ZAS MAGAZIN, 302. Ausgabe, Juni 2021
Dicht, schlicht, Schicht!: Tatort-Schauspieler im heftigen Disput um eine Video-Aktion, die schwer nach „Querdenkern“ roch. Von Michael Zäh
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Baumartenvielfalt ist kein
Schutz gegen Borkenkäferbefall
Die Freiburger Ökologin Sylvie Berthelot und ihr Team erforschen den Schädlingsbefall in
Wäldern mit Misch- und Monokulturen in einem 1,1 Hektar großen Versuchsaufbau
In den vergangenen Jahren konnten es Försterinnen
und Förster hautnah beobachten: Erst
schwächt langanhalte Trockenheit die Bäume,
dann greifen Borkenkäfer und andere Schädlinge
an. Während gesunde Bäume die Eindringlinge mit
Harz fernhalten, sind gestresste beinahe wehrlos.
Die Freiburger Wissenschaftlerin Sylvie Berthelot
und ihr Team von Forschenden aus der Fakultät
für Umwelt und Natürliche Ressourcen und der
Fakultät für Biologie untersuchen die Bedeutung
von Baumdiversität auf den Borkenkäferbefall. Sie
gehen der Frage nach, ob die Zusammensetzung
der Baumarten eines Waldes das Fressverhalten
der Borkenkäfer beeinflusst. Ihre Ergebnisse hat
das Team im „Journal of Ecology“ veröffentlicht.
In einem 1,1 Hektar großem Versuchsaufbau
in Freiburg sind jeweils sechs einheimische
Laub- und Nadelbaumarten aus Europa und
sechs Laub- und Nadelbaumarten aus Nordamerika
in verschiedenen Mono- und Misch-Parzellen
angepflanzt. Nach der starken Trockenheit
im Sommer 2018 befiel der Kupferstecher aus
der Familie der Borkenkäfer vor allem die einheimischen
Arten, die Gemeine Fichte und die
Europäische Lärche. „Wir waren überrascht,
dass die Käfer an den exotischen Nadelbaumarten,
wie beispielsweise der amerikanischen Fichte,
nur leichtes Interesse hatten“, sagt Berthelot.
Während des Messens des Befalls stellten
die Forschenden fest, dass auch die Position
innerhalb der Versuchsfläche entscheidend
ist. Die Bäume am Rand wurden am stärksten
angegriffen. Daher vermutet Berthelot, dass der
Borkenkäfer von außerhalb ins Versuchsfeld
kam. „Darüber hinaus schwächen Umwelteinflüsse
die ungeschützten äußeren Bäume stärker,
sodass sie anfälliger sind.“
Gleichzeitig verändert sich die Wahrscheinlichkeit,
welche Bäume die Käfer befallen, je
mehr Baumarten es gibt. Bisher nahmen die
Forschenden an, dass Baumdiversität den Befall
von Insektenschädlingen wie dem Borkenkäfer
reduziert. Doch ihr Experiment zeigt: „Eine zunehmende
Baumvielfalt kann das Risiko eines
Borkenkäferbefalls für Gattungen, die für hohe
Befallsraten anfällig sind wie Lärche und Fichte
verringern. Aber das Risiko für weniger bevorzugte
Gattungen wie die Kiefer oder exotische
Bäume kann mit der Baumvielfalt zunehmen,
da einmal angelockte Käfer auch diese Bäume
befallen“, sagt Berthelot. Zwar gebe die Studie
Hinweise darauf, dass nicht-heimische Baumarten
wenig befallen werden, da die Käfer diese
Gattungen nicht kennen. „Dieser Effekt kann
Luftaufnahme vom Baumdiversitätsexperiment
IDENT bei Freiburg vor (links) und
nach (rechts) der Trockenheit und dem
Borkenkäferbefall im Jahr 2018. Fotos:
Luftaufnahmen von K. R. Kovach,
Kupferstecher-Foto von U. Schmidt
sich mit den Jahren allerdings abschwächen.“
In Mischwäldern werde das Risiko eines Befalls
also eher auf die Baumarten umverteilt als für
alle reduziert.
Das Team forscht im Rahmen des International
Diversity Experiment Network with
Trees, kurz IDENT. Das internationale Netzwerk
widmet sich der Forschung rund um Baumarten-Vielfalt
und deren Einfluss auf die Funktionen
eines Ökosystems. In Freiburg wurde der
gleiche Versuchsaufbau angelegt wie in Kanada,
den USA und Italien.
Kontakt: Sylvie Berthelot, Fakultät für
Umwelt und Natürliche Ressourcen
Institut für Geo- und Umweltnaturwissenschaften,
Abteilung für Biometrie und
Umweltsystemanalyse, Albert-Ludwigs-
Uni versität Freiburg, Tel.: 0761/203-3752
sylvie.berthelot@biom.uni-freiburg.de
32 Forschung Uni Freiburg
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