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0 36 JUBILÄUM

DIE GEBURT DER SEENOTRETTER

Ein Herbststurm hat vor 160 Jahren das Leben an den deutschen Küsten nachhaltig verändert.

Die Strandung der Brigg »Alliance« vor Borkum am 10. September 1860 war einer der entscheidenden

Anstöße zur Gründung der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS).

Neun Seeleute fanden damals den Tod.

d

och in der Folge wich die

jahrhundertelange Hilflosigkeit

der Küstenbevölkerung

bei Seenotfällen innerhalb

weniger Jahre der bis heute beispielhaften

Hilfsbereitschaft der Seenotretter, die oft

ihr eigenes Leben einsetzen, um andere zu

retten.

Starker Sturm wehte bereits seit zwei

Tagen, als die »Alliance« vor Borkum auf

Grund geriet. Nordwestlich der Insel teilt

die große Sandbank »Borkum-Riff« den

Schifffahrtsweg in der Emsmündung. Die

»Alliance« war Borkum schon zu nahegekommen,

als dass sie sich noch hätte von

der Küste freikreuzen können. Etwa gegen 3

Uhr am Morgen lief sie auf Grund, schutzlos

der anprallenden Brandung ausgeliefert.

Verzweifelt kletterten die Seeleute ins Rigg,

klammerten sich an den Wanten fest, standen

auf den Fußleinen oder saßen rittlings

auf den Rahen. Schon rissen die Brecher erste

Planken aus der Außenhaut des Schiffes.

Als der Morgen graute, hörten die Borkumer

Hilferufe, liefen zum Strand, unternahmen

aber keine Rettungsversuche. Sie

hielten es nicht nur für unmöglich, mit einem

Boot unbeschadet durch die hohe Brandung

zu stoßen, sondern betrachteten es seit

jeher als gottgewolltes Schicksal, bei einem

Unglück auf See zu sterben. Und sie fürchteten,

bei Rettungsversuchen das eigene Boot

zu verlieren, mit dem sie ihren Lebensunterhalt

bestritten. Bis heute gehören Rettungen

aus der Brandung zu den schwierigsten Einsätzen

der Seenotretter.

Masten und Rahen nebst Segeln und

Tauwerk der »Alliance« stürzten bald in

sich zusammen. Die Brandung spülte die

Leichen der neun Schiffbrüchigen an den

Strand. Die Borkumer bestatteten sie auf

dem »Tränkeldoodskerkhof«, dem Heimatlosenfriedhof

der Insel. Jahr für Jahr gut

50 Schiffbrüche dürften seinerzeit vor der

deutschen Nordseeküste die Regel gewesen

sein. Bei der »Alliance« war jedoch etwas

anders: Ihr Fall blieb auf dem Festland

nicht unbemerkt. Ein der wenigen Badegäste

prangerte in der »Weser-Zeitung« die Tatenlosigkeit

der Insulaner ebenso an wie das

Fehlen jeglicher Einrichtungen zur Rettung

Schiffbrüchiger.

Das rief einen Mann auf den Plan, der

den Grundgedanken eines einheitlichen

deutschen Seenotrettungswerkes entwickelte.

Der Vegesacker Navigationslehrer Adolph

Bermpohl forderte noch im Herbst 1860

eine private nationale Rettungsgesellschaft

nach englischem und niederländischem

Vorbild – auf Basis von Spenden und freiwilliger

Einsatzbereitschaft.

Seine Rufe fanden Gehör. Im März 1861

gründete Oberzollinspektor Georg Breusing

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