ZAS MAGAZIN, 302. Ausgabe, Juni 2021
Dicht, schlicht, Schicht!: Tatort-Schauspieler im heftigen Disput um eine Video-Aktion, die schwer nach „Querdenkern“ roch. Von Michael Zäh
Dicht, schlicht, Schicht!: Tatort-Schauspieler im heftigen Disput um eine Video-Aktion, die schwer nach „Querdenkern“ roch. Von Michael Zäh
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Fotos: Achim Keller
„Wir jammern auf
höchstem Niveau“
Ludwig Ammann betreibt zusammen mit Michael Isele das Friedrichsbau-Kino, das dieses Jahr
110 Jahre alt geworden ist. Den Corona-Kino-Lockdown hat er genutzt, um die Memoiren seines
Großvaters zu bearbeiten. Nun hofft er auf eine Kinoöffnung im Juni.
Interview von Barbara Breitsprecher
Nach insgesamt neun Monaten geschlossener
Kinos und einem Sommer mit amputierten
Kapazitäten ist es höchste Zeit für eine gute
Nachricht: Die Friedrichsbau Lichtspiele haben
Geburtstag. 110 Jahre sind seit der Eröffnung des
Friedrichsbau-Kinos am Ostersonntag 1911 vergangen.
Das Kino hat zwei Weltkriege, die Hyperinflation
1923, die Weltwirtschaftskrise 1929,
den Fernseher und den Videorecorder überstanden
und ist damit das fünft- oder sechstälteste
noch bestehende Lichtspielhaus Deutschlands.
Und die Kinobetreiber Ludwig Ammann und Michael
Isele sind sich sicher: Die Pandemie stecken
sie auch noch weg: Nächstes Jahr soll dann richtig
gefeiert werden, die Schnapszahl lädt dazu ein.
Ein Gespräch mit Ludwig Ammann zur Corona-Kino-Krise.
110 Jahre Friedrichsbau und Sie können nicht
feiern. Wie schade ist das!
Ludwig Ammann: Das verschieben wir auf
nächstes Jahr. Der 111. Geburtstag ist ja als
Schnapszahl sowieso noch verlockender.
Sie gehen also fest davon aus, dass die Kinos
dann ganz normal wieder öffnen können?
Ludwig Ammann: Da bin ich ganz sicher. Wir
erleben ja alles schon als Preview in Israel. Dort
gehen die Corona-Fälle steil nach unten, seit
die Bevölkerung zu 50 Prozent durchgeimpft
ist. Jetzt wird man sich das einen Sommer lang
bei uns auch anschauen und dann vorsichtig
eine Regel nach der anderen zurücknehmen.
Ich hoffe, dass dann spätestens im Herbst die
Abstandsregeln aufgehoben werden können, die
uns zu wirtschaftlichen Verlusten verurteilen.
Wie haben Sie denn die Zeit verbracht, in der die
Kinos zu waren?
Ludwig Ammann: Wir haben ganz viele Anträge
gestellt, für sämtliche Sofort- und Überbrückungshilfen,
Kinoprogrammpreise, Landes- ,
Bundes- und Europazuschüsse. Da kann man
viel Zeit mit verbringen, denn da muss alles fein
säuberlich nachgewiesen werden. Dann wir haben
eine riesige Entrümpelungsaktion gestartet,
quer durch alle unsere Häuser. Man glaubt es
nicht, wie viele Sachen sich hinter Vorhängen
und in irgendwelchen Kammern verstecken lassen,
vom Teppich bis zu elektrischen Geräten, die
längst ins Technikmuseum gehören. Und nicht
zu vergessen die Kurzarbeit, die man ja ständig
neu beantragen muss. Aber irgendwann geht
einem dann die Arbeit aus. Wir scharren alle
mit den Füßen und wir haben das Gefühl, auch
die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind alle
nur noch genervt, denn es ist ja schön, Geld zu
bekommen und dafür die Hände in den Schoß zu
legen, aber irgendwann ist es nicht mehr schön.
Jeder würde eigentlich wieder gerne produktiv
werden. Wir können es nicht erwarten.
Was haben Sie selbst in dieser langen Wartezeit
so gemacht?
Ludwig Ammann: Ich habe diese Zeit damit
überbrückt, dass ich den ersten Band der Erinnerungen
meines Großvaters bearbeitet habe, also
nach der digitalen Eingabe mit einem riesigen
Apparat an Erläuterungen und Dokumenten
sowie Bildern versehen habe. Das ist gerade
fertig geworden, jetzt muss ich nur noch einen
Verlag suchen.
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