ZAS MAGAZIN, 302. Ausgabe, Juni 2021
Dicht, schlicht, Schicht!: Tatort-Schauspieler im heftigen Disput um eine Video-Aktion, die schwer nach „Querdenkern“ roch. Von Michael Zäh
Dicht, schlicht, Schicht!: Tatort-Schauspieler im heftigen Disput um eine Video-Aktion, die schwer nach „Querdenkern“ roch. Von Michael Zäh
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Wann hat Ihr Großvater diese Erinnerungen
geschrieben?
Ludwig Ammann: Ungefähr im Alter von 80
Jahren. Er wurde 1906 geboren, also hat er
zwischen 1986 und 1990 daran geschrieben.
Das muss ja auch für Sie eine intensive Zeit
gewesen sein, in dieses Leben hinein zu kriechen.
Haben Sie dabei vielleicht auch manchmal Vergleiche
zur jetzigen Krise angestellt?
Ludwig Ammann: Da wird einem natürlich sofort
klar, dass wir auf allerhöchstem Anspruchsniveau
jammern, denn es geht uns noch gold.
Damals, im Ersten, dann im Zweiten Weltkrieg,
in der Weltwirtschaftskrise und Hyperinflation
oder bei der Flucht aus der DDR, da hatte man
alles verloren, da wurde einem nicht so großartig
geholfen wie uns heute. Das sind Peanuts, was
wir da im Vergleich gerade erleben. So ein Leben,
wie es mein Großvater hatte, birgt zwar eine
Vielzahl an Abenteuern und wilde Zeiten, aber
es war härter. Diese Kriege zu überstehen – und
viele haben sie ja auch nicht überstanden – das
war im Gegensatz zu heute etwas anderes. Mal
nicht ausgehen oder reisen zu können, das sind
doch vergleichsweise geringfügige Einschränkungen.
Der Wein im Keller ist immer noch
da und wir Kinobetreiber bekommen sogar
Unterstützung. Da muss man schon mal die
Perspektive zurechtrücken.
Das heißt, dieser historisch-persönliche Einblick
hatte auch etwas Tröstliches für Sie?
Ludwig Ammann: Es war auf jeden Fall etwas,
was die eigenen Sorgen ganz klein werden lässt.
Es war regelrecht eine Zeitreise und wobei man
alles, was hier und jetzt passiert, hinter sich
lässt. Ich habe mich dadurch auch gar nicht so
eingeschränkt gefühlt, wie viele andere, weil ich
quasi in Gedanken gereist bin. Mein Großvater
war viel unterwegs gewesen, in Ungarn, in
Schweden, in Ägypten und Sudan.
Lurdwig Ammann, der
zusammen mit Michael Isele
die Friedrichsbau- sowie die
Harmonie- und Kandelhof-
Kinos betreibt, vor seinem
(derzeit noch geschlossenen)
Kino
Sie sind ja eigentlich promovierter Islamwissenschaftler,
aber waren auch als Publizist tätig.
Ludwig Ammann: Ich habe Jahrzehnte für die
Badische Zeitung gearbeitet, im Bereich Islamwissenschaft
auch für die Neue Züricher Zeitung
und die Zeitschrift Literaturen sowie ab und an
die Süddeutsche Zeitung. Aber als auch noch
die Kinos in Freiburg 2012 zum Filmverleih
dazu kamen, habe ich die Publizistik komplett
eingestellt.
Würden Sie uns bitte noch einmal erzählen, wie
Sie überhaupt zum Kino kamen?
Ludwig Ammann: Während meiner Doktorarbeit
hatte ich angefangen Artikel zu schreiben, auch
Kunstkritiken. Das hat mir so viel Spaß gemacht,
dass ich mich entschied, auf eine wissenschaftliche
Laufbahn an der Uni, eingesperrt mit Büchern,
zu verzichten. Eines Tages stand jemand
im Jos-Fritz-Café auf dem Tisch und fragte, wer
bereit sei, die gefährdete Schwule Filmwoche
am Leben zu erhalten und die nächste Ausgabe
vorzubereiten. Dann habe ich sehr zögerlich
beschlossen, mich mal in dieses Team mit rein
zu setzen. Und irgendwie wurde aus diesem Mal
mehr und einige Wochen später war ich plötzlich
der Chef des neuen Teams und habe das fünf
Jahre lang geleitet. Durch die regelmäßigen
TRADITIONS-
UNTERNEHMEN
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