Ausgabe Nr. 1 / 2011 - St. Vincenz Krankenhaus Limburg

Ausgabe Nr. 1 / 2011 - St. Vincenz Krankenhaus Limburg Ausgabe Nr. 1 / 2011 - St. Vincenz Krankenhaus Limburg

23.12.2012 Aufrufe

20 > VIA > St. Vincenz Besonders eindrucksvoll: Das große Gesamtkunstwerk, das auch dauerhaft im Eingangsbereich der Klinik hängen wird. Davor die Gruppe der Patientinnen mit Kunsttherapeutin Ulla Schroeder (2.v.r.), Chefarzt PD Dr. Thomas Neuhaus (2.v.l.) und Oberärztin Dr. Ulricke Gürtler (4.v.r.). Unterhaltung mit meinem Schutzengel oder: Nur wer Nein sagen kann, kann auch Ja sagen Antworten auf den Augenblick: Bilder und Objekte aus der Kunsttherapie werden im St. Vincenz-Krankenhaus gezeigt Die Koffer sind gepackt. Abholbereit stehen sie im Foyer des St. Vincenz-Krankenhauses. Gefüllt sind sie nicht etwa mit Wäsche oder normalem Krankenhausbedarf. Ihr Inhalt ist ein ganz besonderer und besteht aus zwei Fächern. Das eine heißt „Zum Loslassen“: Hier finden sich „die Schwere, dunkle Gedanken, die Angst“. Im Gepäckfach sind die Gegenpole beheimatet: „Das Leichte und das Warme, das Glück und die Zuversicht, die Zweisamkeit und die Liebe zu meiner Familie, Unbeschwertheit, Fröhlichkeit und Freiheit“. Auch wenn sie noch im Krankenhaus zu besichtigen sind: diese Koffer sind längst auf der Reise, schon lange abgeschickt. Die Absender heißen Marianne, Ursula oder Gaby, die Empfänger sind schwieriger zu entziffern, vielleicht sogar schwer zustellbar: „Gott“, „Zum Himmel“ oder ganz einfach „an mich“. Diese „Koffer“ sind einzigartige Dokumente. Als Packpapiertüte getarnt sind sie Zeugnisse einer besonderen Form der Krankheitsbewältigung, besonderen Mutes und auch einer ganz besonderen Ausstellung. Deren Titel ist Programm: „Antworten auf den Augenblick – Kunst als heilende Kraft“. Zu sehen sind außer den „Koffern“ viele Bilder und auch plastische Arbeiten aus der Kunsttherapie mit onkologischen, also an Krebs erkrankten Menschen. Kunsttherapeutin Ulla Schroeder, die seit drei Jahren zunächst im Brustzentrum St. Vincenz, später auch auf der Onkologie sowie der Palliativstation des St. Vincenz-Krankenhauses arbeitet, dankte „ihren“ Patientinnen dafür, dass sie ihre sehr persönlichen Arbeiten im Foyer der Klinik öffentlich ausstellen: „Ohne ihren Lebensmut, ihr Sich- Einlassen und ihre schöpferische Kraft wäre diese Ausstellung nicht möglich.“ Die ganzheitliche Betrachtungsweise der Kunsttherapie, so Ulla Schroeder, arbeite mit der Kombination von Bewegung und kreativem Ausdruck: „Es gibt keine Grenzen für Gedanken und Gefühle, nur die Angst setzt Grenzen.“ Dass auf diesem Weg eindrucksvolle Ergebnisse erzielt werden, davon zeugen die

Die „Koffer“: Als Packpapiertüte getarnt stehen und hängen sie im Foyer des Krankenhauses, ihr Gepäck ist von ganz besonderer Art und eher symbolischer Natur … zahlreichen Arbeiten im Vincenz-Foyer mit ihren oft sehr persönlichen Kommentaren ihrer Gestalterinnen: „ich umgebe den Krebs mit Stacheldraht“, heißt es da. Man sieht „Blumenranken statt Blutbahnen, durch die Freude strömt“, „Metastasen, umgeben von meinen Abwehrkräften“ oder auch eine „Unterhaltung mit meinem Schutzengel“. Eine Stein-Perlenkette auf dem Fußboden steht für den Veränderungsprozess während der Kunsttherapie, das Symbol des Steins interpretiert Ulla Schroeder als Verbindung zwischen Himmel und Erde, als besonders konzentrierte Kraft. In Ton-Objekten drücken die Patientinnen ihre Auseinandersetzung mit dem eigenen Körper aus: „Mein Körper als Schmerz-Streß“ oder „ich fühle mich behäbig wie ein Buddha“, so die Titel der Arbeiten. Aber sie heißen auch: „Ja zum Jetzt, den Moment leben. Stehenbleiben tut auch weh, warum dann nicht weitergehen.“ Chefarzt PD Dr. Thomas Neuhaus hatte im Rahmen der Vernissage auf diese Ambivalenzen besonders aufmerksam gemacht: „Es ist eine wichtige Form des Verarbeitens. Und wir als Betreuende aus Medizin und Pflege sind dankbar für diese professionelle wie einfühlsame Begleitung, die unsere PatientInnen durch Frau Schroeder erfahren.“ Esther Scholz-Zerres von der Wiesbadener Kunstwerkstadt 77, die als Laudatorin in den kunsttherapeutischen Prozess einführte, bekräftigte: Neue Antworten auf schwierige Situationen zu finden verlange eine besondere Art der Kreativität, die ganz ausdrücklich keiner fachlichen Vorkenntnisse bedarf. Es bedürfe allerdings des Anstoßes, der Ermutigung und der einfühlsamen, professionellen Begleitung. Dass sich mit Ulla Schroeder am St. Vincenz-Krankenhaus dieser Bereich als besondere Therapieform Auch der Vorsitzende der Dehrer Krebsnothilfe, Othmar Wagner, war Gast der Vernissage (3.v.l.), bei der angeregt über die sehr beeindruckenden und sehr persönlichen Werke diskutiert wurde. etabliert habe, sei nicht eben selbstverständlich. Doch wer könnte die Kunsttherapie besser charakterisieren, als die Patientinnen selbst: „Ich finde hier einen großen Leitfaden, Halt und viel Kraft“, bekannte Petra N. bei der Vernissage. „Ich komme an meine Gefühle heran“, berichtete Friederike W. „Kunsttherapie ist heilige Zeit – da komme ich, auch wenn ich den Kopf unter dem Arm trage.“ Genauso kraftvoll und berührend, wie diese Statements der Patientinnen sind jedoch die Exponate selbst, die teils mit selbst verfassten Gedichten kommentiert sind. „Ich brauche etwas Halt, Zeit und Liebe zu mir selbst. Nur wer Nein sagen kann, kann auch Ja sagen.“ Stimmt: Warum nicht weitergehen, das hatten wir schon gelernt. Es gilt eben zu leben – so hatte Ulla Schroeder den kreativen Ausdruck der Arbeiten skizziert. Es gilt zu leben, das ist auch die Aussage dieser Ausstellung. Möge der Himmel die Botschaft hören … INFO Aktuell < VIA < 21 Das Angebot der Kunsttherapie steht allen onkologischen Patienten der Klinik offen.

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Besonders eindrucksvoll: Das große Gesamtkunstwerk, das auch dauerhaft im Eingangsbereich der Klinik<br />

hängen wird. Davor die Gruppe der Patientinnen mit Kunsttherapeutin Ulla Schroeder (2.v.r.), Chefarzt PD<br />

Dr. Thomas Neuhaus (2.v.l.) und Oberärztin Dr. Ulricke Gürtler (4.v.r.).<br />

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kann auch Ja sagen<br />

Antworten auf den Augenblick: Bilder und<br />

Objekte aus der Kunsttherapie werden im<br />

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Die Koffer sind gepackt. Abholbereit stehen sie im Foyer<br />

des <strong>St</strong>. <strong>Vincenz</strong>-<strong>Krankenhaus</strong>es. Gefüllt sind sie nicht etwa<br />

mit Wäsche oder normalem <strong>Krankenhaus</strong>bedarf. Ihr<br />

Inhalt ist ein ganz besonderer und besteht aus zwei Fächern.<br />

Das eine heißt „Zum Loslassen“: Hier finden sich<br />

„die Schwere, dunkle Gedanken, die Angst“. Im Gepäckfach<br />

sind die Gegenpole beheimatet: „Das Leichte und das Warme,<br />

das Glück und die Zuversicht, die Zweisamkeit und<br />

die Liebe zu meiner Familie, Unbeschwertheit, Fröhlichkeit<br />

und Freiheit“. Auch wenn sie noch im <strong>Krankenhaus</strong> zu besichtigen<br />

sind: diese Koffer sind längst auf der Reise, schon<br />

lange abgeschickt. Die Absender heißen Marianne, Ursula<br />

oder Gaby, die Empfänger sind schwieriger zu entziffern,<br />

vielleicht sogar schwer zustellbar: „Gott“, „Zum Himmel“<br />

oder ganz einfach „an mich“.<br />

Diese „Koffer“ sind einzigartige Dokumente. Als Packpapiertüte<br />

getarnt sind sie Zeugnisse einer besonderen Form der Krankheitsbewältigung,<br />

besonderen Mutes und auch einer ganz besonderen<br />

Ausstellung. Deren Titel ist Programm: „Antworten<br />

auf den Augenblick – Kunst als heilende Kraft“. Zu sehen sind<br />

außer den „Koffern“ viele Bilder und auch plastische Arbeiten<br />

aus der Kunsttherapie mit onkologischen, also an Krebs<br />

erkrankten Menschen. Kunsttherapeutin Ulla Schroeder, die<br />

seit drei Jahren zunächst im Brustzentrum <strong>St</strong>. <strong>Vincenz</strong>, später<br />

auch auf der Onkologie sowie der Palliativstation des <strong>St</strong>.<br />

<strong>Vincenz</strong>-<strong>Krankenhaus</strong>es arbeitet, dankte „ihren“ Patientinnen<br />

dafür, dass sie ihre sehr persönlichen Arbeiten im Foyer der<br />

Klinik öffentlich ausstellen: „Ohne ihren Lebensmut, ihr Sich-<br />

Einlassen und ihre schöpferische Kraft wäre diese Ausstellung<br />

nicht möglich.“<br />

Die ganzheitliche Betrachtungsweise der Kunsttherapie, so Ulla<br />

Schroeder, arbeite mit der Kombination von Bewegung und<br />

kreativem Ausdruck: „Es gibt keine Grenzen für Gedanken und<br />

Gefühle, nur die Angst setzt Grenzen.“ Dass auf diesem Weg<br />

eindrucksvolle Ergebnisse erzielt werden, davon zeugen die

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