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was abgekühlt war. Rhababerstreusel,

Pflaumen-, Apfel- oder Erdbeerstreusel, der

war vielleicht lecker!

Das Radieschen war ein Ort für jeden.

Für junge Leute, für ältere, für Familien mit

Kindern, und alle hatten die Gelassenheit,

die anderen so sein zu lassen, wie sie waren.

Ich habe niemals Streit oder Stress im Radieschen

erlebt. Auch innerhalb der Crew

ging es immer sehr harmonisch zu, wir haben

uns alle sehr gemocht und waren teilweise

gut befreundet. An Almuth erinnere

ich mich sehr gerne, an Tona und auch

an Elli. Wir haben immer geguckt, dass die

Kolleginnen sich ebenfalls wohl fühlen. Wir

hatten damals eine Sieben-Tage-Arbeitswoche,

da ging eben alles nur im Team. Auch

wenn es manchmal schwer fiel, du bist morgens

immer pünktlich aufgestanden, schon

damit nicht eine Andere deine Arbeit machen

muss.

Oben: Dorffest mit Grill vor dem Radieschen. In der Mitte Norbert Walter. Links: Chrissi und Norbert verabschieden Gäste am

Bahnhof (1987). Mitte: Silvester-Tänzchen mit Chrissi und Norbert. Rechts: Chrissi mit Kolleginnen, rechts Tona.

Auch dieses Miteinander hat Norbert gut

vorgelebt und nach diesem Vorbild habe ich

selbst auch mein ganzes Berufsleben ausgerichtet.

Ganz viel Mühe hat sich Norbert immer

mit der Musik gegeben. Es war Musik,

die man nicht an jeder Ecke hörte: Vivaldis

Vier Jahreszeiten, Leonard Cohen, solche

Musik eben. Abends hat Norbert dann auch

manchmal selbst Gitarre gespielt, das konnte

er wirklich gut. Und die Cassette mit den

Vier Jahreszeiten, die habe ich immer noch

zuhause und höre sie manchmal heute noch.

Wir hatten im Radieschen eine umfangreiche

Sammlung von Brett- und Kartenspielen,

uns ging es nicht darum, zu möglichst

viel Verzehr zu animieren, sondern es

sollte ein Ort des Wohlfühlens für unsere

Gäste sein. Und natürlich auch für uns, Spaß

und Freude bei der Arbeit war uns immer

wichtig. Wir hatten im Lokal ja sogar auch

eine kleine Bücherecke. Diese Abkehr vom

Umsatz-um-jeden-Preis gehörte zu Norberts

und unserer Geschäftsphilosophie.

Très chic! Chrissi und Insa hinter der

Theke des Radieschens

Manchmal ging es freilich auch hoch her.

»Ich hab’ Geburtstag. Mach mal ’ne Flasche

Sekt auf!« Und dann noch eine und noch

eine. Und dazu Friesengeist, dazu musste

immer ein alberner Trinkspruch aufgesagt

werden: ›Wie Irrlicht im Moor, flackert’s empor

…‹ oder so. Den Spruch krieg ich heute

nicht mehr ganz zusammen.

Das Radieschen war der einzige Ort auf

der Insel, an dem Flyer von Greenpeace auslagen.

Norbert hatte damals schon erkannt,

wie wichtig der Blick auf unsere Umwelt ist.

Aber das waren zu der Zeit noch nicht meine

Themen, ich war an ganz anderen Sachen

interessiert.

Es war natürlich auch eine Zeit, zu der

wir viel Party gemacht haben. Nach Feierabend

haben wir kurz aufgeräumt und dann

ab zu Ronny ins Hard-Rock-Café. Wir haben

zusammen gearbeitet, wir haben zusammen

gefeiert. Es war eine tolle Zeit, es war eine

wilde Zeit. Und noch heute blicke ich gerne

auf die Jahre im Radieschen zurück.

TEXT: AXEL STUPPY

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