Können des Machers und ihre innewohnende<br />
Erotik überzeugt. *rä<br />
www.jonasnoren.se,<br />
www.facebook.com/jonasnoren.se,<br />
www.instagram.com/jonasnoren.se,<br />
mehr Features dieser Art auf instagram.com/<br />
blumediengruppe
MALEREI<br />
ROSS<br />
WATSON<br />
Oft widmete sich der australische<br />
Künstler Ross Watson der malerischen<br />
Neuinterpretation von Stilen<br />
und Werken alter Meister, momentan<br />
erfreut er mit nackten Ansichten<br />
und Uniformen.<br />
KUNST<br />
Unbekleidete Trainierte neben den<br />
Wachen der Königshäuser! Das mag<br />
den einen oder anderen sicher vor<br />
den Kopf stoßen, schafft aber auch<br />
eine Intensität, die sonst selten so<br />
schnell beim Betrachter hervorgerufen<br />
wird. Denn so verbindet sich<br />
der erotische Muskelmann mit dem<br />
ehrwürdigen Traditionellen, was ja<br />
auch schon fast wieder etwas Sakrales<br />
hat. Der 1962 geborene australische<br />
Maler Ross Watson stellte<br />
schon erfolgreich in London, Berlin<br />
und Los Angeles aus und nahm an<br />
Gruppenausstellungen zeitgenössischer<br />
internationaler Künstler in<br />
der australischen Nationalgalerie<br />
und auf der Kunstmesse Toronto<br />
teil. Weltstar Sir Ian McKellen ist Fan<br />
und unser aller Piano-Meister Sir<br />
Elton John hat auch schon Watsons<br />
Kunst gekauft. *rä<br />
www.rosswatson.com,<br />
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instagram.com/blumediengruppe<br />
3DVD<br />
mit beiden<br />
Halbfinals und<br />
Finale<br />
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erhältlich!<br />
Album<br />
mit allen<br />
Teilnehmersongs<br />
ab sofort als<br />
2CD und<br />
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erhältlich!<br />
www.eurovision.tv · www.universal-music.de/eurovisionsongcontest
BUCH<br />
ROMAN<br />
Noch immer erleben Trans* Gewalt, werden umgebracht, verjagt, verspottet<br />
und zur Prostitution gezwungen. Harter Tobak, thematisiert in<br />
einem wunderbaren Buch.<br />
Die 1982 in Argentinien geborene Autorin und Schauspielerin Camila Sosa Villada<br />
erzählt in ihrem unlängst beim Berliner Suhrkamp Verlag erschienenen Roman „Im<br />
Park der prächtigen Schwestern“ (im Original erschienen als „Las Malas (Tusquets<br />
Editores, Planeta de Libros, Buenos Aires“) vom Zusammenhalt und dem Leid<br />
einer Gruppe von Trans*-Prostituierten in einem Park in Córdoba, der nachts „zur<br />
Wildnis“ wird. Hierher, in den Sarmiento, verschlägt es die junge Camila, als sie vor<br />
familiärem Hass in die angebliche Anonymität der Stadt flüchten muss ... Hier<br />
erlebt sie Fürsorge, Freundschaft und Akzeptanz. Sie alle wollen keine Opfer sein,<br />
sie wollen leben. *rä<br />
KINDER<br />
ELIAS<br />
LIEBT EINEN MÄRCHENPRINZEN<br />
Gleichgeschlechtliche Liebe<br />
kommt in den allermeisten<br />
Geschichten nicht, kaum oder<br />
nur am Rand vor. Schön, dass es<br />
Bücher wie diese gibt: „Elias und<br />
die Märchenrevolution“ und „Elias<br />
und die Konferenz der Gefühle“.<br />
Beide Bücher stammen aus der<br />
Feder des in Bayern geborenen<br />
Wahl-Wieners Harald Buresch,<br />
der als Musical-Darsteller<br />
tätig war und jetzt hinter den<br />
Bühnenkulissen in der Kinder- und<br />
Jugendpädagogik wirkt. Und<br />
eben als Buchautor in diesen<br />
belastenden Zeiten von Krisen-,<br />
Pandemie- und Internet-Hass-<br />
News ganz wunderbar ablenkt.<br />
„ELIAS, ein moderner Held in Märchengeschichten,<br />
die Klein und<br />
Groß gleichermaßen begeistern.<br />
Nicht zuletzt die Liebesgeschichte<br />
zwischen ELIAS und dem<br />
Märchenprinzen sowie viel Humor<br />
machen die ELIAS-Bücher zu<br />
etwas ganz Besonderem“, verrät<br />
uns der Autor via E-Mail.<br />
„Die altbekannten Märchen von<br />
Rotkäppchen bis Aschenputtel<br />
haben ausgedient: Kinder von<br />
heute interessieren sich nicht<br />
mehr für sie. Es herrscht Welt-<br />
Märchen-Krise! Elias gibt ihnen<br />
neue Botschaften und verhilft<br />
den märchenhaften Held*innen<br />
zu einem modernen und<br />
zeitgemäßen Neuanfang“, so der<br />
Wiener Queer. In seinen Büchern<br />
treffen wir auch alte Bekannte,<br />
doch Queerness scheint in dieser<br />
Märchenwelt keine neue Erscheinung:<br />
„Selbst Rotkäppchens<br />
** Großmutter hat darüber die<br />
ein oder andere Story parat“, so<br />
Harald Buresch. *rä<br />
www.maerchenheld.com<br />
** Es gibt viel ältere Versionen als die der<br />
Gebrüder Grimm. Nicht in allen hilft ein Jäger,<br />
mitunter befreit sich Rotkäppchen selbst. Immer<br />
schwingt aber mit, dass sich Mädchen nicht<br />
auf fremde Männer einlassen, „nicht vom Weg<br />
abkommen“ sollen.
DATES. FREUNDE. LIEBE.<br />
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und Transgender. Lade die App herunter oder logge dich in unsere Webseite ein.<br />
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BUCH<br />
BILDBAND<br />
ZWANZIG NACKEDEIS<br />
IN DER NATUR<br />
Und im Pool! Diese Jungs hatten dabei viel Spaß – und lassen dich dank<br />
Salzgeber an ihren Erinnerungen teilhaben.<br />
Die Macher der Vollerotikseite CockyBoys, Jake Jaxson und RJ Sebastian,<br />
veröffentlichten gerade zusammen mit Salzgeber diesen äußerst<br />
erotischen, aber nicht peinlichen, Bildband. „SUMMER BOYS“ bietet auf 160<br />
Seiten farbenfrohe, schwule und vom Sommer geküsste Fotografie(-Erotik)<br />
in Buchform. Entstanden seien diese Bilder in einem Camp im Wald samt<br />
Ferienhütte und Pool ... Dort war der Sommer dann doch schöner als in<br />
den überhitzten deutschen Großstädten mit zu wenigen Straßenbäumen,<br />
oder? Zwanzig Models der Vollerotik-Seite CockyBoys waren dabei, hundert<br />
Fotografien sind herausgekommen. Schwul! *rä<br />
FOTOS: SALZGEBER
Vogel checkt: Liefern die auch das beste Klimapaket?<br />
„Post und DHL setzen nicht nur auf eine umweltfreundliche Flotte – mit 15.000 E-Transportern und 16.000 E-Bikes<br />
und -Trikes die grünste der Branche. Die versenden auch seit 10 Jahren unsere privaten Pakete komplett CO₂-neutral.<br />
Und durch die bald über 12.000 Packstationen können wir alle dabei helfen, CO₂ zu sparen.“<br />
LÄUFT.<br />
Selber checken auf: VogelCheckt.de
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Moderne Diagnostik revolutioniert Prostatakrebs-Vorsorge<br />
Eine große Chance für die<br />
Männergesundheit<br />
Die multiparametrische Magnetresonanztomographie (mpMRT) der Prostata eröffnet<br />
bessere Möglichkeiten zur Früherkennung von Prostatakrebs. Sie liefert zuverlässigere<br />
Ergebnisse als andere Untersuchungsmethoden – und das völlig schmerzfrei.<br />
Anders als bei Frauen hat sich<br />
für Männer das Thema Krebsfrüherkennung<br />
nicht im gleichen<br />
Maße etabliert. Viele scheuen<br />
die Untersuchung ihrer Prostata.<br />
Gängige Diagnoseverfahren<br />
liefern zudem mitunter irreführende<br />
Ergebnisse.<br />
Die multiparametrische MRT<br />
der Prostata bringt hier den<br />
Durchbruch.<br />
Prostatakrebs ist die häufigste<br />
Krebserkrankung des Mannes.<br />
Die Vorsorge erfolgt durch<br />
eine Tastuntersuchung und eine<br />
Bestimmung des PSA-Wertes<br />
(prostataspezifisches Antigen)<br />
im Blut. Dieser Wert allein ist<br />
jedoch nicht immer eindeutig. Weder ist bei Werten im Normbereich<br />
ein Prostatakrebs ausgeschlossen noch ist Krebs bei erhöhten PSA-<br />
Werten bewiesen. Selbst bei einer Stanzbiopsie, bei der Gewebeproben<br />
an mehreren zufällig ausgewählten Stellen entnommen werden,<br />
können Krebsherde übersehen werden.<br />
„Viel genauere Ergebnisse liefert die nicht-invasive und damit<br />
schonendere Untersuchung mithilfe der multiparametrischen Magnetresonanztomographie<br />
(mpMRT) der Prostata“, erklärt Dr. Jörg<br />
Gellißen von der Radiologischen Allianz. „Die mpMRT ist aktuell<br />
das sicherste und beste Verfahren zur biopsiefreien Diagnostik und<br />
Früherkennung.“<br />
Die Nachweisempfindlichkeit ist mit 85 Prozent anderen Verfahren<br />
(Tastuntersuchung, transrektaler Ultraschall) weit überlegen. Mit<br />
etwa 90-prozentiger Sicherheit können Radiologen Prostatakrebs<br />
mit dieser neueren Methode ausschließen.<br />
Die von der Radiologischen Allianz genutzten MRT-Geräte liefern<br />
hochkontrast- und strukturauflösende Bilder, welche von erfahrenen<br />
Experten interpretiert werden. „Wir können Erkrankungen so schon<br />
Dr. Jörg Gellißen, Dr. Martin Simon und Dr. Stephan Schulz<br />
vom Standort Radiologie am Rothenbaum in Hamburg<br />
Sprechen Sie uns an: Wir beraten Sie gerne persönlich über<br />
unser Spektrum an Diagnostik- und Früherkennungsleistungen.<br />
im Frühstadium präzise erkennen,<br />
so dass auf eine anschließende<br />
Biopsie verzichtet werden kann“,<br />
erläutert Dr. Stephan Schulz.<br />
Bei Verdacht auf einen Tumor<br />
können Lage, Größe und Ausdehnung<br />
exakt bestimmt und auch der<br />
Befall benachbarter Organe, der<br />
Lymphknoten und Knochen abgeklärt<br />
werden. Mithilfe der mpMRT<br />
können auch Karzinome entdeckt<br />
werden, die nicht lebensbedrohlich<br />
sind und mittels regelmäßiger Kontrollen<br />
überwacht werden können.<br />
Im Fall einer Krebs-Diagnose ist<br />
die Radiologische Allianz zudem<br />
ein kompetenter Partner für die<br />
Therapie. „Wir decken das gesamte<br />
Spektrum von der Diagnostik über eine mögliche Strahlentherapie<br />
bis hin zu Kontrollen in der Nachsorge ab und sind interdisziplinär<br />
mit onkologischen und urologischen Partnern in Netzwerken verbunden.“,<br />
so Dr. Martin Simon.<br />
Die Kosten einer mpMRT werden von privaten Krankenkassen<br />
in der Regel übernommen. Eine Krebsvorsorge und Abklärung des<br />
Verdachts auf ein Prostatakarzinom mittels mpMRT (z.B. bei erhöhtem<br />
PSA-Wert oder verdächtigem Tastbefund) bieten wir zudem als<br />
individuelle Gesundheitsleistung (IGeL) an. Tumorverlaufskontrollen<br />
unter Therapie führen wir auch als Leistung der gesetzlichen Krankenkassen<br />
durch.<br />
Die Radiologische Allianz bietet die mpMRT der Prostata und weitere Früherkennungsdiagnostik an diesen Standorten an:<br />
Radiologie am Rothenbaum Radiologie am Rathausmarkt Radiologie am Blankeneser Bahnhof (Praxisgemeinschaft)<br />
Hansastraße 2-3 Mönckebergstraße 31 Sülldorfer Kirchenweg 2a<br />
20149 Hamburg 20095 Hamburg 22587 Hamburg<br />
Tel.: (040) 32 55 52-109 Tel.: (040) 32 55 52-101 Tel.: (040) 32 55 52-110<br />
Informieren Sie sich über unser umfassendes Portfolio an MRT (Kernspin), Nuklearmedizin und Strahlentherapie auf www.radiologische-allianz.de