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tennisnetMAGAZIN 2021 Deutschland

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verschiedenen Zugängen man zum Erfolg<br />

kommen kann. Und ich konnte von allen meinen<br />

Spielern – die ja aus vielen verschiedenen<br />

Nationen kamen und zum Teil nicht unkomplizierte<br />

Charaktere waren – etwas mitnehmen.<br />

Vor ein paar Tagen hat mich zum Beispiel Jim<br />

Grabb angerufen. Er war als Aufschlag-Volley-<br />

Spezialist Nummer eins im Doppel, Top 20 im<br />

Einzel und Stanford-Absolvent. Er ist heute<br />

derselbe Analytiker wie damals. Andere, wie der Horsti oder<br />

Henri Leconte, hatten einen sehr emotionalen Zugang. Da musst<br />

du als Problemlöser vielseitig sein.<br />

Tennisfreaks diskutieren oft Vergleiche zwischen Stars von einst<br />

und jetzt, spielen durch, wie etwa Roger Federer gegen Björn<br />

Borg ausgegangen wäre. Sinnlos oder reizvoll?<br />

Natürlich großteils sinnlos, aber ich liebe diese Spielchen trotzdem!<br />

So wäre Borg gegen Federer ja eigentlich eine mit ganz viel<br />

neuem Wissen über Athletik und neuem Material durchgespielte<br />

Weiterentwicklung von Borg gegen McEnroe vor 40 Jahren. Fix ist,<br />

dass ganz an der Spitze schon immer nur Platz für ganz wenige<br />

war und die wenigen Superstars einer Generation einen massiven<br />

Konkurrenzkampf unter ihren Nachfolgern ausgelöst haben. Bei<br />

Federer, Nadal und Djokovic ist das aber extrem: Die stehen ihren<br />

jüngeren Konkurrenten seit fast zwei Jahrzehnten im Weg. So wäre<br />

Dominic Thiem vielleicht schon mehrfacher Grand-Slam-Sieger,<br />

wenn ihn speziell die drei nicht schon jahrelang aufhalten würden.<br />

Was waren die ganz großen Veränderungen im Tennissport<br />

in der bisherigen Bresnik-Ära?<br />

Zum Beispiel die Geschwindigkeit im Spiel, die einerseits der<br />

Athletik und andererseits dem Material geschuldet ist. Die Beläge<br />

und die Bälle hingegen hat man ja angeglichen res pektive<br />

verlangsamt, weil es irgendwann zu schnell geworden ist. War<br />

Ivan Lendl Anfang der 1980er-Jahre der Erste, der den damaligen<br />

Stand der Dinge im körperlichen Bereich ausgeschöpft hat, so<br />

ist das heute natürlich gang und gäbe. Dafür ist die taktische<br />

Seite mehr oder weniger weggefallen und es läuft fast nur<br />

DER LEHRER Der Australier Bob<br />

Brett (1953–<strong>2021</strong>) coachte<br />

Boris Becker, Goran Ivanisevic<br />

oder auch Marin Cilic – und<br />

irgendwie auch Günter Bresnik.<br />

mehr über die technischen und körperlichen<br />

Fähigkeiten. Ich behaupte, dass heute in einem<br />

Match mit 200 ausgespielten Punkten 180<br />

nur durch technische Meisterleistungen oder technische<br />

Fehler entschieden werden. Auf die Taktik<br />

kommt es hingegen nur mehr zu allerhöchstens<br />

20 Prozent an.<br />

Technisch ist die Weiterentwicklung<br />

des Topspin-Spiels interessant.<br />

Absolut. Bei Pionieren wie Guillermo Vilas oder auch Björn Borg<br />

sind die Bälle ja anfangs vor allem höher übers Netz geflogen; mit<br />

dem um so viel aggressiveren und schnelleren Spiel von heute hatte<br />

das aber gar nichts zu tun. Rafael Nadal hat das dann auf ein<br />

komplett neues Niveau gehoben. Trotzdem, und obwohl Thomas<br />

Muster und ich nicht die dicksten Freunde sind: Einen Muster in<br />

Höchstform auf Sand gegen den Rafa würde ich mir gern anschauen!<br />

Der Tom war nicht der Allerschnellste, aber wie der seine Leistungen<br />

im Wettkampf steigern konnte, war außergewöhnlich.<br />

Waren die Guten von damals, etwa Becker,<br />

anders als heutige Stars?<br />

Mein erster großer Spieler war eben der Boris. Schon durch das<br />

spezielle Verhältnis zwischen <strong>Deutschland</strong> und Österreich bin ich<br />

da besonders auf dem Prüfstand gestanden. Leichter getan habe<br />

ich mir natürlich, weil wir dieselbe Sprache sprechen – auf Englisch<br />

wäre die Akzeptanz meiner Person sicher niedriger gewesen! (lacht)<br />

Überhaupt ist damals noch das meiste übers Miteinander-Reden<br />

gegangen. Heutzutage spielt sich leider sehr viel nur mehr übers<br />

Handy ab. Ich kann natürlich auch eine Whatsapp-Nachricht<br />

schreiben, aber das liegt mir nicht. Und wenn ich mit einer<br />

Person nur per Mail verkehre, ist mein Gefühl für diesen<br />

Menschen schlechter, als wenn ich ihn persönlich sprechen kann.<br />

Vielleicht auch ein weiterer Vorteil für die Herren Djokovic,<br />

Nadal und Federer?<br />

Meiner Meinung nach ja. Die mussten sich noch persönlich mit<br />

vielen Dingen und Menschen auseinandersetzen, haben vieles<br />

1. Das Medizinerpaar Elvira und<br />

Walter Bresnik mit Sohn Günter und<br />

den Töchtern Ingrid und Karin im<br />

Jahr 1970.<br />

2. Bei der Arbeit in der Akademie<br />

in der Südstadt unweit von Wien:<br />

„Zu mir kommen die Kinder zwecks<br />

Leistungstennis!“<br />

3. Günter Bresnik liebt den Umgang<br />

mit Menschen – auch Diskussionen<br />

mit der Journalistenriege.<br />

4. & 5. Fast 20 Jahre stand man<br />

gemeinsam am Court, 2019 trennte<br />

sich Dominic Thiem dann von<br />

Mentor Bresnik.<br />

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