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ZAS MAGAZIN, 302. Ausgabe, Juni 2021

Dicht, schlicht, Schicht!: Tatort-Schauspieler im heftigen Disput um eine Video-Aktion, die schwer nach „Querdenkern“ roch. Von Michael Zäh

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Bild: freshidea, StockAdobe

Karlsruher Richter sorgen

für mehr Klimagerechtigkeit

Die künftige Generation soll nicht für die Zaghaftigkeit der GroKo um Merkel bezahlen müssen,

sagt das Bundesverfassungsgericht. Und plötzlich sind alle grüner als grün. Von Michael Zäh

Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe

hat einen Beschluss gefasst, hinter den

künftig der Gesetzgeber nicht mehr zurück

kann. Denn die Karlsruher Richter haben erstmals

die Regierung zu konkreten Maßnahmen

im Kampf gegen den Klimawandel verpflichtet.

Das halbherzige Klimaschutzgesetz der GroKo

von 2019 wurde praktisch kassiert, da es als

nicht verfassungsgemäß eingestuft wurde.

Und das Besondere daran war eben, dass die

Richter mit den Augen der heute noch jungen

Generation ins Grundgesetz geschaut haben

und dann per Beschluss feststellten, dass die

Grundrechte auch heute verletzt sein können,

wenn die Einschränkungen der Freiheit erst in

der Zukunft erfolgen.

Die junge Generation soll nicht für die

Zaghaftigkeit der GroKo-Elterngeneration (also

Merkel und Co.) bezahlen müssen. Das Gericht

sprach hier von einer „intertemporalen Freiheitssicherung.“

Soll heißen: Es geht nicht,

dass künftige Generationen praktisch keine

Freiheit mehr haben, weil sie aufholen müssen,

was frühere Generationen versäumt haben.

Im bisherigen Klimaschutzgesetz von 2019

sind nämlich die Einsparziele nur für die Jahre

2020 bis 2030 festgelegt. Was danach passiert,

sollte erst später entschieden werden. Zu spät,

sagt das Bundesverfassungsgericht. Denn das

übergeordnete Ziel ist, die Erwärmung der

Erde im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter

auf deutlich unter 2 Grad, möglichst auf

1,5 Grad zu begrenzen. Um dieses sogenannte

„Paris-Ziel“ zu erreichen, müssen aber laut

bisherigem Gesetz vor allem nach 2030 viele

klimaschädliche Gase eingespart werden. Und

genau das würde die Freiheitsrechte künftiger

Generationen verletzen, weil „noch nahezu alle

Bereiche menschlichen Lebens mit der Emission

von Treibhausgasen verbunden und damit

nach 2030 von drastischen Einschränkungen

bedroht sind“, urteilten die Karlsruher Richter.

Verblüffend war dann, dass die heute noch

regierende GroKo den Beschluss der Richter mit

viel Applaus bedachte und schleunigst Veränderungen

am Klimaschutzgesetz vorschlug.

Das entbehrte freilich nicht einer gewissen Ironie:

Die Parteien der GroKo beklatschen, dass

das Gericht das von ihnen selbst 2019 ins Leben

gerufene Gesetz für verfassungswidrig halten!

Kann man machen, aber wohl eher aus

parteitaktischen Gründen, so kurz vor der

Bundestagswahl. Denn die Richter gaben

der Regierung ja Zeit bis Ende 2022, um das

Gesetz anzupassen. Bundesumweltministerin

Svenja Schulze (SPD) stellte zusammen mit

dem Vizekanzler und SPD-Kanzlerkandidaten

Olaf Scholz aber fluggs den Entwurf des neuen

Klimaschutzgesetzes vor, das eine Runde aus

GroKo-Ministern so gebilligt hatte.

Die definierten Ziele als pure Zahlen: Bis

2045 (zuvor bis 2050) soll Deutschland klimaneutral

werden. Bis 2030 sollen 65 Prozent (zuvor

55 Prozent) klimaschädlicher Emissionen

gegenüber 1990 eingespart werden, bis 2040

sollen es 88 Prozent sein. Damit, so Schulze,

seien die Lasten fair über die nächsten Jahre

verteilt. Schulze und Scholz haben aber auch

darauf insistiert, dass bisher ja die Union sich

gegen solche Ziele querstellte. Da kann der

zuletzt heftig ergrünte Söder (CSU) nur drüber

lachen (obwohl er ja den Ausbau der Windkrafträder

in Bayern per „Abstandsgebot“ zum

Erliegen brachte). Und Peter Altmaier (CDU)

fand sogar, dass soviel Konsens beim Klima

herrrsche, dass man übereinkommen solle, das

Thema aus dem Wahlkampf rauszuhalten.

Lustiger Versuch. Denn die Frage ist ja, auf

welchen Wegen Klima-Ziele erreicht werden

sollen. Wer hat da die überzeugendsten Konzepte?

Genau das macht den Wahlkampf aus.

ZASMAGAZIN

Politik und Gesellschaft

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