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ZAS MAGAZIN, 302. Ausgabe, Juni 2021

Dicht, schlicht, Schicht!: Tatort-Schauspieler im heftigen Disput um eine Video-Aktion, die schwer nach „Querdenkern“ roch. Von Michael Zäh

Dicht, schlicht, Schicht!: Tatort-Schauspieler im heftigen Disput um eine Video-Aktion, die schwer nach „Querdenkern“ roch. Von Michael Zäh

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Welche Wespe hat denn den

Anständigen gestochen?

Fritz Keller tritt nach recht kurzer Zeit als DFB-Präsident wieder ab. Weil er seine Widersacher

ebenfalls um ihre Ämter bringt, könnte etwas Neues entstehen. Vielleicht. Von Michael Zäh

Wolfgang Schäuble, Bundestagspräsident

und CDU-Größe hat die Glaubwürdigkeit,

um sich auch mal für jemanden stark zu

machen, der von allen Seiten unter moralischen

Druck gerät. „Ich kenne Fritz Keller ganz gut“,

sagte also Schäuble, und weiter: „Er ist ein

anständiger Mensch.“ Schäuble hat seinem

Urteil noch hinzu gefügt, dass Fritz Keller sich

beim DFB in ein Wespennest begeben haben

könnte. Damit wollte er wohl andeuten, dass

es schon einiger Wespenstiche bedurft hatte,

bevor der anständige Herr Keller sich gar nicht

mehr beherrschen konnte. Vielleicht weiß der

Schäuble auch mehr Interna, etwa vom Fritz

Keller persönlich, und wollte andeuten, dass es

auch unanständige Menschen beim DFB gibt.

Welche Wahnsinnswespe es auch gewesen

ist, die ihn da gestochen hat: DFB-Präsident

Keller verglich seinen Widersacher, DFB-Vize

Rainer Koch mit dem Nazi-Richter Roland

Freisler, der 2600 Todesurteile gefällt hatte,

unter anderem gegen die Widerstandsgruppe

„Weiße Rose“ um Hans und Sophie Scholl und

außerdem einer der Teilnehmer an der Wannseekonferenz

von 1942 war, wo der Holocaust

organisiert und institutionalisiert wurde. Fritz

Keller war wohl aus Wut und Unbeherrschtheit

(eine Schwäche, die man schon lange kennt)

dieser unsägliche Nazi-Vergleich über die

Lippen gekommen und er hat sich danach

versucht zu entschuldigen. Aber er hat sich

dadurch selbst so sehr geschwächt, dass er nun

seinen (zuvor vehement unter anderem von

den Landesverbänden geforderten) Rücktritt als

DFB-Präsident bekannt geben musste.

Der schon seit Monaten anhaltende Machtkampf

in der DFB-Spitze hat natürlich einen

Hintergrund. Es geht im Kern um einen Vertrag

und eine Zahlung von über 300.000 Euro

des DFB an den Kommunikationsberater Kurt

Diekmann, der seit Jahren ein Bekannter von

Koch ist. Diekmann soll sich im Frühjahr 2019

damit gebrüstet haben, gemeinsam mit dem

„Spiegel“ den früheren Präsidenten Reinhard

Grindel zu Fall gebracht zu haben ( wegen der

„Luxusuhren-Affaire“). Um kurz darauf vom

DFB eben Vertrag und Honorar zu bekommen.

Klingt schon speziell.

Wofür genau das Geld war, wird gerade

intern wie extern untersucht. Diekmann stellte

kürzlich eine Strafanzeige gegen Keller, wegen

angeblichen Geheimnisverrats rund um seinen

mysteriösen Beratervertrag. Man darf an dieser

Stelle festhalten, dass Keller jedenfalls einer

Sache nachging, in der er sich definitiv nicht

bereicherte, weder an Macht noch gar an Kohle.

Und dies gilt möglicherweise nicht unbedingt

für Vize Rainer Koch und Generalsekretär

Friedrich Curtius. Man wird es sehen.

So verständlich der verbissene Machtkampf

beim DFB also auch gewesen sein mag, so ist

das dennoch weit an der gesellschaftlichen Realität

vorbei. Ein Verband mit sieben Millionen

Mitgliedern sollte doch in den schweren Pandemiezeiten

ganz andere Ziele und Aufgaben

haben. Sport! Jugendsport! Amateursport, der

Hilfe braucht! Der interne Zank an der Spitze

des Verbands wirkte da wie ein absurdes Schauspiel

im falschen Theater, an dem sich nur die

Protagonsiten berauschen konnten.

Fritz Keller hat immerhin erreicht, dass

mit seinem „freiwilligen“ Rücktritt auch der

Abgang des Generalsekretärs Curtius verbunden

ist und der ewige Vize Koch sich ebenfalls

beim nächsten DFB-Bundestag (wahrscheinlich

Anfang 2022) nicht mehr zur Wahl stellen soll.

Bahn frei also für einen Neuanfang? Ist es

dann rückblickend Fritz Kellers Verdienst, die

alten Strukturen in den Abgrund gerissen zu

haben, damit Neues entstehen kann? Tja, das

hängt natürlich von seinem Nachfolger ab.

ZASMAGAZIN

Sport und Gesellschaft

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