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FUNDSACHEN 0 63
Anke Lübbering kam aus dem Emsland, um diese Fundsachen auf Wangerooge
abzubilden.
e
iner, dem nichts entgeht, ist
der Meeresbiologe Rainer Borcherding
von der Schutzstation
Wattenmeer. Er ist Initiator von
BeachExplorer, einem Online-Nachschlagewerk
für Strandfunde aller Art an der
Nordsee. Alle Fundmeldungen werden zur
wissenschaftlichen Erforschung der Küsten
weitergeleitet. »Man hört immer mal wieder
Kurioses«, sagt Borcherding. »Zweimal z.B.
schon ging es um Ambra-Klumpen aus dem
Darm eines Pottwals. Die graue, wachsartige
Substanz wird zur Parfumherstellung
verwendet und ist extrem wertvoll. Der
Handel damit ist in der EU aber illegal.«
Weniger schön ist der Plastikmüll, aber
hier, so Borcherding, ist seit etwa drei Jahren
deutlich zu verzeichnen, dass Strandläufer
aktiv an der Entsorgung mitwirken.
Auch Martin Hagemann, Strandführer an
der Ostsee, aktiviert seine Gäste stets zum
Müllsammeln. »Der Müll ist gruselig«,
sagt Hagemann. Witzig allerdings, welche
»Schätze« so entdeckt wurden, neulich erst
eine 30 Jahre alte Bierwurstverpackung aus
der DDR oder ein unversehrter Quarkbecher,
MHD 8.8.86. Hagemann, der ein Faible
für Meerglas hat, ist besonders stolz auf
seine Detektivarbeit: »Ich habe den antiken
Flaschenboden eines über 100 Jahre alten
Lysol-Desinfektionsmittels gefunden, das ist
schon faszinierend. Man fragt sich bei jeder
Scherbe, wann, wie, und wo ist die ins Meer
gefallen?«
Mindestens genauso beeindrucken ihn
Botschaften per Flaschenpost. Er selbst
schickt mit seinem 14-jährigen Sohn seit
zehn Jahren immer wieder solche Glücksbringer
auf die Reise, gefüllt mit ein bisschen
Hühnergott, Bernstein, Donnerkeil
– und seiner Adresse. Er möchte den Findern
ein Lächeln ins Gesicht zaubern. »Die
Antwortquote liegt bei 50 Prozent«, sagt
Hagemann. Und über welchen Fund freuen
sich seine Exkursionsteilnehmer am meisten?
»Eindeutig: Bernstein!« Vor kurzem
habe eine alte Dame zum ersten Mal nach
30 Jahren ein daumennagelgroßes Stück
gefunden. Glücklich wie ein Kind sei sie gewesen.
Bernsteinjäger haben jetzt Saison.
An der deutschen Nordseeküste liegen nach
schweren Stürmen aus westlicher und südwestlicher
Richtung häufig größere Bernsteinbrocken
am Flutsaum, im Seetang und
Sprockholz. Tipp: Die Hitzbank vor St. Peter-Ording
auf der Halbinsel Eiderstedt in
Schleswig-Holstein. An der Ostsee sind es
insbesondere Rügen und Usedom sowie die
Küstenabschnitte vor der Halbinsel Fischland-Darß-Zingst,
wo das Gold des Meeres
angespült wird. Was für ein Glücksgefühl,
wenn man das überraschend leichte, Millionenjahre
alte Harz dann tatsächlich in der
Hand hat. Aber Vorsicht, nicht alles, was wie
Bernstein aussieht, ist auch welcher. Weißer
Phosphor z.B. sieht Bernstein zum Verwechseln
ähnlich, ist aber selbst entzündlich und
hoch giftig. Vermeintliche Funde sollten zunächst
in Gläser mit Wasser gesteckt werden,
bis sie genau identifiziert sind. Die beste
und einfachste Methode, Bernstein zu identifizieren
– etwa zwei Esslöffel Salz in 0,25
Liter Leitungswasser mischen. So erhält
man eine Salzlösung, deren Dichte größer ist
als die des Bernsteins. Wenn der Stein darauf
schwimmt, ist es Bernstein.
FOTOS: ANKE LÜBBERING