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Ulf von Finthel
Jonathan Seiffert
ansätze schafft. Vor allem aber wurde ein Weg
geschaffen der sowohl ein strategisch gestaltendes
als auch ein schnelles und zupackendes
Agieren ermöglicht. Die Kaufmannschaft freut
sich auf die gemeinsame Gestaltung der Zukunft
unserer schönen Stadt.“
Das sieht auch Jonathan Seiffert so, der als Vertreter
der IHK Flensburg Mitglied des Beirates
ist: „Die Stadt Flensburg hat getragen durch eine
breite politische Mehrheit einen guten Ansatz
gewählt, die Innenstadt als attraktiven Standort
zu stärken: Im Schulterschluss mit den Akteuren
vor Ort und personell solide aufgestellt.“
Ein Manager als Investition
in die Innenstadt
Als Schnittstellenfunktion für alle Akteure hat
die Flensburger Stadtverwaltung in Manpower investiert
und die Stelle des Innenstadtmanagers
geschaffen, die seit Mitte Mai mit dem 58-jährigen
Bela Bergemann besetzt ist.
Bergemann kennt man vielleicht als Projektleiter
des Interreg-Projekts „Blumen bauen Brücken“,
vor allem aber auch im Zusammenhang mit seinem
langjährigen Wirken für hiesige Busunternehmen.
Laut Aufgabenprofil ist er nun u. a. für das Leerflächenmanagement
und für die Entwicklung von
innovativen Strategien zur Vitalisierung der Innenstadt
zuständig. Insbesondere auch um Netzwerkarbeit
und Kommunikation mit und zwischen
den unterschiedlichen Akteur*innen soll er sich
kümmern.
Fragen an den Innenstadtmanager
In Anbetracht dieser Vielfalt von Aufgaben
scheint es nur absehbar, dass Bergemann im Laufe
der Zeit auf so manche Herausforderung stoßen
wird. Und obwohl er als Innenstadtmanager
noch ganz am Anfang steht, haben wir ihm bereits
jetzt einige naheliegende Fragen gestellt: Sowohl
in puncto Innenstadt als auch dazu wie der neue
Job überhaupt mit seiner bisherigen Berufslaufbahn
im Einklang steht.
Von der Busbranche zum Innenstadtmanagement
– wie schließt sich der Kreis?
Haben Sie schon einen Plan?
Bela Bergemann: Mir ist wichtig, nicht als „Heilsbringer“
mit vorgefertigten Lösungen anzutreten.
Ganz bewusst will ich mir aus bestehenden Ideen
und Vorschlägen erst ein Gesamtbild machen, ehe
ich auf dieser Basis eigene Anregungen in den
Arbeitsprozess einbringe. Als städtischer „Kümmerer“
sehe ich mich in erster Linie als moderierenden
Vermittler. Und ich bin überzeugt, bei den
einzelnen Interessensgruppen existieren schon
viele gute Ansätze, die man sich anschauen sollte.
Bela Bergemann: Als Diplomgeograph liegt mein
fachlicher Interessenschwerpunkt neben Mobilitätsthemen
ganz klar auf der Stadt- und Regionalentwicklung.
Wichtig ist aber, dass ich insgesamt
sehr breit aufgestellt bin. Ich bringe viel Erfahrung
aus den Bereichen Marketing sowie Presseund
Öffentlichkeitsarbeit mit. Daneben habe ich
eine Ausbildung als Kulturmanager. Insgesamt
arbeite ich gerne mit unterschiedlichen Menschen
zusammen. Von Vorteil für das Innenstadtmanagement
ist sicher auch, dass ich schon länger
in Flensburg lebe und hier bereits viele Akteure
und Strukturen kenne.
Der Lock-Down hat den E-Handel, den größten
Konkurrenten niedergelassener Kaufleute, noch
weiter befeuert. Auch die großzügigen Einkaufszentren
Citti- und Fördepark am Stadtrand ziehen
der City immer mehr Kaufkraft ab. Ist die
Innenstadt ein Auslaufmodell ohne Zukunft?
Bela Bergemann: Keineswegs. Alle Innenstädte stehen
derzeit vor ähnlichen Herausforderungen und
müssen sich ein bisschen neu erfinden – wie immer
wenn die Zeiten und Bedürfnisse sich ändern. Als in
Flensburg einst der florierende Handel mit Westindien
zum Erliegen kam, sattelte man um auf Schiffbau
und letztlich entstand unsere Werft – um nur ein
Beispiel für Wandlungsprozesse zu nennen. Bildlich
gesprochen: Dass unser Schiff „Innenstadt“ gerade
eine Flaute erlebt, sehe ich als Chance, dass wir
uns mit unserer Mannschaft noch mal sammeln und
neu aufstellen. Das Potential für eine Zukunft mit
Rückenwind haben wir allemal, denn unsere Innenstadt
ist einzigartig und wird mit hohem Erlebniswert
und verlockenden Angeboten weiterhin große
Anziehungskraft für viele Menschen aus der näheren
und weiteren Umgebung haben.
Stichwort Leerflächenmanagement: Wann kommt
denn endlich IKEA – wie in Hamburg auch – nach
Flensburg in die City?
Bela Bergemann: Ich glaube, da sollte man realistisch
bleiben. Flensburg ist nicht mit Millionenstädten
wie Hamburg zu vergleichen. Einer
der Gründe, warum IKEA seine Unternehmensstrategie
in Ballungsräumen geändert hat, ist,
dass dort zunehmend weniger Menschen über ein
Auto verfügen und deshalb die Erreichbarkeit
mit dem Rad und insbesondere mit dem Öffentlichen
Personennahverkehr eine größere Rolle in
IKEAs Absatzpolitik spielt. Städte wie Hamburg,
Berlin, Dortmund oder München punkten mit U-
und S-Bahnen.
Apropos Parkplätze: Der Ruf nach kostenfreien
Parkmöglichkeiten in der Innenstadt ist in den
Sozialen Medien laut vernehmbar. Auch die Teilsperrung
der Parkplätze an der Schiffbrücke hat
immer wieder kontroverse Diskussionen ausgelöst.
Was ist Ihre Meinung zum Thema Parkraum?
Bela Bergemann: Aus meiner Sicht ist die gute Erreichbarkeit
der Innenstadt ein wichtiges Thema,
dabei geht es um weit mehr als nur um Parkplätze.
Fußgänger und Radfahrer müssen die Innenstadt
auch sicher und komfortabel erreichen können,
ebenso die Menschen, die mit Bussen oder gar mit
dem Zug nach Flensburg kommen. Insgesamt haben
die Flensburger Parkhäuser nach meinem unmittelbaren
Eindruck immer noch freie Kapazitäten. Diese
sollte man geschickt nutzen, denn durch noch
mehr Parkplätze wird der Aufenthalt in der Innenstadt
kaum schöner. Die zur Verfügung stehende
Fläche sollte gerne mit hoher Aufenthaltsqualität
gestaltet sein.
Zukunftsperspektiven
Der Steigerung von Aufenthaltsqualität
mehr Gewicht zu verleihen als der Erhöhung
des Parkraumangebots, das könnte
nach Bergemanns Einschätzung ein sinnvoller
Schwerpunkt für die zukünftige Entwicklung
sein, um der Innenstadt – und
damit u. a. auch ihren anliegenden Gastronomen
und Kaufleuten – langfristig bessere
Perspektiven zu verschaffen.
Auf dem Weg dorthin wird es sicher noch
so manche mehr oder weniger heiße Diskussion
geben, die dem einen oder anderen
– genau wie unserem Schiffsjungen – den
Schweiß auf die Stirn treiben wird.
Aber der Wandlungsimpuls ist gesetzt, ein
Anfang ist gemacht und der Wille zur Zusammenarbeit
ist da. Wir dürfen also gespannt
sein, wie die Geschichte unserer Innenstadt
weitergeschrieben wird.
flj
FLENSBURG JOURNAL • 06/2021
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