höh enzollerische heimat - Hohenzollerischer Geschichtsverein eV
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lessfräße". Sie war bis zur Jahrhundertwende nur ein<br />
Feldweg. Die Bezeichnungen „des Ermelins Garten" und<br />
„des Ermelins Gäßlein" in alten städtischen Grundbüchern<br />
deuten auf ein Besitzverhältnis. Der Personenname Ermelin<br />
ist die Verkleinerungsform von Ermin oder Irmin,<br />
eines altgermanischen Wortstammes, den wir u. a. in dem<br />
latinisierten Namen des Siegers im Teutoburger Wald Arminius<br />
und im heutigen Vornamen Irmgard finden. Die<br />
Ermelesstraße ist also ein Weg, an dem vor Jahrhunderten<br />
ein Hechinger Bürger namens Ermelin einen Garten<br />
besaß. Wenn die Egler-Ehrenberg'sche Chronik der Stadt<br />
Hechingen den Namen „Ärmelesgasse" von den armen<br />
Sündern ableitet, die einst durch diese Gasse zum Galgen<br />
auf der Höhe vor dem Fichtenwäldle geführt worden<br />
seien, so folgte sie damit einer phantasievollen Volksüberlieferung,<br />
die wie viele andere volksetymologische Deutungen<br />
nicht haltbar ist.<br />
Ähnlich ist der Name „Siebergasse" zu erklären. Das heutige<br />
Wohn- und Geschäftshaus von Malermeister Fritz<br />
Müller wurde im Jahre 1846 von dem fürstlichen Baumeister<br />
Sieber gebaut und blieb ein halbes Jahrhundert<br />
im Besitz dieser Familie. Hinter ihm dehnte sich bis zum<br />
früheren, heute überbauten Löwengarten der große Sieber'sche<br />
Garten, von dem ein großer Teil im ersten Jahrzehnt<br />
dieses Jahrhunderts überbaut wurde. Die ihn erschließende<br />
Straße erhielt nach der Besitzerfamilie des<br />
Gartens den Namen Siebergasse.<br />
Erst in den 20er Jahren dieses Jahrhunderts wurde es<br />
auch in Hechingen Mode, Straßen nach berühmten oder<br />
um die Stadt verdienten Persönlichkeiten zu benennen.<br />
Weltgeschichtliche Bedeutung hatte der General Friedrich<br />
Wilhelm von Steuben, dessen Name zwei Straßen in Hechingen<br />
tragen, die „Steubenstraße" und der „Steubenplatz".<br />
Steuben war der militärische Mitbegründer der<br />
Unabhängigkeit der Vereinigten Staaten von Nordamerika.<br />
Als Retter vor der drohenden Niederlage nach Amerika<br />
gerufen, schuf er als Generalinspekteur und Lehrmeister<br />
der Unionsarmee das Instrument, mit dem die<br />
Amerikaner ihren Freiheitskrieg m : '. Erfolg zu Ende führen<br />
konnten. Mit Hechingen verbunden war Steuben<br />
durch seine Berufung als Hofmarschall des Fürsten Joseph<br />
Wilhelm von Hohenzollern-Hechingen, in dessen Diensten<br />
er von 1764-1777 stand.<br />
Die Namengebung „Ludwig-Egler-Straße" ist die verd'ente<br />
Ehrung der bedeutendsten Persönli nkeit der Heiditnger<br />
Bürgerschaft, des Schriftstellers und D' hters Ludwig<br />
Egler (geb. 1828, gest. 1898). Abgesehen von seinem<br />
zeitgebundenen Wirken im P enste vielfältiger öffentlicher<br />
Interessen hat Ludwig Egler ein großes publizistisches<br />
Werk hinterlassen, von dem die erste Fassung der<br />
Chronik der Stadt Hechingen, volkskundliche Schriften<br />
und mundartliche Gedichte von ble uendem Werte sind.<br />
Mit dem Namen „Frankstraße" wollte die Stadt Hechr.igen<br />
den Oberamtmann von 1854-1868 und Parlamentarier<br />
Fn 'nerrn Frank von Fürstenwerth ehren. Wilhelm<br />
von Frank hatte sich hier größter Beliebtheit erfreut, und<br />
fei maiig war nie ihm b"i seinem Abschied zuteil gewordene<br />
Ehrung. Die Stadt Hechingen und sämtliche Landgemeinden<br />
des damaligen Oberamts Hechingen verliehen<br />
ihm das Ehrenbürgerrecht. Der Straßenname ist zugleich<br />
eine Erinnerung an eine hervorragende Hecl iger Beamtenfamilie,<br />
die in vier Generationen die höchsten Regierungs-<br />
und Verwaltungsstellen : n ehemaligen Fürstentum<br />
Hohenzollern-Hechingen und späteren preußischen<br />
Oberamt Hechingen innehatte, angefangen von dem<br />
Kanzler Johann Daniel Marianus Frank bis zu dem<br />
Oberamtmann und späteren Sigmaringer Regierungspräsidenten<br />
Frh. Adolf v. Frank.<br />
Die jSüllfriedstraße* ist nadi einem preußischen Diplomaten<br />
und Geschichtsforscher benannt, den man als gei-<br />
20<br />
stigen Urheber des Wiederaufbaus der Burg Hohenzollern<br />
von 1850-1867 bezeichnen kann. Graf Rudolf Stillfried<br />
von Ratonitz, portugiesischer Grande mit dem Titel eines<br />
Grafen von Alcantara, hat auch sonst in der Geschichte<br />
Hohenzollerns eine Rolle gespielt. Als Berater des Königs<br />
Friedrich Wilhelm IV. war er Fürsprecher der Einverleibung<br />
beider hoh<strong>enzollerische</strong>n Fürstentümer in Preußen.<br />
Die Stadt Hechingen machte ihn zum Ehrenbürger ebenso<br />
wie den Wirkl. Geh. Oberjustizrat und Landgerichtspräsidenten<br />
August Evelt (geb. 1828, gest. 1904), nach dem<br />
die ,,Eveltstraße" benannt ist. Evelt war einer der ersten<br />
von Preußen nach Hechingen entsandten Beamten.<br />
D Aufzählung all seiner Verdienste um Stadt und Land<br />
im Zeitraum eines nahezu 50jährigen öffentlichen Wirkens<br />
würde einen breiten Raum einnehmen. In jahrelangem<br />
Ringen gegen württembergische Widerstände erreichte<br />
er die für Hohenzollern günstige Führung der Eisenbahnlinie<br />
Tübingen-Hechingen-Sigmaringen. An der Errichtung<br />
des Landgerichts Hechingen und der Schaffung eines<br />
eigenen Kommunalverbandes für Hohenzollern hatte er<br />
wesentlichen Anteil.<br />
Die „Gfrörerstraße" ist nach dem seinerzeit hochangesehenen<br />
und beliebten Hechinger praktischen Arzt, Leibarzt<br />
des letzten Fürstenpaares und Oberamtsphysikus<br />
Dr. med. Franz Gfrörer benannt. Sein Ruf als ausgezeichneter<br />
Arzt reichte weit über die Grenzen des Hechinger<br />
Bezirks.<br />
In der neueren Zeit ist man vielerorts dazu übergegangen,<br />
Straßen nach Persönlichkeiten zu benennen, die mit<br />
der betreffenden Gemeinde wenig oder gar nichts zu tun<br />
haben. In den Großstädten darf der Massenbedarf an<br />
Straßennamen als Entschuldigung gelten, meist handelt es<br />
sich aber um Verlegenheitslösungen, da den zuständigen<br />
Bürgermeistern und Gemeinderäten nichts Gescheiteres<br />
einfiel. In etlichen Städten kann man ganze Dichter-,<br />
Musiker-, Gelehrten- und Politikerviertel antreffen. Man<br />
täte jedoch gut daran, solche Ehrungen den großen Städten<br />
zu überlassen. Nicht jede Stadt muß eine Goethestraße<br />
oder eine Richard-Wagner-Straße haben. Auch in Hechingen<br />
nat man in den letzten Janren des in raschem<br />
Tempo vor sich gehenden Wohnungs- und Straßenbaus,<br />
als in jedem Jahr einige Neubenennungen von Straßen<br />
fällig waren, zu solchen beziehungslosen Namengebungen<br />
gegriffen. Seither haben wir in den Neubaugebieten<br />
Schloßberg und Kohibrunnen ein musisches Viertel, wir<br />
haben die „Schillerstraße", den „Uhlandweg", „MünkewegHülderlinweg",<br />
die „Goethestraße", den „Eichendorffweg",<br />
die „Justinus-Kerner-Straße", den „Wieiandweg"<br />
und „Lenauweg".<br />
Eduard Mörike, Dicnter, 1804—1875, Schüler der Kiosterschule in<br />
Urach, ev. Pfarrer in Cleversulzbach, Gymnasiallehrer in Stuttgart<br />
(„Das Stuttgarter Hutzelmännlein", „Mozart auf der Reise nach<br />
Prag", Lyrik).<br />
Friedrich Hölderlin, Dichter, 1770-1843, studierte Theologie, war<br />
Hauslehrer, verfiel in geistige Jmnachtnug, rang in Oden um eine<br />
Verschmelzung von Griechen-, Christen- und Deutschtum (Bildungsroman<br />
Hyperion).<br />
Am ehesten einen <strong>heimat</strong>lichen Bezug hat die in diese Namengruppe<br />
gehörende Bezeichnung »Lenauweg*. Zu den sc jnsten und ; ich bekanntesten<br />
Gedichten Lenajs zählt „Der Postillon" („Lieblich war<br />
die Maiennacht"), ein Gedicht, zu dem Lenau die Anregung auf einer<br />
Fahrt mit dem Postwagen durch Hechingen nadi Balingen anfangs der<br />
30er Jahre des vorigen Jahrhunderts erhielt, als ein Postillon bei<br />
Steinhofen vor dem alten Friedhof bei der Kirche anhielt, um dem<br />
dort ruhenden toten Kameraden sein Leiblied zu blasen. Von den<br />
übrigen, in Hechinger Straßennamen verewigten Dichtern haben Schiller,<br />
Mörike und Eichendorff vermutlich nichts von der Existenz der<br />
Stadt Hechingen gewußt, höchstens Hölderlin, der im Tübinger evangelischen<br />
Stift seine Ausbildung erhielt. Der in Tübingen lebende<br />
Dichter Ludwig Vhland, volkstümlicher Lyriker („Ich hatt' einen<br />
Kameraden", „Schäfers Sonntagslied", „Die Kapeile", „Des Sängers<br />
Fluch"), Schöpfer der deutschen historischen Ballade, z. B. „Bertran<br />
de Born" und „Schwäbische Kunde", einer der Begründer der Ger-