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dann am Netz ausgenützt. Und zweite Bälle musste ich<br />
damals noch gar nicht so oft spielen, weil er das mit seiner<br />
Vorhand extrem gut vorbereitet hat. Wenn wir uns jetzt<br />
hinstellen würden, wüsste ich immer noch, in welchen<br />
Situationen Petsche welchen Ball spielt …<br />
Haben Sie überhaupt gemeinsam ganz spezifisch<br />
Doppel trainiert?<br />
Melzer: Nein. Es sei denn, wir waren beide nicht mehr im<br />
Turnier drin, dann haben wir ein paar Übungen gemacht –<br />
aber dann gleich wieder Elfer gespielt und Einzel trainiert.<br />
Der erste ganz große gemeinsame Erfolg kam in Wimbledon<br />
2010. Hat es diese eine Partie gegeben, bei der Sie gedacht<br />
haben: Das könnte jetzt ganz eng werden?<br />
Melzer: Draußen waren wir nie. Zweite Runde gegen Aspelin<br />
und Hanley war von der Setzung und vom Match-up her<br />
die schwierigste Partie für uns. Danach sind wir bis zum<br />
Halbfinale durchmarschiert.<br />
Petzschner: Da hatten wir nach 2:0-Satzführung im fünften<br />
plötzlich ein 3:3 gegen Moodie und Norman. Das war eine<br />
sehr enge Partie.<br />
Melzer: Wir sind in einen sehr, sehr guten Flow reingekommen.<br />
Und nach dem Ausscheiden der Bryans hat es kein<br />
Team mehr gegeben, vor dem wir uns – auf gut Wienerisch<br />
gesagt – angeschissen haben. Es war „meant to be“. Wir<br />
haben unser bestes Tennis gespielt. Da waren wir auf Rasen<br />
schwer zu schlagen.<br />
Und bei den US Open 2011?<br />
Petzschner: Wir hatten in der zweiten Runde mit Erlich und<br />
Ram ein paar Probleme. Ansonsten hatte ich den Eindruck,<br />
dass wir sehr souverän durchgekommen sind.<br />
Nimmt ein Major-Sieg den Druck von Spielern, weil man<br />
sich einen Traum erfüllt hat? Oder nimmt der Druck<br />
eher zu, weil man so einen Erfolg wiederholen und<br />
bestätigen möchte?<br />
Petzschner: Unser Ziel war es nie, Majors zu gewinnen.<br />
Es ging zu Beginn wirklich mehr um den Spaß. Natürlich<br />
wollten wir bei den Turnieren, die wir gespielt haben, gut<br />
abschneiden – spätestens im Halbfinale willst du natürlich<br />
gewinnen. Ich hatte aber nicht den Eindruck, dass wir nach<br />
dem ersten Sieg mehr Druck hatten, noch ein Grand-Slam-<br />
Turnier holen zu müssen. Es ist aber auch kein Druck von<br />
uns abgefallen, weil wir das geschafft haben.<br />
Garmisch-Partenkirchen, das Daviscup-Treffen 2009,<br />
wurde bereits angesprochen. Welche Erinnerungen<br />
verbinden Sie damit?<br />
Melzer: Ein bescheidenes, absolut anstrengendes Wochenende,<br />
das ich gerne aus meinem Tennisleben ausradieren<br />
würde. Die Niederlage gegen den Kohli war extrem bitter,<br />
mit 2:0 in Sätzen und Break vorne und dann richtig<br />
Wir brauchen<br />
für Wimbledon<br />
keine Wildcard.<br />
beschissen worden … Ich<br />
habe dann auch ziemlich<br />
viel Kritik einstecken<br />
müssen. Das hat mich vielleicht<br />
ab gehärtet und einen<br />
Schutzschild um mich<br />
aufgebaut. Aber tennismäßig<br />
war das schon extrem bitter. Stefan Koubek hatte<br />
Rainer Schüttler geschlagen, wir hatten die große Chance,<br />
2:0 in Führung zu gehen – und wenn das passiert, bin ich<br />
überzeugt davon, dass wir auch den dritten Punkt geholt<br />
hätten; weil dann hätte ich auch Doppel gespielt. Es<br />
war ein wahnsinnig harter Lernprozess. Aber man lernt<br />
dadurch die Siege im Daviscup noch mehr zu schätzen.<br />
Petzschner: Ich habe das aus der Ferne verfolgt. Jürgen<br />
und ich haben danach auch länger über diese bittere Partie<br />
gesprochen. Aber für ihn ist es mehr darum gegangen, dass<br />
es ein Daviscup-Match für sein Land war, und weniger<br />
darum, dass es gegen <strong>Deutschland</strong> ging.<br />
Ende <strong>2021</strong> soll es nun in Innsbruck nach zwölf Jahren Pause<br />
wieder zu einem Daviscup-Aufeinandertreffen zwischen<br />
Österreich und <strong>Deutschland</strong> kommen – zwar im neuen<br />
Turnierformat, aber immerhin.<br />
Petzschner: Ich finde, das hat richtig Charme. Österreich<br />
gegen <strong>Deutschland</strong> und Serbien in Innsbruck, das könnte<br />
eine Hammerstimmung geben – wenn Zuschauer zugelassen<br />
werden. Und dann hätten wir auch das, was den Daviscup<br />
eigentlich ausmacht. Ansonsten ist es für mich nicht mehr<br />
Daviscup, wenn <strong>Deutschland</strong> gegen Uruguay in Madrid<br />
ausgetragen wird. Da wäre ich lieber in Montevideo oder<br />
Frankfurt und würde vor Auswärts- oder Heimfans spielen.<br />
Nun gibt es ja die feine Idee, dass Sie beide mit einer<br />
Wildcard in Wimbledon noch einmal gemeinsam an<br />
den Start gehen und dann in den<br />
Sonnenuntergang reiten …<br />
Melzer: Zunächst einmal: Wir brauchen<br />
für Wimbledon keine Wildcard. Der<br />
Petsche hat noch ein Protected von 80<br />
und ich stehe bis Wimbledon sicher<br />
noch unter den ersten 40. Da kommen<br />
wir locker rein. Die Frage ist halt, wie<br />
fit der Petsche ist …<br />
Also?<br />
Petzschner: Ich versuche, meinen<br />
Körper in Schuss zu bekommen.<br />
Ich komme derzeit so auf vier, fünf<br />
Stunden Tennistraining pro Woche,<br />
und ebenso viel auch im Athletikbereich.<br />
Es wäre auf jeden Fall ein<br />
Traum von mir, mit Jürgen gemeinsam<br />
unsere Karrieren zu beenden. ●<br />
DER WEG ZUM<br />
US-OPEN-SIEG 2011<br />
→ Runde 1:<br />
Gonzalez (MEX)/<br />
Murray (GBR): 6:3, 6:0<br />
→ Runde 2:<br />
Erlich (ISR)/Ram (ISR):<br />
7:6, 6:2<br />
→ Achtelfinale:<br />
Stakhovsky (UKR)/<br />
Youzhny (RUS):<br />
7:6 (3), 6:3<br />
→ Viertelfinale:<br />
Marrero (ESP)/<br />
Seppi (ITA): 6:1, 6:2<br />
→ Halbfinale:<br />
Bolelli (ITA)/Fognini (ITA):<br />
6:4, 6:7 (3), 6:1<br />
→ Finale:<br />
Fyrstenberg (POL)/<br />
Matkowski (POL): 6:2, 6:2