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VIEL LÄRM UM WENIG

Das Experiment auf Wangerooge hat gezeigt, dass es ohne Kupfermünzen (noch) nicht läuft.

Die Kartenzahlungen haben in der Corona-Krise zugenommen. Doch vor allem ältere Bewohner der

Insel haben damit Probleme.

d

ie

Leserinnen und Leser der

MOIN wissen: Seit gut einem

Jahr wird Wangerooge nicht

mehr mit kleinem Münzgeld

beliefert – doch verschwunden sind die

Kupfermünzen von ein, zwei oder fünf

Cent nicht. Bis November 2019 mussten

die Kaufleute ihr Wechselgeld teuer von der

Bank besorgen. Nun beschaffen sie es sich

aufwendig selber.

Die Einzelhändler haben längst eine Lösung

gefunden: Wer viel Münzgeld habe,

gebe dem anderen etwas ab. Oder ein Händler

holt für mehrere Kollegen Münzen vom

Festland. Auch die Pandemie hat offensichtlich

das Problem entschärft. Und: Der Trend

geht ohnehin zum digitalen Zahlungsverkehr.

Rüdiger Mann, Inhaber des Frischemarkts,

weiß, dass die jungen Leute mit

Karte bezahlen: »Wir haben einen spürbaren

Anstieg bei Kartenzahlungen gehabt.«

Ausgangspunkt war die Entscheidung

der Volksbank Jever, die als einzige noch mit

einer Filiale auf Wangerooge vertreten ist,

kein Kupfergeld mehr zu liefern. Die Bank

habe keine negativen Rückmeldungen von

der Insel bekommen, sagt Vorstand Martin

Schadewald. Für die Bank und die Kunden

sei der Umgang mit dem Kleingeld zu teuer

gewesen. Die Kosten für Transport, Zählen,

Prüfen und Verpacken der Münzen hätten

den Geldwert überstiegen.

Hotels, Restaurants, Boutiquen – die

meisten Unternehmen auf Wangerooge

rechnen ohnehin nur mit Euro, nicht mit

Cent. Aber in den Supermärkten, in der Bäckerei,

Apotheke oder im Buchladen spielt

das Wechselgeld eine Rolle. Die Diskussion

mit Kunden, ob ein Betrag auf- oder abgerundet

wird, ist vielen Geschäftsleuten zu

mühselig.

Die Realität: Der Mann vom Frischemarkt,

der auch auf Juist zwei Lebensmittelläden

betreibt, bringt die verpackten Münzrollen

jetzt von Ausflügen aufs Festland mit.

Dazu hätten viele Insulaner ihre Spardosen

mit Cent-Münzen vorbeigebracht.

Und wie ist es beim Nachbarn, dem ebenfalls

in der Charlottenstraße »beheimateten« Inselmarkt?

Inhaber Ralf Lammers hat einen

Automaten aufgestellt, in dem man Kleingeld

einwirft und wie bei der Pfandrückgabe

einen Einkaufsbon bekommt.

Bleibt die Frage: Kann Wangerooge eine

Vorreiterrolle spielen bei einem vollständigen

Verzicht auf Bargeld? Das ist wohl ein

Projekt der Digitalisierung und Nachhaltigkeit.

Die Volksbank würde es auf jeden Fall

begrüßen.

Übrigens: Das Experiment auf Wangerooge

hat Vorbilder. In Euro-Ländern wie

Finnland, Irland und den Niederlanden spielen

Münzen von ein oder zwei Cent schon

keine Rolle mehr. In der EU-Kommission

gibt es Überlegungen, sie vollständig abzuschaffen.

Andererseits hängen gerade die

Deutschen an ihrem Bargeld. Versuche, in

kleineren Städten am Festland auf die Kleinmünzen

zu verzichten, sind gescheitert …

TEXT: MANFRED OSENBERG

FOTO: EVELYN GENUIT

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