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das internationale tennismagazin – die jubiläumsausgabe<br />
Dominic Thiem &<br />
Alexander Zverev mühen<br />
sich im Schatten der Ewigen<br />
Drei – dabei wartet schon<br />
die nächste Next Generation<br />
Die Unsterblichen
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006<br />
Editorial<br />
Liebe Tennisfans,<br />
Redaktionskonferenzen bei tennisnet.com finden<br />
nicht nur in Zeiten wie diesen fernmündlich<br />
statt. Und genauso sind wir bei der Gestaltung<br />
dieses Magazins vorgegangen: Fokussiert wie<br />
ein Djokovic bei Matchball gegen sich, trickreich<br />
wie ein Federer am Netz und über den Tellerrand blickend<br />
wie eine Serena bei, nun ja, jeder Gelegenheit. Aber eben in<br />
sicherer Distanz. Wenn also der Chefredakteur den Chef<br />
persönlich anskypet, dann schaut das ungefähr so aus …<br />
JENS HUIBER, Steirer,<br />
ist seit 2013 an Bord<br />
von tennisnet.com und<br />
agiert als Chefredakteur.<br />
Als Producer von<br />
sportradio360.de ist<br />
Jens auch für „Quiet,<br />
please – der tennisnet-Podcast“<br />
verantwortlich.<br />
Alex, das Motto, mit dem tennisnet.com vor zehn Jahren an den<br />
Start gegangen ist, nämlich „Von Fans für Fans“ …<br />
… gilt heute mehr denn je. Hat es in der Geschichte des Tennissports<br />
ein besseres Jahrzehnt gegeben als das letzte? Vielleicht bei<br />
Becker und Muster. Aber Federer, Nadal, Djokovic in ihrer Blüte<br />
und auf Rekordjagd, Serena liefert nicht nur auf dem Court, Angie<br />
Kerber gewinnt drei Majors – das ist ganz großes Tennis. Und im<br />
Grunde haben wir Dominic Thiem von seinem ersten Profimatch<br />
an begleitet.<br />
Knapp 3.000 Artikel über Dominic, und wir dürfen nicht vergessen:<br />
Ganz zu Beginn hat er bei tennisnet.com sogar seinen eigenen<br />
Blog gehabt.<br />
Und jetzt ist er US-Open-Sieger, hat ein 1000er-Turnier im Finale<br />
gegen Federer gewonnen, in Kitzbühel und in Wien den Titel<br />
geholt. Wahnsinn.<br />
Und hat mit Alexander Zverev einen Kumpel und Rivalen auf der<br />
Tour, mit dem die deutsch-österreichische Freundschaft wieder<br />
so richtig auflebt. Nicht so wie zu deiner Zeit …<br />
Wie bitte? Wir haben uns untereinander immer lieb gehabt! Nur<br />
halt nicht auf dem Platz. Es kann nicht bei allen so harmonisch<br />
zugehen wie bei Melzer und Petzschner.<br />
Das ist aber das Großartige am Tennis: Der Sport ist so global<br />
aufgestellt, dass man sich seine Helden überall holen kann: in<br />
Australien, in den USA, in Serbien. Früher sogar in Kärnten …<br />
Wichtig ist doch vor allem eines: dass die Kinder Vorbilder haben<br />
und rausgehen und einfach drauflosspielen. Dass sie von den<br />
Verbänden Unterstützung bekommen, wenn sie die brauchen.<br />
Und dass sie ab und zu die Chance haben, einen Thiem, einen<br />
Zverev, eine Kerber live zu sehen.<br />
Stuttgart, München, Berlin, Halle/Westfalen, Bad Homburg, Köln,<br />
Hamburg, Kitzbühel, Basel und Wien, dazu noch ein paar Challenger<br />
– da geht was im deutschsprachigen Raum …<br />
Eben. Und das ganz große Zuckerl kommt ja heuer im November:<br />
Wenn Österreich, <strong>Deutschland</strong> und Serbien im Davis Cup gegeneinander<br />
spielen. Dominic, Sascha und Nole in der Olympiahalle<br />
in Innsbruck – das kann der absolute Wahnsinn werden.<br />
Ein zweites Unterpremstätten?<br />
Dafür sind zu wenige Kärntner im Team. Der Kapitän alleine<br />
reicht da nicht.<br />
ALEXANDER<br />
ANTONITSCH,<br />
Kärntner, war früher<br />
Profi auf der ATP-Tour<br />
und österreichischer<br />
Daviscup-Spieler; seit<br />
2011 Turnierdirektor<br />
in Kitzbühel. Alex hat<br />
2010 tennisnet.com ins<br />
Leben gerufen.<br />
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Um diese 140 Seiten so<br />
abwechslungsreich wie<br />
möglich zu gestalten, haben<br />
wir in der Produktion darauf<br />
geachtet, die diversen<br />
Autorenmeinungen und<br />
Erfahrungen auch als<br />
solche zu belassen. Keine<br />
Einheitsbrei-Texte, alles<br />
ganz nah am besten<br />
Ballsport ausgerichtet.<br />
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Welt, gesammelt aus<br />
Österreich und <strong>Deutschland</strong>.<br />
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mir klar gewesen, wie<br />
easy das ist, hätte ich es<br />
schon früher gemacht.<br />
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Ex-Tennisprofi und Moderator<br />
Haarverpflanzung im Oktober 2020<br />
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Österreichischer Tennis Davis Cup-Kapitän<br />
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008<br />
Inhalt<br />
DAS ÖSTERREICHISCHE TENNISMAGAZIN – DIE JUBILÄUMSAUSGABE<br />
COVER-<br />
ARTWORK<br />
missMEDIA-<br />
GRAFIK:<br />
Angelika<br />
Kratzig,<br />
Annika<br />
Neubauer<br />
Dominic Thiem &<br />
Alexander Zverev mühen<br />
sich im Schatten der Ewigen<br />
Drei – dabei wartet schon<br />
die nächste Next Generation<br />
DIE UNSTERBLICHEN<br />
10 Big Picture<br />
Big Moments von Gael Monfils,<br />
Roger Federer und Rafael Nadal<br />
16 Der lange Atem<br />
der Großen Drei<br />
Die Top 3 als die Unsterblichen?<br />
26 Siegen in der<br />
Komfortzone<br />
Dominic Thiem in der Analyse<br />
34 Familiengeschäfte<br />
Alexander Zverev:<br />
Zurück zu den Wurzeln<br />
40 Der Superstar mit<br />
sieben Siegeln<br />
Damentennis-Phänomen<br />
Naomi Osaka<br />
46 Die vier Grand Slams<br />
Auf den Spuren der<br />
Tennisturnier-Giganten<br />
52 „Muster gegen Nadal<br />
würd ich gerne sehen“<br />
Trainerlegende Günter Bresnik<br />
im ausführlichen Interview<br />
58 Neue deutsche<br />
Tenniswelle<br />
Kommentar<br />
46<br />
60 Gipfelstürmer<br />
Das ATP-Weltranglisten-Ranking<br />
62 Austria’s First Role Model<br />
Rückblick einer österreichischen<br />
Tennislegende<br />
68 „Wir ziehen alle<br />
an einem Strang“<br />
Interview mit dem ÖTV-Präsidenten<br />
70 Liebesheirat statt<br />
Zweckehe<br />
Eine deutsch-österreichische<br />
Liebesgeschichte<br />
74 The Real Next<br />
Generation<br />
Der Aufstieg der nächsten Next Gen<br />
81 Warum braucht<br />
das Tennis Spieler<br />
wie Nick Kyrgios?<br />
Kommentar<br />
62<br />
Lust auf Team Thiem?<br />
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009<br />
FOTOS: PROFESSIONAL SPORT/POPPERFOTO/GETTY IMAGES, AL BELLO/GETTY IMAGES SPORT/GETTY IMAGES (2), GEORGES DE KEERLE/HULTON ARCHIVE/GETTY IMAGES, TIM CLAYTON/CORBIS SPORT/GETTY IMAGES, MATT KING/GETTY<br />
IMAGES SPORT/GETTY IMAGES, CAMERON SPENCER/GETTY IMAGES SPORT/GETTY IMAGES, JULIAN FINNEY/GETTY IMAGES SPORT/GETTY IMAGES, ANTHONY DIBON/ ICON SPORT/GETTY IMAGES<br />
84<br />
84 Zwei Leben<br />
Becker und Graf in der Retrospektive<br />
90 „Tennisspieler<br />
leben länger“<br />
Der DTB-Vizepräsident<br />
zieht Bilanz<br />
94 Das letzte<br />
große Hurra<br />
Das Endgame von<br />
Angelique Kerber<br />
100 Primadonnen<br />
Das WTA-Weltranglisten-<br />
Ranking<br />
102 Greatest Female<br />
Athlete of All Time<br />
Die Erfolgsgeschichte<br />
von Serena Williams<br />
108 Wir waren Pioniere<br />
Kommentar<br />
94<br />
132<br />
110 Entourage<br />
Die Topstars und ihre Teams<br />
116 Checkliste für den<br />
Spielstart<br />
Spitzenklasse-Physiotherapeut<br />
Alex Stober verrät Insidertipps<br />
122 „Ich war immer ein<br />
Materialfetischist“<br />
Bespannungskünstler Peter<br />
Lehrner über sein Handwerk<br />
126 Die Tennis-<br />
Akademiker<br />
Die besten Tenniscamps und<br />
Akademien im Überblick<br />
132 Fakten, Fakten,<br />
Fakten<br />
Ein kleines Best-of der<br />
Tennissport-Superlative<br />
136 Die Turnierlandkarte:<br />
Von B wie Bad<br />
Homburg bis<br />
W wie Wien<br />
Was, wie, wann, wo? Die Turnierübersicht<br />
der DACH-Region<br />
138 Last, but not least<br />
Das Big Picture zum Schluss als<br />
Aussicht auf die Tenniszukunft<br />
Impressum<br />
MEDIENINHABER, HERAUSGEBER & VERLEGER missMEDIA GmbH GESCHÄFTSFÜHRUNG Monika Affenzeller, Jochen Hahn PRODUKTION Julia Klawatsch,<br />
Monika Affenzeller REDAKTION: Jens Huiber, Fritz Hutter, Jörg Allmeroth, Christian Albrecht Barschel, Stefan Bergmann, Nikolaus Fink, Florian Goosmann,<br />
Michael Rothschädl, Manuel Wachta, Ulrike Weinrich, Johanna Bresnik, Monika Affenzeller, Lukas Zahrer CREATIVE DIRECTOR Angelika Kratzig GRAFIK Annika<br />
Neubauer LEKTORAT Bernhard Paratschek. SALES Regina Rath-Trittremmel, Stefan Bauda, Lisa Neukirchner, Alex Antonitsch, Harald Buchheister, Kathi Heitmann<br />
ANZEIGENPRODUKTION & -FAKTURIERUNG Kristina Pacholet MISSMIND Johanna Bresnik VERLAGS- UND REDAKTIONSADRESSE missMEDIA GmbH, Hainburger<br />
Straße 33, 1030 Wien; Tel.: +43/1/601 17-0; E-Mail Redaktion: info@miss.at; Anzeigen-Fax: +43/1/601 17-939 HERSTELLUNG Druck Styria GmbH & Co KG<br />
VERTRIEB ÖSTERREICH Andreas Munk, VERTRIEB DEUTSCHLAND Harald Buchheister
010<br />
Big Picture<br />
GAEL MONFILS<br />
Akrobat schön!<br />
Melbourne, 25. Jänner 2016, Australian Open, Achtelfinale.<br />
Gael Monfils schlägt Andrei Kusnezow mit 7:5,<br />
3:6, 6:3, 7:6 (4). Harte Landungen ist der Franzose in<br />
sportlicher Hinsicht gewohnt: Der ganz große Triumph<br />
steht für ihn noch aus – vielleicht auch, weil sich<br />
Monfils nie zurücknimmt, immer alles auf dem Platz<br />
lässt. Das mag ihm einen Ehrenplatz in der Ruhmeshalle<br />
des Tennissports verwehren; bei den Fans steht Gael<br />
Monfils aber weltweit ganz hoch im Kurs.
011
012 Big Picture
013<br />
ROGER FEDERER<br />
Hopp Schwiiz!<br />
Lille, 23. November 2014, Davis Cup, Finale. Roger Federer bezwingt<br />
Richard Gasquet mit 6:4, 6:2, 6:2. Die Schweiz gewinnt erstmals die<br />
„hässlichste Salatschüssel der Welt“. Die Geschichte dieses Endspiels<br />
hatte aus Sicht der Eidgenossen eigentlich Stan Wawrinka geschrieben,<br />
der am ersten Tag die Auftaktniederlage von Federer gegen Gael Monfils<br />
mit einem Sieg gegen Jo-Wilfried Tsonga egalisierte und im Doppel mit<br />
dem Maestro die Auswärtsmannschaft in Führung brachte. Den Schlusspunkt<br />
durfte aber dann doch Roger Federer höchstselbst setzen.
014 Big Picture<br />
RAFAEL NADAL<br />
Im Zwielicht<br />
London, 6. Juli 2008, Wimbledon, Finale. Rafael Nadal<br />
besiegt Roger Federer mit 6:4, 6:4, 6:7 (5), 6:7 (8) und<br />
9:7. Björn Borg und John McEnroe haben 1980 die Latte<br />
hochgelegt, Nadal und Federer 28 Jahre später fast<br />
gleichgezogen – ein episches Finale mit dem besseren<br />
Ende für den spanischen Matador. Die Bedingungen, unter<br />
denen dieses von Regenunterbrechungen und Dunkelheit<br />
geprägte Duell gespielt wurde (wie am Bild ersichtlich),<br />
wird es in dieser Art nie wieder geben: Seit 2009 schützt<br />
ein flexibel verschließbares Dach den traditionsreichsten<br />
Centre-Court im Tennissport; Flutlicht inklusive.
REDAKTION: JENS HUIBER, FOTOS: IAN WALTON/GETTY IMAGES SPORT/GETTY IMAGES, JULIAN FINNEY/GETTY IMAGES SPORT/GETTY IMAGES, CAMERON SPENCER/GETTY IMAGES SPORT/GETTY IMAGES<br />
015
016 Coverstory<br />
ROGER FEDERER,<br />
NOVAK DJOKOVIC und<br />
RAFAEL NADAL haben<br />
die Tenniswelt seit<br />
fast zwei Jahrzehnten<br />
fest im Griff. Die lang<br />
avisierte Wachablöse<br />
wird ein ums andere<br />
Mal aufgeschoben.<br />
REDAKTION: JÖRG ALLMEROTH<br />
Der lange Atem
der Großen Drei<br />
017
018<br />
Novak<br />
Djokovic<br />
Geburtstag: 22. Mai 1987<br />
Größe: 188 cm<br />
Gewicht: 77 kg<br />
Profi seit: 2003<br />
Coach: Marian Vajda, Goran<br />
Ivanisevic<br />
Bester Weltranglistenplatz: 1<br />
Titel insgesamt: 82<br />
Titel Majors: 18 (Australian<br />
Open 2008, 2011, 2012, 2013,<br />
2015, 2016, 2019, 2020, <strong>2021</strong>;<br />
French Open 2016; Wimbledon<br />
2011, 2014, 2015, 2018, 2019;<br />
US Open 2011, 2015, 2018)<br />
Markenzeichen: Unglaubliche<br />
Defensive, unfassbare mentale<br />
Stärke, bester Return auf<br />
der Tour<br />
Am Vorabend seines jüngsten Grand-Slam-<br />
Finalauftritts verkündete Novak Djokovic<br />
eine leicht provokative Botschaft mit völliger<br />
Gelassenheit. „Die jungen Burschen da<br />
draußen, sie haben noch eine Menge<br />
Arbeit vor sich“, sagte Djokovic Anfang Februar in Melbourne,<br />
am Schauplatz der Australian Open <strong>2021</strong>. Es klang wie eine<br />
Stichelei, eine Frotzelei, ein Anfall von Arroganz auch, aber<br />
letztlich beschrieb der weltbeste Tennisspieler der Gegenwart<br />
nur den Status quo in seinem Sport – ganz oben, in der dünnen<br />
Höhenluft auf dem Gipfel. Denn spätestens in der Finalnacht<br />
der australischen Ausscheidungsspiele hatte sich der Capitano<br />
quasi selbst bestätigt in seiner Adresse an die Welt des Wanderzirkus:<br />
Djokovic gewann im neunten Titelduell zum neunten Mal<br />
die Grand-Slam-Trophäe in der Rod Laver Arena – und Daniil<br />
Medvedev, der hoch eingeschätzte Herausforderer, der amtierende<br />
ATP-Weltmeister, stand nach drei klar verlorenen Endspielsätzen<br />
vor dem Trümmerhaufen aller Hoffnungen. Auch Medvedev hatte<br />
dann noch eine Message für Fans, Medien und den Rest des<br />
großen Tennispulks, ein offenherziges Eingeständnis: „Ich kann<br />
es nur immer wieder wiederholen: Die Großen Drei sind einfach<br />
besser als die anderen Tennisspieler.“<br />
Der wenig umkämpfte Pokaltermin am anderen Ende der<br />
Welt war nur die letzte Episode einer Saga, die beispiellos ist für<br />
die Tennisgeschichte und den modernen Sport überhaupt. Dass<br />
drei Athleten und Ästheten, Novak Djokovic, Rafael Nadal und<br />
Roger Federer, eine immer konkurrenzstärkere Einzeldisziplin<br />
seit über anderthalb Jahrzehnten mit unveränderter Dominanz<br />
prägen, kennt kaum Vergleiche. Selbst jenseits des dreißigsten<br />
Geburtstags haben der Serbe, der Spanier und der Schweizer<br />
kein Erbarmen mit den nachfolgenden Generationen – sie sind<br />
die scheinbar ewigen Spielverderber aller gegnerischen Avancen.<br />
Federer, der älteste des Spitzentrios, holte sich sogar mit 36<br />
Jahren noch einmal einen Major-Titel, bei den Australian Open<br />
2018; bald darauf brach er in Rotterdam auch noch einen<br />
weiteren Rekord als älteste Nummer eins der Weltranglisten-<br />
Historie. „Nichts kann dir die Erfahrung dieser vielen<br />
Matches auf höchstem Niveau ersetzen“, sagt Federer, „das Wissen,<br />
wie man Grand-Slam-Turniere bestreitet, das Wissen, wie man<br />
sich eine Saison einteilt – und wie man sich als Professional<br />
organisiert, mit den richtigen Leuten am richtigen Platz.“<br />
FEDERER FÜLLT DAS MACHTVAKUUM NACH AGASSI<br />
UND SAMPRAS<br />
Man kann viele Statistiken drehen und wenden, wie man will.<br />
Man kann viel in die Zahlenwerke hinein- oder aus ihnen herausinterpretieren.<br />
Aber was die unumschränkte Herrschaft der drei<br />
Großmeister angeht, gibt es keine Ermessens- oder Bewertungsspielräume.<br />
Beim Blick auf die Tenniswelt seit Roger Federers<br />
erstem Wimbledonsieg im Sommer 2003 ist die Hackordnung<br />
kristallklar: Zuerst gab es den Maestro, der das Machtvakuum<br />
nach dem Abgang von Akteuren wie Pete Sampras oder Andre<br />
Agassi beendete. Dann gab es die zweigeteilte Regentschaft von<br />
Federer und Nadal, dem jungen, bulligen Spanier, der seine<br />
Ambitionen mit seinem „Hoppla jetzt komm ich!“-Debüt bei den<br />
French Open 2005 schon als Teenager klarstellte.
019<br />
Roger<br />
Federer<br />
Geburtstag: 8. August 1981<br />
Größe: 185 cm<br />
Gewicht: 85 kg<br />
Profi seit: 1998<br />
Coach: Ivan Ljubicic, Severin<br />
Lüthi<br />
Bester Weltranglistenplatz: 1<br />
Titel insgesamt: 103<br />
Titel Majors: 20 (Australian<br />
Open 2004, 2006, 2007, 2010,<br />
2017, 2018; French Open 2009;<br />
Wimbledon 2003, 2004, 2005,<br />
2006, 2007, 2009, 2012, 2017;<br />
US Open 2004, 2005, 2006,<br />
2007, 2008)<br />
Markenzeichen: Unlesbarer<br />
Aufschlag, Zuckerhändchen am<br />
Netz, giftiger Rückhand-Slice<br />
Und dann, mit einigen Jahren Abstand, gab es plötzlich mit<br />
Djokovic sozusagen den „dritten Mann“, der sich zupackend in<br />
das Ringen von Federer und Nadal einmischte. „Und seitdem hat<br />
sich daran fast nichts verändert“, sagt der ehemalige Supermann<br />
John McEnroe, heute global als TV-Experte unterwegs. „Es ist<br />
unfassbar, welch langen Atem diese drei haben.“ Um es noch<br />
einmal mit Djokovic zu sagen, dem erfolgreichsten Spieler der<br />
letzten Jahre: „Wir sind immer noch an der Spitze. Wir gehen<br />
nicht einfach so weg.“<br />
Vieles in der Erfolgsbilanz von<br />
Djokovic, Nadal und Federer wäre Mitte<br />
der Nullerjahre für unmöglich gehalten<br />
worden; damals, als diese einzigartige<br />
Episode der Tennisgeschichte ihren Anfang<br />
nahm. Dazu zählt auch und besonders<br />
die unbarmherzige Verteidigung von Erbhöfen:<br />
Nadal watschte ganze Generationen<br />
von enttäuschten Gegenspielern ab, um<br />
sage und schreibe 13 Mal als Titelheld<br />
bei den Rutschübungen im Pariser Sand aufzuscheinen. Federer<br />
verwandelte Wimbledon in sein grünes Paradies, in einen Garten<br />
Eden, triumphierte acht Mal auf dem berühmtesten aller Center-<br />
Courts – und verpasste bei zwei vergebenen Matchbällen im<br />
Endspiel 2019 nur denkbar knapp den Rekordtitel Nummer neun.<br />
THIEM GENIESST DAS PRIVILEG DIESER EPOCHE<br />
Und Djokovic? Er fühlt sich beim ersten Major des Spieljahrs so<br />
wohl wie nirgendwo anders – und macht Melbourne damit zur<br />
Die Großen Drei sind<br />
einfach besser als die<br />
anderen Tennisspieler.<br />
DANIIL MEDVEDEV<br />
Hölle für die Sehnsüchte der anderen Cracks. Vor Medvedev musste<br />
das auch Dominic Thiem erleben, der tatkräftige Österreicher,<br />
derjenige, der sich alles in allem noch am eindrücklichsten<br />
gegen die Großen Drei stemmt: Im Finale 2020 von Melbourne<br />
war der Österreicher nahe dran, einen aus dem rüstigen Seniorenklub,<br />
Melbourne-Grandseigneur Djokovic, vom Sockel zu stoßen.<br />
Aber nach einer zwischenzeitlichen 2:1-Satzführung für Thiem<br />
ging schließlich doch wieder alles seinen üblichen, geregelten Weg<br />
– Djokovic fightete unbeugsam zurück,<br />
siegte in fünf Sätzen. Und Thiem konnte<br />
nur höflich verkünden: „Ich sehe es als<br />
Privileg, überhaupt in dieser Tennis epoche<br />
vorne mitzuspielen.“<br />
Immerhin: Thiem ist der erste und<br />
einzige Spieler aus der Riege der U30-Profis,<br />
der zuletzt überhaupt den Durchbruch<br />
auf den Thron eines Grand-Slam-Turniers<br />
geschafft hat – bei den „Geisterspielen“ in<br />
New York 2020. Verdientermaßen, trotz<br />
Djokovics Disqualifikation, schließlich wirkt der Alpen-Kraft protz<br />
wie der stabilste, entschlossenste, auch mental gefestigtste Spieler<br />
in der Verfolgermeute der Big Three.<br />
Grand-Slam-Turniere sind die Kronjuwelen der Tenniswelt.<br />
Sie sind die kostbarsten Treff-Punkte, um Geschichte zu schreiben;<br />
Leistungsmessen, die den Rang und die Bedeutung definieren –<br />
im Hier und Jetzt und für alle Zeit. Federer, Nadal und Djokovic<br />
haben die Wirkungsmacht der Majors, ihre Position in der Hierarchie<br />
dieses Sports, noch einmal in eine neue Dimension getrieben –
020<br />
Rafael<br />
Nadal<br />
Geburtstag: 3. Juni 1986<br />
Größe: 185 cm<br />
Gewicht: 85 kg<br />
Profi seit: 2001<br />
Coach: Carlos Moya, Francisco Roig<br />
Bester Weltranglistenplatz: 1<br />
Titel insgesamt: 86<br />
Titel Majors: 20 (Australian Open<br />
2009; French Open 2005, 2006,<br />
2007, 2008, 2010, 2011, 2012, 2013,<br />
2014, 2017, 2018, 2019, 2020;<br />
Wimbledon 2008, 2010; US Open<br />
2010, 2013, 2017, 2019)<br />
Markenzeichen: Heavy-Spin-<br />
Grundschläge, unbändiger<br />
Kampfgeist, unterschätzter<br />
Aufschlag und Volley<br />
allein schon wegen ihres ehrgeizigen Wettkampfs um immer neue<br />
Bestwerte. Im Frühjahr <strong>2021</strong> stehen Federer und Nadal bei 20<br />
Grand-Slam-Titeln, Djokovic nach dem Erfolg bei den Australian<br />
Open bei 18 Siegen. Am Status der drei Superhelden rüttelten<br />
über 18 Saisons eigentlich nur zwei Spieler temporär: Andy Murray<br />
und Stan Wawrinka mit ihren jeweils drei Grand-Slam-Siegen.<br />
Doch dem Sprinttempo über die Marathondistanz des royalen<br />
Trios konnten auch sie nicht folgen, diverse<br />
Verletzungen und längere Zwangspausen<br />
taten ihr Übriges. „Ich ziehe jeden Tag<br />
meinen Hut vor der Leistung dieses Trios.<br />
Auch davor, wie sie es geschafft haben,<br />
immer wieder die Spitze zu besetzen“, sagt<br />
Wawrinka. „Man muss es klar sagen: Sie<br />
sind nicht aufzuhalten.“<br />
STETE NEUGIER ALS MARKENZEICHEN<br />
Als Federer vor zwei Jahren auf seine<br />
Erfolge in ganz späten Karrierejahren<br />
blickte, sagte er auch einen schlichten, aber einleuchtenden Satz:<br />
„Wenn ich heute das Tennis von 2003 spielen würde, als ich das<br />
erste Mal Wimbledon gewann, wäre ich weit abgeschlagen.“<br />
Federer meinte damit allerdings nicht nur die normale<br />
Anpassung an ein sich veränderndes Tennis-Biotop, sondern auch<br />
sein Denken und Handeln über all diese Jahre – seine stete Neugier,<br />
seinen Ehrgeiz, sich auf wandelnde Herausforderungen einzulassen.<br />
Letztlich auch: die Freude daran, sich immer wieder neu zu<br />
erfinden, nicht in ein Schema gepresst werden zu können. „Der<br />
Der Umstand, immer<br />
up to date gewesen zu<br />
sein, ist ein Geheimnis<br />
ihres Erfolgs.<br />
ROGER FEDERER<br />
Umstand, immer up to date gewesen zu sein, manchmal auch<br />
voraus, ist sicher ein Geheimnis der Erfolge“, sagt der inzwischen<br />
39-jährige Eidgenosse. Genau wie auch Djokovic und Nadal<br />
trainiert Federer in reiferen Jahren eher weniger, dafür aber<br />
effektiver und zielführender.<br />
Alle drei Großmeister verlassen sich dabei auf ein eingespieltes<br />
Team an Servicedienstleistern, wobei Djokovic den eigenen<br />
Perfektionismus auf eine neue Stufe<br />
gehievt hat. Vor dem Sonderfall der<br />
Pandemie reiste Djokovic mit großem<br />
Gefolge über die Kontinente und durch die<br />
Zeitzonen, selbst ein eigener Koch war in<br />
der Entourage vertreten. „Was wir für den<br />
Erfolg betreiben, ist der reinste Wahnsinn,<br />
aber eben auch wahnsinnig erfolgreich“,<br />
sagte einmal der österreichische<br />
Ernährungs- und Fitnessexperte des<br />
Djokers, Gebhard Gritsch. Wahrscheinlich<br />
verleihe der ganze Aufwand auch ein<br />
„gewisses Gefühl der Beruhigung“, so Gritsch, „man hat einfach<br />
im Kopf: ‚Du hast alles getan, um siegen zu können!‘“<br />
Federer, Nadal und Djokovic: Sie wirken in ihrem Erfolgszyklus<br />
allerdings auch wie Aktien, deren Hausse die Hausse nährt.<br />
„Unerreichbar erschient das fabelhafte Trio“, notierte die „New<br />
York Times“, und registrierte auch eine gewisse Beißhemmung<br />
der Konkurrenz: „Viele Mitbewerber glauben nicht wirklich an<br />
sich, wenn sie gegen einen der drei antreten.“ Bei Grand Slams<br />
merke er selbst häufig, dass Gegner in kritischen, zugespitzten
Logo in negativ und Guidelines<br />
nicht vorhanden<br />
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TENNIS LIVE <strong>2021</strong><br />
ROLAND GARROS, bett1OPEN, MERCEDESCUP<br />
Ausgewählte Matches auch auf servustv.com
022<br />
VEREINT AUF DER<br />
GROSSEN BÜHNE, NICHT<br />
IMMER IN DER SACHE<br />
Federer, Djokovic und<br />
Nadal.<br />
URGEWALT Nole hat<br />
im Tennisgeschäft<br />
alles zerrissen.<br />
Situationen „entweder zu wenig machen oder zu viel versuchen“,<br />
sagt Nadal, der Sandplatzkönig von Roland Garros. „Dabei ist<br />
es am wichtigsten, Ruhe zu bewahren, aber durchaus selbst die<br />
Entscheidung zu suchen“, so der Spanier.<br />
MEISTER DES DOSIERTEN KRAFTEINSATZES<br />
Aktion statt Reaktion, aber mit kühlem Kopf, mit Power und<br />
Präzision. „Viele junge Spieler behaupten, alles zu wissen, nichts<br />
mehr lernen zu müssen“, erklärt der Kroate Goran Ivanisevic,<br />
der einstige „Herr der Asse“ und aktuelle Teilzeitcoach von<br />
Djokovic, „aber die Topleute zeigen ihnen das Gegenteil auf.“ Die<br />
Herausforderer würden zwar „immer wieder hoch gehandelt“,<br />
so Ivanisevic, „aber die Wahrheit ist: Sie hinterfragen sich und<br />
ihre Leistungen nicht ausreichend genug.“<br />
Und tatsächlich hat sich auch an einem entscheidenden<br />
Detail in diesem Machtpoker über all die Jahre wenig verändert:<br />
Während viele Rivalen der Großen Drei in frühen Phasen der<br />
Grand Slams ihre Energien verschleudern, mit ihren Stärkepotenzialen<br />
alles andere als haushalten, sind Federer, Nadal und<br />
Djokovic Meister des Krafteinsatzes, absolute Champions der<br />
Effizienz. Wenn es hart auf hart kommt, in den fortgeschrittenen<br />
Runden, am Finalwochenende, sind sie hellwach und fit im<br />
Startblock. „Du kannst Grand Slams auch in der ersten Woche<br />
verlieren, obwohl du gewinnst“, sagt Boris Becker, der jüngste<br />
Wimbledonsieger aller Zeiten – „ich weiß, wovon ich rede.“<br />
Und wo soll das alles enden, diese Macht und Herrlichkeit<br />
der Großen Drei? Federers Karriere nähert sich langsam dem<br />
Ritt in den Sonnenuntergang, aber der Traum vom neuerlichen,<br />
vom letzten Grand-Slam-Sieg ist noch nicht ausgeträumt. Djokovic<br />
und Nadal haben potenziell noch einige gute, sehr gute Jahre<br />
im Wanderzirkus vor sich; Jahre, in denen die Rekordjagd nach<br />
den meisten Major-Titeln weitergehen wird – und Jahre, in denen<br />
viele Tennisträume der anderen weiter zu platzen drohen. ●<br />
FOTOS: FABRICE COFFRINI/AFP/GETTY IMAGES, CAMERON SPENCER/GETTY IMAGES SPORT/GETTY IMAGES, QUALITY SPORT IMAGE/GETTY IMAGES SPORT/GETTY IMAGES,<br />
LEO MASON/POPPERFOTO/GETTY IMAGES(3), D DIPASUPIL/GETTY IMAGES SPORT/GETTY IMAGES, POPPERFOTO/GETTY IMAGES
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024<br />
WIMBLEDON 2019,<br />
FINALE: Djokovic vs.<br />
Federer 7:6 (5), 1:6,<br />
7:6 (4), 4:6, 13:12<br />
Was man wissen<br />
muss: Federer kann<br />
im fünften Satz bei<br />
eigenem Aufschlag<br />
zwei Matchbälle<br />
nicht nutzen.<br />
Die größten Matches<br />
AUSTRALIAN OPEN<br />
2017, FINALE:<br />
Federer vs. Nadal<br />
6:4, 3:6, 6:1, 3:6,<br />
6:3<br />
Was man wissen<br />
muss: Federer gibt<br />
nach dem 1:3 im<br />
fünften Satz kein<br />
Spiel mehr ab.<br />
Head-to-<br />
Head<br />
DJOKOVIC VS. FEDERER<br />
27:23<br />
NADAL VS. FEDERER<br />
24:16<br />
DJOKOVIC VS. NADAL<br />
29:27<br />
AUSTRALIAN OPEN 2012, FINALE: Djokovic<br />
vs. Nadal 5:7, 6:4, 6:2, 6:7 (5), 7:5<br />
Was man wissen muss: Das längste<br />
Grand-Slam-Endspiel der Geschichte.<br />
WIMBLEDON 2008, FINALE:<br />
Nadal vs. Federer 6:4, 6:4,<br />
6:7 (5), 6:7 (8), 9:7<br />
Was man wissen muss:<br />
Nadal entthront in der<br />
Dunkelheit den fünffachen<br />
Champion Federer.<br />
FRENCH OPEN 2013, HALB-<br />
FINALE: Nadal vs. Djokovic<br />
6:4, 3:6, 6:1, 6:7 (3), 9:7<br />
Was man wissen muss:<br />
Djokovic muss drei weitere<br />
Jahre warten, bevor er Nadal<br />
in Paris bezwingen kann.<br />
FOTOS: SIMON M BRUTY/GETTY IMAGES SPORT/GETTY IMAGES, DANIEL LEAL-OLIVAS/AFP/GETTY IMAGES, BEN STANSALL/AFP/GETTY IMAGES, MATTHEW STOCKMAN/GETTY IMAGES SPORT/GETTY IMAGES, JULIAN FINNEY/GETTY IMAGES SPORT/GETTY IMAGES(2), MICHAEL DODGE/<br />
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026<br />
VOLLE KONZENTRATION,<br />
VOLLE POWER Dominic<br />
Thiem hat noch mindestens<br />
ein großes Ziel vor Augen.
027<br />
HOCHSCHAUBAHN Flushing Meadows, 13. September 2020 – Comeback geglückt.<br />
Siegen in der<br />
Komfortzone<br />
DOMINIC THIEM hat sich spätestens mit seinem Triumph bei den US Open 2020 als feste<br />
Größe in der Tennis-Weltelite etabliert. Österreichs Nummer eins muss niemandem mehr<br />
etwas beweisen – außer vielleicht sich selbst.<br />
REDAKTION: JENS HUIBER
028<br />
Dominic<br />
Thiem<br />
Geburtstag: 3. September 1993<br />
Größe: 185 cm<br />
Gewicht: 79 kg<br />
Profi seit: 2011<br />
Coach: Nicolas Massu<br />
Bester Weltranglistenplatz: 3<br />
Titel insgesamt: 17<br />
Titel Majors: 1 (US Open 2020)<br />
Markenzeichen: Kick-Aufschlag<br />
nach außen, Heavy-Spin-Vorhand,<br />
Rückhandschuss die Linie entlang<br />
„<br />
Besser in einem vollen Stadion spielen,<br />
in dem das komplette Publikum gegen<br />
einen ist, als vor leeren Tribünen.“ Hat<br />
Dominic Thiem schon 2017 geahnt,<br />
dass ihm, dem Tenniszirkus, der ganzen<br />
Welt ein Trauerspiel bevorsteht, wie es nicht einmal die<br />
größten Pessimisten vorhersehen wollten? Natürlich<br />
nicht. Es war mehr die Suche nach Lichtblicken in der<br />
Analyse eines Nachmittags in New York City, der in einem<br />
sportlichen Desaster für Thiem geendet hatte. 2:0-Satzführung<br />
gegen Juan Martin del Potro, die mehr als 6.000<br />
Argentinier im Grand Stand ruhiggestellt, danach ein<br />
schlampig gespielter dritter Durchgang – und schließlich,<br />
bitte, danke, kein Viertelfinale gegen Roger Federer,<br />
sondern eine Heimreise, die sicher nicht lustig war.<br />
Was für eine Ironie des Schicksals, dass Thiem im<br />
Spätsommer 2020 exakt dort, wo er drei Jahre zuvor<br />
erstmals richtige Daviscup-Auswärts-Atmosphäre zu<br />
spüren bekommen hat (und das bei einem Grand-<br />
Slam-Turnier!), seinen größten Karriere-Triumph feiern<br />
sollte. Vor leeren Rängen. Im Billie Jean King National<br />
Tennis Center.<br />
LEBENSTRAUM „Der erste Major-Titel ist perfekt.“
029 123<br />
Und jetzt? Ja, es gibt sie noch, die ganz große Aufgabe, die größte<br />
im Tennis, vielleicht im Sport überhaupt: die French Open zu<br />
gewinnen, solange Rafael Nadal noch spielt. Und dabei den<br />
Matador auf seinem ureigensten Terrain zu besiegen. 2009 hat der<br />
Schwede Robin Söderling das geschafft, 2016 Novak Djokovic. Zu<br />
beiden Anlässen war Nadal nicht fit; bei seinen vier Begegnungen<br />
gegen Thiem auf der Pariser Asche schon. Einen von 13 gespielten<br />
Sätzen hat Dominic Thiem im Schatten des Eifelturms gegen<br />
Nadal gewonnen, 2019 im Endspiel. 2014 durfte Thiem in Runde<br />
zwei Lehrgeld bezahlen, 2017 reichte es im Halbfinale auch nur<br />
zu sieben Spielgewinnen, ein Jahr später verkrampfte Nadal zwar<br />
in den Händen, seine Beine und sein Kampfgeist trugen ihn aber<br />
dennoch zum damals elften Triumph am Bois de Boulogne.<br />
FOTOS: GEPA PICTURES/HANS OSTERAUER, GEPA PICTURES/MATTHIAS HAUER, GEPA PICTURES/WALTER LUGER, CAMERON SPENCER/GETTY IMAGES SPORT/GETTY IMAGES, TPN/GETTY IMAGES<br />
SPORT/GETTY IMAGES, CLIVE BRUNSKILL/GETTY IMAGES SPORT/GETTY IMAGES, AL BELLO/GETTY IMAGES SPORT/GETTY IMAGES(2), MATTHEW STOCKMAN/ GETTY IMAGES SPORT/GETTY IMAGES,<br />
HIER SIND NOCH MEHRERE RECHNUNGEN OFFEN …<br />
… die Dominic Thiem begleichen kann, kein Zweifel. Der mittlerweile<br />
27-Jährige hat die spielerischen Waffen, hat die notwendige<br />
Physis, hat die Erfahrung und – im Gegensatz zu anderen<br />
aufstrebenden Kollegen wie Alexander Zverev, Daniil Medvedev<br />
oder Andrei Rubjlow – auch das Wissen, dass er die beiden besten<br />
Spieler der Welt, Nadal und Novak Djokovic, bei einem Major<br />
bezwingen kann. Noch nicht in einem Finale; mit der<br />
Betonung auf „noch“. Ein derartiger „Signature Win“ ist von der viel<br />
besungenen ersten #NextGen nur Stefanos Tsitsipas geglückt,<br />
zuletzt bei den Australian Open. Aber eben auch nicht, als es um den<br />
Siegerscheck ging, sondern schon im Viertelfinale (gegen Nadal).<br />
FEDERER UND VOR ALLEM AGASSI MUSSTEN WARTEN<br />
Ein Erfolg bei einem der vier größten Turniere kann Kräfte frei<br />
machen. Roger Federer war ein solcher Triumph jahrelang vorhergesagt<br />
worden – dem ersten Grand-Slam-Sieg in Wimbledon<br />
2003 ließ der Schweizer 19 weitere folgen. Andre Agassi<br />
mühte sich auf Asche und Hartplatz redlich, ehe er, für<br />
alle überraschend, 1992 wie aus dem Nichts in Wimbledon<br />
auf Rasen zuschlug. Auch Agassi war danach ein anderer<br />
Tennisspieler, einer, der die für ihn<br />
schwierigste Prüfung bestanden hatte. Und<br />
der zu neuen Abenteuern aufbrach, die<br />
in einem Karriere- Grand-Slam mündeten.<br />
Agassi agierte als globaler Superstar,<br />
als Werbeikone, als Trendsetter, der<br />
sportlich dennoch oft – zu oft, wenn man<br />
seiner äußerst lesenswerten Biografie<br />
„Open“ glaubt – in Pete Sampras seinen<br />
Meister gefunden hat. Die Krux, mit der<br />
die männlichen Tennisprofis seit fast zwei<br />
Dekaden zu kämpfen haben: In diesem<br />
Zeitraum gab es nicht einen Sampras, sondern gleich drei. Federer,<br />
Nadal und Djokovic haben den Kuchen untereinander aufgeteilt,<br />
selten bis nie ist ein Krümel heruntergefallen. Und wenn, dann<br />
waren der oftmals unterschätzte Stan Wawrinka und der eiserne<br />
Andy Murray da, die bei jeweils drei Major- Titeln stehen. Und<br />
stehen bleiben werden – während zumindest bei Djokovic und<br />
Nadal die Aussichten auf weitere ausgesprochen gut sind.<br />
„DAS NÄCHSTE MAL. VIELLEICHT.“<br />
Der Matador und sein größter Herausforderer.<br />
Die Langzeitwirkungen des Erfolgs von Dominic Thiem im<br />
Endspiel der US Open gegen Alexander Zverev – bemerkenswerterweise<br />
ebenfalls nach einem 0:2-Satzrückstand – werden<br />
erst in ein paar Jahren zu bewerten sein. Das New Yorker<br />
Finale war spielerisch gesehen kein Leckerbissen, Thiem meinte<br />
im Anschluss, er sei noch nie so nervös gewesen wie an jenem<br />
Tag. Als ihm Zverev aber in Durchgang drei plötzlich den kleinen<br />
Finger gereicht hat, so wie Thiem weiland del Potro, da hat<br />
Österreichs Sportler des Jahres 2020 zugepackt. Mit Verve. Und<br />
mit einem Killerinstinkt, der auch für künftige Treffen mit eben<br />
einem Rafael Nadal in Paris hoffen lässt.<br />
DOMINIC THIEM MUSS SICH WOHLFÜHLEN<br />
Für ein Dacapo, also für einen zweiten Grand-Slam-Titel und ergo<br />
das Überholen von Thomas Muster zumindest in dieser Hinsicht,<br />
müssen bei Dominic Thiem viele Dinge<br />
stimmen. Am allermeisten wohl seine<br />
Stimmung. Coach Nicolas Massu, der<br />
Ein „Signature Win“ ist<br />
außer Thiem bei einem<br />
Grand-Slam-Turnier aus<br />
der #NextGen nur Stefanos<br />
Tsitsipas geglückt.<br />
Anfang 2019 zunächst als Tour-Coach<br />
einsprang und dann plötzlich Günter<br />
Bresnik als Cheftrainer ersetzte, durfte<br />
die Reise zu den Australian Open in<br />
diesem Jahr nicht mitmachen, einem<br />
positiven Covid-19-Test geschuldet.<br />
Massu, so heißt es, war dafür<br />
verantwortlich, dass Dominic Thiem<br />
plötzlich wieder den Spaß am Tennis<br />
entdeckt hat. Der bis dahin größte Coup, der Turniersieg in<br />
Indian Wells wenige Tage nach der Inauguration Massus, hat dem<br />
Verhältnis Thiems zu seinem chilenischen Übungsleiter einen Schub<br />
gegeben, den man ohne Übertreibung als Kickstart beschreiben<br />
kann. Mit Anlauf.<br />
Massu, der 2004 in Athen im Einzel und mit Fernando<br />
Gonzalez im Doppel zwei olympische Goldmedaillen geholt hat,
030<br />
scheint seinem Schützling neben guter Laune auch die Lust auf<br />
Edelmetall vermittelt zu haben. Der ursprüngliche Plan, erstmals<br />
2024 in Paris in das olympische Dorf einzuziehen, wurde von<br />
Thiem gekippt, nun soll es schon im Sommer <strong>2021</strong> so weit sein<br />
– Tokio ruft. Wenn schon keine ausländischen Fans, sollte es dort<br />
immerhin den besten österreichischen Tennisspieler zu bestaunen<br />
geben. Und seine gehobenen Ansprüche.<br />
Er fahre als Grand-Slam-Champion<br />
zu jedem Turnier in der Erwartung, es<br />
Nicolas Massu war<br />
dafür verantwortlich,<br />
dass Dominic Thiem<br />
wieder Spaß am<br />
Tennis gefunden hat.<br />
gewinnen zu können. Oder zu müssen?<br />
Dominic Thiem schien sich da vor dem<br />
Turnier in Doha nicht ganz sicher, die<br />
unschöne Niederlage gegen Grigor<br />
Dimitrov bei den Aus tralian Open<br />
bedurfte einige Wochen später wohl<br />
immer noch einer en gültigen Aufarbeitung.<br />
Die erste Phase der laufenden<br />
Saison hat aber auch (und vor allem am<br />
Beispiel Thiem) gezeigt, durch welches<br />
emotionale Wechselbad die Tennisprofis gehen müssen: In<br />
Melbourne startete Thiem nach 14-tägiger Quarantäne in<br />
Adelaide und einem Schaukampf gegen Rafael Nadal<br />
(vor ausverkauftem Haus, wohlgemerkt) als Leader des<br />
österreichischen Teams in den ATP Cup. Die Stimmung<br />
war eher mau, die Leistungen Thiems auch. Vater Wolfgang,<br />
der den Kapitän gab, neigt nicht zum Cheerleadertum. Von<br />
Zuschauern nichts zu sehen. Keine Stimmung, nirgendwo.<br />
Fazit: So macht das keinen Spaß.<br />
TOKIO UND TURIN ALS JAHRESZIELE?<br />
Ein paar Tage später dann eine 180-Grad-Wendung, das<br />
atmosphärisch vielleicht dichteste Tennismatch des ganzen<br />
Jahres, ganz sicher aber bei den Aussie Open <strong>2021</strong>: Thiem<br />
darf vor fast vollen Rängen gegen Lokalmatador<br />
Nick Kyrgios ran, verliert die<br />
ersten beiden Sätze; Gegner und Publikum<br />
pushen sich gegenseitig, nicht ahnend,<br />
dass in Thiem das steckt, was ein ehemaliger<br />
französischer Präsident zu seinem<br />
Leitspruch in einem Wahlkampf gemacht<br />
hat: „La force tranquille“, die stille Kraft.<br />
Und die Kraft als solche überhaupt.<br />
Während Kyrgios, in Coronazeiten nur<br />
Teilzeitprofi und hauptsächlich ein<br />
nimmermüder Mahner seiner Kollegen,<br />
mit jeder Minute an Power verliert, legt<br />
Thiem eher noch zu. Und feiert einen<br />
letztlich, ja, ungefährdeten Sieg. Sachen<br />
gibt’s …<br />
Am gleichen Abend aber wurden die<br />
Fans rechtzeitig vor Mitternacht nach<br />
Hause geschickt, Melbourne ging in einen<br />
fünftägigen Lockdown – see ya later, mate!<br />
Was für Thiem bedeutete: einmal Grigor<br />
Dimitrov im Achtelfinale, bitte, und zwar solo, im aus tralischen<br />
Sommer und ohne Feedback von den billigen Plätzen. Diese<br />
Versuchsanordnung bewältigte der Bulgare deutlich besser,<br />
auch wenn es keiner spielerischen Meisterleistung bedurfte, um<br />
Thiem aus dem Turnier, zurück nach Europa und in eine Phase<br />
des Grübelns zu schicken.<br />
Die Auftritte in Doha und vor allem in<br />
Dubai haben nicht dabei geholfen, diese<br />
Phase zu beenden – obwohl Nicolas Massu<br />
wieder mit im Team war, an der Seite<br />
von Physio Alex Stober, der seit<br />
seinem Dienstantritt gegen Ende 2015<br />
der treueste Begleiter von Dominic<br />
Thiem ist. Aber wer seine Energie auch<br />
von den Rängen bezieht, der konnte in<br />
Doha höchstens noch die von Medizinern<br />
vorgeschriebene Mindestmenge an<br />
Kalorien abgreifen, in Dubai herrschte<br />
tote Hose.<br />
Damit müssen alle Spieler klarkommen, es sei denn,<br />
sie verzichten wie Kyrgios auf Gastspiele, die von einer mehr<br />
oder minder strengen Abschottung der Sportler und von<br />
Einschränkungen für die Fans geprägt sind.<br />
DER JACKPOT<br />
Dominic Thiem wird sich der Herausforderung stellen, vielleicht<br />
ein wenig am Turnierkalender schrauben; auch das eine Lehre<br />
aus den ersten zehn Jahren im professionellen Tenniszirkus. Im<br />
Grunde spielt Thiem seit den vergangenen US Open mit „House<br />
Money“, mit dem Geld der Bank. Alles kann, nichts muss. Thiem<br />
ist Stammgast bei den ATP Finals (und hätte nach anfänglichen<br />
Schwierigkeiten in London zumindest das dort letzte, vielleicht<br />
sogar die beiden jüngsten Austragungen dort für sich entscheiden<br />
müssen) – trotz des Stotterstarts <strong>2021</strong><br />
sollte man ihn für das Saisonfinale auch<br />
in diesem Jahr nicht abschreiben.<br />
Tokio und Turin, die Olympischen<br />
Spiele und das Endspiel der besten acht<br />
Spieler der Saison also, das sind die<br />
lohnenden Ziele für Dominic Thiem in<br />
den kommenden Monaten. Neben der<br />
einen, der größten Aufgabe überhaupt:<br />
Mit einem Sieg gegen Rafael Nadal in<br />
Roland Garros hätte sich die Geschichte<br />
mit dem „House Money“ auch erledigt.<br />
Dominic Thiem hätte dann den Superjackpot<br />
geknackt. Nicht, dass er den<br />
zur Abrundung seiner herausragenden<br />
Karriere noch bräuchte. Aber geil<br />
wär’s schon. ●<br />
RESPEKT Die gegenseitige Achtung zwischen<br />
Rafa und Dominic ist mit den Händen zu greifen.
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Rothschildplatz 1, 1020 Wien, erstellt. Stand: Mai <strong>2021</strong>, Irrtum und Druckfehler vorbehalten.
032<br />
KITZBÜHEL 2019<br />
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Die besten<br />
Matches<br />
Die bittersten<br />
Niederlagen<br />
New York City, 2020. Wiener Stadthalle, 2019. Kitzbühel, 2014.<br />
→ Erster Matchsieg:<br />
Wien 2011 (gegen Thomas Muster)<br />
→ Erstes Finale:<br />
Kitzbühel 2014<br />
(Niederlage gegen David Goffin)<br />
→ Erster Turniersieg:<br />
Nizza 2015<br />
(Finale gegen Leonardo Mayer)<br />
→ Erster Sieg bei einem Masters-1000-Turnier:<br />
Indian Wells 2019<br />
(Finale gegen Roger Federer)<br />
→ Erster Sieg bei einem<br />
Grand-Slam-Turnier:<br />
US Open 2020<br />
(Finale gegen Alexander Zverev)<br />
→ Buenos Aires 2016, Viertelfinale:<br />
Thiem vs. Nadal<br />
6:4, 4:6, 7:6 (4)<br />
→ Madrid 2018, Viertelfinale:<br />
Thiem vs. Nadal<br />
7:5, 6:3<br />
→ Roland Garros 2019, Halbfinale:<br />
Thiem vs. Djokovic<br />
6:2, 3:6, 7:5, 5:7, 7:5<br />
→ ATP Finals 2019, Vorrunde:<br />
Thiem vs. Djokovic<br />
6:7 (5), 6:3, 7:6 (5)<br />
→ Australian Open 2020, Viertelfinale:<br />
Thiem vs. Nadal<br />
7:6, 7:6, 4:6, 7:6<br />
→ French Open 2011,<br />
Juniorenfinale:<br />
Thiem vs. Fratangelo<br />
6:3, 3:6, 6:8<br />
→ Kitzbühel 2014, Finale:<br />
Thiem vs. Goffin 6:4, 1:6, 3:6<br />
→ US Open 2017, Achtelfinale:<br />
Thiem vs. del Potro<br />
6:1, 6:2, 1:6, 6:7 (1), 4:6<br />
→ US Open 2018, Viertelfinale:<br />
Thiem vs. Nadal<br />
6:0, 4:6, 5:7, 7:6 (4), 6:7 (5)<br />
→ Australian Open 2020, Finale:<br />
Thiem vs. Djokovic<br />
4:6, 6:4, 6:2, 3:6, 4:6
AUFSCHLAGEN<br />
… daheim beim Stanglwirt<br />
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„Tennis Resorts Online“ wählte den Stanglwirt<br />
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034<br />
Coverstory<br />
Familiengeschäfte<br />
Zurück zu den Wurzeln, also zu seiner Familie – unter diesem Motto<br />
hat ALEXANDER ZVEREV Ende 2020 eine Generalüberholung seines<br />
Umfelds vorgenommen. Die ersten Ergebnisse in der laufenden Saison<br />
zeigen: Der Ansatz der deutschen Nummer eins könnte Früchte tragen,<br />
wir haben das in einem Portrait zusammengefasst.<br />
REDAKTION: NIKOLAUS FINK<br />
FAMILY SUPPORT Mutter Irina<br />
und Hund Lövik kommen in der<br />
Regel erst nach den Matches<br />
ins Bild. Vater Alexander senior<br />
lässt keinen Ballwechsel aus.
035<br />
Alexander<br />
Zverev<br />
Geburtstag: 20. April 1997<br />
Größe: 198 cm<br />
Gewicht: 90 kg<br />
Profi seit: 2013<br />
Coach: Alexander Zverev senior<br />
Bester Weltranglistenplatz: 3<br />
Titel insgesamt: 14<br />
Titel Majors: -<br />
Stärken: Akkurate, pfeil schnelle<br />
Rückhand, brachialer erster<br />
Aufschlag<br />
Markenzeichen: Goldketten,<br />
Stirnband
036<br />
DIE ZVEREV Gute Laune ist im Familienverbund garantiert.<br />
Da stand er, der neue deutsche Tennisheld,<br />
mitten im menschenleeren Arthur<br />
Ashe Stadium. Mit Tränen in den Augen<br />
und brüchiger Stimme. Minuten zuvor<br />
hatte Alexander „Sascha“ Zverev das<br />
US-Open-Finale 2020 gegen Dominic Thiem im Tiebreak<br />
des fünften Satzes verloren und dabei nicht nur eine<br />
Möglichkeit auf den ersten Grand-Slam-Titel seiner Karriere<br />
ausgelassen. Eine 2:0-Satzführung, ein Breakvorsprung im<br />
letzten Durchgang und ein von Krämpfen geplagter Gegner<br />
– all das hatte nicht ausgereicht, um sich den großen Lebenstraum<br />
zu erfüllen. Und so stand Zverev eben da, nach der<br />
bittersten Niederlage seiner Karriere.<br />
Doch der erste Gedanke, er galt nicht der verpassten<br />
Chance: Er galt seinen Eltern, die die Reise nach New York<br />
aufgrund positiver Coronatests nicht mitgemacht hatten.<br />
„Es sind einige wichtige Leute, die heute fehlen. Ich möchte<br />
meinen Eltern danken“, setzte Zverev an, ehe ihn die Gefühle<br />
endgültig übermannten. „Ich vermisse sie. Ich bin sicher,<br />
sie sind zu Hause und bestimmt auch so<br />
stolz auf mich. Und ich hoffe, eines Tages<br />
kann ich die Trophäe nach Hause bringen“,<br />
schloss der Hamburger unter Tränen ab.<br />
UNTERSCHIEDLICHE ROLLEN<br />
FÜR MAMA UND PAPA<br />
Diese Minuten in den USA, sie waren Indiz<br />
dafür, wie dick das Band zwischen Alexander<br />
Zverev und seiner Familie ist. Mutter<br />
Irena, Vater Alexander senior und Bruder Mischa – sie sind<br />
für den Deutschen sowohl privat als auch sportlich die drei<br />
wichtigsten Bezugspersonen. Schon früh entwickelte sich<br />
aus der vierköpfigen Familie ein wahrer Tennisclan: Mischa<br />
zählte zu den besten Junioren <strong>Deutschland</strong>s, in seinem<br />
Windschatten reifte sein um fast zehn Jahre jüngerer Bruder<br />
Alexander heran. Immer mit dabei: Irena und Alexander<br />
Meine Mutter<br />
war immer eine<br />
Inspiration.<br />
senior, die einst selbst beide für die Sowjetunion als<br />
Tennisprofis aktiv waren und sich seit Kindheitstagen auch<br />
um die sportlichen Belange ihrer Kinder kümmern.<br />
Die Rollen der beiden könnten dabei kaum unterschiedlicher<br />
sein. Irena, die oftmals zu nervös ist, um sich<br />
Matches ihrer Söhne anzusehen, gilt im Team als gute Seele.<br />
„Meine Mutter war immer eine Inspiration, hat immer alles<br />
für mich und meinen Bruder getan. Sie hat mich schon in<br />
jungen Jahren trainiert. Sie hat alles getan, um uns zu Tennisspielern<br />
und den Menschen zu machen, die wir heute sind“,<br />
erzählt Sascha Zverev. Alexander senior ist im Training<br />
hingegen der Schleifer und der harte Hund. Doch der 24-Jährige<br />
weiß, was er seinem Vater alles zu verdanken hat: „Er hat<br />
mich zu dem Tennisspieler gemacht, der ich bin.“<br />
SCHWIERIGES VERHÄLTNIS ZU DEUTSCHLAND<br />
Dass dieser Tennisspieler über riesengroßes Talent verfügt,<br />
war Beobachtern der Szene schon früh bewusst – auch<br />
Patricio Apey, der den Hamburger 2012 unter Vertrag nahm.<br />
Das Ziel des chilenischen Managers: Zverev sollte der nächste<br />
globale Superstar werden. Aus diesem Grund verzichtete<br />
Apey auch auf eine Positionierung am deutschen Markt –<br />
ein Umstand, der das Verhältnis zwischen <strong>Deutschland</strong> und<br />
Zverev bis heute belastet. Zwar endete die Zusammen arbeit<br />
mit Apey in einem Rechtsstreit, den der Tennisstar gewann,<br />
bleiben sollte jedoch das Unverständnis, mit welchem man<br />
einigen Entscheidungen Zverevs in seinem Herkunftsland<br />
begegnete. So ließ der Hamburger 2017 beispielsweise<br />
sein Heimturnier am Rothenbaum aus; auch der Verzicht<br />
auf das eine oder andere Daviscup-Duell kam bei seinen<br />
Lands leuten nicht gut an.<br />
Zverev selbst betont jedoch immer wieder, wie viel ihm<br />
seine Heimat bedeutet. „Ich liebe <strong>Deutschland</strong>, ich liebe<br />
Hamburg. Wenn ich irgendwo mein Leben lang sein<br />
könnte, wäre es Hamburg“, erklärte er 2017 gegenüber<br />
der „Süddeutschen Zeitung“. Dass die Familie Zverev<br />
äußerst eng mit <strong>Deutschland</strong> verbunden ist, zeigte sich<br />
auch nach Saschas erstem Titel auf<br />
heimischem Boden: Der ansonsten so<br />
stoische Alexander senior vergoss 2017 in<br />
München bei der Siegerehrung Tränen der<br />
Rührung und Dankbarkeit.<br />
Exakt zwölf Monate später präsentierte<br />
er sich in der bayerischen Hauptstadt gleich<br />
noch einmal ungewohnt emotional. Der Grund<br />
war diesmal aber ein anderer: Nachdem<br />
Alexander senior vom Deutschen Tennis<br />
Bund (DTB) als „Trainer des Jahres 2017“ ausgezeichnet<br />
worden war, griff sein jüngster Sohn zum Mikrofon. „Mein<br />
Vater ist einer der besten Trainer der Geschichte. Für mich<br />
ist er der beste Trainer aller Zeiten. Er hat aus dem Nichts<br />
zwei Söhne in die Top 25 geführt“, trug Alexander Zverev vor.<br />
Das einzige Manko zum damaligen Zeitpunkt: Die<br />
Grand-Slam-Ergebnisse passten noch nicht. Aus diesem
037<br />
Die fünf<br />
besten<br />
Matches<br />
1. ATP Finals 2018, Finale:<br />
Alexander Zverev vs. Novak<br />
Djokovic 6:4, 6:3<br />
2. Madrid 2018, Finale:<br />
Alexander Zverev vs.<br />
Dominic Thiem 6:4, 6:4<br />
3. Rom 2017, Finale:<br />
Alexander Zverev vs. Novak<br />
Djokovic 6:4, 6:3<br />
4. ATP Finals 2018, Halb finale:<br />
Alexander Zverev vs. Roger<br />
Federer 7:5, 7:6 (5)<br />
5. Montreal 2017, Finale:<br />
Alexander Zverev vs. Roger<br />
Federer 6:3, 6:4<br />
ROM, 2017 Der erste 1000er-Triumph –<br />
und ein wohlverdientes Bad in der Menge.<br />
NEW YORK CITY, 2020 Zwei Punkte<br />
zu wenig für die Premiere als<br />
Grand-Slam-Sieger. Alexander<br />
Zverev knabbert heute noch dran.<br />
Die fünf<br />
bittersten<br />
Niederlagen<br />
1. US Open 2020, Finale:<br />
Alexander Zverev vs. Dominic<br />
Thiem 6:2, 6:4, 4:6, 3:6, 6:7 (6)<br />
2. Viertelfinale Australian<br />
Open <strong>2021</strong>:<br />
vs. Novak Djokovic 7:6 (6),<br />
2:6, 4:6, 6:7 (6)<br />
3. Australian Open 2020,<br />
Halbfinale:<br />
Alexander Zverev vs. Dominic<br />
Thiem 6:3, 4:6, 6:7 (3), 6:7 (4)<br />
4. Indian Wells 2016,<br />
Achtelfinale:<br />
Alexander Zverev vs. Rafael<br />
Nadal 7:6 (8), 0:6, 5:7<br />
5. Australian Open 2017,<br />
dritte Runde:<br />
Alexander Zverev vs. Rafael<br />
Nadal 6:4, 3:6, 7:6 (5), 3:6, 2:6
038<br />
HARTES TRAINING Der Herr Papa gibt die Richtung vor,<br />
Bruder Mischa hilft im Doppel und neuerdings als Manager<br />
aus – am Ende muss es Sascha aber alleine richten.<br />
Grund installierte der Hamburger kurz darauf Ivan Lendl als<br />
Supercoach, die zehnmonatige Zusammenarbeit scheiterte<br />
allerdings im Juni 2019. Ein Jahr darauf versuchte sich dann<br />
David Ferrer als zweiter Spanier nach Juan Carlos Ferrero,<br />
den Zverev zwischen 2017 und 2018 für wenige Monate<br />
engagiert hatte, als Trainer des Deutschen. Alle drei<br />
Kollaborationen hatten jedoch eines gemeinsam: Es reichte<br />
für Zverev nicht zum heiß ersehnten Major-Triumph.<br />
Somit sollte sich schlussendlich bewahrheiten, was<br />
Ale xander senior bereits nach dem Ende der Zusammenarbeit<br />
mit Lendl behauptet hatte: „Zwei Trainer<br />
sind einer zu viel.“ Mit Beginn des<br />
Jahres <strong>2021</strong> setzte Alexander Zverev<br />
wieder auf sein altbewährtes Team, in<br />
dem sein Vater die alleinige Rolle des<br />
Trainers annahm. Er habe viel Zeit<br />
damit verbracht, „über meine kurz- und<br />
langfristigen Strategien“ nachzudenken.<br />
„Deshalb, und aufgrund der andauernden<br />
weltweiten Restriktionen, habe ich mich entschlossen,<br />
zurück zu den Wurzeln zu gehen“, begründete Zverev seine<br />
Entscheidung.<br />
Auch in Sachen Management baute der Deutsche kräftig<br />
um: Anstelle der von Roger Federer mitgegründeten Agentur<br />
Team 8 übernahmen Bruder Mischa und Freund Sergej Bubka<br />
junior sämtliche Management-Angelegenheiten. Zudem<br />
wurde mit Bela Anda ein Krisenberater installiert. Der langjährige<br />
Vertraute des ehemaligen deutschen Kanzlers<br />
Gerhard Schröder sollte Zverev im Umgang mit Ex-Freundin<br />
Olga Sharypova, die den Deutschen im Herbst 2020 öffentlich<br />
mit Vorwürfen häuslicher Gewalt konfrontiert hatte, unterstützen.<br />
Zverev wies die Anschuldigungen mehrfach von sich.<br />
Mein Vater ist einer<br />
der besten Trainer<br />
der Geschichte.<br />
ZVEREV ERFÄHRT VATERFREUDEN<br />
Diese Vorwürfe waren für den Hamburger aber nur der Gipfel<br />
eines sehr turbulenten Jahres 2020. „Aus meinem Jahr kann<br />
man eigentlich einen Film machen“, fasste Zverev daher<br />
beim letzten Turnier der Saison in London zusammen. Zu<br />
diesem Zeitpunkt war bereits bekannt, dass er mit seiner<br />
Ex-Freundin Brenda Patea ein gemeinsames Kind erwartete.<br />
Am 11. März <strong>2021</strong> war es dann so weit: Alexander Zverev<br />
wurde zum ersten Mal Vater. Die Geburt seiner Tochter<br />
Mayla sei das Highlight seines Lebens, erklärte der<br />
24-Jährige, der sich abseits der Center-<br />
Courts dieser Welt aber nach weniger<br />
Trubel als zuletzt sehnen dürfte.<br />
Einen ersten Schritt in diese Richtung<br />
machte Zverev mit der Rückkehr zu<br />
seinen Wurzeln. An Unterstützung seiner<br />
Familie mangelt es dem neuen deutschen<br />
Tennishelden dabei nicht. Das zeigte sich<br />
schon kurz nach dem verlorenen US-<br />
Open-Finale an den Worten seines Bruders Mischa: „Von dem<br />
Tag an, an dem du geboren wurdest, wusste ich, dass du<br />
besonders bist. Und ich habe immer zu dir aufgeschaut,<br />
unabhängig von unserem Alter. Du warst derjenige, der mich<br />
immer an unsere Träume glauben ließ. Auch wenn es heute<br />
Nacht nicht sein sollte, weiß ich, dass unsere Träume wahr<br />
werden. Ich bin stolz, dein Bruder zu sein.“<br />
Stolz, das kann Alexander Zverev auch auf seine bisherige<br />
Karriere sein. Und es würde an ein kleines Wunder grenzen,<br />
sollte der Hamburger nicht der erste männliche deutsche<br />
Grand-Slam-Sieger seit Boris Becker im Jahr 1996 werden.<br />
Die eine oder andere Träne wäre garantiert – dann aber nicht<br />
mehr aus Enttäuschung. ●<br />
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040<br />
AUGEN AUF Naomi Osaka<br />
ist die Zukunft des<br />
Frauentennis – jetzt schon.
041<br />
Naomi Osaka<br />
Der Superstar mit<br />
sieben Siegeln<br />
NAOMI OSAKA bringt alles mit, um die Tenniswelt in den kommenden Jahren zu regieren.<br />
Nachdem die Japanerin sportlich längst in die Elite vorgestoßen ist, setzt die bestbezahlte<br />
Sportlerin der Welt nun auch außerhalb der Tennisblase immer mehr Zeichen.<br />
REDAKTEUR: LUKAS ZAHRER<br />
Es ist frech, eine Frage mit einer Gegenfrage zu beantworten. Wie ein Störfeuer<br />
bringt es den ursprünglichen Fragesteller in Bedrängnis. In erster Linie betont<br />
eine Gegenfrage aber einen kritischen Punkt – genau das war Naomi Osakas<br />
Ziel. Die Japanerin hatte gerade zum zweiten Mal in ihrer Karriere die US Open<br />
gewonnen, als sie auf ihren Weg zum Triumph angesprochen wurde: Zu ihren sieben<br />
Einzel matches war sie nämlich jeweils mit einer schwarzen Maske erschienen. Auf den Masken<br />
standen in weißen Großbuchstaben Namen von schwarzen Menschen, die Opfer von Polizeigewalt<br />
in den USA wurden. „Welches Zeichen wollten Sie damit setzen?“, fragte ESPN-Reporter Tom<br />
Rinaldi. Ohne zu zögern stellte Osaka eine Gegenfrage: „Nun, welches Zeichen haben Sie gesehen?“<br />
Osaka ließ Rinaldi jedoch nicht auflaufen, dafür ist sie viel zu höflich. Sie führte anschließend<br />
aus, dass die Leute miteinander reden sollten, und meinte damit vor allem den strukturellen<br />
Rassismus in den USA und auf der ganzen Welt. Es waren Worte einer 22-Jährigen, deren Familie<br />
selbst Rassismus erfahren musste.<br />
Schon beim Vorbereitungsturnier der US Open, das ebenfalls in New York ausgetragen wurde,<br />
begehrte Osaka auf. Nach dem Tod von Jacob Blake, einem 29-jährigen Schwarzen, dem ein Polizist<br />
ohne Not sieben Mal in den Rücken schoss, boykottierten NBA-Teams die Play-offs. Die Halbfinalistin<br />
Osaka wartete auf ein Signal der WTA – als keines kam, gab sie ihren Rückzug aus dem Turnier<br />
bekannt. Erst daraufhin wurden sämtliche Matches des Tages gestrichen.<br />
Mit ihren sportlichen Erfolgen bekommt Osakas Wort immer mehr Gewicht. Sie stand 25<br />
Wochen an der Spitze der Weltrangliste. Von ihren sieben Karrieretiteln, die sie bis April <strong>2021</strong><br />
gewann, holte sie gleich vier bei Grand Slams. Der 23-Jährigen wird eine große Karriere vorhergesagt.<br />
Wird sie weitere Grand Slams gewinnen? Die Antwort scheint so offensichtlich, ergo darf die Frage<br />
mit einer Gegenfrage beantwortet werden: Wie viele Grand Slams wird sie noch gewinnen?<br />
GESCHWISTERLIEBE<br />
Osaka wurde am 16. Oktober 1997 in der gleichnamigen Stadt in Japan geboren. Ihr Vater stammt<br />
aus Haiti und studierte in New York, als er auf einer Urlaubsreise in Sapporo, Japan, seine spätere<br />
Ehefrau kennenlernte. Deren Vater akzeptierte das Paar aufgrund seiner Hautfarbe nicht, sie zogen<br />
deshalb nach Osaka, wo zunächst Mari und 18 Monate später dann Naomi geboren wurde.<br />
Als das jüngere der zwei Mädchen drei Jahre alt war, zog die Familie zu den Eltern des Vaters in<br />
ein Haus auf Long Island, New York. Der Vater war fasziniert vom Weg der Williams-Schwestern;<br />
sie dienten ihm als Inspiration, auch seine beiden Töchter zum Tennis zu bringen. 2006 wechselten<br />
die beiden Mädchen in Florida ins Homeschooling und bekamen bessere Trainingsmöglichkeiten.<br />
Vom Tennisverband USTA gab es zunächst keine Unterstützung – mit ein Grund, warum Osaka<br />
heute für Japan spielt.<br />
Die Initialzündung geschah durch Geschwisterliebe. „Als wir jung waren, war ich wirklich<br />
nicht gut. Mir war das auch egal, ich war nur dort, weil meine Schwester spielte“, sagte Naomi<br />
Naomi<br />
Osaka<br />
Geburtstag:<br />
16. Oktober 1997<br />
Größe: 180 cm<br />
Gewicht: 65 kg<br />
Profi seit: 2014<br />
Coach: Wim Fissette<br />
Bester Weltranglistenplatz:<br />
1<br />
Titel insgesamt: 7<br />
Titel Majors: 4<br />
(Australian Open<br />
2019, <strong>2021</strong>; US Open<br />
2018, 2020)<br />
Markenzeichen:<br />
Knallharter Aufschlag,<br />
hohe Temporesistenz,<br />
Nerven wie Drahtseile
042<br />
einmal über ihre frühen Jahre auf der Juniorinnen-Tour. „Und ich wollte sie besiegen.“ Während<br />
Mari im vergangenen März ihre Karriere beendete, zählt Naomi seit 2018 zu den zehn<br />
besten Spielerinnen der Welt. Schon im Alter von 14 Jahren spielte sie ihr erstes Profiturnier,<br />
vier Jahre später ihr erstes WTA-Finale. 2016 wurde sie zur Newcomerin des Jahres gewählt.<br />
Den letzten Feinschliff holte sich Osaka ausgerechnet von Sascha Bajin, dem langjährigen<br />
Hitting Partner von Serena Williams. Sie verbesserte ihre Beinarbeit, brachte<br />
Sicherheit in ihre Grundschläge, ohne dabei an Offensivgeist einzubüßen. Das Selbstvertrauen<br />
wuchs, Osaka gewann auch große Matches; gleichzeitig stieg ihre Popularität<br />
dank ihrer Authentizität.<br />
SELBSTIRONIE<br />
Als Naomi 2018 das Turnier von Indian Wells gewann, sprach sie danach selbst von der<br />
„schlechtesten Siegerinnenrede aller Zeiten“: Sie bedankte sich zunächst bei den Veranstaltern,<br />
den Sponsoren, dann (ach ja!) bei ihrer Finalgegnerin. Dann ein „Habe ich etwas vergessen?“<br />
Es folgte Dank an ihre Betreuer, den Ausrüster, ihre zwei Sponsoren – „habe ich sonst etwas<br />
vergessen?“ Ihre Schlägerfirma, die Ballkinder, die Fans … „und das war’s, glaube ich“. Die<br />
WTA legte ihr nahe, ein Medientraining zu absolvieren – sie lehnte dankend ab.<br />
Es folgten größere Erfolge und noch kuriosere Ansprachen. Bei ihrem ersten Grand-<br />
Slam-Titel ein halbes Jahr später schlug sie im Finale Serena Williams. Bei der Siegerinnenehrung<br />
buhte das Publikum: Vorangegangen war ein Disput der US-Amerikanerin mit dem<br />
Schiedsrichter, Williams warf diesem Sexismus vor, die Fans in New York standen hinter ihr.<br />
Osaka genierte sich dafür, gewonnen zu haben. Sie hielt sich die Hand vors Gesicht. „Ich<br />
wollte nicht, dass die Leute mich weinen sehen“, sagte sie, denn „das wäre lächerlich.“<br />
Osaka spielte weiterhin lächerlich gut, holte auch den Titel bei den darauf folgenden<br />
Australian Open, wurde zur Nummer eins und stieg dank diverser Sponsorenverträge zur<br />
bestbezahlten Sportlerin der Welt auf. Nach einem durchwachsenen Jahr wechselte sie ihren<br />
Trainer, heute betreut sie der analytische Belgier Wim Fissette.<br />
ERST SCHEU, DANN LAUT<br />
Die Konkurrenz beneidet die 1,80 Meter große Osaka um ihren Aufschlag und ihre Spielintelligenz.<br />
In langen Rallyes sind es nicht nur ihre harten Grundschläge, sondern vor allem<br />
die richtigen Schläge, die ihr den Punkt einbringen. Auf dem Platz gibt sie sich schon lange<br />
wie eine Erwachsene – ihre Schwester vergleicht Naomi aber nach wie vor gerne mit Stewie<br />
Griffin, dem Baby aus der Comicserie „Family Guy“: Im privaten Umgang sei sie ein Genie,<br />
in dem ein kleines Kind schlummere. Sie überrascht mit schlagfertigen Aussagen; man will<br />
zunächst freundlich lachen und merkt erst im Nachhinein, wie überlegt und in die Tiefe<br />
gehend ihre Bemerkungen sind.<br />
Naomi Osaka galt als verschlossene Person, bezeichnete sich als „extrem scheu“. Ihr<br />
Verhältnis zum Trainer war distanziert und professionell. Das soll sich inzwischen geändert<br />
haben, sie sehe es nun nicht mehr als Schwäche, über ihre Emotionen zu reden. „Ich bereue<br />
vieles, bevor ich mich schlafen lege“, sagte sie einmal in einem Interview, „am meisten, wenn<br />
ich es nicht ausspreche, was ich mir denke.“<br />
Heute ist sie lauter denn je, und damit eine Inspiration für unzählige junge Frauen mit<br />
vielseitigem Migrationshintergrund. Zu Beginn der Black-Lives-Matter-Bewegung flog sie<br />
mit ihrem Freund, dem Rapper Cordae Dunston, zu den Protesten nach Minneapolis. Sie<br />
sieht sich als schwarze Frau – daran ändert auch eine Nudelfirma nichts, die sie in einem<br />
Werbe-Cartoon heller zeichnen ließ.<br />
Ihre sieben Masken bei den US Open dienten als Inspiration. Als sie in der Bubble von<br />
New York merkte, welche Reaktionen ihre Aktion hervorrief, sagte sie, sie sei „sprachlos und<br />
sehr emotional“ gewesen. Obwohl das sonst selten vorkomme. Die sieben Namen waren<br />
Breonna Taylor, Elijah McClain, Ahmaud Arbery, Trayvon Martin, George Floyd, Philando<br />
Castile und Tamir Rice. „Es hat mich stärker gemacht. Ich hatte einen größeren Drang, zu<br />
gewinnen, weil ich noch mehr Namen zeigen wollte, und ich wollte noch mehr Menschen<br />
zum Reden bringen.“ ●<br />
SIEBEN MATCHES Sieben<br />
Statements, sieben Siege.
043<br />
IM FOKUS<br />
Kamerascheu zu<br />
sein ziemt sich<br />
für eine globale<br />
Ikone nicht.<br />
Ich bereue es am meisten,<br />
wenn ich nicht ausspreche,<br />
was ich mir denke.<br />
WACHABLÖSE Naomi und Serena<br />
Williams <strong>2021</strong> in Melbourne.<br />
SIEGERPOSE In vertrauter Haltung und<br />
in „Zivil“ mit dem dritten Major-Pokal.
044<br />
Instagram: 2.2 M Follower | Facebook: 640 k Abonnenten |<br />
Twitter: 949 k Follower | TikTok: 283 k Follower<br />
Pacemaker<br />
on & off Court<br />
Naomi Osaka ist eine Sportlerin, die aus veralteten Normen ausbricht<br />
und damit nicht nur Geschichte schreibt, sondern vielmehr eine<br />
neue Ära einläutet, die weit über die Grenzen des Tennissports<br />
hinausgeht. Wir erklären das Phänomen in neun Punkten:<br />
REDAKTION: JOHANNA BRESNIK<br />
Ich weiß nicht, wie man sich als Japanerin,<br />
Haitianerin oder US-Amerikanerin fühlen<br />
soll. Ich fühle mich einfach wie ich selbst.<br />
1FABELHAFTE<br />
VIELFALT<br />
Naomi hat ihre<br />
japanischen Wurzeln von<br />
ihrer Mutter und ihre<br />
haitianischen Wurzeln von<br />
ihrem Vater; seit sie drei<br />
Jahre alt ist, lebt sie in den<br />
USA – salopp gesagt liegt<br />
ihr Diversität im Blut.<br />
2FAMILIENUNTER-<br />
NEHMEN OSAKA<br />
Naomis Vater<br />
Leonard Francois hat sie<br />
und ihre Schwester Mari,<br />
inspiriert von den Erfolgen<br />
der Williams-Schwestern,<br />
zum Tennissport gebracht<br />
und das Geschwisterpaar<br />
auch einige Jahre lang<br />
trainiert.<br />
3DIE BUSINESS-<br />
FRAU NAOMI<br />
Osakas Werbepartner-Portfolio<br />
beinhaltet<br />
neben Yonex und Nike<br />
Firmen wie Mastercard,<br />
Workday, Beats by Dre,<br />
Sony Playstation, Tag<br />
Heuer, Louis Vuitton, Nissin<br />
Foods, Nissan Motor und<br />
All Nippon Airways. Die<br />
Japanerin steht nicht nur<br />
aufgrund ihrer Erfolge so<br />
hoch im Kurs bei Unternehmen,<br />
sondern auch,<br />
weil sie als Vorrei terin<br />
einer neuen Generation<br />
gilt, ihre Partner mit<br />
Sorgfalt auswählt und zu<br />
100 Prozent hinter den<br />
Produkten, die sie bewirbt,<br />
steht. Das zeigt die Tatsache,<br />
dass sie für Hyperice<br />
Technology nicht nur Testimonial<br />
ist, sondern auch in<br />
die Firma investiert hat.<br />
4FASHION-<br />
TRAILBLAZERIN<br />
Abseits des<br />
Tennisplatzes sieht man<br />
die 23-Jährige häufig<br />
bei Fashionshows und<br />
auf diversen Covers von<br />
Modemagazinen. Osaka<br />
bezeichnet sich sogar<br />
selbst als „Fashion- Nerd“,<br />
hat unter anderem schon<br />
ihre eigene Modelinie bei<br />
ihrem Aus statter Nike und<br />
ist stolze Markenbotschafterin<br />
von Louis Vuitton.<br />
5FRAUENPOWER<br />
Naomi Osaka ist<br />
Miteigentümerin<br />
des Damenfußballklubs<br />
North Carolina Courage,<br />
denn es ist ihr ein großes<br />
Anliegen, dass es mehr<br />
Aufmerksamkeit und<br />
Respekt für den Frauensport<br />
gibt.<br />
6DIE AKTIVISTIN<br />
Naomi engagiert<br />
sich stark bei den<br />
Bewegungen #BlackLives<br />
Matter und #StopAsian-<br />
Hate. Sie ist allgemein<br />
bekannt für ihre höfliche<br />
und friedliebende Art, die<br />
sie in Interviews oder bei<br />
Siegerehrungen immer<br />
wieder zeigt.<br />
7WELTSPITZE<br />
Osaka ist die erste<br />
asiatische Tennisspielerin,<br />
die die Spitze der<br />
Weltrangliste im Dameneinzel<br />
erreicht hat. Bei<br />
den Herren hat das bisher<br />
noch kein Spieler aus Asien<br />
geschafft.<br />
8NAOMI IN LOVE<br />
Die Tennisspielerin<br />
ist seit Ende<br />
2019 mit dem Rapper YBN<br />
Cordae zusammen. Fun<br />
Fact: Ihr Celebrity Crush ist<br />
der amerikanische Schauspieler<br />
Michael B. Jordan.<br />
9NAOMI, DAS<br />
FANGIRL<br />
Neben besagtem<br />
Michael B. Jordan ist<br />
Osaka auch eine große<br />
Bewunderin der Mangaund<br />
Animekultur. Zu ihren<br />
liebsten TV-Sendungen<br />
zählt unter anderem „The<br />
Office“, was auf ihren<br />
sehr trockenen Humor<br />
zurückzuführen sein<br />
könnte.<br />
FOTOS: JAMES D. MORGAN/GETTY IMAGES SPORT/GETTY IMAGES, MATTHEW STOCKMAN/GETTY IMAGES SPORT/GETTY IMAGES (2), QUINN ROONEY/GETTY IMAGES SPORT/GETTY IMAGES, BEIGESTELLT
046<br />
Die vier Grand Slams<br />
Der Happy Slam in Melbourne, die Terre Battue in Paris, der heilige Rasen in London und<br />
der Showdown im größten Tennisstadion der Welt in New York City: Die vier Grand-Slam-<br />
Turniere prägen seit Jahrzehnten alle Tennisträume – nicht nur jene der Spieler, sondern<br />
auch die der Fans. Wir haben uns die Majors und ihre Besonderheiten angesehen.<br />
1<br />
FAKTEN:<br />
Australian Open<br />
REDAKTION: CHRISTIAN ALBRECHT BARSCHEL<br />
● Warum man dieses Turnier besuchen sollte<br />
Wenn es in Mitteleuropa im Jänner bibbernd<br />
kalt ist, gibt es nichts Schöneres, als nach<br />
Melbourne zu den Australian Open zu reisen.<br />
Die Anlage ist zehn Fußminuten vom Herzen<br />
Melbournes entfernt – das gibt es bei keinem<br />
anderen Grand-Slam-Turnier. Die Australian<br />
Open stehen für eine tolle Mischung aus Sport<br />
und Entertainment, die Feel-Good- Mentalität<br />
der Australier muss man hautnah erleben.<br />
Das Turnier schreibt jedes Jahr die schönsten,<br />
skurrilsten und aufregendsten Geschichten:<br />
Sei es das Geschlechter duell zwischen Karsten<br />
Braasch und den Williams- Schwestern im<br />
Jahr 1998 oder Roger Federers Comebacksieg<br />
im Jahr 2017. Dieses Turnier muss man<br />
einfach lieben!<br />
● Was man dort (nicht) essen sollte<br />
Die australische Küche besteht aus viel Fast<br />
Food, die Preise auf der Anlage haben es in sich.<br />
Wer lieber nahrhaftes Essen mag, sollte vorher<br />
reichlich frühstücken. Sind die Temperaturen<br />
in Melbourne hoch, ist ausreichendes Trinken<br />
ohnehin viel wichtiger – gerne kann man auch<br />
einen leckeren Sommercocktail auf der grünen<br />
Wiese mit Livemusik genießen.<br />
● Der Geheimtipp<br />
Die Veranstalter lassen sich auf dem immer<br />
größer werdenden Turniergelände jedes Jahr<br />
Neuerungen einfallen. Ich empfehle, alles zu<br />
erleben, was möglich ist: einen Tennisball<br />
mit dem eigenen Namen kreieren lassen, die<br />
Souvenirshops besuchen, im großen Trainingsareal<br />
auf Tuchfühlung mit den Spielern gehen –<br />
und natürlich ganz viel Tennis schauen, vor<br />
allem am Abend. Wenn Nick Kyrgios auf seinem<br />
Lieblingsplatz, der inzwischen John Cain Arena<br />
heißt, spielt, sollte man unbedingt dabei sein.<br />
Partystimmung garantiert!<br />
● Der legendäre persönliche Moment<br />
Das war beim Match Lleyton Hewitt gegen<br />
Marcos Baghdatis im Jahr 2008. Ich war für<br />
ein Auslandspraktikum in Sydney und reiste<br />
an jenem Samstag als Fan zum ersten Mal zum<br />
Turnier. Das Match begann erst kurz vor<br />
Mitternacht, und es war ein Match wie eine<br />
Achterbahnfahrt: Spielende um 4:34 Uhr, mit<br />
Hewitt als Sieger. Ein Rekord für die Ewigkeit,<br />
und ich war live dabei. Beim Australian-Open-Titel<br />
von Angelique Kerber im Jahr 2016 saß ich als<br />
Reporter im Stadion, als deutsche Sportgeschichte<br />
geschrieben wurde. Ebenfalls unvergesslich!<br />
Austragungsort:<br />
Melbourne<br />
Überdachte Courts:<br />
3<br />
Größtes Stadion:<br />
Rod Laver Arena<br />
(14.820 Plätze)<br />
Rekordsiegerin<br />
(Open Era): Serena<br />
Williams (7 Titel)<br />
Rekordsieger<br />
(Open Era): Novak<br />
Djokovic (9 Titel)<br />
Siegerin <strong>2021</strong>:<br />
Naomi Osaka<br />
Sieger <strong>2021</strong>:<br />
Novak Djokovic
047<br />
US Open<br />
2REDAKTION: JENS HUIBER<br />
● Warum man dieses Turnier besuchen sollte<br />
Die Frage ist eher: Ja, warum denn nicht? Alles<br />
ist groß, das meiste großartig. Das geht bei den<br />
Ticketpreisen los, die in der ersten Woche unter<br />
100 Dollar liegen, und geht weiter bei dem, was<br />
man für sein Geld bekommt: Ein Ground Ticket<br />
macht alle Show Courts (Ausnahme: das Arthur<br />
Ashe Stadium) zugänglich – einzigartig unter<br />
den vier Majors. Die Trainingsplätze sind so<br />
übersichtlich angeordnet, dass die Fans den<br />
Spitzenspielern im Grunde den ganzen Tag lang<br />
zusehen können. Die ganze Veranstaltung ist<br />
rauchfrei (abgesehen von den beiden italienischen<br />
Journalisten, die einfach nicht anders können),<br />
die Plaza mit dem Brunnen vor dem Ashe Stadium<br />
spektakulär schön. Und wer ein paar ehemalige<br />
und aktuelle Sieger des Tages recht nah sehen<br />
möchte: Die großen TV-Sta tionen haben<br />
ihre Bühnen gut einsehbar aufgebaut.<br />
● Was man dort (nicht) essen sollte<br />
Die Lobster Roll im Food Corner ist mit über<br />
20 Dollar ihr Geld nicht wert. Gleich daneben<br />
gibt es den Koreaner unseres Vertrauens: ein bisserl<br />
scharf, aber grandios. Und einmal pro Woche (oder<br />
einmal pro Tag, oder auch einmal pro Session)<br />
muss man sich die frittierten Chicken Tenders<br />
mit den Gitterpommes holen – selbst wenn man<br />
sich auch sonst ständig etwas Gutes gönnt.<br />
● Der Geheimtipp<br />
New York City muss man mögen. Geht nicht anders.<br />
Folgender Arbeitsauftrag also: Während einer Night<br />
Session ins Arthur Ashe Stadium, rauf bis in die<br />
alleroberste Reihe – und von dort den Blick über die<br />
Anlage mit all den beleuchteten Plätzen und Richtung<br />
Manhattan schweifen lassen. Zugegeben: Höhenangst<br />
ist fehl am Platz. Ansonsten aber: Genau für solche<br />
Momente ist der Begriff „erhaben“ erfunden worden.<br />
● Der legendäre persönliche Moment<br />
Die ältere Dame im Sektor mit Verfügungsgewalt für<br />
die Journalistenplätze im Ashe Stadium hatte sich im<br />
Grunde zwei Wochen lang nur darum gekümmert,<br />
dass auf keinen Fall nicht autorisierte Personen in<br />
ihr Revier eindringen. Am Finalsamstag der Frauen<br />
2019 war ihr das für wenige Augenblicke wurst: Es<br />
waren die paar Sekunden, in denen Serena Williams<br />
den Court betrat. Die Bedeutung von Serena für so<br />
viele Menschen in den USA kann gar nicht überschätzt<br />
werden; längst unabhängig von ihren Erfolgen. Und in<br />
jenem Moment im September 2019 war diese Hingabe<br />
der meisten Fans – und der sonst so strengen älteren<br />
Dame – buchstäblich mit den Händen zu greifen …<br />
FAKTEN:<br />
Austragungsort:<br />
New York City<br />
Überdachte<br />
Courts: 3<br />
Größtes Stadion:<br />
Arthur Ashe<br />
Stadium (22.547)<br />
Rekordsiegerinnen<br />
(Open Era):<br />
Chris Evert,<br />
Serena Williams<br />
(jeweils 6 Titel)<br />
Rekordsieger<br />
(Open Era):<br />
Jimmy Connors,<br />
Roger Federer,<br />
Pete Sampras<br />
(jeweils 5 Titel)<br />
Siegerin 2020:<br />
Naomi Osaka<br />
Sieger 2020:<br />
Dominic Thiem
048<br />
3Wimbledon<br />
REDAKTION: JÖRG ALLMEROTH<br />
● Warum man dieses Turnier besuchen sollte<br />
Ganz einfach: weil Wimbledon das Turnier der Turniere<br />
im Tennis ist. Das größte, bedeutendste, wichtigste. Das<br />
Turnier, bei dem Sieger unsterblich werden und man selbst<br />
dabei gewesen ist. Wimbledon ist allerdings auch ein<br />
Anachronismus, eine manchmal verrückte Mischung aus<br />
Tradition und Moderne – in einem beschaulichen Vorort<br />
einer glitzernden Millionenmetropole. Wimbledon verändert<br />
sich im stetigen Wandel, aber manches bleibt auch wie<br />
immer, zum Beispiel „The Queue“, die Schlange für Tagestickets.<br />
Abends lohnt sich auch für Kurzbesucher ein Bummel<br />
station Southfields den Garden Lawn Tennis Club<br />
(auf Höhe der Bushaltestelle South Deans Gardens).<br />
Die Mitglieder schenken Bier, Wein und andere Drinks<br />
zu moderaten Preisen aus, Wimbledon-Besucher aus<br />
aller Welt treffen sich auf der Terrasse zum Plausch<br />
und Erfahrungsaustausch. Man kann die Rasenplätze<br />
des Klubs auch zum Spielen anmieten. Entlang der<br />
Wimbledon Park Road gibt es weiters diverse Outlets,<br />
die Wimbledon-Merchandise aus früheren Jahren zu<br />
Rabattpreisen anbieten.<br />
www. gardenstennis-sw19.co.uk/play-tennis/<br />
FAKTEN:<br />
durch Wimbledon selbst und die Wohngebiete; fast immer<br />
● Der legendäre persönliche Moment<br />
trifft man Spieler und ihre Entourage, die in gemieteten Häusern<br />
Auch viele Journalisten wohnen in angemieteten<br />
wohnen und zum Shopping oder zum Dinner gehen.<br />
Häusern in Wimbledon. In der ersten Nacht unseres<br />
● Was man dort (nicht) essen sollte<br />
Aufenthalts vor 26 Jahren sperrten sich ein Fotografenkollege<br />
Was sollte man essen, was nicht? Bei Fish and Chips, bei<br />
Erdbeeren mit Sahne und „Pimm’s“, dem erfrischenden<br />
Sommerdrink, kann man wenig falsch machen. Die Preise<br />
sind allerdings gesalzen, wie eigentlich fast alles im All<br />
England Lawn Tennis and Croquet Club. In der „Queue“<br />
wird man inzwischen von Lieferdiensten mit allem<br />
versorgt – ob Pizza, indische Currys oder Bowls …<br />
● Der Geheimtipp<br />
Wer abends nach einem Tennis-Großkampftag entspannen<br />
will, findet direkt auf dem Weg vom Club zur U-Bahnaus.<br />
und meine Wenigkeit souverän aus dem Anwesen<br />
Beide Schlüssel waren im Haus geblieben, stellten<br />
wir entsetzt nach einem Restaurantbesuch fest. Handys<br />
gab es damals noch nicht – nach Mitternacht wurde<br />
ein Schlüssel dienst aus dem fernen Zentrum Londons<br />
beauftragt. Der kam dann gegen zwei Uhr morgens, ging<br />
rabiat an sein Werk, bohrte schließlich das ganze Schloss<br />
auf, weckte die halbe Straße auf – und schickte später<br />
eine Rechnung über umgerechnet 800 D-Mark. So begann<br />
Wimbledon 1995 für mich – wahrlich denkwürdig.<br />
Austragungsort:<br />
London<br />
Überdachte<br />
Courts: 2<br />
Größtes Stadion:<br />
Centre Court<br />
(15.000 Plätze)<br />
Rekordsiegerin<br />
(Open Era):<br />
Martina Navratilova<br />
(9 Titel)<br />
Rekordsieger<br />
(Open Era):<br />
Roger Federer<br />
(8 Titel)<br />
Siegerin 2019:<br />
Simona Halep<br />
Sieger 2019:<br />
Novak Djokovic
050<br />
● Warum man dieses Turnier besuchen sollte<br />
Der Tipp, nach Paris zu fahren, liegt nahe: Paris ist<br />
am schnellsten zu erreichen – von Karlsruhe etwa,<br />
aus dem Südwesten <strong>Deutschland</strong>s also, dauert die<br />
Fahrt via TGV gerade mal drei Stunden. Dafür nimmt<br />
man gerne die Unannehmlichkeiten der French Open<br />
in Kauf. Diese beginnen mit der Ticketorder: An<br />
einem Tag im März wird die entsprechende Seite<br />
freigeschaltet, und der nerven starke Tennisfan ist<br />
hier klar im Vorteil. Man steckt meist ewig in einer<br />
Warteschleife fest, die heimlich eingeplanten Tage<br />
und Courts sind meist schon weg, und am Ende des<br />
Buchungsvorgangs stürzt regelmäßig die Seite ab;<br />
man muss also wieder von vorne beginnen.<br />
Der erfahrene Besteller zeigt hier seine ausgewiesene<br />
Fähigkeit zum Parallelmanagement: Er hat gleich<br />
drei Computer mit drei Accounts am Laufen – für<br />
den Fall der Fälle.<br />
● Was man dort (nicht) essen sollte<br />
In Sachen Fanfreundlichkeit spielt Roland Garros<br />
sicher nicht in einer Liga mit den Australian Open oder<br />
den US Open. Der Grund: Die Anlage ist eng, da hat<br />
auch der Ausbau hinein in den Botanischen Garten<br />
wenig geholfen – dieser ist allerdings ein Ort der Ruhe<br />
und Schönheit. Das Problem: zu viele Fans für zu<br />
wenig Platz. Das Angebot an Essen ist, gelinde<br />
gesagt, überschaubar. Hier zeigt sich abermals der<br />
Experte: Der kauft nämlich bei Carrefour gleich um<br />
die Ecke ein – und versorgt sich selbst.<br />
● Der Geheimtipp<br />
Der vielleicht wichtigste Tipp: Bucht euch mindestens<br />
zwei oder drei Tage, denn der Regen macht einem<br />
in Paris gerne einen Strich durch die Rechnung –<br />
wenngleich der Mai in den vergangenen Jahren<br />
deutlich freundlicher zu Tennisfans war als früher …<br />
● Der legendäre persönliche Moment<br />
Federer, Nadal, Djokovic und Williams: Stars wie sie<br />
spielen ihre Matches ja auf den Hauptcourts. Gefühlt<br />
also: ewig weit weg. Aber sie trainieren oft auf den<br />
kleinen Plätzen – die Frage ist nur, wann. Manche<br />
Turniere geben Trainings zeiten bekannt, die French<br />
Open leider nicht. 2013 hatte ich (als Tennisfan vor<br />
Ort) durch einen Platzhelfer mitbekommen, wann und<br />
wo Nadal und Federer trainieren würden, habe mir<br />
anderthalb Stunden zuvor einen noch einsamen<br />
Sitzplatz direkt hinter der Spielerbank gesichert und<br />
anschließend das Training der beiden nacheinander<br />
hautnah erlebt, Autogramme inklusive. Wichtigste<br />
Erkenntnis: Nadal spielt Topspin, ja. Aber der Sound,<br />
wenn er voll durchzieht – Wahnsinn!<br />
Austragungsort:<br />
Paris<br />
Überdachte Courts:<br />
1<br />
Größtes Stadion:<br />
Court Philippe-<br />
Chatrier<br />
(15.166 Plätze)<br />
Rekordsiegerin<br />
(Open Era):<br />
Chris Evert<br />
(7 Titel)<br />
Rekordsieger<br />
(Open Era):<br />
Rafael Nadal<br />
(13 Titel)<br />
Siegerin 2020:<br />
Iga Swiatek<br />
Sieger 2020:<br />
Rafael Nadal<br />
FOTOS: TIM CLAYTON/CORBIS SPORT/GETTY IMAGES, THOMAS LOVELOCK/SPORTS ILLUSTRATED/GETTY IMAGES,<br />
AL BELLO/GETTY IMAGES SPORT/GETTY IMAGES, ANDY CHEUNG/GETTY IMAGES SPORT/GETTY IMAGES<br />
4Roland Garros<br />
REDAKTION: FLORIAN GOOSMANN<br />
FAKTEN:
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052<br />
Irgendwie trage<br />
ich schon dieses<br />
Lehrer- Gen in mir.
053<br />
„Muster gegen<br />
Nadal würd’ ich<br />
gerne sehen“<br />
Seit über 30 Jahren genießt GÜNTER BRESNIK (60) als Trainer hohes Ansehen im globalen Tennisbusiness,<br />
aber er polarisiert auch. Im großen Tennisnet-Interview spricht Bresnik übers Lehren und Lernen – und er<br />
sagt, wieso es heute zu viel ums Wohlfühlen geht und warum sich bisher Thiem & Co wirklich die Zähne an<br />
den Big Three ausgebissen haben.<br />
INTERVIEW: FRITZ HUTTER<br />
Tennisnet: Was begeistert einen Mann wie dich<br />
so am Tennis, dass er diesem Sport praktisch<br />
ein ganzes Berufsleben widmet?<br />
Günter Bresnik: Dass du als Trainer einfach<br />
nie auslernst! Ich muss immer daran zurückdenken,<br />
wie ahnungslos ich im Verhältnis zu heute bei meinem<br />
ersten Spieler, Horst Skoff, war. In erster Linie waren es andere<br />
Trainer, durch die du dann immer neue, scheinbar nicht machbare<br />
Dinge bemerkst, welche dann auch immer neue Reize setzen.<br />
Wann immer mir jemand erklärt hat, dass etwas nicht geht, habe<br />
ich dann genau das gemacht. Und das hört nie auf.<br />
Also ein Sport als lebenslange Heraus forderung?<br />
Ja, obwohl Tennis im Vergleich zu anderen Dingen natürlich<br />
keinerlei Bedeutung hat. Das hat mir vor Jahren ein jüdischer<br />
Schriftsteller auf einem Flug von Nizza nach Wien recht drastisch<br />
vor Augen geführt: Er hat mich nach meinem Job gefragt und<br />
danach gefragt, wie man nur seinen Verstand dafür verschwenden<br />
könne, jemandem beizubringen, wie man andere am Tennisplatz<br />
austrickst. Das hat mich schon irritiert. Trotzdem: Es macht mir<br />
ungebrochen Spaß, im Tennis unterschiedlichste Problemstellungen<br />
zu meistern.<br />
Umgang mit Menschen. Da sind Freundschaften entstanden –<br />
manche davon sind zerbrochen, manche halten ewig.<br />
Muss man zum Lehren geboren sein?<br />
Irgendwie trage ich schon dieses Lehrergen in mir. Natürlich hängt<br />
es vom Alter des Gegenübers ab: Einen jungen Spieler prägst du<br />
mehr als einen älteren. Viele Beziehungen spielen sich aber auf<br />
Augenhöhe ab, wo du sowohl lehrst als auch lernst. Als Trainer habe<br />
ich am meisten von den Spielern gelernt – durch die Art, wie sie ihre<br />
Gefühle artikulieren, aber zum Beispiel auch durch ihren Spielstil.<br />
Das alles hat mir relativ schnell Auge und Verstand dafür geöffnet,<br />
auf wie viele verschiedene Arten man zu Erfolg kommen kann.<br />
Wer waren die besten Lehrer?<br />
Von den Trainern waren es sicher der zuletzt leider verstorbene<br />
Bob Brett und Ion Tiriac, die mein Interesse an Spielern auf ein<br />
anderes Niveau gehoben und mir gezeigt haben, mit wie vielen<br />
Welche da wären respektive auch waren …?<br />
Am Anfang, dass ich als Student aus einer Akademiker familie<br />
etwas im Spitzensport weiterbringen kann. Irgendwann bist<br />
du dann drinnen und so vom Ehrgeiz zerfressen, dass du mehr<br />
und mehr Erfolg willst; zuerst mit bereits guten Spielern, dann<br />
probierst du, jemanden von Grund auf aufzubauen. Danach willst<br />
du wissen, ob du deinen Leuten nur auf einem oder auf allen<br />
Belägen helfen kannst, später, ob deine Methoden nur bei Männern<br />
oder auch bei Frauen funktionieren; eine Tennisschule leiten,<br />
andere Trainer ausbilden und so weiter … Mir taugt einfach der<br />
DER ERSTE Traumstart ins<br />
große Trainer-Biz mit dem<br />
hochveranlagten Horst<br />
Skoff (1968–2008).<br />
DER POPSTAR Erfolgreich, aber<br />
dennoch kurz war die Liaison mit<br />
dem deutschen Volkshelden Boris<br />
Becker (1992/93).
054<br />
verschiedenen Zugängen man zum Erfolg<br />
kommen kann. Und ich konnte von allen meinen<br />
Spielern – die ja aus vielen verschiedenen<br />
Nationen kamen und zum Teil nicht unkomplizierte<br />
Charaktere waren – etwas mitnehmen.<br />
Vor ein paar Tagen hat mich zum Beispiel Jim<br />
Grabb angerufen. Er war als Aufschlag-Volley-<br />
Spezialist Nummer eins im Doppel, Top 20 im<br />
Einzel und Stanford-Absolvent. Er ist heute<br />
derselbe Analytiker wie damals. Andere, wie der Horsti oder<br />
Henri Leconte, hatten einen sehr emotionalen Zugang. Da musst<br />
du als Problemlöser vielseitig sein.<br />
Tennisfreaks diskutieren oft Vergleiche zwischen Stars von einst<br />
und jetzt, spielen durch, wie etwa Roger Federer gegen Björn<br />
Borg ausgegangen wäre. Sinnlos oder reizvoll?<br />
Natürlich großteils sinnlos, aber ich liebe diese Spielchen trotzdem!<br />
So wäre Borg gegen Federer ja eigentlich eine mit ganz viel<br />
neuem Wissen über Athletik und neuem Material durchgespielte<br />
Weiterentwicklung von Borg gegen McEnroe vor 40 Jahren. Fix ist,<br />
dass ganz an der Spitze schon immer nur Platz für ganz wenige<br />
war und die wenigen Superstars einer Generation einen massiven<br />
Konkurrenzkampf unter ihren Nachfolgern ausgelöst haben. Bei<br />
Federer, Nadal und Djokovic ist das aber extrem: Die stehen ihren<br />
jüngeren Konkurrenten seit fast zwei Jahrzehnten im Weg. So wäre<br />
Dominic Thiem vielleicht schon mehrfacher Grand-Slam-Sieger,<br />
wenn ihn speziell die drei nicht schon jahrelang aufhalten würden.<br />
Was waren die ganz großen Veränderungen im Tennissport<br />
in der bisherigen Bresnik-Ära?<br />
Zum Beispiel die Geschwindigkeit im Spiel, die einerseits der<br />
Athletik und andererseits dem Material geschuldet ist. Die Beläge<br />
und die Bälle hingegen hat man ja angeglichen res pektive<br />
verlangsamt, weil es irgendwann zu schnell geworden ist. War<br />
Ivan Lendl Anfang der 1980er-Jahre der Erste, der den damaligen<br />
Stand der Dinge im körperlichen Bereich ausgeschöpft hat, so<br />
ist das heute natürlich gang und gäbe. Dafür ist die taktische<br />
Seite mehr oder weniger weggefallen und es läuft fast nur<br />
DER LEHRER Der Australier Bob<br />
Brett (1953–<strong>2021</strong>) coachte<br />
Boris Becker, Goran Ivanisevic<br />
oder auch Marin Cilic – und<br />
irgendwie auch Günter Bresnik.<br />
mehr über die technischen und körperlichen<br />
Fähigkeiten. Ich behaupte, dass heute in einem<br />
Match mit 200 ausgespielten Punkten 180<br />
nur durch technische Meisterleistungen oder technische<br />
Fehler entschieden werden. Auf die Taktik<br />
kommt es hingegen nur mehr zu allerhöchstens<br />
20 Prozent an.<br />
Technisch ist die Weiterentwicklung<br />
des Topspin-Spiels interessant.<br />
Absolut. Bei Pionieren wie Guillermo Vilas oder auch Björn Borg<br />
sind die Bälle ja anfangs vor allem höher übers Netz geflogen; mit<br />
dem um so viel aggressiveren und schnelleren Spiel von heute hatte<br />
das aber gar nichts zu tun. Rafael Nadal hat das dann auf ein<br />
komplett neues Niveau gehoben. Trotzdem, und obwohl Thomas<br />
Muster und ich nicht die dicksten Freunde sind: Einen Muster in<br />
Höchstform auf Sand gegen den Rafa würde ich mir gern anschauen!<br />
Der Tom war nicht der Allerschnellste, aber wie der seine Leistungen<br />
im Wettkampf steigern konnte, war außergewöhnlich.<br />
Waren die Guten von damals, etwa Becker,<br />
anders als heutige Stars?<br />
Mein erster großer Spieler war eben der Boris. Schon durch das<br />
spezielle Verhältnis zwischen <strong>Deutschland</strong> und Österreich bin ich<br />
da besonders auf dem Prüfstand gestanden. Leichter getan habe<br />
ich mir natürlich, weil wir dieselbe Sprache sprechen – auf Englisch<br />
wäre die Akzeptanz meiner Person sicher niedriger gewesen! (lacht)<br />
Überhaupt ist damals noch das meiste übers Miteinander-Reden<br />
gegangen. Heutzutage spielt sich leider sehr viel nur mehr übers<br />
Handy ab. Ich kann natürlich auch eine Whatsapp-Nachricht<br />
schreiben, aber das liegt mir nicht. Und wenn ich mit einer<br />
Person nur per Mail verkehre, ist mein Gefühl für diesen<br />
Menschen schlechter, als wenn ich ihn persönlich sprechen kann.<br />
Vielleicht auch ein weiterer Vorteil für die Herren Djokovic,<br />
Nadal und Federer?<br />
Meiner Meinung nach ja. Die mussten sich noch persönlich mit<br />
vielen Dingen und Menschen auseinandersetzen, haben vieles<br />
1. Das Medizinerpaar Elvira und<br />
Walter Bresnik mit Sohn Günter und<br />
den Töchtern Ingrid und Karin im<br />
Jahr 1970.<br />
2. Bei der Arbeit in der Akademie<br />
in der Südstadt unweit von Wien:<br />
„Zu mir kommen die Kinder zwecks<br />
Leistungstennis!“<br />
3. Günter Bresnik liebt den Umgang<br />
mit Menschen – auch Diskussionen<br />
mit der Journalistenriege.<br />
4. & 5. Fast 20 Jahre stand man<br />
gemeinsam am Court, 2019 trennte<br />
sich Dominic Thiem dann von<br />
Mentor Bresnik.<br />
1 2 3
055<br />
DIE BRESNIK-VORHAND<br />
Zentral bei Dominic Thiems Signature-<br />
Shot ist laut „Erfinder“ Bresnik der<br />
freie Schwung des Schlagarms aus<br />
der Schulter: „Wenn man den Arm<br />
nicht vergewaltigt, schwingt er ganz<br />
natürlich nach oben und der Oberarm<br />
geht bis zum Kinn. So kann man<br />
gleichermaßen Power und Topspin<br />
generieren.“<br />
4 5<br />
Günter Bresniks<br />
Leben und Philosophie<br />
auf und neben<br />
dem Tennisplatz,<br />
erschienen 2016 im<br />
Seifert-Verlag.
056<br />
noch selbst erledigt und konnten sich noch nicht<br />
mit technischen Hilfsmitteln aus der Affäre<br />
ziehen. Am Tennisplatz kommst du einer persönlichen<br />
Auseinandersetzung aber nicht aus – für<br />
mich eindeutig ein weiterer Grund, wa rum sich<br />
die Jüngeren so schwertun, an den dreien vorbeizukommen.<br />
Diese drei Alten können sich wirklich<br />
durchsetzen, da kommt auch verbal viel mehr rüber.<br />
Da spielen Männer gegen noch Jugend liche –<br />
selbst wenn diese schon jenseits der 20 sind.<br />
Früher war man im Profitennis also<br />
selbstständiger?<br />
Ja, allein das Handy macht einen riesigen Unterschied.<br />
Heute hast du auf Tour 15, 20 Mal pro Tag<br />
Kontakt mit daheim. Früher hat’s das nicht gegeben.<br />
Da warst du alleine in Südamerika und hast einmal<br />
in der Woche telefoniert, weil sonst dein<br />
Konto leer gewesen wäre. Auffällig ist zudem,<br />
dass heute viele mit ihren Eltern reisen. Auch<br />
das hat es übrigens bei den Big Three nicht<br />
gegeben. Deren Familien sind früher maximal zu<br />
Grand-Slam-Endspielen gekommen. Insgesamt<br />
bemerke ich, dass es heute viel mehr um dieses<br />
ständige „Wohlfühlen“ geht, andere Erfolgsfaktoren<br />
bleiben dafür oft ungeschult. Für mich<br />
ist Dominic Thiem der technisch beste Tennisspieler,<br />
auch andere wie ein Zverev oder ein<br />
Tsitsipas haben unglaubliche Fähigkeiten und sind tennismäßig<br />
vielleicht schon weiter als die drei Großen im selben Alter. Aber<br />
überall fehlt ein Mosaiksteinchen, damit sich diese Leistungsfähigkeit<br />
auch wirklich in absoluten Top-Ergebnissen niederschlägt.<br />
Das stört mich. Aber die nächste Generation wird es da<br />
möglicherweise leichter haben. Dass etwa ein Jannik Sinner mit<br />
19 schon ganz vorne mitspielen kann, finde ich sehr beachtlich.<br />
Was hat sich im Damentennis in den letzten Jahren getan?<br />
Vor 15, 20 Jahren haben dort Spielerinnen wie die Williams-<br />
Schwestern zu diktieren begonnen, wenngleich für mich Steffi<br />
Graf die beste Tennisspielerin aller Zeiten ist: eine Kombination<br />
aus perfekter Athletik und technisch großartigen Schlägen; ich<br />
denke da an ihre Vorhand und ihren legendären Rückhand-Slice.<br />
Mit ihrem Spiel wäre sie auch einer Serena Williams in Bestform<br />
gefährlich geworden. Grundsätzlich denke ich, dass du im<br />
heutigen Damentennis mit etwas mehr Raffinesse à la Arantxa<br />
Sanchez oder Justine Henin einiges erreichen könntest, weil die<br />
meisten auf dasselbe Spiel setzen.<br />
Die Entwicklung ist also überschaubar?<br />
Tennismäßig ja, aber dafür hat sich sonst enorm viel Positives für<br />
die Damentour getan – man denke an die nun gleichen Preisgelder<br />
und die weltweite Aufmerksamkeit. Wenn man heute nach weiblichen<br />
Weltstars im Sport fragt, fallen den Leuten praktisch nur<br />
mehr Tennisspielerinnen ein. Was mir nicht taugt, ist, dass es sich<br />
Für mich ist<br />
Dominic Thiem<br />
der technisch<br />
beste Tennisspieler.<br />
dann wieder schnell nur mehr ums Drumherum<br />
drehen kann und vor allem darüber diskutiert<br />
wird, ob eine einen Ganzkörperbody anhat,<br />
aber sich niemand überlegt, warum die keinen<br />
Slice kann.<br />
Eine gute Technik zählt zu deinen wichtigsten<br />
Prinzipien. Geht da noch was?<br />
Das glaube ich schon. Das wird sich immer<br />
verbessern. Früher hielt man ein Match<br />
Becker gegen Ivanisevic für fad, weil es extrem<br />
von den schnellen Aufschlägen dominiert war.<br />
Meine Antwort war immer: Man wird sich<br />
an das Tempo gewöhnen und auch diese<br />
Aufschläge retournieren können! Dann ist<br />
Andre Agassi gekommen und hat’s gemacht.<br />
Bis heute lizitieren sich die Besten ständig nach<br />
oben, nur mehr in Nuancen, aber trotzdem.<br />
Letztlich geht es immer darum, wie schnell man<br />
spielen kann und wie schnell man angespielt<br />
werden kann.<br />
Thomas Muster hat in den 1990er-Jahren mit<br />
44 ATP-Titeln zwölf Millionen Dollar Preisgeld<br />
verdient, Dominic Thiem mit 17 Turniersiegen<br />
Stand Mitte April <strong>2021</strong> satte 28 Mil lionen.<br />
Warum diese rasante Entwicklung?<br />
Der wirtschaftliche Anreiz für die guten<br />
Spielerinnen und Spieler ist immer größer geworden, weil diese<br />
extrem zur Popularität der Marken ihrer Sponsoren und jener<br />
der Turniere beitragen. Auch da muss man den Herren Federer<br />
und Co Danke sagen! Die halten seit Jahren das globale Interesse<br />
am Tennis hoch. In Österreich ist deshalb für mich eindeutig<br />
Dominic Thiem der Nummer-eins-Athlet – und als ganzjährig<br />
aktiver Einzelsportler, der es quasi im Alleingang an die Spitze<br />
einer Weltsportart geschafft hat, ist er auch als Werbeträger<br />
besonders interessant.<br />
Hat sich die Klientel in deiner Akademie verändert?<br />
Eigentlich nicht. Mann muss schon sagen, dass aufgrund der<br />
Erfolge von Dominic das Interesse definitiv wieder gewachsen<br />
ist, aber das betrifft mich weniger. Zu mir kommen traditionell<br />
Kinder, die keine „Social-Tennisspieler“ sind, sondern Leistungstennis<br />
spielen wollen; Kinder, in deren Familien der Sport eine<br />
wichtige Rolle spielt – aus allen sozialen Schichten, und in den<br />
letzten Jahren auffällig oft aus Familien mit Migrationshintergrund,<br />
besonders oft Mädchen.<br />
Zum Finale: Kann ein Kind in Österreich heute noch Tennis profi<br />
werden, ohne dass die Eltern reich oder nach kurzer Zeit pleite sind?<br />
Tennis ist natürlich eine teurere Sportart als Fußball – Teamsportarten<br />
sind immer billiger. Aber ich bezweifle, dass es in Österreich<br />
wirklich daran scheitern würde, dass jemand keinen pekuniären<br />
Hintergrund hat. ●<br />
FOTOS: GÜNTER BRESNIK PRIVAT, JÜRGEN SKARWAN, GEPA PICTURES/INGRID GENCSERER, GEPA PICTURES/<br />
DORIS HOEFLER, GEPA PICTURES/MATTHIAS HAUER, ULLSTEIN BILD / KONTRIBUTOR / GETTY IMAGES
P R ST !<br />
Mit Bier. Ohne Alkohol.<br />
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Das neue Puntigamer PR0,0ST –<br />
das „bierigste“ aller Alkoholfrei'n!
058<br />
Neue<br />
deutsche<br />
Tenniswelle<br />
JÖRG ALLMEROTH begleitet<br />
den Tenniszirkus seit den<br />
1980er-Jahren und gilt als<br />
einer der führenden deutschsprachigen<br />
Tennisjournalisten.<br />
Es war im Spätsommer 2019, als Barbara Rittner am Rande der US Open eine vage<br />
Hoffnung für das deutsche Damentennis aussprach: „Ich wünsche mir einfach, dass unsere<br />
älteren Spielerinnen noch ein paar Jahre dranbleiben.“ An jenem Tag in New York hatte Rittner<br />
allerdings auch über das „zu alte“ Damentennis in der Spitze des DTB geredet. Zudem monierte<br />
sie, dass viele aus den jüngeren Generationen den nötigen Biss und etwas Abenteuerlust<br />
vermissen ließen: Wenn man in die Weltspitze kommen wolle, dürfe man sich eben nicht von Mami und Papi<br />
überall hinkutschieren und schützen lassen, lautete das Verdikt der Abteilungschefin des Verbands.<br />
Knapp zwei Jahre später lohnt dieser kleine Rückblick, weil er nicht alles, aber doch vieles von dem vorweggenommen<br />
hat, was nun Stand der Dinge ist. Hinter den verdienten Kräften wie Angelique Kerber, Andrea<br />
Petkovic oder auch Laura Siegemund klafft eine größere Leistungslücke denn je, in der Altersgruppe zwischen 20<br />
und 30 hat der DTB gegenwärtig keine Spielerin mehr von Relevanz und Perspektive. Manche Karriere ist bereits<br />
zu Ende gegangen – aus Einsicht, dass es nicht reicht für den harten Auslesekampf in der globalen Spitze, oder<br />
wegen anderer beruflicher Aussichten. Gleichzeitig läuft der Aktionszyklus der goldenen Generation langsam<br />
aus: Julia Görges hat dem Sport bereits inmitten der Coronazeit Lebwohl gesagt, andere werden früher (Andrea<br />
Petkovic) oder etwas später (Angelique Kerber) folgen.<br />
Kerber und Co haben das deutsche Damentennis wieder auf die Landkarte<br />
gebracht, ins Bewusstsein gerückt; national wie international. Gerade Kerber<br />
Angelique<br />
Kerber<br />
mit ihren drei Grand-Slam-Siegen, dem Sprung auf Platz eins der<br />
Weltrangliste und dem Gewinn der olympischen Silbermedaille<br />
2016 strahlte wie ein Leuchtturm auch im größeren deutschen<br />
Sportgeschehen heraus, zweimal kürte man sie auch zur Sportlerin<br />
des Jahres. Was ihr und ihren Mitstreiterinnen versagt blieb,<br />
war der kollektive Erfolg – im Fed Cup gab es mit den Tschechinnen<br />
stets eine noch etwas stärkere Equipe.<br />
Bedauerlich ist auch, dass die Laufbahn von<br />
Sabine Lisicki nach dem Einzug ins<br />
Wimbledon-Finale 2013 nie mehr richtig<br />
Kerber und Co<br />
haben das deutsche<br />
Damentennis wieder<br />
auf die Landkarte<br />
gebracht.<br />
Fahrt aufnahm. Aber bald wird man womöglich schon froh sein<br />
müssen, wenn deutsche Spielerinnen in der zweiten Woche eines Grand-<br />
Slam-Turniers auftauchen. Schade ist das auch in einem Moment, da<br />
die deutsche Turnierlandschaft bei den Frauen plötzlich bunter und<br />
vielfältiger geworden ist. Um diese Wettbewerbe langfristig zu<br />
etablieren, braucht es nationale Identifikationsfiguren – bei allem<br />
Interesse an Stars aus anderen Ländern und Kontinenten. Aber das Warten<br />
auf die neue deutsche Tenniswelle kann noch dauern.<br />
FOTOS: GLYN KIRK/AFP/GETTY IMAGES, BEIGESTELLT
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060<br />
ROGER FEDERER (310 Wochen):<br />
14 Jahre nach der Erstbesteigung 2004<br />
legte der Maestro mit dem Turniersieg<br />
in Rotterdam noch einmal einen Sprint<br />
an die Spitze hin.<br />
PETE SAMPRAS (286 Wochen):<br />
Der große Dominator der<br />
1990er-Jahre, der alles<br />
gewinnen konnte – nur nicht<br />
die French Open.<br />
IVAN LENDL<br />
(270 Wochen):<br />
Die großen<br />
Erfolge bei den<br />
Grand-Slam-<br />
Turnieren kamen<br />
erst etwas<br />
später – die<br />
Spitzenposition<br />
in der Weltrangliste<br />
holte Ivan<br />
schon 1983.<br />
JIMMY CONNORS (268 Wochen):<br />
Jimbo und sein Wilson T2000 –<br />
diese Kombination war Ende der<br />
1970er-Jahre auf der ATP-Tour<br />
die konstanteste.<br />
NOVAK DJOKOVIC (318<br />
Wochen – and counting):<br />
Konstanz und Brillanz!<br />
Nole hat Federers<br />
Re kord gebrochen –<br />
und wird eine Marke<br />
auf stellen, die ewig hält.<br />
ILIE NASTASE<br />
(40 Wochen):<br />
Das rumänische<br />
Enfant terrible als<br />
Pionier: Nastases<br />
Name war der<br />
erste, der jemals<br />
auf Position eins<br />
der ATP-Charts<br />
vermerkt wurde.<br />
BORIS BECKER<br />
(12 Wochen): Der<br />
Triumph bei den<br />
Australian Open<br />
1991 hatte es<br />
möglich gemacht –<br />
der Rote Baron<br />
grüßte von<br />
ganz oben.<br />
THOMAS<br />
MUSTER<br />
(6 Wochen):<br />
Die Dominanz<br />
auf der Asche,<br />
dazu herausragende<br />
Ergebnisse auf<br />
den Hardcourts:<br />
Die Zeit an<br />
der Weltspitze<br />
hatte sich<br />
Tom redlich<br />
verdient.
061<br />
Gipfelstürmer<br />
26 Spielern ist es bislang seit der Einführung der ATP-Weltrangliste gelungen, die Poleposition in den<br />
Charts für sich zu reklamieren. Manche haben dort nicht einmal zehn Tage zugebracht (Patrick Rafter),<br />
manche wollen sich vom Platz an der Sonne gar nicht mehr verdrängen lassen (wie aktuell Novak<br />
Djokovic). Dazwischen liegen alle Spieler, die die Open Era geprägt haben. Wir verneigen uns vor den<br />
Helden unserer Jugend – und der Gegenwart.<br />
REDAKTION: JENS HUIBER<br />
FOTOS: DEAN MOUHTAROPOULOS/STAFF, GETTY IMAGES/STAFF, CLIVE BRUNSKILL / STAFF, GARY M. PRIOR/STAFF, ADRIAN MURRELL/STAFF, GETTY IMAGES SPORT/GETTY EUROPE/GETTY IMAGES; GRA-<br />
HAM WOOD/FREIER FOTOGRAF, BOB MARTIN/STAFF HULTON ARCHIVE/HULTON ARCHIVE/GETTY IMAGES; MACKENZIE SWEETNAM/FREIER FOTOGRAF/GETTY IMAGES SPORT/GETTY IMAGES ASIAPAC<br />
1.<br />
2.<br />
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20.<br />
22.<br />
22.<br />
22.<br />
25.<br />
26.<br />
Spieler erstmals am Wochen Serie<br />
Novak Djokovic<br />
Roger Federer<br />
Pete Sampras<br />
Ivan Lendl<br />
Jimmy Connors<br />
Rafael Nadal<br />
John McEnroe<br />
Björn Borg<br />
Andre Agassi<br />
Lleyton Hewitt<br />
Stefan Edberg<br />
Jim Courier<br />
Gustavo Kuerten<br />
Andy Murray<br />
Ilie Nastase<br />
Mats Wilander<br />
Andy Roddick<br />
Boris Becker<br />
Marat Safin<br />
Juan Carlos Ferrero<br />
John Newcombe<br />
Jewgeni Kafelnikow<br />
Thomas Muster<br />
Marcelo Rios<br />
Carlos Moya<br />
Patrick Rafter<br />
4. Juli 2011<br />
2. Februar 2004<br />
12. April 1993<br />
28. Februar 1983<br />
29. Juli 1974<br />
18. August 2008<br />
3. März 1980<br />
23. August 1977<br />
10. April 1995<br />
19. November 2001<br />
13. August 1990<br />
10. Februar 1992<br />
4. Dezember 2000<br />
7. November 2016<br />
23. August 1973<br />
12. September 1988<br />
3. November 2003<br />
28. Jänner 1991<br />
20. November 2000<br />
8. September 2003<br />
3. Juni 1974<br />
3. Mai 1999<br />
12. Februar 1996<br />
30. März 1998<br />
15. März 1999<br />
26. Juli 1999<br />
318<br />
310<br />
286<br />
270<br />
268<br />
209<br />
170<br />
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1<br />
STAND: 1. MAI <strong>2021</strong>
062<br />
Austria’s<br />
First<br />
Role Model<br />
Noch ein Zehnjähriges! 2011 zog THOMAS MUSTER nach einer Niederlage gegen Dominic Thiem dann<br />
wirklich den Schlussstrich unters Profitennis. Was in den vielen Jahren davor geschah, sucht nicht<br />
nur in den rot-weiß-roten Sportannalen seinesgleichen. Ein hartnäckiger Beobachter des Phänomens<br />
Muster erinnert sich – ohne Anspruch auf Vollständigkeit, dafür höchst selektiv.<br />
REDAKTION: FRITZ HUTTER<br />
FINALES SHAKEHANDS Nach seinem letzten Profispiel im Herbst<br />
2011 wurde Thomas Muster von Dominic Thiem freundlicher<br />
verabschiedet als nach der dreiwöchigen Koop im Jänner 2020.
063<br />
HART AUF HART<br />
Vier seiner 44 Titel feierte<br />
Thomas Muster nicht auf<br />
Sand, darunter die letzten<br />
beiden im Jahr 1997<br />
(Doha, Key Biscayne).
064<br />
TAG DER TAGE Mit dem Finalsieg<br />
in Roland Garros 1995 erfüllt sich<br />
der damals 27-Jährige seinen<br />
zentralen Lebenstraum.<br />
Thomas Muster<br />
Geburtstag: 2. Oktober 1967, Leibnitz (Steiermark)<br />
Familie: Eltern Inge und Heinz (verstorben 2014); in<br />
zweiter Ehe verheiratet, eine Tochter und ein Sohn aus<br />
erster Ehe<br />
Tenniskarriere: 44 Turniersiege (1. Titel am 3. August<br />
1986, letzter am 17. März 1997 in Key Biscayne) –<br />
darunter der Triumph bei den French Open mit dem 7:5,<br />
6:2, 6:4 über Michael Chang. 1996 für insgesamt sechs<br />
Wochen Nummer eins der Welt, Karriereende 1.0 im<br />
Mai 1999; Karriere 2.0 von Juni 2010 bis Oktober 2011.<br />
Daviscup-Kapitän von 2003 bis 2006, Anfang Jänner 2020<br />
für drei Wochen Coach von Dominic Thiem<br />
Rekorde: 1995 erster ATP-Profi mit zwölf Titeln in einer<br />
Saison; mit 80 % beste Finalsieg-Quote aller ATP-Profis,<br />
die mindestens 25 Endspiele erreichen konnten<br />
Beruf: U. a. sowohl in Österreich wie auch in Ozeanien<br />
im Immobilienbereich erfolgreich, Turnier botschafter<br />
der Erste Bank Open
065<br />
LEGENDÄR Im Daviscup-Semifinale 1990<br />
gegen die USA gewinnt Muster beide Einzel,<br />
unterliegt aber im Doppel mit Alex Antonitsch.<br />
Hast du gesehen, was man mit links alles<br />
anstellen kann?“, will an diesem Pfingstsonntag<br />
1984 der Vollbärtige am Fahrersitz von mir<br />
wissen. Er, mein erster und einziger Trainer,<br />
und ich, damals gerade 16, sind auf der Heimfahrt<br />
vom idyllischen Gars am Kamp. Das Wunderärmchen, von<br />
dem der väterliche Freund mir Nordwaldviertler Nachwuchshoffnung<br />
vorschwärmt, hat sich kurz zuvor beim legendären Garser<br />
Pfingst turnier mit rasantem Schwung um einen gachblonden<br />
Steirerbuam gewickelt. Die konstante Power und die verrückte<br />
Drehzahl in den Topspins des Teenagers beeindruckt damals aber<br />
nicht nur uns Landeier: Bei den Matches des blutjungen Thomas<br />
Muster hängen in die Jahre gekommene Weltstars wie Balazs<br />
Taroczy, Heinz Günthardt oder Pavel Slozil genauso staunend am<br />
Zaun wie die Austro-Elite um Hans Kary, Peter Feigl oder Hans-<br />
Peter Kandler. Ihnen allen ist klar, dass das 17-jährige Hendl im<br />
ballon seidenen Trainingsanzug deutlich mehr zu bieten hat als sein<br />
beängstigendes Stöhnen.<br />
Unmittelbar nach diesem Auftritt in jenem Ort, dem er nur fünf<br />
Jahre später als heftig therapierender Sitztennisspieler zu weltweiter<br />
Bekanntheit verhelfen wird, geht es dann dahin mit<br />
Thomas Muster – und ich bleibe fasziniert dran am eineinhalb<br />
Jahre älteren Steirer. Über das anfangs noch klein Gedruckte in<br />
der elterlichen Abozeitung und immer häufigere Kurzsportmeldungen<br />
im TV bekomme ich ihn zunächst nur medial mit: Sein<br />
Daviscup-Debüt mit dem ersten von insgesamt 36 Einzelsiegen zum<br />
5:0 über Norwegen, erfolgreiche Debüts bei den ATP-Heimturnieren<br />
von Kitz und Wien oder den Sprung unter die Top 100 mit 18 Jahren;<br />
dann, 1986, den ersten Titel auf der großen ATP-Tour am Sand von<br />
Hilversum, wo der Leibnitzer Linkshänder im Best-of-Five-Finale<br />
dem Schweizer Jakob Hlasek nicht den Funken einer Chance lässt.<br />
Aber blanke Daten und Fakten, etwa auch zu 43 weiteren<br />
Turniersiegen, lassen sich heute easy googeln. Und Bilder wie jene<br />
vom denkwürdigen Daviscup-Halbfinale gegen die USA 1990 im<br />
Happel-Stadion kann man nach wenigen Mausklicks gemütlich<br />
daheim im Patschenkino nachschauen. Meine Wenigkeit darf<br />
als Sport journalist aber zusätzlich in beruflichen Erinnerungen<br />
kramen. Vielleicht wollen Sie ja mitstöbern, um Ihr eigenes Bild<br />
von einem der weltweit bekanntesten lebenden Österreicher noch<br />
um das eine oder andere Mosaiksteinchen zu ergänzen.<br />
Zum Auftakt kommt mir ein wochenlang eingefädeltes Telefoninterview<br />
für Österreichs legendäres Jugendmagazin „Rennbahn-<br />
Express“ im Sommer 1993 in den Sinn. Nur Tage nach einer<br />
weiteren Wimbledon-Niederlage jenes Mannes, der auf Sand und<br />
Hartplatz längst zu den absoluten Weltstars zählt, gibt Manager<br />
Ronnie Leitgeb endlich den Hörer an Thomas Muster weiter.<br />
Schon das allein war ein Erfolg – nach dem so fatalen Unfall von<br />
Key Biscayne und dem sensationellen Comeback nur fünf Monate<br />
später erhob Leitgeb nämlich eine höchst selektive Medienauswahl<br />
gefühlt zum Stilmittel der Mythenbildung. Was dann folgt, ist mein<br />
fix allerkürzestes Interview aller Zeiten. Erste Frage: „Was ist der<br />
Grund dafür, dass du noch immer kein einziges Match auf Rasen<br />
gewonnen hast?“ Antwort: „Und ich hab geglaubt, du verstehst<br />
zumindest ein bisserl was vom Tennis.“ Danach tuut, tuut, tuut und<br />
aus – der trockene Return eines Mannes, dem es bis heute gelingt,<br />
sich für Prioritäten aufzusparen.<br />
SPRECHSTUNDEN MIT TOM<br />
Wenige Monate später nimmt sich Thomas Muster dann<br />
trotzdem Zeit, um sich von mir in einem Wiener Hotel den<br />
„Goldenen Pinguin“ – quasi der Rennbahn-Express-Oscar für den<br />
beliebtesten Sportler im Land – überreichen zu lassen.<br />
Speziell lässig dann auch zwei weitere von bis heute<br />
zahlreichen Arbeitsgesprächen mit jenem Mann, der im Frühjahr<br />
1996, nicht ganz ein Jahr nach seinem Grand-Slam-Triumph in<br />
Paris, für sechs Wochen als Nummer eins der Tenniswelt regierte.<br />
Die hier nun erwähnten Interviews wurden nach dem damals<br />
nicht erklärten Rücktritt 1999 geführt.<br />
Zum ersten großen Frage-Antwort-Spiel für das „Sportmagazin“<br />
nach dem Ende von Musters erster, in Australien geführter<br />
Ehe brettert der Steiermark-Heimkehrer in Rekordzeit aus<br />
Graz nach Wien – unvergessen der selbst nach zwei Stunden
066<br />
Gespräch noch knisternde 500-PS-Bolide draußen vor dem Café<br />
Landtmann. Unsere Themen: das bald danach angenommene<br />
Jobangebot als Davis cup-Kapitän, Thomas Musters Anfänge als<br />
Unternehmer oder die verrückte Nacht nach seinem bis dahin<br />
letzten Profimatch, der Niederlage gegen Nicolas Lapentti in<br />
Roland Garros 1999.<br />
Noch entspannter verläuft Jahre später die „Gegeneinladung“<br />
zu Musters Lieblingswirt im südsteirischen Leibnitz. Dort<br />
schwadroniert ein gereifter Mitvierziger über die Gründe seines<br />
temporären Comebacks, welches er auch<br />
als Feldstudie zum angeblichen Tempo im<br />
modernen Tennis („Früher war es schneller!“)<br />
verstanden wissen will. Er spricht über seine<br />
durch Futterneid getrübte Begeisterung<br />
für den Weinbau, seinen Bezug zu allem<br />
Digitalen oder auch die ideenfeindliche Bürokratie<br />
in Österreichs Politik und Sport. Und er<br />
lässt sich erstmals mit einer Sehhilfe aus der<br />
„Tom’s“-Brillenkollektion ablichten.<br />
OSCARREIF<br />
Am Aschermittwoch<br />
1995 nimmt<br />
Thomas Muster<br />
vom Autor den<br />
Goldenen<br />
Pinguin<br />
entgegen.<br />
ERSTE REIHE FUSSFREI<br />
Selbst mit verbundenen Augen hätte sich Thomas Muster mit<br />
mir auf ein und denselben Tennisplatz stellen können. Etwa beim<br />
Pro-Am-Event im Rahmen der Erste Bank Open, wo ich selbst<br />
noch 2018 in gutmütig vorgetragenen Schlägen dieses gewisse<br />
Extra an Vorwärtsdrall zu spüren bekomme, oder bei einem einst<br />
FAREWELL Nach<br />
dem Out gegen<br />
Dominic Thiem bei<br />
den Erste Bank<br />
Open 2011 ist<br />
endgültig Schluss.<br />
Ich hab geglaubt,<br />
du verstehst zumindest<br />
ein bisserl<br />
was vom Tennis.<br />
zusammen mit Tennisnet-Boss Alex<br />
Antonitsch organisierten Racket-Test.<br />
Dabei drückt mir Muster zum Vergleich<br />
das Werkzeug aus seiner Hochzeit ins<br />
Pratzerl: über 370 Gramm schwer,<br />
bespannt mit an die 40 Kilopond und<br />
einem megadicken und am unteren Ende<br />
mit einem mächtigen Knauf getunten<br />
Griff. Immerhin, beim bereits sechsten<br />
Schlag gelingt es mir, die Kugel damit<br />
übers Netz zu wuchten.<br />
Doch ein Stück weit spektakulärer ist<br />
jene Bilanz, die sich der Sohn von Inge<br />
und Heinz Muster mit dem erwähnten<br />
Schlag-Zeug erkämpft hat. Von vielen<br />
seiner 898 erfassten Profimatches hüte<br />
ich höchst vitale Eindrücke, bei nicht<br />
wenigen war ich live dabei, etwa bei<br />
sämtlichen Davis Cup-Heimspielen ab<br />
1988 inklusive des Thrillers gegen <strong>Deutschland</strong>s Michael<br />
Stich in Unterpremstätten im März 1994 oder vier Jahre davor<br />
eben im Happel-Oval. Klar vor mir habe ich Musters Finalsiege<br />
in Kitzbühel 1993 und in St. Pölten 1994 und 1995, genau<br />
wie die Niederlage im von Kotzen und Krämpfen geprägten Stadthallen-Endgame<br />
gegen den um ein Jahr jüngeren Horst Skoff im<br />
Jahr 1988. Und selbstverständlich ist mir das gegen Michael Chang<br />
letztlich glatt gewonnene Paris-Finale 1995 präsent – selbst wenn<br />
ich dieses zunächst nur bruchstückartig in den Wechselpausen<br />
einer Meisterschaftspartie irgendwo in Niederösterreich auf einem<br />
an den Zaun gerückten Portable-Fernseher verfolgen konnte.<br />
Das für mich beeindruckendste Muster- Match aller Zeiten<br />
steigt aber im Herbst dieses Megajahres 1995 mit satten zwölf<br />
Titeln auf ultraschnellem Teppich im deutschen Essen. Im Semifinale<br />
erledigt Thomas Muster dort das damalige Maß aller Dinge,<br />
den bereits siebenfachen Major-Sieger Pete Sampras, in zwei Sätzen<br />
– eine Partie, die nicht nur mich staunend zurücklässt. Vor allem,<br />
weil der gefürchtete Kämpfer Dinge hervorholt, was nur ganz<br />
wenige im Werkzeugkoffer eines Mannes<br />
vermutet hätten, den man in Frankreich „Le<br />
Bûcheron de Leibnitz“, den Holzfäller aus<br />
Leibnitz, nennt. Nämlich wohldosierte<br />
Return-Chips auf Sampras’ Aufschlagraketen,<br />
gefühlvoll abgeschlossene Netzattacken<br />
und sensationelle Passing-Shots auch von<br />
der Rückhand.<br />
An diesem Abend setzte Thomas Muster ein<br />
weiteres Zeichen und zeigte der Tenniswelt, was<br />
er tatsächlich alles mit links anstellen konnte … ●<br />
PS: Ich persönlich habe Thomas Muster immer vor allem für seine Art<br />
respektiert, Ziele zu definieren, diese dann mit aller Konsequenz<br />
anzustreben und letztlich auch zu erreichen. Wäre cool, wenn der heute<br />
erst 53-Jährige dieses Odeur doch wieder auf einem Tennisplatz verströmen<br />
wollte – idealerweise auf einem mit jungen Österreichern drauf.<br />
FOTOS: PROFESSIONAL SPORT/POPPERFOTO/GETTY IMAGES(2), RENNBAHN-EXPRESS, GEPA PICTURES/INGRID GERENCSER, GEPA PICTURES/WALTER LUGER(2)
FLÜÜÜGEL<br />
FÜR JEDEN<br />
GESCHMACK.<br />
NEU<br />
NEU
068<br />
WIENER STADTHALLE<br />
Auch die Erste Bank<br />
Open schieben<br />
den Tennissport<br />
in Österreich an.<br />
DR. MAGNUS BRUNNER<br />
ist seit Jänner 2020 Staatssekretär<br />
im Bundesministerium<br />
für Klimaschutz, Umwelt,<br />
Energie, Mobilität, Innovation<br />
und Technologie. Der ehemalige<br />
Bundesliga-Spieler wurde im<br />
Oktober des vergangenen<br />
Jahres zum Präsidenten<br />
des Österreichischen<br />
Tennisverbands gewählt.<br />
„Wir ziehen alle<br />
an einem Strang“<br />
Die Lage? Äußerst positiv! ÖTV-Präsident DR. MAGNUS BRUNNER sieht Tennis wieder auf dem Vormarsch,<br />
freut sich über den neuen Sportdirektor Jürgen Melzer und setzt auf nachhaltige Veranstaltungen.<br />
INTERVIEW: JENS HUIBER<br />
Herr Doktor Brunner: Wo steht das österreichische<br />
Tennis im Jahr <strong>2021</strong>?<br />
Der Tennissport erlebt in Österreich momentan<br />
einen Aufschwung. Die Mitgliederzahlen sind<br />
im vergangenen Jahr um fünf Prozent gestiegen,<br />
die Basis wird also breiter – natürlich auch dank der Erfolge von<br />
Dominic Thiem. Wir sind daher als Präsidium im Oktober 2020<br />
angetreten, um dem Tennissport wieder die Bedeutung zu geben,<br />
die dieser als zweitgrößter Sportverband in Österreich haben sollte.<br />
Und man darf die nachfolgenden Spieler wie Dennis Novak,<br />
Jurij Rodionov oder Sebastian Ofner nicht vergessen, die unserem<br />
Davis Cup-Team geholfen haben, auf ein höheres Niveau zu kommen.<br />
Die Qualifikation für das Davis Cup-Finale in Madrid ist eine ganz<br />
tolle Leistung. Bei den Frauen gibt es an der absoluten Spitze<br />
sicherlich noch Potenzial zur Verbesserung, aber auch da sind<br />
wir dabei, neue Impulse zu setzen.<br />
Eine Ihrer ersten Amtshandlungen war die Einsetzung von Jürgen<br />
Melzer als Sportdirektor. Welche Erwartungen haben Sie an den<br />
zweimaligen Grand-Slam-Champion im Doppel?<br />
Für uns war es extrem wichtig, dass wir Jürgen als Sport lichen<br />
Leiter gewinnen konnten. Jürgen wird sein Know-how auf dem<br />
Platz einbringen, vor allem aber auch mit den Landes verbands-<br />
Leistungszentren und mit den privaten Akademien die Zusammenarbeit<br />
forcieren. Eines ist für uns als Präsidium essenziell: dass<br />
alle im österreichischen Tennis an einem Strang ziehen. Jürgen<br />
tauscht sich mit den Trainern vor Ort aus; dazu kommt, dass wir<br />
das Bundesleistungszentrum in der Südstadt für die Tennisspieler<br />
noch attraktiver machen möchten. Die ersten Erfolge stellen sich<br />
mit der Schule, mit den diagnostischen Möglichkeiten et cetera<br />
schon ein. Und mit Jürgen Melzer haben wir jetzt jemanden, der<br />
das Tennis auf ein neues Level heben kann. Die Rückmeldungen<br />
aus den Landesverbänden sind nun derart positiv, dass sich einige
069<br />
junge Spitzenspieler überlegen, wegen Jürgen in die Südstadt zu<br />
kommen. Der ÖTV muss den Sportlern ein starkes Angebot machen<br />
– und das tun wir.<br />
Dazu kommt, dass wir die österreichische Bundesliga so attraktiv<br />
machen, dass diese für das Fernsehen, für Streamingdienste, für<br />
Medien insgesamt interessanter wird.<br />
FOTOS: THOMAS KRONSTEINER/GETTY IMAGES SPORT/GETTY IMAGES, GEPA PICTURES/MARIO KNEISL<br />
Noch einmal zurück zu Österreichs Nummer eins: Dominic<br />
Thiem hat im vergangenen Jahr sein erstes Grand-Slam-Turnier<br />
gewonnen. Kann man die Auswirkungen dieses Erfolgs in Worte<br />
und/oder Zahlen fassen?<br />
Es gibt den Dominic-Thiem-Effekt, keine Frage. Es ist aber<br />
auch die Attraktivität des Tennissports an sich. Wir haben in<br />
der Corona zeit gesehen, dass viele Kinder, aber auch deren Eltern<br />
zurück zum Tennis gekommen sind – weil Tennis mit<br />
Abstand gespielt werden kann, und weil unsere Vereine sehr gute<br />
Arbeit leisten.<br />
Es ist ja nun so, dass Österreich einen Teil der Davis Cup-<br />
Finalrunde <strong>2021</strong> austrägt voraussichtlich in Innsbruck.<br />
Welche Bedeutung hätte dies für den ÖTV?<br />
Wir haben ein sehr gutes Konzept abgegeben und freuen uns<br />
riesig, dass wir den Zuschlag erhalten haben und auch renommierte<br />
Veranstalter wie London ausstechen konnten. Mit Innsbruck haben<br />
wir gemeinsam mit Herwig Straka als erfahrenem Turnierveranstalter<br />
ein attraktives Angebot zusammengestellt. Natürlich<br />
muss am Ende für den ÖTV ein positives finanzielles Ergebnis<br />
stehen. Die Umwegrentabilität ist etwa bei der Gas tronomie, bei<br />
den Hotels und für den Standort Innsbruck und Tirol enorm hoch.<br />
Das kann man durchaus mit der Fußball-EM 2008 vergleichen.<br />
Und die Werbung für unseren Sport ist unbezahlbar.<br />
Nun ist der ÖTV nicht in der glücklichen Lage<br />
einiger Verbände, die Grand-Slam- oder<br />
Masters-1000-Turniere ausrichten und damit<br />
über vergleichsweise hohe finanzielle Mittel<br />
verfügen. Die Italiener etwa haben im<br />
Moment zehn Top-100-Spieler alleine bei den<br />
Männern. Schießt Geld auch im Tennis Tore?<br />
Es ist wohl eine Mischung aus verschiedenen<br />
Faktoren. Natürlich ist es hilfreich, wenn<br />
man finanziell gut aufgestellt ist. Gerade bei<br />
der Ausbildung von Trainern oder bei der<br />
Infrastruktur hat man dann ganz andere<br />
Möglichkeiten. Oft spielen auch Zufälle eine<br />
Rolle. Für einen Verband ist es allerdings wirklich wichtig, auch<br />
als Turnierveranstalter auftreten zu können – weil gerade die<br />
jungen SpielerInnen Gelegenheiten brauchen, um so viele<br />
Matches wie möglich zu spielen. Der ÖTV bemüht sich deshalb,<br />
vor allem auf Challenger-Ebene etwas zu bewegen, neben unserer<br />
Unterstützung für die großen Turniere in der Wiener Stadthalle,<br />
in Kitzbühel und in Linz. Wir müssen in Österreich ein Angebot<br />
schaffen. Wir sind in sehr guten und intensiven Gesprächen mit<br />
erfahrenen Turnierveranstaltern und Partnern, um in dieser<br />
Hinsicht, auch auf ITF-Level, etwas auf den Weg zu bringen.<br />
Der ÖTV muss den<br />
Sportlern ein starkes<br />
Angebot machen –<br />
und das tun wir.<br />
Es gibt die Überlegung, das ATP-Turnier in Kitzbühel zu<br />
einem „Green Event“ zu machen. Was dürfen wir uns<br />
darunter vorstellen?<br />
Ich kann so ein Anliegen nur unterstützen! Immer mehr Veranstalter<br />
von Messen, Kongressen et cetera gehen diesen Weg. Wir sind<br />
mit Turnierdirektor Alex Antonitsch im Austausch und werden<br />
alles tun, um diese Idee zu unterstützen. Es ist nicht einfach; die<br />
Anforderungen für ein zertifiziertes „Green Event“ sind hoch.<br />
Das beginnt bei der Mobilität, geht weiter zur sinnvollen Nutzung<br />
der Ressourcen im Stadion … der Trend geht in diese Richtung.<br />
Wenn Kitzbühel dies als europäischer Vorreiter schafft, würde<br />
das dem Image Österreichs und des Turniers sehr, sehr gut tun.<br />
Nun hat es im Winter 2020/21 doch einige Kritik am ÖTV<br />
gegeben, vor allem von vielen Hallenbesitzern. Wie bewerten<br />
Sie die Arbeit Ihres Verbands im Nachhinein?<br />
Die Coronasituation hat uns alle massiv gefordert. Sämtliche<br />
Sportarten waren dabei den ganzen Winter über indoor nicht<br />
möglich. Das Präsidium und die MitarbeiterInnen in der<br />
Geschäftsstelle haben sich Tag und Nacht für Öffnungsschritte<br />
eingesetzt. Wir haben es geschafft, dass wir im Leistungssport<br />
eine große Anzahl an SpielerInnen trainieren lassen durften,<br />
auch in der Halle. Natürlich wäre es mir auch lieber gewesen,<br />
wenn wir den TennissportlerInnen noch mehr Möglichkeiten bieten<br />
hätten können. Im Freien waren wir eine der ersten Sportarten,<br />
die wieder fast durchgehend geöffnet hatten.<br />
Ich verstehe die Kritik; wir sind mit Hallenbetreibern<br />
im Dialog, haben uns dafür<br />
eingesetzt, dass die staatlichen Hilfen<br />
gewährleistet werden. Wir kämpfen weiter<br />
um die Unterstützung der Branche. Wir haben<br />
mit einem Wirtschaftsprüfer ein konkretes<br />
Konzept ausgearbeitet, um die Hallenbesitzer<br />
etwa bei Förderanträgen zu unterstützen. Da<br />
waren wir der einzige Verband, der diesen<br />
Schritt gegangen ist.<br />
Zum Abschluss noch: Wie gut und wie oft<br />
spielt der Präsident des Österreichischen Tennisverbands in<br />
Tagen wie diesen Tennis?<br />
Eine aktuelle Selbsteinschätzung ist immer schwierig, aber ich<br />
habe früher Bundesliga gespielt, dann Landesliga, Wiener Liga.<br />
Ich versuche derzeit, am Wochenende mit meinen Jungs zu spielen,<br />
die 14 Jahre alt sind und national und international an Turnieren<br />
teilnehmen. Die Intensität ist in den letzten Monaten natürlich<br />
etwas zurückgegangen, und der Fokus hat sich auf das Doppel<br />
verschoben. Unter normalen Umständen spiele ich noch einmal<br />
pro Woche. ●
070<br />
Liebesheirat<br />
statt Zweckehe<br />
Wir haben<br />
uns perfekt<br />
ergänzt.<br />
EINER GEHT NOCH?<br />
Wenn, dann in<br />
Wimbledon <strong>2021</strong>.<br />
Philipp<br />
Petzschner<br />
Geburtstag: 24. März 1984<br />
Größe: 185 cm<br />
Gewicht: 77 kg<br />
Letzter Coach: Stefan Eriksson<br />
Bester Weltranglistenplatz: 35<br />
(Einzel) bzw. 9 (Doppel)<br />
Titel insgesamt: 9 (1 im Einzel,<br />
8 im Doppel)<br />
Titel Majors: 2 (Wimbledon 2010,<br />
US Open 2011, beide mit Jürgen<br />
Melzer)<br />
Markenzeichen: Hammer-<br />
Vorhand, wunderbarer Return
071<br />
JÜRGEN MELZER und PHILIPP<br />
PETZSCHNER haben gemeinsam<br />
zwei Grand-Slam-Titel gewonnen:<br />
2010 in Wimbledon, im Jahr darauf<br />
bei den US Open. Das letzte<br />
Kapitel dieser wunderbaren<br />
deutsch-österreichischen<br />
Freundschaftsgeschichte muss<br />
aber noch geschrieben werden.<br />
INTERVIEW: JENS HUIBER<br />
Wenn Sasa Kalajdzic<br />
Österreich zum Europameistertitel<br />
schießen<br />
sollte – und es deutet<br />
vieles, wenn nicht alles<br />
darauf hin –, erwarten Sie dann eine ehrliche Gratulation<br />
ihres ehemaligen Doppelpartners, Herr Melzer?<br />
Jürgen Melzer: Auf alle Fälle. Der Philipp war, was<br />
das anbelangt, immer sehr fair. Er ist ja auch ein<br />
Österreich-Fan. Er wird mir mit Sicherheit gratulieren.<br />
Philipp Petzschner: Natürlich. Auch wenn das heißt,<br />
dass wir nicht Europameister geworden sind.<br />
Melzer: Also wenn <strong>Deutschland</strong> im Finale spielt und<br />
Österreich nicht, dann drücke ich euch die Daumen …<br />
Jürgen<br />
Melzer<br />
Geburtstag: 22. Mai 1981<br />
Größe: 183 cm<br />
Gewicht: 80 kg<br />
Letzter Coach: Fredrik Rosengren<br />
Bester Weltranglisten-Platz:<br />
8 (Einzel) bzw. 6 (Doppel)<br />
Titel insgesamt: 23 (5 im Einzel,<br />
17 im Doppel, 1 im Mixed-Doppel)<br />
Titel Majors: 2 (Wimbledon 2010,<br />
US Open 2011, beide mit Philipp<br />
Petzschner; Wimbledon 2013 mit<br />
Iveta Benesova)<br />
Markenzeichen: Feines Händchen,<br />
eingesprungener Rückhand-Stopp<br />
Zumal Jürgen Melzer auch eine hohe Affinität zum<br />
FC Bayern München nachgesagt wird.<br />
Petzschner: Bei mir gibt es nicht viele Berührungspunkte<br />
mit Bayern-Fans. Die spielen jedes Jahr um<br />
den Gewinn der Champions League – und wir da rum,<br />
dass wir in der ersten Liga bleiben. Aber: Ich freu<br />
mich für Jürgen, dass er einen Verein gefunden hat,<br />
der mehr Erfolg hat als meiner!<br />
Der Herzensverein von Philipp Petzschner ist ja<br />
Arminia Bielefeld …<br />
Melzer: Die Arminia war in unserer Anfangszeit nicht<br />
in der Bundesliga, aber wir haben den Fußball immer<br />
gemeinsam verfolgt. Ich kann mich noch an einen<br />
Fernsehnachmittag bei Philipp zu Hause erinnern,<br />
an dem wir gemeinsam Bielefeld geschaut haben.<br />
An dererseits hat er sich mit mir auch schon die<br />
Wiener Austria angeschaut.<br />
Bayern München hat gegen Austria Wien im Pokal der<br />
Landesmeister gespielt – lange ist es her. Groß gegen<br />
Klein, eine richtig schöne Rivalität. Gibt es die im<br />
Tennis überhaupt?<br />
Petzschner: Eine meiner ersten Tenniserinnerungen<br />
ist der Davis Cup in Unterpremstätten. Da ging es richtig
072<br />
DER WEG ZUM<br />
WIMBLEDON-SIEG 2010<br />
→ Runde 1:<br />
vs. Malisse (BEL)/<br />
Rochus (BEL): 7:5,<br />
6:2, 7:6 (4)<br />
→ Runde 2:<br />
vs. Aspelin (SWE)/<br />
Hanley (AUS):<br />
6:7 (3), 6:2, 6:3, 6:4<br />
→ Achtelfinale:<br />
Lu (TAI)/Tipsarevic (SRB):<br />
6:4, 6:2, 6:4<br />
→ Viertelfinale:<br />
vs. Bopanna (IND)/<br />
Qureshi (PAK): 6:4,<br />
7:6 (3), 6:2<br />
→ Halbfinale:<br />
vs. Moodie (RSA)/<br />
Norman (BEL): 7:6 (3),<br />
6:3, 3:6, 5:7, 6:3<br />
→ Finale:<br />
vs. Lindstedt (SWE)/<br />
Tecau (ROM): 6:1, 7:5, 7:5<br />
der Tour eine ganz andere Freundschaft auf. Der Petsche<br />
war mein bester Kumpel auf der Tour. Aber klar wäre es mir<br />
lieber gewesen, er wäre Österreicher! (lacht)<br />
ab. Ich hatte aber ein paar Jahre später in Garmisch schon<br />
den Eindruck, dass diese Rivalität zwischen den Teams gar<br />
nicht mehr so groß war – dadurch, dass ich auch viele Freunde<br />
im österreichischen Tennis habe, wie Stefan Koubek, wie<br />
Jürgen, jetzt auch mit Dominic Thiem und Alex Peya …<br />
Vielleicht wurde das eher von außen so wahrgenommen. Und<br />
es ist weiter abgeflacht, zumal ja auch Dominic und Alexander<br />
Zverev gute Freunde sind.<br />
Melzer: Es hat diese Rivalität vom Fußball her sicherlich<br />
gegeben. Und als kleineres Land im Vergleich zu <strong>Deutschland</strong><br />
wird da immer viel hineininterpretiert. Ich persönlich<br />
habe mich gegen einen Deutschen nicht mehr angestrengt<br />
als gegen einen Engländer. Nachdem wir eine gemeinsame<br />
Sprache sprechen, baut man zu den deutschen Spielern auf<br />
Wie ist es zur Paarung Melzer/Petzschner gekommen?<br />
Melzer: Ich habe 2009 mit Julian Knowle Doppel gespielt,<br />
bin aber auch im Einzel immer weiter nach oben gekommen.<br />
Und danach wollte ich keinem Doppelspieler gegenüber dieses<br />
Commitment abgeben. Das war mir zu heikel. Ich habe<br />
dann wahrscheinlich nicht weniger Wochen Doppel gespielt<br />
als mit dem Julian, aber es war für meinen Kopf viel einfacher,<br />
weil es für Petsche und mich auch okay war, wenn es einmal<br />
nicht so weit gegangen ist.<br />
Petzschner: Wir waren schon befreundet, als wir angefangen<br />
haben, miteinander Doppel zu spielen. Und das war auch<br />
einer der Gründe, warum es so gut funktioniert hat: Wir haben<br />
uns nie den ganz großen Druck gemacht. Wir wollten Spaß<br />
haben. Das war nie ein nur auf dem Drang nach Erfolg<br />
basierendes Doppel-Team. Das Wichtigste für uns beide war<br />
mehr das Drumherum.<br />
Melzer: Die private Ebene darf man nie wegnehmen. Wenn<br />
man jemanden gut leiden kann, verzeiht man ihm viel leichter<br />
die Fehler. Unser System hat deshalb gut funktioniert, weil<br />
es zunächst einmal zwei richtig gute Tennisspieler waren<br />
– die sich dann aber auch noch perfekt ergänzt haben. Die<br />
Sachen, die ich gut kann, wie den Return, hat der Petsche<br />
FOTOS: JULIAN FINNEY/GETTY IMAGES SPORT/GETTY IMAGES(2), THOMAS F. STARKE/BONGARTS/GETTY IMAGES
073<br />
dann am Netz ausgenützt. Und zweite Bälle musste ich<br />
damals noch gar nicht so oft spielen, weil er das mit seiner<br />
Vorhand extrem gut vorbereitet hat. Wenn wir uns jetzt<br />
hinstellen würden, wüsste ich immer noch, in welchen<br />
Situationen Petsche welchen Ball spielt …<br />
Haben Sie überhaupt gemeinsam ganz spezifisch<br />
Doppel trainiert?<br />
Melzer: Nein. Es sei denn, wir waren beide nicht mehr im<br />
Turnier drin, dann haben wir ein paar Übungen gemacht –<br />
aber dann gleich wieder Elfer gespielt und Einzel trainiert.<br />
Der erste ganz große gemeinsame Erfolg kam in Wimbledon<br />
2010. Hat es diese eine Partie gegeben, bei der Sie gedacht<br />
haben: Das könnte jetzt ganz eng werden?<br />
Melzer: Draußen waren wir nie. Zweite Runde gegen Aspelin<br />
und Hanley war von der Setzung und vom Match-up her<br />
die schwierigste Partie für uns. Danach sind wir bis zum<br />
Halbfinale durchmarschiert.<br />
Petzschner: Da hatten wir nach 2:0-Satzführung im fünften<br />
plötzlich ein 3:3 gegen Moodie und Norman. Das war eine<br />
sehr enge Partie.<br />
Melzer: Wir sind in einen sehr, sehr guten Flow reingekommen.<br />
Und nach dem Ausscheiden der Bryans hat es kein<br />
Team mehr gegeben, vor dem wir uns – auf gut Wienerisch<br />
gesagt – angeschissen haben. Es war „meant to be“. Wir<br />
haben unser bestes Tennis gespielt. Da waren wir auf Rasen<br />
schwer zu schlagen.<br />
Und bei den US Open 2011?<br />
Petzschner: Wir hatten in der zweiten Runde mit Erlich und<br />
Ram ein paar Probleme. Ansonsten hatte ich den Eindruck,<br />
dass wir sehr souverän durchgekommen sind.<br />
Nimmt ein Major-Sieg den Druck von Spielern, weil man<br />
sich einen Traum erfüllt hat? Oder nimmt der Druck<br />
eher zu, weil man so einen Erfolg wiederholen und<br />
bestätigen möchte?<br />
Petzschner: Unser Ziel war es nie, Majors zu gewinnen.<br />
Es ging zu Beginn wirklich mehr um den Spaß. Natürlich<br />
wollten wir bei den Turnieren, die wir gespielt haben, gut<br />
abschneiden – spätestens im Halbfinale willst du natürlich<br />
gewinnen. Ich hatte aber nicht den Eindruck, dass wir nach<br />
dem ersten Sieg mehr Druck hatten, noch ein Grand-Slam-<br />
Turnier holen zu müssen. Es ist aber auch kein Druck von<br />
uns abgefallen, weil wir das geschafft haben.<br />
Garmisch-Partenkirchen, das Daviscup-Treffen 2009,<br />
wurde bereits angesprochen. Welche Erinnerungen<br />
verbinden Sie damit?<br />
Melzer: Ein bescheidenes, absolut anstrengendes Wochenende,<br />
das ich gerne aus meinem Tennisleben ausradieren<br />
würde. Die Niederlage gegen den Kohli war extrem bitter,<br />
mit 2:0 in Sätzen und Break vorne und dann richtig<br />
Wir brauchen<br />
für Wimbledon<br />
keine Wildcard.<br />
beschissen worden … Ich<br />
habe dann auch ziemlich<br />
viel Kritik einstecken<br />
müssen. Das hat mich vielleicht<br />
ab gehärtet und einen<br />
Schutzschild um mich<br />
aufgebaut. Aber tennismäßig<br />
war das schon extrem bitter. Stefan Koubek hatte<br />
Rainer Schüttler geschlagen, wir hatten die große Chance,<br />
2:0 in Führung zu gehen – und wenn das passiert, bin ich<br />
überzeugt davon, dass wir auch den dritten Punkt geholt<br />
hätten; weil dann hätte ich auch Doppel gespielt. Es<br />
war ein wahnsinnig harter Lernprozess. Aber man lernt<br />
dadurch die Siege im Daviscup noch mehr zu schätzen.<br />
Petzschner: Ich habe das aus der Ferne verfolgt. Jürgen<br />
und ich haben danach auch länger über diese bittere Partie<br />
gesprochen. Aber für ihn ist es mehr darum gegangen, dass<br />
es ein Daviscup-Match für sein Land war, und weniger<br />
darum, dass es gegen <strong>Deutschland</strong> ging.<br />
Ende <strong>2021</strong> soll es nun in Innsbruck nach zwölf Jahren Pause<br />
wieder zu einem Daviscup-Aufeinandertreffen zwischen<br />
Österreich und <strong>Deutschland</strong> kommen – zwar im neuen<br />
Turnierformat, aber immerhin.<br />
Petzschner: Ich finde, das hat richtig Charme. Österreich<br />
gegen <strong>Deutschland</strong> und Serbien in Innsbruck, das könnte<br />
eine Hammerstimmung geben – wenn Zuschauer zugelassen<br />
werden. Und dann hätten wir auch das, was den Daviscup<br />
eigentlich ausmacht. Ansonsten ist es für mich nicht mehr<br />
Daviscup, wenn <strong>Deutschland</strong> gegen Uruguay in Madrid<br />
ausgetragen wird. Da wäre ich lieber in Montevideo oder<br />
Frankfurt und würde vor Auswärts- oder Heimfans spielen.<br />
Nun gibt es ja die feine Idee, dass Sie beide mit einer<br />
Wildcard in Wimbledon noch einmal gemeinsam an<br />
den Start gehen und dann in den<br />
Sonnenuntergang reiten …<br />
Melzer: Zunächst einmal: Wir brauchen<br />
für Wimbledon keine Wildcard. Der<br />
Petsche hat noch ein Protected von 80<br />
und ich stehe bis Wimbledon sicher<br />
noch unter den ersten 40. Da kommen<br />
wir locker rein. Die Frage ist halt, wie<br />
fit der Petsche ist …<br />
Also?<br />
Petzschner: Ich versuche, meinen<br />
Körper in Schuss zu bekommen.<br />
Ich komme derzeit so auf vier, fünf<br />
Stunden Tennistraining pro Woche,<br />
und ebenso viel auch im Athletikbereich.<br />
Es wäre auf jeden Fall ein<br />
Traum von mir, mit Jürgen gemeinsam<br />
unsere Karrieren zu beenden. ●<br />
DER WEG ZUM<br />
US-OPEN-SIEG 2011<br />
→ Runde 1:<br />
Gonzalez (MEX)/<br />
Murray (GBR): 6:3, 6:0<br />
→ Runde 2:<br />
Erlich (ISR)/Ram (ISR):<br />
7:6, 6:2<br />
→ Achtelfinale:<br />
Stakhovsky (UKR)/<br />
Youzhny (RUS):<br />
7:6 (3), 6:3<br />
→ Viertelfinale:<br />
Marrero (ESP)/<br />
Seppi (ITA): 6:1, 6:2<br />
→ Halbfinale:<br />
Bolelli (ITA)/Fognini (ITA):<br />
6:4, 6:7 (3), 6:1<br />
→ Finale:<br />
Fyrstenberg (POL)/<br />
Matkowski (POL): 6:2, 6:2
074<br />
Geburtsdatum:<br />
16. August 2001<br />
Geburtsort:<br />
San Candido<br />
Coach:<br />
Riccardo Piatti,<br />
Andrea Volpini<br />
Titel:<br />
Sofia 2020,<br />
Melbourne 1 <strong>2021</strong><br />
Jannik Sinner<br />
Jannik Sinner, geboren am 16. August 2001, wuchs in Sexten, Italien,<br />
unweit der österreichischen Grenze auf. Im Alter von sieben Jahren<br />
griff der Südtiroler erstmals zum Tennisschläger, doch auch am<br />
Ski fahren fand er zur selben Zeit Gefallen. Schlussendlich entschied<br />
sich Sinner trotz früher Erfolge auf Schnee für den Tennissport und<br />
zog mit 13 Jahren nach Bordighera, um sich mit Riccardo Piatti auf die<br />
folgende Profilaufbahn vorzubereiten. An der Seite des italienischen<br />
Startrainers folgte ein kometenhafter Aufstieg, der im November 2019<br />
zunächst im Triumph bei den Next Gen Finals mündete. Fast exakt ein<br />
Jahr später holte Sinner in Sofia seinen ersten Titel auf der ATP-Tour.<br />
● Stärken: Sinners größte Stärke ist seine beidhändige Rückhand. Mit<br />
ihr kann der Italiener sehr viel Tempo erzeugen, muss aber aufgrund<br />
der hohen Topspin-Rate selten volles Risiko nehmen. In Kombination<br />
mit seiner druckvollen Vorhand macht ihn das zu einem äußerst<br />
aggressiven Spieler, der sich für seine Größe (1,88 Meter) zudem<br />
außerordentlich gut bewegt.<br />
● Warum sollte man diesem Spieler unbedingt zusehen?<br />
Sinners Spiel ist prädestiniert dafür, dass er der nächste globale<br />
Super star wird: Der Südtiroler wartet nicht auf Fehler seines Gegners,<br />
sondern möchte jedem Match mit seinen eigenen Waffen den Stempel<br />
aufdrücken. Dabei scheut er – anders als einige andere große Talente –<br />
auch den Weg ans Netz keineswegs.<br />
● Prognose: Die Top Ten wird Sinner spätestens 2022 erreichen.<br />
Ein bis zwei Jahre später wird der Italiener auf Grand-Slam-Niveau<br />
zu den heißesten Titelaspiranten avancieren – und damit auch um<br />
Weltrang listenplatz eins kräftig mitmischen.<br />
The<br />
Real Next<br />
Generation<br />
Die Wachablöse bei den Männern? Wird seit Jahren angekündigt,<br />
scheitert aber bei den ganz großen Turnieren am hartnäckigen<br />
Widerstand der Herren Djokovic, Nadal und Federer. Wir haben dennoch<br />
drei junge Athleten gefunden, die in absehbarer Zukunft ganz vorne in der<br />
Weltspitze mitspielen könnten. Die Frauen sind in dieser Hinsicht schon<br />
mehrere Schritte weiter: Auf der WTA-Tour gewinnt die Jugend auch bei<br />
den Majors längst erfolgreich.<br />
REDAKTION: NIKOLAUS FINK
075<br />
Geburtsdatum:<br />
16. Juni 2000<br />
Geburtsort:<br />
Mississauga<br />
Bianca<br />
Andreescu<br />
Bianca Andreescu wurde am 16. Juni 2000<br />
in Mississauga, einem Vorort von Toronto,<br />
als Tochter rumänischer Einwanderer<br />
geboren. 2006 zog es die Familie wieder<br />
nach Rumänien, wo Andreescu ein Jahr<br />
später zum ersten Mal zum Racket griff.<br />
Lange sollte es sie aber nicht in Europa<br />
halten: Andreescu kehrte 2011 nach Kanada<br />
zurück und kam noch im gleichen Jahr ins<br />
U14-Team des kanadischen Tennisverbands.<br />
Nach zwei Triumphen beim Orange Bowl<br />
(2014 und 2015) gelang ihr 2019 auf der<br />
WTA-Tour der endgültige Durchbruch:<br />
Zunächst holte Andreescu in Indian Wells<br />
ihren Premierentitel, ehe sie bei den US<br />
Open ihren ersten Grand-Slam-Triumph<br />
feierte. In der Saison 2020 absolvierte<br />
Andreescu aufgrund einer Knieverletzung<br />
kein einziges Match.<br />
● Stärken: Andreescus Vorhand zählt zu<br />
den gefährlichsten Waffen im gesamten<br />
Damentennis. Insbesondere der erste<br />
Schlag nach ihrem guten Aufschlag ist<br />
bei den meisten ihrer Kontrahentinnen<br />
gefürchtet, da sie so oft früh im Ball wechsel<br />
schon unter Druck sind. Erschwerend<br />
kommt hinzu, dass die Kanadierin auch<br />
über einen soliden Flugball verfügt.<br />
● Warum sollte man dieser Spielerin<br />
unbedingt zusehen? Freunde von<br />
Powertennis werden sich bei Begegnungen<br />
mit Beteiligung Andreescus gut aufgehoben<br />
fühlen: Mit der Vorhand kann sie aus jeder<br />
Position einen Winner spielen. Kopflos ist<br />
das Spiel der Kanadierin dennoch nicht:<br />
Nicht selten setzt sie einen Stoppball oder<br />
einen Vorhandslice ein, um ihre Gegnerin zu<br />
beschäftigen.<br />
● Prognose: Wenn Andreescu fit ist, ist<br />
sie bei jedem Grand-Slam-Turnier eine der<br />
heißesten Kandidatinnen auf den Sieg.<br />
Daher werden schon in den nächsten zwei<br />
bis drei Jahren weitere Major-Titel an die<br />
Kanadierin gehen. Weltranglistenplatz<br />
eins wird sie aufgrund ihrer Verletzungsanfälligkeit<br />
aber wohl nicht erreichen.<br />
Coach:<br />
Sylvain Bruneau<br />
Titel:<br />
Indian Wells,<br />
Toronto, US Open<br />
(alle 2019)
076<br />
Geburtsdatum:<br />
31. Mai 2001<br />
Geburtsort:<br />
Warschau<br />
Coach:<br />
Piotr Sierzputowski<br />
Titel:<br />
French Open 2020,<br />
Adelaide <strong>2021</strong><br />
Iga Swiatek<br />
Die Voraussetzungen für eine Laufbahn als<br />
Profisportlerin hätten für die am 31. Mai<br />
2001 im polnischen Warschau geborene Iga<br />
Swiatek kaum besser sein können: Ihr Vater<br />
Tomasz nahm bei den Olympischen Spielen<br />
1988 in Seoul als Ruderer teil. Zum Tennissport<br />
brachte sie im Alter von sechs Jahren<br />
jedoch ihre Schwester Agata. Grund: Iga<br />
Swiatek wollte sie besiegen. Mittlerweile<br />
dürfte das kein Problem mehr sein, gehört<br />
Iga doch seit der Saison 2020 dem elitären<br />
Kreis der Grand-Slam-Champions an: Bei<br />
den French Open setzte sich Swiatek ohne<br />
Satzverlust die Krone auf und krönte sich<br />
so zur ersten polnischen Major-Siegerin der<br />
Geschichte. Folgerichtig schloss sie das Jahr<br />
erstmals in den Top 20 der Welt ab.<br />
● Stärken: Die wohl größte Stärke Swiateks<br />
ist, dass sie keine Schwächen hat. Der<br />
Aufschlag, der Return, die Grundschläge<br />
sowie der Flugball sind allesamt sehr<br />
stabil, wenngleich andere Spielerinnen in<br />
einzelnen Bereichen Vorteile gegenüber<br />
Iga haben dürften. Das Gesamtpaket der<br />
Polin passt aber perfekt – das macht sie auf<br />
jedem Belag zu einer gefährlichen Spielerin.<br />
● Warum sollte man dieser Spielerin<br />
unbedingt zusehen? Swiatek gibt dem<br />
Damentennis eine neue Note: Die Polin<br />
spielt insbesondere von der Vorhandseite<br />
mit viel Topspin und erinnert dabei<br />
phasenweise an Rafael Nadal. Anders als<br />
der Spanier in der Frühphase seiner Karriere<br />
übernimmt Swiatek in Ballwechseln aber<br />
gerne das Kommando und zelebriert<br />
sehenswertes Angriffstennis.<br />
● Prognose: Swiatek wird dem Tennis sport<br />
ihren Stempel aufdrücken. Sie wird im Lauf<br />
ihrer Karriere alle vier Grand-Slam-Turniere<br />
zumindest einmal gewinnen und in wenigen<br />
Jahren wohl auch die Weltrang liste anführen.
077<br />
Geburtsdatum:<br />
3. März 2002<br />
Geburtsort:<br />
Carrara<br />
Coach:<br />
Simone Tartarini<br />
Titel:<br />
-<br />
Lorenzo Musetti<br />
Lorenzo Musetti wurde am 3. März 2002 im<br />
italienischen Carrara geboren und stand vier Jahre<br />
später zum ersten Mal auf einem Tennisplatz.<br />
Bereits 2009 lernte er seinen bislang einzigen Trainer,<br />
Simone Tartarini, kennen. „Für mich ist er wie ein<br />
zweiter Vater“, sagt Musetti heute über seinen<br />
Landsmann. An der Seite Tartarinis erklomm der<br />
Norditaliener – unter anderem durch den Sieg bei<br />
den Australian Open Juniors im Jahr 2019 – die Spitze<br />
der Juniorenweltrang liste. Auf höchster Ebene<br />
lieferte Musetti ein Jahr später eine erste Kostprobe<br />
seines Könnens ab: In Rom erreichte er nach Siegen<br />
über Stan Wawrinka und Kei Nishikori die dritte Runde.<br />
Zu Beginn der Saison <strong>2021</strong> stieß der Youngster in<br />
Acapulco sogar bis ins Halbfinale vor und sprach<br />
danach von einem „Wendepunkt in seiner Karriere“.<br />
● Stärken: Musetti zeichnet in erster Linie sein<br />
unglaublicher Touch aus: Insbesondere mit seiner<br />
einhändigen Rückhand kann er aus beinahe jeder<br />
Position einen Zauberschlag spielen. Darüber<br />
hinaus weiß der Italiener dank seines großartigen<br />
Ball gefühls auch am Netz vollends zu überzeugen.<br />
● Warum sollte man diesem Spieler unbedingt<br />
zusehen? Musetti ist einer jener Spieler, die bei<br />
jedem Match eine spezielle Energie auf den<br />
Platz bringen. Die Fans fiebern und leiden in den<br />
entscheidenden Momenten mit ihm mit – genau das<br />
macht jede Partie mit dem Italiener so besonders.<br />
● Prognose: Musetti wird für seinen endgültigen<br />
Durchbruch länger benötigen als Sinner und Alcaraz.<br />
In den kommenden drei Jahren wird er sich in den<br />
Top 50 der Weltrangliste etablieren, ehe ein großer<br />
Sprung nach vorne und ein Angriff auf die Weltspitze<br />
folgen werden.
078<br />
Geburtsdatum:<br />
13. März 2004<br />
Geburtsort:<br />
Delray Beach<br />
Coach:<br />
Corey Gauff<br />
Titel:<br />
Linz 2019<br />
Cori Gauff<br />
Geboren wurde Cori „Coco“ Gauff am<br />
13. März 2004 im US-amerikanischen<br />
Delray Beach. Obwohl sie „erst“ im Alter<br />
von sechs Jahren mit dem Tennissport<br />
anfing, fuhr Gauff schon sehr früh<br />
Erfolge auf der Profitour ein: 2019 schlug<br />
sie als 15-Jährige in der ersten Runde<br />
von Wimbledon ihr großes Idol Venus<br />
Williams und zog anschließend sogar ins<br />
Achtelfinale des Rasenklassikers ein. Im<br />
selben Jahr gewann die US-Amerikanerin<br />
im österreichischen Linz ihren ersten<br />
Titel auf der WTA-Tour und krönte sich<br />
somit zur jüngsten Turniersiegerin seit<br />
2004. Die Saison 2020 beendete Gauff<br />
unter anderem dank eines Achtelfinaleinzugs<br />
bei den Australian Open zum<br />
ersten Mal in ihrer Karriere unter den<br />
Top 50 der Weltrangliste.<br />
● Stärken: Gauff schlägt bereits<br />
jetzt großartig auf und hat mit ihrer<br />
beidhändigen Rückhand eine Waffe im<br />
Repertoire, die ihresgleichen sucht.<br />
Zudem zeichnet die Teenagerin eine für<br />
ihr junges Alter atemberaubende Reife<br />
in engen Spielsituationen aus.<br />
● Warum sollte man dieser Spielerin<br />
unbedingt zusehen? „Ich spiele so<br />
aggressiv wie möglich und würde mich<br />
selbst als Kämpferin bezeichnen“ – mit<br />
diesen Worten beschreibt Cori Gauff<br />
ihren Stil. Nicht die schlechtesten<br />
Vor aussetzungen, um der jungen Frau<br />
einmal beim Tennisspielen zuzusehen<br />
und sich von der Wucht ihrer Schläge<br />
beeindrucken zu lassen!<br />
● Prognose: Es müsste schon mit dem<br />
Teufel zugehen, sollte Gauff in den<br />
kom menden Jahren nicht um große<br />
Titel mitspielen. Zwei bis drei Spielzeiten<br />
wird die US-Amerikanerin jedoch noch<br />
benötigen, um ihr volles Potenzial<br />
auszuschöpfen. Ab 2024 wird sie<br />
dann aber schon um sämtliche<br />
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Turnierraster, Forderungspyramide<br />
Turnierraster<br />
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bieten zeitgemäßen Service für Mitglieder und beleben die Anlagen mit den<br />
Digitalisierungs- und Automatisierungsfunktionen von eTennis.<br />
Kitzbüheler Tennisclub:<br />
„Wir setzen seit Anfang Mai 2017 auf eTennis. Wir nutzen das Reservierungssystem<br />
für sieben Freiplätze sowie drei Hallenplätze (inkl. Lichtsteuerung und<br />
Online-Payment). Wir sind mit dem neuen Reservierungssystem sehr zufrieden.<br />
Das Team von eTennis steht uns für diverse Fragen und Anregungen jederzeit zur<br />
Verfügung. Wir hoffen außerdem, dass wir mit den neuen Werbeflächen im System<br />
noch mehr Sponsoren gewinnen können.“ – Matthias Wieser, Clubmanagement<br />
www.eTennis.at<br />
Ready? Spiel mit eTennis!<br />
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www.eTennis.at
080<br />
Geburtsdatum:<br />
5. Mai 2003<br />
Geburtsort:<br />
Murcia<br />
Coach:<br />
Juan Carlos Ferrero<br />
Titel:<br />
-<br />
Carlos Alcaraz<br />
Carlos Alcaraz kam am 5. Mai 2003 im<br />
spanischen Murcia auf die Welt und begann<br />
im zarten Alter von vier Jahren mit dem<br />
Tennissport. Seitdem ließ ihn die Faszination<br />
für die gelbe Filzkugel nie wieder los – ein<br />
Umstand, an dem auch zwei seiner Landsleute<br />
nicht ganz unschuldig waren: Noch<br />
heute bezeichnet Alcaraz Rafael Nadal als<br />
sein großes Idol; weitaus größeren Einfluss<br />
auf seine Karriere hatte aber Juan Carlos<br />
Ferrero. Seit 2018 arbeitet der Teenager<br />
mit dem ehemaligen Weltrang listenersten<br />
zusammen. Gemeinsam heimsten die beiden<br />
schnell erste Erfolge ein: 2020 gewann<br />
Alcaraz drei Challenger-Titel und wurde<br />
nicht zuletzt deshalb mit dem Award „ATP<br />
Newcomer of the Year“ ausgezeichnet. Im<br />
Februar <strong>2021</strong> gelang dem Iberer bei den<br />
Australian Open erstmals der Sprung in ein<br />
Grand-Slam-Hauptfeld.<br />
● Stärken: Alcaraz verfügt über eine<br />
mächtige Vorhand, mit der er im Regelfall<br />
auch wunderbare Winkel findet. Der größte<br />
Pluspunkt im Spiel des Spaniers ist aber<br />
wohl schon jetzt seine Abgeklärtheit in<br />
engen Momenten, die an sein Vorbild Ra fael<br />
Nadal erinnert.<br />
● Warum sollte man diesem Spieler<br />
unbedingt zusehen? Nach seinem ersten<br />
Sieg auf der ATP-Tour meinte Alcaraz:<br />
„Mein Stil ist mehr oder weniger wie jener<br />
von Roger Federer, aggressiv ans Netz zu<br />
kommen und viele Stopps zu spielen.“ Und<br />
wer sieht dem Maestro nicht gerne beim<br />
Tennisspielen zu?<br />
● Prognose: Am Ende der Saison <strong>2021</strong> wird<br />
Alcaraz zu den 50 besten Tennisspielern der<br />
Welt gehören. Etwas längerfristig betrachtet<br />
dürfte der Mann aus Murcia insbesondere<br />
bei den French Open wohl nur ganz schwer<br />
zu knacken sein.<br />
FOTOS: ICON SPORTSWIRE/GETTY IMAGES, BRANDON MALONE/AFP/GETTY IMAGES, FRANCOIS NEL/GETTY IMAGES SPORT/GETTY IMAGES(2), HECTOR VIVAS/GETTY IMAGES SPORT/GETTY IMAGES, MICHAEL REAVES/GETTY IMAGES SPORT/GETTY IMAGES
081<br />
Warum<br />
braucht<br />
das Tennis<br />
Spieler wie<br />
Nick Kyrgios?<br />
STEFAN BERGMANN<br />
ist ein Mann der ersten Stunde<br />
bei tennisnet.com. Mittlerweile<br />
widmet sich der passionierte<br />
Wiener ausschließlich der<br />
Schauspielerei und gibt sein<br />
Wissen an die #NextGen der<br />
Bühnenkünstler weiter.<br />
FOTOS: CAMERON SPENCER/GETTY IMAGES SPORT/GETTY IMAGES, BEIGESTELLT<br />
Expressive Charaktere wie Nick Kyrgios polarisieren einfach. Das lautstarke Mitteilen<br />
der Gemütszustände, die ständigen kleinen Mätzchen, um den Gegner aus der Ruhe<br />
zu bringen – das kann man alles mögen oder eben auch nicht. Aber es macht Leute<br />
wie Kyrgios als Charaktere im Tenniszirkus einzigartig.<br />
Auch wenn ich seit mittlerweile fünf Jahren nicht mehr zum festen Redaktionsteam<br />
von tennisnet.com gehöre, wird unser aller Lieblingssport für mich wohl dennoch bis zu meinem<br />
finalen Lebenshauch zu den schönsten Nebensächlichkeiten der Welt gehören. Mein Hauptberuf als<br />
Schauspieler hat mich mittlerweile vom Redaktionsbüro auf verschiedene Theaterbühnen des Landes,<br />
vor die Kamera und hinters Studiomikrofon geführt.<br />
Schön und gut, aber warum erzähle ich das hier? Was hat denn Tennis, oder noch<br />
genauer gesagt Nick Kyrgios jetzt bitte mit der Schauspielerei zu tun? Tja, es gibt<br />
einfach einen großen gemeinsamen Nenner zwischen den Athletinnen und Athleten<br />
des Weißen Sports und den Charakteren in der darstellenden Kunst, und das sind die<br />
Emotionen, die sie bei uns Zusehern bzw. Fans auslösen. Gut und Böse, Freud und<br />
Leid, Leben und Tod, Sieg und Niederlage – und wir leben mit.<br />
Seit jeher liebt der Mensch gute, spannende, dramatische oder lustige Erzählungen.<br />
Und fast noch wichtiger als eine interessante oder wendungsreiche Handlung sind<br />
dabei die Figuren, die diese während einer Geschichte vorantreiben. Was<br />
wäre zum Beispiel Robin Hood ohne den Sheriff von Nottingham,<br />
Goethes Faust ohne Mephisto oder DCs Batman ohne den Joker? Erst<br />
das Spannungsfeld zwischen den handelnden Personen zieht den<br />
Zuschauer wirklich in den Bann, lässt ihn Partei ergreifen – ebendieser<br />
Mechanismus greift auch bei unser aller Lieblingssport. Die Handlung ist durch die<br />
Regeln des Sports grob vorgegeben, aber erst die Spieler und ihre Eigenheiten<br />
sorgen für die wahre Würze im Dargebotenen. Wir freuen uns mit unserem<br />
Favoriten, wenn er gewinnt, ärgern uns aber genauso gründlich, wenn der<br />
von uns nicht bevorzugte Athlet als Sieger den Platz verlässt.<br />
So ziemlich jeder Tennisfan hat seine Meinung zu Nick Kyrgios – kalt lässt<br />
der 25-Jährige wohl kaum jemanden, was auch die immer wiederkehrenden<br />
Diskussionen in unseren Social- Media-Kanälen beweisen. Ob man den<br />
extravaganten Australier mitsamt seinem theatralischen Lebensstil nun<br />
abfeiert oder ihn mit wahrer Inbrunst hasst: Am Ende des Tages sind genau<br />
Nick Kyrgios<br />
das die Emo tionen, die unser Sport braucht und von denen er lebt.<br />
Die Spieler und<br />
ihre Eigenheiten<br />
sorgen für<br />
die Würze im<br />
Dargebotenen.
© <strong>2021</strong> adidas AG<br />
”TOGETHER WITH ADIDAS I AM HERE TO<br />
CREATE A MORE SUSTAINABLE FUTURE.“<br />
- DOMINIC THIEM
© <strong>2021</strong> adidas AG<br />
”TOGETHER WITH ADIDAS I AM HERE TO<br />
CREATE A MORE SUSTAINABLE FUTURE.“<br />
- DOMINIC THIEM
084<br />
Zeitalter<br />
Zwei<br />
Leben<br />
STEFANIE GRAF und BORIS BECKER waren die beiden<br />
überlebensgroßen Figuren im deutschen Tennis.<br />
Nach dem Ende ihrer Karrieren ist der eine präsenter<br />
denn je – die andere so gut wie verschwunden …<br />
REDAKTION: JÖRG ALLMEROTH
085<br />
1989 Deutsche<br />
Festtage im<br />
Allerheiligsten des<br />
Tennissports.
086<br />
STURM UND DRANG Boris Becker<br />
suchte immer den Weg nach vorne –<br />
auch nach seiner Karriere.<br />
Boris Becker<br />
Geburtstag: 22. November 1967<br />
Größe: 191 cm<br />
Gewicht: 85 kg<br />
Coaches: Günther Bosch, Bob<br />
Brett, Günter Bresnik<br />
Bester Weltranglistenplatz: 1<br />
Titel insgesamt: 49<br />
Titel Majors: 6 (Australian Open<br />
1991, 1996; Wimbledon 1985,<br />
1986, 1989; US Open 1989)<br />
Markenzeichen: Becker-Hecht,<br />
Bum-Bum-Service, unbändiger<br />
Kampfgeist<br />
BECKERS MATCHBILANZ GEGEN<br />
DIE GROSSEN RIVALEN …<br />
vs. Stefan Edberg: 25:10<br />
vs. John McEnroe: 8:2<br />
vs. Mats Wilander: 7:3<br />
vs. Pete Sampras: 7:12<br />
vs. Andre Agassi: 4:10<br />
vs. Ivan Lendl: 10:11<br />
EIN HECHT auf dem<br />
heiligen Rasen? Aber ja!<br />
FRUCHTBARE ZUSAMMENARBEIT Becker hat<br />
Novak Djokovic in neue Höhen geführt.
087<br />
Es ist ein Frühlingstag vor vielen Jahren,<br />
an dem man mit Boris Becker in seiner<br />
Münchner Firmenzentrale verabredet<br />
ist. Der Reporter sitzt erwartungsfroh im<br />
Intercity, als kurz hinter Nürnberg das<br />
Handy summt; ein Becker-Vertrauter ist etwas aufgeregt<br />
am Apparat: Becker sei kurzfristig etwas bei diesem Termin<br />
dazwischengeraten, ob man nicht umdisponieren und zum<br />
Flughafen kommen könne. Nun gut, dann eben ein Interview<br />
am Flughafen, denkt der Reporter und stimmt zu. Doch der<br />
Becker-Mann ist noch nicht ganz fertig mit seiner Last-<br />
Minute-Botschaft: Nein, am Flughafen sei das Ganze nicht<br />
wirklich geplant – Becker müsse unbedingt nach Mallorca, und<br />
wenn das Interview zustande kommen solle, müsse man eben<br />
möglichst mitfliegen.<br />
Und so geschieht es, dass der Reporter in der nächsten<br />
Stunde mit dunklem Anzug, Hemd und Krawatte in einem<br />
Privatjet Richtung Ferieninsel sitzt. Und am Nachmittag dieses<br />
Tages in der Stierkampfarena ein Tennismatch zusammen<br />
mit Becker anschaut und in der Hochglanz montur in<br />
gleißender Sonne brütet. „Alles gut?“, fragt Becker den<br />
Reporter damals in der Ehrenloge grinsend. Klar, alles<br />
gut, wenigstens im Nachhinein. Schließlich steht Becker<br />
irgendwann am Abend auch noch für das längste Interview<br />
überhaupt zur Verfügung – stundenlang gibt er Einblicke in<br />
seine Karriere, in sein Privatleben. Er spricht über Frau und<br />
Kinder, über den gerade erst verstorbenen Vater, über den<br />
schwierigen Start ins Wirtschaftsleben als Chef der Firma<br />
Becker und Co. Kurz vor Mitternacht – der Reporter schleppt<br />
sich im hoffnungslos verschwitzten Business-Dress ins<br />
Hotel – kommt ihm unwillkürlich ein Satz Beckers in den<br />
Sinn. Ein Satz, der wie kein zweiter für Beckers Leben<br />
und Laufbahn steht, für den Umgang mit der Welt um ihn<br />
herum, für diesen Tag zwischen München und Mallorca<br />
natürlich auch. Dieser Satz lautet: „Bei mir<br />
weiß man nie, was kommt.“<br />
Dieser Satz war an jenem Tag und<br />
darüber hinaus keineswegs einfach leichthin<br />
dahergesagt. Er hatte immer einen<br />
ganz harten inhaltlichen Kern. Denn wann<br />
immer man mit Becker sprach in mehr als<br />
30 Jahren der journalistischen Begleitung,<br />
dann ging es sehr oft um Beckers Verwandlungen,<br />
die Brüche in seinem Leben. Um<br />
einen Becker, der auf der Flucht war; auf<br />
der Flucht, festgelegt oder vereinnahmt zu werden. Becker<br />
war ja auch nie nur ein einziger Becker, sondern ganz viele<br />
Beckers. Er war im Übrigen auch derjenige, der sich gegen<br />
die allzu innige öffentliche Umarmung auflehnte. Und der<br />
sich später übers Kreuz legte mit <strong>Deutschland</strong>, mit allen,<br />
die meinten, ihm jeden Tag Ratschläge geben zu müssen –<br />
ob es nun zunächst um seine Karriere ging oder später um<br />
Geschäfte oder Familien angelegenheiten. „Ich bin niemandem<br />
etwas schuldig. Ich lebe mein Leben, wie es mir gefällt“, sagte<br />
Bei Boris Becker<br />
weiß man nie,<br />
was kommt.<br />
Becker. Und fügte hinzu: „In <strong>Deutschland</strong><br />
glauben viele immer noch, dass<br />
ich der 17-jährige Bursche bin, der<br />
Wimbledon gewonnen hat.“<br />
IN EIN ANDERES UNIVERSUM<br />
GESCHLEUDERT<br />
Fast alles, was in seinem Leben<br />
passierte, hatte indes mit Wimbledon<br />
zu tun. Mit diesem 7. Juli 1985, an<br />
dem er den Matchball gegen den Südafrikaner<br />
Kevin Curren verwandelte<br />
und zum (bis heute) jüngsten Turniersieger<br />
in der Geschichte wurde. Von<br />
einer Sekunde zur anderen sei er „in<br />
ein anderes Universum geschleudert<br />
worden“, sagt Becker. „Ich wollte<br />
natürlich immer ein großer Sieger sein.<br />
Aber was es bedeutet, Wimbledon-<br />
EIN LEGITIMER<br />
NACHFOLGER? Das<br />
Verhältnis zwischen<br />
Alexander Zverev<br />
und Boris Becker ist<br />
herausragend gut.<br />
sieger zu sein, wusste ich nicht.“ Es begann dann ein Leben<br />
ohne Beispiel, ein Leben, das vor allem auch davon geprägt<br />
war, dass Becker gegen den Strom schwamm. Gegen die<br />
Erwartungen. Gegen die deutsche Wunschvorstellung, wie<br />
er als Idol sein sollte. Noch immer klingt diese Wut durch –<br />
als Becker etwa rund um seinen 50. Geburtstag losdonnerte:<br />
„Ich war nie euer Boris. Und ich bin nicht euer Boris!“<br />
Das Verrückte an Becker ist auch dies: In all den Aufgeregtheiten,<br />
in all dem Wirbel und allen Wirren seines<br />
Lebens ist er sich doch auch treu geblieben – als jemand, der<br />
sich nicht greifen lässt und sich auch nicht greifen lassen<br />
will. So war es ja tatsächlich auch in aller Regelmäßigkeit<br />
in den Jahren, in denen er über die Kontinente und durch<br />
die Zeitzonen jettete. Und es war eben jene buchstäbliche<br />
Unfassbarkeit, die seine Magie ausmachte: das Schwanken<br />
zwischen den Extremen, manchmal in einem<br />
Spiel, manchmal über ganze Jahre. Becker<br />
konnte Spiele drehen, die verloren schienen,<br />
und Spiele verlieren, die er eigentlich schon<br />
gewonnen hatte. Er fesselte die ganze Nation<br />
vor dem Fernseher, war ein Phänomen; in<br />
seiner Zeit einer der mitreißendsten Tennisspieler<br />
und bewegendsten Einzelsportler<br />
überhaupt. Er war größer als sein Sport.<br />
Wie blickt er heute auf diese Zeit<br />
zurück? „Es war ein Leben ständig am Limit.<br />
Ein verrücktes Leben. Ich hatte mit 20 schon mehr erlebt<br />
als andere mit 100 Jahren“, sagt Becker. Es war allerdings<br />
auch so, dass Becker nicht leben konnte ohne die Strahlen<br />
des Scheinwerferlichts. Mit dem, was er selbst „Öffentlichkeit“<br />
nannte, verband ihn immer eine Hassliebe. Er genoss<br />
seine Bekanntheit, seine Popularität, und er verfluchte sie<br />
im nächsten Moment. Und daran hat sich auch nicht viel<br />
ge ändert in all den Jahren bis jetzt – an Becker und am<br />
Thema Becker war nie ein Mangel.
088<br />
DIE STEFANIE-GRAF-<br />
VORHAND Die vielleicht<br />
größte Waffe in der<br />
Geschichte des<br />
Frauentennis.<br />
GESUCHT,<br />
GEFUNDEN<br />
Stefanie Graf und<br />
Andre Agassi sind<br />
das Glamourpaar der<br />
Tenniswelt – und<br />
machen sich rar.<br />
Stefanie Graf<br />
Geburtstag: 14. Juni 1969<br />
Größe: 176 cm<br />
Gewicht: 63 kg<br />
Coach: Heinz Günthardt<br />
Bester Weltranglistenplatz: 1<br />
Titel insgesamt: 107<br />
Titel Majors: 22 (Australian Open 1988,<br />
1989, 1990, 1994; French Open 1987,<br />
1988, 1993, 1995, 1996, 1999; Wimbledon<br />
1988, 1989, 1991, 1992, 1993, 1995, 1996;<br />
US Open 1988, 1989, 1993, 1995, 1996)<br />
Markenzeichen: Killer-Vorhand, die beste<br />
Beinarbeit aller Zeiten, Rückhand-Slice<br />
GRAFS MATCHBILANZ GEGEN<br />
DIE GROSSEN RIVALINNEN …<br />
vs. Martina Navratilova: 9:9<br />
vs. Monica Seles: 10:5<br />
vs. Gabriela Sabatini: 28:11<br />
vs. Arantxa Sanchez-Vicario: 28:8<br />
vs. Martina Hingis: 7:2<br />
vs. Lindsay Davenport: 8:6
089<br />
FOTOS: GEORGES DE KEERLE/HULTON ARCHIVE/GETTY IMAGES, PROFESSIONAL SPORT/POPPERFOTO/GETTY IMAGES, GARY M. PRIOR/GETTY IMAGES SPORT/GETTY IMAGES, HENRI SZWARC/BONGARTS/GETTY IMAGES, HAMISH BLAIR/GETTY IMAGES SPORT/GETTY IMAGES, CLIVE BRUNSKILL /<br />
GETTY IMAGES SPORT/GETTY IMAGES, SIMON BRUTY/HULTON ARCHIVE/GETTY IMAGES, BOB MARTIN/HULTON ARCHIVE/GETTY IMAGES, ALEXANDER HASSENSTEIN /GETTY IMAGES SPORT/GETTY IMAGES, STEVE POWELL/HULTON ARCHIVE/GETTY IMAGES<br />
KOSENAMEN ZU DEN AKTEN GELEGT<br />
Als vor zwei Jahren Stefanie Graf ihren 50. Geburtstag feierte,<br />
die zweite überlebensgroße Tennisfigur <strong>Deutschland</strong>s, kam<br />
einem erst so richtig ins Bewusstsein, wie verschwunden und<br />
abwesend die 22-fache Grand-Slam- Gewinnerin doch ist.<br />
Und daran änderte der Feier-Tag auch nicht viel, denn wer<br />
auch immer damals mit Graf reden wollte, bekam von einer<br />
Mitarbeiterin an ihrem neuen Lebens mittelpunkt Las Vegas<br />
zu hören, die Jubilarin sei nicht so der Geburtstagstyp, sie<br />
mache sich nicht viel draus und wolle keine Interviews geben.<br />
Die freundlich abweisende Dame sagte dabei immer wieder<br />
betont „Stefanie“ – dazu muss man wissen, dass die Tennisheldin<br />
selbst größten Wert darauf legt, nicht mehr mit der<br />
Verniedlichungsform „Steffi“ konfrontiert zu werden; dem<br />
Kosenamen, der ihr anderthalb Jahrzehnte über die Tennisplätze<br />
der Welt folgte und den sie partout nicht mehr hören<br />
konnte, als sie am 13. August 1999 ihre großartige Karriere<br />
zu den Akten legte.<br />
Mehr als zwei Jahrzehnte datiert ihr Abschied nun schon<br />
zurück, und wenn sie in ihren aktiven Zeiten oft ein Rätsel war,<br />
oft auch eine Unverstandene außerhalb der Center-Courts,<br />
so ist Graf inzwischen vor allem zu einem regelrechten<br />
Phantom geworden. Das hat mit der großen räumlichen<br />
Distanz von Las Vegas zu ihrer Heimat <strong>Deutschland</strong> zu tun,<br />
aber nicht nur damit – sie ist auch für viele Freunde und<br />
Freundinnen kaum noch greifbar, sie lebt ihr Leben in einem<br />
sehr kleinen, überschaubaren Umfeld und Radius, mit einer<br />
kleinen Gruppe von Menschen. Die neue Familie gehört<br />
dazu, ihre eigene Familie: Ihr Mann Andre Agassi, der<br />
amerikanische Superstar; ihre beiden Kinder Jaden Gil<br />
und Jazz Elle; und auch die alte Familie Graf, Mutter Heidi<br />
vor allem.<br />
Andererseits ist diese Entschleunigung<br />
des eigenen Lebens und<br />
der weitgehende Rückzug aus der<br />
Öffentlichkeit und ins sehr Private<br />
hinein nicht überraschend gekommen<br />
für die, die Grafs Tenniskarriere<br />
erlebten; die all die Verwerfungen,<br />
kleineren und größeren Aufregungen<br />
– den Steuer skandal um ihren Vater<br />
Peter, die ewigen Verletzungen in der<br />
Spätphase, die stets fürsorgliche<br />
Belagerung durch die Medien – mitverfolgten.<br />
Stefanie Graf, die professionelle Athletin, wollte<br />
ja eigentlich immer nur Tennis spielen, nichts sonst.<br />
Öffentlicher Rummel war ihr stets so verhasst wie Pest<br />
und Cholera zusammen.<br />
EINZIGE GEWINNERIN DES GOLDEN SLAM<br />
Alles, was in der Schein- und Kunstwelt des scheinbar<br />
glamourösen Tennisbetriebs neben den Matches inszeniert<br />
wurde, blieb ihr ein Gräuel. Die oft täglichen Pressekonferenzen,<br />
das Herumgereichtwerden von Termin zu<br />
MUTTER HEIDI UND<br />
VATER PETER GRAF<br />
waren vor allem in der<br />
frühen Karrierephase<br />
von Steffi immer dabei.<br />
Graf ging es rein<br />
um den sportlichen<br />
Wettbewerb, Becker<br />
sehnte sich nach<br />
Aufmerksamkeit.<br />
Termin, Verpflichtungen gegenüber Sponsoren: Sie machte<br />
es mit, sie setzte ein Lächeln auf, das man bei näherem<br />
Hinsehen aber nicht mehr als Lächeln identifizieren konnte.<br />
Als man im Herbst 1999 an einem Buchprojekt mit ihr<br />
arbeitete – es sollte um eine Jahreschronik ihrer Karriere<br />
gehen –, sagte sie in einer ruhigen Stunde: „Vieles war schon<br />
eine Last, eine Qual.“<br />
Befreit wirkte Graf immer dann, wenn sie auf den Platz<br />
gehen konnte, dort hatte sie alles selbst im Griff. Sogar wortwörtlich:<br />
Sie siegte und siegte und siegte, holte schon 1988<br />
den Golden Slam (alle vier Top-Turniere in einem Kalenderjahr!),<br />
gewann 22 Majorpokale, stand 377 Wochen an der<br />
Spitze der Weltrangliste. Sie siegte allerdings dann so<br />
oft, dass man es ab einem gewissen Zeitpunkt schon mit<br />
Gleichmut hinnahm. In der Branche<br />
würdigte man vorübergehend nicht<br />
den nächsten Glanzauftritt der<br />
Deutschen, sondern wartete darauf,<br />
dass sie stolpern würde – was indes<br />
selten genug geschah.<br />
Graf war als Typ, als Charakter,<br />
aber eben auch als Profi ja immer ganz<br />
anders als der Mann, dessen Karriere<br />
zeitlich parallel über die Bühne ging;<br />
sie war, ohne es zu wollen, der Gegenentwurf<br />
zu Boris Becker. Der rotblonde<br />
Bursche, der nicht weit von Grafs<br />
Wohnort Brühl aufwuchs, in Leimen nämlich und der sogar<br />
in Jugendzeiten mit Graf trainierte, dieser Becker sehnte<br />
sich nach Aufmerksamkeit, nach Blitzlicht gewitter, nach der<br />
Liebe der Fans. Graf ging es am anderen Ende der Skala rein<br />
um den sportlichen Wettbewerb, um das Duell, sie brauchte<br />
auch da kein Abenteuer, keinen Extra thrill. Das Geld und das<br />
ganze Ballyhoo rund ums Profi tennis waren ihr schlicht egal.<br />
Becker und Graf sind immer verglichen worden. Sie hatten<br />
wenig gemein, aber sie konnten sich nicht entkommen auf<br />
der großen gemeinsamen Tennisbühne … ●
090<br />
HAMBURGER GRÖSSE<br />
Das Turnier am Hamburger<br />
Rothenbaum ist nach wie vor<br />
das Flaggschiff des DTB.<br />
DIRK HORDORFF ist als<br />
Vizepräsident im Deutschen<br />
Tennis Bund (DTB) für den<br />
Leistungssport zuständig.<br />
Hordorff ist seit vielen<br />
Jahren auch als Coach auf<br />
der ATP-Tour unterwegs<br />
und hat Spieler wie Lars<br />
Burgsmüller, Rainer Schüttler,<br />
Janko Tipsarevic oder<br />
Ricardas Berankis betreut.<br />
„Tennisspieler<br />
leben länger‟<br />
Wenn sich jemand im deutschsprachigen Tennisgeschehen kein Blatt vor den Mund nimmt, dann<br />
DIRK HORDORFF. Der DTB-Vizepräsident durchleuchtet alle Facetten des Sports kritisch, bringt aber<br />
auch dort Lob an, wo dieses angebracht ist. Ein Gespräch über deutsche Hoffnungen, blühende<br />
Turnierlandschaften und die Tücken des Föderalismus.<br />
INTERVIEW: JENS HUIBER<br />
Herr Hordorff, mal angenommen, der DTB<br />
würde plötzlich über fast unbeschränkte<br />
finanzielle Mittel verfügen. Wofür würden<br />
Sie diese verwenden?<br />
Es gibt zwei ganz wichtige Säulen. Zunächst<br />
einmal das „Grass-Roots-Tennis“: Wir müssen immer wieder sehen,<br />
dass wir mehr Leute dazu bringen, Tennis zu spielen, öfter zu<br />
spielen, und mehr Leuten einfachen Zugang zum Tennis bieten.<br />
In diese Richtung macht der DTB mit dem Partner Generali<br />
schon sehr viel. Der zweite Bereich ist die Spitzenförderung. Der<br />
DTB hat die Verantwortung, dem deutschen Nachwuchs faire<br />
Bedingungen zu schaffen, mit denen er international mithalten<br />
kann. Da haben wir jahrelang unterirdisch schlechte Arbeit geleistet,<br />
weil wir gar kein Geld hatten. Das ist heute nicht mehr der Fall.<br />
Die Jugendlichen werden gut trainiert, unser System funktioniert.<br />
Zum System gehören auch viele Möglichkeiten, sich professionell<br />
zu betätigen.<br />
Wir haben in <strong>Deutschland</strong> eine sehr gute Turnierlandschaft, mit<br />
dem Porsche Tennis Grand Prix als Flaggschiff bei den Frauen,<br />
die auch in Köln, Berlin und Bad Homburg Möglichkeiten haben;<br />
und bei den Männern haben wir die beiden 500er-Turniere in Halle/<br />
Westfalen und am Rothenbaum, die mit München und Stuttgart<br />
und den zahlreichen Challengern und Futures eine vernünftige<br />
Bandbreite an Möglichkeiten für Tennisprofis darstellen. Ein<br />
Grand-Slam-Turnier werden wir nicht bekommen. Unser Anspruch<br />
ist aber, dass wir in <strong>Deutschland</strong> bald wieder ein ATP-Masters-<br />
1000-Turnier veranstalten werden. Als größte Industrienation in<br />
Europa – aus dem 75 Prozent der Spitzenspieler kommen – sollte<br />
auch <strong>Deutschland</strong> mit einem Spitzenturnier ausgestattet sein.<br />
Hamburg hatte diesen Status – und wäre damit der logische<br />
Kandidat dafür?<br />
Der DTB ist der Eigentümer des Hamburger Turniers, das ist unsere<br />
Lizenz. Dieses Turnier hat sehr viel Tradition. Dennoch sind wir<br />
froh, dass es mit dem TC Weissenhof in Stuttgart und dem MTTC<br />
Iphitos in München zwei Vereine gibt, die den Tennissport in<br />
<strong>Deutschland</strong> auch in schwierigen Zeiten auf der Landkarte gehalten<br />
haben. Dazu haben Gerry Weber und Ralf Weber in Halle ein<br />
Turnier geschaffen, das dem deutschen Tennis sehr gut tut.
091<br />
Sie haben vor ein paar Jahren die Positionen des Women’s<br />
respektive Men’s Head of Tennis beim DTB eingeführt.<br />
Wie zufrieden sind Sie damit?<br />
Zunächst war es eine sehr positive Sache, dass Boris Becker viele<br />
Jahre ehrenamtlich für das deutsche Tennis gearbeitet hat. Boris<br />
hat einen exzellenten Job gemacht. Barbara Rittner war ja zuvor<br />
schon involviert. Als ich anfing, hatten wir bei den Männern einen<br />
hauptamtlichen Trainer – heutzutage ist es ein Team von acht<br />
Coaches bei den Männern, fünf bei den Frauen. Die Installation<br />
dieser Zwischenstufe zwischen Sportdirektor Klaus Eberhardt<br />
und den hauptamtlichen Trainern war die richtige Entscheidung.<br />
Michael Kohlmann hat unser Vertrauen bekommen, leitet alle<br />
Trainer, steht den Programmen vor – und macht aus unserer Sicht<br />
einen hervorragenden Job.<br />
von kurzer Zeit aufholen. Ein Baby braucht neun Monate, ein<br />
Tennisspieler braucht neun Jahre. Wenn es reicht. Aber: Wir haben<br />
eine Trendwende geschafft. Wir haben fünf Jugendliche in<br />
den Top 100, in den Jahren zuvor waren es maximal zwei. Wir<br />
haben motivierte Trainer, können durch die Förderungen durch<br />
den DOSB die notwendigen Maßnahmen durchführen; in den<br />
Leistungszentren, bei den Turnieren. Daniel Altmaier hat Lichtblicke<br />
gebracht, wir haben mit Jan-Lennard Struff und Dominik<br />
Koepfer zwei weitere Spieler in den Top 100, wollen aber auch<br />
Philipp Kohlschreiber nicht vergessen, der so viel für <strong>Deutschland</strong><br />
gespielt hat wie kein anderer. Und natürlich Kevin Krawietz<br />
und Andreas Mies, die die letzten beiden Titel in Roland Garros<br />
geholt haben. Wir sind okay, aber nicht ganz vorne. Das wissen<br />
wir, daran arbeiten wir.<br />
FOTOS: ALEXANDER SCHEUBER/GETTY IMAGES SPORT/GETTY IMAGES, BEIGESTELLT<br />
Was haben Sie in der Coronazeit über den Tennissport gelernt?<br />
Tennis konnte zeigen, dass es als Sportart mit großer Distanz auch<br />
in solch schwierigen Zeiten die richtige Sportart ist. Tennis hat<br />
wieder Fans gewonnen, die schon verloren waren. Die Tennishallen,<br />
die Tennisplätze waren voll – wo es erlaubt war. Wir sind<br />
für die Zukunft sehr gut aufgestellt.<br />
Nun wurde im Winter in Hessen oder Schleswig-Holstein gespielt,<br />
in Bayern oder Baden-Württemberg nicht. Hätte der DTB mehr zu<br />
einer gesamtdeutschen positiven Lösung beitragen können?<br />
Es ist manchmal fast unmöglich, den Föderalismus zu verstehen.<br />
Jeder mahnt ein einheitliches Vorgehen an, nur hält sich halt<br />
keiner dran. Der Tennissport hat im Sommer 2020 ein Hygienekonzept<br />
vorgelegt, und mein Respekt geht noch einmal an die<br />
etwa 8.000 Vereine, die dieses Konzept auch umgesetzt haben.<br />
Der DTB hat hier gute Vorarbeit geleistet. Und es wurde im Jahr<br />
2020 kein Fall bekannt, in dem Tennis für eine Neuinfektion<br />
verantwortlich war. Umso schwieriger ist es<br />
für mich, Argumente wie „Man kann doch<br />
nicht die Sportarten differenzieren!“ nach-<br />
zuvollziehen. Das halte ich für nicht intelligent.<br />
Man muss differenzieren! Bürgerrechte dürfen<br />
nur dann eingeschränkt werden, wenn<br />
gesundheitliche und andere Gefahren entstehen<br />
können. Das ist beim Tennis nicht<br />
der Fall. Tennis ist ein Volkssport, der der<br />
Gesundheit der Menschen dient. Tennisspieler<br />
leben länger, Tennisspieler sind gesünder.<br />
Alexander Zverev steht bei den deutschen Männern über allen,<br />
Angelique Kerber nimmt diese Rolle bei den Frauen ein.<br />
Wie sieht es dahinter aus?<br />
Es gibt eine ganze Menge junger Männer hinter der nationalen<br />
deutschen Spitze. Man kann allerdings nicht eine verfehlte Nachwuchsarbeit,<br />
die zunächst aufgrund fehlender Fördermittel<br />
am Geld gescheitert war, aber auch an der Einstellung der<br />
Verantwortlichen wie auch der Spieler zustande kam, innerhalb<br />
Ein Baby braucht<br />
neun Monate –<br />
ein Tennisspieler<br />
braucht neun Jahre.<br />
Auf wen stützen sich ganz konkret Ihre Hoffnungen?<br />
Ich bin davon überzeugt, dass Rudi Molleker ein hervorragender<br />
Tennisspieler werden kann; Daniel Altmaier wurde ja schon<br />
erwähnt. Wir haben immer noch die Hoffnung, dass Nikola Kuhn<br />
irgendwann nach <strong>Deutschland</strong> zurückkommt. Nikola hat in der<br />
Jugendnationalmannschaft mit Rudi und mit Marvin Möller<br />
Erfolge gefeiert. Und danach kommt eine Menge junger, hungriger<br />
Spieler, allen voran Max Rehberg aus Bayern, der das auch bei der<br />
deutschen Serie gezeigt hat.<br />
Sind junge Spieler durch das aktuelle Rankingsystem, bei dem<br />
Punkte bis zu drei Jahre lang in der Wertung bleiben, benachteiligt?<br />
Corona trifft uns alle: jede Gaststätte, jeden Wirtschaftsbetrieb –<br />
und auch junge Tennisspieler. Es ist natürlich schwierig, durch<br />
die mehrmalige Verlängerung des „Rang listen-Lockdowns“ nach<br />
oben zu kommen. Ich bin davon nicht begeistert, das hätte man<br />
besser regeln müssen. Aber: Wer wirklich gut ist, der schafft es<br />
auch in die erweiterte Weltspitze. Das haben<br />
wir bei Jannik Sinner gesehen, der in sehr<br />
jungem Alter bereits unter den Top 25 steht.<br />
Wie bewerten Sie die Arbeit der großen<br />
Verbände und Turniere im vergangenen Jahr?<br />
Man muss großen Respekt vor der ATP und<br />
den Grand-Slam-Turnieren haben, die in<br />
dieser Zeit das Richtige gemacht haben:<br />
Tennis am Leben zu erhalten. Wenn ein<br />
Event zwei Jahre lang nicht stattfindet,<br />
sind die Sponsoren und das Fernsehen<br />
weg. Da müssen alle Beteiligten Verständnis haben, wenn es zu<br />
Einschränkungen kommt. Trotzdem muss die Balance stimmen:<br />
Wenn es bei einem Turnier wie in Miami, das viele Millionen<br />
verdient, zu Preisgeldreduktionen von 60 Prozent kommt, ist<br />
jedes vernünftige Maß verloren gegangen. Da haben sich im<br />
Hinterzimmer andere Mächte durchgesetzt. In der Sportpolitik<br />
finden manchmal Sachen statt, die es nicht geben sollte. Dieses<br />
Problem hat Tennis aber nicht exklusiv. ●
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094<br />
DER ZWEITE<br />
STREICH 2016<br />
Angelique Kerber<br />
erobert New York.
095<br />
Das letzte große<br />
Hurra<br />
ANGELIQUE KERBER befindet sich in der Endphase ihrer grandiosen Karriere. Für die Zeit<br />
danach hat die dreimalige Grand-Slam-Siegerin schon konkrete Ideen – und eine Aufgabe.<br />
REDAKTION: ULRIKE WEINRICH<br />
Im Rausch der Gefühle ist so vieles möglich. Und so vieles bleibt<br />
zunächst unbemerkt. Das schmerzhafte Erwachen kommt<br />
meist am nächsten Morgen. Im wahrsten Sinne. Als Angelique<br />
Kerber am Tag eins nach ihrem märchenhaften Wimbledonsieg<br />
im angemieteten Haus in der Inner Park Road erwachte,<br />
spürte sie neben dieser unglaublich tiefen und wohltuenden inneren<br />
Ruhe auch etwas, was so gar nicht in das Bild passen mochte, das<br />
man sich gemeinhin von einer strahlenden Rasenkönigin macht:<br />
Das linke Handgelenk schmerzte. Massiv. Bei jeder Bewegung.<br />
Ausgerechnet. „Und ich hatte zunächst wirklich keine Ahnung,<br />
warum das so war“, erzählte Kerber. Selbst einen Bruch der sensiblen<br />
Stelle hielt sie für möglich.<br />
Noch mehr allerdings beschäftigten die Kielerin die W-Fragen:<br />
Wo passiert, wann passiert, wie passiert? Hätte man doch merken<br />
müssen – normalerweise. Aber was ist schon normal, wenn man als<br />
erste deutsche Spielerin nach Steffi Graf (zuletzt 1996) in Wimbledon<br />
gewinnt? Kerber jedenfalls überlegte und überlegte an jenem<br />
Morgen, versuchte, die vergangenen 24 Stunden noch einmal Revue<br />
passieren zu lassen. Eine Herkulesaufgabe, denn der 14. Juli 2018,<br />
jener herrliche Sommersamstag im Londoner Südwesten (SW 19),<br />
bot irgendwie eine einzigartige Abfolge von besonderen Momenten:<br />
eine Melange aus Glück, Euphorie, Zufriedenheit, aber auch<br />
Bestätigung, es wieder mal geschafft zu haben, den Hebel umzulegen;<br />
diesen Turnaround erzwungen zu haben nach schwierigen Zeiten<br />
und der sportlichen Krise 2017. Und zwar auf ihre ganz persönliche,<br />
spezielle Weise. „Angie-like“, könnte man sagen.
096<br />
WIMBLEDON 2018<br />
Stefanie Graf hat<br />
eine Nachfolgerin<br />
gefunden.<br />
Angelique<br />
Kerber<br />
Geburtstag: 18. Jänner 1988<br />
Größe: 173 cm<br />
Gewicht: 60 kg<br />
Profi seit: 2003<br />
Coach: Torben Beltz<br />
Bester Weltranglistenplatz: 1<br />
Titel insgesamt: 12<br />
Titel Majors: 3 (Australian<br />
Open 2016, Wimbledon 2018,<br />
US Open 2016)<br />
Markenzeichen: Riesiges<br />
Kämpferherz, flinke Beine,<br />
kniende Vorhand<br />
KEINE ANGST<br />
VOR SERENA<br />
Zwei ihrer drei<br />
Major-Titel<br />
hat Kerber<br />
gegen Williams<br />
geholt.
097<br />
TIEFENENTSPANNT<br />
UND OPTIMISTISCH<br />
Angelique Kerber <strong>2021</strong>.<br />
FOTOS: MICHAEL DODGE/GETTY IMAGES SPORT, SCOTT BARBOUR/GETTY IMAGES SPORT, AL BELLO/GETTY IMAGES SPORT/GETTY<br />
IMAGES, MICHAEL STEELE/GETTY IMAGES SPORT/GETTY IMAGES, DANIEL POCKETT/GETTY IMAGES SPORT, ALLEA GETTY IMAGES<br />
BITTERE LEKTIONEN FÜR ANGIE<br />
Nichts charakterisiert die Profikarriere der Angelique Kerber<br />
anschaulicher als die Jahre 2016 bis 2018. Zunächst ihre ersten<br />
beiden Grand-Slam-Triumphe binnen acht Monaten in<br />
Melbourne und New York (samt Sprung an die Weltranglistenspitze),<br />
gefolgt von einer Saison, in der die Linkshänderin ob<br />
des sprunghaft gestiegenen Drucks und ausbleibender Erfolge<br />
auf dem Court viele bittere Lektionen zu verarbeiten hatte; in<br />
der der Zweifel ihr ständiger Begleiter war, den sie einfach nicht<br />
abschütteln konnte, weder im Vollsprint noch durch die direkte<br />
Konfrontation. „Im Rückblick aber waren gerade diese negativen<br />
Erfahrungen extrem wertvoll für mich. Sie haben mich mindestens<br />
genauso geprägt wie die Siege – als Sport lerin, aber vor allen<br />
Dingen auch als Mensch“, betonte Kerber, die sich 2018 an der<br />
Church Road einen Kindheitstraum erfüllte, ausgerechnet an<br />
jenem Ort, der in ihrer Karriere schon einmal eine Schlüsselrolle<br />
gespielt hatte: Sieben Jahre vor dem Coup von Wimbledon wollte<br />
sie nach einer Durststrecke und einer weiteren Erstrundenniederlage<br />
gegen die Britin Laura Robson im AELTC das Racket<br />
bereits an den Nagel hängen. Erst viele Gespräche – unter<br />
anderem mit Oma Maria – und wohl auch der nicht immer<br />
spürbare, aber doch fest verankerte Glaube an sich selbst<br />
verhinderten das vorzeitige Laufbahnende.<br />
Zum Glück, denn sonst hätte es an jenem Morgen des 15. Juli<br />
2018 die Suche nach dem Warum nicht gegeben. Warum also<br />
schmerzte das Handgelenk – an einem Tag, an dem ein Medientermin<br />
den anderen jagen würde, ehe am Abend das traditionelle<br />
Champions Dinner in der Londoner Guildhall anstand? Den<br />
entscheidenden Tipp gab letztlich Kerbers Physio Andre Kreidler:<br />
Beim Jubeln nach dem Matchball im Finale gegen Serena<br />
Williams (6:3, 6:3) war Kerber auf die linke Hand gefallen. „Ich<br />
habe das aber gar nicht wahrgenommen. Erst am nächsten Tag<br />
habe ich gemerkt, dass etwas nicht stimmt.“<br />
Beim abendlichen Gala-Tanz mit Novak Djokovic, dem<br />
frisch gebackenen Sieger im Herreneinzel, war von der<br />
Beeinträchtigung aber rein gar nichts mehr zu spüren – die<br />
Magie von Wimbledon! Es sind ebendiese Erinnerungen an<br />
jene magischen Momente ihrer Karriere, die Angelique Kerber<br />
antreiben. Als Motivation dienen. Auch oder gerade in sportlich<br />
und gesellschaftlich herausfordernden Zeiten wie diesen, in<br />
denen aufgrund der Coronapandemie so vieles so ganz anders<br />
läuft als gewohnt. Im Leben, auf der Tour.<br />
GLÜCKSMOMENTE AUF DEM WEG ZUR ENTSCHLEUNIGUNG<br />
Auch Kerber musste sich erst an die neue Situation gewöhnen.<br />
Über 15 Jahre war sie nicht mehr so lange und ohne Unter-
098<br />
auch, um ihr Repertoire in Sachen Kulinarisches<br />
zu erweitern. Mithilfe einer Koch-<br />
App experimentierte sie, die sonst eher<br />
strukturiert unterwegs ist, querbeet:<br />
Pfannengerichte, Aufläufe, Desserts –<br />
Thailändisches, Italienisches.<br />
ANGIE UND<br />
DAPHNE<br />
Eine gewinnende<br />
Verbindung<br />
in Melbourne<br />
2016.<br />
brechung an einem Ort gewesen – ein Umstand, der sie durchaus<br />
forderte, denn Tennisprofis sind es gewohnt, zu reisen. Stillstand<br />
in jeglicher Form liegt einfach nicht in den Athle tengenen. „Ich<br />
musste meinem Alltag zu Hause eine neue Struktur geben, mich<br />
erst orientieren“, so Kerber. „Am Anfang“, gab sie zu, „konnte<br />
ich nicht so richtig loslassen, mich nicht so recht lösen von den<br />
Gewohnheiten als Sportlerin.“<br />
Die innerliche Unruhe legte sich aber bald, weil Kerber<br />
allmählich realisierte, wie gut ihr die unfreiwillige Auszeit nach<br />
knapp zwei Jahrzehnten im Hamsterrad der Profitour mental und<br />
physisch bekam. Sie widmete sich immer wieder aufgeschobenen<br />
Dingen, die bei ihren kurzen Besuchen daheim<br />
wiederholt auf der Strecke geblieben waren.<br />
Kerber kaufte sich zum Beispiel kurzerhand ein<br />
neues Fahrrad und fuhr einfach drauflos. Die<br />
Gegend erkunden. Ganz ohne Plan. Ganz ohne<br />
Druck – ohne Zeitdruck, ohne Leistungsdruck.<br />
Und sie sammelte ihre Erfahrungen, ihre kleinen<br />
Glücksmomente auf dem Weg zur Entschleunigung:<br />
„Wenn man alles mit dem Rad abfährt,<br />
nimmt man die Umgebung plötzlich ganz anders wahr. Das war<br />
einfach schön zu sehen, das habe ich wirklich genossen“, meinte<br />
die 33-Jährige, die auch eine persönliche To-do-Liste abarbeitete.<br />
Darauf stand zum Beispiel: Kleiderschrank aufräumen. Und beim<br />
Wühlen in den Erinnerungen trat Überraschendes zutage. Sie<br />
fand ihr rot-türkises Outfit, das sie beim Gewinn der Australian<br />
Open 2016 in Melbourne getragen hatte. In der Rod Laver<br />
Arena hatte „Angie“ damals in ihrem ersten Grand-Slam-Finale<br />
überhaupt Ikone Serena Williams in drei Sätzen entzaubert. Es<br />
war der erste Major-Triumph einer Deutschen seit 1999 (Steffi<br />
Graf/French Open). Kerber nutzte die Pause vom Wettkampfsport<br />
Noch hat Kerber<br />
große Träume.<br />
EINE REALISTIN AUF DER ZIELGERADEN<br />
IHRER KARRIERE<br />
Der Cut mit all seinen schönen Seiten, aber<br />
auch den neuen Herausforderungen erwies<br />
sich für Kerber als Vorgeschmack auf ihr<br />
Leben nach der aktiven Karriere. Wann<br />
dieser neue Abschnitt konkret beginnen<br />
wird, das weiß der dreimalige Grand-<br />
Slam-Champion noch nicht. Noch hat Kerber<br />
große Träume. Bald steht Wimbledon an,<br />
dann in Tokio die Olympischen Spiele,<br />
die wegen der Pandemie diesmal so ganz<br />
anders werden als noch 2016. In Rio de<br />
Janeiro hatte die deutsche Nummer eins<br />
Silber gewonnen. Auf dem Flug von Brasilien<br />
in die USA zum nächsten Turnier hatte sie<br />
die Medaille ganz weit unten in ihrer Tasche verstaut, um sie ja<br />
nicht zu verlieren.<br />
Kerber ist aber auch Realistin genug, um zu wissen, dass sie<br />
längst auf die Zielgerade ihres Tennislebens eingebogen ist. Eine<br />
wie sie kann in den namhaften Arenen, auf den wichtigsten Center-<br />
Courts dieser Welt immer noch brillieren und ihre Duftmarke<br />
setzen – zu den Topfavoritinnen bei den Majors zählt sie derzeit<br />
allerdings nicht.<br />
Noch liegt der Fokus auf ihrem Job zwischen den Linien. Und<br />
doch hat die Zukunft irgendwie schon begonnen. Nach dem Ende<br />
ihrer Profikarriere wird Kerber bei den Bad Homburg Open als<br />
Turnierdirektorin fungieren. Das WTA-Rasenevent<br />
feiert in diesem Sommer (20. bis 26. Juni <strong>2021</strong>)<br />
seine Premiere im geschichtsträchtigen Kurpark<br />
der hessischen Stadt, in dem 1876 der erste Tennisplatz<br />
auf dem europäischen Festland errichtet<br />
worden war. Kerber ist zumindest diesmal noch<br />
als Spielerin und Turnierbotschafterin am Start.<br />
Die Bad Homburg Open sind für sie längst<br />
eine Herzensangelegenheit. Bei den Planungen<br />
hat sich die ehemalige Weltranglistenerste konkret eingebracht<br />
und unter anderem an einem Workshop des Organisationsteams<br />
teilgenommen. Eine kleine, feine, persönliche Atmosphäre soll<br />
die Veranstaltung auszeichnen. Kerber schwebt ein „Boutique-<br />
Turnier“ vor, wie sie es gerne nennt. Bad Homburg mit seinem<br />
idyllischen Kurpark sei dafür genau der richtige Ort, und der TC<br />
Bad Homburg genau der richtige Klub. Man finde dort „Tradition,<br />
Stil, Eleganz. Da passt alles zusammen“, betonte Kerber. Ein Mix<br />
mit Strahlkraft. Und es wird auf Rasen gespielt, jenem Belag,<br />
mit dem Kerber so vieles verbindet. Ganz nebenbei auch ein<br />
schmerzendes Handgelenk … ●
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STEFANIE GRAF<br />
(377 Wochen):<br />
Zu sagen, die Gräfin<br />
hätte ihre Gegnerinnen<br />
dominiert, wäre eine<br />
grobe Untertreibung.<br />
MARTINA<br />
NAVRATILOVA<br />
(332 Wochen):<br />
Keine Spielerin hat<br />
den Sport in den<br />
vergangenen 50<br />
Jahren so geprägt<br />
wie Martina – auf<br />
und vor allem<br />
neben dem Court.<br />
CHRIS EVERT (260 Wochen): Amerikas<br />
Wettkampfmaschine spielte stets mit<br />
fokusiertem Anmut, aber hatte wenn<br />
es drauf ankam immer den Killerinstink<br />
parat.<br />
MARTINA HINGIS (209 Wochen):<br />
Die Swiss Miss als erste und einzige<br />
Raumdeuterin im Weißen Sport.<br />
Keine hat schlaueres Tennis<br />
zelebriert als Martina.<br />
SERENA WILLIAMS<br />
(319 Wochen): Ja,<br />
da wäre noch mehr<br />
drin gewesen für<br />
Serena.<br />
ANGELIQUE<br />
KERBER<br />
(34 Wochen):<br />
Legendärer<br />
Kampfgeist<br />
gepaart mit<br />
unglaublicher<br />
Fitness – Angie<br />
hat sich den<br />
Platz an der<br />
Sonne redlich<br />
verdient.<br />
ASHLEIGH BARTY<br />
(73 Wochen …<br />
and counting):<br />
Wenn Ash im<br />
Game ist, feuert<br />
sie ein Arsenal an<br />
Waffen ab, das<br />
im Frauentennis<br />
einzigartig ist.
101<br />
Primadonnen<br />
Chris Evert hat Ende 1975 den Anfang gemacht, 45 Jahre später steht die Australierin Ashleigh Barty an<br />
der Spitze der WTA-Weltrangliste. 27 Frauen haben es bislang auf den Tennisthron geschafft – und am<br />
längsten blieb dort eine Deutsche: Steffi Grafs Rekord von 377 Wochen an der Spitze der WTA-Charts<br />
wird so schnell nicht gebrochen werden. Wir legen uns sogar fest: Diese Marke hält ewig.<br />
REDAKTION: JENS HUIBER<br />
Spieler erstmals am Wochen Serie<br />
FOTOS: ROB NEWELL/CAMERASPORT/GETTY IMAGES, CLIVE BRUNSKILL/GETTY IMAGES SPORT/GETTY IMAGES, MARK SANDTEN/BONGARTS/GETTY IMAGES, TREVOR JONES/HULTON ARCHIVE/GETTY<br />
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Stefanie Graf<br />
Martina Navratilova<br />
Serena Williams<br />
Chris Evert<br />
Martina Hingis<br />
Monica Seles<br />
Justine Henin<br />
Lindsay Davenport<br />
Ashleigh Barty<br />
Caroline Wozniacki<br />
Simona Halep<br />
Wiktoryja Asaranka<br />
Amelie Mauresmo<br />
Angelique Kerber<br />
Dinara Safina<br />
Naomi Osaka<br />
Tracy Austin<br />
Marija Scharapowa<br />
Kim Clijsters<br />
Jelena Jankovic<br />
Jennifer Capriati<br />
Ana Ivanovic<br />
Arantxa Sanchez Vicario<br />
Venus Williams<br />
Karolina Pliskova<br />
Garbine Muguruza<br />
Evonne Goolagong Cawley<br />
17. August 1987<br />
10. Juli 1978<br />
8. Juli 2002<br />
3. November 1975<br />
31. März 1997<br />
11. März 1991<br />
20. Oktober 2003<br />
12. Oktober 1998<br />
24. Juni 2019<br />
11. Oktober 2010<br />
9. Oktober 2017<br />
30. Jänner 2012<br />
13. September 2004<br />
12. September 2016<br />
20. April 2009<br />
28. Jänner 2019<br />
7. April 1980<br />
22. August 2005<br />
11. August 2003<br />
11. August 2008<br />
15. Oktober 2001<br />
9. Juni 2008<br />
6. Februar 1995<br />
25. Februar 2002<br />
17. Juli 2017<br />
11. September 2017<br />
26. April 1976<br />
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8<br />
4<br />
2<br />
STAND: 3. MAI <strong>2021</strong>
102<br />
Greatest<br />
Female<br />
Athlete<br />
of All Time<br />
SERENA UND VENUS WILLIAMS sind das erfolgreichste Geschwisterpaar der Tennishistorie.<br />
Mit nunmehr 39 und 40 Jahren ist noch nicht Schluss – im Gegenteil. Vor allem Serena will<br />
weiterhin Geschichte schreiben.<br />
REDAKTION: FLORIAN GOOSMANN<br />
Das Match, das Serena Williams dazu<br />
brachte, eine der besten Tennisspielerinnen<br />
aller Zeiten zu werden,<br />
fand an einem äußerst milden Frühlingstag<br />
statt. Williams spielte am<br />
29. Mai 2012 ihr Erstrundenmatch bei den French Open<br />
gegen die Französin Virginie Razzano, Nummer 111<br />
der Welt. Mit 6:4 hatte Williams den ersten Durchgang<br />
gewonnen, 5:1 im Tiebreak des zweiten Satzes geführt<br />
– bevor sie 13 Punkte am Stück abgab. Paris feierte am<br />
Abend eine neue Heldin, für Williams war es die erste<br />
Niederlage in der Auftaktrunde eines Grand-Slam-<br />
Turniers überhaupt, nach 45 Teilnahmen und 13 Titeln.<br />
Serena, so geht die Geschichte, blieb noch ein paar<br />
Tage in Frankreich und heuerte bei Patrick Mouratoglou<br />
an. „Sie war am Boden zerstört“, erinnert sich der<br />
Starcoach, der Williams neben einem erneuten Titel bei<br />
den French Open ein anderes Ziel mitgab: die Beste zu<br />
werden, die Größte aller Zeiten. Nach dem Paris-Out<br />
erlebte Williams an der Seite von Mouratoglou, mit dem<br />
sie auch privat liiert war, die erfolgreichste Phase ihrer<br />
Karriere. Sie gewann acht der nächsten 13 Major-Turniere,<br />
2015 verpasste sie nach einem Halbfinal-Aus bei den US<br />
Open nur knapp den „Grand Slam“, den Gewinn aller<br />
vier Grand-Slam-Turniere in einem Kalenderjahr. Seit<br />
Stefanie Graf im Jahr 1988 hat das kein Tennisprofi<br />
mehr geschafft. Seither jagt Serena Margaret Court: Die<br />
Australierin steht mit 24 Einzeltiteln bei den Majors<br />
offiziell ganz oben in den Rekordlisten, auch wenn ihr<br />
Rekord mit Einschränkungen betrachtet werden muss:<br />
Elf Majors gewann Court bei den dereinst nicht hochklassig<br />
besetzten Australian Open, sieben davon vor der<br />
Open-Ära, in der es Profispielerinnen zudem untersagt<br />
war, an den Grand-Slam-Turnieren teilzunehmen.<br />
VATER WILLIAMS WECHSELT DAS BUSINESS<br />
Richard Williams hat den Traum seiner beiden Töchter<br />
zuerst geträumt. Er hatte ein Tennismatch im Fernsehen<br />
verfolgt, und als er sah, dass der Turniersiegerin ein<br />
Scheck über 40.000 US-Dollar überreicht wurde, rechnete<br />
er kurz nach. Er kam zu dem Ergebnis, dass besagte<br />
Spielerin in vier Tagen fast so viel eingenommen hatte wie<br />
er in einem Jahr. „Da wusste ich, dass ich im falschen<br />
Business bin“, erzählte Richard Williams später.
103<br />
MEGA POWER<br />
Kraftvolles Spiel<br />
mit voller Emotion<br />
garantiert!
104<br />
TRIO INFERNALE<br />
Serena, die Mode und<br />
die Kameras – eine<br />
leidenschaftliche<br />
Dreiecksbeziehung.<br />
Serena<br />
Williams<br />
Geburtstag: 26. September 1981<br />
Größe: 175 cm<br />
Gewicht: 72 kg<br />
Profi seit: 1995<br />
Coach: Patrick Mouratoglou<br />
Bester Weltranglisten-Platz: 1<br />
Titel insgesamt: 73<br />
Titel Majors: 23 (Australian Open<br />
2003, 2005, 2007, 2009, 2010,<br />
2015, 2017; French Open (2002,<br />
2013, 2015; Wimbledon: 2002,<br />
2003, 2009, 2010, 2012, 2015,<br />
2016; US Open 1999, 2002, 2008,<br />
2012, 2013, 2014) <br />
Markenzeichen: Gesamtathletik
105<br />
FOTOS: CLIVE BRUNSKILL/GETTY IMAGES SPORT/GETTY IMAGES, ANGELA WEISS/AFP/GETTY IMAGES, KEN LEVINE/GETTY IMAGES SPORT/GETTY IMAGES (2), JULIAN FINNEY/GETTY IMAGES SPORT/GETTY IMAGES(2)<br />
Er wechselte die Branche. Als Venus<br />
und Serena zwei Jahre alt waren, ließ<br />
er sie Telefonbücher schleppen, um ihre<br />
Muskulatur aufzubauen. Er brachte sich<br />
die Tennis-Basics selbst bei. Als die Töchter<br />
endlich Schläger halten konnten, fuhr<br />
Richard mit ihnen täglich auf einen<br />
öffentlichen Tennisplatz in ihrer Heimat Los<br />
Angeles, im Arbeiterviertel Compton,<br />
zusammen mit einem Einkaufswagen<br />
und 550 Bällen, und trainierte. Später<br />
prophezeite er, dass seine Töchter mal auf<br />
den Rängen eins und zwei der Welt stehen<br />
und die Finals der Grand-Slam-Turniere<br />
gegeneinander ausspielen würden. Als Serena<br />
und Venus dann elf und zwölf Jahre alt<br />
waren, wurden sie gefragt, was sie mal<br />
werden wollen: „Tennisprofi!“, sagten beide<br />
unisono. Wie sie denn genau sein wolle als<br />
Tennisprofi, so die Anschlussfrage an die Jüngere. „Ich hätte gerne,<br />
dass die Leute so sein wollen wie ich“, antwortete Serena.<br />
Dass beide es zur Profikarriere geschafft haben, wäre eine<br />
Untertreibung. Venus spielte ihr erstes WTA-Turnier mit nur 14<br />
Jahren in Stanford, 1997 erreichte sie ihr erstes Grand-Slam-<br />
Finale, in Wimbledon holte sie 2000 ihren ersten Grand-Slam-Titel.<br />
Das hatte Serena bereits bei den US Open 1999 geschafft (was<br />
an Venus, trotz aller Liebe, durchaus genagt hatte). Am 10. Juni<br />
2002 standen beide, wie vom Vater vorhergesagt, an der Spitze der<br />
Weltrangliste: Venus Nummer eins, Serena Nummer zwei. Einen<br />
Monat später tauschten sie die Plätze. Serena war bislang 319<br />
Wochen an der Spitze, 23 Grand-Slam-Titel hat sie mittlerweile<br />
gewonnen; sieben sind es bei Venus. Im Doppel haben sie 14 Majors<br />
gemeinsam geholt, in Finalspielen bei den großen Turnieren sind<br />
sie als Doppel ohne Niederlage. Hinzu kommen neun olympische<br />
Medaillen (vier für Serena, fünf für Venus), darunter acht goldene.<br />
RICHARD WILLIAMS<br />
Karriere baumeister seiner Töchter.<br />
SERENA Unbeeindruckt von<br />
hohen Erwartungen.<br />
Ich hätte gerne,<br />
dass die Leute so<br />
sein wollen wie ich.<br />
30 „SISTER ACTS“ AUF DER TOUR<br />
Die vom Vater angekündigten Match-ups, gerne „Sister Acts“<br />
genannt, blieben spielerisch oft hinter den Erwartungen zurück.<br />
18:12 führt Serena im direkten Vergleich. Vor allem zu Beginn<br />
ihrer Karrieren stand oft das Vorurteil im Raum, Richard würde<br />
die Gewinnerin vor dem Match bestimmen. 2001 hätten beide<br />
das Halbfinale in Indian Wells gegeneinander austragen sollen –<br />
kurz vor dem Spiel zog Venus wegen einer Knieverletzung zurück.<br />
Serena wurde im Endspiel wegen der angeblichen Stallregie<br />
ausgebuht. Erst 2015 trat sie wieder beim inoffiziellen fünften<br />
Grand-Slam-Turnier an, nachdem sie von Nelson Mandela zum<br />
Vergeben und Vergessen inspiriert worden war.<br />
Während Serena um die Geschichte spielt, ficht Venus einen<br />
anderen Kampf aus: Bei ihr wurde 2011 das Sjögren-Syndrom<br />
diagnostiziert, eine chronische Autoimmunerkrankung, die<br />
Müdigkeit und Energielosigkeit mit sich bringt. An einen Rücktritt<br />
SISTER ACT Da passt kein<br />
Blatt dazwischen!
106<br />
1<br />
2<br />
3 4<br />
denkt sie nicht, selbst mit nunmehr 40 Jahren. Bei den großen Turnieren<br />
spielt Venus aber sportlich nur noch eine Nebenrolle; seit<br />
2017 kam sie nicht mehr in die zweite Woche bei den Grand Slams.<br />
In Serenas Leben sind die großen Auftritte dafür nach wie vor<br />
Usus. 2018 gab sie nach ihrer Schwangerschaft ebenfalls in Indian<br />
Wells ihr Comeback. Zur Sicherheit hatte Ehemann Alexis Ohanian,<br />
Mitgründer der Internetfirma Reddit, die Autostrecke von Los<br />
Angeles mit vier gigantischen Werbetafeln bestückt: „Greatest“,<br />
„Momma“, „Of All Time, „Serena Williams G.M.O.A.T.“ Töchterchen<br />
Olympia hat einen Instagram-Account mit mehr als 600.000<br />
Followern. (Ihre Puppe ebenso; diese hat allerdings nur knapp<br />
300.000 Fans.) Ebenfalls 2018 trat Serena bei den French Open<br />
in einem Catsuit an – die Franzosen waren empört, Serenas<br />
Fans aus dem Häuschen. In den letzten Jahren hat Williams das<br />
Lothar-Matthäus-Syndrom angenommen, über sich selbst in dritter<br />
Person zu sprechen, allerdings nur mit dem Vornamen und ohne<br />
unbestimmten Artikel. „Serena“ ist eine Marke geworden, eine<br />
größere vielleicht noch als „Serena Williams“.<br />
VOR SKANDALEN NICHT GEFEIT<br />
Aber auch die Skandale auf dem Platz mehren sich. 2009 tickte<br />
Williams im Halbfinale der US Open gegen Kim Clijsters aus,<br />
drohte einer Linienrichterin, ihr den Ball in die Kehle zu stopfen.<br />
2015 spielte sie erkältet bei den French Open im Halbfinale gegen<br />
Timea Bacsinszky den sterbenden Schwan, um anschließend das<br />
Turnier zu gewinnen. 2018, im Finale von Flushing Meadows, sah<br />
1. HOPMAN CUP 2019<br />
GOAT trifft GOAT.<br />
2. ROLAND GARROS<br />
2018 Serenas Catsuit,<br />
mittlerweile verboten.<br />
3. NEW YORK 2014<br />
Die pure Freude.<br />
4. NEW YORK 2018<br />
Der pure Schock.<br />
sie gegen Newcomerin Naomi Osaka nur wenig Land, zog sich eine<br />
Verwarnung, einen Punkt- und schließlich Spielabzug zu, nannte<br />
Schiedsrichter Carlos Ramos „Dieb“ und warf ihm Sexismus<br />
vor. Vor allem aber stahl sie ihrer größten Anhängerin die Show:<br />
„Wir kommen da irgendwie durch“, erklärte sie dem buhenden<br />
Pub likum bei der Siegerehrung, während Premieren siegerin und<br />
Williams-Edelfan Osaka in Tränen ausbrach.<br />
Die große Frage der letzten Jahre: Kann Serena neben der<br />
GMOAT auch offiziell zur GOAT werden? Williams’ Problem: Sie<br />
hat das Heft nicht mehr selbst in der Hand. War es früher keine<br />
Frage, wer gewinnen würde, wenn sie ihr bestes Tennis abrief, so<br />
ist das heute durchaus fraglich. Vier Endspiele bei Grand-Slam-<br />
Turnieren hat sie nach ihrem Baby-Comeback erreicht, viermal<br />
wurde sie nur Zweite: Neben Finalniederlagen gegen gestandene<br />
Spielerinnen wie Angelique Kerber und Simona Halep waren auch<br />
die Newcomerinnen Osaka und Bianca Andreescu zu gut. Bei den<br />
Aus tralian Open <strong>2021</strong> präsentierte Serena sich fitnessmäßig stark<br />
wie lange nicht mehr, doch auch dort unterlag sie im Halbfinale<br />
der stärkeren Osaka. Selbst verbale Einschüchterungs versuche<br />
und laute Schreie – früher immer ein Mittel, wenn es mal nicht so<br />
ganz rundlief – reichten zuletzt nicht mehr.<br />
Das Gefühl, selbst nicht mehr über Sieg oder Niederlage<br />
entscheiden zu können, sondern abhängig zu sein von schlechten<br />
Tagen ihrer Gegnerinnen, ist Neuland für Serena, mit nunmehr 39<br />
Jahren. Ob sie die 24 noch knackt, oder gar die 25, bleibt eine der<br />
größeren Fragen im Welttennis. ●<br />
FOTOS: PAUL KANE/GETTY IMAGES SPORT/GETTY IMAGES, CAMERON SPENCER/GETTY IMAGES SPORT/GETTY IMAGES, STREETER LECKA/GETTY IMAGES SPORT/GETTY IMAGES, TIM CLAYTON/CORBIS SPORT/GETTY IMAGES
108<br />
Wir<br />
waren<br />
Pioniere<br />
MANUEL WACHTA hat<br />
tennisnet.com gemeinsam<br />
mit Christian Albrecht Barschel<br />
2010 redaktionell auf Schiene<br />
gebracht. Er ist selbst<br />
passionierter Tennisspieler –<br />
und pflegt dabei den giftigsten<br />
Rückhand-Slice von ganz Wien.<br />
Bereits 2003 – gerade mal acht Jahre nachdem das erste österreichische Medium<br />
überhaupt den Weg ins Internet gefunden hatte – hatte Stefan Wagner mit<br />
tennisweb.at, später tennisfabrik.at, einst quasi das Vorgänger projekt (das ich<br />
ebenso einige Jahre begleiten durfte) von tennisnet.com aus der Taufe gehoben.<br />
Dieses hatte damals noch sein Ablaufdatum, im kleinen Loch im heimischen<br />
Tennis nach den größten Erfolgen von Thomas Muster. Doch sieben Jahre darauf erfolgte und<br />
gelang ein Meilenstein im rot-weiß-roten und deutschen Tennisjournalismus – und eine Erfolgsstory,<br />
die bis heute weiter anhält: mit der Gründung von tennisnet.com, mit den prominenten Namen Alex<br />
Antonitsch und Carl-Uwe Steeb an der Spitze.<br />
Es hätte schon kaum besser beginnen können: Der sensationelle<br />
Halbfinaleinzug von Jürgen Melzer bei den French Open 2010 war der<br />
fulminante Startpunkt, der tennisnet.com sogleich viel Rückenwind –<br />
und auch ein gesteigertes öffentliches Interesse am Tennis – brachte.<br />
Knapp sieben Jahre durfte ich mit der Berichterstattung rund um<br />
den Tennissport für mein Herzensprojekt mein größtes Hobby zum<br />
Beruf machen – eine Zeit, die ich nicht missen möchte. Es war echte<br />
Pionierarbeit: Ein vergleichbares, umfassenderes und<br />
aktuelleres Angebot zum Weißen Sport, das sucht(e)<br />
man damals wie heute vergeblich. Selbst wenn<br />
Österreichs Tennis-Asse mitten in der Nacht am<br />
anderen Ende der Welt auf Challenger-Level (oder<br />
gar tiefer) gelben Filzkugeln hinterherliefen,<br />
berichteten wir meist minutenaktuell – nicht<br />
selten auf Kosten des Privatlebens.<br />
Genau diese Leidenschaft aller Beteiligten für den Tennissport war und ist<br />
bis heute einer der größten Erfolgsfaktoren von tennisnet.com. Nach mehr<br />
als zehn Jahren hat sich die Website dank der so geduldigen Aufbauarbeit<br />
von Antonitsch sowie seinen Redakteuren und Helfern längst<br />
als die größte und bedeutendste deutschsprachige Tennis-Newsseite<br />
etabliert. Keine Frage: tennisnet.com ist zum unersetzbaren Sprachrohr<br />
für Tennis-Österreich und -<strong>Deutschland</strong> angewachsen, das den aktuellen<br />
Jürgen Melzer<br />
Genau diese Leidenschaft<br />
aller Beteiligten für den<br />
Tennissport war und ist<br />
bis heute einer der<br />
größten Erfolgsfaktoren<br />
von tennisnet.com.<br />
Tennisboom um Dominic Thiem und Alexander Zverev weiter befeuert.<br />
In diesem Sinne: Happy Birthday, tennisnet.com! Und auf die<br />
nächsten zehn Jahre!<br />
FOTOS: MATTHEW STOCKMAN/GETTY IMAGES SPORT/GETTY IMAGES, BEIGESTELLT
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110<br />
Entourage<br />
Tennisprofis, egal ob männliche oder weibliche, reisen nicht gerne alleine. Wie viel Betreuung ist<br />
aber wirklich nötig? Wer hat den größten Glamourfaktor auf seiner Seite? Und: Worin liegt der große<br />
Unterschied zwischen Männern und Frauen? Wir haben genau hingeschaut – und bei jemandem<br />
nachgefragt, der seit Jahren dick im Geschäft ist.<br />
RESAKTION: JENS HUIBER<br />
MENPOWER Wenn Roger Federer möchte, kann er Unter stützer in<br />
Mannschaftsstärke aufbieten – angeführt von Kapitänin und Ehefrau<br />
Mirka (mit Physio Daniel Troxler und Coach Severin Lüthi).
111<br />
FOTOS: TIM CLAYTON - CORBIS / KONTRIBUTOR / CORBIS SPORT, PA IMAGES ARCHIVE / KONTRIBUTOR / PA IMAGES, RICHARD MELLOUL PRODUCTIONS / KONTRIBUTOR / SYGMA PREMIUM, BETTMANN / KONTRIBUTOR, PROFESSIONAL SPORT / KONTRIBUTOR / POPPERFOTO, ALLES GETTY IMAGES<br />
BIG HUG 1980 wollte<br />
ganz Wimbledon Björn Borg<br />
umarmen – aber nur Mariana<br />
hat Fakten geschaffen.<br />
Und? Gut aufgepasst bei „Borg/McEnroe“? Wer saß da noch mal<br />
in den Boxen der beiden Legenden? Im Fall des großen Borg<br />
seine spätere Ehefrau Mariana und (mit kurzen Aussetzern) Coach<br />
Lennart Bergelin; der nicht minder große McEnroe bestritt das<br />
Wimbledon-Turnier 1980 im Grunde als Solist, ehe sich in der<br />
späteren Phase ein älterer Herr mit markantem Hut als Mitglied des Inner Circles<br />
verriet: John Patrick McEnroe senior.<br />
Nur Verwandte ersten Grades und der Coach? Dafür wäre ein Roger Federer<br />
gar nicht aufgestanden. Finale der Australian Open 2017: Nicht, dass Rafael Nadal<br />
ohne Team ins Rennen gegangen wäre; beim Maestro hatte die Entourage aber<br />
schon solide Handball-Mannschaftsstärke: Ehefrau Mirka, stete Begleiterin seit<br />
den Olympischen Spielen 2000 in Sydney, Severin Lüthi und Ivan Ljubicic,<br />
zuständig für die sportlichen Belange, und Manager Tony Godsick samt Ehefrau,<br />
Sohn und Tochter füllten an jenem 29. Jänner die Box des Schweizers. Und Physio<br />
Daniel Troxler: Der hatte Federer nach zwei Fünf-Satz-Matches im Lauf des<br />
Turniers immer wieder hochpäppeln müssen, passte aber gar nicht mehr auf<br />
die standardmäßig zugewiesenen Plätze.<br />
FUNKTIONSTEAM VS. GLAMOUR-BOX<br />
Zur Ehrenrettung Federers: Der war bei seinem Comeback-Triumph Anfang 2017<br />
schon 35 Jahre alt, da braucht man so viel Zuspruch wie möglich. Björn Borg dagegen<br />
hatte sich schon mit 26 vom aktiven Sport zurückgezogen. Die nachkommende<br />
Generation hat das aufmerksam registriert – und je nach Geldbeutel ihre Schlüsse gezogen:<br />
Wer es sich leisten kann, reist mit Entourage. Der Rest muss schauen, wo er bleibt.<br />
ZWEI NEW YORKER<br />
IN LONDON<br />
John Patrick<br />
McEnroe und<br />
Vater John<br />
Patrick sen.<br />
ABER AUCH ZWISCHEN DEN GRÖSSEREN<br />
REISEGRUPPEN GIBT ES ABSTUFUNGEN:<br />
● DAS FUNKTIONSTEAM: In der Box sitzen<br />
nur Menschen, die tatsächlich etwas zum<br />
sportlichen Erfolg beitragen. Meisterhaft<br />
vorgeführt hat dies Julia Görges im Halbfinale<br />
von Wimbledon 2018: Nie kam die Deutsche<br />
bei einem Grand-Slam-Turnier weiter –<br />
als Unterstützer waren dennoch nur ihr<br />
damaliger Coach Michael Geserer und<br />
Physiotherapeut Florian Zitzelsperger dabei.<br />
● DIE WOHLFÜHLOASE: Die Reisen im<br />
Tenniszirkus sind lange, einsame Angelegenheiten.<br />
Das hat Boris Becker ebenso erkannt<br />
wie zuvor Björn Borg und aktuell so ziemlich<br />
jeder Spieler einen Lebensabschnittspartner<br />
vorzuweisen hat. Manchmal tut’s auch ein<br />
bester Kumpel, siehe Dominic Thiem und<br />
Lucas Leitner.<br />
● DIE GLAMOUR-BOX: Tja – ob es sportlich<br />
hilft, wenn Beyoncé und Jay-Z als Edelfans<br />
in Serenas Ecke sitzen? Oder Gwen Stefani<br />
und Anna Wintour bei Roger Federer? Oder<br />
Tiger Woods bei Rafael Nadal? Detailliertere<br />
Studien zu diesen Konstellationen stehen<br />
noch aus, für den TV-Konsumenten sind die<br />
Starbesuche aber pures Gold.
112<br />
TEAM NOVAK DJOKOVIC Die beiden Coaches Marian<br />
Vajda und Goran Ivanisevic (im Bild), Physio Ulises Badio,<br />
Manager Edoardo Artaldi, Ehefrau Jelena Djokovic<br />
sowie Djokers Eltern Srdjan und Dijana Djokovic.<br />
Die Topstars & ihre<br />
TEAM ROGER FEDERER Physio Daniel Troxler,<br />
die beiden Coaches Severin Lüthi und Ivan<br />
Ljubicic (im Bild), Fitnesstrainer Pierre Paganini,<br />
Manager Tony Godsick, Ehefrau Mirka Federer,<br />
die Eltern Robert und Lynette Federer.<br />
TEAM STEFANOS TSITSIPAS Vater und<br />
Coach Apostolos Tsitsipas, Berater<br />
Patrick Mouratoglou (im Bild), Mutter<br />
Julia Salnikova und seine Geschwister<br />
Elisaveta und Petros Tsitsipas.<br />
TEAM ALEXANDER ZVEREV Coach Alexander<br />
Zverev sr., Physio Hugo Gravil, Fitnesstrainer<br />
Jez Green (im Bild), Bruder und Manager<br />
Mischa Zverev, Berater Sergej Bubka jr.,<br />
Mutter Irina Zverev und Familienhund Lövik.
113<br />
FOTOS: CLIVE BRUNSKILL / STAFF / GETTY IMAGES SPORT, CARLOS M. SAAVEDRA / KONTRIBUTOR / SPORTS ILLUSTRATED / GETTY IMAGES, JEAN CATUFFE / KONTRI-<br />
BUTOR / GETTY IMAGES SPORT / TPN / KONTRIBUTOR / GETTY IMAGES SPORT, CLIVE BRUNSKILL / STAFF / GETTY IMAGES SPORT, KYODO NEWS / KONTRIBUTOR /<br />
KYODO NEWS, MARK KOLBE / STAFF / GETTY IMAGES SPORT, JULIAN FINNEY / STAFF / GETTY IMAGES SPORT, CLIVE BRUNSKILL / STAFF / GETTY IMAGES SPORT, DANIEL<br />
POCKETT / FREIER FOTOGRAF / GETTY IMAGES SPORT / GETTY IMAGES ASIAPAC, MATT KING / FREIER FOTOGRAF / GETTY IMAGES ASIAPAC, ALLES GETTY IMAGES<br />
TEAM RAFAEL NADAL Seine<br />
Schwester Maria Isabel Nadal,<br />
Ehefrau Maria Francisca „Xisca“<br />
Nadal, seine Mutter Ana Maria<br />
Parera (im Bild), die beiden<br />
Coaches Carlos Moya und<br />
Francisco Roig, Physio Rafael<br />
Maymo, Manager Carlos Costa,<br />
sein Onkel und Ex-Coach Toni<br />
Nadal sowie Vater Sebastian Nadal.<br />
TEAM DANIIL<br />
MEDVEDEV Sein<br />
Coach Gilles<br />
Cervara und<br />
Ehefrau Daria<br />
Medvedeva<br />
(im Bild).<br />
TEAM DOMINIC<br />
THIEM Sein Coach<br />
Nicolas Massu,<br />
Vater und Coach<br />
Wolfgang Thiem,<br />
Mutter Karin Thiem<br />
(im Bild), Physio<br />
Alex Stober,<br />
Manager Herwig<br />
Straka, Sportwissenschaftler<br />
Dr. Mike Reinprecht,<br />
Bruder Moritz Thiem<br />
und Kumpel Lucas<br />
Leitner.<br />
Entouragen<br />
TEAM SERENA WILLIAMS Ehemann Alexis<br />
Ohanian, Coach Patrick Mouratoglou, Schwester<br />
Venus Williams (im Bild), Tochter Olympia<br />
Ohanian und Mutter Oracene Williams.<br />
TEAM NAOMI<br />
OSAKA Coach<br />
Wim Fissette<br />
(im Bild),<br />
Vater Leonard<br />
Francois,<br />
Mutter<br />
Tamori Osaka.<br />
TEAM SIMONA HALEP<br />
Coach Darren Cahill<br />
(im Bild).<br />
TEAM ASHLEIGH<br />
BARTY Coach<br />
Craig Tyzzer<br />
(im Bild).
114<br />
DIETER KINDLMANN hat es als Profi knapp<br />
an die Top 100 der ATP-Weltrangliste<br />
geschafft. Der Deutsche war danach Teil<br />
des Betreuerteams von Maria Sharapova<br />
(Bild) und Coach von Madison Keys, Elise<br />
Mertens, Anastasia Pavlyuchenkova und<br />
Angelique Kerber.<br />
„Eine ganz<br />
andere<br />
Mentalität“<br />
Herr Kindlmann, die Spitzenspieler reisen längst<br />
mit einem ganzen Hofstaat zu den Turnieren<br />
an. Ist das eine Entwicklung, die sich auch<br />
schon zu ihrer aktiven Zeit abgezeichnet hat?<br />
Na ja – das lässt sich in meinem Fall schwer<br />
vergleichen, weil ich ja meilenweit vom Niveau eines Federer<br />
oder Nadal entfernt war. Bei mir war es eine Frage der finanziellen<br />
Mittel. Ich war froh, wenn ich meinen Trainer finanzieren und<br />
damit wenigstens eine Person dabeihaben konnte. In meiner<br />
späteren Phase hatte ich dann ab und zu einen Physio dabei, weil<br />
ich öfter verletzt war.<br />
Verdienen Coaches denn so gut, dass man sie sich als Spieler so<br />
um die Position 100 nicht leisten kann?<br />
Das Problem sind nicht die Gehälter, es sind die Spesen: das<br />
Hotel, das Essen, die Flüge. Das geht extrem ins Geld. Das darf<br />
man bei den Tennisspielern nicht vergessen.<br />
Die meisten Turniere stellen einen oder mehrere Physiotherapeuten<br />
für die Spieler ab. Reicht diese Betreuung<br />
aus Ihrer Sicht?<br />
Der Tennissport wird physisch immer anspruchsvoller. Die meisten<br />
Matches sind sehr intensiv. Da ergibt es natürlich Sinn, sich einen<br />
eigenen Physio zu nehmen. Die ATP und die WTA bieten zwar<br />
Physiotherapeuten an, aber es geht ja immer darum: Wenn man<br />
zu einem Turnier kommt, kennt einen der dortige Physio nicht<br />
– wenn man einen eigenen hat, weiß der, was man braucht, und<br />
kann die Behandlung jederzeit durchführen. Bei Turnier physios<br />
gibt es eine Liste, in die man sich eintragen muss, und wenn diese<br />
voll ist, hat man keine Chance auf Behandlung.<br />
Sie waren vor ein paar Jahren Teil eines sehr großen Teams,<br />
jenem von Maria Sharapova. Wer macht dort die Ansagen?<br />
In der Regel sollte das der Spieler oder die Spielerin tun. Aber<br />
oft ist es gerade bei den Frauen so, dass der Agent dieses Team<br />
zusammenstellt; auch, weil es für die Athleten schwierig ist, in<br />
jedem Bereich Fachleute zu kennen und sich eine perfekte<br />
Mannschaft zu basteln. Da hört eine Spielerin in jüngeren Jahren<br />
oft auf die Eltern oder den Manager. Wenn man dann Erfahrungen<br />
gesammelt hat, ändern sich auch die Entscheidungsmechanismen.<br />
Welche Rolle spielen aus Ihrer Sicht die Tennisverbände? Sie haben<br />
mit Madison Keys gearbeitet, die von der USTA unterstützt wurde.<br />
Im konkreten Fall hatten wir die ganze Zeit einen regen Austausch<br />
mit dem Verband, und das ist auch extrem wichtig, weil gerade<br />
die USTA unheimlich viele Ressourcen hat, auf die man<br />
zurückgreifen kann. Uns hat der Verband etwa eine Datenbank<br />
über die Spielerinnen auf der WTA-Tour zur Verfügung gestellt.<br />
Normalerweise muss man für dieses Scouting bezahlen.<br />
Der größte Unterschied zwischen den Männern und den Frauen<br />
ist wohl, dass Letztere oft einen Hitting Partner mit auf die Reise<br />
nehmen. Sie selbst haben damit auch Erfahrungen gemacht.<br />
Welche Anforderungen hat ein Hitting Partner zu erfüllen?<br />
Es ist sehr schwierig, dass Frauen tagtäglich perfekt miteinander<br />
trainieren können. Hitting Partner können sich unterordnen,<br />
können sich anpassen, können Trainingsformen durchziehen, die<br />
die Spielerin verlangt. Bei den Männern ist das ganz anders: Ein<br />
Federer spielt mit einem Nadal, ein Zverev trainiert die ganze Zeit<br />
mit einem Thiem. Das ist einfach eine ganz andere Mentalität.<br />
Und spielerisch muss der Hitting Partner alles draufhaben?<br />
In den professionellen Teams schon. Ich erinnere mich, dass wir<br />
den starken Spin der Vorhand von Sara Errani simuliert haben.<br />
Heutzutage geht der Trend aber auch dahin, dass viele Spitzenspielerinnen<br />
eher jüngere Coaches haben, mit denen sie sich<br />
einschlagen und auch trainieren können. Das wird natürlich<br />
schwierig, wenn man 50 Jahre alt ist …<br />
Corona hat auch den Tenniszirkus nicht verschont.<br />
Wie sieht Ihr Ausblick für die nähere Zukunft aus?<br />
Ich mache mir keine Sorgen um die Topspieler und die Top trainer<br />
– sehr wohl aber um den Nachwuchs und deren Betreuer. Es ist<br />
aktuell sehr schwer, Fuß zu fassen. ●<br />
FOTOS: CLIVE BRUNSKILL / STAFF / GETTY IMAGES SPORT / GETTY IMAGES EUROPE
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Deine Bespannung zu<br />
erneuern ist für Dich<br />
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Schwarz C, Stekovic S, Wirth M, et al. Safety and tolerability of spermidine supplementation in mice and older<br />
adults with subjective cognitive decline. Aging (Albany NY). 2018;10(1):19-33. doi:10.18632/aging.101354<br />
In Kooperation mit<br />
der Universität Graz
116<br />
Checkliste<br />
für den Spieltag<br />
ALEX STOBER hat als Physiotherapeut internationale<br />
Größen wie Michael Stich, Pete Sampras, Gustavo<br />
Kuerten, Rainer Schüttler, Paradorn Srichaphan, Andre<br />
Agassi, Tommy Haas, Li Na, Petra Kvitova und Angelique<br />
Kerber betreut. Seit Dezember 2015 ist der 58-jährige<br />
Deutsche im Team von Dominic Thiem für die körperliche<br />
Fitness der österreichischen Nummer eins zuständig.<br />
Wir haben mit ihm gesprochen, wie der perfekte Spieltag<br />
eines Tennisprofis aussieht – und darüber, was Hobbyspieler<br />
von den Stars lernen können.<br />
REDAKTION: JENS HUIBER
117<br />
1Die Tagesplanung<br />
Wenn ein Match für 15 Uhr angesetzt ist, gibt es das ganz<br />
normale Programm: Aufstehen gegen neun Uhr, Frühstück,<br />
dann wird gemeinsam auf die Anlage gefahren; Einschlagen<br />
von ca. 13 bis 13:30 Uhr, danach wird ganz normal gegessen –<br />
und darauf gehofft, dass das Match pünktlich beginnt. Bei einer<br />
Night Session lassen wir den Spieler ausschlafen, so lange wie<br />
möglich. Wir treffen uns in der Regel nach der Mittagszeit<br />
im Gym. Dann mache ich mit ihm ein kleines Programm, von<br />
45 Minuten bis zu einer Stunde Länge, aber schon ziemlich intensiv,<br />
damit er gut angeschwitzt ist. Das ist für mich und den Spieler<br />
immer ein ganz guter Test, wenn er am Vortag gespielt hat;<br />
damit er ein richtig gutes Gefühl hat. Der Spieler muss denken:<br />
„Super, meine Reflexe sind da, ich bin bereit!“ Mit diesem Wissen<br />
soll er in sein Zimmer gehen, etwas essen, einen Powernap von<br />
etwa einer Stunde halten – und wenn er um 21 Uhr angesetzt ist,<br />
fahren wir gegen 18 Uhr zur Anlage, Einschlagen um 19 Uhr.<br />
Der Powernap<br />
Nicht immer ganz einfach. Das Köpfchen<br />
tickt, man ist schon im Match-Modus drin.<br />
Man versucht natürlich, abzuschalten und<br />
eine Stunde zu relaxen – ob da aber eine<br />
Tiefschlafphase entsteht, ist stark zu<br />
bezweifeln. Aber es kann passieren, dass<br />
der Spieler für ein paar Minuten mal richtig<br />
wegnickt. Das reicht aber auch schon für<br />
eine Tiefenentspannung. Wenn man<br />
ehrlich ist, gibt es aber keinen, der da<br />
so richtig in den Tiefschlaf verfällt.<br />
IMMER AM MANN<br />
Alex Stober ist einer der<br />
wichtigste Begleiter<br />
von Dominic Thiem.<br />
Der Spieler<br />
muss denken:<br />
‚Super, meine<br />
Reflexe sind da!‘<br />
2
118<br />
3<br />
Die Ernährung<br />
Also: Reis mit Tomatensauce oder Olivenöl geht<br />
immer, manchmal sogar bis zu 45 Minuten vor<br />
Matchbeginn; vielleicht ein bisschen Käse<br />
obendrauf. Absolute No-Gos sind natürlich frittierte<br />
Sachen, bei denen der Körper zu viel Aufwand hat,<br />
um sie zu verarbeiten. Stattdessen: leichtes<br />
Gemüse, ein bisschen Pasta, Fisch, nicht zu viel<br />
Fleisch. Der alte Spruch „In der Früh wie ein Kaiser,<br />
zu Mittag wie ein Bürger, am Abend wie ein<br />
Bettler“ kann auf die Sportler allerdings nicht<br />
angewandt werden. Jeder Spieler hat da individuelle<br />
Vorlieben. Dominic nimmt gerne viel Obst,<br />
Spiegeleier, nicht zu viel Brot. Man soll das essen,<br />
mit dem man sich wohlfühlt. Dieses Glücksgefühl<br />
ist auch wichtig. Novak Djokovic ernährt sich ja<br />
vegan. Da ist das Angebot vielseitiger geworden.<br />
Ich glaube aber, dass ein Sportler auf Fleisch<br />
fast nicht verzichten kann. Andererseits kann<br />
die Proteinkette mittlerweile auch fleischlos<br />
gewährleistet werden. Die Ernährungsphilosophie<br />
hat sich in den letzten 15 Jahren extrem entwickelt.<br />
Einige Spieler haben Berater dabei, die ihnen<br />
genau sagen, wann sie was essen sollen.<br />
4<br />
Das Tapen<br />
Viele Spieler haben vielleicht negative Erfahrungen<br />
gemacht, sind öfters umgeknickt, hatten ein sogenanntes<br />
Supinationstrauma im Sprunggelenk. Dann kann es zu einer<br />
Bänderinsuffizienz, also zu einer Schwäche kommen. Grundsätzlich<br />
ist das Tapen eine prophylaktische Maßnahme. Aber<br />
nicht alle Spieler lassen sich tapen. Bei Dominic wird nur der<br />
Vorderfuß im unteren Bereich getapet, also die Fußsohle.<br />
Nur als Pufferung, weil er einen gewissen Belastungspunkt<br />
hat, wo sich immer wieder Blasen bilden. Eine rein vorbeugende<br />
Maßnahme. Für das Sprunggelenk kommt auch eine<br />
Manschette infrage; so, wie sie Andy Murray seit Jahren<br />
benutzt. Dafür muss man keinen Physio aufsuchen, das ist<br />
in drei Handgriffen erledigt – und ersetzt auch das Tape. Für<br />
den Hobbyspieler muss aber auch erst einmal die Indikation<br />
da sein, also: Warum tape ich überhaupt? Zentrale Frage beim<br />
Tapeverband: Ist er stabil genug, stimmen die Tapezüge?<br />
Das Aufwärmen<br />
Hier geht man nicht an die Belastungsgrenzen. Einfach<br />
gut einlaufen, ein bisschen an die Geräte gehen. Wir rufen<br />
gewisse Bewegungsabläufe ab: vorwärts, seitwärts,<br />
rückwärts laufen, die Adduktoren aufwärmen. Dann ein<br />
paar schnelle Sachen für die Beinarbeit, vielleicht mit<br />
Hindernissen. Nur kurze Impulse setzen. Nach den tennisspezifischen<br />
Übungen mit und ohne Ball mache ich Bauch<br />
und Rücken mit Dominic, danach dehne ich ihn aus.<br />
Ich glaube fast, dass ein<br />
Sportler auf Fleisch nicht<br />
verzichten kann.<br />
5
Werbung<br />
Fördern den Tennis-Nachwuchs: Tennismoderator Markus Zoecke (l.) und bett1.de CEO Adam Szpyt.<br />
Tennis zum Volkssport machen<br />
Adam Szpyt, Gründer, Inhaber und CEO von bett1.de, will neben seinem Engagement im<br />
Profitennis auch wieder die Begeisterung bei jungen Menschen für den Tennissport wecken.<br />
Deshalb hat bett1 in Berlin zwei außergewöhnliche Projekte ins Leben gerufen: „Tennis<br />
macht Schule“ und „Tentaja“. Beide Initiativen werden von Markus Zoecke, dem bekannten<br />
Tennismoderator und ehemaligen Weltranglisten-Nummer 48 im Herren-Tennis, unterstützt.<br />
„Tennis macht Schule", und das in Berlin<br />
seit diesem Frühjahr auch im wahrsten<br />
Sinne des Wortes: Das Berliner Unternehmen<br />
bett1 hat mehr als 200 Berliner<br />
Grundschulen mit Tennisequipment für<br />
die Kids ausgestattet. Und es kommen<br />
laufend mehr hin zu, denn das Interesse<br />
ist groß.<br />
Federführend organisiert wird das Projekt<br />
von dem bekannten deutschen<br />
Daviscupspieler, Tennismoderator und<br />
Berliner Markus Zoecke. Unterstützt<br />
wird das Projekt von der Berliner Senatsverwaltung,<br />
dem Tennis-Verband<br />
Berlin Brandenburg und vielen der<br />
rund 150 Berliner Tennisvereine. Jede<br />
Grundschule, die sich dem Projekt angeschlossen<br />
hat oder noch anschließt,<br />
tennismachtschule.de<br />
erhält ihre eigene rote „bett1-Tonne“<br />
mit 12 Tennisschlägern, 4 Kleinfeldern<br />
inklusive Netzen, 200 Bällen und weiteren<br />
Materialien. Zusätzlich werden<br />
ihnen Informationsmaterialien mit einem<br />
Leitfaden zur Gestaltung des Sportangebotes<br />
Tennis zur Verfügung gestellt.<br />
Das Equipment der bett1-Tonne kann<br />
sowohl in der Turnhalle als auch im<br />
Freien eingesetzt werden. Unterstützt<br />
werden die Sportlehrer von Trainern<br />
zahlreicher Berliner Tennisvereine, die<br />
praktische Handreichungen geben und<br />
den Kindern auch den Zugang zu ihren<br />
Vereinen ermöglichen, wenn die Kleinen<br />
auf den Geschmack gekommen<br />
und ihre Tennisfähigkeiten weiter entwickeln<br />
möchten.<br />
Adam Szpyt: „bett1 macht Berlin wieder<br />
zur Tennishauptstadt - und das<br />
fängt beim Nachwuchs an. Wir wollen,<br />
dass Tennis in Berlin wieder ein<br />
populärer Sport wird, und dafür wollen<br />
wir Kinder bereits in den Schulen mit<br />
Tennis vertraut machen und ihnen den<br />
ersten Kontakt mit Schlägern und Bällen<br />
ermöglichen. Wir freuen uns, dass<br />
Markus Zoecke, der Berliner Senat<br />
und die Berliner Tennisvereine unsere<br />
Initiative so engagiert unterstützen.<br />
Dadurch ist das Projekt erst möglich<br />
geworden. Gemeinsam wollen wir es<br />
schaffen, dass Tennis in Berlin wieder<br />
eine der beliebtesten Sportarten bei<br />
Kids und Jugendlichen wird.“<br />
Eine Chance für jedes Kind<br />
Für Kinder und Jugendliche, die sich Ausrüstung,<br />
Trainerstunden und Vereinsgebühren nur schwer<br />
leisten können, entstand im Herbst 2020 im Berliner<br />
Hangar1 des früheren Hauptstadtflughafens<br />
Tempelhof ein langfristig angelegtes Kinder- und<br />
Jugendförderungs-Konzept.<br />
Auch hier waren Adam Szpyt und Markus Zoecke<br />
gemeinsam mit Maria Kipp, Mitglied der Geschäftsleitung<br />
Tentaja Soziale gGmbH, die Initiatoren.<br />
Tentaja ist ein anerkannter gemeinnütziger<br />
Träger, der im Hangar1 Gastgeber des von bett1<br />
gestifteten Indoor-Tennisplatzes und einer großen<br />
Ballwand ist.<br />
„Uns ist es sowohl wichtig, wieder gezielt Talente<br />
fördern zu können, aber auch, allen Kids in Berlin<br />
einfach kostenlose Bewegungsmöglichkeiten mit<br />
viel Spaß zu ermöglichen,“ begründet Adam Szpyt<br />
das Engagement von bett1. Die bisherige Resonanz<br />
beweist die Attraktivität dieses Angebots.<br />
Fotos: Tennis macht Schule// Michael Breyer
120<br />
6<br />
Die Regeneration<br />
Nach dem Match soll man das bin. Ich dehne ihn in alle Richtungen<br />
er setzen, was man verbraucht hat aus, ich mobilisiere ihn, schaue,<br />
– das geht gut mit Pasta, Kohlenhydraten,<br />
ob sich etwas verschoben hat;<br />
Hähnchen; auch Gemüse kontrolliere die Beinlängen differenz.<br />
natürlich. Und das innerhalb der Die eigentliche Behandlung kann<br />
Das Match<br />
ersten 45 Minuten nach Matchende. zwei bis drei Stunden lang gehen.<br />
Dominic arbeitet mit dem<br />
Bei Grand Slams wird in der Regel Es kommt oft vor, dass wir mit<br />
Supplementhersteller Panaceo<br />
gefragt, was man nach dem Match Sonnenaufgang fertig werden und<br />
zusammen, was ich persönlich<br />
essen möchte. Emotional und körperlich<br />
halt dann erst schlafen gehen.<br />
super finde. Da ist alles drin, was<br />
ist man aufgewühlt und groggy. Das ist über die Jahre zu einer Routine<br />
man für eine Mineralkette für<br />
Unmittelbar nach dem Spiel sehe ich 7geworden. Diese Behandlungen<br />
die Muskelfunktionen braucht.<br />
es schon gerne, wenn sich Dominic ein haben Dominic vor Schäden, vor<br />
Da bekommt er ein paar Flaschen<br />
paar Minuten auf das Fahrrad setzt, Verletzungen bewahrt.<br />
von mir mit. Sein größter Anteil an<br />
egal, zu welcher Uhrzeit. Danach für<br />
Ernährung während eines Matchs<br />
zwölf bis 15 Minuten ins Eisbad – das<br />
ist aber Wasser. Bananen sind<br />
wird längst von allen Grand-Slamimmer<br />
noch ein fester Bestandteil – Turnieren angeboten. Das regt den<br />
das Kalium ist wichtig, unterstützt<br />
Stoffwechsel an. Nach der Pressekonferenz<br />
geht es zurück ins Hotel.<br />
den Muskelstoffwechsel. Dominic<br />
bekommt auch Energy Bars,<br />
Und dort beginnt die eigentliche<br />
aber nicht so häufig. Wenn man<br />
Arbeit. Das ist das A und O für uns<br />
angespannt ist, hat man weniger<br />
Physiotherapeuten. Das Match ist<br />
Lust auf feste Nahrung. gelaufen, der Spieler kann sich<br />
hin legen. Und Dominic würde nie<br />
fragen, wie lange wir arbeiten – wir<br />
machen das so lange, bis ich durch<br />
Es kommt vor, dass wir erst mit<br />
Sonnenaufgang fertig werden.<br />
FOTOS: PEOPLEIMAGES/E+/GETTY IMAGES, SOUTH_AGENCY/E+/GETTY IMAGES, GEPA PICTURES/MATTHIAS HAUER(2), ILLUSTRATIONEN: ALEXANDER_P/SHUTTERSTOCK.COM
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Hör auf deinen Bauch und<br />
verbessere so dein Spiel!<br />
Die Rolle des Magen-Darm-Trakts bei körperlicher Belastung wird oft unterschätzt – doch er spielt eine wichtige<br />
Rolle in der Energieversorgung, im Elektrolyt- und Wasserhaushalt sowie in der Immunabwehr.<br />
„Eine optimale Regeneration ist für mich<br />
sehr wichtig – genau dort setzen die<br />
Produkte von PANACEO an. Sie helfen mir,<br />
mich besser zu regenerieren, damit ich meine<br />
Grenzen immer weiter ausloten kann.“<br />
Mira Antonitsch<br />
Warum ist ein gesunder Darm wichtig für die<br />
Leistungsfähigkeit im Sport?<br />
Man muss seine Grenzen überschreiten, um besser zu werden – das ist<br />
richtig. Bestimmte präventive Maßnahmen sowie die Regeneration für den<br />
Körper dürfen aber nicht vernachlässigt oder vielleicht sogar vergessen<br />
werden! Neueste Studien belegen, dass bereits nach kurzen sportlichen<br />
Belastungen bei hoher Intensität, aber auch bei langem Ausdauertraining<br />
der Darm undicht wird. Man spricht hier vom Leaky-Gut-Syndrom;<br />
Betroffene fühlen sich müde und schlapp, die Leistungsfähigkeit sinkt.<br />
Wie kann ich meine Darmgesundheit unterstützen?<br />
Abgesehen von der wichtigen Regeneration nach dem Sport kann auch ein<br />
Naturmineral unterstützend helfen. Es handelt sich um den einzigartigen<br />
PMA-Zeolithen, das natürliche, intelligente Vulkanmineral! Mithilfe der<br />
Einnahme kann die Darmwandfunktion – und damit die Schutzbarriere des<br />
Körpers gegenüber Fremdstoffen – gestärkt werden. Zusätzlich bestätigen<br />
weitere Studien, dass so Entzündungen gemildert und die Effekte von<br />
Probiotika verstärkt werden können. Kurz gesagt: Der PMA-Zeolith im<br />
PANACEO SPORT PRO-SUPPORT sorgt für eine Entlastung und Stärkung<br />
des Darms und damit für eine bessere Belastbarkeit im Sport.<br />
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122<br />
LEGENDE Für Männer<br />
wie Peter Lehrner<br />
ist dieser Begriff<br />
erfunden worden.<br />
„Ich war immer ein<br />
Material-<br />
fetischist“<br />
PETER LEHRNER bespannt seit über 45 Jahren Schläger für die besten Tennisspieler<br />
der Welt. Er kennt die Eigenheiten der Schläger von Agassi, Connors, Muster und Co<br />
wie kein Zweiter. Michael Rothschädl hat mit ihm gesprochen.<br />
INTERVIEW: MICHAEL ROTHSCHÄDL
123<br />
Herr Lehrner, Sie bespannen seit 45 Jahren Tennisschläger.<br />
Was war der kurioseste Schläger, den<br />
Sie in dieser Zeit besaitet haben?<br />
Da fällt mir auf jeden Fall der Wilson T2000 von<br />
Jimmy Connors ein. Das war der Rahmen, der<br />
sicherlich am schwierigsten zu bespannen war. Den konnte man<br />
ohne Anleitung nicht bespannen, das war schon so etwas wie die<br />
Meisterprüfung. Ebenfalls kurios war die doppelseitige Spaghetti-<br />
Bespannung, bei der bei den Längssaiten immer zwei Saiten durchgezogen<br />
und nur wenige Quersaiten verwendet wurden. Das hat dazu<br />
geführt, dass die Längssaiten auf der Quersaite enorm gearbeitet haben<br />
und gerutscht sind und so dem Ball einen wahnsinnigen Drall<br />
gegeben haben. Das war damals auch ein Grund, warum Guillermo<br />
Vilas nach 53 Siegen auf Sand gegen Ilie Nastase verloren hat. Der hat<br />
nämlich mit dieser Bespannung gespielt. Im Endeffekt hat das dann<br />
dazu geführt, dass der Verband begonnen hat, das Saitengeflecht zu<br />
reglementieren.<br />
Wenn Sie zurückblicken: Wieso haben Sie sich für die Profession als<br />
Besaiter entschieden?<br />
Ich war immer ein Materialfetischist, mir ging es in meiner kurzen<br />
aktiven Zeit immer darum, dass die Schläger gleich waren, dass die<br />
Bespannung gut war. Ich bin etwa 1971 zur Orange Bowl gefahren,<br />
hatte damals einen Vertrag mit Slazenger, und wir haben<br />
aus 50 Holzschlägern mit gleicher Griffstärke nur fünf<br />
gefunden, die gleich schwer waren und den gleichen<br />
Balancepunkt hatten. Ich habe das nämlich einfach<br />
gespürt, wenn mir ein Schläger gerissen ist und der<br />
nächste etwas anders war. Das hat mich irritiert, da<br />
habe ich immer ein bis zwei Games gebraucht, um<br />
mich daran zu gewöhnen. Wenn das dann aber in<br />
einer entscheidenden Phase ist, macht dich das als<br />
Spieler nervös.<br />
EIN MANN UND SEIN<br />
LIEBSTES WERKZEUG<br />
Der junge Jimmy Connors.<br />
In der Vergangenheit wurde ja durchaus hart<br />
bespannt, wenn man an Thomas Muster mit angeblich<br />
bis zu 39 Kilo denkt. Sie waren der Servicemann von<br />
Muster – wenn das jemand wissen muss, dann Sie.<br />
Als ich Tom 1986 als jungen Spieler kennengelernt habe,<br />
hat er nur Naturdarm gespielt. Irgendwann kam dann aber<br />
die Firma Isospeed – das Problem mit dieser Saite war, dass<br />
sie innerhalb von vier, fünf Stunden rund 20 Prozent an Gewicht<br />
verloren hat. Das heißt, man musste sie bespannen und gleich spielen.<br />
Im Endeffekt haben wir die Schläger, wenn ich vor Ort war, mit 38<br />
Kilo bespannt. Pete Sampras zum Beispiel hat seinen Pro Staff, der<br />
von der Fläche her kleiner war, mit einer dünnen 1,20er-Naturdarmsaite<br />
auch mit 33 Kilo bespannt. Das war eigentlich sogar fast härter<br />
als bei Tom. Und auch ein gewisser Björn Borg hat in seinen Holzschlägern<br />
Naturdarm mit 30 Kilo bespannt. Da gibt es die berühmten<br />
Geschichten, dass sein Trainer Lennart Bergelin in der Nacht neben<br />
ihm aufgewacht ist, weil es einen furchtbaren Knall gegeben hat,<br />
weil die Saiten ohne Zutun gerissen sind. Oder Andre Agassi, bei<br />
dem ich erstmals die Darm-Kunst-Mischung gesehen habe, als ich<br />
1994 in Wien für ihn bespannen durfte. Der hat eine komplett steife<br />
SAGENUMWOBEN<br />
Sicherlich nicht für<br />
jeden Spieler<br />
geeignet, der<br />
Wilson T2000.
124<br />
2007 gab es für mich<br />
das Minimum – längs<br />
zehn und quer elf Kilo.<br />
DER HANDWERKER Peter Lehrner legt in der Wiener Stadthalle Saite an.<br />
Kevlarsaite längs gespielt und eine dicke Naturdarmsaite quer. Das war eigentlich<br />
wie ein Brett, der hat die Darmsaite gebraucht, damit das ein bisschen elastisch<br />
wird. Ich habe ihn dann einmal gefragt, warum er das so spielt, weil das wirklich<br />
einzigartig war. Er hat nur gemeint: „Because I’ve won Wimbledon.“ Als er dann<br />
doch irgendwann auf Luxilon gewechselt hat, da hat er dann auf einmal die<br />
Australian Open auch gewonnen.<br />
SPECIAL CONNECTION Mit Thomas Muster<br />
hat Peter Lehrner eine ganz besondere<br />
Beziehung gepflegt – drei Reisen nach<br />
Roland Garros inklusive.<br />
Diesen hohen Bespannungshärten gegenüber steht Pablo Cuevas, der angeblich<br />
gerade einmal mit 12 Kilo bespannt – haben Sie einmal einen Schläger für den<br />
Mann aus Uruguay besaitet?<br />
Nein, habe ich nicht, der war anscheinend nie in Wien. Aber 2007 gab es für mich<br />
das Minimum, da hat ein gewisser Filippo Volandri längs zehn Kilo und quer elf<br />
Kilo gespielt. Das war wirklich kurios, weil der gegen Fernando Gonzalez gespielt<br />
hat, und der hat im ersten Satz nicht gewusst, was er machen soll; denn diese<br />
extrem weiche Bespannung bringt ja einen wahnsinnigen Schleudereffekt. Ich<br />
behaupte ja, dass Jimmy Connors nur deswegen so viele Turniere gewonnen hat,<br />
weil er einen Schläger gespielt hat, den sonst im gesamten Zirkus auf diesem Niveau<br />
keiner gespielt hat. Dieser T2000 von Wilson, der war ganz, ganz weich, der war<br />
wie eine Schleuder. Wenn du jetzt als Topspieler gegen die anderen spielst und eine<br />
solche Waffe hast, dann bist du natürlich im Vorteil, weil die das ja nicht gewohnt<br />
sind – die können ja nicht pausenlos mit dem Connors trainieren.<br />
Sie haben als persönlicher Servicemann von Muster, aber auch als Bespanner auf<br />
Turnieren gearbeitet. Wie ist das heute bei den absoluten Topspielern – vertrauen<br />
die auf einen persönlichen Besaiter oder ist auch ein Novak Djokovic bei den Erste<br />
Bank Open im Vorjahr auf Sie zugekommen?<br />
In Wien hat er diesmal einen eigenen Servicemann mitgehabt. Ich glaube, so wie<br />
Tom mich dreimal nach Paris mitgenommen hat, so ist das eher selten. Das hat<br />
auch damit zu tun, dass sich die Bespanndienste um Längen verbessert haben.<br />
Tom hat ja früher oft gar nicht gewusst, ob er beim Service vor Ort einen Schläger<br />
zurückbekommt, mit der er so halbwegs spielen kann. Weil seine Saite, die<br />
Isospeed, war so empfindlich, dass den Leuten, die auf billigen, schlechten<br />
Maschinen bespannt haben, reihenweise die Saite abgerissen ist. Früher hast du<br />
als Veranstalter einen ortsansässigen Bespannservice geholt. Das war weit, weit<br />
weg von einer gewissen Professionalität – auch bei den großen Turnieren. Heute<br />
ist es so, dass es sich die Veranstalter nicht leisten können, da irgendwelche<br />
Amateure hinzustellen, weil ihnen das ja auf den Kopf fallen würde und die<br />
Spieler sich furchtbar aufregen würden. Daher ist die Qualität der Bespanndienste<br />
viel besser geworden, und daher ist es nicht mehr so wichtig, dass sich ein Spieler<br />
einen Bespanner mitnimmt. ●<br />
FOTOS: SHUTTERSTOCK.COM/GURXOX, FOCUS ON SPORT / KONTRIBUTOR/ GETTY IMAGES SPORT / GETTY IMAGES NORTH AMERICA,<br />
CLIVE BRUNSKILL / STAFF/GETTY IMAGES SPORT/GETTYIMAGES EUROPE, BEIGESTELLT, GEPA, PRIVAT
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jedes Tennisurlaubs beim Stanglwirt. Genauere Infos finden Sie unter:<br />
www.stanglwirt.com.
126<br />
ZUKUNFTSVISION In Manacor<br />
wird an der Zukunft der<br />
Tennisakademien geschraubt.<br />
Bollettieri, Nadal, Ferrero und Co<br />
Die Tennis-<br />
Akademiker<br />
Täglicher Drill auf dem Court, dazu Schule und permanenter Konkurrenzdruck? Aber ja doch!<br />
Wer im Tennissport an die Spitze möchte, muss investieren – am besten in eine Akademie mit<br />
prominenten Aushängeschildern.<br />
REDAKTION: JENS HUIBER
127<br />
Rafael Nadal hat in<br />
seiner Heimatstadt<br />
Manacor eine<br />
Akademie vom<br />
Feinsten hingezaubert.<br />
AM ENDE NICHT NUR ERFOLG-<br />
REICH, SONDERN AUCH GLÜCKLICH<br />
Andre Agassi und Nick Bollettieri.<br />
Die Lektüre von Andre Agassis Biografie „Open“<br />
empfiehlt sich in vielerlei Hinsicht. Besonders<br />
bemerkenswert ist darin etwa das Kapitel<br />
über jene Zeit, die Agassi in der Akademie<br />
von Nick Bollettieri in Bradenton, Florida,<br />
verbracht hat. Quintessenz: Von nix kommt nix. Aber wenn sich<br />
der geneigte Junior oder die talentierte Jugendliche dem täglichen<br />
Drill und gewissen Einschränkungen im sozialen Leben aussetzt,<br />
dann kann am Ende das stehen, was neben Agassi auch Jim Courier<br />
oder Maria Sharapova unter dem strengen Blick von Meister<br />
Bollettieri erreicht haben: der Sprung auf den Tennisthron.<br />
Nick Bollettieri wird in diesem Sommer 90 Jahre alt; die<br />
Zeiten, in denen Bradenton als Reisedestination für betuchte<br />
Tennis eltern ähnlich attraktiv war wie Palma de Mallorca für den<br />
Pauschaltouristen, sind längst vorbei. Die Globalisierung hat<br />
vor dem Geschäft mit den Tennisakademien nicht haltgemacht,<br />
Trainingszentren mit All-inclusive-Angebot gibt es längst auch<br />
in Europa. Riccardo Piatti, der sich in Italien einen Namen als<br />
Talente schmied gemacht hat, war einer der Ersten: Besagte<br />
Maria Sharapova schaute in der Endphase ihrer Karriere immer<br />
mal wieder bei ihm in Bordighera vorbei – und konnte dabei<br />
hautnah erleben, wie mit Jannik Sinner der nächste Spieler auf<br />
das Stürmen der Weltspitze vorbereitet wurde.<br />
ONKEL TONI ROCKT DIE RAFA NADAL ACADEMY<br />
Auf der Anlage von Patrick Mouratoglou in der Nähe von Nizza<br />
geben sich ebenfalls einige der jüngeren Szenestars die Klinke in<br />
die Hand: Stefanos Tsitsipas gilt als regulärer Gast, auch Daniil<br />
Medvedev trainiert ab und zu beim Coach von Serena Williams<br />
(die allerdings ihren Stammsitz in Florida bevorzugt); dazu hat<br />
Mouratoglou auch zu Cori Gauff, dem Supertalent aus den USA,<br />
früh einen guten Draht entwickelt.<br />
Piatti und Mouratoglou können sich auf ihre Trainerarbeit<br />
konzentrieren, im Fall von Rafael Nadal sieht das derzeit noch<br />
anders aus: Der spanische Großmeister hat in seiner Heimatstadt<br />
Manacor eine Akademie vom Feinsten hingezaubert. Erst
128<br />
Anfang April ging ein Video mit Ausbaustufe zwei viral: Nadal inmitten<br />
einer gigantischen Halle, in der schon bald Tennis gespielt werden<br />
soll. Noch kann sich Rafael Nadal nicht persönlich um den täglichen<br />
Betrieb seiner Akademie kümmern, das übernimmt derweil Onkel Toni.<br />
Er ist aber auch alles andere als eine schlechte Option – schließlich hat<br />
Toni Rafa über viele Jahre als Coach auf der ATP-Tour begleitet.<br />
Die Globalisierung hat vor dem<br />
Geschäft mit den Tennisakademien<br />
nicht haltgemacht.<br />
DER CHEF PERSÖNLICH MISCHT AUCH<br />
MANCHMAL MIT Derzeit schmeißt<br />
aber Onkel Toni den Laden.<br />
Zeit<br />
für<br />
euch<br />
(und euer Spiel)<br />
Die Vorhand klemmt? Der<br />
Aufschlag streut? Die Beinarbeit<br />
versagt? Höchste Zeit, dass ihr<br />
mal wieder in Klausur geht. Nur ihr<br />
und euer Schläger. Oder aber ihr<br />
versucht es endlich mal wieder<br />
mit einem Camp. Angebote<br />
gibt es dazu genügend …<br />
JUAN CARLOS FERRERO FEILT AM SPANISCHEN ROHDIAMANTEN<br />
Den Übergang vom Spitzenspieler zum Spitzencoach hat eine andere<br />
spanische ehemalige Nummer eins der Welt schon geschafft: Juan Carlos<br />
Ferrero. Die JC Ferrero Equelite Academy besteht seit mehr als 25 Jahren,<br />
der Namensgeber selbst bringt sich fast täglich in die Arbeit ein –<br />
wenn Ferrero nicht gerade wieder auf Tour ist: Nach dem recht kurzen<br />
Intermezzo als Coach von Alexander Zverev hat er sich nun des größten<br />
spanischen Talents angenommen: Carlos Alcaraz Garfia. Der Teenager<br />
schickt sich in diesem Jahr an, erstmals unter die Top 100 der ATP-<br />
Weltrangliste vorzudringen.<br />
Die Dimensionen eines Andre Agassi sind da noch weit entfernt, aber<br />
nicht unerreichbar. Und wiewohl sich die Methoden und der Umgang<br />
seit den Hochzeiten der Bollettieri Academy zum Besseren verändert<br />
haben, dürfen Sinner, Tsitsipas, Alcaraz und Co „Open“ ruhig bis zum<br />
Ende lesen. Dann werden sie nämlich erfahren (Achtung, Spoileralarm!),<br />
dass Andre Agassi nicht nur zum Besten seiner Zunft wurde – sondern<br />
spät, aber doch, auch glücklich. ●<br />
NAME LAND ZIELGRUPPE BELAG STERNE<br />
Hannes Zischka Kroatien, Paare, Familien, Sand ★ ★ ★ ★ ★<br />
Tenniscamps Slowenien Vereine, Kinder<br />
Stanglwirt Österreich Familien, Kinder Sand, Bross ★ ★ ★ ★ ★<br />
Line Granulat<br />
La Maiena Italien Paare, Familien, Sand ★ ★ ★ ★ ★<br />
Meran Resort<br />
Kinder<br />
Forte Village Italien Singles, Paare, Sand, ★ ★ ★ ★ ★<br />
Resort Familien, Kinder Rasen<br />
Rauriser Hof Österreich Paare, Familien, Sand, Domo ★ ★ ★ ★ ★<br />
Kinder<br />
Advantage<br />
Equelite Sport Spanien Familien, Kinder, Sand ★ ★ ★ ★ ★<br />
Academy von<br />
Jugendliche<br />
Juan Carlos Ferrero<br />
Andreus Resort Italien Familien, Kinder, Sand ★ ★ ★ ★ ★<br />
Jugendliche<br />
Tannenhof <strong>Deutschland</strong> Singles, Paare, Sand, ★ ★ ★ ★ ★<br />
Familien, Kinder Rebound Ace<br />
FOTOS: PAUL HARRIS/ARCHIVE PHOTOS/GETTY IMAGES, EUROPA PRESS ENTERTAINMENT/EUROPA PRESS/GETTY IMAGES, BRADLEY KANARIS/FREIER FOTOGRAF/GETTY IMAGES<br />
SPORT/GETTY IMAGES, ASIAPAC/GETTY IMAGES, JAIME REINA/AFP/GETTY IMAGES, CARYN LEVY/SPORTS ILLUSTRATED CLASSIC/GETTY IMAGES
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Kindernothilfe.“
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Unser Bruder im Geiste<br />
Die mitgliederstärkste Tennisplattform in <strong>Deutschland</strong> ist nur etwa ein Jahr jünger als tennisnet: Am 28. April<br />
2012 erblickte mybigpoint das Licht der Welt und startete eine neue Zeitrechnung im deutschen Tennissport.<br />
Seit dem Launch, der damals im Rahmen der BMW Open in München verkündet wurde, hat sich das nationale<br />
deutsche Tennisportal zu einer festen Größe entwickelt – mit inzwischen mehr als 300.000 Mitgliedern.<br />
mybigpoint (mybigpoint.tennis.de)<br />
wurde für den aktiven Tennisspieler<br />
konzipiert und gehört mit jährlich mehr<br />
als 200 Millionen Seitenabrufen zu den<br />
größten Internet-Sportportalen in <strong>Deutschland</strong><br />
überhaupt. Das Gemeinschaftsprojekt<br />
des DTB und seiner Landesverbände<br />
vereint die gesamte Tennislandschaft in<br />
<strong>Deutschland</strong> und bietet u. a. rund eine Million<br />
Spielerprofile inklusive der jeweiligen Generali-<br />
Leistungsklasse, die Tabellen und Spielpläne<br />
aus dem Mannschaftswettspielbetrieb aller<br />
Landesverbände sowie die Organisation und<br />
Darstellung von über 80.000 Mannschaften<br />
und über 6.000 Turnieren. Die rund 15.000<br />
Premium-Mitglieder profitieren für einen<br />
Jahresbeitrag von derzeit 46,80 Euro von<br />
vielen Vorteilsleistungen und exklusiven<br />
Funktionen wie dem Turnierplaner inklusive<br />
Turnierfavoriten, dem Vereinsspielplan<br />
inklusive Teamfavoriten und neuerdings auch<br />
Spielerfavoriten. Neben Gutscheinen und<br />
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die Premium-Mitglieder unter anderem ein<br />
Mitgliedermagazin, das mybigpoint<br />
JOURNAL, das fünfmal jährlich in ihrem<br />
Briefkasten landet.<br />
Auch mit weiteren Offline-Angeboten<br />
konnte mybigpoint seine Zielgruppe bislang<br />
begeistern, zum Beispiel mit attraktiven<br />
Tenniscamps in der Türkei und auf Mallorca<br />
oder mit hervorragend organisierten Testevents<br />
für Skier, Rackets und Schuhe gemeinsam mit<br />
dem mybigpoint-Ausstatter HEAD. Bei großen<br />
ATP- und WTA-Turnieren in <strong>Deutschland</strong> sowie<br />
bei Davis- und Fed-Cup-Veranstaltungen<br />
präsentiert mybigpoint den deutschen<br />
Tennisfans seine Angebote hautnah und tritt<br />
oft als Partner der Veranstaltungen auf.<br />
In den vergangenen Monaten hat das<br />
mybigpoint Portal ein komplettes<br />
Facelifting erfahren. Modernes Design,<br />
zukunftssichere Technik und mobiloptimiertes<br />
Handling – das waren die Zielvorgaben des<br />
Relaunchs. „Ich glaube, dass unser neuer<br />
Auftritt sehr gut gelungen ist. Das Portal wird<br />
den aktiven Spieler somit auch in den nächsten<br />
Jahren wieder bestens durch sein Tennisleben<br />
führen und ihn optimal begleiten“, sagt Hans<br />
Hauska. Der Österreicher ist einer von drei<br />
Geschäftsführern der Tennis <strong>Deutschland</strong><br />
Service GmbH (TDS), die u. a. mybigpoint<br />
betreibt.<br />
Doch auch in anderen Bereichen sind<br />
große Entwicklungsschritte geplant.<br />
Die Dachmarke tennis.de, unter der bereits<br />
das Spielerportal „mybigpoint“, das<br />
Kindertennisprojekt „Talentinos“ und das<br />
Mitgliedergewinnungsprojekt „Generali Tennis<br />
Starter“ laufen, wird zum digitalen Drehund<br />
Angelpunkt des deutschen Tennissports<br />
ausgebaut. Dort werden sämtliche Angebote<br />
gebündelt, die für den Tennisspieler in<br />
<strong>Deutschland</strong> von Bedeutung sind.
132<br />
Fakten,<br />
Fakten,<br />
Fakten<br />
In der professionellen Tennisszene wird über jeden einzelnen<br />
Schlag akribisch Buch geführt. Wir haben für euch jene Fakten<br />
gecheckt, mit denen ihr bei jedem Plausch im Vereinsheim den<br />
Status des Tennisprofessors erreichen könnt.<br />
REDAKTION: MICHAEL ROTHSCHÄDL<br />
KÜRZESTES<br />
GRAND-SLAM-<br />
FINALE<br />
32 Minuten:<br />
Steffi Graf vs.<br />
Natalia Swerawa,<br />
6:0, 6:0,<br />
French Open 1988<br />
4<br />
MEISTE<br />
NETZAUFSCHLÄGE<br />
IN FOLGE<br />
4: Serena Williams,<br />
2013 vs. Ayumi Morita<br />
SCHNELLSTER AUFSCHLAG HERREN<br />
263 km/h: Samuel „Sam“ Groth, 9. Mai 2012<br />
(vs. Uladsimir Ihnazik, Challenger Busan)<br />
LÄNGSTES<br />
GRAND-SLAM-<br />
FINALE<br />
5:53 Stunden:<br />
Novak Djokovic<br />
vs. Rafael Nadal,<br />
5:7, 6:4, 6:2, 6:7 (5), 7:5,<br />
Australian Open 2012<br />
SCHNELLSTER AUFSCHLAG DAMEN<br />
210,8 km/h: Sabine Lisicki, 30. Juli 2014<br />
(vs. Ana Ivanovic, WTA Stanford)
133<br />
112<br />
HÖCHSTE<br />
PREISGELDSUMME<br />
HERREN<br />
147,74 Millionen US-$:<br />
Novak Djokovic<br />
(Stand 1. April <strong>2021</strong>)<br />
MEISTE ASSE IN EINEM<br />
MATCH HERREN<br />
John Isner, Wimbledon 2010,<br />
R1, vs. Nicolas Mahut<br />
HÖCHSTE<br />
PREISGELDSUMME<br />
DAMEN<br />
94,24 Millionen US-$:<br />
Serena Williams<br />
(Stand 1. April <strong>2021</strong>)<br />
31<br />
MEISTE ASSE IN EINEM<br />
MATCH DAMEN<br />
Kristyna Pliskova, Australian Open 2016,<br />
R2, vs. Monica Puig<br />
BESUCHERREKORD BEI EINEM<br />
GRAND-SLAM-TURNIER<br />
60.669 Zuschauer am 22. Jänner 2005 im Melbourne Park<br />
(Australian Open)<br />
LÄNGSTER BALLWECHSEL HERREN<br />
2:31 Minuten: John-Patrick Smith vs. Kevin King,<br />
ATP-Challenger Drummond, 87 Mal über das Netz<br />
LÄNGSTER BALLWECHSEL DAMEN<br />
29 Minuten: Vicki Nelson vs. Jean Hepner,<br />
WTA Richmond, 1984: 643 Mal über das Netz
134<br />
ÄLTESTER ATP-<br />
TURNIERSIEGER<br />
John McEnroe,<br />
47 49<br />
47 Jahre und 3 Tage<br />
(2006 im Doppel in San Jose,<br />
mit Jonas Björkman)<br />
ÄLTESTE WTA-<br />
TURNIERSIEGERIN<br />
Martina Navratilova,<br />
49 Jahre, 46 Wochen<br />
(2006 im Mixed bei US Open,<br />
mit Bob Bryan)<br />
LÄNGSTE ZEIT ALS<br />
WELTRANGLISTEN-<br />
ERSTER HERREN<br />
313 Wochen:<br />
Novak Djokovic<br />
(Stand: 22. März <strong>2021</strong>)<br />
LÄNGSTE ZEIT ALS<br />
WELTRANGLISTEN-<br />
ERSTE DAMEN<br />
377 Wochen:<br />
Steffi Graf<br />
24<br />
FINALSIEGE IN FOLGE<br />
HERREN<br />
Roger Federer, 2003 bis 2005<br />
Stand Mai, <strong>2021</strong><br />
54<br />
GRAND-SLAM-VIERTEL-<br />
FINALE KARRIERE/DAMEN<br />
Chris Evert, Serena Williams<br />
ILLUSTRATIONEN: VYACHESLAVIKUS, MIKAEL MIRO, ARELIX/SHUTTERSTOCK.COM
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136<br />
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Magdeburg<br />
Potsdam<br />
BERLIN<br />
Bielefeld<br />
HALLE<br />
Kassel<br />
Erfurt<br />
Leipzig<br />
Dresden<br />
Düsseldorf<br />
Wuppertal<br />
Köln<br />
Aachen<br />
Bonn<br />
Münster<br />
Essen<br />
Dortmund<br />
Frankfurt<br />
BAD HOMBURG<br />
Mannheim<br />
Wiesbaden<br />
Mainz<br />
Saarbrücken<br />
Karlsruhe<br />
STUTTGART<br />
Nürnberg<br />
MÜNCHEN<br />
Augsburg<br />
Wels<br />
LINZ<br />
Salzburg<br />
Graz<br />
Klagenfurt<br />
Innsbruck<br />
KITZBÜHEL<br />
Zürich<br />
Bregenz<br />
Luzern<br />
BERN<br />
BASEL<br />
Schaffhausen<br />
Lausanne<br />
Locarno<br />
GSTAAD<br />
Fribourg<br />
GENF<br />
1<br />
2<br />
4<br />
5<br />
8<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
9<br />
6<br />
3<br />
Schwerin<br />
HAMBURG<br />
Kiel<br />
Bremen<br />
7
FOTOS: THOMAS KIENZLE / KONTRIBUTOR /AFP/GETTY IMAGES, CARMEN JASPERSEN / KONTRIBUTOR/AFP/GETTY IMAGES, FABRICE COFFRINI / KONTRIBUTOR/ AFP/GETTY IMAGES<br />
1 Bad Homburg<br />
Alles neu … macht der Juni? Angelique<br />
Kerber bürgt mit ihrem guten Namen für<br />
das in diesem Jahr erstmals ausgetragene<br />
Rasen-Event. Termin <strong>2021</strong>: 21. bis 27. Juni<br />
2 Basel<br />
Vom Balljungen zum Rekordsieger:<br />
Der Maestro persönlich hat seinem<br />
Heim turnier in der St. Jakobshalle auf<br />
Hartplatz seinen Stempel aufgedrückt.<br />
Letzter Sieger: Roger Federer (2019).<br />
Termin <strong>2021</strong>: 25. bis 31. Oktober<br />
3 Berlin<br />
Das Revival des Steffi-<br />
Graf-Stadions beim LTTC<br />
Rot-Weiß Berlin! 2020 gab<br />
es den Testlauf, ein Jahr<br />
später folgt die Premiere<br />
der Bett 1 Open auf Gras.<br />
Termin <strong>2021</strong>: 14. bis 20. Juni<br />
4 Gstaad<br />
Höhenlage schützt vor<br />
Spitzentennis nicht – und wer in<br />
Gstaad auf Sand reüssiert, der<br />
darf auch schon mal eine Kuh mit nach<br />
Hause nehmen. Letzter Sieger: Albert<br />
Ramos-Vinolas (2019).<br />
Termin <strong>2021</strong>: 19. bis 25. Juli<br />
WIEN<br />
<br />
Die Turnierlandkarte:<br />
Von B wie<br />
Bad Homburg<br />
bis W wie Wien<br />
Wer in <strong>Deutschland</strong>, Österreich und der Schweiz Spitzentennis live sehen<br />
möchte, kann aus einem reichhaltigen Buffet auswählen. Es wird alles geboten:<br />
Frauen- und Herrentennis, Sand, Rasen, Hartplatz, im Freien und in der Halle.<br />
TEXT: JENS HUIBER<br />
5 Genf<br />
Der ultimative Härtetest auf Asche vor<br />
den French Open. Nicht nur Stan<br />
Waw rinka hat sich hier schon den Feinschliff<br />
geholt. Letzter Sieger: Alexander<br />
Zverev (2019). Termin <strong>2021</strong>: 16. bis 22. Mai<br />
6 Halle/<br />
Westfalen<br />
Der Wegbereiter für<br />
das Rasentennis in<br />
<strong>Deutschland</strong>. Gerry<br />
Weber hat erstmals<br />
1993 gerufen – und<br />
nicht nur Federer, Nadal,<br />
Stich, Haas oder Hewitt sind<br />
gekommen. Letzter Sieger:<br />
Roger Federer (2019).<br />
Termin <strong>2021</strong>: 14. bis 20. Juni<br />
7 Hamburg<br />
Das Stelldichein der Stars auf Sand am<br />
Rothenbaum bei den Hamburg European<br />
Open ist und bleibt das wichtigste Turnier<br />
für den Deutschen Tennis Bund. Letzter<br />
Sieger: Andrei Rubljow (2020). Termin<br />
<strong>2021</strong>: 12. bis 18. Juli<br />
8 Kitzbühel<br />
Die Generali Open, das große Ferienturnier<br />
in der legendärsten Sportstadt<br />
der Alpen – an Thiem-Tagen regelmäßig<br />
vor vollem Haus. Letzter Sieger: Miomir<br />
Kecmanovic (2020). Termin <strong>2021</strong>: 26. Juli<br />
bis 1. August<br />
9 Linz<br />
Die Upper Austrian Open stellen Jahr für<br />
Jahr ein bärenstarkes Teilnehmerinnenfeld<br />
zusammen – mit der Aussicht, noch<br />
wichtige Punkte für die WTA-Finals zu<br />
holen … Letzte Siegerin: Aryna Sabalenka<br />
(2020). voraussichtlicher Termin<br />
18. bis 24. Oktober<br />
137<br />
München<br />
Klubatmosphäre beim MTTC Iphitos –<br />
die BMW Open in München werden von<br />
Spielern wie Zuschauern gleichermaßen<br />
geliebt. Aktueller Sieger: Nikoloz<br />
Basilashvili (<strong>2021</strong>). voraussichtlicher<br />
Termin 2022: 27. April bis 03.Mai<br />
Stuttgart<br />
Kein Tennisevent in <strong>Deutschland</strong> ist<br />
besser besetzt als der<br />
Porsche Tennis Grand Prix.<br />
Asche mit einem Dach über den<br />
Köpfen und Top-Ten-Spielerinnen<br />
en masse bei der Arbeit – einzigartig auf<br />
der WTA-Tour! Aktuelle Siegerin:<br />
Ashleigh Barty (<strong>2021</strong>). vorraussichtlicher<br />
Termin 2022: 20. bis 26. April<br />
Stuttgart<br />
Seit 2015 wird beim TC Weissenhof auf<br />
Rasen gespielt – übrigens nicht nur von<br />
den Superstars beim Mercedes Cup,<br />
sondern auch von den Klubmitgliedern.<br />
Letzter Sieger: Matteo Berrettini (2019).<br />
Termin <strong>2021</strong>: 7. bis 13. Juni<br />
Wien<br />
Tennistradition pur in der Wiener Stadthalle.<br />
Bei den Erste Bank Open kann es<br />
schon passieren, dass sich das Dach vor<br />
lauter Begeisterung der Fans hebt.<br />
Letzter Sieger: Andrei Rubljow (2020).<br />
Termin <strong>2021</strong>: 25. bis 31. Oktober
138<br />
Big Picture<br />
DOMINIC THIEM & ALEXANDER ZVEREV<br />
Last, but not least<br />
Madrid, 13. Mai 2018: Alexander Zverev besiegt in zwei<br />
relativ klaren Sätzen Dominic Thiem im Finale der<br />
Madrid Open. Zwei Jahre später gelingt die Revanche:<br />
Das geschichtsträchtige Finale der US Open zwischen den<br />
beiden hat für Aussagen wie diese gesorgt: „Geistes gestört.<br />
Wahnsinnig. Unmenschlich.“ Derartige Finalduelle werden<br />
wieder kommen, denn das Potenzial der beiden schreit<br />
nach weiteren großen Erfolgen – und einer zeitnahen<br />
Ablöse der Big Three.<br />
FOTO: CLIVE BRUNSKILL/ GETTY IMAGES SPORT/GETTY IMAGES EUROPE
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