Kurier zum Sonntag 21/2021
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22.5.2021 |Nummer 21 REPORTAGE
7
Zeiten von Corona irgendwie
geregelt?“ In anderen
Läden gebe es Monitore oder
ein Ampelsystem, aber wiederum
eben auch nur optisch.
Das sei ebenfalls problematisch.
„Wir testen das jetzt mal!“
Herrmann macht sich auf
in Richtung Eingang, wo eine
Menschentraube auf Einlass
wartet. „Ich weiß ja
nicht, dass hier eine Schlange
ist“, sagt er und geht einfach
durch. Niemand sagt
etwas. Auch der Mitarbeiter,
der den Zugang regelt, ignoriert
ihn.
Im Laden selbst muss
Herrmann sich im übertragenen
Sinne vortasten. Die
Frau an der Wursttheke
spricht ihn an, versteht ihn
durch die Maske zunächst
nicht, erklärt dann aber,
was sie in der Auslage hat.
„In der Regel kaufe ich in
Geschäften ein, indenen es
noch Personal gibt“, sagt
Herrmann. Im Supermarkt
sind nur wenige Mitarbeitende
im Ladenbereich zu
sehen. Niemand spricht
Herrmann anund fragt ihn,
ob er Hilfe benötigt. So
muss ersich weiter durcharbeiten.
Herrmann hält an.
„Hier ist wahrscheinlich irgendwas
mit Chemie, Reinigungsmittel?“
Den Kassenbereich
findet er letztlich
über das Piepen der Scanner.
Die Abstandslinie, für
jedermann sichtbar, hätte
man taktil, also fühlbar machen
können, findet er. So
aber weiß er nicht, ob er die
Abstände einhält.
Suchenachder Rolltreppe
aufwärts
Nach dem Bezahlen geht die
Odyssee weiter: „Wie komme
ich jetzt wieder nach
oben?“ Herrmann sucht die
Rolltreppe, aber die Wege
sind neuerdings teilweise
abgesperrt. „Diese Zentren
sind für uns mehr als eine
Herausforderung. Alles ist
sehr auf visuelle Informationsaufnahme
ausgelegt.“
Wer nicht oder nur eingeschränkt
sehen könne, stehe
vor einem Problem.
Dabei muss bedacht werden:
Sehbehinderte Menschen
sind in ihrem Sehvermögen
auf unterschiedliche
Weise eingeschränkt, Blinde
hingegen sehen gar nichts
(siehe Infokasten). Herrmann
gehört zu dem Kreis
„praktisch blinder“ Menschen.
Er ist sehr lichtempfindlich,
eine spezielle
Sichtbrille nimmt die Blauanteile
im Naturlicht weg,
das ist für die Orientierung
draußen vorteilhaft. Nur,
das werden Brillenträger
kennen, die obligatorischen
Masken machen esandieser
Stelle nicht einfacher.
Die machen sich auch an
einer anderen Stelle bemerkbar
– allerdings nicht
so, wie man es vielleicht
vermuten würde. Die durch
Masken veränderte Akustik
sei nicht das Problem, sagt
Herrmann, der mit seiner
Einschränkung geboren ist.
Vielmehr schränken die
Masken das Riechen ein, das
ebenfalls bei der Orientierung
hilft.
Bei einem türkischen Delikatessenladen
macht er
Halt, der Geruch hat ihn angelockt.
Wasdenn dainder
Auslage sei? Die Verkäuferin
erklärt, Herrmann hört
interessiert zu. Ein Salat
und dazu heute Abend einen
passenden Wein? Lieber
nicht, frische Ware ungekühlt
auf der Rückfahrt, das
ist keine gute Idee.
Herrmann lebt mit seiner
Frau im Lipperland, nachdem
er zuvor einige Jahre in
Recklinghausen wohnte.
Der Stadt ist der Verwaltungsfachwirt
als Mitarbeiter
des Landesamts für Natur,
Umwelt und Verbraucherschutz
(Lanuv) weiterhin
verbunden. Über die
Blindenselbsthilfe und das
Projekt Blickpunkt Auge hat
sich der geborene Saarländer
weitergebildet und fungiert
im Kreis als Ansprechpartner
für ratsuchende
Menschen mit Seheinschränkung.
„Ich hatte bedingt durch
familiäre und Umfeldstrukturen
das Glück, an meiner
Blindheit undSehbehinderung
Ein Mensch ist sehbehindert,
wenn er aufdem besser
sehenden Auge selbst
mit BrilleoderKontaktlinsen
nichtmehr als 30 %von
dem sieht, wasein Mensch
mit normalem Sehvermögen
erkennt. (Sehvermögen ≤ 30
%)
Ein Mensch isthochgradig
sehbehindert, wenn er auf
dem besser sehendenAuge
selbst mit Brille oderKontaktlinsen
nichtmehr als 5
%von demsieht, wasein
Mensch mitnormalem Sehvermögen
erkennt. (Sehvermögen
≤ 5%)
Selbstständigkeit arbeiten
zu müssen“, erklärt Herrmann.
Das wolle er weitergeben.
Andersherum sei der
Umgang bei vielen Menschen
vorurteilsbehaftet,
bei anderen verkrampft.
„Was ich merkwürdig finde,
ist, dass Menschen mit Einschränkungen
Dinge gefragt
werden, die man andere
nicht fragen würde, beispielsweise
nach individuellen
Lebensformen.“ Sein
persönlicher Wunsch ist
ganz einfach: „Einen stinknormalen,
ungezwungenen
Umgang, sowie sie das mit
jedem anderen auch täten.“
EinMensch ist blind,wenn
er aufdem besser sehenden
Auge selbst mit Brille oder
Kontaktlinsen nichtmehr als
2%von dem sieht, wasein
Mensch mitnormalemSehvermögen
erkennt. (Sehvermögen
≤ 2%)
Laut Auskunft desStatistischenBundesamtes
gabes
am 31. Dezember 2019 in
Deutschland 76.740 blinde
Menschen, 51.094 hochgradigsehbehinderteMenschen
und452.930 sehbehinderteMenschen.
(Quelle:
Deutscher Blinden- und Sehbehindertenverband)
Kurier Rätsel-Ecke(Auflösungen aufSeite21)
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