ZAS MAGAZIN, 302. Ausgabe, Juni 2021
Dicht, schlicht, Schicht!: Tatort-Schauspieler im heftigen Disput um eine Video-Aktion, die schwer nach „Querdenkern“ roch. Von Michael Zäh
Dicht, schlicht, Schicht!: Tatort-Schauspieler im heftigen Disput um eine Video-Aktion, die schwer nach „Querdenkern“ roch. Von Michael Zäh
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Auch die Harmonie-Kinos sind ebenso wie der Kandelhof und die Friedrichsbau-Kinos
derzeit noch geschlossen. Ludwig Ammann hofft jedoch auf eine Öffnung im Juni
Fotos: Achim Keller
Auftritte auf Festivals, wo wir nach Filmen gesucht
haben, kamen wir dann auf die Idee, einen
Filmverleih zu starten. Mit unserem ersten Film
haben wir dann aber erst mal alles Geld versenkt,
weil man als Anfänger eben nicht so genau weiß,
wie man was macht. Jahrelang haben wir dann
daran gearbeitet, durch Nebenjobs das Geld
wieder zurück zu holen. Dadurch haben wir
Erfahrungen gesammelt und letztendlich wurde
dann daraus ein profitables Unternehmen. Das
hat jedoch vier oder fünf Jahre gedauert.
Und wie kam es dann zu der Möglichkeit Kinobetreiber
zu werden?
Ludwig Ammann: Das kam sehr viel später.
Michael Isele, mit dem ich den Filmverleih
gegründet hatte, hatte zwischenzeitlich eine
Stelle als Assistent der Theaterleitung bei
Michael Wiedemann, dem damaligen Inhaber
des Friedrichsbau-Kinos. Und als sich dieser
aus der Geschäftsführung zurückziehen wollte,
war sein Ziel, dass das Kino in Freiburg bleiben
und für diese Stadt da sein sollte. Da fiel ihm
wieder Michael Isele ein. Damit war die Gefahr
vom Tisch, dass irgendjemand mit viel Geld
aus Hamburg oder Berlin es aufkauft und dann
das selbe Programm macht wie an 30 anderen
Standorten, ohne jede Rücksicht auf die Besonderheiten
und das besondere Publikum hier. Das
wäre todlangweilig gewesen und eben nicht
mehr der Friedrichsbau wie wir ihn kennen
und lieben.
Vor 110 Jahren wurde am Ostersonntag 1911
in der damaligen Kaiserstrasse das „Lichtspiel-Theater
zum Friedrichsbau“ eröffnet.
Damit zählt das Friedrichsbau-Kino zu den
ältesten noch erhaltenen Kinos Deutschlands.
Nirgends sonst hierzulande ist der
Kinobesuch pro Kopf so hoch wie in Freiburg.
Der ebenerdige Saal von 1911 wurde 1929
zum Balkon des neu hinzugefügten Friedrichsbau-Saales
im Untergeschoss. 1971
wurde der Balkon wieder abgetrennt als
Apollo-Studio, das heutige Apollo 1. 1980
entstand aus einem Teil der Kassenhalle das
ZUM JUBILÄUM
Hat Freiburg ein so besonderes Kinopublikum?
Ludwig Ammann: Freiburg ist bis heute die
Stadt, mit dem größten Pro-Kopf-Kinobesuch
in Deutschland. Und wir haben dabei auch im
Vergleich mit dem Cinemaxx einen viel größeren
Anteil am hiesigen Zuschauerkuchen, als
dies üblicherweise bei so einer Situation – ein
Mainstream-Kino und ein Arthouse-Komplex
in der gleichen Stadt – wäre. Wir haben hier
einfach wirklich ein kinobegeistertes Publikum
und Freiburg hat eine sehr lange Kinogeschichte.
Früher wurden hier die Wochenberichte
gemacht, die es in den Kinos gab, und hier sind
die ersten Bergfilme entstanden. Und Michael
Wiedemann hat dann für die Studierenden
und das Bildungsbürgertum, das hier so stark
ist, das Arthouse-Kino geschaffen. Das war ein
Erfolgsrezept, das er da konsequent etabliert hat.
So dass wir auf diesen Fanpool aus enthusiastischen
Kinogängern zurückgreifen können. Da
muss man dann eben am Ball bleiben. Wenn
man zum Beispiel von Surf-Filmen hört, dann
probiert man das eben mal aus. Und tatsächlich
kommen dann am Montag Abend 250 Leute
und machen den Saal voll. So muss man auch
Neues ausprobieren, dann bleibt einem das Publikum
auch erhalten und gewinnt sogar neue
Zuschauer hinzu.
Haben Sie nicht Sorge, dass die Menschen
durch die lange Zeit, in der die Kultur coronabedingt
heruntergefahren wurde, sich mehr
mit Netflix und Amazon Prime beschäftigt
haben und ihren Weg nicht zurück ins Kino
finden werden?
Ludwig Ammann: Ich gehe davon aus, dass wir
eine Bremsspur von ein bis zwei Jahren haben
werden, bis sich jeder, der Lust auf Kino hat,
auch wieder zurück traut. Es war auch vergangenen
Sommer zu erkennen, dass die jungen
Leute sofort wieder kommen, denn den Film,
der etwas Besonderes ist, den will man im Kino
sehen. Wir müssen
eben Qualität bieten,
besondere Filme,
für die es sich
lohnt, sich extra aus
Apollo 2 und 1983
aus einem Teil der
unteren Halle das
Apollo 3.
1998 übernahm
Michael Wiedemann
die Leitung
und schuf ein Paradies
der engagierten
Filmkunst,
das bis heute
Arthouse-Maßstäbe
setzt.
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