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ZAS MAGAZIN, 302. Ausgabe, Juni 2021

Dicht, schlicht, Schicht!: Tatort-Schauspieler im heftigen Disput um eine Video-Aktion, die schwer nach „Querdenkern“ roch. Von Michael Zäh

Dicht, schlicht, Schicht!: Tatort-Schauspieler im heftigen Disput um eine Video-Aktion, die schwer nach „Querdenkern“ roch. Von Michael Zäh

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Klarer Fall für

Kommissar

Denkste!

Über 50 ziemlich bekannte SchauspielerInnen

haben sich für eine „Kunstaktion“ anwerben

lassen, deren Stoßrichtung klar in Richtung

„Querdenker“ geht. Wer steckt dahinter?

Wer hat das Ganze finanziert? Und warum

haben viele Tatort-Schauspieler den Knall

nicht gehört? Von Michael Zäh

Der Mann hat den Drang zur Darstellung.

Gut also, dass er Schauspieler geworden ist.

Noch besser ist, dass er seine Selbstdarstellung

nun nicht auch noch auf einer Nachtschicht auf

der Intensivstation des Essener Uni-Klinikums

ausleben darf. Jan Josef Liefers hätte gewollt,

doch wozu? Um damit Abbitte zu tun, weil er als

einer der Köpfe der Aktion #allesdichtmachen in

die Kritik geriet? Um mal persönlich das zu sehen

und zu spüren, was ihm zuvor entgangen war -

das Leid und das Sterben von Menschen mit und

an Covid19? Um so also wieder das Rampenlicht

auf sich zu ziehen, indem er hinterher hätte erzählen

können, wie sehr ihn dies getroffen habe?

Das wäre ein Schauspiel am falschen Ort und zur

falschen Zeit gewesen. Schuster bleib bei deinen

Leisten, wie es so schön heißt. Oder besser: Hey

Boerne, bleib bei deinen „Tatort“-Leichen.

Die Essener Medizinerin Carola Holzner (»Doc

Caro«) hatte via Social Media alle Teilnehmer der

umstrittenen Künstleraktion #allesdichtmachen

aufgefordert, einen Tag auf einer Intensivstation

zu verbringen, nach dem Motto: #Alle mal ne

Schicht machen. Liefers hatte in einem „Zeit“-Interview

bekannt gegeben, er habe sich „schon

angemeldet.“ Also Ping-Pong über die Bande

der Öffentlichkeit. Klinikchef Professor Jochen

A. Werner erteilte jedoch solchen Plänen eine

Abfuhr: „Wer bis heute nicht begriffen hat, was

in Krankenhäusern geleistet wird, der begreift

es auch in einer Schicht nicht. Kranke sollten

nicht in die Diskussion über #allesdichtmachen

hineingezogen werden“, so der Klinikchef.

Was war da los mit #allesdichtmachen?

Mehr als 50 prominente Schauspielerinnen und

Schauspieler sind mit einer Kampagne namens

„#allesdichtmachen“ an die Öffentlichkeit gegangen

und dies gleichzeitig. In jeweils kurzen

Statements stellen sie die Maßnahmen gegen

die Corona-Pandemie in Frage, ironisch und

mitunter zynisch. Als Konsequenz fordern sie

einen Lockdown für immer. Die Sequenzen

reichen von ganz doll doof, über peinlich bis zu

naiv. Aber bei allen stellt sich die Frage: Wozu?

Ein paar Beispiele: Das Video von Richy Müller

(Tatort Stuttgart), in dem der er abwechselnd

in einen blauen und in einen gelben Müllsack

atmet und sagt: „Auf diese Weise komme ich

nicht mit der Raumluft in Kontakt und atme

auch nicht in die Raumluft aus. Wenn jeder die

Zwei-Tüten-Atmung benutzen würde, hätten

wir schon längst keinen Lockdown mehr.“

Oder sein Kollege Ulrich Tukur (Tatort

Wiesbaden, immer strange), der in seinem

Clip mit versteinerter Miene erst ein Gedicht

von Rilke über den Tod vorträgt („Der Tod ist

groß, wir sind die Seinen“) und dann „unsere

erhabene Regierung“ auffordert: „Schließen Sie

ausnahmslos jede menschliche Wirkungsstätte

und jeden Handelsplatz - nicht nur Theater,

Cafés, Schulen, Fabriken, Buchhandlungen,

Knopfläden, nein, auch alle Lebensmittelläden,

Wochenmärkte und vor allem auch all

die Supermärkte.“ Soll heißen: Wenn wir alle

verhungert und mausetot sind, stirbt auch das

Virus mit all seinen lästigen Mutanten. Oder

eben Jan Josef Liefers (Gerichtsmediziner

aus dem Münster-Tatort), mit einem überaus

sarkastischen Film: Er bedankt sich „bei allen

Medien unseres Landes, die seit über einem

Jahr unermüdlich verantwortungsvoll und mit

klarer Haltung dafür sorgen, dass der Alarm

genau da bleibt, wo er hingehört, nämlich ganz,

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